MEDIENSPIEGEL 1.7.08

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule
- SP und Öffentliche "Sicherheit"
- Schnüffelstaat
- Nazis in Sempach

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REITSCHULE
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Mi 02.07.08      
20.00 Uhr     Vorplatz       
The all time favourites LOUNGE: Need more Blues night

Do 03.07.08     
19.00 Uhr     Vorplatz     Tangonacht: Crashkurs bis 20.30 Uhr
20.30 Uhr     Vorplatz     Tangonacht: Milonga

Fr 04.07.08     
20.00 Uhr     Vorplatz     
Stan or Itchy (Burgdorf) - Ska-Pop

22.00 Uhr     Frauenraum     
Popshop, Frauendisco - women only

Sa 05.07.08     
20.00 Uhr     Vorplatz     
The Nutcutters (Bern) - College-Punkrock

So 06.07.08     
9.00 Uhr     Grosse Halle     
Flohmarkt und Brunch bis 16.00 Uhr

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BZ 1.7.08

Reitschule

Für eine zweite Anlaufstelle

Das Kulturzentrum Reitschule fordert in einer gestern versandten Medienmitteilung die Einrichtung einer zweiten Drogenanlaufstelle. Sie müsse versetzt zu jener an der Hodlerstrasse offenstehen. Andernfalls liefen die Bemühungen der Reitschule, den Vorplatz vom Drogenkonsum zu befreien, ins Leere. Mit einer Sommerbar soll der eingeschlagene Weg weitergeführt werden. Das seit Mai intensivierte Programm auf dem Vorplatz habe die Situation verbessert, schreibt die Mediengruppe. mgt

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20min.ch 30.6.08

Betreiber der Reitschule für "sauberen" Juli

Die Betreiber der Reitschule wollen auch im Sommer dafür sorgen, dass der Vorplatz des Berner Kulturbetriebs belebt bleibt.

Ein Pingpong-Tisch, Konzerte, eine Bar und ein Salsa-Abend sollen dafür sorgen, dass sich Dealer und Drögeler während der Sommerpause nicht wieder auf dem Platz niederlassen. Damit auch in der nahen Umgebung nicht mehr gefixt wird, fordert die Reitschule ausserdem von der Stadt die sofortige Eröffnung eines zweiten Fixerstüblis. Dieses soll öffnen, wenn die Anlaufstelle an der Hodlerstrasse abends schliesst.


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ÖFFENTLICHE "SICHERHEIT"
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Bund 1.7.08

SP will mehr Polizei

Parteispitze wagt sich an Tabus: Mehr Repression im Kampf gegen Kriminalität

Nun will auch die SP mit mehr Repression gegen Kriminalität, Vandalismus und organisierte Bettelei vorgehen. Die Partei reagiert mit ihrem Sicherheitskonzept auf den Wählerschwund.

Zwar enthält das Positionspapier der SP-Geschäftsleitung einen "Mix aus Repression und Prävention", wie die Berner Nationalrätin Evi Allemann gestern sagte. Während die SP aber früher vor allem die Prävention und Ursachenbekämpfung in den Vordergrund stellte, wagt sie sich nun an einige Tabus: So spricht sich die SP Schweiz für mehr Polizei aus, für Videoüberwachung, Rayonverbote, rasche Strafen für Jugendliche oder ein Verbot der organisierten Bettelei. Im präventiven Bereich setzt die SP auf Jugend- und Quartierarbeit, übersichtliche öffentliche Räume, ein striktes Waffengesetz oder einen verstärkten Schutz Jugendlicher vor gewalttätigen Filmen und elektronischen Spielen. Die öffentliche Sicherheit sei ein Grundrecht für alle, sagte SP-Präsident Christian Levrat gestern. Der Schutz vor Gewalt dürfe nicht zum Privileg der Reichen werden, die sich mit Alarmanlagen und Bodyguards schützten. Die Kosten für die Aufstockung der kantonalen Polizeikorps um 1500 Stellen sollen sich Bund und Kantone teilen.

