MEDIENSPIEGEL 4.7.2008

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule
- Schützenmatte
- Nazis in Sempach
- Antifa-Festival
- Bericht zur "Inneren Sicherheit"
- Schnüffelstaat
- SP und "Innere Sicherheit"
- SP & Bettelverbot
- Euro 08-Protectas-Söldner
- 3 Jahre Beratungsstelle Sans-Papiers
- 2. Drogenanlaufstelle (Stadtrats-Debatte vom 19.6.08)
- RTS-Nachwehen (Interpellation Stadtrat)
- Duo Filewile
- Youtube und Datenschutz

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REITSCHULE
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Radio Rabe 3.7.08

Das Megafon - Informationen aus dem Pferdestall
http://beemy.catatec.ch:554/ramgen/20080703.rm?start=18:15:20

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Vorplatz:
Di-Sa Vorplatz-Bar ab 16h
Do-Sa jeweils Kultur-Imbiss ab 18 Uhr. GastköchInnen sorgen für kulinarische Unterhaltung.

Fr 04.07.08     
20.00 Uhr     Vorplatz     
Stan or Itchy (Burgdorf) - Ska-Pop

22.00 Uhr     Frauenraum     
Popshop, Frauendisco - women only

Sa 05.07.08     
20.00 Uhr     Vorplatz     
The Nutcutters (Bern) - College-Punkrock

So 06.07.08     
9.00 Uhr     Grosse Halle     
Flohmarkt und Brunch bis 16.00 Uhr


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SCHÜTZENMATTE
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Bund 4.7.08

ICE-Parkplatz Schützenmatte?

Eisenbahnviadukt Bern

Mit aufwühlender Kunde wartete gestern die Berner Stadtregierung auf: Die Stützen der Eisenbahnbrücke im Bereich der Neubrückstrasse entsprächen "nicht mehr den heutigen Sicherheitsnormen". "Insbesondere betroffen ist die Möglichkeit, dass ein Strassenfahrzeug die Stützen rammen und dadurch einen teilweisen Brückeneinsturz auslösen könnte", teilte der Gemeinderat schonungslos mit. Da stockt der Atem. Doch erstaunen kann die Nachricht nicht wirklich: Dünn und filigran sind die paar Pfeilerchen, die den tonnenschweren Brückenausläufer des stolzen Eisenbahnviadukts zwischen der Lorraine und dem Bahnhof Bern tragen. Kaum auszudenken, was passiert, wenn ein solches Beinchen von einem ungehobelten Lastfahrzeug geknickt werden sollte: An Stelle der Autos würde auf der Schützenmatte urplötzlich ein stattlicher Rangierzug oder ein mondäner ICE "parkieren".

Ganz so dramatisch ist die Situation laut SBB-Sprecher Roland Binz indes nicht. Aber ja: Da heute schwere Fahrzeuge auf den Strassen unterwegs seien, könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein LKW, der in hohem Tempo in eine Stütze rase, Letztere beschädige. Es würden deshalb zwar nicht die Stützen verstärkt, wie der Gemeinderat berichtete, aber immerhin eine Betonmauer als Aufprallschutz und Leitplanke errichtet, präzisiert Binz. 430000 Franken kostet dies die SBB. An die Kosten hat der Gemeinderat nun einen Beitrag von 150000 Franken genehmigt. Die Arbeiten werden - alle sind froh - bereits diesen Monat ausgeführt und im August abgeschlossen.

Doch wenn am Brückenausläufer Sicherheitsmassnahmen notwendig sind, drängt sich die Frage auf, wie es um das Eisenbahnviadukt selbst steht. Immerhin stammt das knapp 50 Meter hohe Bauwerk aus den frühen 40er-Jahren. Binz gibt Entwarnung: Das Viadukt halte bei normalem Unterhalt noch 30 bis 40 Jahre - selbst wenn es von noch höheren Lasten beansprucht werde als heute. Das habe eine Untersuchung der Brücke im letzten Jahr gezeigt. Binz: "Das Viadukt ist zwar im Pensionsalter, gehört aber noch lange nicht zum alten Eisen."

Ivo Gehriger

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Infodienst Stadt Bern 2.7.08

Kurzmitteilungen des Gemeinderats

Ferner hat der Gemeinderat

(...)

- einen Gemeindebeitrag von 150 000 Franken bewilligt an die Verstärkung der Stützen der Eisenbahnbrücke im Bereich der Neubrückstrasse. Die Verstärkung wird notwendig, weil die Stützen nicht mehr den heutigen Sicherheitsnormen entsprechen. Insbesondere betroffen ist die Möglichkeit, dass ein Strassenfahrzeug die Stützen rammen und dadurch einen teilweisen Brückeneinsturz auslösen könnte. Federführend für die Sanierung sind die Schweizerischen Bundesbahnen SBB, welche auch den Hauptteil der Gesamtkosten von 430 000.00 Franken übernehmen. Die Arbeiten sind für den Juli und August 2008 geplant.

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NAZIS IN SEMPACH
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antifa.ch Rundmail 3.7.08

"Friedliche" Neonazis?

Nachdenken über Sempach 2008

Am 28. Juni 2008 marschierten an einer Schlachtgedenkfeier gut 200  Neonazis gemeinsam mit der Lokalbevölkerung und regionaler  Politprominenz durch die Gassen des kleinen Innerschweizer Städtchens  Sempach (LU). Unter den Neonazis waren etliche bekannte Gesichter:  Exponentinnen und Exponenten von Gruppierungen wie Blood & Honour,  PNOS, Hammerskins, Nationale Offensive, Kameradschaft Innerschweiz,  Helvetische Jugend.

Aufmarschiert war derjenige Personenkreis, der ganz klar dem  rechtsextremen und
neonazistischen Lager zugeordnet werden kann. Personen, die sich offen zum
Nationalsozialismus bekennen, die an internationale Neonazitreffen  reisen und die teilweise bereits wegen rassistisch motivierten  Gewalttaten oder Delikten gegen die Antirassismus-Strafnorm belangt  worden sind.

Deshalb könnte es erstaunen, dass die Polizei nur Gutes über diese  "Festbesucher" zu berichten wusste. So wurde von der Polizei  wohlwollend festgehalten, dass die Rechtsextremen keine Fahnen der  PNOS mitgeführt hätten, sondern nur Kantonsfahnen trugen (Meldung  Associated Press, 28. Juni 2008). Dabei fehlt es den Ordnungshütern  offensichtlich an Kenntnissen über die rassistische und  neonazistischer Symbolik. Etliche NS-Symbole wie etwa SS-Totenköpfe,  Odal-Runen, Sig-Runen (der SS), Wolfsangel und "Adolf Hitler"- bzw  "Heil Hitler"-Sprüche (codiert als 88) prangten auf T-Shirts,  Gürtelschnallen und Baseball-Caps.

Einige der Rechtsextremen waren auch gleich mit ihrem Gruppennamen  angeschrieben: Deutlich identifizierbar sind Furor Helvetica,  Kameradschaft Innerschweiz, Blood & Honour, Nationale Offensive und  natürlich auch PNOS. Spätestens beim Spruch "Friedrich Laibacher  Nationalheld/Warum hast du nicht in Bern gewohnt?" sollte dem Letzten  aufgefallen sein, dass diese Leute kein demokratisches  Gesellschaftsverständnis vertreten. Gemeinsam mit Neonazis zu  marschieren, die SS-Totenköpfe an ihren Gürtelschnallen und "Heil  Hitler" auf dem Baseball-Cap tragen, ist angesichts der NS-Gräueltaten  ein Hohn.

Trotzdem scheinen sich Organisatoren, Polizei und Medienschaffende im  Nachfeld des Anlasses darin einig zu sein, dass die Ereignisse in  Sempach weder der Kritik noch der minimalen Selbstreflexion bedürften.  Der Grund: Der Anlass verlief "friedlich". Solcher "Friede" lässt  erschaudern. Er ist Ausdruck von Feigheit oder schweigender Zustimmung  und entspricht dem Gegenteil einer humanistischen und couragierten  Zivilgesellschaft. Wer sich von Rechtsextremen nicht grundsätzlich  gestört fühlt, wer sich von ihnen nicht distanzieren will, der stimmt  ihnen zu.

Dass eine solche Abgrenzung gerade denjenigen schwerfällt, die längst  vergangene
Schlachtsiege feiern und Sagengestalten huldigen, kann nicht gross  erstaunen. Winkelried ist eine Erfindung von Chronisten des  Spätmittelalters. Dieser historischen Erkenntnis zum Trotz bedient man  sich gerade in heutiger Zeit wieder solcher Mythen.  Bürgerlich-Konservative, Liberale und Rechtsextreme - Schulter an  Schulter. Sei es zur Fütterung der Tourismusindustrie oder zur Nährung  von nationalistischen Dogmen.

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Indymedia 3.7.2008

Bilder zu Sempach:
http://ch.indymedia.org/de/2008/07/61234.shtml


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antifa.ch 24.6.08

Die Sempacher Schlachtfeier als Rütli-Ersatz
http://antifa.ch/comm/comm080624.shtml

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ANTIFA-FESTIVAL
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Rundmail 1.7.08

Liebe AntifaschistInnen

Es ist wieder soweit. Das dritte Antifa Festival in Bern steht vor der Tür. Freitag 1. und Samstag 2. August werden diverse Bands aus verschiedensten Musikrichtungen kräftig einheizen. Wie gehabt wird auch ein Campingplatz ab Freitag zur Verfügung stehen. Ein vielfältiges Rahmenprogramm und diverse Stände mit Infomaterial und Essen wird die Veranstaltung abrunden.

Wir freuen uns auf euch, um auch dieses Jahr ein kräftiges Zeichen gegen Faschismus und Rassismus zu setzten. Nach dem Brandanschlag vom letzten Jahr erst recht!!!

Bis bald euer Antifa Festival-Team

!BITTE WEITERLEITEN!

