MEDIENSPIEGEL 10.7.08
Heute im Medienspiegel:
- Reitschul-Programm
- Anti-WEF-Demo 19.1.08
- Sempacher Nazis: Fotoalbum auf indymedia
- SP-"Sicherheits"-Papier
- Drohnen: zuerst Rehe, dann DemonstrantInnen...
- Privat-Polizei in Niederbipp
- Hardturm-Squat ZH
- G8 Japan: Gipfelsoli im Interview
- 10 Jahre Anti-Global in der Schweiz
- Chiapas-Karawane
- Anti-Atom: Alle gegen Mühleberg
- Via Felsenau: Streit an der Aare
----------------------
REITSCHULE
----------------------
Do 10.07.08
20.00 Uhr Frauenraum
BarOmeter: lesbisch-schwules
Chillen mit DJ FRATZ, Janine, Sharone & DJ ElfERich
20.00 Uhr Vorplatz
DJ Electric (BE) - Indie-Rock,
Blues, Funk & more
Fr 11.07.08
20.00 Uhr Vorplatz
Kommando Trash (CH) -
Minimal-NewWave-DeutschPop
Vorplatz-Belebungs-Bar: Di-Sa
ab 16 Uhr
Vorplatz-Belebungs-Kultur-Imbiss:
Do-Sa ab 18 Uhr
Vorplatz-Belebungs-Infos: http://www.reitschule.ch/reitschule/vorplatz
oder neu http://www.vorplatz.ch
------------------------------------
ANTI-WEF-DEMO 19.1.08
--------------------------------------
Bund 11.7.08
Polizeieinsatz "gerechtfertigt"
Stadt Bern Die Menschenrechtsgruppe "augenauf Bern" und der Verein
"grundrechte.ch" erachten die Antwort des Regierungsrates auf eine
Interpellation bezüglich des Polizeieinsatzes an der
Anti-WEF-Demonstration vom 19. Januar als "äusserst
unbefriedigend".
Für den Regierungsrat war der Polizeieinsatz "insgesamt
erfolgreich".
Er sei "verhältnismässig und zielgerichtet" gewesen.
"Offensichtlich ist der Regierungsrat in keiner Weise an einer
kritischen Auseinandersetzung mit dem fraglichen Polizeieinsatz
interessiert", schreiben nun die Menschenrechtsorganisationen. Es
scheine der Regierung einzig darum zu gehen, "den Einsatz mit allen
Mitteln zu rechtfertigen". Nach der von verschiedenen Seiten
geäusserten massiven Kritik noch immer von einem erfolgreichen
Einsatz
zu sprechen, erscheine gerade gegenüber den grundlos
festgenommenen
Personen als äusserst anmassend. "Dazu passt auch, dass der
Regierungsrat den Umstand herunterspielt, dass sich zahlreiche Personen
bei ihrer Kontrolle ohne ersichtlichen Grund vollständig
entkleiden
mussten."
Auch die Berner Regierungsstatthalterin Regula Mader, welche im Auftrag
der Polizei selber als Beobachterin im Einsatz stand, stellte
organisatorische Mängel fest. Die Polizei verbesserte in der Folge
die
Behandlung vorübergehend Festgenommener. (pas)
---
Medienmitteilung von grundrechte.ch und augenauf Bern vom 9. Juli 2008
Unbefriedigende Antwort des Regierungsrates zum Polizeieinsatz
anlässlich der Anti-WEFDemonstration Untersuchung durch die
Oberaufsichtskommission wichtiger denn je
Die Menschenrechtsgruppe augenauf Bern und der Verein grundrechte.ch
erachten die Antwort des Regierungsrates auf die Interpellation von
Corrado Pardini bezüglich des Polizeieinsatzes an der
Anti-WEFDemonstration als äusserst unbefriedigend.
Mit einer inakzeptablen Beharrlichkeit weicht der Regierungsrat in
seiner Antwort den detaillierten Fragen der Interpellation aus oder
verbirgt sich hinter allgemeinen Formulierungen, so dass wesentliche
Punkte unbeantwortet bleiben. Zudem übernimmt der Regierungsrat
weitgehend die Argumentation der Kantonspolizei. So werden
beispielsweise die willkürlichen Festnahmen damit begründet,
dass die
betroffenen Personen "Gegenstände mitführten, die auf die
Teilnahme an
der unbewilligten Kundgebung schliessen liessen". Abgesehen davon, dass
ein Flyer als Festnahmegrund an sich schon mehr als fragwürdig
erscheint, sind augenauf Bern zahlreiche Fälle bekannt, in denen
die
festgenommenen Personen weder derartige Gegenstände mit sich
führten,
noch vorhatten, an der Kundgebung teilzunehmen.
Offensichtlich ist der Regierungsrat in keiner Weise an einer
kritischen Auseinandersetzung mit dem fraglichen Polizeieinsatz
interessiert. Es scheint einzig darum zu gehen, den Einsatz mit allen
Mitteln zu rechtfertigen. Nach der von verschiedenen Seiten
geäusserten
massiven Kritik noch immer von einem "erfolgreichen Einsatz" zu
sprechen, erscheint gerade gegenüber den grundlos festgenommenen
Personen als äusserst anmassend.
Dazu passt auch, dass der Regierungsrat den Umstand herunterspielt,
dass sich zahlreiche Personen bei ihrer Kontrolle ohne ersichtlichen
Grund vollständig entkleiden mussten. So schreibt der
Regierungsrat,
dass es sich dabei höchstens um "notwendige Einzelfälle"
gehandelt
habe, "wenn die Massnahme überhaupt angewandt wurde." Es sind
jedoch
zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Personen diese
erniedrigende
Massnahme über sich ergehen lassen mussten, ohne dass sie sich
"aggressiv verhalten" oder "gefährliche Gegenstände" mit sich
geführt
haben.
augenauf Bern und grundrechte.ch haben sich intensiv mit den
Polizeieinsätzen vom 19. und 26. Januar befasst und
diesbezüglich bei
der Budget und Aufsichtskommission (BAK) des Stadtrates sowie bei der
Oberaufsichtskommission (OAK) des Grossen Rates im Februar einen Antrag
auf Untersuchung eingereicht. Die BAK äusserte sich mit ihrem
Schreiben
vom 8. März 2008 kritisch zum Polizeieinsatz. Nach einer Befragung
von
Manuel Willi, Chef Regionalpolizei Bern, und Stefan Hügli als
verantwortliches Gemeinderatsmitglied, stellt die BAK in dem Schreiben
fest, dass ihre Empfehlungen vom Juni 2005 "kaum befolgt wurden" und
hält ausdrücklich fest, dass diese Empfehlungen "nach wie vor
Gültigkeit haben und vom Gemeinderat unbedingt, namentlich
gegenüber
der Kantonspolizei, durchzusetzen sind".
Die OAK ihrerseits bestätigte zwar am 26. Februar den Eingang des
Antrages auf Untersuchung und stellte eine Antwort "zu gegebener Zeit"
in Aussicht. Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist jedoch weder bei augenauf
Bern noch bei grundrechte.ch ein entsprechendes Schreiben eingetroffen.
Gerade angesichts der unbefriedigenden Antwort des Regierungsrates
erachten es augenauf Bern und grundrechte.ch nun als eminent wichtig,
dass die OAK die fraglichen Einsätze eingehend untersucht und sich
ernsthaft mit den zahlreichen Kritikpunkten auseinander setzt.
Es hat sich in zahlreichen Fällen gezeigt, wie schwierig es ist,
auf
dem juristischen Weg gegen Fehlverhalten der Polizei vorzugehen. In den
allermeisten Fällen werden entsprechende Verfahren eingestellt
oder
enden in einem Freispruch der angeschuldigten PolizistInnen. Umso
wichtiger wäre es daher, dass die verantwortlichen politischen
Instanzen ihre Aufsichtsfunktion wahrnehmen und sich kritisch und
ernsthaft mit dem Verhalten der Polizei auseinandersetzen.
-----------------------------
SEMPACHER NAZIS
------------------------------
241 Nazi-Fotos
http://ch.indymedia.org/de/2008/07/61968.shtml
---
blick 9.7.08
Sempach-Nazis am Internet-Pranger
Von Karin Baltisberger und Jan Fischer
Enttarnt: Im Web wurden 241 Bilder von Neonazis veröffentlicht.
Die Fotos entstanden an der Sempacher Schlachtfeier.
