MEDIENSPIEGEL 11.7.08

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Sempach-Nazis: Interview mit Antifa-Fotografen
- Securitas-Spitzel-Netzwerk
- SP-Polizei-Pläne
- Beratungsstelle Sans-Papiers

-----------------------
REITSCHULE
------------------------

Fr 11.07.08  20.00 Uhr  Vorplatz.ch     
Kommando Trash (CH) - Minimal-NewWave-DeutschPop

Mi 16.07.08  20.00 Uhr  Vorplatz.ch       
The all time favourites LOUNGE: Mums & Dads record collection

Do 17.07.08  20.00 Uhr  Vorplatz.ch     
DJ Rinderherz (CH) - Punk & Punkrock

Fr 18.07.08  20.00 Uhr  Vorplatz.ch     
Summer Jam mit Angle Baye Fall Soundsystem (Dakar/Bern) - Reggae meets Afrofunk

Sa 19.07.08  20.00 Uhr  Vorplatz.ch     
Gasmac Gilmore (Wien) - Crossover-Balkanrock

Vorplatz-Belebungs-Bar: Di-Sa ab 16 Uhr
Vorplatz-Belebungs-Kultur-Imbiss Do-Sa ab 18 Uhr
Vorplatz-Belebungs-Infos: http://www.reitschule.ch/reitschule/vorplatz oder neu http://www.vorplatz.ch

--------------------------
SEMPACH-NAZIS
--------------------------

blick.ch 10.7.08

Von Jan Fischer

Sie haben 241 Neonazis fotografiert und ins Internet gestellt. BLICK fand einen der beiden deutschen Antifaschisten.

Es ist eine ebenso massive wie umstrittene Aktion gegen die Schweizer Neonazi-Szene: 241 Rechtsextremisten wurden bei einem Marsch in Sempach LU abgelichtet und im Internet mit grossen Bildern an den Pranger gestellt (im BLICK).

Wie sich nun herausstellt, wurden die braunen Kameraden schlicht übertölpelt. Von ihrem politischen Erzfeind: Linksextremen. BLICK hat einen der Aktivisten gefunden. Er gehört zur "Autonomen Antifa" im deutschen Freiburg, will aber anonym bleiben.

"Wir haben uns in Sempach als Journalisten ausgegeben", erzählt er. Die beiden Deutschen gaben an, wohlwollend zu berichten. Und erschleichen sich so das Vertrauen der Neonazis. "Wir konnten die ganze Zeit auf und ab laufen und fotografieren." Teils winken die Neonazis sogar freudig in die Kamera.

Doch mittlerweile stehen die "Polit-Paparazzi" selbst am Pranger. Und müssen Rachekommandos fürchten. Denn die rechtsextreme Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) veröffentlichte prompt Fotos von ihnen im Internet.

"Wir wussten, dass wir gegenfotografiert worden sind, und waren uns des Risikos bewusst", sagt der Freiburger. "Aber das war uns die Sache wert."

Denn die Aktion hat einen ernsten Hintergrund: Letzten Sommer gab es einen Anschlag auf das "Antifa Festival" in Bern. Nur weil der Sprengsatz in der Halle entdeckt wurde, gab es keine Verletzten. Die Gefährlichkeit der Neonazis werde in der Schweiz unterschätzt, sagt der deutsche Antifaschist. "Dagegen haben wir ein Zeichen setzen wollen."

Vorwürfen, es seien auf den Fotos auch Unbeteiligte zu sehen, widerspricht er. "Das ist Quatsch! Wir haben einen hohen Qualitätsstandard. Solche Fehler würden uns nur unglaubwürdig machen."

So war dies nicht die erste Aktion dieser Grössenordnung der Autonomen Antifa: "In Frankfurt haben wir mal 632 Neonazis geoutet. Da war nicht ein Fehler dabei." Dennoch ist die Gruppe mit ihrer Aktion in Sempach besonders zufrieden: "Schauen Sie sich die Fotos an. Wir werden immer besser!"

Schweizer Datenschützer betonen, dass die Publikation der Fotos rechtlich kein Problem sei. Die Aktion sei dennoch heikel: Politische Einstellungen der Fotografierten könnten sich ändern. Die Bilder sind dann aber immer noch im Internet.

--------------------------------------------------------
NESTLÉ-SECURITAS-SPITZEL-AFFÄRE
---------------------------------------------------------

beobachter.ch 9.7.08
http://www.beobachter.ch/artikel.asp?session=1f6f0d6a-f6b3-425f-9602-29e2a55e6382&AssetID=12791

Überwachung

Wie die Securitas um sich greift

Text: Otto Hostettler

Die Bewachungsfirma Securitas kann sich bei ihren geheimdienstlichen Schnüffeleien auf ein weites Netzwerk stützen. Im Fall Nestlé/Attac führt eine Spur an die Spitze der SBB-Bahnpolizei.