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-Donnerstag 31.7-
19.30 Podiumsdiskussion "Prekarisierung und Rassismus"
Hotel Bern

-Freitag 1.8-
Öffnung des Campingplatzes (12.00)

Themenausstellung Migration
Kornhausforum

Konzerte auf dem Vorplatz der Reitschule
ca. 16.15 Pitifuls
ca. 17.30 Pitchfork

Konzerte in der Grossen Halle (Türöffnung 18.00)
Hoffnungslos (Punk Bern)
Protonbrod (HipHop Lausanne)
Opciok-95 (Oi Punk Barcelona)
UK Subs (Punk UK)
A.C.K. (Punk Germany)
NRK (HC Punk CH)

-Samstag 2.8-
Themenausstellung Migration
Kornhausforum

Konzerte auf dem Vorplatz der Reitschule
ca. 14.30 The Deliveris
ca. 15.15 Kopfnuss
ca. 16.30 Zenotornado

Konzerte in der Grossen Halle (Türöffnung 18.00)
Inner Terrestrials (Punk UK)
Commandantes (songs for the working class Germany)
Two Tone Club (Ska France)
Mak Hip Hop (HipHop Basque Country)
Readykill (Britcore Germany)
Oi Polloi (Oi Punk)

-Sonntag 3.8-
Themenausstellung Migration
Kornhausforum

12.00 Campschliessung

-Eintritt, Vorverkauf & Reservation-
1 Tages Pass: 20 sFr.
2 Tages Pass: 35 sFr.
(kein Vorverkauf, Reservationen via mail)

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Saludos antifascistas
Antifaschistische Grüsse
Salutations antifascistes
Antifascist greetings
Saluti antifascisti

Antifascist Festival
1.-3.August 2008
Grosse Halle, Reitschule Bern

Rock out fascism!
http://www.antifafestival.ch

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BERICHT ZUR "INNEREN SICHERHEIT"
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"Der Begriff "Antifa" beinhaltet lediglich vordergründig die Bekämpfung von Faschismus und Rassismus. Tatsächlich zielt der Antifaschismus auf die Zerstörung des freiheitlichen Finanz- und Wirtschaftssystems und der demokratisch legitimierten Staatsordnung."
(Bericht Innere Sicherheit der Schweiz, S. 41)

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20min.ch 4.7.08

Keine Entschärfung bei der inneren Sicherheit

Im Urteil des Bundesamtes für Polizei (fedpol) hat sich die Bedrohungslage in den letzten Jahren sukzessive verschärft. Islamistische Gewalt und organisierte Kriminalität seien die grössten Gefahren.

In seinem Jahresbericht "Innere Sicherheit der Schweiz" (BISS) schreibt Vez, die Schweiz liege mitten in der Gefahrenzone des Dschihadismus.
Die Schweiz sei keine Insel. Dass es im letzten Jahr in der Schweiz mehrheitlich ruhig geblieben sei, sei an sich erstaunlich.

Vez führt dies auf einen "besonnenen Umgang" zwischen den verschiedenen in der Schweiz lebenden Gemeinschaften zurück. Dies schaffe Stabilität.
In der Schweiz seien bisher keine dschihadistischen Zellen mit terroristischen Zielen erkannt und keine konkreten Vorbereitungen für einen Anschlag festgestellt worden.

Die organisierte Kriminalität namentlich aus Russland und dem Balkan blieb laut fedpol "auf relativ hohem Niveau" konstant. Die Zahl der rechts- und linksextremistischen Vorfälle blieb mit 109 beziehungsweise 221 praktisch unverändert. Indizien, die Euro 08 könnte ein Ziel sein, hätten sich nicht konkretisiert, sagte Vez.

Lamento zugunsten des neuen Gesetzes zur Inneren Sicherheit

Der Direktor des Bundesamts für Polizei (fedpol) erklärte, ihm fehlten die Instrumente, um die Lage genau abzubilden. Als Verantwortlicher für die innere Sicherheit bedaure er, dass die Rechtskommission des Nationalrates das Bundesgesetz zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) an den Bundesrat zurückweisen wolle. Dieses Gesetz sieht den Einsatz von Wanzen und die Überwachung von Post, Telefon, Mail und Computer zur Terrorismusbekämpfung vor.

Dem fedpol sei es nicht möglich, mit seinen heutigen Mitteln ein genaues Lagebild herzustellen, sagte Vez.

100 000 Meldungen bearbeitet

In Ergänzung des Sicherheitsberichtes öffnete das fedpol erstmals einen Blick hinter die Kulissen. Es orientiert über seine Tätigkeiten, die es 2007 im Bereich der gerichtspolizeilichen, nachrichtendienstlichen, sicherheitspolizeilichen und polizeilichen Aufgaben 2007 erbrachte.

Das Bundesamt mit 988 Mitarbeitenden verfügt über ein Budget von 233 Millionen Franken. 2007 bearbeitete es nachrichtendienstlich mehr als 2500 Vorgänge im Kampf gegen den internationalen Terrorismus sowie 7000 Meldungen von Partnerstellen (Zunahme um 30 Prozent seit 2004).

Im Rahmen seiner sicherheitspolizeilichen Aufgaben sorgte fedpol für die Sicherheit von 522 völkerrechtlich geschützten Personen an 53 Konferenzen. Es mussten 171 Drohungen bearbeitet werden, 56 Prozent mehr als 2006.

Bei der Erfüllung seiner verwaltungspolizeilichen Aufgaben verhängte das fedpol 165 Einreiseverbote zur Wahrung der inneren oder der äusseren Sicherheit der Schweiz. Im gleichen Zeitraum stellte es 410 000 Pässe aus und beantwortete 1581 Mail-Anfragen sowie täglich zwischen 30 und 40 telefonische Anfragen zum Thema.

Die Einsatzzentrale von fedpol erledigte mehr als 100 000 Meldungen zu Gunsten aller inländischen Polizeistellen sowie der ausländischen Partnerorganisationen. Parallel dazu wurden in der Fingerabdruck- und der DNA-Datenbank rund 125 000 Identifikationsanfragen verarbeitet.

Quelle: SDA/ATS

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Bericht Innere Sicherheit der Schweiz 2007
http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/sicherheit/bericht_innere_sicherheit.Par.0046.File.tmp/BISS_d.pdf

Rechenschaftsbericht 2007
http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/sicherheit/reberi_fedpol.Par.0001.File.tmp/REBERI_d.pdf

Fact-Sheet
http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/sicherheit/reberi_fedpol.Par.0002.File.tmp/Faktenbl%C3%A4tter_d.pdf

Statistik
http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/sicherheit/reberi_fedpol.Par.0003.File.tmp/Statistik_d.pdf

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fedpol.ch 4.7.08

Ergänzung zum jährlichen Bedrohungsbild: Der Blick hinter die Kulissen von fedpol

Bern. Das Bundesamt für Polizei (fedpol) hat heute gemeinsam mit dem traditionellen Bericht zur Inneren Sicherheit (BISS) erstmals auch einen Rechenschaftsbericht (REBERI) publiziert. Mit dem REBERI gewährt fedpol, im Rahmen des Zulässigen, einen Blick hinter die Kulissen seiner Arbeit. Der BISS liefert, wie bisher, das Lage- und Bedrohungsbild, mit dem die Schweiz, und damit auch fedpol in seiner täglichen Arbeit, konfrontiert ist.
http://www.fedpol.admin.ch/fedpol/de/home/dokumentation/medieninformationen/2008/2008-07-040.html

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SCHNÜFFELSTAAT
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BZ 4.7.08

Fichen

Sind auch im Kanton Bern Spitzel am Werk?

In Basel hat der Staatsschutz Fichen über Grossräte angelegt. Jetzt will ein Berner Grossrat wissen, ob es das hier auch gibt.

Die Aufregung in Basel-Stadt ist gross, seitdem letzte Woche bekannt geworden ist, dass der Inlandnachrichtendienst sechs Grossratsmitglieder türkischer Herkunft fichiert hat. Mehrere Medien meldeten später, die Staatsschützer des Bundes hätten wieder rund 110 000 Fichen angelegt - und dies keine 20 Jahre nach der Fichenaffäre.

Nun will der Burgdorfer SP-Grossrat Ueli Arm wissen, was die Staatsschützer im Kanton Bern treiben. Er reichte eine Interpellation ein, um vom Regierungsrat Auskunft zu erhalten.
So soll die Regierung - falls sie es überhaupt weiss - verraten, ob der Nachrichtendienst auch hier gewählte Parlamentsmitglieder überprüfe und Fichen über sie anlege.

Weiss Regierung Bescheid?

Nach dem Auffliegen der Bespitzelungen in Basel wurde bekannt, dass eine "Fachgruppe" innerhalb der kantonalen Staatsanwaltschaft im Dienste des Staatsschutzes tätig ist und Informationen nach Bern liefert.
Grossrat Arn will nun wissen, ob die für den Kanton Bern zuständige "Fachgruppe" der Regierung Bericht über ihre Tätigkeit abliefert. Die Regierung soll zudem darlegen, wer die Berichte der bernischen Staatsschutzstelle prüft und ob diese Prüfung ausreichend sei. Arm will, dass sein Vorstoss dringlich behandelt wird. fab

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ueliarm.ch 25.6.08

Interpellation  25.06.08

Werden auch im Kanton Bern Mitglieder des Grossen Rats bespitzelt?

Durch eine zufällige Nachfrage hat die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats von Basel Stadt aufgedeckt, dass der Inlandnachrichtendienst über sechs Mitglieder des Parlaments Fichen angelegt hat.

Es werden unliebsame Erinnerungen an die Fichen-Affäre, die Ende der 80er-Jahre aufflog, geweckt! Während der Fichen-Affäre kamen 900'000 Fichen zum Vorschein. Hunderttausende sind bespitzelt worden, nur weil sie ihre demokratischen Rechte wahrgenommen haben. Sogar Nebensächlichkeiten, wie zum Beispiel, dass eine Nationalrätin abends gerne ein Bier trinken ging, wurden vermerkt. Nach eigenen Angaben wurden damals die Fichen rigoros aussortiert. Mittlerweile sei deren Zahl aber bereits wieder auf 110'000 gestiegen, wie der "Tages Anzeiger" kürzlich meldete.

Die Grundrechte wurden massiv verletzt - in Basel scheint genau dies wieder passiert zu sein und im Kanton Bern?

Die Regierung wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

Hat der Regierungsrat Kenntnis davon, ob der Inlandnachrichtendienst auch im Kanton Bern demokratisch gewählte Mitglieder des kantonalen Parlaments überprüft, respektive Fichen über bernische Grossrätinnen und Grossräte anlegt?

Liefern die für den Kanton Bern zuständigen Institutionen (z.B. Staatsschutzgruppe, o.Ä.) der bernischen Regierung Bericht über ihre Tätigkeiten ab?