Nummer 22 hat einen kahl rasierten Schädel und trägt eine
schwarze
Sonnenbrille. Auf der Mütze der Nummer 209 steckt ein Button mit
der
Aufschrift "88", dem Rechtsextremencode für "Heil Hitler". Auf der
Internetplattform "Indymedia" prangen sie: 241 Neonazis - einzeln
fotografiert, ohne Namen, dafür mit einer Nummer versehen.
Ihre Gesichter sind gut zu erkennen und leicht zu identifizieren. Diese
Männer und Frauen sollen Rechtsextreme sein und an der Sempacher
Schlachtfeier vor einer Woche teilgenommen haben. Schreibt das
"Autonome Medienkollektiv" aus dem deutschen Freiburg. "Die Pnos
beklagte sich nach dem diesjährigen Aufmarsch in Sempach: Die
umfangreiche Medienberichterstattung über Sempach hätte
etliche
Pnos-Anhänger davon abgeschreckt, an der Schlachtfeier
teilzunehmen",
heisst es im Forum. Die Leute hätten Angst gehabt, auf Fotos
erkannt
und anschliessend vom Arbeitgeber oder antifaschis-tischen Gruppen
denunziert zu werden.
Dafür sorgen die Autonomen gleich selber: "Wir kriegen euch
alle!",
heisst es auf ihrer Homepage. Tatsächlich melden sich
Internet-Nutzer
und versehen die Fotos mit Namen. "Bei Nummer 88 handelt es sich um X.,
eine bekannte Holocaust-Leugnerin."
An der Gedenkfeier Ende Juni marschierten über 200 Rechtsextreme
auf.
Zur Teilnahme aufgerufen hatte die Partei National Orientierter
Schweizer (Pnos).
Seit 2003 kommen jedes Jahr mehr Neonazis an die Feier. Im Internet
wird stets zu Massenaufmärschen aufgerufen. Noch unklar ist, ob
die
Neonazis die Feier als Ersatz oder Zusatz zur Rütli-Bundesfeier am
1.
August sehen, an der sie unerwünscht sind. Auch die Polizei muss
jedes
Jahr mit einem Aufgebot bereitstehen. Dieses Mal duldete man die
Neonazis, weil sie sich ruhig verhielten und keine Nazi-Fahnen
mitführten.
Auch die Enttarner der Rechtsextremen lässt die Polizei
vorläufig in
Ruhe. Bis jetzt sind keine Strafanzeigen gegen sie eingegangen.
Dafür hat die Pnos reagiert. Sie veröffentlichte nun
ihrerseits zwei
Fotos im Internet. Darauf zu sehen: Die beiden "Denunzianten" und
"deutschen Antifa-Aktivisten", die ihre Kameraden in Sempach
unterwandert und abgelichtet haben. Behauptet die Partei zumindest.
---
20min.ch 9.7.08
Bilder von Rechtsextremen im Internet veröffentlicht
Die Linksaktivisten von "Indymedia" haben rund 250 Besucher der
Sempacher Schlachtfeier im Internet abgebildet. Weil der Anlass auf
öffentlichem Grund stattgefunden hat, ist dies laut
Datenschützer
rechtlich kein Problem.
Seit einigen Tagen prangt auf der Website von "Indymedia" ein heikles
Fotoalbum: Wie der "Blick" am Mittwoch berichtete, sind 241 Besucher
der Sempacher Schlachtfeier von Anfang Juli mit Porträt- und
Gruppenfotos abgebildet. Laut "Indymedia" sollen sie alle zur
rechtsextremen Szene gehören.
Die Fotos sind nicht verändert worden, die Personen also gut zu
erkennen. Die Benutzer der Website ergänzen die Galerie nun
allmählich
mit Namen, Funktionen und Wohnadressen.
Die Partei national orientierter Schweizer (PNOS), die zur Teilnahme an
der Schlachtfeier aufgerufen hatte, reagierte umgehend mit einer
Gegenaktion und veröffentlichte auf ihrer Internetsite zwei
"Denunzianten". Diese seien an der Feier mit dem Fotoapparat unterwegs
gewesen. Von der PNOS war am Mittwoch niemand erreichbar.
"Feier auf öffentlichem Grund"
Für Daniel Menna, Sprecher des eidgenössischen
Datenschutzbeauftragten,
sind solche Aktionen zwar heikel, aber kein rechtliches Problem. Es
habe zwar jeder Mensch das Recht am eigenen Bild. "Bei Anlässen
oder
Kundgebungen auf öffentlichem Grund muss man aber immer damit
rechnen,
fotografiert oder namentlich genannt zu werden."
Wer sich an der Publikation störe, könne auf zivilrechtlichem
Weg die
Entfernung des Bildes veranlassen. Das Gericht müsste dann
entscheiden,
ob an der abgebildeten Person ein öffentliches Interesse bestehe
oder
nicht.
Heikel findet Menna den Rechtsextremen-Pranger aber, weil sich
politische Einstellungen ändern könne. "Viele dieser Leute
sind in zehn
Jahren vielleicht anderer Meinung." Die Bilder des Aufmarschs seien
dann aber immer noch im Internet zu finden.
Quelle: SDA/ATS
---
zisch.ch 9.7.08
241 mutmassliche Neonazis am Online-Pranger
Mitglieder des "Autonomen Medienkollektivs" aus dem deutschen Freiburg
haben an der Gedenkfeier der Schlacht von Sempach teilgenommen, dort
gemäss eigenen Angaben Neonazis fotografiert - und alle
erkenntlich
aufs Internet gestellt.
Gemäss der Nachrichtenagentur sda hat die Gedenkfeier zur Schlacht
von
Sempach Ende Juni "mehrere hundert Personen, darunter 200
Rechtsextreme", angezogen. Die Gruppe der Neonazis habe sich im
Hintergrund gehalten und nach dem Ende der offiziellen Feier
Kränze
niedergelegt (siehe Artikelverweis).
"Deeskalierende Strategie"
Zwischenfälle habe es gemäss Daniel Bussmann, Pikettoffizier
der
Luzerner Kantonspolizei, keine gegeben. Die Polizei habe eine
deeskalierende Strategie verfolgt und vor der Feier mit den
Rechtsextremen das Gespräch gesucht.
Bereits im Vorfeld der diesjährigen Feier hatte das "Bündnis
Sempach
gegen rechtsextreme Aufmärsche" von den Einwohnern des
Städtchens
gefordert, dem Aufmarsch der Rechtsextremen mit "aktiver Stille"
entgegenzutreten. Die Bürger hätten demonstrativ schweigen,
sich
abwenden und Türen, Fenster und Rollläden schliessen sollen,
wenn die
Neonazis vorbeiziehen (siehe Artikelverweis). Das "Autonome
Medienkollektiv" aus dem deutschen Freiburg ist nun einen Schritt
weitergegangen.
241 Fotos mit Nummern versehen
In einem am 30. Juni auf "20 Minuten online" veröffentlichten
Interview
hatte sich Renato Bachmann, Mediensprecher der Partei National
Orientierter Schweizer (PNOS) beklagt: "Die umfangreiche
Medienberichterstattung über Sempach schreckte etliche
PNOS-Anhänger
davon ab, an der Schlachtfeier teilzunehmen." Die Leute hätten
Angst,
auf Fotos erkannt und anschliessend vom Arbeitgeber oder
antifaschistischen Gruppen denunziert zu werden.
Unter dem Motto "Don't hate the media, become the media" (auf deutsch
etwa: "Hasse die Medien nicht, werde selber zu einem Medium") sind nun
vom "Autonomen Medienkollektiv" im Internet auf indymedia.org 241
Portätfotos von mutmasslichen Neonazis veröffentlicht worden,
die am
Marsch in Sempach beteiligt gewesen sein sollen. Jedes Foto wurde mit
einer Nummer versehen.
... und auch mit Namen
Inzwischen hat es von Usern 27 inhaltliche Ergänzungen gegeben. Zu
mehreren Fotos sind Namen, Funktion und in einem Fall sogar die
komplette Adresse mit Telefonnummer hingeschrieben worden. In mehreren
Einträgen wird auch Kritik an der Methode geäussert, bei der
es
eindeutige Parallen zu den während des Dritten Reichs verwendeten
Praxen ersichtlich seien.
Dem "Blick" vom (heutigen) Mittwoch zufolge sind bis Redaktionsschluss
bei der Polizei keine Strafanzeigen gegen die Enttarner eingegangen.
Für Daniel Menna, Sprecher des eidgenössischen
Datenschutzbeauftragten,
sind solche Aktionen zwar heikel, aber kein rechtliches Problem. Es
habe zwar jeder Mensch das Recht am eigenen Bild. "Bei Anlässen
oder
Kundgebungen auf öffentlichem Grund muss man aber immer damit
rechnen,
fotografiert oder namentlich genannt zu werden", sagt er gegenüber
der
Nachrichtenagentur sda (siehe Artikelverweis).