Die SP-Spitze gestand gestern vor den Medien ein, dass die Partei beim Thema öffentliche Sicherheit bisher zu "passiv" gewesen sei. Allerdings wolle man nicht die SVP kopieren, die die Unsicherheit der Bevölkerung "missbrauche", sagte Levrat. "Wir sind für Repression, aber keine billige Nulltoleranzpolitik", sagte Allemann. Die SP habe bereits vor der Niederlage bei den eidgenössischen Wahlen vom Herbst mit der Arbeit am Sicherheitspapier begonnen. Die Wahlverluste hätten aber eine breitere Diskussion auch über andere Themen erfordert, weshalb das Positionspapier erst jetzt bereit sei. Dieses dürfte am SP-Parteitag im Oktober kontrovers diskutiert werden.

Seite 7

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Die SP entdeckt die Repression

Parteispitze verfasst Positionspapier zur öffentlichen Sicherheit - Repression und Prävention

Die SP erklärt die öffentliche Sicherheit zum Service public. In einem Grundsatzpapier verlangt sie Massnahmen gegen Gewalt, Vandalismus und Dreck im öffentlichen Raum. Nötig sei ein "Mix aus Repression und Prävention".

Mit öffentlicher Sicherheit machte bisher vor allem die SVP Politik. Im letzten Februar reagierte die CVP mit einem 10-Punkte-Programm auf Gewaltexzesse Jugendlicher. Etwas länger hat es bei der SP gedauert, die nach ihrer Wahlniederlage vom letzten Herbst das Feld nicht länger der SVP überlassen will. "Öffentliche Sicherheit war lange ein Thema, das nicht als sozialdemokratisches Anliegen angesehen wurde, obwohl es schon immer ein solches war", sagte die Berner Nationalrätin Evi Allemann gestern vor den Medien. Viele Menschen fühlten sich im öffentlichen Raum nicht mehr sicher, sagte SP-Präsident Christian Levrat. "Die SP will in diesem Bereich mehr Verantwortung übernehmen."

Für eine Jugendpolizei

Oberstes Ziel des Positionspapiers der SP-Geschäftsleitung ist "die gewaltfreie Gesellschaft". Auffallend ist, dass sich die SP neben der Prävention klarer als früher zur Repression bekennt. An konfliktträchtigen Orten brauche es mehr sichtbare Polizeipräsenz, sagte Allemann. Die Polizei müsse gesamtschweizerisch um 1500 Stellen aufgestockt werden. Dies sei nötig, damit Sicherheit nicht ein Privileg jener werde, die sich Alarmanlagen und private Sicherheitsdienste leisten könnten. Sicherheit müsse insbesondere auch in Quartieren gewährleistet werden, in denen sozial Benachteiligte wohnten. Generell gilt für die SP: Sicherheit ist Aufgabe des Staates und nicht privater Firmen, aber auch nicht der Armee. Für Züge brauche es in der Nacht mehr Zugbegleiter und an Polizeischulen ausgebildete Bahnpolizei.

Für straffällige Jugendliche fordert die SP rasche Sanktionen. "Jugendliche müssen sofort nach einer Tat die Konsequenz spüren", sagte Allemann, die Vorsitzende der SP-Fachkommission für Sicherheitspolitik ist. Die 24-Stunden-Gesellschaft mit ihren Party- und Freizeitangeboten erfordere mehr Polizeipräsenz. "Es braucht eine eigentliche Jugendpolizei", sagte Allemann. Schwer betrunkene Jugendliche sollen festgehalten und von den Eltern abgeholt werden. Neben Repression fordert die SP aber auch soziale Massnahmen wie Jugend- und Quartierarbeit.