Wie und von wem werden diese Berichte geprüft?

Ist der Regierungsrat der Auffassung, dass diese Überprüfung ausreichend ist?

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SP UND "INNERE SICHERHEIT"
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workzeitung.ch 3.7.08

Setzt die SP jetzt voll auf Betty-Bossi-Repression?
    
Neues SP-Positionspapier: Strafrechtler und Sozialdemokrat Niklaus Oberholzer versteht seine Partei nicht mehr.

Ich musste mir zweimal die Augen reiben, als ich vom neuesten Positionspapier der SPS-Fachkommission für Friedens- und Sicherheitspolitik Kenntnis erhielt. Unter dem Titel "Öffentliche Sicherheit für alle" werden zu 13 Themenbereichen insgesamt 53 konkrete Forderungen aufgestellt. Im Positionspapier findet sich ein Potpourri von mehr oder weniger gutgemeinten Ratschlägen, populistischen Forderungen und reinen Banalitäten. Die Palette der Vorschläge ist beeindruckend. Gefordert werden unter anderem eine massive Aufstockung der Polizeikräfte, eine separate Bahnpolizei, die Videoüberwachung des öffentlichen Raums, Abgabeverbote für alkoholische Getränke, das Einsammeln alkoholisierter Jugendlicher, Stadionund Rayonverbote, präventiver Polizeigewahrsam, klare Grenzen, schnellere Justizverfahren, erleichterte fremdenpolizeiliche Ausweisungen, Sicherstellung von Propagandamaterial, eine verstärkte internationale polizeiliche Zusammenarbeit, die Abgabe von Armeewaffen im Zeughaus, eine konsequentere Bestrafung von Rasern, das Verbot von "Killergames" und zu guter Letzt auch noch sauberere Trottoirs und Hauseingänge.
Repression pur also, aber eingepackt in sozialdemokratisches Wickelpapier. Denn immerhin ist im Positionspapier die Rede davon, dass neben all den kurzfristigen Interventionen auch eine langfristige Ursachenbekämpfung erfolgen soll.

WAS SOLL DAS GANZE?

Sicher, die SP hat zu lange die Augen verschlossen vor neueren Entwicklungen in unserer Gesellschaft. Sie hat unbeirrbar an Schwarz-Weiss-Dogmen festgehalten, als die grauen Zwischentöne schon längst ersichtlich waren. Sie hat gelegentlich Positionen um der Position willen verteidigt und nicht erkannt, dass es nicht nur "gut" und "böse" auf dieser Welt geben kann. Aber muss denn nun gleich alles auf die Karte einer Repressionswelle à la Betty Bossi gesetzt werden? Will die SP wirklich zurück in die Kleinstadtidylle der 50er Jahre?
Die politischen Exponenten der SPS scheinen nicht mehr länger auf Freiheit, sondern auf Repression zu setzen. Aber lösen sie damit auch die aktuellen Probleme der Zeit? Müsste anstelle von Ausgangs- und Rayonverboten für Jugendliche nicht besser einmal von der Perspektivlosigkeit vieler, insbesondere ausländischer Jugendlicher gesprochen werden? Wäre eine Investition in Bildung nicht die bessere Alternative als die Forderung nach Aufstockung der Polizeikräfte und Vermehrung der Videokameras? Sind partielle Alkoholverbote tatsächlich die richtige Antwort, oder müsste nicht eher der Sinn einer rund um die Uhr geöffneten Konsumgesellschaft hinterfragt werden? Und müsste nicht eigentlich von einer Unterschichtskriminalität statt von einer Ausländerkriminalität gesprochen werden? Bekanntlich ist nicht die ausländische Staatsbürgerschaft als solche, sondern ist die Zugehörigkeit der meisten Ausländer zur sozialen Unterschicht für die höhere Kriminalitätsrate bestimmend.
Mit den Forderungen der SPSFachkommission wird weitgehend Symptombekämpfung betrieben. Damit löst sich kaum eines der real existierenden Probleme. Im Gegenteil: Mit der Forderung nach vermehrter Repression stimmt die SPS ein in den Tenor des heutigen Mainstreams. Sie trägt bei zu einem bewussten Abbau von Freiheit, ohne dass damit ein substantieller Beitrag zu vermehrter Sicherheit verbunden wäre. Denn Sicherheit entsteht nicht mit neuen Strafbestimmungen, auch nicht mit härteren Strafen und auch nicht mit einem Mehr an Überwachungskameras.
Träfe dies zu, müssten sich die Menschen in diesem Land so sicher fühlen wie nie zuvor. Sie tun dies aber offensichtlich nicht, obwohl in den vergangenen zwei Jahrzehnten neue Strafbestimmungen zuhauf geschaffen und den Strafverfolgungsbehörden neue Mittel in die Hände gegeben worden sind. Sicherheit ist eben vielleicht doch nicht nur ein polizeitechnisches, sondern primär ein gesellschaftliches Phänomen. Sie muss im gesellschaftlichen und sozialen Umfeld geschaffen und kann nicht an anonyme Instanzen der Staatsgewalt delegiert werden.

HOHER PREIS.

Im immer noch aktuellen Parteiprogramm der SPS aus dem Jahr 1982 steht, dass "der Rechtsstaat (...) zum unverzichtbaren liberalen Erbe westlicher Demokratien" gehört und eine "Begrenzung der Staatsgewalt zum Schutze der Freiheit des Bürgers in seiner Privatsphäre bedeutet". Was ist daraus geworden? Die hehren Worte sind längst verklungen, wenn man sie mit den Forderungen von heute vergleicht. Im Gleichschritt mit - oder wohl besser im Gefolge - der SVP hat die Partei die staatliche Repression als neues Ordnungsinstrument entdeckt. Sie bricht mit ihrer Moral, lässt sich vom "gesunden Volksempfinden " leiten und tauscht kurzerhand Freiheit gegen Sicherheit aus. Die vage Hoffnung auf ein paar Wählerstimmen am rechten Rand des politischen Spektrums ist trügerisch, und der Preis dafür ist hoch. Mal abgesehen davon, dass die politische Glaubwürdigkeit der Partei auf dem Spiel steht, kauft ihr diesen politischen Salto mortale niemand ab.

SP GEFORDERT.

Gefragt sind in diesen Zeiten nicht populistische Schlagwortkataloge. Was not tut, ist ein offener und ehrlicher Diskurs über die Möglichkeiten und zugleich über die Grenzen repressiver Methoden. Gefragt ist eine Rückbesinnung auf die tragenden Grundsätze einer liberalen, sich an Freiheit und sozialer Gerechtigkeit orientierenden Gesellschaft. Gerade die sozialdemokratische Partei ist hier gefordert. Sie könnte aufzeigen, dass polizeiliche Repression nun einmal kein Allerweltsheilmittel ist, mit welchem das Paradies auf Erden geschaffen werden kann. Sie müsste endlich wieder einmal eine Diskussion darüber führen, in welchem Verhältnis Sicherheit und Freiheit zueinander stehen und welches Mass an Sicherheit in einer freiheitlichen Gesellschaft erreicht werden kann und soll. Denn eines ist sicher: Die Freiheit stirbt mit Sicherheit.

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SP & BETTELVERBOT
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BZ 4.7.08

"DREHT" die SP auch in Bern?

Letzte Woche wurde bekannt, dass die schweizerische SP in einem neuen Positionspapier ein Bettelverbot befürwortet. Aus diesem Grund haben SVP-Präsident Beat Schori und FDP Stadtrat Philippe Müller gestern im Stadtparlament eine Motion in dieser Sache eingereicht: Der Gemeinderat soll noch vor Ende Jahr einen Entwurf zu einem städtischen Bettelverbot ausarbeiten. In diesem Jahr sind im Stadtrat zwei Bettelverbotsvorstösse auch an der Ablehnung durch die SP gescheitert. Schori und Müller erwarten nun, dass sich der "Meinungsumschwung" der nationalen SP auch in Bern auswirkt. azu

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EURO 08-PROTECTAS-SÖLDNER
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workzeitung.ch 3.7.08

Schlaflos im Bunker
    
Bis 16 Stunden Arbeit, 15 Minuten Pause, nur 3 Stunden Schlaf: Das Euro-Tagebuch von Michael König und Ernst Jansen* im Land der Protectas. (Foto: Michael König)

Vermittelt von der Firma Global Personal Partner, reisten zwei Sicherheitsleute aus Norddeutschland nach Basel, um bei der Protectas Einsatzdienste während der Euro zu leisten. Und fanden dort Arbeitsbedingungen vor, die sie sauer machten.

DIENSTAG, 3. JUNI. Anreisetag - Busfahrt ab Itzehoe um 6 Uhr mit ein paar kleinen Pausen und der Ankunft in Pratteln um 18 Uhr. Der Einsatzleiter (EL) erklärt, dass der Bunker über 200 Betten verfüge, aber in Friedenszeiten nur mit 100 Personen belegt werden dürfe. Wir waren etwa 80 Personen aus Hamburg und dem Kreis Steinburg. In einem Raum von 4 mal 5 Metern waren 30 Betten, jeweils 15 auf jeder Seite des Raumes - 5 nebeneinander, 3 übereinander - angeordnet. Es folgt eine etwa 3-stündige Einweisung durch den EL und die anschliessende Zuweisung der "Stuben". Aufgrund der gesamten vorgefundenen Situation reisen 16 Personen sofort wieder ab. Das Frühstück am nächsten Morgen wurde für 6.30 Uhr befohlen. Diese 15 Stunden wurden nicht bezahlt.

MITTWOCH, 4. JUNI. Nach dem Frühstück Abfahrt nach Basel zur Einweisung in die örtlichen Gegebenheiten in und um das Stadion. Die Fahrt mit der gesamten Truppe in der Strassenbahn erfolgte "schwarz". Bei einer Kontrolle sollten wir sagen, wir seien gerade erst angekommen und hätten noch keine Schweizerfranken. Alle weiteren Fahrten an diesem Tag erfolgten genauso. Anschliessend ging es zum Public Viewing Bubendorf, unserem zweiten Einsatzort. Gesamtaufwand mit Fahrzeiten 8 Stunden, die auch nicht bezahlt wurden.