Jedenfalls reagiert hat inzwischen die PNOS, die ihrerseits auf ihrer
Homepage zwei Fotos der mutmasslichen "Denunzianten" online stellte.
Dave Schläpfer/Zisch
---
espace.ch (SDA) 9.7.08
Datenschutz
Diskussion um Bildrechte im Internet
Die Linksaktivisten von "Indymedia" haben rund 250 Besucher der
Sempacher Schlachtfeier im Internet abgebildet. Weil der Anlass auf
öffentlichem Grund stattgefunden hat, ist dies laut
Datenschützer
rechtlich kein Problem.
Laut "Indymedia" sollen alle porträtierten Besucher der Sempacher
Schlachtfeier zur rechtsextremen Szene gehören.
Die Fotos sind nicht verändert worden, die Personen also gut zu
erkennen. Die Benutzer der Website ergänzen die Galerie nun
allmählich
mit Namen, Funktionen und Wohnadressen.
Die Partei national orientierter Schweizer (PNOS), die zur Teilnahme an
der Schlachtfeier aufgerufen hatte, reagierte umgehend mit einer
Gegenaktion und veröffentlichte auf ihrer Internetsite zwei
"Denunzianten". Diese seien an der Feier mit dem Fotoapparat unterwegs
gewesen. Von der PNOS war niemand erreichbar.
Für Daniel Menna, Sprecher des eidgenössischen
Datenschutzbeauftragten,
sind solche Aktionen zwar heikel, aber kein rechtliches Problem. Es
habe zwar jeder Mensch das Recht am eigenen Bild. "Bei Anlässen
oder
Kundgebungen auf öffentlichem Grund muss man aber immer damit
rechnen,
fotografiert oder namentlich genannt zu werden.".
Wer sich an der Publikation störe, könne auf zivilrechtlichem
Weg die
Entfernung des Bildes veranlassen. Das Gericht müsste dann
entscheiden,
ob an der abgebildeten Person ein öffentliches Interesse bestehe
oder
nicht.
Heikel findet Menna den Rechtsextremen-Pranger aber, weil sich
politische Einstellungen ändern könne. "Viele dieser Leute
sind in zehn
Jahren vielleicht anderer Meinung." Die Bilder des Aufmarschs seien
dann aber immer noch im Internet zu finden.
---
Schweiz aktuell 9.7.08
http://www.sf.tv/sf1/schweizaktuell/index.php?docid=20080709
--------------------------------------------
SP-"SICHERHEITS"-PAPIER
--------------------------------------------
WoZ 10.7.08
- Der Entwurf war noch anders: Das Sicherheitspapier der SP zeugt
von einem überhasteten Perspektivenwechsel
- Sicherheit für alle: SP-Nationalrätin Evi Allemann
antwortet auf die Kritik der WOZ
----------------
DROHNEN
----------------
Microdrones GmbH
http://www.microdrones.com/
---
punkt.ch 10.7.08
Spionage-Technik soll Rehe vor Tod schützen
Jedes Jahr werden in der Schweiz Tausende Rehkitze von
Mähmaschinen
getötet. Damit soll jetzt Schluss sein: Der Schweizer Tierschutz
(STS)
testet Mikrodrohnen, um die jungen Rehe zu schützen. Ein erster
Feldversuch mit der modernen Spionage-Technik ist schon für diesen
August geplant. Die Jäger sind begeistert. seite 5
--
Tierschutz
Drohnen sollen Rehkitzen das Leben retten
Von David Schaffner
Mit Spionage-Technik will der Schweizer Tierschutz Tausende Rehkitze
vor Mähmaschinen schützen.
Am 20. August führt der Schweizer Tierschutz (STS) in der Umgebung
von
Winterthur einen Versuch durch, der Hoffnung für Tausende von
Rehkitzen
bringt: Mitarbeiter des STS starten an einem Waldrand eine
ferngesteuerte Mikrodrohne, die mit einer Infrarot- Kamera
millimetergenau das hohe Gras absucht. Tiere, die sich im Gras
verstecken, will der STS so einfacher entdecken können.
STS will eine Drohne
"Wir glauben, dass wir dank dieser Technik unzählige Rehe vor dem
Mähtod retten können", sagt Peter Schlup von der Fachstelle
Wildtiere
des STS. Ist der Versuch erfolgreich, will der Tierschutz zusammen mit
dem Jägerverband "Revierjagd Schweiz" eine oder mehrere Drohnen
des
Herstellers Microdrones anschaffen. Zum breiten Einsatz kämen die
Geräte frühestens 2009. Dieses Jahr sind die Kitze bereits zu
gross.
Beim Versuch am 20. August will Schlup daher auch nicht nach Rehen
suchen, sondern nach Hasen. Diese sind etwa gleich gross wie Rehkitze.
Kommen die Drohnen dereinst zum Einsatz, werden sie vor allem von
Jägern bedient. "Für den Einsatz der Suchgeräte sind
aktive Jäger am
besten geeignet", erklärt Tierschützer Schlup. "Sie wissen
genau, wo
sich die Tiere aufhalten und haben Erfahrung mit Jungtieren. " Und - so
muss man wohl hinzufügen: Die Jäger haben ein grosses
Interesse daran,
die ausgewachsenen Tiere später zu schiessen.
--
Mähtod
Bei Unfällen mit Mähmaschinen kommen in der Schweiz jedes
Jahr
mindestens 2000 Rehkitze um. Der STS geht allerdings davon aus,
dass
die Dunkelziffer um ein Mehrfaches höher ist.
--------------------------
PRIVAT-POLIZEI
--------------------------
BZ 10.7.08
Security statt Polizei
In Niederbipp sorgt neuerdings ein privater Securityservice für
Sicherheit. Die Gemeinde zieht nach dem ersten Monat eine positive
Bilanz. Finanzielle Einsparungen bringt der private Sicherheitsdienst
zwar nicht. Die Sachbeschädigungen waren weniger hoch als die
Kosten
für den Sicherheitsdienst. "Doch kann man die Zufriedenheit im
Dorf ja
nicht in Franken ausdrücken", meint Gemeinderat Beat Kellerhals.
Das
Sicherheitsproblem hatte sich in Niederbipp zugespitzt, als die
Nachbargemeinde Oensingen einen Securityservice engagierte. Ab diesem
Zeitpunkt sind laut Kellerhals die Vorfälle in Niederbipp
sprunghaft
angestiegen. rfm/rbl
Seite 17
--
Sicher ist sicher - Security im Einsatz
Wegen Unruhestiftern setzt Niederbipp seit einem Monat einen
Security-Service ein. Die Zahlen sprechen für die neue
Schutztruppe.
Niederbipp war zu einem Zentrum für Unruhestifter geworden.
Sachbeschädigung, Beleidigungen, Ruhestörung. "Es war nicht
mehr zum
aushalten", so Gemeinderat Beat Kellerhals.
Einige Anwohner standen kurz davor, ihr Haus in Niederbipp zu verkaufen
und fortzuziehen. "Jeden Monat gab es ein paar Tausend Franken
Sachbeschädigung", so Kellerhals. Das Problem wurde in den letzten
Jahren immer gravierender. Genau zu der Zeit, als die Nachbargemeinde
Oensingen einen Security-Service engagierte.
Polizei reicht nicht mehr
Security Service? Liegt die öffentliche Sicherheit denn nicht mehr
in
der Verantwortung der Polizei? "Diese Aufgaben konnte die Polizei nicht
mehr erfüllen", kritisiert Gemeinderat René Suter. Nach all
den
Einsparungen seien zu wenig Patrouillen im Einsatz, als dass sie in
angemessener Zeit vor Ort sein könnten. "De facto ist es so, dass
der
Kanton die Verantwortung an die Gemeinden abgibt", so Kellerhals.
Niederbipp sah sich gezwungen nach Oensingen selbst einen
Security-Service zu engagieren. "Dies ist nur eine kurzfristige
Massname", stellt Kellerhals klar. Daneben seien Projekte geplant, die
mehr auf Dialog und Prävention setzen würden. Der Erfolg gab
der
"kurzfristigen Massname" jedoch recht.
In unregelmässigen Abständen patrouillieren die Mitarbeiter
des
Security-Service durch Niederbipp. Sie verteilen Verwarnungen und
zeigen Präsenz. "Seit wir die Security einsetzen, ist nichts
Weltbewegendes mehr geschehen", so Beat Kellerhals.
