MEDIENSPIEGEL 3.7.2008

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule
- Plakatkrieg
- Schnüffelstaat
- Securitrans
- Broncos
- Videoüberwachung
- Sicherheit auf Sozialdemokratisch
- Wohnnot Bern
- Anti-Atom
- Villa Rosenau

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REITSCHULE
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Vorplatz:
Do-Sa jeweils Kultur-Imbiss ab 18 Uhr. GastköchInnen sorgen für kulinarische Unterhaltung.

Do 03.07.08     
19.00 Uhr     Vorplatz     Tangonacht: Crashkurs bis 20.30 Uhr
20.30 Uhr     Vorplatz     Tangonacht: Milonga

Fr 04.07.08     
20.00 Uhr     Vorplatz     
Stan or Itchy (Burgdorf) - Ska-Pop

22.00 Uhr     Frauenraum     
Popshop, Frauendisco - women only

Sa 05.07.08     
20.00 Uhr     Vorplatz     
The Nutcutters (Bern) - College-Punkrock

So 06.07.08     
9.00 Uhr     Grosse Halle     
Flohmarkt und Brunch bis 16.00 Uhr

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Ein sehr aussagekräftiges Bild: Sheriff (Beat) Schori vor der Reitschule...
http://www.20min.ch/news/bern/story/14559577

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PLAKATKRIEG
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Bund 3.7.2008

Mehr Platz für Kulturplakate

Stadt Bern Die illegale "Wildplakatierung" sorgt in Bern seit jeher für Ärger. Abhilfe verspricht sich die Tiefbaudirektion von 50 Plakatstandorten, die ab sofort für Kultur-Affichen zur Verfügung stehen. Die Kleinplakatierungsfirma Passive Attack wird diese bewirtschaften. Zusätzlich soll die City-Pflege die Stadt täglich von wilden Plakaten befreien. Der Pilotversuch läuft ein Jahr. Die Stadt arbeitet derweil an einem neuen Plakatierungskonzept. Dieses wird die Grundlage für die Neuausschreibung der Plakatierungskonzession sein. Die Konzession, die momentan von APG gehalten wird, läuft Ende 2009 aus. (pas)

Seite 21

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Stadt zähmt die wilden Plakatierer

Im Rahmen der Kampagne "Subers Bärn - zäme geits" werden spezielle Plakatstellen für Kleinplakate geschaffen

Bislang war das Aufhängen von Kleinplakaten in Bern illegal. Das ändert sich nun: Die Stadt stellt den Kulturveranstaltern jetzt 50 Standorte für die legale Kultur- und Kleinplakatierung zur Verfügung.

"Die illegale Wildplakatierung im öffentlichen Raum sorgt in Bern seit jeher für Ärger", sagt Tiefbaudirektorin Regula Rytz. "In keiner anderen Stadt ist das Problem grösser als in der Bundesstadt." Kein Wunder: In Zürich und Basel gibt es längst spezielle Litfasssäulen, die für Kultur- und Kleinplakate reserviert sind. Weil solche in Bern fehlen, verkleben die wilden Plakatierer Bushäuschen, Baustellenwände, Parkbäume und Hausfassaden. "Das beeinträchtigt das Stadtbild und führt zu Littering", bilanziert Rytz. Abhilfe verspricht sich die Tiefbaudirektorin von speziellen Plakatstellen für Kleinplakate. "Ab morgen Freitag stellt die Stadt den Kulturveranstaltern auf dem gesamten Stadtgebiet insgesamt 50 kostenlose Standorte für die legale Kultur- und Kleinplakatierung zur Verfügung", sagt sie. Dabei seien drei Typen von Anschlagflächen vorgesehen: mobile Plakatständer mit Betonsockel, Schaltkästen der Swisscom sowie speziell errichtete Stellen auf dem Bahnhofplatz unter dem Baldachin.

Innenstadt soll plakatfrei werden

"Ich freue mich sehr, dass wir mit der Tiefbaudirektion eine solche Regelung finden konnten", sagt Thomas Baumgartner, Geschäftsführer der Promotionsfirma Passive Attack, die mit der Bewirtschaftung der neuen Plakatstellen beauftragt wurde. "Einziger Wermutstropfen ist, dass sich aus denkmalpflegerischen Überlegungen fast alle Plakatstellen in den Aussenquartieren befinden." Der einzige Standort in der Innenstadt sei jener auf dem Bahnhofplatz. Besteht so nicht die Gefahr, dass die wilden Plakatierer weiterhin Fassaden an guter Passantenlage zupflastern, zumal 50 Plakatstellen verteilt auf die ganze Stadt doch eher knapp bemessen sind? "Das wird sich zeigen", sagt Baumgartner vorsichtig. Die Stadt habe aber angekündigt, künftig härter gegen illegale Plakatierer vorzugehen. "Das könnte nützen." Plakate, die weiterhin illegal aufgehängt werden, würden ausserdem im Rahmen des Projekts "Subers Bärn - zäme geits" konsequent entfernt, sagt Regula Rytz. "Dafür haben wir eigens eine Gruppe der Citypflege - eines Gemeinschaftswerks des Kompetenzzentrums Arbeit und der Stiftung Contact Netz - abgestellt." Die elf Langzeitarbeitslosen hätten den Auftrag, die ordentlichen Reinigungsdienste zu unterstützen. Sie sollen täglich die Innenstadt und zweimal pro Woche die Aussenquartiere abschreiten, um sämtliche Kleinplakate herunterzureissen, die ausserhalb der offiziellen Stellen angebracht sind.