DONNERSTAG, 5. JUNI. Ab 7.30 Uhr erfolgt eine Unterweisung in die Struktur des Unternehmens Protectas und in die spezielle Gesetzgebung für Sicherheitskräfte in der Schweiz, z. B. Notwehr, Nothilfe, bürgerliches Recht usw. Ende um 12.30 Uhr. - Mittagessen. - Ab 14 Uhr Vortrag durch EL über Verhalten im Bunker gemäss militärischen Grundsätzen und mit militärischem Organ dargebracht: "Wer sich nicht an die Vorschriften hält, kann sofort nach Hause fahren!" Diesen Satz hören wir in den nächsten zehn Tagen mindestens 200 Mal.
Am Nachmittag holen wir im Büro in Basel unsere Akkreditierung für die Stadien Basel und Bern ab. Anschliessend müssen wir uns eine Monatskarte kaufen, um mit dem Tram bzw. dem Zug zu unseren Einsatzorten zu kommen. Die Kosten in Höhe von 67 Franken müssen wir aus der eigenen Tasche bezahlen. Gegen Abend reisen weitere Personen an, die am nächsten Tag weiter in andere Standorte verteilt werden sollten. Jetzt ist der Bunker mit über 150 Leuten hoffungslos überbelegt, die Stuben müssen gewechselt werden, und das Essen war nicht in ausreichender Menge bestellt, so dass die meisten nichts abbekommen. Auch dieser Tag wurde nicht bezahlt.

FREITAG, 6. JUNI. Der Freitag beginnt mit einer weiteren Enttäuschung: Durch die hohe Personenzahl im Bunker ist kein Frühstück vorhanden, da die "Neuen" sich am Abend zuvor noch an den Vorräten, die offen in den Kühlschränken zugänglich waren, reichlich bedient haben. Aufgrund dieses Ereignisses werden ab sofort die Lebensmittel eingeschlossen und durch die Gruppenführer zugeteilt. Dies funktioniert aber nur, wenn diese anwesend sind oder nicht verschlafen haben - sonst gibt es kein Frühstück, was von jetzt an fast täglich passiert.
Kurzfristig werden 5 Personen zum Dienst in Basel eingeteilt, der Rest hat Bereitschaft. Am Nachmittag werden ca. 70 Personen nach Bern und Zug geschickt, so dass wieder eine normale Belegung des Bunkers gegeben ist. Das durch eine Cateringfirma gelieferte warme Abendessen reicht bei weitem nicht für die vorhandene Personenzahl. Dies ist bis zu unserer Abreise Dauerzustand. Wie sich später herausstellt, wurden für die ca. 60 im Bunker lebenden Personen pro Mahlzeit nur 30-35 Essen bestellt und geliefert. Wir sind also auf die Beschaffung von Lebensmitteln auf eigene Kosten angewiesen, vom löslichen Kaffee bis zur Wurst. Ein weiterer Tag ohne Bezahlung.

SAMSTAG, 7. JUNI. Der Tag des Eröffnungsspiels. Um 5.45 Uhr haben sich alle mit Akkreditierung, es sind bis dahin ca. 40, vor dem Stadion in Basel einzufinden. Der Dienstbeginn ist um 6.30 Uhr und endet im Stadion um 15 Uhr. Anschliessend erfolgt der sofortige Standortwechsel nach Bubendorf. Hier wird der Dienst von 17.30 bis 24 Uhr fortgesetzt. Die Rückfahrt erweist sich als sehr zeitaufwendig, da wir in Liestal BL eine Stunde Wartezeit in Kauf nehmen müssen. Wir treffen gegen 2.15 Uhr am Bunker ein und finden den vorläufigen Dienstplan für den nächsten Tag.
Sämtliche Fahrzeiten an diesem Tag wie auch an allen folgenden werden nicht als Arbeitszeit gerechnet und damit auch nicht bezahlt. SONNTAG, 8. JUNI. Nun beginnt der "normale" Schichtbetrieb. Das bedeutet tägliche Arbeitszeiten zwischen 8 und 16 Stunden nach teilweise nur 3 Stunden Schlaf. Auch scheint sich die Gestaltung des Dienstplanes als äusserst schwierig zu erweisen, da dieser bis zum 13. Juni grundsätzlich erst zwischen Mitternacht und 2 Uhr für den gleichen Tag ausgehängt wird. Das heisst: nachts aufstehen oder warten, ob man nicht schon um 5 Uhr aufstehen muss, um pünktlich zum Einsatz zu erscheinen.

MONTAG, 9., BIS SONNTAG, 15. JUNI. Wie bereits beschrieben, setzt sich das Chaos in allen Punkten fort. Die Verpflegung ist zu wenig oder nicht vorhanden, der Schlaf kommt zu kurz, die Einsätze in Basel, Bern und Bubendorf sind extrem lang, und an freien Tagen wird eine Bereitschaft für sofortige Einsätze erwartet. Daraus ergab sich, dass einige mehrere Tage gar nicht arbeiten und andere, die Lieblinge der Führung, permanent eingesetzt werden.
An Bereitschaftstagen werden Putzdienste im Bunker eingeteilt, die mit 3-4 Leuten ca. 3 Stunden dauern und nicht bezahlt werden. Bei Einsätzen über die Essenszeiten, was die Regel ist, sollten Lunchpakete ausgegeben werden. Leider werden in der gesamten Zeit nur zweimal solche Pakete geliefert und dann noch so wenige, dass sich zwei Mann eins teilen müssen. Die Lunchpakete sind darüber hinaus für die Einsätze nicht geeignet. Dies liegt nicht an der Cateringfirma, sondern an den Vorgaben: Die Brötchen sind nicht geschmiert, Wurst und Käse nicht geschnitten, und als Obst gibt es ungeschälte Orangen. Wie soll man sich aus diesem Paket verpflegen, wenn ein Messer am Einsatzort strengstens verboten ist? Bei einer Arbeitszeit von 12 Stunden stehen einem zudem nur 15 Minuten Pause zum Essen zur Verfügung.

DONNERSTAG, 12. JUNI. Wegen Diebstahls wird eine komplette Durchsuchung aller Koffer und Wertfächer im Bunker durchgeführt, wozu gegen 1.30 Uhr alle Bewohner rüde und mit Körperkontakt geweckt werden. Die Polizei ist dabei nicht vor Ort. Die meisten haben am Morgen um 5 Uhr Abfahrt zum Dienstbeginn.

MONTAG, 16. JUNI. An diesem Tag erhalten ca. 30 Personen mit Einsatzort Basel und Bern die Kündigung mit der Aufforderung, die Unterkunft sofort zu verlassen und abzureisen. Als Begründung wird angegeben, dass aus Deutschland die Info gekommen sei, mit unserer Schweizer Arbeitserlaubnis sei irgendetwas nicht in Ordnung und wir dürften ab sofort nicht mehr arbeiten. Nach Rückfrage in Deutschland und der deutschen Anfrage in Basel stellt sich heraus, dass es keinerlei Probleme gibt und unsere Papiere vollkommen in Ordnung sind. Wir sollten vor Ort bleiben und weiterarbeiten, heisst es aus Deutschland. Dieses wird vom EL kategorisch abgelehnt. Der wohl wahre Grund ist, dass erheblich zu viel Personal vor Ort ist und Einsätze nur noch sporadisch möglich sind.
Da wir kein Geld für die Rückreise haben, bestehen wir darauf, dass wir erst nach Übergabe des Checks mit der Abrechnung der bisher geleisteten Stunden fahren. Dieser wird uns für den folgenden Tag gegen Mittag versprochen. Tatsächlich findet die Übergabe erst um 20 Uhr 30 statt, so dass wir eine weitere Nacht im Bunker bleiben müssen. Den vorläufigen Arbeitsvertrag müssen wir bei Checkübergabe abgeben, und dieser wird durch einen neuen ersetzt. Gleichzeitig erhalten wir eine schriftliche Kündigung. Die Kündigungsfrist von 2 Tagen, die Rückreise und die Fahrtkosten in Höhe von 231 Franken wurden nicht bezahlt.

NICHT BEZAHLT: Hinfahrt, 12 Stunden; Rückfahrt, 12 Stunden; tägliche Fahrten zu Einsätzen, 9x2 = 18 Stunden; Arbeitszeit 3.-5. Juni, 19 Stunden; 2 Tage Kündigungsfrist à 8 = 16 Stunden; Zeiten für Bereitschaft; insgesamt mindestens 77 Stunden. Dazu kommen 67 Franken für die Monatskarte und 231 für die Rückfahrt.

* Name von der Redaktion geändert

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workzeitung.ch 3.7.08

Einig nur beim Lohn
    
Alles in Ordnung? Protectas lässt die Vorwürfe von Michael König und Ernst Jansen* nicht gelten. Von Matthias Preisser

Er könne nicht beschwören, dass alles perfekt gelaufen sei, sagt Patrik Wolf, stellvertretender Generaldirektor der Protectas, zu den Vorwürfen von Michael König und Ernst Jansen* (vgl. Artikel nebenan). "Bei einem Einsatz in diesen Dimensionen" sei es immer möglich, dass "in Einzelfällen" die Arbeitsbedingungen nicht korrekt gewesen seien. Wichtig ist Wolf aber, "dass so etwas nie geplant oder vorsätzlich war und dass wir uns als aktiver Partner mit der Unia für den Gesamtarbeitsvertrag und dessen Einhaltung engagieren".
Die offenen Worte Wolfs sind ebenso angenehm wie die Tatsache, dass sich die Protectas nicht aus der Verantwortung stehlen will. Denn offiziell waren die Temporären nicht bei der Protectas angestellt, sondern vom Vermittler Global Personal Partner ausgeliehen. Laut CEO Roman Cornu schreibt Global in den Verträgen zwar die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrags (GAV) vor, Kontrollen gibt es aber nicht. Für den seit 2004 geltenden GAV hat sich nicht zuletzt die Protectas ins Zeug gelegt, wie Valérie Boillat, bei der Unia für das Sicherheitspersonal verantwortlich, sagt. Und auch in der paritätischen Kommission, die beauftragt ist, den GAV-Vollzug zu kontrollieren, spielt die Firma eine aktive Rolle.

