Reitschule Bern
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3001 Bern
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Medienmitteilung vom Sonntag, 13. Mai 2012
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Sehr geehrte Medienschaffende.

Die Reitschule Bern hat heute an ihrer Vollversammlung über die Verfügung des Regierungsstatthalters diskutiert.

Die Reitschule sieht die Verfügung im Zusammenhang mit einer Neoliberalisierung des städtischen und kantonalen Gemeinwesens. Städte werden wie Grossbetriebe geführt und müssen entsprechend rentieren und attraktiv sein u.a. für potente Steuerzahler_innen sowie für Unternehmen, die Arbeitsplätze mitbringen.

Dabei werden Interessen der Bewohner_innen, die für eine Stadt finanziell nicht interessant sind, untergeordnet. Unangepasste oder nicht so einfach zu vermarktende Freiräume werden zu Hindernissen, die verschwinden oder sich anpassen müssen.

In diesem Konzept soll die Reitschule zu einen angepassten und pflegeleichten - normalen - Kultur- und Gastrobetrieb werden. Etwas, das die Reitschule nie war und niemals sein will!

In diesem Sinne: Die Reitschule will kein Teil dieser Politik sein und wird sich weiterhin aktiv dagegen wehren.

An der Vollversammlung wurden die folgenden Schritte vereinbart:
- Die Reitschule wird die Verfügung innert der vorgegebenen Frist von 30 Tagen rechtlich anfechten.
- Die Reitschule sucht das Gespräch und eine vertieferte Vernetzung mit Berner Clubs und Beizen sowie den bereits gegründeten Vereinen für ein urbaneres Berner Nachtleben, da die Problematik bekannterweise nicht nur die Reitschule und ihren Vorplatz betrifft.
- Die Reitschule fordert alle dazu auf, sich aktiv für ein Bern mit Freiräumen jenseits der Geranienidylle inklusive Alpenpanorama einzusetzen - bei Tag und bei Nacht und nicht nur auf dem Vorplatz.

Wir freuen uns auf einen spannenden & kreativen Sommer!

Mit freundlichen Grüssen
Reitschule Bern
Mediengruppe

Im Anhang: Flyer, den wir seit Donnerstagabend an unsere Gäste verteilen

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FLUGBLATT

Nehmt ihr uns den Vorplatz, nehmen wir uns die Stadt

Ab dem 11. Mai 2012 gelten für die Reitschule verschärfte Betriebsauflagen (Zitat aus der Verfügung von Regierungsstatthalter Lerch: "Gäste, die Getränke nach 00.30 Uhr im Freien (inkl. Innenhof) konsumieren, sind wegzuweisen."). Damit wird schon wieder versucht, aus der Reitschule einen angepassten und pflegeleichten - normalen - Kultur- und Gastrobetrieb zu machen. Etwas, das die Reitschule nie war und niemals sein will!

Was bei der Reitschule immer wieder versucht wird, ist in der restlichen Stadt schon lange gang und gäbe. Es geht um Aufwertungspolitik, und die betrifft uns alle. Wenn wir uns im öffentlichen Raum aufhalten, werden wir von der Polizei oder von Securitys kontrolliert, schikaniert oder weggeschickt. Im öffentlichen Raum sollen mehr und mehr nur noch profitorientierte Veranstaltungen stattfinden. Damit wird er faktisch privatisiert - wie etwa auf der Grossen Schanze für die City Beach und das Orange Cinema.

Kultur und Freizeitangebote finden fast nur noch in Clubs statt, und auch das nur, solange sich niemand beschwert. Wer nicht genügend Geld für den Eintritt und die Drinks hat, muss draussen bleiben.
Gleichzeitig finden wir auch immer weniger Wohnungen, denn von Neubauwohnungen und Altbausanierungen profitieren meist nur Gutverdienende.

In der neoliberalen Gesellschaft befinden sich Städte in einem ständigen Konkurrenzkampf, um Unternehmen und damit Arbeitsplätze und Steuerzahler_innen anzuziehen. Dabei werden die Interessen der Bewohner_innen untergeordnet und unangepasste oder nicht so einfach zu vermarktende (Frei-)Räume zu Hindernissen, die verschwinden oder angepasst werden müssen.

Kurz, die Stadt soll für reiche Steuerzahler_innen attraktiv, schick und sauber sein. Mittels Überwachung, Polizei und privaten Sicherheitskräften werden dafür all jene vertrieben, die nicht in dieses Stadtbild passen.

Unser Lebensraum soll jedoch nicht von Politik, Behörden und Polizei verplant, reglementiert und überwacht werden, um im Standortwettbewerb gut abzuschneiden. Im Gegenteil: Wie unsere Stadt gestaltet ist, bestimmen wir selber!

Unsere Stadt - unser Raum - unsere Reitschule