"Seit wir regelmässig patrouillieren, haben die Gruppierungen mehr
Respekt", sagt Dominique Pochelon von der VIP-Security. "Bei Problemen
sind wir in 20 Minuten vor Ort."
Ist dies ein Armutszeugnis für die Polizei, wenn man jetzt zu
privaten
Sicherheitsdiensten greifen muss? "Dies hat nichts mit einem
Armutszeugnis zu tun", so Pochelon. "Die Bevölkerung toleriert
heute
nichts mehr. Als ich noch jung war, konnten wir irgendwo Fussball
spielen, ohne dass jemand reklamierte." Also hat Niederbipp am Ende ein
Problem der Nulltoleranz? "Überhaupt nicht", widerspricht
Pochelon. Er
erzählt von herumliegenden Bierflaschen, Geschrei um ein Uhr
morgens
und verantwortungslosem Umgang mit Schusswaffen.
Positive Bilanz
So zieht Niederbipp nach dem ersten Monat mit einer Schutztruppe
positive Bilanz. "Nach diesem Probelauf wird das Projekt auf jeden Fall
verlängert", so Kellerhals. Einsparungen bringt der
Security-Service
der Gemeinde nicht, im Gegenteil. "Budgetiert sind hierfür 37000
Franken", so René Suter. Da kamen die Sachbeschädigungen
billiger.
"Doch kann man die Zufriedenheit in einem Dorf ja nicht in Franken
ausdrücken", sagt Kellerhals.René Frauchiger
------------------------------------
HARDTURM-SQUAT ZH
------------------------------------
Woz 10.7.08
"Brotäktschen" im Zürcher Hardturmstadion
Willkommenim Taka-Tuka-Land
Von Noëmi Landolt
Eine autonome Zone als coolster Ausgehtipp, ein Anschiss gegen links
und der Fussballplatz als grosse Spielwiese - am Wochenende wurde
angepfiffen.
Die besten Abenteuer fangen an mit einem Loch im Zaun. Ein Loch im Zaun
ums Zürcher Hardturmstadion zum Beispiel. Da hindurch kriechen die
einen am vergangenen Freitag abend, Bretter und anderes Baumaterial
geschultert. Die anderen spazieren durch den in kürzester Zeit
geknackten Haupteingang. Unglaublich, so schnell geht das, sagen die
Leute und sind leise überrascht, dass auch ein Fussballrasen
wachsen
kann. Kniehoch steht das Gras, die Abendsonne scheint ins Stadion. Und
schnell gehts auch, bis die ersten Sirenen zu hören sind und drei
oder
vier Polizisten aus ihren Autos springen. Mimik und Gestik in perfekter
Actionheldenmanier. Das gespannte Hemd über geblähter Brust,
breitschultrig und -beinig, das Gewehr schwingend, brüllend,
ballernd.
Gummischrot. Aus nächster Nähe, ein Wunder, dass niemand
ernsthaft
verletzt wird. Die Vermittlerin aus der Besetzer Innengruppe wird
kurzerhand verhaftet. Der Pressefotograf auch.
Derweil wird drinnen Material her umgetragen. Hin und her, zum
Barrikadenbau und dann doch wieder nicht. Mittlerweile ist
Verstärkung
angerückt, und es wird auch beim Zaunloch geschossen. Es tue gut,
anzupacken, um "die Actiongorillas zu vergessen, das Adrenalin im
Körper zu verteilen", wie eine Besetzerin sagt. Dann ruft jemand:
"Sie
sind weg! D Bulle sind weg!", einer steckt den Stecker in die
Steckdose, der DJ legt euphorisierende Technomusik auf, alle schleppen
irgendetwas herum, das Gras ist hoch, die Sonne scheint, und einen
Moment lang spürt man diese "Alles ist
möglich"-Gänsehaut. Dieses "Wir
bauen uns unsere eigene kleine Stadt, unsere kleine selbstbestimmte
Welt, ohne Ausbeutung und Kommerz, willkommen im
Taka-Tuka-Land"-Gefühl. Einer stolpert durchs Gras, bietet hier
und
dort seine Hilfe an. Die freundliche, aber bestimmte Antwort: "Nein,
danke! Wir haben alles im Griff." Er setzt sich ins Gras und kaut an
einem Strohhalm. Das Hardturmstadion ist besetzt!
Hütten im Palast
Jemand sagt: "Das ist einfach der Wahnsinn! Ich meine, das ist ein
verfluchtes Fussballstadion. Der Wahnsinn!" Und das stimmt,
schliesslich ist ein Stadion so etwas wie die heilige Kuh des
Standortmarketings. Fussballsta dien und Shoppingtempel. Fussball und
Shoppen. Oder eben Brot und Spiele. Worauf sich ja auch
"Brotäktschen",
der Name der Hardturmbesetzung, bezieht. "Der Name ist von der
Redewendung ‹Brot und Spiele› abgeleitet, welche im alten Rom den
Versuch einer Regierung bezeichnete, das Volk mit Grossanlässen
von
gesellschaftlichen und politischen Problemen abzulenken. Ähnlich
wie
heute die Euro 08. In Zürich scheint dies gelungen -
"Brotäktschen"
will das Gegenteil!" steht auf dem im Stadion verteilten Infoflyer.
"Brotäktschen" ist mehr als eine blosse Gegenveranstaltung zur
Euro 08
der Drohnen, der Hundertschaften von PolizistInnen und Militärs
und der
für Fanzonen gesperrten Strassen. "Brotäktschen" steht in der
Tradition
der Sauvagen der neunziger Jahre und von Reclaim the Streets, gefolgt
von den Besetzungsaktionen "Shantytown" im Jahr 2005, einer für
ein
Wochen ende am Sihlufer bei der Börse errichteten
Barackensiedlung,
sowie "Danslieue", dem dreizehnten Kreis, ein Jahr später beim
Bürkliplatz. "Shantytown" war eine Reaktion auf die Räumung
mehrerer
alternativer Treffpunkte und besetzter Häuser, "Danslieue"
thematisierte den Wegweisungsartikel und die Revision des Asyl- und
Ausländergesetzes. "Wir haben uns gedacht, wir könnten wieder
einmal
etwas in dieser Art machen. Der aktuelle Bezug zur Euro kam erst
nachher dazu", sagt einer aus dem Organisationskollektiv.
Bei all diesen Aktionen geht es im Kern um dasselbe. Um Ausgrenzung,
die völlige Regulierung und Überwachung des öffentlichen
Lebens.
Angstmacherei, Sauberkeits- und Sicherheitswahn. Gegen die Aufwertung
von Quartieren durch Luxuswohnungen und den Austausch der
Bevölkerung.
Für die Rückeroberung von Freiräumen. Doch manche wollen
nicht einmal
versuchen zu begreifen, um was es geht. Zum Beispiel die Reporterin der
Tagesschau, die den BesetzerInnen vorwirft, sie verhielten sich wie die
Uefa, mit ihren Vorgaben, wann und was fotografiert beziehungsweise
gefilmt werden dürfe. Ob sie sich schon einmal überlegt hat,
was es
bedeutet, nach einer illegalen Aktion im Fernsehen erkannt zu werden?
Es geht auch nicht darum, dass, wie die NZZ spitzfindig schreibt, Leute
Bierdosen der zu Carlsberg gehörenden Feldschlösschengruppe
ins Stadion
mitnehmen. Sondern dass man trinken, tragen und tun kann, was man
möchte.
Es ist schön, mit anzusehen, wie sich das Stadion verändert.
Wie eine
"Hütte" nach der anderen aufgebaut wird, dort, wo bald ein Palast
stehen soll, wie die Spielwiese wächst und die Werbebanner nach
und
nach unter anderen Schriftzügen verschwinden: "Wir klauen für
Zürich",
"Autonome Zonen schaffen", "Nehmen wir uns Mehrwert", "Es liegt an uns
zu spielen". Am Eingang liegt ein aus geklauten Eurofahnen
genähter
Fussabtreter. Immer wieder fliegt ein Tarzan über die Köpfe
der Leute,
am Seil, das vom einen Stadiondach zum anderen gespannt wurde. Eine
elektrisierende Stimmung liegt in der Luft. Sie wird die ganzen drei
Tage anhalten. In der Dämmerung werden Feuer und Lichterketten
angezündet. Die Sonne geht unter, der Abend ertrinkt in Euphorie
und
Alkohol.