"Tabubrüche"

Im Positionspapier, um das in der SP-Geschäftsleitung hart gerungen wurde, finden sich einige "Tabubrüche", wie Allemann bekannte. So spricht sich die SP für Videoüberwachung aus, wenn sie nicht flächendeckend eingesetzt wird. "Videoüberwachung kann zur Vorbeugung von Vandalismus und zur Aufklärung von Verbrechen beitragen", heisst es im Papier. Weiter verurteilt die SP Demonstrationen, deren Organisatoren sich nicht von Gewalt distanzieren. Zudem sagt die SP Schmutz und Abfall den Kampf an. Um Reinigungsarbeiten zu finanzieren, müssten vorgezogene Entsorgungsgebühren erhoben werden, etwa für Gratiszeitungen, Take-away-Verpackungen und Getränkedosen. Die Kritik am Hooligangesetz ist bei der SP geschwunden. Es brauche befristete Ausreisesperren, Rayon- und Stadionverbote. Allerdings dürften die Massnahmen nicht von Privaten verhängt werden, weshalb ein Beschwerderecht gegen Stadionverbote nötig sei.

Soziale Rücksichtnahme dringt beim Kampf gegen Bettler durch. Die SP ist für ein Verbot der organisierten Bettelei, aber gegen ein generelles Verbot. Im Umgang mit kriminellen Ausländern plädiert die Partei für eine konsequente Ausschaffung von Kriminaltouristen auch bei geringen Delikten. Keine generelle Ausschaffung will die SP, wenn die Täter in der Schweiz eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung haben. Hier genügten die geltenden Gesetze, die die Ausweisung je nach Schwere des Verbrechens und familiären Verhältnissen heute erlaubten.

Das Positionspapier wird Ende Oktober vom SP-Parteitag beraten. Allemann geht davon aus, dass das Konzept von der Basis akzeptiert wird.

Markus Brotschi


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Kommentar: Tatbeweis der SP steht noch aus

Repression als staatliches Zwangsmittel war in der SP jahrzehntelang verpönt - besonders wenn es um kriminelle Jugendliche oder Ausländer, um randalierende Demonstranten oder vandalisierende Schüler ging. Entsprechende Forderungen wurden den Bürgerlichen überlassen, vorab der SVP. Die Wahlschlappen der jüngeren Zeit und die Empörung in der Bevölkerung über Missstände im öffentlichen Raum haben die Parteispitze zur Einsicht gebracht: Mit Ursachenbekämpfung, Sozialarbeit und Prävention allein ist der Gewalt nicht beizukommen.

Wie ernst es der SP mit ihren Forderungen nach Repression ist, muss sie aber erst noch beweisen. So befürwortet die Geschäftsleitung der SP Schweiz Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Die SP des Kantons Bern hat sich im Februar beim kantonalen Polizeigesetz gegen eine solche Überwachung von "Hot Spots" ausgesprochen, weil sonst der Überwachungsstaat drohe. Die SP Schweiz fordert mehr Polizisten. In der Stadt Bern hat sich die rot-grüne Regierung nicht dazu durchringen können, Synergiegewinne durch die Polizeifusion für eine Aufstockung der Polizei einzusetzen.

Doch auch die Spitze der SP Schweiz bleibt einige Antworten schuldig. Zwar spricht sie sich für die Ausschaffung krimineller Ausländer aus, was nach einem Tabubruch aussieht. Allerdings gilt dies nur für jene, die keinen Wohnsitz in der Schweiz haben und nach der Verbüssung der Strafe schon heute das Land verlassen müssen. Bei Aufenthaltern und Niedergelassenen verweist die SP auf das geltende Recht, welches dazu führt, dass etwa der Kanton Genf fast niemanden des Landes verweist, während einige Deutschschweizer Kantone die Ausschaffung anwenden. Auch in solch heiklen Bereichen müsste sich die SP bewegen, wenn sie verhindern will, dass die SVP mit ihrer rechtsstaatlich unhaltbaren Ausschaffungsinitiative im Volk eine Mehrheit findet.