Definitive Lösung steht noch aus

Die gestern präsentierte Lösung für die Plakatierung ist als einjähriger Pilotversuch angelegt. "Parallel dazu arbeitet die Tiefbaudirektion an einem neuen Plakatierungskonzept", erklärt Gemeinderätin Rytz. Dieses werde die Grundlage für die Neuausschreibung der Plakatierungskonzession sein. Die Plakatierung im öffentlichen Raum ist in der Stadt Bern momentan ausschliessliches Recht der Allgemeinen Plakatgesellschaft APG. Geregelt ist dies in einer vom Gemeinderat erteilten Sondernutzungskonzession aus dem Jahr 2002, welche per Ende 2009 ausläuft. "Ich bin der APG sehr dankbar, dass sie zu der jetzigen Übergangsregelung Hand geboten hat", sagte Regula Rytz. Ob die Konzession im nächsten Jahr aufgesplittet wird in kommerzielle und nichtkommerzielle Plakatierung, sei noch nicht entschieden.

Streit um Plakate auf Privatgrund

Auch für Kleinplakate auf privatem Grund muss noch eine Lösung gefunden werden. Die Firma Passive Attack hat bei etlichen Hauseigentümern Fassadenflächen gemietet und diese mit Wechselrahmen bestückt. Dort hängt sie Kulturplakate aus. "Eine Baubewilligung hat die Firma dafür bislang nie eingeholt", sagt Tiefbaudirektorin Rytz. Das Bauinspektorat sei jedoch der Ansicht, dass diese Plakatierungsstellen bewilligungspflichtig seien.

Dieser Nebenschauplatz im Plakatierungsstreit zeigt, dass das Angebot die Nachfrage an Affichestellen nicht zu befriedigen vermag. "Es wird nie genug Fläche für Kleinplakate geben", sagt denn auch Regula Rytz. Denn mehr und mehr setzten nicht nur Kulturveranstalter auf die kostengünstige Werbeform. "Auch kommerzielle Anbieter entdecken das Kleinformat für sich." Die Stadt müsse deshalb darauf bedacht sein, dem Wildwuchs bei der Plakatierung nicht Vorschub zu leisten.

Pascal Schwendener

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BZ 3.7.08
Leider versagte wiedermal das BZ-Online-Archiv...

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Radio Rabe 2.7.08
http://beemy.catatec.ch:554/ramgen/20080702.rm?start=18:04:40

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Infodienst Stadt Bern 2.7.2008

Lösung für legale Kulturplakate - Entfernung illegaler Wildplakate

Ab diesen Freitag, 4. Juli 2008, stellt die Stadt Bern den Kulturveranstaltern auf dem gesamten Stadtgebiet zusätzliche Standorte für die legale Kultur- und Kleinplakatierung zur Verfügung. Gleichzeitig verstärkt sie die Massnahmen gegen die Wildplakatierung im öffentlichen Raum: Mit Unterstützung der City-Pflege werden illegale Plakate künftig konsequent und flächendeckend entfernt.

Das Bedürfnis nach Standorten für die legale Klein- und Kulturplakatierung besteht schon seit langem. Gleichzeitig sorgt die illegale Wildplakatierung im öffentlichen Raum seit jeher für Ärger. Diese beeinträchtigt das Stadtbild und führt häufig zu Littering. Die Stadt Bern will nun Abhilfe schaffen. Einerseits stehen ab Ende dieser Woche verteilt auf das ganze Stadtgebiet zusätzliche Standorte für die legale Klein- und Kulturplakatierung zur Verfügung. Anderseits wird die Stadt Bern in Zusammenarbeit mit der City-Pflege, einem Arbeits- und Integrationsprogramm für Langzeitarbeitslose, bestrebt sein, dass illegal aufgehängte Plakate flächendeckend und konsequent entfernt werden.

49 zusätzliche Standorte für die Kultur- und Kleinplakatierung

Die Plakatierung im öffentlichen Raum ist in der Stadt Bern ausschliessliches Recht der Allgemeinen Plakatgesellschaft APG. Geregelt ist dies in einer vom Gemeinderat erteilten Sondernutzungskonzession aus dem Jahr 2002, welche per Ende 2009 ausläuft. Bestandteil der Konzession mit der APG sind 30 Standorte für Kulturplakate. Seit längerem ist klar, dass dieses Angebot die Nachfrage nicht zu befriedigen vermag.

Das städtische Tiefbauamt hat nun in Absprache mit der APG und der Kleinplakatierungsfirma passive attack, welche die Interessen zahlreicher Kulturveranstalter vertritt, eine Lösung gefunden: Ab diesen Freitag stehen auf Stadtgebiet insgesamt 49 neue Standorte für die kostenlose Klein- und Kulturplakatierung zur Verfügung. Diese werden durch passive attack bewirtschaftet. Die Bewirtschaftung folgt klaren Spielregeln, welche unter www.bern.ch (beim Veranstaltungsmanagement) sowie unter www.bern-baut.ch einsehbar sind. Mit dieser Lösung werden die politischen Forderungen des Stadtrats erfüllt. Zudem erhoffen sich die Verantwortlichen eine spürbare Eindämmung der illegalen Wildplakatierung im öffentlichen Raum.

Definitives Plakatierungskonzept in Erarbeitung

Der Gemeinderat hat das Tiefbauamt darüber hinaus beauftragt, eine grundsätzliche Neukonzipierung der Plakatierung auf Stadtgebiet zu erarbeiten. Das Konzept wird Grundlage sein für die Neuausschreibung der Ende 2009 auslaufenden Sondernutzungskonzession der APG. Die nun angebotenen zusätzlichen Standorte für die Klein- und Kulturplakatierung sind in diesem Sinne als Provisorien zu verstehen.