ALLES ANDERS? Die von Wolf versprochene Antwort zu den konkreten Punkten kommt von Protectas-Anwalt Silvan Hürlimann. In einem vierseitigen Brief bestreitet er praktisch sämtliche Vorwürfe:
> Die Zivilschutzunterkunft, in der die Temporären in Pratteln untergebracht waren, sei laut Gemeindeverwaltung für 150 Personen zugelassen, und es seien nie mehr als 110 Personen dort einquartiert gewesen. In der Nacht vom 5. auf den 6. Juni hätten einige Temporäre schon gearbeitet, sich deshalb nicht im Bunker aufgehalten, und darum habe es keine Überbelegung gegeben. Auch eine Razzia sei von der Protectas nicht angeordnet worden. Tatsächlich berichten König und Jansen gegenüber work aber, die rechte Hand des Bunkerchefs habe die Durchsuchung durchgeführt, und während der Razzia seien auch Chefs herumgelaufen.
> Zur Verpflegung hält Hürlimann fest, alle Mitarbeiter seien während der Arbeitszeit entweder in Pratteln verpflegt worden oder hätten ein Lunchpaket oder einen Essensbon erhalten. König und Jansen bleiben bei ihrer Darstellung. Essensbons habe es nur an zwei, drei Tagen gegeben, und zwar zwei Bons à fünf Franken für den ganzen Tag.
> Es habe keine Anweisung zum Schwarzfahren gegeben, so die Protectas. Die Anweisung sei von der rechten Hand des Bunkerchefs gekommen, so König und Jansen. > Der Arbeitsweg von und nach Pratteln sei zumutbar und daher wie bei normalen Angestellten nicht bezahlt worden, schreibt Hürlimann. Über eine allfällige Entlöhnung der Einweisung werde noch verhandelt. Bereitschaftsdienst und Putzarbeit habe niemand leisten müssen. Sie hätten sehr wohl putzen müssen, sagen König und Jansen. Zum Bereitschaftsdienst habe es geheissen: Ihr könnt den Laden nicht verlassen, weil ihr vielleicht eine Schicht schieben müsst. Bei Abwesenheit habe es Rüffel gegeben.
> Die Protectas habe Arbeits- und Ruhezeiten eingehalten, so Hürlimann. Sollte es zu Arbeitszeitüberschreitungen gekommen sein, habe es sich um Einzelfälle gehandelt, und die Temporären hätten zugestimmt. Die Lohnabrechnungen von König und Jansen sprechen eine andere Sprache: Jansen leistete 74, König 87 Stunden - das alles an "sechs bis höchstens acht Arbeitstagen".
Immerhin, in einem Punkt herrscht Einigkeit: Der Lohn für die angerechten Stunden war mit 23 Franken 83 GAV-konform. So kehrten König und Jansen nicht nur mit einem gehörigen Frust, sondern auch mit gut 1700 beziehungsweise 1500 Franken heim.

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BERATUNGSSTELLE SANS-PAPIERS
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Radio Rabe 3.7.08

3 Jahre Berner Beratungs-Stelle für Sans-Papiers
http://beemy.catatec.ch:554/ramgen/20080703.rm?start=18:10:14

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2. DROGENANLAUFSTELLE
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Stadtratssitzung 19.6.08 (S.1194-1200)
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2008/2008-06-05.0450643070/gdbDownload

9 Dringliche Interpellation Fraktion FDP (Jacqueline Gafner Wasem/Pascal Rub, FDP): Unterminiert der Gemeinderat die geplante Inselerweitung mit einer Dro-genanlaufstelle?
Geschäftsnummer 08.000181 / 08/194

Das Inselspital braucht dringend mehr Platz und will ausbauen. Vor diesem Hintergrund hat der Stadtrat der entsprechenden Überbauungsordnung Murtenstrasse 10-66 am 8. Mai 2008 nach gewalteter Diskussion schliesslich mit 62 : 0 Stimmen zugestimmt. Ebenfalls einstimmig hat der Rat die zugehörige Abstimmungsbotschaft zuhanden der Stimmberechtigten verab-schiedet, die im September 2008 über das Geschäft befinden werden.
Am 27. Mai 2008 konnte man in "Der Bund" dann allerdings lesen, dass Frau Gemeinderätin Edith Olibet, Vorsteherin der Direktion für Bildung, Soziales und Sport (BSS), erklärt hat (Zi-tat): "Das Haus an der Murtenstrasse 26 ist als Standort für eine zweite Drogenanlaufstelle klar unser Favorit." Und obwohl das Haus verwahrlost ist und die Kosten für eine Instandstel-lung zulasten der Stadt Bern gehen würden, findet Frau Olibet laut der erwähnten Zeitung (Zitat): "Das Gebäude eignet sich sehr gut." Gezeigt habe dies eine Besichtigung vor Ort zu-sammen mit der künftigen Betreiberin der Anlaufstelle, der Stiftung Contact Netz, die auch die bestehende Anlaufstelle an der Hodlerstrasse führt.

Der Gemeinderat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

1. Handelt es sich bei dieser Demarge der BSS-Vorsteherin um einen "Sololauf" von Frau Gemeinderätin Edith Olibet? Oder handelt sie dabei im Auftrag des Gemeinderates?

2. Falls letzteres zutrifft, wie lautet der Auftrag, wann wurde er erteilt und welche Überlegun-gen des Gemeinderates liegen ihm zugrunde? Wie passt das Vorhaben, an der Mur-tenstrasse 26 eine zweite Drogenanlaufstelle zu errichten, zu den eingangs erwähnten Ausbauplänen des Inselspitals? Sind die zuständigen Instanzen des Spitals in die Abklä-rungen mit einbezogen worden? Wann und wie? Wie stellen sie sich zu den Plänen der BSS?

3. Wie stellt sich der Gemeinderat vor, die Sicherheit und Sauberkeit im Umfeld der fragli-chen Liegenschaft zu gewährleisten? Wie will er insbesondere dem Risiko begegnen, dass in der Stadt Bern in unmittelbarer Nähe des Inselspitals ein weiterer Drogenum-schlagplatz entsteht?

4. Wie schätzt der Gemeinderat die Werbewirkung der inzwischen publik gewordenen Ab-sicht, an der Murtenstrasse 26 eine zweite Drogenanlaufstelle zu errichten, und sei es auch nur vorübergehend, zugunsten einer Annahme der Überbauungsordnung Mur-tenstrasse 10-66 in der Gemeindeabstimmung vom September 2008 ein?

Begründung der Dringlichkeit:
Bei der Überbauungsordnung Murtenstrasse 10-66 handelt es sich um ein für die Stadt Bern und die Zukunft des Inselspitals, einem der wichtigsten Arbeitgeber auf dem Platz Bern, aus-gesprochen wichtiges Geschäft, dem der Stadtrat in seltener Einmütigkeit einstimmig sein Plazet erteilt hat und über das der Stadtberner Souverän bereits in vier Monaten zu befinden haben wird, so dass entstandene Unsicherheiten im Vorfeld der Abstimmung zwingend und dringend behoben werden müssen.

Bern, 29. Mai 2008

Antwort des Gemeinderats

Die Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige an der Hodlerstrasse 22 stösst räumlich an ihre Grenzen. Die Konzentration auf einen einzigen Standort ist ungünstig. Mit einer De-zentralisierung der Kontakt- und Anlaufstelle durch ein Aufsplitten auf zwei Standorte kann das Gebiet Hodlerstrasse/Reitschule entlastet und der Konzentration entgegengewirkt wer-den. Mit einer zeitlichen Überschneidung während der Spitzenzeiten soll die höhere Nach-frage nach Konsumationsplätzen abgedeckt werden, da in diesem Zeitraum gleichzeitig zwei Standorte geöffnet wären.
Mit diesem Konzept, d.h. mehrere, aber zu verschiedenen Zeiten geöffnete Standorte, wurden in anderen Schweizer Städten (Zürich, Basel) gute Erfahrungen gemacht.

Zu Frage 1: Der Gemeinderat befürwortet ein Aufsplitten der Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige auf zwei Standorte und hat die Direktion für Bildung, Soziales und Sport beauftragt, die Liegenschaft Murtenstrasse 26 als rasch umsetzbare Übergangslösung zu prüfen.

Zu Frage 2: Der Gemeinderat hat bereits Mitte Februar der Direktion für Bildung, Soziales und Sport den Auftrag erteilt, den Standort Murtenstrasse 26 insbesondere hinsichtlich Baufällig-keit, Nutzungsdauer und Umbaukosten zu prüfen. Der Betrieb einer Anlaufstelle in der Lie-genschaft Murtenstrasse 26 war von Beginn weg nur im Sinne einer Zwischennutzung geplant und nur für den Fall in Prüfung, dass sich die Überbauung Murtenstrasse 10 - 66 durch Ein-sprachen verzögern würde. Die Realisierung der Murtenstrasse 26 als 2. Standort war und ist an drei Bedingungen geknüpft, welche schrittweise abgeklärt wurden resp. werden:
1. Die bauliche Sicherheit des Gebäudes (Statik etc.) muss gewährleistet sein;
2. die Rückumbaukosten der Elektroanlagen und der Sanitärinstallationen müssen angemes-sen sein;
3. das Gebäude müsste für mindestens 2 Jahre als Anlaufstelle nutzbar sein.
Ein Fachgutachten zur Statik belegte die bauliche Sicherheit des Gebäudes. Die anschlies-send in Auftrag gegebenen Offerten zu den Rückumbaukosten liegen noch nicht alle vor. Für die Einrichtung einer Anlaufstelle ist jedoch Voraussetzung, dass die Kosten für Elektroanla-gen, Sanitärinstallationen, bauliche Anpassungen und Betrieb (Küche, Abwaschmaschine, Lüftung...) in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen einer zweijährigen Zwischennut-zung stehen. Die zweijährige Nutzungsmöglichkeit hätten der Gemeinderat und die Direktion  
für Bildung, Soziales und Sport ohnehin nicht beeinflussen können und wollen; dies wäre da-von abhängig, dass sich die Überbauung durch Einsprachen verzögert.
Die zuständigen Instanzen des Spitals waren und sind (noch) nicht einbezogen worden, da die Prüfung der Realisierbarkeit noch nicht abgeschlossen ist. Die zuständigen Stellen beim Kanton waren jedoch über die Haltung und das Vorgehen der Stadt orientiert. In diesem Zu-sammenhang bedauert der Gemeinderat, dass die Murtenstrasse 26 den Medien durch eine Indiskretion als 2. Standort der Anlaufstelle gemeldet worden ist, bevor seine Eignung abge-klärt war.

zu Frage 3: Für die Gewährleistung von Sicherheit und Sauberkeit würde - sollte die Mur-tenstrasse 26 als zweiter Standort für die Kontakt- und Anlaufstelle realisiert werden - eine Begleitgruppe mit der Stiftung Contact Netz als Betreiberin, der Kantonspolizei, der Securitas, PINTO und Vertreterinnen und Vertreter aus der Nachbarschaft eingesetzt, damit allfällige Brennpunkte, wie beispielsweise Drogenhandel, sofort beseitigt werden könnten.