Selbstbestimmte Spiele
"Wir wollen zeigen, dass man spielen und trotzdem auf problematische
Themen aufmerksam machen kann", sagt einer aus dem organisierenden
Kollektiv. Bei "Brotäktschen" werden jedoch nicht explizit
politische
Themen angesprochen, wie das zum Beispiel bei "Brotäktschen" vor
zwei
Jahren der Fall war. Damals gab es ein Zelt mit vielen Informationen
zum neuen Zürcher Polizeigesetz und zum Wegweisungsartikel.
Abends,
quasi zur Hauptsendezeit, wurden die Konzerte für den Film "Voices
in
Transit" über afrikanische Flüchtlinge in Zürich
unterbrochen. Am
"Danslieue" sei die Freude fast erdrückt worden von all den
traurigen
Themen, sagen die einen. Das sei der Grund, warum man bei
"Brotäktschen" wieder, wie schon bei "Shantytown", das Fest in den
Vordergrund stellen wolle. Andere bedauern diese Entwicklung. Im
Hardturm haben an diesem Wochenende nur die Bleiberechtskampagne und
die Revolutionäre Jugend Zürich ihre Infostände
aufgestellt. "Für viele
wird der Anlass einfach nur der coolste Ausgehtipp dieses Wochenendes
sein. Dabei wäre das eine gute Plattform, um konkrete politische
Inhalte zu vermitteln", sagt eine Standbetreiberin. "An einem solchen
Anlass erreicht man mittlerweile mehr Leute als an einer
konventionellen Demo." Demonstrationen haben an Kraft verloren. Die
gewaltigen Polizeiaufgebote lassen sie als Bedrohungen erscheinen.
Wichtig ist die Anzahl Verletzter, vor allem der Sachschaden, die
Einnahmeausfälle von GewerblerInnen. Die Kosten, die Kosten, die
Kosten. "Kein Wunder, gehen viele Leute nicht mehr an Demos, und kein
Wunder, gehen die Inhalte verloren", sagt die Standbetreiberin. Doch
allein die Besetzung an sich ist schon ein politischer Akt. Die
Tatsache, dass sich hier eine Handvoll Leute ihre eigene grosse
Spielwiese erobert haben, ein grosses Fest feiern, in
Traktorrädern die
Tribüne runterrollen, ein Rennen mit feuerspeienden
Titanengefährten
veranstalten und anderen Schabernack treiben. Selbstbestimmte Spiele
und selbstgebackenes Brot als politische Aktion.
"Schiiss Politik"
Nach wenigen Stunden traumlosen Schlafs auf der Nordtribüne
fällt der
Blick beim Erwachen sofort auf den Schriftzug "Brotäktschen", der
über
der Tribüne des Gästesektors hängt. Und aus "Brot" und
"Action" wird
auf einmal "Protection", Schutz. Schutz vor der völligen
Vereinnahmung
des öffentlichen Raums durch das Kapital, Schutz vor Konsumzwang,
Schutz vor der Erstickung allen Lebens. Sich nicht vorschreiben lassen,
was Lebensqualität heisst. Lebensqualität bedeutet eben auch,
selbst
bestimmen zu können, wo man sich aufhält, wie und zu welcher
Zeit man
gewisse Räume nutzen will.
Protection. Eine weitere, vielleicht ursprünglich nicht
beabsichtigte
Parodie auf den Sicherheitswahn in und um die Stadien? Eine Parodie auf
die SP mit ihrem neuen Sicherheitspapier? Die Partei erhält am
Samstagabend jedenfalls eine Grussbotschaft. Von Reverend Beat-Man. Aus
Bern mit seiner Klampfe angereist, freut er sich, hier zu sein,
grüsst
die ZivilpolizistInnen, die bestimmt auch irgendwo rumstiefeln, und
poltert gegen die SVP, aber nicht nur: "Auch die linke Politik ist
scheisse im Moment. Die ganze Schweizer Poli tik ist scheisse. Schiiss
Politik!", ruft er heiser ins Mikrofon. Die Leute freuen sich, weiter
hinten wummert das Techno zelt. Sie sind in Massen an das grosse Fest
gekommen. 5000 sollen es gewesen sein. Ein Fest für alle, egal wie
dick
das Portemonnaie ist. Ein Fest für alle, ausser für "Nazis,
Cops und
Yuppies", wie am Eingang unmissverständlich geschrieben steht. Vor
allem Letztere sind trotzdem gekommen. Doch auch das schönste Fest
geht
irgendwann zu Ende. Zurück bleibt ein Stadion ohne
Werbeschriftzüge,
ein bisschen Sperrmüll, und die in den Rasen gebrannten Worte:
"Bis
bald". "Brotäktschen" war erst der Anpfiff.
---------------------------------------
G8 JAPAN: GIPFELSOLI
---------------------------------------
Radio Dreyeckland Freiburg 10.7.08
Gipfelsoli.org beobachten Polizeirepression während des G8-Gipfels
Die Initiative "Gipfelsoli" beschäftigt sich mit den Protesten
gegen
unsolidarische Globalisierung und mit globalisierter Solidarität
...
http://www.freie-radios.net/mp3/20080710-gipfelsolio-23223.mp3
---
9.7.2008 Hokkaido [2]
- Final statement by international activists
- Hokkaido - das war der Gipfel
- The detainees in Sapporo
- International call for solidarity actions against G8 repressions
- G8-Gipfel endet, Zwischenstation der altermondialistischen Bewegung
- Civil Society's Choice at the G8 Summit: The Road of Genoa or the
Road of Gleneagles?
Mehr: http://gipfelsoli.org/Newsletter/5361.html
9.7.2008 Hokkaido
- Gericht verlängert Haft für Festgenommene von
Großdemonstration
- Protest statement aginst J5 police suppression
- NGOs protest Japan's entry controls on members prior to G-8 summit
- Hunderte Menschen in Mali bei G-8-Gegenveranstaltung
- Erster Gipfeltag - Kulturen des Aktivismus, Einschüchterung und
Angst
- Hundreds Stopped 4 Kilometers away from G8 Summit
- G8: Japan at the forefront of global governance
- A lockdown on Hokkaido as police outnumber summit protesters
Mehr: http://gipfelsoli.org/Newsletter/5354.html
-------------------------------------
10 JAHRE ANTI-GLOBAL
-------------------------------------
WoZ 10.7.08
Antiglobalisierung
Wach auf, Norden!
Von Bettina Dyttrich
Vor zehn Jahren fanden aus Anlass des WTO-Treffens in Genf die ersten
wirklich globalisierten Proteste statt. Die Geschichte einer
vergessenen Premiere.
Die Schweiz im Frühling 1998: Die Fusion der Schweizerischen
Bankgesellschaft mit dem Schweizerischen Bankverein steht kurz bevor.
In Zürich öffnet das Kino Riffraff, das erste Kino, das die
Bar ganz in
den Mittelpunkt stellt. Die grosse, alte linke Buchhandlung Pinkus
dagegen muss zumachen. Die Liberalisierung im Gastgewerbe lässt
aus
ehemaligen Punks KleinunternehmerInnen werden.
Die neoliberale Euphorie steckt auch viele an, die von ihr ganz und gar
nicht profitieren werden. Die Arbeitslosigkeit ist für Schweizer
Gewohnheiten hoch. Die Übrigen layouten und designen bis zum
Zusammenbruch. Das Büro wird zum Fluchtort, denn die Freizeit ist
noch
anstrengender. Das Internet fasziniert, schafft neue Jobs und frisst
viel Zeit. Politisches ist out, unterbrochen von heftigen
Ausbrüchen,
zum Beispiel am 1. Mai 1996. Die meisten sozialen Bewegungen haben das
Jahrzehnt nicht überlebt; nur ein paar Autonome kämpfen
ausdauernd
gegen die Ausschaffung des chilenischen Flüchtlings Patricio Ortiz.
"Welt im kalten Rausch", diagnostiziert WOZ-Redaktor Lothar Baier im
Winter 1997/98. Eine "Atmosphäre der Irrealität und
Unwahrheit" breite
sich aus. "Alle Mittel scheinen recht, wenn es darum geht, die Geister
des Öffentlichen, Gesellschaftlichen und Kollektiven restlos
auszutreiben (...) - und seien es auch die Mittel, deren sich die
totalitären Systeme bedienten." Den Soundtrack zur Zeit liefern
zum
Beispiel Radiohead aus England - wo der neoliberale Umbau am weitesten
fortgeschritten ist - mit der Platte "OK Computer" (1997). Der
Sänger
verkörpert eine Figur, die zwischen euphorischem Grössenwahn
und
totaler Erschöpfung hin- und hertaumelt. "No alarms and no
surprises
please." Auch die Goldenen Zitronen aus Hamburg bringen den Zeitgeist
auf den Punkt: "Alles ist, wie es ist, weil es so ist!"
