MARKUS DÜTSCHLER
Beobachter blickten der Blockade des Rüstungsbetriebs Ruag im Berner Nordquartier besorgt entgegen, hatten doch vor einigen Wochen militante Kriegsgegner auf dem Firmengelände Autos angezündet. Auch wurde befürchtet, die an die gewerkschaftliche Mai-Kundgebung auf dem Kornhausplatz anschliessende «Nachdemo» könnte nach Zürcher Manier ausarten. Die Blockade galt nach den Scharmützeln beim Friedenscamp vor einer Woche als zweiter Test für die Noch-Interims-Polizeidirektorin Ursula Begert.
Zum Klang von Partisanenliedernzogen die 300 bis 400 meist Jugendlichen gut gelaunt in Richtung Breitenrain. Über Lautsprecher wurde erklärt, dass die Ruag Waffen produziere, die in Kriegs- und Krisengebieten eingesetzt würden. An den Fassaden längs der Route hingen noch immer die Friedensfahnen, die den Irak-Krieg hätten verhindern sollen. Die Polizei war stets in Sichtweite präsent.
Dort, wo die Stauffacherstrasse die Bahngleise überquert, schnitten Kantonspolizisten den Marschierern den Weg ab, was diese mit dem Ruf quittierten: «Schweizer Polizisten schützen Terroristen.» Laut Abmachung sollte das Firmengelände via Scheibenstrasse Wylerbad erreicht werden. Für kurze Zeit sah es brenzlig aus, auch wenn es aus dem Pulk tönte: «Wir wollen nicht kämpfen, nur durchlaufen.» Die Polizei bestand auf der offiziellen Route. Die Fronten standen sich auf der Brücke gegenüber, während unten Züge durchfuhren. Langsam, aber stetig drückte die Menge gegen den Polizeikordon. «Keiner wirft was, ruhig bleiben», riefen Jugendliche. «Ruhig bleiben», mahnte ein Polizist seine Leute. Um 12.45 Uhr kam ein Wasserwerfer zum Einsatz. Die Jugendlichen duckten sich unter den Transparenten. Zu einer Eskalation kam es nicht. Anton «Fashion» Schumacher und andere redeten auf die Polizei ein, die Leute durchzulassen, es passiere gar nichts. Dann durchbrach die Menge den Gürtel, worauf sich die Beamten vor der Ruag neu formierten. Bei einem weiteren Vordringen drohte die Einsatzleitung mit Tränengas. Dazu kam es jedoch nicht.
Eine Delegation in weissen «UN»-Inspektionsanzügen durfte
an der Aussenseite des Ruag-Tors eine Friedensfahne anbringen und eine symbolische
Waffenkontrolle durchführen, was Ruag-Angestellte während der Rauchpause
erstaunt und belustigt beobachteten. Einige Jugendliche zogen die nassen Shirts
zum Trocknen an der Maisonne aus, andere verpflegten sich beim Demo-Bus mit
Tee und Sandwiches. Mädchen und Buben mit Zahnspangen teils nur 11- oder
14-jährig verwickelten die Beamten in Diskussionen über die Welt oder
den Sinn ihres Einsatzes. Zu Scharmützeln oder Sachbeschädigungen
kam es aber nicht.