Und: Dass die öffentliche Sicherheit ein Grundrecht für alle ist, das der Staat zu gewährleisten hat, ist richtig. Darauf hätte die SP aber schon früher kommen können.

Markus Brotschi

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sp-ps.ch 30.6.08

Öffentliche Sicherheit für alle

"Viele Menschen fühlen sich heute im öffentlichen Raum nicht mehr sicher. Die SP ist bereit, in Zukunft mehr Verantwortung zu übernehmen und zu einem sicheren Lebensgefühl beizutragen. Deshalb erarbeitete sie das umfassende Grundsatzpapier ‚Öffentliche Sicherheit für alle'. Es beinhaltet den notwendigen Mix aus Prävention und Repression", sagte SP-Präsident Christian Levrat heute an einem Point de Presse in Bern. Werden die vorgeschlagenen Massnahmen konsequent umgesetzt, so erhöht sich die öffentliche Sicherheit für alle markant. Der Parteitag in Aarau wird das von der Geschäftsleitung verabschiedete Grundsatzpapier am 25./26. Oktober diskutieren.

Die SP hat ein umfassendes Sicherheitsverständnis: Sicherheit hängt entscheidend davon ab, dass alle über Entwicklungsperspektiven verfügen und die Möglichkeit haben, diese auch zu verwirklichen. Dies setzt Chancengleichheit, Existenzsicherung und soziale Sicherheit ebenso voraus wie Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Grundrechte. Sicherheit ergibt sich insofern aus einem vielschichtigen Zusammenwirken verschiedenster Faktoren. Dazu gehören Bildung, Arbeit, sozialer Schutz vor Existenzrisiken, eine nachhaltige Entwicklung und die Verminderung des Unrechts und der Armut bei uns und in andern Ländern. Massnahmen zur Erreichung solch langfristig angelegter Ziele bilden das Fundament einer sozialdemokratischen Politik der öffentlichen Sicherheit.

Über diese langfristig wirkenden Massnahmen hinaus gehören zu einer umfassenden Politik der öffentlichen Sicherheit auch spezifische Massnahmen gegen Kriminalität, Gewalt und Unsicherheit. Auf diese spezifischen Massnahmen konzentriert sich das Positionspapier, das die Fachkommission für Friedens- und Sicherheitspolitik unter dem Vorsitz von Nationalrätin Evi Allemann erarbeitet hat. Es listet 13 Handlungsfelder auf, die einen Mix von präventiven und repressiven Massnahmen enthalten wie Stärkung der Opfer bei häuslicher Gewalt, Einschränkung des Waffenbesitzes, weitsichtige Gestaltung des öffentlichen Raums und höhere sichtbare Polizeipräsenz an konfliktträchtigen Orten, bessere Kriminalprävention oder Hebung der Sicherheit im privaten und öffentlichen Verkehr, ebenso das Verbot organisierter Bettelei, ein härteres Vorgehen gegen gewaltbereite Personen und die schnelle und konsequente Anwendung des geltenden Rechts. Dafür verlangt die SP eine Aufstockung der kantonalen Polizeikorps um 1500 Personen und ist bereit, die nötigen finanziellen Mittel je hälftig beim Bund und den Kantonen zu sprechen.

Öffentliche Sicherheit für alle

Point de presse der SP Schweiz
Montag, 30. Juni 2008, 14 Uhr, Medienzentrum Bundeshaus, Bern

Mit:

* Christian Levrat, Präsident SP Schweiz
* Evi Allemann, Präsidentin Fachkommission für Friedens- und Sicherheitspolitik.