Mit City-Pflege gegen Wildplakatierung

Trotz gezieltem Einsatz der ordentlichen Reinigungskräfte wird das Erscheinungsbild der Stadt Bern durch die illegale Plakatierung beeinträchtigt. Die Wildplakatierung führt zudem häufig zu unerwünschtem Littering. Der Gemeinderat hat daher im Rahmen der Kampagne "Subers Bärn - zäme geits!" beschlossen, verstärkt gegen die Wildplakatierung vorzugehen. Dabei zählt er auf die City-Pflege, einem Gemeinschaftswerk des Kompetenzzentrums Arbeit, der Stiftung Contact Netz, der Stadtgärtnerei und des Tiefbauamts. Sie erbringt bereits heute täglich Zusatzreinigungen im öffentlichen Raum. Diese werden nun spürbar erweitert, indem die City-Pflege als Ergänzung zu den ordentlichen Reinigungskräften neu auf dem gesamten Stadtgebiet gegen die Wildplakatierung vorgeht. Ziel ist, die Innenstadt täglich von illegalen Plakaten zu säubern; die Aussenquartiere sollen ein- bis zweimal pro Woche gereinigt werden. Die Zusatzleistungen der City-Pflege erfolgen vorerst im Rahmen eines einjährigen Pilotversuches.

Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün

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SCHNÜFFELSTAAT
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Rundschau 2.7.08

Schon wieder fichiert: Fehlendes Einsichtsrecht beim Staatsschutz

Bespitzelt, überwacht, kontrolliert: Bereits sind wieder über 110'000 Menschen in der Schweiz fichiert. Und es gibt Bestrebungen, Telefone vermehrt abzuhören und Computer und Mailverkehr auszuspionieren. In der Rundschau sprechen Betroffene.
http://www.sf.tv/sf1/rundschau/index.php
(SF Videoplayer funktioniert bei den meisten nicht, wer Itunes hat, kann Sendung als Podcast runterladen)
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WoZ 3.7.08

Spitzel in Klein-Kurdistan
Wie der Staatsschutz sechs Basler ParlamentarierInnen überwachte
(leider nicht Online)

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20min.ch 2.7.2008

Über 100 000 Personen fichiert

Es wird wieder gespitzelt in der Schweiz: Nach dem Jahrhundert-Fall, der in den 1990er-Jahren aufgeflogen ist, weitet sich auch der neuerliche Fall in Basel immer weiter aus. Der Inlandgeheimdienst hat Personen aus rein politischen Motiven heraus überwacht - das ist illegal.

Die Verärgerung über die Fichen der sechs türkischstämmigen Grossräte ist bei Basler Politikern gross. Die Bundes-Staatsschützer waren wegen dem Kurden-Konflikt nach den Grossratswahlen 2004 aktiv geworden und legten Akten über die Politiker an. Doch sie sind nicht die einzigen: In den letzten Jahren soll sich die Anzahl der Fichierten auf rund 110 000 Personen fast verdoppelt haben.

Nicht nur die sechs Grossräte in Basel-Stadt vermuten, dass der Staatsschutz sie nur aus politischen Gründen fichiert hat. Der Fall des 54-jährigen Kurden T. aus Basel erhärtet den Verdacht, dass der Inlandgeheimdienst nicht immer gesetzeskonform handelt. Denn: Das Ausspionieren von Personen wegen ihrer politischen Tätigkeit ist gesetzeswidrig.

Der anerkannte Flüchtling lebt seit 20 Jahren in der Schweiz. Er ist SP-Mitglied und Gründer des Kurdistan Forums, einem Kulturverein, der zwischen Schweizern und Kurden vermittelt und Integrationsprojekte durchführt, die von der Stadt Basel finanziell unterstützt werden. Im Jahr 2000 wollte T. sich einbürgern lassen. Im Auftrag des DAP wurde er von der Basler Staatsanwaltschaft einvernommen.

Der Staatsschutz fichierte T. als "wichtiges Führungsmitglied der PKK in der Schweiz", weil er Demonstrationen zugunsten des PKK-Führers Öcalan organisiert habe. In der Folge wurde T. die Einbürgerung verweigert. Gegenüber der "Rundschau" sagt T.: "Ich bin weder PKK-Mitglied noch Organisator. Ich habe geholfen, Gesuche zu stellen, damit Demonstrationen legal stattfinden konnten."

Seine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht war erfolgreich: Anfangs Jahr haben die obersten Richter befunden, dass die Einbürgerung zu Unrecht verweigert und somit Bundesrecht verletzt wurde.

Die Schnüffler legen nicht nur eine legere Einstellung in Bezug auf die Gesetzeslage an den Tag. Sie schielen offenbar nach Deutschland, wo der Geheimdienst neuerdings Software-Wanzen in Computer von verdächtigen Personen einpflanzen darf. Solche Kompetenzen sollen laut "Rundschau" dereinst auch in der Schweiz zum Ermittlungsrepertoire von Geheimdienstlern gehören.

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SECURITRANS
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Bund 3.7.08

Neuer Chef für Bahnpolizei

Securitrans Nach den Turbulenzen der vergangenen Monate erhält die Bahnpolizei einen neuen Chef: Harry Wessner übernimmt auf Anfang 2009 das Kommando der Securitrans von Thomas Weibel. Wessner ist derzeit Chef des Amtes für Militär im Kanton Luzern. Weibel hatte die Leitung der Securitrans im Februar nach dem abrupten Abgang von Jörg Stocker nur interimistisch übernommen. (sda)

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BRONCOS
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Bund 3.7.2008

