Reitschule Bern
Mediengruppe
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3001 Bern
www.reitschule.ch
Bern, 12. Mai 2012, 00.30 Uhr
Medienmitteilung
Umzug der Vorplatz-Weggewiesenen
Sehr geehrte Medienschaffende
In diesen Minuten werden, wie von Regierungsstatthalter Lerch
angeordnet, die auf dem Vorplatz der Reitschule Anwesenden weggewiesen.
Um die Folgen dieser kulturpolitisch und sozial harten Massnahme zu
lindern, werden die Weggewiesenen mit der Spezial-Aktion
"Rattenfänger von Hameln" auf der Suche nach einem neuen Verweil-
und Begegnungsort musikalisch begleitet, von einem Nachtleben-Care-Team
betreut und mit Gratis-Getränken versorgt.
Wie lange diese Suche dauern wird, ist leider unbekannt - sind doch
viele öffentliche Plätze und Parks in der Stadt Bern durch
Verreglementierung, Überuniformierung und temporäre
kommerzielle Nutzung nicht nur für Vorplatz-Weggewiesene quasi
unzugänglich geworden.
Die Reitschule Bern hofft, mit dieser Massnahme einen
Lösungsansatz für die Bewältigung der Folgen der
repressiven Nachtleben-Politik aufzuzeigen.
Die Reitschule Bern wird in den nächsten Tagen in ihren Strukturen
über die weiteren juristischen und politischen Schritte beraten.
Unten finden Sie den Text des am Anlass verteilten Flugblatts.
Mit freundlichen Grüssen
Mediengruppe
Reitschule Bern
FLUGBLATT
Nehmt
ihr uns den Vorplatz, nehmen wir uns die Stadt
Ab dem 11. Mai 2012 gelten für die Reitschule verschärfte
Betriebsauflagen (Zitat aus der Verfügung von
Regierungsstatthalter Lerch: "Gäste, die Getränke nach 00.30
Uhr im Freien (inkl. Innenhof) konsumieren, sind wegzuweisen."). Damit
wird schon wieder versucht, aus der Reitschule einen angepassten und
pflegeleichten - normalen - Kultur- und Gastrobetrieb zu machen. Etwas,
das die Reitschule nie war und niemals sein will!
Was bei der Reitschule immer wieder versucht wird, ist in der
restlichen Stadt schon lange gang und gäbe. Es geht um
Aufwertungspolitik, und die betrifft uns alle. Wenn wir uns im
öffentlichen Raum aufhalten, werden wir von der Polizei oder von
Securitys kontrolliert, schikaniert oder weggeschickt. Im
öffentlichen Raum sollen mehr und mehr nur noch profitorientierte
Veranstaltungen stattfinden. Damit wird er faktisch privatisiert - wie
etwa auf der Grossen Schanze für die City Beach und das Orange
Cinema.
Kultur und Freizeitangebote finden fast nur noch in Clubs statt, und
auch das nur, solange sich niemand beschwert. Wer nicht genügend
Geld für den Eintritt und die Drinks hat, muss draussen bleiben.
Gleichzeitig finden wir auch immer weniger Wohnungen, denn von
Neubauwohnungen und Altbausanierungen profitieren meist nur
Gutverdienende.
In der neoliberalen Gesellschaft befinden sich Städte in einem
ständigen Konkurrenzkampf, um Unternehmen und damit
Arbeitsplätze und Steuerzahler_innen anzuziehen. Dabei werden die
Interessen der Bewohner_innen untergeordnet und unangepasste oder nicht
so einfach zu vermarktende (Frei-)Räume zu Hindernissen, die
verschwinden oder angepasst werden müssen.
Kurz, die Stadt soll für reiche Steuerzahler_innen attraktiv,
schick und sauber sein. Mittels Überwachung, Polizei und privaten
Sicherheitskräften werden dafür all jene vertrieben, die
nicht in dieses Stadtbild passen.
Unser Lebensraum soll jedoch nicht von Politik, Behörden und
Polizei verplant, reglementiert und überwacht werden, um im
Standortwettbewerb gut abzuschneiden. Im Gegenteil: Wie unsere Stadt
gestaltet ist, bestimmen wir selber!
Unsere
Stadt - unser Raum - unsere Reitschule