Dokumentation
Positionspapier der SP Schweiz
http://www.sp-ps.ch/fileadmin/downloads/Medienkonferenzen/2008/080630_Sicherheitspapier/SP-Positionspapier_Sicherheit_GL-an-Parteitag-D.pdf

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nzz.ch 30.6.08

SP fordert Aufstockung der Polizei um 1500 Stellen

Öffentliche Sicherheit soll erhöht werden - Verbot von Killer-Spielen

Die SP will mit repressiven und präventiven Massnahmen die Sicherheit in der Schweiz erhöhen. Vorgeschlagen wird unter anderem eine Aufstockung der Polizei um 1500 Stellen, ein Verbot von Killer-Games und mehr Zugsbegleiter. Mehr Sicherheit bedeute mehr Lebensqualität, hiess es an einer Medienkonferenz in Bern.

(ap) Das Thema Sicherheit dürfe nicht der SVP überlassen werden, sagte SP-Präsident Christian Levrat bei der Präsentation des Grundsatzpapiers "Öffentliche Sicherheit für alle" am Montag. Es sei wichtig, die Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen.
"Nicht-sozialdemokratisches Thema"

Die Berner Nationalrätin Evi Allemann räumte allerdings ein, dass das Thema lange als ein "nicht-sozialdemokratisches" Thema betrachtet worden sei. Vorgeschlagen werden einerseits repressive und andererseits präventive Massnahmen. Mehr Sicherheit bedeute auch mehr Lebensqualität, sagte Allemann als Vorsitzende der Fachkommission für Friedens- und Sicherheitspolitik, die das Papier erarbeitet hat. Es gebe heute viele Menschen, die sich im öffentlichen Raum nicht mehr sicher fühlten. Dies müsse geändert werden.

Vorgeschlagen werden unter anderem eine Aufstockung der Polizei um 1500 Stellen, mehr Bahnpolizei und Zugsbegleiter. Weder die Armee noch private Sicherheitsleute sollen aber die Aufgaben der Polizei übernehmen. An konfliktträchtigen Orten des öffentlichen Raums braucht es laut SP eine sichtbare Polizeipräsenz. Weiter brauche es aber auch eine spezialisierte und gut ausgebildete Jugendpolizei, die sowohl vorbeugend gewaltmindernd zum Einsatz komme als auch Verhaftungen und Einvernahmen durchführen könne.
Betrunkene Jugendliche anhalten

Volltrunkene Jugendliche sollen von der Polizei angehalten und dort von ihren Eltern abgeholt werden. Als weitere Massnahme soll die Herstellung und kommerzielle Verbreitung von Killer-Games verboten werden. Ebenfalls verbieten will die SP die organisierte Bettelei. "Wir würden aber gegen ein generelles Bettelverbot angehen", sagte Levrat. Bekämpfen will die SP auch die Ausländerkriminalität. Und zwar sollen Ausländer, die nur mit dem Ziel einreisen, eine Straftat zu verüben, bereits bei geringfügigen Delikten ausgewiesen werden.
Auch Sauberkeit erhöhen

Massnahmen schlägt die SP auch im öffentlichen Raum vor, um die Sauberkeit zu erhöhen. Es sei wichtig, dass überall genügend Personal und Ressourcen zur Verfügung stünden, um den öffentlichen Raum sauber zu halten. Um die notwendigen Aufräum- und Reinigungsarbeiten zu finanzieren, müssten vermehrt vorgezogene Entsorgungsgebühren erhoben werden, und zwar vor allem für Gratiszeitungen, Take-Away-Verpackungen und Getränkedosen. Bei grossen Sportanlässen braucht es laut der SP zeitlich und örtlich begrenzte Rayon- und Stadionverbote, Ausreisesperren und im Wiederholungsfall vorübergehenden präventiven Polizeigewahrsam.

Das bereits von der Geschäftsleitung verabschiedete Papier soll am Parteitag im Oktober in Aarau diskutiert werden. Er gehe davon aus, dass die Vorschläge nicht nur Beifall ernten würden, sagte Levrat.

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SCHNÜFFELSTAAT
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Bund 1.7.08

"Nicht in Sicherheit untergehen"

Datenschützer warnt vor neuen Versuchen, den Staatsschutz auszubauen

Der Eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür verfolgt die Staatsschutzentwicklung mit Besorgnis. Aktuelle Beispiele zeigten, wie wichtig eine Kontrolle über die Staatsschutzorgane wäre.