Broncos ausgebootet

Wechsel im Stade de Suisse Wankdorf: Neuerdings ist die Firma Protectas AG aus Zürich alleine für die Eingangskontrollen und geordnete Verhältnisse im Stadioninnern verantwortlich. Nicht mehr mit von der Partie sind die Broncos, die seit 2001 den Sicherheitsbereich abdeckten - anfangs in Eigenregie, später in Zusammenarbeit mit der Protectas und anderen privaten Firmen. Stade-de-Suisse-Pressesprecher Charles Beuret bestätigte einen Bericht der Gratiszeitung ".ch", die Protectas AG habe den Zuschlag für die Saison 2008/09 erhalten. "Ihr Angebot hat uns wegen der hohen Ressourcen und der Flexibilität überzeugt." Von den Broncos habe man sich nicht in Unfrieden getrennt. "Wir hatten kein schlechtes Verhältnis mit ihnen." Die Neuausschreibung des Sicherheitsauftrages erfolgte aus finanziellen Überlegungen. Beuret: "Wir wollten schlankere Strukturen schaffen." Den Vorwurf, das Stade de Suisse verzichte wegen ein paar Tausend Franken auf viel einheimisches Know-how, lässt der Firmensprecher nicht gelten: "Protectas hat uns versprochen, in Bern zusätzliches Personal zu rekrutieren, welches bei den Heimspielen regelmässig zum Einsatz kommen soll." Dank dieser Massnahme werde es in den Reihen von Protectas schon bald Männer und Frauen geben, die gute Kenntnisse von der Berner Fanszene hätten. Broncos-Mitarbeiter haben die YB-Supporter in den letzten Jahren jeweils auch an die Auswärtsspiele begleitet. (ruk)


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VIDEOÜBERWACHUNG
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Bund 3.7.2008

Kameras sind überall möglich

Das kantonale Polizeigesetz soll den Gemeinden die Videoüberwachung ermöglichen

Nicht nur nach Straftaten, sondern auch nach "allgemeiner Lebenserfahrung" sollen im Kanton Bern Videokameras installiert werden können. Bern und Biel haben bereits konkrete Vorstellungen.

Was im privaten Raum - in jedem Parkhaus, beim Bancomaten oder im Warenhaus - längst Realität ist, soll auch im öffentlichen Raum möglich werden: die Überwachung mit Videokameras. Mit der Teilrevision des kantonalen Polizeigesetzes soll den Gemeinden diese Möglichkeit eingeräumt werden, um potenzielle Täter abzuschrecken und die Sicherheit zu erhöhen. Im Gegensatz zum Regierungsrat verzichtet die vorberatende Kommission des Grossen Rats nun auf die Beschränkung der Videoüberwachung auf Kriminalitätsschwerpunkte. Eine Videoüberwachung soll nicht nur an Orten möglich sein, an denen bereits Straftaten verübt wurden, sondern auch dort, wo mit solchen zu rechnen ist, wie das Amt für Information mitteilt. So könnten auch bei Neubauten, etwa beim Freizeit- und Einkaufszentrum Westside in Brünnen, "nach allgemeiner Lebenserfahrung" Kameras installiert werden, sagt Grossrat Markus Meyer (sp, Langenthal). Er ist Präsident der vorberatenden Kommission, die den Gesetzesentwurf mit 15 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen verabschiedete.

Polizei muss Zustimmung geben

Während der Vernehmlassung hatte sich die SP kritisch geäussert. "Videoüberwachung schafft eine vermeintliche Sicherheit und bindet finanzielle Mittel, die man besser für mehr Polizeipräsenz oder Prävention zur Zivilcourage einsetzen würde", sagt die Präsidentin der SP Kanton Bern, Grossrätin Irène Marti (Bern). Ganz billig seien Installation, Anschaffung und Unterhalt der Kameras nicht, sagt André Glauser, Kommandant der Bieler Stadtpolizei. Je nachdem, ob bauliche Massnahmen nötig seien, auf welche Art und Weise die Daten aufgenommen und gespeichert würden, variierten die Kosten. Pro Kamera rechnet Glauser mit mehreren Zehntausend Franken, zudem müssten diese vor Vandalismus geschützt werden.

Umstritten ist auch der Punkt, dass es für Videokameras eine Zustimmung der Kantonspolizei brauchen soll. Die vorberatende Kommission ist der Ansicht, die Gemeinden sollten vom Fachwissen der Polizei profitieren. "Wenn es ein Gesetz gibt, sollen die Gemeinden in eigener Kompetenz entscheiden können", sagt hingegen Marti. Ob die SP-Fraktion in der Septembersession aber geschlossen gegen die Gesetzesvorlage stimme, sei noch nicht klar.

"Spielregeln und Orte festlegen"

Nötig wurde das Gesetz, nachdem den Städten Bern und Biel aufgrund einer Studie klar geworden war, dass sie gar keine Kameras installieren dürfen. Die beiden Städte feilten bereits an Konzepten, als sie 2005 ihre Vorhaben auf Eis legten. In Bern gibt sich Stadtpräsident Alexander Tschäppät nun vorsichtig: "Es wird nie eine flächendeckende Überwachung geben." Das Stadtparlament müsse genaue Spielregeln zur Auswertung und Vernichtung der Daten sowie den Standorten der Kameras ausarbeiten. Ein möglicher Ort sei beispielsweise die enge und verzweigte Fricktreppe zwischen Altstadt und Mattequartier. Auch in Biel seien die Standorte noch nicht definiert, sagt Glauser. Aber ein Bedürfnis bestehe etwa in der Innenstadt, wo am meisten los sei.

Anita Bachmann

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"SICHERHEITS*-DEBATTE
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WoZ 3.7.2008
Sicherheit auf Sozialdemokratisch

Der Kampf gegen die gefühlte Schutzlosigkeit trifft die Falschen
(Leider nicht Online)

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WoZ 3.7.2008

SP-Sicherheitspapier

Alarmanlagen für alle

Von Adrian Riklin

Eine Fachkommission der SP Schweiz hat einen Entwurf zur Sicherheitspolitik verfasst. Welche Sicherheit für wen? Und auf Kosten von was? Eine Besprechung.

Der Entwurf des Positionspapiers "Öffentliche Sicherheit für alle" der Fachkommission für Friedens- und Sicherheitspolitik der SPS beginnt sozialdemokratisch: "Alle Menschen haben einen Anspruch darauf, sich sicher fühlen zu können, unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht und Einkommen. (...) Dies setzt Chancengleichheit, Existenzsicherung und soziale Sicherheit ebenso voraus wie Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Grundrechte."