Wütende Bauern, wilde Tänze
Doch dann bricht im Mai 1998 in Genf das Chaos aus. Tausende besetzen
die Plaine de Plainpalais mitten in der Stadt und stellen ein Zeltlager
auf, tanzen stundenlang auf dem Bahnhofplatz, blockieren in der ganzen
Stadt den Verkehr, kippen blutige Schlachtabfälle vor den Sitz der
Waffenfirma Lockheed, verkleben Bankomaten, verbreiten kritische Infos
über H&M und die Herkunft importierter Lebensmittel. Anlass
des
Aufruhrs ist das Ministertreffen der 1995 gegründeten
Welthandelsorganisation WTO.
Die Medien berichten vor allem über die Sachbeschädigungen.
Der
umgekippte Mercedes mit Diplomatennummernschild gibt tatsächlich
ein
schönes Bild ab. Aber es lenkt eher ab vom Ausserordentlichen, das
gerade passiert: Der Aufruhr ist global. Im indischen Hyderabad gehen
Anfang Mai Hunderttausende auf die Strasse, wenig später
protestieren
in Manila 10000 philippinische FischerInnen, und in Brasilien
beteiligen sich Zehntausende an einem Sternmarsch in die Hauptstadt.
Die britischen AutogegnerInnen von Reclaim the Streets rufen zur
weltweiten Strassenparty am 16. Mai auf, dem Tag der grossen
Demonstration in Genf, und Menschen in mehr als dreissig Städten
rund
um die Welt machen mit. Im Süden sind die Forderungen sehr
konkret: Die
indischen AktivistInnen fordern den Austritt ihres Landes aus der WTO,
denn immer mehr Bauern, verschuldet und dem Weltmarkt ausgeliefert,
bringen sich um. Auch die DemonstrantInnen auf den Philippinen lehnen
die WTO ab und verlangen eine Politik der Selbstversorgung statt
Lebensmittelexporte.
"Es war definitiv das erste grosse Ereignis der Bewegung", sagt der
Genfer Aktivist Olivier de Marcellus. "Die erste wirklich globale
Sache, mit etwa siebzig Aktionen auf der ganzen Welt. Nicht nur riesige
Demos: Ich erinnere mich, dass fünfzehn Leute in den Bergen
Kaliforniens die Abholzung einer grossen Waldfläche blockierten
und das
mit der WTO in Verbindung brachten - ein absurdes Unternehmen für
sich
allein, aber als Teil des globalen Aktionstages ergab es Sinn." Doch
den meisten Medien entgeht völlig, wie global das Ganze ist. De
Marcellus: "Unsere Medienstrategie funktionierte überhaupt nicht.
Dafür
war der Aktionstag ein durchschlagender Erfolg für die Vernetzung:
In
Städten wie Seattle, Prag, Montreal oder Sydney wurde der
Grundstein
für die späteren Grossproteste gelegt. Damals im Mai 1998
lernten sich
die Leute kennen."
Chiapas sei Dank
Quasi im Geheimen hat etwas begonnen, das erst eineinhalb Jahre
später
in Seattle von der Welt wirklich wahrgenommen werden wird. Aber
natürlich kommt das nicht aus dem Nichts. Die postmoderne
Entpolitisierung, die die Städte des Nordens in den neunziger
Jahren
erfasst hat, können sich die Bewegungen im globalen Süden gar
nicht
leisten. Am 1. Januar 1994 hat in Chiapas, Südmexiko, eine bunte
Truppe
in Skimützen einen Aufstand angefangen. Ihre Sprache unterscheidet
sich
deutlich von der holzigen Rhetorik vieler früherer linker
Befreiungsbewegungen. Und auch die Mittel: Schnell machen die
ZapatistInnen klar, dass sie nicht auf militärische
Auseinandersetzungen aus sind, sondern auf eine basisdemokratische
Organisierung - auch wenn sie sich, wenn nötig, durchaus
verteidigen.
Der zapatistische Aufstand hilft vielen Bewegungslinken im Norden
über
die schlimmste Durststrecke hinweg.
"Chiapas war wichtig, dieser neue Internationalismus", sagt der
langjährige Berner Reitschulaktivist David Böhner. "Anfang
der
neunziger Jahre, als es die Solidaritätsbewegungen der Achtziger
nicht
mehr gab. Die Reitschule war zu dieser Zeit recht isoliert, wir hatten
wenig Kontakt nach aussen."
Die Aktivitäten im Zusammenhang mit Chiapas werden zur Basis
für die
neue Bewegung im Norden. Im Sommer 1997 findet in Spanien ein von den
ZapatistInnen inspiriertes "intergalaktisches Treffen" statt. "Dort
begannen sich die Gruppen europaweit zu koordinie ren", sagt Olivier de
Marcellus. "Wir hörten zum Beispiel zum ersten Mal von
Reclaim the
Streets. Vorher war alles so national." Yvonne Zimmermann aus Bern
erzählt, wie ein spanischer Aktivist die SchweizerInnen
aufforderte,
sich gegen die Welthandelsorganisation (WTO) zu engagieren, die ihren
Sitz in Genf hat. "Und es war völlig klar und einleuchtend: Genau,
das
müssen wir tun."
Reformieren? Abschaffen!
Der nächste Schritt ist die globale Vernetzung von Organisationen.
Im
Februar 1998 reisen über 300 AktivistInnen nach Genf - indische
Staudammgegnerinnen, brasilianische Landbesetzer, Textilarbeiterinnen
aus Bangladesch, Maorifrauen, kanadische Pöstler, englische
Hausbesetzer. Sie debattieren, demonstrieren und gründen Peoples
Global
Action (PGA). Ihr oberstes Prinzip: "PGA ist ein
Koordinationsinstrument, keine Organisation." Das PGA-Grundsatzpapier
ruft zu direkter Aktion auf und lehnt Lobbyarbeit ab. Olivier de
Marcellus war dabei: "Es war unglaublich ... Eine gegenseitige
Befruchtung, die Kontakte vervielfachten sich, neue Ideen und
Aktionsformen wurden diskutiert. Ein Reclaim-the-Streets-Aktivist hatte
die Theorie, dass das Internet als globales Hirn funktionieren
könnte,
mithilfe dessen die Bewegung global aktiv werden könne. Und so
funktionierte es wirklich."
Viele, auch viele Linke, kritisieren die Forderung nach der Abschaffung
der WTO. Es brauche doch ein Instrument, um den Welthandel zu regeln,
lieber ein schlechtes als gar keines, argumentieren sie. Ja, wir
brauchen ein Instrument, aber zuerst muss das bestehende weg, sagt
hingegen die PGA. Und hat in diesem Moment vollkommen Recht: Eine neue
Bewegung beginnt man nicht mit einem Reformvorschlag. Fünf Jahre
und
viele Proteste später steht es im deutschen Theoriebuch "radikal
global": "Entscheidend ist, dass die Forderung ‹Abschaffen› weniger
leicht integrierbar ist als die Forderung ‹Reformieren›. Sie besitzt
jenen utopischen Überschuss und jenes Irritationspotenzial, das
nötig
ist, um Alternativen überhaupt erst wieder denkbar zu machen."
In der Schweiz beschränkt sich die Bewegung zu dieser Zeit
grösstenteils auf autonome Kreise. Doch diese sind äusserst
aktiv. Die
Anti-WTO-Gruppen in den verschiedenen Städten, die für die
Vorbereitung
von Genf entstanden sind, bleiben in Kontakt. Anna Cadonau (Name
geändert), damals bei der Anti-WTO-Gruppe Zürich: "Zum ersten
Mal seit
Längerem wurden Wirtschaftsthemen intensiv diskutiert. Ich merkte,
dass
man nicht Ökonomie studiert haben muss, um sich damit zu
beschäftigen.
Und dass es noch andere Kritiken gibt als die klassisch marxistische.
Feministische Ökonomiekritik war sehr wichtig, Texte von Mascha
Madörin
und anderen. Wir haben uns das Thema angeeignet."
Sandra Ryf von der Anti-WTO-Gruppe Bern erlebte es ähnlich:
"Inhaltlich
hat sich etwas geöffnet. Der internationalistische Blick war
vielen ein
Bedürfnis, die lokal nicht mehr so recht wussten, um was sie sich
eigentlich drehen. Es war klar: Die WTO betrifft uns, weil viele
Konzerne hier ihren Sitz haben. Und in Genf lernten wir Leute kennen
aus der halben Welt, die sich dagegen wehren."