Der internationale Kampf gegen den Terrorismus alarmiert die Datenschützer. Denn die Versuche der Staaten, die Sicherheit eines Landes zu erhöhen, kommen mit den verfassungsmässig garantierten Freiheitsrechten einer Person in Konflikt. Der Eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür nutzte gestern seine Jahresmedienkonferenz (siehe Kasten), um vor der zunehmenden "Bespitzelung" durch private und insbesondere öffentliche Organe zu warnen. "Wir stellen fest, dass mit Hinweis auf die Staatsräson rechtsstaatliche Prinzipien ausgehebelt werden", sagte Thür. Mit neuen Überwachungstechniken sinke die Hemmschwelle. Thür warnte, die Terrorbekämpfung eines Staates dürfe nicht dazu führen, den Rechtsstaat zu opfern. "Wir wollen nicht in Sicherheit untergehen."

Thürs Warnungen kommen nicht von ungefähr. Schätzungen zufolge - die Zahlen werden offiziell nicht bestätigt - ist die Anzahl Fichen von 60000 im Jahr 2004 auf 110000 gestiegen. Zudem will der Bundesrat den Staatsschutz ausbauen. Mit der Reform des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS II) sollen terroristische oder nachrichtendienstliche Gefahren präventiv erkannt werden. Das bereits abgeschwächte Gesetz erlaubt dem Staatschutz laut Thür Eingriffsrechte, die sonst nur Strafverfolgungsbehörden bei konkreten Verfahren hätten. Weil es sich bei den Bespitzelten hauptsächlich um Ausländer handle (nur etwa 4 Prozent sind Schweizer), vermutet Thür, dass sich die Schweiz so besser dem Ausland anbieten wolle. Relativ schnell könnten Daten hin und her geschoben werden, "ohne konkretes Verfahren, ohne dass die Betroffenen davon wissen, ohne dass die Richtigkeit des Verdachts erwiesen ist". Er sei froh, dass die Rechtskommission des Nationalrats ihrem Plenum empfiehlt, das Geschäft zurückzuweisen. Wie die Kommission fordert auch Thür eine unabhängige, professionelle Aufsicht. Bisher wird der Staatsschutz vom Inspektorat im Justizdepartement und von der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte (GPDel) überprüft.

Erinnerungen an Fichen-Affäre

Wie wichtig eine Kontrolle des Staatsschutzes ist, zeigt aktuell die Basler Fichen-Affäre: Der Staatsschutz des Bundes, der Dienst für Analyse und Prävention (DAP), hat sechs türkischstämmige Grossräte fichieren lassen. Auslöser dafür waren türkische Medienberichte über die Grossratswahl 2004, insbesondere ein Beitrag in einem Medium, das der Arbeiterpartei Kurdistans PKK nahesteht. Dies hat die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats kürzlich publik gemacht. Nun beschäftigt sich die GPDel mit der Sache. Für Thür ist klar: Wenn sich der Fall so zugetragen habe, dann sei der DAP "ganz klar gesetzeswidrig" vorgegangen. Denn das Staatsschutzgesetz verbietet, dass Sicherheitsorgane "Informationen über die politische Betätigung" bearbeiten dürfen, es sei denn, diese Tätigkeit diene extremistischer oder terroristischer Aktivitäten. Die Gesinnung als Überwachungsgrund erinnert zudem an die Fichen-Affäre Ende der 1980er-Jahre, als ein Grossteil der 900000 fichierten Personen wegen ihrer politischen Einstellung oder völlig privater Informationen fichiert worden sind.