Nach diesem Tag gab es von Sara Meylan kein Lebenszeichen mehr. Am 12. Juni 2004 aber war sie noch dabei, als die Westschweizer Antiglobalisierungsgruppe Attac gerade ihr Buch über den Nahrungsmittelkonzern Nestlé publiziert hatte und dessen Geschäftspraktiken mit einer öffentlichen Veranstaltung anprangerte. In der Nestlé-Zentrale war das neue Buch hingegen kalter Kaffee, der Maulwurf hatte den Inhalt längst geliefert. Sara Meylans Mission war zu Ende.

Als Securitas-Spitzel im Auftrag von Nestlé hatte die junge Frau ein Jahr zuvor in Lausanne eine Autorengruppe der Organisation Attac infiltriert, wie das Westschweizer Fernsehen publik machte. Die Securitas begründet die Aktion mit dem damals am Genfersee durchgeführten Gipfel der wichtigsten Industrienationen (G-8) - die Observation sei im Namen der Sicherheit erfolgt. Doch: Der G-8-Gipfel in Evian war längst vorbei, als die siebenköpfige Gruppe - Sara Meylan inklusive - beschloss, über Nestlé ein kritisches Buch zu schreiben.

Die Adresse der Spionin

Über Sara Meylans wahre Identität wird nach wie vor gerätselt. Sie gab an, in Neuenburg zu wohnen und bei einer Versicherung zu arbeiten. In Neuenburg arbeitete sie zwar nachweislich mindestens ein Mal - an einem Computer eines Internetcafés. Fotos von ihr gibt es keine, ausser jenem auf dem Halbtaxabo, das sie damals benutzte. Auf diesem Bild, das dem Beobachter vorliegt, trägt sie schulterlanges, zum Rossschwanz gebundenes Haar. Das Gesicht kantig, die Augen stark geschminkt, den Mund zu einem Strich gepresst.

Ausgerechnet ihr Halbtaxabo fördert nun aber eine brisante Verbindung zutage, die Fragen aufwirft: Wurde die Aktion sorgfältig von der Securitas geplant, und griff sie dafür auf ihre guten Verbindungen zu den SBB zurück? Denn ein Angehöriger des Topkaders der Bahnpolizei, die zur SBB-Tochter Securitrans gehört (siehe nachfolgendes Organigramm), taucht nun plötzlich in indirektem Zusammenhang mit der Bespitzelung auf, wie Recherchen des Beobachters zeigen.

Die Halbtaxkarte von Sara Meylan mit der Nummer RBC 287 wurde von den SBB am 8. September 2003 ausgestellt. Als Adresse der Spionin war im SBB-System Folgendes registriert: "c/o Pascal Delessert, Avenue du Château 58, 1008 Prilly". Bei Pascal Delessert, der tatsächlich an dieser Adresse wohnt, handelt es sich um keinen Geringeren als den damaligen Chef der Westschweizer Bahnpolizei.

Es fragt sich somit, ob Meylan gegenüber den SBB falsche Angaben machte oder ob die Securitas das Halbtax ausgerechnet an den damaligen Westschweizer Bahnpolizei-Chef schicken liess. Denkbar ist auch, dass Meylan das Abonnement gar nicht am Schalter löste, sondern von ihrem Auftraggeber für die Observation persönlich in die Hand gedrückt bekam. Zwei weitere Möglichkeiten bestehen zumindest theoretisch: Die Adressangabe von Meylan hat den Tatsachen entsprochen, womit sie damals beim Bahnpolizei-Chef gewohnt hätte; oder der Bahnpolizei-Chef hat mit der Schnüffelaktion gar nichts zu tun. Klar ist einzig: Die Agentin musste unbedingt über ein Halbtax verfügen. Denn in der Schweiz besitzen über zwei Millionen Personen ein Halbtax, wer keines hat, ist in einer Gruppe wie der Attac, die häufig durch die Schweiz reist, geradezu auffällig.

Securitas und SBB weisen alles von sich

Securitas-Generalsekretär Reto Casutt bestreitet, dass die Bahnpolizei in die Affäre verwickelt sei: "Die Bahnpolizei spielte keine Rolle." Auf die Frage, wie er es sich erkläre, dass die Agentin bei den SBB an der Wohnadresse des damaligen Westschweizer Bahnpolizei-Chefs registriert war, sagt Casutt: "Diese Verbindung kann ich mir nicht erklären." Dazu mutmasst er: "Vielleicht war es eine Privataktion des damaligen Westschweizer Bahnpolizei-Chefs."

Auffälliges ereignete sich allerdings Mitte 2004. Gut einen Monat nachdem die Securitas-Agentin untergetaucht war, gab Delessert seinen Posten ab. Er wurde per 21. Juli 2004 freigestellt. Den Lohn erhielt er allerdings bis Ende Januar 2005. Gerne hätte der Beobachter dazu Pascal Delesserts Sichtweise in Erfahrung gebracht. Doch dieser weilt in den Ferien und war nicht erreichbar.