Auch der erste Punkt liest sich so. Städte und Agglomerationen sollen sich dank nachhaltiger Raumplanung und aktiver Wohnbaupolitik so entwickeln, dass "Quartiere sozial durchmischt sind und der öffentliche Raum belebt und vielfältig genutzt wird".

Beim zweiten Punkt gerät man ins Stocken. Unter "Die 24-Stunden-Gesellschaft" wird auf die "Schattenseiten" der veränderten Freizeitkultur eingegangen: "Alkoholexzesse bis zum Koma-Trinken, Partydrogen, Vandalismus, andere Gewalttätigkeiten und Lärmbelästigung. Viele Menschen fühlen sich durch herumhängende Jugendliche bedroht und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt."

Feindliches Vokabular

Ab diesem Punkt überschreitet das Papier eine Grenze. Zunächst nicht mal in den "spezifischen Massnahmen", die die Kommission empfiehlt. Sondern im Sprachgebrauch, dessen Vokabular sich aus Begriffen rechtsbürgerlicher Prägung zusammensetzt. Da ist von "herumhängenden Jugendlichen" die Rede, von "Ausländerkriminalität". Begriffe, die ohne Anführungszeichen verwendet werden. Über das Betteln heisst es: "Auch blosse Bettelei muss unterbunden werden, wenn sie mit den Rechten von Kindern in Konflikt steht oder" - jetzt die Pointe - "ein stark störendes Ausmass annimmt."

Spätestens hier bestätigt sich der Verdacht: Die SP hat ein Sprachproblem. Die Übernahme feindlichen Vokabulars zeugt vom eigenen Sprachverlust. Die Verschiebung auf der sprachlichen Ebene mag zunächst harmlos erscheinen. Doch die Art, wie über Menschen gesprochen wird, ist nicht nur Ausdruck eines Menschenbildes. Sprache greift darüber hinaus in die Wirklichkeit, verändert Wahrnehmung, schafft Realität, legitimiert Gewalt.

Was soll an einem Bettler ein "stark störendes Ausmass" annehmen? Seine pure Anwesenheit? Was ist "störender"? Der Mensch, der die hohle Hand macht - oder nicht doch der Immobilienbesitzer, der im fetten Wagen vorbeifährt?

Die SPS, die Partei mit dem höchsten Durchschnittseinkommen, setzt sich mehrheitlich aus privilegierten Menschen zusammen. Menschen, die es sich erlauben, ein Leben zu führen, von dem andere träumen. Dieses Privileg des Ungestört-unter-sich-Seins reiht sich nahtlos in die bürgerlichen Lebensentwürfe ein und widerspiegelt sich in sozial-freiheitlich-demokratisch herausgeputzten Quartieren, wo alles sauber ist, ruhig, friedlich, sicher und unheimlich ökologisch. Und immer wieder hört man jenes Wort, das seit Jahren Hochkonjunktur hat: Lebensqualität! Zürich, unter sozialdemokratischer Präsidentschaft weiss Gott nicht besonders sozial, gilt weltweit als Stadt mit der höchsten Lebensqualität. Lebensqualität, die darin besteht, Unerwünschtes auszuschliessen. Entsprechend gross ist der gesellschaftliche Druck, ein permanentes Diktat, das "öffentliche Ärgernisse" geradezu provoziert: öffentliche Sicherheit auf Kosten öffentlicher Lebendigkeit.

Vom Spezifischen ins Allgemeine

Und dann ist da diese Sprache, die über Menschen spricht. Reden über Abwesende. Sinnieren über Störfaktoren. Eine Sprache der Ausgrenzung, die unter dem politischen Druck die Grundlage für eine Politik der Ausgrenzung schafft. Man schreibt ein Papier, in dem einleitend von Chancengleichheit, Existenzsicherung und sozialer Sicherheit die Rede ist. Um später "spezifische Massnahmen" zu fordern, die von der SVP abgeschrieben sein könnten.

Das liest sich so: "Massnahmen zur Erreichung solch langfristig angelegter Ziele (Bildung, Arbeit, sozialer Schutz vor Existenzrisiken, nachhaltige Entwicklung und die Verminderung des Unrechts und der Armut bei uns und in andern Ländern) bilden das Fundament einer sozialdemokratischen Politik der öffentlichen Sicherheit. Zu dieser Politik gehören aber ebenso spezifische Massnahmen gegen Kriminalität, Gewalt und Unsicherheit. Dieses Positionspapier konzentriert sich auf diese spezifischen Massnahmen."

Indem sich das Papier auf "spezifische" Massnahmen konzentriert, macht es das Spezifische zum Allgemeinen. Indem es "spezifische" Massnahmen durchsetzen will, die im Zug eines permanent herbeigeredeten Ausnahmezustands entstanden sind, verhilft es zur Durchsetzung der Ausnahme als Regel. Wie leicht Massnahmen für einen vor übergehenden Ausnahmezustand auch nach Ablauf des Ereignisses dauerhaft installiert werden können, zeigen die Tage und Nächte während und nach der EM 2008, wie im Zürcher Kreis 4 zu beobachten ist. Das Fest ist vorbei, die Vorkehrungen bleiben.
Das Kind, der soziale Gedanke, wird mit dem Bad, der kollektiven Hysterie, ausgeschüttet. Und damit auch die ­"allgemeinen" Massnahmen: bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für alle, auch für MigrantInnen, Sans-­Papiers oder Asylsuchende; Freiräume für Jugendliche, junge Erwachsene und Erwachsene; sozial durchmischte Quartiere, Kulturzentren, Schulen, Krippen, Tageshorte, Wohngenossenschaften; Integrationskurse, die nicht nur Ausländerinnen dazu verhelfen, sich hiesigen Gepflogenheiten anzupassen, sondern auch Schweizern, andere Gepflogenheiten verstehen zu lernen; Aufnahme von Menschen aus verschiedenen Kulturen in soziale, poli zeiliche und politische Aufgaben. Und so weiter.