Nur Standardantworten

Der DAP weist darauf hin, dass jede Person beim Datenschützer Auskunft über eine allfällige Fiche bekommen könne. Doch der Datenschützer kann nur Standardantworten geben: Entweder, dass keine Daten unrechtmässig bearbeitet worden seien, oder dass beim Vorliegen von Fehlern er deren Behebung empfohlen habe. Ob also jemand fichiert ist, weiss der Betroffene nie. Der DAP begründet das damit, dass "echte Bösewichte" so keine Möglichkeit erhielten, den Kenntnisstand der Behörden auszuforschen.

Marcello Odermatt

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BZ 1.7.08

Eidgenössischer Datenschutzbeauftragter

Thür prangert das Spitzeln an

Staat und Private horchen zunehmend Bürgerinnen und Bürger aus, sagt der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Hanspeter Thür. Er ist beunruhigt und will noch genauer hinschauen.

Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte macht sich Sorgen. Die "unglaublichen Vorgänge" rund um grosse Spitzelaffären - zum Beispiel bei der deutschen Telekom, bei Lidl, oder jüngst bei Nestlé - hätten ihn aufgeschreckt. Telekom hatte zugegeben ein Jahr lang Telefongespräche mit Journalisten abgehört zu haben. Lidl hatte seine Mitarbeiter bespitzeln und Nestlé globalisierungskritische Kreise überwachen lassen. Letzterer Fall zeige, dass die Schweiz keine "Insel der Glückseligen" sei, meinte Thür. Bei der Präsentation seines Jahresberichtes sagte der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte gestern in Bern, dass die technischen Möglichkeiten die Hemmschwelle zur unbefugten Beschaffung von Daten deutlich herabgesetzt hätten. Früher habe man in die Privaträume eindringen und sich strafbar machen müssen, heute werde das "viel eleganter" gemacht.

Im Zuge der Terrorbekämpfung häuften sich legale und illegale Bespitzelungsaktivitäten, sagte Hanspeter Thür. Unter Berufung auf die Staatsräson würden rechtsstaatliche Prinzipien ausgehebelt. Auch der Bundesrat wolle die Kompetenzen für den Lauschangriff der Geheimdienstler massiv ausbauen, was der Datenschützer vehement bekämpft.

Zum Glück habe die Rechtskommission des Nationalrates die Notbremse gezogen, indem sie das Bundesgesetz zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) an den Bundesrat zurückweise: "Wir wollen nicht mit Sicherheit untergehen", sagte Hanspeter Thür. Die Tätigkeiten der Staatsschutzorgane müssten "sehr eng" begleitet werden.

Der Datenschutzbeauftragte verwies auf die letzte Woche bekannt gewordene Fichierung von sechs neu gewählten kurdischstämmigen Basler Grossräten. Wenn sich der Sachverhalt so darstelle wie von der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates festgestellt, handle es sich um ein klar gesetzwidriges Vorgehen.

Gesetze verschärfen

Sorgen macht Thür auch der Missbrauch des Internets. Internetseiten, die anonyme Bewertungen von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen wie Ärzte, Anwälte oder Professoren ermöglichten, öffneten der Diffamierung Tür und Tor. Jener Firma, die das Ärzterating okdoc.ch lanciert hat, empfahl Thür, alle gesammelten Daten zu löschen und die Einwilligung der betroffenen Ärzte einzuholen. Es sei damit zu rechnen, dass in Zukunft solche Vorhaben aus dem Boden schiessen werden, meinte der Datenschutzbeauftragte.

Dem "Internetmobbing" sei man weit gehend hilflos ausgesetzt. Zu dessen Bekämpfung müsse der Ehrverletzungstatbestand schärfer gefasst werden. Thür meint: Wer weltweit Leute ungerechtfertigt an den Pranger stelle, müsse anders behandelt werden als jemand, der am Stammtisch jemanden beleidige.