Zu Frage 4: Eine allfällige Zwischennutzung der Liegenschaft Murtenstrasse 26 beeinflusst die Meinungsbildung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nicht negativ. Es ist begrüs-senswert, wenn die Stadt Gebäude vorübergehend für ihre betrieblichen Bedürfnisse nutzt, statt sie zwei Jahre leer stehen zu lassen.

Bern, 18. Juni 2008

- Auf Antrag der Interpellantin Fraktion FDP beschliesst der Rat Diskussion. -

Interpellantin Jacqueline Gafner Wasem (FDP): Für das Inselspital ist es strategisch äusserst wichtig, dass die Überbauungsordnung Murtenstrasse 10 - 66 in der Volksabstimmung ange-nommen wird. Der Stadtrat hat das offensichtlich erkannt und macht dem Stadtberner Souve-rän denn auch mit 62 zu 0 Stimmen beliebt, ein Ja in die Urne zu legen. Dass ein solches Abstimmungsergebnis, das trotz teilweise kritischer Voten zustande gekommen ist, Selten-heitswert hat, wissen alle, die am Donnerstagabend jeweils in diesem Saal versammelt sind. Im Unterschied zum Stadtrat hat man, wenn man die gemeinderätliche Antwort liest, aller-dings nicht den Eindruck, dass auch unsere Exekutive verstanden hat, wie zentral wichtig diese Überbauungsordnung für das Inselspital ist, das in einem ausgesprochen harten Wett-bewerb mit andern vergleichbaren Spitalzentren steht. Statt dafür zu sorgen, dass der Schub, den der Stadtrat dem Geschäft verschafft hat, im Blick auf die anstehende Gemeindeabstim-mung erhalten bleibt, überlegt man sich, an der Murtenstrasse 26 eine zweite Drogenanlauf-stelle einzurichten. Es könnte ja sein, dass sich die Überbauung durch Einsprachen verzögert. Ja, man wird, wenn man die fraglichen Passagen in der gemeinderätlichen Antwort liest, den Eindruck nicht los, dass der Gemeinderat, wenn er vielleicht nicht gerade darauf wartet, dass dem Ausbauvorhaben der Insel Opposition erwächst, so doch zumindest fest damit rechnet. Oder wie muss man sonst folgende Aussage im Zusammenhang mit der Bedingung des Ge-meinderates, dass die geplante Anlaufstelle mindestens zwei Jahre nutzbar sein muss, inter-pretieren: "Die zweijährige Nutzungsmöglichkeit hätten der Gemeinderat und die Direktion für Bildung, Soziales und Sport ohnehin nicht beeinflussen können und wollen; dies wäre davon abhängig, dass sich die Überbauung durch Einsprachen verzögert." ‚Sic!' kann man hierzu bloss sagen. Und selbst wenn Einsprachen erhoben werden sollten, so frage ich Sie: Wie kann der Gemeinderat im Voraus zuverlässig abschätzen, dass sich die dadurch entstehende Verzögerung über mindestens zwei Jahre erstrecken wird? Das wird uns die zuständige Ge-meinderätin noch erklären müssen. Zudem soll es auch vorkommen, dass sich eine Bauherr-schaft mit Einsprechern einigt. Und dann kann alles plötzlich sehr schnell gehen und müsste, sollte die zuständige Direktion die geplante Zwischennutzung in der Liegenschaft Mur-tenstrasse 26 tatsächlich realisieren, mit dem Abbruch umgehend begonnen werden können, um den zeitgerechten Baubeginn zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund fragt man sich weiter, wie der Gemeinderat es anstellen will, in Unkenntnis der weiteren Entwicklung zu be-urteilen, ob die Rückumbaukosten in einem "angemessenen Verhältnis zum Nutzen einer zweijährigen Zwischennutzung" stehen. Die effektive Nutzungsdauer, sollte es tatsächlich zu einer Verzögerung des Ausbauvorhabens des Inselspitals kommen, ist ja gerade die Unbe-kannte in der Rechnung, die der Gemeinderat machen will. Das Ganze ist, allein schon auf einer rein logischen Ebene, schlicht nicht zu Ende gedacht.
Hinzu kommt, dass seit dem 10. Juni 2008 eine veränderte Ausgangslage besteht: Am 10. Juni 2008 hat die Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern nämlich einen Kredit von insgesamt 1,213 Millionen Franken für zwei Jahre gesprochen, mit dem die bestehenden Angebote für Drogen- und Alkoholabhängige in der Stadt Thun ausgebaut werden können. Die kantonale Gesundheits- und Fürsorgedirektion geht davon aus, dass dadurch die beste-hende Drogenanlaufstelle der Stadt Bern entlastet wird. Und sie hat, und das notabene in einem Pressecommuniqué, ausdrücklich festgehalten, dass die Stadt Bern Drogensüchtige aus dem Oberland wenn nötig in Zukunft abweisen kann. Damit stellt sich die Frage, ob es eine zweite Drogenanlaufstelle unter diesen veränderten Vorzeichen überhaupt noch braucht. Wenn ja, und das ist im Moment offen, würde uns interessieren, weshalb? Und warum am Standort Murtenstrasse 26, der nicht auf Dauer zur Verfügung stehen wird, wie selbst der Gemeinderat annimmt? Ich komme zur Antwort des Gemeinderates auf Frage 3: Wie gut es gelingt - das ist kein Vorwurf, sondern eine Feststellung - das Entstehen eines Drogenum-schlagplatzes in der Nähe einer Drogenanlaufstelle zu verhindern, kann man im Umfeld der Anlaufstelle Hodlerstrasse seit Jahren mitverfolgen.
Wo der Gemeinderat seinen Optimismus hernimmt, dass das Projekt zweite Drogenanlaufstel-le an der Murtenstrasse 26 die Abstimmung über die Überbauungsordnung Murtenstrasse 10-66 nicht negativ beeinflussen werde, ist für uns nicht nachvollziehbar. Niemand, das ist zuge-gebenermassen ein Problem, will so eine Institution in seiner unmittelbaren Nachbarschaft haben. Und die Art der Nutzung einer leer stehenden Liegenschaft ist mit Sicherheit kein Ne-benpunkt, wie der Gemeinderat offenbar glaubt, sondern in diesem Fall das Pièce de Résistance. Zudem, und das wäre die letzte Frage an Gemeinderätin Edith Olibet, würde uns interessieren, wem diese Liegenschaft heute eigentlich gehört. Dem Vernehmen nach steht sie nicht mehr im Eigentum der Stadt Bern. Wenn das zutrifft, lässt die Stadt Bern also keine eigene Liegenschaft leer stehen, wenn sie auf die Realisierung der Drogenanlaufstelle Mur-tenstrasse 26 verzichtet. Ein derartiger Verzicht ist unserer Ansicht nach richtig und wichtig. Die Priorität liegt für uns ganz klar beim strategisch wichtigen Projekt des Inselspitals und nicht bei der angestrebten Zwischennutzung der Liegenschaft. Wir sind mit der gemeinderätli-chen Antwort nicht zufrieden.

Fraktionserklärungen

Karin Gasser (GB) für die GB/JA!-Fraktion: Die Fraktion GB/JA! befürwortet die Einrichtung einer zweiten Drogenanlaufstelle. Wir haben schon mehrmals eine zweite Anlaufstelle gefor-dert. Sie ist insbesondere deswegen notwendig, um das Gebiet Hodlerstrasse/Schützenmatte zu entlasten und auch deswegen, weil eine grössere Nachfrage besteht. Die Suche nach ei-nem zweiten Standort ist offenbar enorm schwierig. Wir können uns vorstellen, dass es nicht einfach ist, die richtige Nachbarschaft für eine Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige zu finden. Nun sieht es so aus, als könnte an der Murtenstrasse 26 zumindest eine Zwischen-nutzung realisiert werden. Wir erachten dies auf jeden Fall als prüfenswert. Wir empfinden die Opposition der FDP bezüglich dieses Projekts als nicht sehr lösungsorientiert. Es ist doch besser, an diesem Ort Erfahrungen für eine zweite Anlaufstelle zu sammeln - und sei dies auch nur für zwei Jahre - als das Gebäude leer stehen zu lassen. Wir müssen aber die Abklä
rungen abwarten. Der Zeitpunkt, um diese Diskussion zu führen, ist eigentlich der falsche, weil der Gemeinderat offenbar noch gar nicht alle Abklärungen getroffen hat. Man kann heute also noch gar nicht sagen, ob man für oder gegen diesen Standort ist. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass ein Ort gesucht werden muss. Man muss mit der Suche vorwärts machen. Eine längerfristige Lösung wäre uns natürlich auch lieber. Wir bitten den Gemeinderat, die Suche nach einem geeigneten Standort fortzuführen.
Die Erfahrungen, die in Basel und Zürich mit mehreren Standorten gemacht werden, sind gut. Es ist wichtig, dass das Angebot für Drogenabhängige auf mehrere Orte verteilt wird. Mir ist nicht ganz klar, ob sich die FDP mit diesem Vorstoss generell gegen die Notwendigkeit einer zweiten Kontakt- und Anlaufstelle ausspricht. Falls dies der Fall ist, fände ich es bedauerns-wert, weil die FDP die Schadensminderungspolitik der Stadt Bern bisher eigentlich mitgetra-gen hat. Wir hoffen, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird.