Indien weckt Europa
Sehr umtriebig in diesen Jahren sind die indischen BäuerInnen. Die
meis
ten gehören zur KRRS, der gut organisierten
BäuerInnenbewegung des
Bundes staates Karnataka. Von Genf nach Hause zurückgekehrt,
starten
sie eine grosse Kampagne gegen den Agromulti Monsanto und zünden
Felder
mit Gentech-Baumwolle an. Dann kommen sie wieder nach Europa - diesmal
für längere Zeit. Im Mai und Juni 1999 reisen 450 indische
und ein paar
Dutzend lateinamerikanische AktivistInnen als "Interkontinentale
Karawane für Solidarität und Widerstand" durch Eu ropa. Sie
besuchen
die britische Niederlassung des US-Agromultis Cargill, um auszurichten,
dass Indien keine Gentechnik brauche. In Südfrankreich
zerstören sie
zusammen mit dem Bauern aktivisten José Bové ein
Gentech-Gewächshaus.
Und sie kommen auch nach Bern. An einem Sternmarsch auf den Bundesplatz
werden schweizerische und globale Themen verknüpft: Sozial abbau,
Mutterschaftsversicherung, Landwirtschaft, Schuldenstreichung,
Bekleidungsindustrie ... Die InderInnen wohnen in diesen Tagen bei
Schweizer BiobäuerInnen.
Sandra Ryf erinnert sich: "Es entstand eine sehr breite Vernetzung. Zu
Bauern, aber auch zu Hilfswerken und vielen anderen Gruppen. Hier
lernten wir die Leute kennen, mit denen wir später in der
Anti-Wef-Mobilisierung zusammenarbeiteten. Anfangs waren die anderen
Beteiligten noch misstrauisch gegenüber diesen Autonomen aus der
Reitschule. Aber durch die gemeinsame praktische Arbeit entstand eine
Vertrauensbasis. Sie merkten, dass es uns wirklich um etwas geht."
Noch stehen der Massenbewegung im Süden relativ kleine Gruppen im
Norden gegenüber. "Die Bevölkerung von Europa befindet sich
noch im
Tiefschlaf", meint Professor M. D. Nanjundaswamy, der Präsident
der
KRRS, vor der Interkontinentalen Karawane. "Wir werden sie aufwecken."
Wenig später gelingt das auch.
Buko (Hrsg.): "Radikal global. Bausteine für eine
internationalistische Linke". Assoziation A. Berlin 2003 (vergriffen).
In der nächsten WOZ: Zehn Jahre später: Was ist gewonnen? Was
verloren? Wie geht es weiter?
--------------
CHIAPAS
--------------
Indymedia 10.7.08
Eine europäische Karawane in Chiapas ::
AutorIn : ((i)) | übersetzt von : blub
Europa Zapatista Während Europa den Kopf im Fussball verloren hat,
tobt
ein schmutziger Krieg in Mexico, er zeigt sich als alltäglicher
niedrigschwelliger Konflikt gegen die Bewegungen der mexikanischen Otra
Campaña, die die Pfade der Autonomie und Solidarität bilden.
Um das Schweigen zu brechen, ruft Europa Zapatista mit einem Appel von
CAPISE zu einer Karawane durch Europa vom 27. Juli bis zum 12. August
auf.
Mehr dazu: http://ch.indymedia.org/de/2008/07/62019.shtml
----------------------
ANTI-ATOM
---------------------
Bund 10.7.08
AKW Mühleberg im Gegenwind
Stadt Bern Der Gemeinderat der Stadt Bern lehnt eine unbefristete
Betriebsbewilligung für das Atomkraftwerk Mühleberg ab. Er
hat gegen
ein entsprechendes Gesuch der Kraftwerkbetreiberin BKW Einsprache
erhoben. Gemeinderätin Regula Rytz (gb) begründet dies unter
anderem
mit dem in der Gemeindeordnung festgeschriebenen Atomausstieg. Zudem
zweifelt sie an der Sicherheit des 36-jährigen Werks. BKW-Sprecher
Antonio Sommavilla ist "erstaunt" über die Argumentation der Stadt
Bern. Die Kontrollorgane des Bundes hätten dem Kernkraftwerk stets
eine
gute Sicherheit attestiert. Nebst der Stadt Bern haben bisher Tausende
von Privatpersonen Einsprache erhoben. (bob)
Seite 17
--
Stadt Bern hegt Zweifel an Reaktorsicherheit
Der Stadtberner Gemeinderat erhebt Einsprache gegen die unbefristete
Betriebsbewilligung des Atomkraftwerks Mühleberg
Die BKW habe keinen Nachweis für die Reaktorsicherheit des
Atomkraftwerks erbringen können, begründet der Gemeinderat
die
Einsprache. Die BKW betont, der Bund habe dem 36-jährigen Werk
eine
gute Sicherheit attestiert.
Für die Berner Stadtregierung widerspricht die unbefristete
Betriebsbewilligung für das Atomkraftwerk Mühleberg unter
anderem der
Gemeindeordnung. Diese sehe den Ersatz der "umweltbelastenden und
umweltgefährdenden Atomenergie" durch erneuerbare
Energieträger vor,
heisst es in einer Mitteilung der Stadtregierung.
Laut Gemeinderätin Regula Rytz (gb) ist die Stadt selber zurzeit
daran,
diesen Vorsatz umzusetzen. So bereite der stadteigene Betrieb Energie
Wasser Bern (EWB) mit dem Bau des Gaskombikraftwerks auf dem Areal der
neuen Kehrichtverwertungsanlage (KVA) den Ausstieg der Stadt Bern aus
den Beteiligungen am französischen Kernkraftwerk Fessenheim vor.
Gegen
eine unbefristete Verlängerung der Betriebsbewilligung für
das
Kernkraftwerk Mühleberg sprächen aber auch Sicherheitsfragen,
sagt Rytz.
"Unmittelbare Gefahr" für Bern
Beim 36-jährigen Kraftwerk handle es sich um das zweitälteste
Atomkraftwerk der Schweiz. "Mühleberg war wegen
Störfällen stets in den
Schlagzeilen", sagt Rytz. So seien die 1990 entdeckten Risse im
Kernmantel bis heute nicht behoben. Die Ursache derselben habe "trotz
jahrelanger und intensiver Untersuchung" nie geklärt werden
können.
Zudem hätten "konstruktive Mängel" und "technische
Schäden" die
Verlängerung der Betriebsbewilligung verhindert. Laut Rytz habe
die BKW
bis heute keine befriedigenden Nachweise bezüglich Sicherheit bei
Erdbeben oder Flugzeugabstürzen erbringen können. Ein Leck
oder ein
Unglück würde die Bevölkerung der Stadt "unmittelbar
gefährden", sagt
Rytz.
BKW: Werk ist "in gutem Zustand"
Bei der BKW ist man "erstaunt" über die Argumente der Stadt Bern.
So
habe die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen in der
Schweiz (HSK) dem Kernkraftwerk Mühleberg eine gute Sicherheit
attestiert, wie Mediensprecher Antonio Sommavilla erklärt. Auch
Gebäude, Systeme und Komponenten seien "in gutem Zustand". Die
Anzahl
der Störfälle, die eine Abschaltung des Reaktors notwendig
machten, sei
gering. Die Entwicklung der Risse im Kernmantel wird laut Sommavilla
genau überprüft. Zudem habe die BKW spezielle bauliche
Massnahmen
ergriffen. So sei zum Beispiel eine sogenannte "Klammervorrichtung"
eingebaut worden, um den Kernmantel zusätzlich abzusichern.
Für
Sommavilla stehen bei der Aufhebung der Befristung der
Betriebsbewilligung aber nicht Sicherheitsfragen im Vordergrund. "Die
BKW will gleich lange Spiesse wie die anderen Kraftwerksbetreiber." Es
gehe um die Beseitigung einer nicht gerechtfertigten
Ungleichbehandlung. In den USA hätten ähnliche Anlagen wie
Mühleberg
eine Bewilligung für eine Laufzeit von 60 Jahren erhalten, sagt
Sommavilla.
Tausende von Mustereinsprachen
Das Gesuch der BKW ist noch bis zum 14. Juli öffentlich aufgelegt.
Einspracheberechtigt sind über 170Gemeinden, die in einem
bestimmten
Umkreis ums Atomkraftwerk Mühleberg liegen, sowie deren Bewohner.
Beim
Bundesamt für Energie (BFE) kann man zurzeit noch nicht sagen, wie
viele Einsprachen eingetroffen sind. BFE-Sprecher Matthieu Buchs
spricht von "vielen" Rechtsbegehren, die täglich eintreffen.