Der innere Polizist

Gefragt sind mehr Welt- und weniger Selbsterfahrungskurse. Massnahmen, die Mut machen und nicht Angst herstellen. Eine Kultur des Vertrauens statt des Misstrauens. Liegt nicht im hierzulande verbreiteten Verhaltensrepertoire aus Weltbefremdung und Selbstgefälligkeit, im ignoranten Rückzug ins Private eine Gewaltprovokation? Sind video überwachte Plätze mitten in der beschaulichen Kleinstadt nicht Ausdruck einer grotesken Multiplikation von Angst? Kommt das "subjektive Gefühl von Unsicherheit", das so vielen Menschen schlaflose Nächte beschert, nicht auch von dieser permanenten Alarmbereitschaft? Bewegt sich ein Mensch freier über einen Platz, im Wissen darum, dass er gefilmt wird? Installiert sich dadurch in ihm nicht vielmehr ein innerer Polizist? Ist das die neue Lebensqualität? Meint der Slogan "Sicherheit für alle" vor allem Sicherheit für die, die etwas zu verlieren haben? Und wie sieht Sicherheit aus für die, die nichts zu verlieren haben? Alarmanlagen für alle? Indem sich die SP dem sicherheitspolitischen Mainstream fügt, fügt sie sich dem lebensphilosophischen.

Am Anfang aller Massnahmen steht das Wort. Fachhochschulisch abgesegnetes Sozialtechnikerdeutsch, in dem der Mensch zum Gegenstand wird. Natürlich wird nach der Feststellung, dass der Anteil der ausländischen Staatsangehörigen an der Gewaltkriminalität überdurchschnittlich hoch sei, relativiert: "Das hat aber nichts mit der Nationalität zu tun, sondern in erster Linie mit der sozialen Situation der ausländischen Täter." Am verantwortungslosen Wiederkäuen solcher Begriffs­konstruktionen ändert das nichts. Schon klatschen die bürgerlichen ZeitungskommentatorInnen. Die SP wird damit sicher ganz viele neue Stimmen gewinnen. Noch besteht die Möglichkeit zur Korrektur. Am 25. Oktober ist Parteitag.

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WOHNNOT
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Statistikdienste Stadt Bern 3.7.08

Medienmitteilung Nr. 5, 03.07.2008


Am 1. Juni 2008 leer stehende Wohnungen und Arbeitsräume

Leer stehende Wohnungen

Die Leerwohnungszählung der Statistikdienste der Stadt Bern ergab am 1. Juni 2008 in der Bun desstadt 278 leer stehende Wohnungen. Gegenüber dem Vorjahr ist eine Abnahme um 24 Leer wohnungen oder 7,9 % zu verzeichnen. Die Leerwohnungsziffer sank von 0,41 % auf 0,38 %.

Leer stehende Arbeitsräume

Die Zählung der leer stehenden Arbeitsräume der Statistikdienste der Stadt Bern ergab, dass am 1. Juni 2008 in der Bundesstadt 157 Geschäftslokale (Vorjahr 172) leer standen, wobei bei einem Büroraum die Flächenangabe unbekannt ist. Die restlichen 156 Lokale wiesen eine Gesamtfläche von 47 824 m2 auf. Gegenüber dem Vorjahr ist die verfügbare Fläche um 7,5 % gesunken.

Medienmitteilung:
Am 1. Juni leer stehende Wohnungen und Arbeitsräume (PDF 21 KB)
http://www.bern.ch/mediencenter/aktuell_ptk_sta/2008/07/03-07-28/mm052008.pdf

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ANTI-ATOM
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WoZ 3.7.2008

AKW-Widerstand

Fusion ohne Spaltung

Von Helen Brügger

Die Elektrizitätsgesellschaft Atel will ein neues Atomkraftwerk. Und mit der Westschweizer EOS ­fusionieren. Doch dabei haben die Kantone Waadt und Genf ein Wörtchen mitzureden.
http://www.woz.ch/artikel/2008/nr27/schweiz/16555.html

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WoZ-Dossier Klima- und Energiepolitik
http://www.woz.ch/dossier/Klima.html

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VILLA ROSENAU
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WoZ 3.7.08

Villa Rosenau

Bastion des Lebendigen

Von Dominik Gross

 Nach langem Ringen mit den Behörden darf das letzte besetzte Haus in der Stadt Basel bis auf Weiteres stehen bleiben. Doch für die BesetzerInnen ist das nur ein Zwischenerfolg im Kampf um mehr politische und kulturelle Freiräume.

Wie Klötze zu Beginn eines Tetrisspiels scheinen die Gebäude in der Einöde der Stadtperipherie vom Himmel gefallen. An der einen Flanke der neuen Basler Autobahn-Nordtangente, auf halbem Weg zum EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg, steht der Kubus des Grand Casino Basel in seinem leuchtend roten Kleid, schimmernd wie Granitfels. Gleich daneben steht das Hochhaus des Airport-Hotels. Auf der anderen Seite der Nordtangente liegt der Basler Schlachthof, im Hintergrund der französische Zoll.

Mittendrin im Dreieck von Casino, Schlachthof und Zoll: Der Überrest einer alten Sozialsiedlung. Seit vier Jahren ist er besetzt und heisst seitdem Villa Rosenau. Der einzige Passant an diesem Abend blickt wohlwollend auf das besetzte Areal und meint: Hier würden Gegensätze sichtbar. In der Tat, Gegensätzliches ist hier gelandet. Am roten Casino steht in weissen Leuchtlettern: 340 Geldspielautomaten, 15 Spieltische, 3 Jackpots, Eventsaal, Restaurant Chez Georges, 3 Bars, Salle de spectacles, 340 Machines à sous, 15 Tables de Grand Jeux.