Ueli Jaisli (SVP) für die SVP/JSVP-Fraktion: Durch welche gesetzliche Bestimmung rechtfer-tigt der Gemeinderat sein Verhalten, im Geheimen eine zusätzliche Drogenanlaufstelle zu planen? Das Vorgehen ist diffus. Es wird die Absicht bekannt gegeben, durch eine angebliche Indiskretion, ohne dass die Machbarkeit in baulicher, finanzieller und in zeitlicher Hinsicht geprüft ist. Fragt man auf der Direktionsetage des Inselspitals nach, heisst es, dass das Vor-haben zur Chefsache erklärt worden ist und keine Auskünfte erteilt werden dürften. Der Ant-wort des Gemeinderats zufolge ist das Inselspital über das Vorhaben ja noch gar nicht in Kenntnis gesetzt. Das ist seltsam. Oder existiert vielleicht bereits eine Vereinbarung mit dem Inselspital? Betreffend Sauberkeit und Sicherheit ist es blauäugig zu sagen, die Sicherheit werde durch PINTO und Polizei gewährleistet. Wir alle wissen, dass sich jeder Benützer eines Fixerraums die Drogen zuerst kriminell beschaffen muss, bevor ihm der Zutritt zum Raum gewährt wird. Dies wird natürlich am besten so gemacht, dass die Drogen direkt vor der Türe gekauft und anschliessend im Raum konsumiert werden. Dies lässt den Schluss zu, dass der Drogenhandel vor Ort mit den damit verbundenen Störungen für die Anwohner bereits vorpro-grammiert ist. Wir sind der Meinung, dass jeder Drogenabhängige, der nicht gemeindeansäs-sig ist, auf Kosten seiner Heimatgemeinde zurückgeführt und dort therapiert werden muss.

Andreas Flückiger (SP) für die SP/JUSO-Fraktion: Im Titel des Vorstosses wird die Frage aufgeworfen, ob der Gemeinderat mit der möglichen Zwischennutzung die geplante Inseler-weiterung unterminiert. Die Antwort lautet mit Sicherheit Nein. Hier schiesst jemand eindeutig über das Ziel hinaus. Wir reden von einer Zwischennutzung. Die Inselplanung war unbestrit-ten; der Gemeinderat will sie, der Stadtrat will sie und das Volk wird ihr sicherlich mit grosser Mehrheit zustimmen.
Es gibt eine Einsprache. Der Berner Heimatschutz wehrt sich dagegen, dass das Gebäude abgerissen wird. Es ist nicht etwa so, dass der Gemeinderat "Phantomeinsprachen" provozie-ren würde, um die Anlaufstelle für einige Zeit an diesem Standort einzurichten. Man muss realistischerweise davon ausgehen, dass es zu zwei- oder mehrjährigen Verzögerungen kommen wird, wenn der Berner Heimatschutz die Rechtsmittel, die ihm zur Verfügung stehen, ausschöpft.
Aus unserer Sicht ist der Standort für eine derartige Zwischennutzung geeignet. Höchstwahr-scheinlich handelt es sich um einen der unproblematischsten Standorte, der sich finden lässt. Für die Inselplanung ergeben sich dadurch ebenfalls keine Probleme. Die gegenteilige Be-hauptung ist nicht wahr. Man muss den Standort seriös abklären und wenn er funktioniert, sollte man ihn entsprechend nutzen. Die Vorwürfe haben meines Erachtens einen Touch von Unterstellung. Ich habe den Zeitungsartikel ebenfalls gelesen und hatte deswegen aber nicht den Eindruck, gleich einen Vorstoss einreichen zu müssen. Mir kommt es vor, als würde mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

Direktorin BSS Edith Olibet für den Gemeinderat: Die Murtenstrasse 26 wurde zuletzt als Me-thadonzentrum genutzt, das durch die Stiftung Contact Netz geleitet wurde. Der Gemeinderat weiss sehr wohl um die Bedeutung der Überbauungsordnung Murtenstrasse. Aus diesem Grund hat er sie auch dem Parlament respektive der vorberatenden Kommission vorgelegt und deswegen wird sie auch zur Abstimmung gelangen. Dass wir den Zeithorizont beachten müssen, ist klar. Ebenso klar ist aber - und dies war dem Stadtrat auch im Rahmen der Be-handlung der Überbauungsordnung Murtenstrasse bekannt -, dass von Seiten des Berner Heimatschutzes eine Einsprache droht. Ebenso klar ist darüber hinaus, dass nicht von heute auf morgen an der Hodlerstrasse 26 Bagger auffahren werden. Selbstverständlich wird im Sinne eines wirtschaftlichen und haushälterischen Umgangs der Mittel darauf geachtet, wie die Zeitperspektive ungefähr aussieht.
Von Anfang an war klar, dass es sich um eine Zwischennutzung handeln würde. Es geht nicht um eine zweite Anlaufstelle, sondern um einen zweiten Standort. Ziel ist, den Raum Reitschu-le und den Raum Hodlerstrasse zu entlasten. Die Massnahme, welche die Gesundheits- und Fürsorgedirektion zusammen mit Thun beschlossen hat, hat hiermit wenig zu tun. Mit diesem zweiten Standort ergäbe sich für uns die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und zu prüfen, ob sich das Konzept bewähren würde. Der Verweis auf die Städte Basel und Zürich wurde bereits gemacht. Beide Städte verfügen über dezentrale Standorte.

Jacqueline Gafner wirft die Frage auf, weswegen gerade die Murtenstrasse 26 in Betracht gezogen wird. Wenn Sie von einer Liegenschaft wissen, die wir von Beginn weg dauerhaft mieten könnten, dann bitte ich Sie, mir dies zu sagen. Ich kann Ihnen versichern, dass es sich um eine aufwändige Sache handelt, einen geeigneten Standort zu suchen. Es gibt drogenab-hängige Menschen in unserer Gesellschaft; die Viersäulenpolitik beinhaltet das Angebot einer derartigen Anlaufstelle.
Dass der Heimatschutz nicht will, dass die Häuser abgerissen werden, ist schon längstens bekannt. Dies hat mit der Zwischennutzung nicht das Geringste zu tun. Der Gemeinderat ist überzeugt, dass die Zwischennutzung in keiner Art und Weise eine negative Beeinflussung der Abstimmung zur Folge haben wird. Das Haus hat bis anhin der Stadt gehört. Der Kanton wird es kaufen. Ob die Handänderung bereits stattgefunden hat, kann ich nicht genau sagen. In seiner Antwort schreibt der Gemeinderat, dass die zuständigen Stellen beim Kanton orien-tiert sind. Wenn die Zeit der Zwischennutzung abgelaufen ist, wird man den Standort sofort räumen.
Zu den Anmerkungen von Ueli Jaisli: Die Stadt Bern kann die betroffenen Leute nicht in ihre Heimatgemeinden oder -städte zurückführen. Wir können höchstens den Ausserkantonalen den Zutritt zur Anlaufstelle verwehren. Wir haben beim Kanton interveniert, ebenfalls den Leu-ten aus dem Oberland den Zutritt zu den Anlaufstellen verweigern zu dürfen. Dies mit der Begründung, die Betroffenen sollen sich an die Anlaufstellen in Thun wenden. Die Stadt Bern kann nicht von sich aus einen Perimeter einführen. Der Kanton legt den Perimeter zur Anlauf-stelle fest.

Interpellantin Jacqueline Gafner Wasem (FDP): Die Ausführungen von Gemeinderätin Olibet haben mich auf weiten Strecken nicht überzeugt. Ob man nun von Anlaufstelle oder von zwei-tem Standort spricht, ist meines Erachtens nicht relevant. Tatsache ist, dass die heute leer stehende Liegenschaft so eingerichtet werden soll, dass dort ein Betrieb, vergleichbar mit jenem an der Hodlerstrasse, geführt werden könnte.
Die FDP-Fraktion hat sich nie dafür aus-gesprochen, dass in der Stadt Bern eine zweite Anlaufstelle eingerichtet oder ein zweiter Standort eröffnet werden soll. Wenn Gemeinderätin Edith Olibet ausserdem den Eindruck hat, dass es unabhängig von der veränderten Situation im Zusammenhang mit den neuen Angebo-ten in Thun eine zweite Anlaufstelle braucht, dann sollte sie dies dem Stadtrat erst einmal begründen - und zwar auf der Grundlage des heutigen Kenntnisstandes. Sie äussert sich so, als wäre in der Angelegenheit bereits alles entschieden und das Problem bestünde nur noch darin, dass man keine Liegenschaft hat. Wir haben eine andere Optik.
Was den Einwand meines Vorredners betrifft, nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen, möchte ich einwenden, dass wir in Sachen Zwischennutzung mit dem Paradiesli einschlŠgige Erfahrungen gesammelt haben. Vielleicht hält der Vergleich nicht ganz stand, aber wir wissen, was in der Stadt Bern mit Zwischennutzung gemeint sein kann. Im vorliegenden Fall stehen Interessen im Spiel, die eindeutig Priorität gegenüber der Eröffnung einer zweiten Drogenan-laufstelle haben.

Direktorin BSS Edith Olibet für den Gemeinderat: Der zweite Standort hat zur Funktion, die Reitschule und die Hodlerstrasse, insbesondere an Spitzenzeiten, d.h. am Abend, zu entlas-ten. Bis Ende Jahr stehen noch provisorische Plätze für die Leute, die aus Thun kommen, zur Verfügung. Einen Teil dieser Plätze werden wir sicherlich abbauen. Sollte sich der zweite Standort als möglich erweisen, werden mit dem Kanton Verhandlungen aufgenommen, weil die Finanzierung über den Kanton, d.h. via Lastenausgleich, laufen muss.

Beschluss
Die Interpellantin Fraktion FDP ist mit der Antwort des Gemeinderats nicht zufrieden.

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RTS-NACHWEHEN
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Interpellation Fraktion GB/JA! (Lea Bill, JA!/Hasim Sancar, GB): Politische Vorgaben des Gemeinderates für den Polizeieinsatz beim "reclaim the streets" (eingereicht 22.5.08)

Am 17. Mai 2008 hätte unter dem Motto "reclaim the streets" eine Strassenparty mit diversen Musikwagen, Live-Bands, Essen und Trinken stattfinden sollen. Die ca. 200 Leute besammelten sich auf der Schützenmatte und wurden schon dort von einem riesigen Polizeiaufgebot am Weiterlaufen gehindert. Die Teilnehmerinnen verschoben sich auf die Kreuzung Schützenmattstrasse/Lorrainebrücke. Um ca. 20.45 Uhr griff die Polizei das friedliche Fest ohne Vorwarnung mit Gummigeschossen und Pfefferspray an. Es entstand eine Massenpanik und zwei Personen wurden durch Gummigeschosse verletzt - eine davon direkt unter einem Auge.