Verschiedene Organisationen und Parteien haben eine Mustereinsprache
entworfen und an ihre Mitglieder versandt. Allein die Schweizerische
Energie-Stiftung (SES) hat die Vorlage an 2000 Mitglieder und
Sympathisanten in den betroffenen Gemeinden verschickt, wie Jürg
Buri
von der SES sagt. Die SP hat die Einsprache über 50 Sektionen in
der
Region zum Weiterversand an die Mitglieder zukommen lassen. Zudem
haben, mit Ausnahme des Bieler Stadtpräsidenten Hans Stöckli,
sämtliche
Berner SP-Vertreter in National- und Ständerat Einsprache erhoben.
Die
Grünen Kanton Bern schliesslich haben 600 Mustereinsprachen
verschickt.
Das Echo sei "gewaltig". Laut Grossrat Blaise Kropf hat es "noch nie so
viele Rückmeldungen" auf eine politische Kampagne gegeben.
Das BFE wird voraussichtlich im ersten Quartal 2009 über das
hängige Gesuch und die Einsprachen entscheiden.
Bernhard Ott
---
BZ 10.7.08
Stadt Bern macht Einsprache
Die Gegner der unbefristeten Bewilligung für das AKW
Mühleberg haben prominenten Zulauf: Die Stadt Bern spricht ein.
Der Widerstand gegen die BKW, die für ihr Atomkraftwerk
Mühleberg eine
unbefristete Bewilligung will, wächst weiter. Der Gemeinderat der
Stadt
Bern hat gegen das entsprechende Gesuch Einsprache erhoben, wie er
gestern mitteilte. Er beruft sich dabei auf die Gemeindeordnung, welche
die Stadt zum Atomausstieg verpflichtet: Sie schreibt vor, die Stadt
"strebt an, umweltbelastende oder umweltgefährdende
Energieträger, wie
die Atomenergie, durch einheimische und regenerierbare Energie zu
ersetzen".
Überraschend kommt die Einsprache nicht. SP und Grüne, welche
die
Mehrheit der städtischen Exekutive stellen, bekämpfen die
Verlängerung
der AKW-Bewilligung offensiv.
"Technische Schäden"
Die Stadt ist laut der Mitteilung einspracheberechtigt, weil sie auf
Grund ihrer unmittelbaren Nähe zum AKW in besonderem Masse von
einer
Betriebsverlängerung betroffen wäre. Ein Unglück
würde die Bevölkerung
Berns unmittelbar gefährden.
Der Gemeinderat weist zudem darauf hin, dass die Anlage wegen
"gravierender betrieblicher Vorkommnisse, konstruktiver Mängel und
technischer Schäden" nie eine unbefristete Betriebsbewilligung
erhalten
habe. Auch die Sicherheit im Falle eines Flugzeugabsturzes oder
Erdbebens erachtet der Gemeinderat als ungenügend.
Weitere Einsprachen
Gegen das Gesuch der BKW um eine Aufhebung der Befristung seien
zahlreiche weitere Einsprachen eingegangen, sagte Matthieu Buchs vom
Bundesamt für Energie. Die Auflagefrist endet am kommenden Montag.
Mühleberg ist das einzige Schweizer AKW mit einer befristeten
Betriebsbewilligung. Diese gilt lediglich bis 2012. Einem ersten Gesuch
der BKW um die Aufhebung der Befristung hatte das Eidgenössische
Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek)
2006
eine Abfuhr erteilt. Die BKW gelangte an das Bundesverwaltungsgericht
und erhielt Recht. Diesen Entscheid focht dann aber das Uvek beim
Bundesgericht an - und unterlag. Seither steht fest, dass das Uvek ohne
aufwändiges Betriebsbewilligungsverfahren prüfen muss, ob das
AKW
Mühleberg eine unbefristete Betriebsbewilligung erhalten soll.
sda/fab
-----------------------
VIA FELSENAU
----------------------
Bund 10.7.08
Streit um Kulturlokal in Felsenau
Baugenossenschaft Via Felsenau plant Wiedereröffnung des
Kulturbetriebs - Anwohner laufen Sturm dagegen
Die "Via Felsenau" soll wiederbelebt werden: Ab September sollen im
Kulturlokal Partys, Konzerte und Ausstellungen stattfinden - zum
Ärger
einiger Anwohner.
Anwohner des Spinnereiwegs in der Felsenau haben in den letzten Wochen
Unterschriften gegen die geplante Wiedereröffnung des Kulturlokals
gesammelt. Die Wohnbaugenossenschaft Via Felsenau will das eigene
Ausgehlokal wiedereröffnen und hat mit dem privaten Veranstalter
Armada
Concepts GmbH, Bern, einen 3-Jahres-Vertrag unterzeichnet.
Die Wiederinbetriebnahme ist für September vorgesehen. Die
Genossenschaft habe mit dem neuen Betreiber ein vielseitiges
Kulturprogramm vereinbart, sagt Verwalter Stephan Arnold. Geplant sind
maximal 14 Anlässe pro Jahr mit elektronischer und alternativer
Musik,
Live-Konzerten, Kleinkunst und Ausstellungen. Die Genossenschaft Via
Felsenau verfügt laut Arnold über eine Bewilligung für
maximal 24
Publikumsanlässe pro Jahr. "Zur Beruhigung des Quartiers" und aus
"Rücksicht auf die Nachbarschaft" verzichte die Genossenschaft
aber auf
die Durchführung des Maximalprogramms, betont Arnold. Zudem biete
der
Betreiber ein neues Sicherheitskonzept an, um die nächtlichen
Immissionen einzudämmen. Sicherheitsleute würden künftig
innerhalb und
ausserhalb des Hauses für Ordnung sorgen. Das grösste Problem
entsteht
jeweils bei Schluss der Veranstaltungen, wenn alle gleichzeitig den
Heimweg antreten. Als Parkierfläche für Autofahrende steht
der
Spinnereiweg zur Verfügung.
Teure Mieten noch teurer
Arnold unterstreicht die grosse Bedeutung der kulturellen
Veranstaltungen für die Genossenschaft, erwirtschafte sie doch mit
dem
Kulturlokal einen erheblichen Anteil der Mieteinnahmen. Ein Zimmer in
der Wohngemeinschaft Via Felsenau kostet zwischen 500 und 1000 Franken.
Ohne die zusätzlichen Einnahmen aus dem Kulturbereich müssten
die
ohnehin teuren Mieten angehoben werden. "Unsere Mieterschaft
unterstützt deshalb die Wiederbelebung des Kulturbetriebs", sagt
Arnold. In den beiden Genossenschaftssiedlungen wohnen über 50
Menschen. Laut Arnold haben die Verantwortlichen der Siedlungen bei der
Auswahl des Kulturveranstalters hohen Wert auf Qualität und
Vereinbarkeit mit dem Wohnumfeld gelegt. Nach dem ersten Jahr will die
Genossenschaft eine Zwischenbilanz ziehen.
Neue Betreiber, alte Probleme?
"Zehn Jahre sind genug! Schluss mit den Technopartys im
Felsenauquartier", lautet der Titel der Unterschriftensammlung.
"Lärm,
Dreck und Verkehrsprobleme für das Quartier - die Gewinne für
die Via
Felsenau: Diese Rechnung geht nicht länger auf", moniert der
Initiant
der Petition, Andreas Stauffer. Die früheren Organisatoren
hätten es
selbst nach zehn Jahren nicht geschafft, für Ruhe und Ordnung zu
sorgen. Nach einem "halben Jahr wohltuender Pause" wolle der neue
Partybetreiber die alten Probleme mit gleichlautendem Konzept
fortsetzen. Die Anwohnerschaft brauche diese "aggressiven Leute nicht",
die in Gärten urinierten und ihre Abfälle liegen liessen. Am
gestrigen
späten Nachmittag deponierten die Opponenten die
Unterschriftenbögen
bei der Gewerbepolizei der Stadt Bern. Vor dem gestrigen Treffen mit
der Behörde wollten die Anwohnervertreter nicht öffentlich
Stellung
nehmen.
Der neue Betreiber, Peter Baka, will im August über sein Konzept
informieren. In der Zwischenzeit soll das Lokal baulich erneuert
werden. Die "Via Felsenau" hatte sich unter dem früheren
Veranstalter
Simon Ragaz in 14 Jahren zum bedeutenden Lokal für elektronische
Musik
gemausert. Ende 2007 war Schluss.
Daniel Vonlanthen