Auf das Giebeldach der zweistöckigen Villa Rosenau haben die BesetzerInnen "Free Camenisch" geschrieben, an einer Wand liest man auch "Freiheit für alle Gefangenen", eine Piratenfahne weht im lauen Wind. Nur das Transparent mit der Aufschrift "Paradise of Amusement" könnte eigentlich auch am Casino hängen. Wie eine letzte Bastion des Lebendigen, Unvorhergesehenen, des politischen Engagements und der Kritik liegt die Villa Rosenau inmitten dieses auf reine Funktionalität getrimmten Nichtortes am Rand von Basel und der Schweiz.

Freudenfest statt Widerstand

Diese letzte Bastion - denn das ist se wirklich, ist doch die Villa Rosenau das letzte besetzte Haus in der Stadt Basel - war in  den letzten Monaten aller dings arg in ihrer Existenz bedroht (siehe WOZ Nrn. 16 und 25/08): Der Stadtbas ler Regierungsrat wollte das Haus zugunsten einer Ersatzgrünfläche abbrechen, die aufgrund des Baus der Basler Nordtangente von Gesetzes wegen nötig wurde. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Eine Bastion des Lebendigen sollte einer unbevölkerten Grünfläche weichen. Nach langem Kampf, Hin und Her und dank der Fürsprache und parlamentarischer Interpellationen einiger Basler GrossrätInnen aus dem rot-grünen Lager darf die Villa Rosenau nun "bis auf Weiteres" stehen bleiben. Dies bekamen die AktivistInnen am letzten Freitag schriftlich von der zuständigen Regierungsrätin Barbara Schneider zugesichert.
Ende März hatte der Regierungsrat die Räumung der Villa Rosenau noch für den 30. Juni angekündigt. So ist aus dem Widerstandscamp, das am letzten Wochenende auf dem improvisierten Abstellplatz für Lkws vor der Villa Rosenau ursprünglich die Räumung des Hauses hätte verhindern sollen, ein Freudenfest geworden. Neben dem Aussichtsturm, der Konzertbühne und der Bar haben die BesetzerInnen auch noch drei grosse Holzzelte für Gäste aufgebaut, ein biologisches Plumpsklo mit Holzspan-Kompostiersystem steht den FestbesucherInnen aus halb Europa ebenfalls zur Verfügung: "Es stinkt nicht, schont den Boden, und in einem Jahr können wir das Kompostgut als Dünger für den Gemüsegarten verwenden", erklärt einer der ErbauerInnen stolz.

Das Camp geizt nicht mit Attraktionen: Jeden Abend wird unter dem Aussichtsturm gekocht, der charakteristische Duft von orientalisch-indisch angehauchtem veganischem Essen liegt in der Luft. Am Samstag findet auf einer Wiese in der Stadt ein Squatter-Grümpelturnier statt, jeden Abend spielen Bands und DJs vor der Villa, ein Re claim the Streets ist ebenfalls geplant.

Das vollendete "Paradise of Amusement" ist die Villa Rosenau in den Augen der BesetzerInnen trotzdem noch lange nicht. Frühmorgens höre er immer die Tierlaster zum Schlachthof fahren, erzählt ein Bewohner. Das Vieh schweige erstaunlicherweise immer, aber den späteren Verwesungsgeruch rieche er manchmal. Auch die Kehrichtverbrennungsanlage stadteinwärts sei nicht leicht zu ertragen. Alle paar Tage, wenn die Anlage in ihrer ewigen Müllbeseitigung wieder am Grund des sich ständig häufenden Abfallberges angelangt ist, da wo es schon gärt, entlässt sie beklemmende Gerüche aus ihrem Schlot. Dafür könnten sie sich hier ziemlich ungestört ausbreiten, meint der Besetzer.

"Die Wilden"

Den zwei Meter hohen Zaun, den die Stadtverwaltung einmal ganz nah an den Mauern um die Villa Rosenau zog, um den BesetzerInnen die unmittelbaren Grenzen ihres Aktionsradius aufzuzeigen, ist auch längst wieder durchbrochen - die ganze Camp-Infrastruktur steht jenseits davon. Und so abgelegen ist die Villa Rosenau gar nicht, in zehn Minuten ist man per Velo oder Bus in der Innenstadt. Auch Konflikte mit einer allfälligen Nachbarschaft sind hier, mangels Wohnraum in der direkten Umgebung, fast ausgeschlossen. Die Geräuschkulisse, welche die Villa Rosenau gelegentlich produziert, verliert sich nachts spätestens auf dem Lastwagenparkplatz beim Zollgebäude, im monotonen Rumpeln der dieselbetriebenen Kühlaggregate abgestellter Vierzigtönner.

Hier macht auch Chauffeur Odermatt seine letzte Pause auf der langen Heimfahrt von der spanischen Ost küste. Er stammt aus Obwalden, lebt aber seit vierzig Jahren im elsässischen Grenzort Häsingen oder französisiert Hésingue. Das besetzte Haus nebenan stört ihn nicht. Auf dem Zollareal taugten die Leute aus der Villa Rosenau ab und an als Thema für einen Pausenschwatz, bei den Schweizer Zöllnern seien sie als "die Wilden" bekannt. Wirklich scheren um sie tue sich aber keiner, sagt Odermatt und lässt die Pressluft aus seiner pneumatischen Anhängerkupplung.

Die ZöllnerInnen vor ihren Kabinen wollen diese inoffizielle Sprachregelung für die HausbesetzerInnen in der Nachbarschaft nicht bestätigen. Sowieso ist ihnen nicht viel zu entlocken, weder zum Thema noch sonst Substanzielles, es sei bei ihnen halt ein bisschen wie in der untergegangenen DDR, vergleicht einer: "Reden darf hier nur unsere Pressestelle."