Für die Fraktion GB/JA! ist der Auslöser für einen derartigen Polizeieinsatz unklar. In den Telebärn-News vom 18. Mai 2008 begründet die Sprecherin von Police Bern, Ursula Stauffer, den Einsatz damit, dass der Verkehr wieder hätte fliessen müssen. Die Einsatzleitung vom 17. Mai selber rechtfertigte den Angriff angeblich damit, dass "die Damen und Herren OrganisatorInnen" lernen müssten, dass für jede Kundgebung eine Bewilligung eingeholt werden müsse. Beide Begründungen legitimieren keinen solchen Polizeieinsatz, insbesondere ohne Vorwarnung. Das Grüne Bündnis und die Junge Alternative, JA! sind zwar auch der Meinung dass für solche Anlässe eine Bewilligung eingeholt werden sollte, eine Bewilligung kann aber auch noch am Platz gegeben werden. Diese deeskalierende Praxis wurde in den letzten Jahren immer wieder vom Gemeinderat und der Polizei angewandt, indem zum Beispiel eine Demoroute durch die Quartiere statt durch die Innenstadt vereinbart wurde. Dass sich der Gemeinderat nun vor dem Hintergrund der Verschiebung der strategischen und operativen Kompetenz zu Police Bern auch vor seiner politischen Verantwortung drückt, beunruhigt die Fraktion GB/JA! zutiefst und stellt die Deeskalationsstrategie in Frage.

Ein solches Vorgehen seitens der Polizei und die unklare Rolle des Gemeinderates bezüglich politischer Vorgaben werfen Fragen auf und machen eine Prüfung des Polizeieinsatzes unumgänglich.

Deshalb bittet die Fraktion GB/JA! den Gemeinderat um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Hat der Gemeinderat mit Police Bern politische Vorgaben (z.B. bezüglich möglicher Demoroute oder dem allgemeinen Umgang mit der unbewilligten Demonstration) vereinbart? Wenn Ja, welche? Oder liess er Police Bern freie Hand, wie sie mit "reclaim the streets" umgehen wollen? Wenn Ja, warum?

2. Erachten die zuständigen Behörden den Angriff auf die friedlichen Demonstrierenden als verhältnismässig? Wie begründen der Gemeinderat und die Police Bern den plötzlichen Gummigeschosseinsatz, der ohne Vorwarnung durchgerührt wurde?

3. Warum hat die Polizei ohne Vorwarnung - wie es die Vorschrift wäre - Gummigeschosse und Pfefferspray eingesetzt? Gab es diesbezüglich politische Vorgaben vom Gemeinderat?

4. Am Samstag wurden bereits tagsüber Personen in der Innenstadt kontrolliert. Aus welchen Gründen und nach welchen Kriterien geschah dies? Und gab es diesbezüglich politische Vorgaben vom Gemeinderat?

5. Gibt es eine Auswertung des Polizeieinsatzes im Auftrag des Stadt Berner Polizeidirektors? Und wenn nicht, warum? Welche Lehren zieht der Gemeinderat aus dem Polizeieinsatz vom 17. Mai 2008 und wie gedenkt er, diese in die politischen Vorgaben für die Arbeit von Police Bern einfliessen zu lassen?

Bern, 22. Mai 2008


Interpellation Fraktion GB/JA! (Lea Bill, JA!/Hasim Sancar, GB), Natalie Imboden, Anne Wegmüller, Christine Michel, Emine Sariaslan, Cristina Anliker-Mansour, Urs Frieden, Stéphanie Penher, Karin Gasser, Rolf Zbinden, Luzius Theiler

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FILEWILE
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Bund 4.7.08
http://194.209.226.170/pdfdata/bund/2008/07/04/BVBU-022-0407-2.pdf

Sie spielen Laptop

Das Berner Duo Filewile stellt in der Schule für Gestaltung sein musikalisches Schaffen vor

Ihr Instrument ist der Computer, ihr Ladenregal das Internet: Filewile musiziert digital und agiert online. Die Laptop-Künstler leben für die elektronische Musik. Von ihr leben lässt sich indes eher schlecht als recht.

Die beiden Männer beugen sich über ihre Anlagen, sie nicken und wippen zu den zischenden Beats und sirrenden Bässen. Die Klänge entlocken sie aber nicht etwa sich drehenden Schallplatten, sondern zwei Laptops. Die Leinwand hinter den Musikern zeigt das Desktop der Computer: Zahlreiche Regler und Diagramme widerspiegeln das akustische Geschehen mit heftigen Ausschlägen und zuckenden Frequenzspektren.

In der Aula, die Andreas Ryser und Daniel Jakob an diesem Donnerstagmorgen anlässlich der Kulturwoche bespielen, haben sie einst als Schüler gesessen: An der Berner Schule für Gestaltung absolvierten sie beide die Ausbildung zum Dekorateur, ehe sie sich der Musik zuwandten: Ryser schuf sich in den Neunzigerjahren einen Namen mit seiner Partyreihe Mouthwatering in der Reitschule und als DJ von Mich Gerber. Jakob war dem Publikum als Frontmann der Band Merfen Orange bekannt. "Eine schicksalhafte Begegnung mit einer spanischen Flamencotänzerin stand am Anfang unserer gemeinsamen Geschichte", erzählt Jakob. Das Duo versuchte sich 2002 an der Vertonung eines Flamenco-Tanztheaters. Der Auftrag stellte sich als höchst diffizil heraus, und aus dem Frust wurde die Idee geboren: "Nur wir zu zweit, ohne Band, ohne Plattenlabel", erzählt Jakob in der Schule, die die Musiker als Referenten eingeladen hat. "Im Rahmen der Kulturwoche lassen wir jeweils Leute zu Wort kommen, die die Umwelt anders als mit visuellen Mitteln gestalten", erklärt Berufsschullehrer Simon Lehmann am Rand der Veranstaltung.

Online-Avantgarde

Seither tüfteln die beiden Männer immer neue Klänge aus. Grundlage sind die Laptops, auf denen die Musiksoftware Ableton Live läuft. Daneben arbeite man aber immer auch mit "alten Instrumenten", erklärt Jakob. "Die Wärme und Zufälligkeit des analogen Klangs lassen wir in den digitalen Sound einfliessen." Zur Demonstration klimpert er ein paar Töne auf einer akustischen Gitarre ins Mikrofon. Ein kleiner Ausschnitt davon wird, vielfach verzerrt, weiterverwendet und über den Beat gelegt, den Ryser in der Zwischenzeit kreiert hat. Auf dem Keyboard wird flugs eine Basslinie eingespielt - und schon "rockt es ganz anständig", wie Jakob zufrieden feststellt. Die zwei Computer grooven wie eine ganze Band.

"Alles selber machen" - dieses Credo gilt nicht nur fürs Musizieren an sich. "Wir wollen die volle Kontrolle, vom ersten Tönchen bis zum Booking", sagt Andreas. Das Duo beschloss, keine Tonträger zu produzieren und die Musik stattdessen als MP3-Dateien anzubieten - das war 2003. "Heute ist das normal, damals war die Idee aber ganz neu", sagt Jakob. Jeden Monat stellte Filewile einen neuen Song, der kostenlos heruntergeladen werden konnte, aufs Netz. "Solange wir die Musik gratis anboten, hatten wir Zehntausende Downloads", erzählt Jakob. Als man sie dann zum Kauf angeboten habe, sei das Echo aber ausgeblieben. "Wir waren zu früh", sagt der Musiker heute. "Damals wurde Musik noch kaum digital verkauft."

Zurück zur CD

Rosig gestaltet sich die Lage beim Online-Verkauf aber auch 2008 nicht. Musik wird in erster Linie gratis heruntergeladen, nur wenige Konsumenten nutzen iTunes und andere Online-Musikgeschäfte, wie auch eine kurze Umfrage in der Aula zeigt. Und noch immer werden allen Unkenrufen zum Trotz CDs gekauft. So beschlossen die Online-Pioniere letztes Jahr, nun doch ein konventionelles Album zu machen. "Wir wollen auch jene Leute erreichen, die die Musik im Laden kaufen", sagt Jakob. Mit rund 2000 CDs seien die Verkaufszahlen aber auch da nicht gigantisch. "Wir leben nicht auf grossem Fuss", sagt der Musiker. Das bescheidene Leben nehme man zugunsten der Kunst aber gerne in Kauf. Die Schüler sind merklich beeindruckt, und Simon Lehmann zeigt sich zufrieden: "Die Kulturwoche soll den Schülern auch vermitteln, welche Herausforderungen das Berufsleben mit sich bringen kann. Das ist gelungen."

Franziska Ramser

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YOUTUBE
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tagesanzeiger.ch 4.7.08

Google muss Daten über YouTube-Nutzer an Viacom weitergeben

Rückschlag für den Datenschutz im Internet: Im Streit über angebliche Urheberrechtsverletzungen auf dem Video-Portal YouTube muss Google Daten aller Nutzer seines Portals an den Medienkonzern Viacom weitergeben.

Ein US-Richter bestimmte, dass Google den Mitgliedsnamen und die IP-Adressen (Internet-Protocol-Adressen) jedes einzelnen Nutzers mitteilen muss, der sich ein Video auf YouTube angesehen hat. Google muss nun diese Daten offenlegen.

Der Medienkonzern Viacom versicherte aber, er wolle die Daten nicht dazu benutzen, Leute zu identifizieren, die Videos aus Internet gestellt haben, und diese wegen Urheberrechtsverletzungen zu verfolgen.

Datenschützer in den USA reagierten dennoch entsetzt auf das Urteil. Damit würden die Nutzungs-Gewohnheiten und Daten von vielen Millionen Internetnutzern blossgelegt.

Chris Hoofnagle vom Berkley Center for Law and Technology befürchtet, dass private Daten missbraucht oder an Drittparteien gelangen könnten. Er wurde von Zeitung "New York Times" zitiert.

Google will die Daten seiner Nutzer Viacom nun nur in anonymisierter Form zur Verfügung stellen. Allerdings ist noch nicht klar, wie weit dieser Schutz geht - eine Vereinbarung dazu wurde noch nicht geschlossen.

Viacom betreibt mehrere Fernsehsender. Das Unternehmen will mit Hilfe der Daten beweisen, dass der Erfolg von YouTube vor allem auf der Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Videos (Musikvideos oder Ausschnitte aus Fernsehshows) beruht.