Mehr Stellen gefordert

Auch der Eintritt der Schweiz in den Schengen-Raum, der den Datenaustausch zwischen Polizeistellen intensiviere, rufe nach einer verstärkten Aufsicht, sagte Thür. Seine Stelle sei aber personell und finanziell unterdotiert und nicht ausreichend unabhängig. Ohne Gesetzesänderung werde es nicht gehen. sda/mic

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NAZIS IN SEMPACH
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20min.ch 30.6.08

"Hier können wir ungehindert demonstrieren"

von Adrian Müller

Das Gedenkfest zur Schlacht bei Sempach verlief ohne Zwischenfälle. Erneut zeigte sich aber, wie sehr die Rechtsextremen die Feierlichkeiten für ihre Zwecke missbrauchen: Sie stellten einen Viertel der Besucher und legten beim Denkmal eigene Kränze nieder.

In glühender Mittagssonne marschierten am Samstag historische Krieger mit Hellebarde und Armbrust bewaffnet vom Städtchen Sempach zum Winkelrieddenkmal, dem Zentrum des einstigen Schlachtfelds. Am Umzug nahmen rund 1000 Personen teil, darunter etwa 250 Rechtsextreme aus dem Dunstkreis der Partei National Orientierter Schweizer PNOS. Diese legten nach der Feier eigene Kränze am einstigen Kriegsschauplatz nieder.

Pnos-Sympathisanten scheuten die Öffentlichkeit

"Im Gegensatz zum Rütli können wir in Sempach ungehindert demonstrieren", erklärt Renato Bachmann, Mediensprecher der PNOS. Dennoch hätten sich viele ihrer Sympathisanten auch am Samstag nicht aus ihren Schützengräben gewagt - Bachmann hat dafür schnell einen Schuldigen ausgemacht: "Die umfangreiche Medienberichterstattung über Sempach schreckte etliche PNOS-Anhänger davon ab, an der Schlachtfeier teilzunehmen", beklagt er sich gegenüber 20 Minuten Online. Die Leute hätten Angst, auf Fotos erkannt und anschliessend vom Arbeitgeber oder antifaschistischen Gruppen denunziert zu werden.

Doch offenbar ist die PNOS nicht nur den Antifaschisten ein Dorn im Auge: "Die PNOS marschiert vermehrt an solchen ländlichen Heldenfeiern auf, weil die Städte unsere Kundgebungen fast immer verbieten", erklärt Bachmann weiter. Thun und Langenthal etwa hätten ihre Demogesuche für eine 1. Mai-Kundgebung aus Sicherheitsgründen stets abgelehnt.

Polizei setzte auf Dialog statt Konfrontation

Die andere Marschrichtung gab die Luzerner Kantonspolizei vor. Sie ging im Vorfeld der Schlachtfeier von Sempach auf die Rechtsextremen zu: "Wir suchten das Gespräch mit den PNOS-Leuten, gaben ihnen aber den Tarif durch", erklärt Daniel Bussmann, Pikettoffizier der Kapo Luzern. Diese Deeskalationsstrategie sei erfolgreich gewesen: Die Rechten hätten die Feier nicht gestört, es gab keine Zwischenfälle. Die Polizei stellte sich während des Umzugs in den Hintergrund: "Zwei Zivilpolizisten mischten sich unter die Leute, dazu kamen zwei uniformierte Ordnungshüter." Angemessene Verstärkung sei jedoch zur Sicherheit in der Nähe gewesen, ergänzt Bussmann.

Der Sieg des kleinen Mannes

Auf dem Feld bei Sempach besiegten am 9. Juli 1386 die Eidgenossen die übermächtigen Kämpfer des Habsburgerreichs. Die "kleinen" Eidgenossen schlagen den grossen Feind: Das fasziniert und inspiriert bis heute die Leute der PNOS. "Wir wollen den Sieg von damals in die heutige Zeit übertragen, darum gehen wir an die Schlachtfeier", erklärt Mediensprecher Bachmann. Der heutige Gegner heisse Kapitalismus und Imperialismus.

Wie sehr die PNOS und ihr Gedankengut polarisieren, zeigt die Diskussion auf 20 Minuten Online.