Die gesamte Bäckerei

Was die Menschen in der Stadtperipherie trotz aller Gegensätze zu verbinden scheint: Ob Zöllner, Besetzerin oder Portier im Grand Casino, ernste Fragen zum Thema wollen, können oder dürfen sie spontan alle nicht wirklich beantworten. Der höfliche deutsche Portier im Casino wiederholt mehrmals denselben Satz: "Montag, ab 8 Uhr, bei der Geschäftsleitung." Die BesetzerInnen haben zu viele schlechte Erfahrungen mit der Presse gemacht und wollen nicht, dass interne Kontroversen an die Öffentlichkeit dringen.

Keine soll für sich alleine reden, schon gar nicht einer für viele, sondern nur alle für alle. Jede Einigung, jeder Konsens in der Gruppe ist ein intensiver Prozess, Abstimmungen an Vollversammlungen gibt es nicht. Die AktivistInnen der Villa Rosenau leben auch von ihrer Vielfalt, verschiedene linke politische Ideen laufen hier zusammen, Menschen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen treffen sich hier. Auch deshalb ist viel Gegenwärtiges umstritten, Zukünftiges grundsätzlich sehr offen.
Dies gilt auch für die weitere Politik der BesetzerInnen gegenüber der Stadt oder dafür, wie man gewisse Sätze, die auf der Website der Villa Rosenau den theoretischen Rahmen geben, interpretieren soll. Sätze wie diesen: "Eigentum gibt es nicht, nichts gehört einem Menschen. Einzig die Kräfte, die das Eigentum schützen, definieren dessen Stärke. Eigentum wird nur durch Gewalt definiert. Und diese Gewalt definiert auch das Recht. Es wird vom Staat verliehen an diejenigen, die er sich aussucht."

In den DDR-Topf, zusammen mit den ZöllnerInnen, wollen sich die Leute von der Villa Rosenau dann doch nicht stecken lassen. Zur schon gestandenen Parole "We don't want one piece of the cake, we want the whole fuckin' bakery!" wagt eine Besetzerin eine persönliche Interpretation. Diese Parole ziele ihrer Meinung nach darauf ab, "dass wir nicht bloss ein kleines Haus am Stadtrand wollen, das genauso wie alle anderen im System verankert ist und sich davon nicht entzweien kann, sondern die gesamte Bäckerei, damit wir mit all ihren Zutaten etwas vollkommen Neues backen können. Es geht nicht um die Kontrolle des herrschenden Systems, sondern um die Aneignung der Kapazitäten, um unabhängig Neues schaffen zu können."

Da fast alle bisherigen Bewohner Innen ausziehen, kommt auch auf die Villa Rosenau viel Neues zu. Die AktivistInnen freuen sich darauf. Vor allem wollen sie die Villa auch für Leute, die nicht zum eingeweihten Zirkel gehören, weiter öffnen. "Wir wollen ein echtes autonomes Zentrum schaffen", sagt eine Maturandin, Vertreterin der neuen Generation rund um die Villa Rosenau. "In letzter Zeit fanden hier schon sehr viele Konzerte statt, und es hat uns sehr gefreut, dass auch immer wieder neue Leute bei diesen Gelegenheiten auftauchten." Das Kulturprogramm mit Konzerten, Kinos, oder Voküs - Volksküchen - soll weitergeführt werden, auch die Eröffnung eines Infoladens ste he zur Debatte.

"Unser Kino beispielsweise gibt jungen Filmemachern die Chance, politisch engagierte Filme zu zeigen, die sonst nirgendwo in Basel ein Publikum finden", sagt ein Geschichtsstudent. Schon in den vergangenen Jahren sei die Villa Rosenau ein Dreh- und Angelpunkt der linksautonomen Bewegung in Basel gewesen. Widerstandsaktionen gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos oder die erfolgreiche Kampagne, in welcher sich die Bewegung gegen die Ausschaffung des kurdischen Asylsuchenden Erdogan E. eingesetzt hat, wurden von der Rosenau aus organisiert. Andere frisch besetzte Häuser in der Stadt Basel wurden in den letzten Jahren von den Behörden stets umgehend wieder geräumt.

Die Kräfte bündeln

Steht man wieder an der Bushaltestelle auf dem Rückweg in die Stadt, beschleicht einen beim letzten Blick auf Autobahn, Villa Rosenau, Zoll, Casino, Schlachthof und Kehrichtanlage das dumpfe Gefühl, dass die Stadt Basel alles Unliebsame, Kontroverse an ihre Ränder verfrachtet - wenn schon nicht über die Grenze, dann wenigstens so nah wie möglich dran. Die Chemie mit ihrem Gift, das sie im Dekadenrhythmus per Rhein direkt ins Ausland entlässt, ist nur das berühmteste Beispiel dafür.
Die Leute der Villa Rosenau fügen sich diesem von oben verordneten Anspruch an eine harmonische Innenstadt nicht: Ihr Haus soll ein Ort sein, wo sie Kräfte bündeln können, um irgendwann wieder mit einer Besetzung in die Stadt zurückkehren zu können. "Wir werden weiter um autonome, nichtkommerzielle Freiräume kämpfen, auch wenn das zurzeit sehr schwierig ist. Es geht nicht nur um diesen Freiraum, es geht um Freiräume allgemein", kündigt eine junge Frau mit wachen, grossen Augen und einem gepflegten schwarzen Irokesenschnitt an - von der Bastion zur Bäckerei.

Nachtrag: In der Nacht auf letzten Montag besetzten AktivistInnen aus dem Umfeld der Villa Rosenau die Aktienmühle in Basel Kleinhüningen, die an ein Novartisareal grenzt. Bis 2003 versorgte sie Basel mit Mehl, danach gab es Zwischennutzungen - schon wieder ein bisschen mehr vom Kuchen.