Bei den SBB will man von diesem brisanten Zusammenhang nichts wissen. SBB-Sprecherin Michèle Bamert: "Von einer Beteiligung eines aktuellen oder ehemaligen Mitarbeiters der Bahnpolizei an der Nestlé/Securitas-Affäre ist uns nichts bekannt. Sollte es tatsächlich eine solche Beteiligung gegeben haben, wäre dies ohne Instruktion und ohne Wissen der Vorgesetzten dieser Person erfolgt."

Bei den infiltrierten Attac-Autoren hingegen horcht man auf: "Diese Affäre nimmt ein erschreckendes Ausmass an. Ganz offensichtlich nutzt die Securitas ihren riesigen Einflussbereich aus - fern jeglicher Aufsicht", sagt Jean-Michel Dolivo, Anwalt der Attac-Autoren. Er, der für die Gruppe Anzeige gegen unbekannt eingereicht hat, fordert nun eine lückenlose Aufklärung des Falls rund um die Spionagetätigkeit der Securitas.

Tatsächlich muss sich das Familienunternehmen Securitas, bisher Garant für Seriosität und Zuverlässigkeit, unangenehme Fragen gefallen lassen: Securitas-Nachtwächter haben in unzähligen Firmen Zugang zu Räumlichkeiten und könnten - theoretisch - im Auftrag von Konkurrenten Informationen sammeln.

Die Securitas arbeitete nicht nur mit den Spitzen der SBB-Bahnpolizei zusammen, sondern auch mit der Waadtländer Kantonspolizei. Securitas-Generalsekretär Reto Casutt bestätigte bereits im Westschweizer Fernsehen freimütig, dass die Waadtländer Polizei mit Informationen aus der Observation beliefert worden sei. Damit wird klar, dass die Securitas ihr vorzügliches Netzwerk tatsächlich nutzt.

Die investigativen Tätigkeiten haben sich längst zu einem lukrativen Geschäftsfeld entwickelt. Ein ehemaliges Kadermitglied der Securitas erklärt denn auch, dass der Konzern "nichts tut, was keinen Umsatz bringt". Ein anderer Securitas-Kadermann, der jahrelang Zugang zum innersten Zirkel hatte, rechtfertigt das neue Geschäftsfeld mit der ausländischen Konkurrenz, die solche Dienste längst anbiete - auch in der Schweiz. Und dieses lukrative Geschäft mit der verdeckten Überwachung will sich die Nummer eins im Schweizer Sicherheitsmarkt nicht entgehen lassen.

--

Die Filzteppich-Etage

Die 1907 gegründete Bewachungsfirma Securitas mauserte sich zum internationalen Konzern mit 20 Unternehmen, über 10'000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 800 Millionen Franken. Als Präsident des Verwaltungsrats leitet Eigentümer Samuel Spreng das Familienunternehmen in dritter Generation. Starker Mann des Unternehmens ist Generaldirektor Hans Winzenried, sekundiert von Generalsekretär Reto Casutt. Winzenried präsidiert neben zahlreichen gruppeninternen Firmen auch die Securitrans (unter anderem Bahnpolizei), die zu 51 respektive 49 Prozent den SBB und der Securitas gehört. Operativer Chef: Martin Graf, ehemaliger Securitas-Kadermann.

Als Kommandant der Bahnpolizei diente der frühere Luzerner Polizeikommandant Jörg Stocker. Unter nebulösen Begründungen wurde er im Februar abgesetzt, dient dem SBB-Unternehmen aber weiterhin für "Spezialaufgaben". Sein neuer Job: Er ist Verwaltungsratspräsident der Crime Investigation Services AG (CIS), die zur Securitas-Gruppe gehört und in deren Verwaltungsrat auch Reto Casutt sitzt. Unter ihrem früheren Namen Sentinelle SA bot die Kleinfirma in den siebziger und achtziger Jahren Sicherheitsdienste an, bis sie Anfang der neunziger Jahre vom Securitas-Konzern übernommen wurde. Bis vor wenigen Monaten war die Firma ein nicht aktiver Aktienmantel. Heute bietet sie "Überwachungen und Nachforschungen sowie Einholung und Vermittlung von Auskünften und Informationen jeglicher Art" an.

Mit der Custodio AG, die vor allem auf dem Flughafen Zürich tätig ist, bietet eine weitere Securitas-Firma Dienste an, die jenen der CIS ähneln: "Ausführung von Überwachungsaufträgen aller Art und Erbringung von Foto- und Scanning-Services". Verwaltungsratspräsident ist Hans Winzenried. Ein wichtiger Bereich des Securitas-Netzwerks ist auch das Militär. Winzenried präsidiert nebenbei die (beratende) Rüstungskommission des VBS von Bundesrat Samuel Schmid und den Verband der Sicherheitsfirmen der Schweiz (VSSU). Dort wiederum dient der Chef der Militärischen Sicherheit, Brigadier Urs Hürlimann, als Vizepräsident von Winzenried. Casutt wiederum ist in der Militärjustiz Stabschef des Oberauditors, der die gesamte Militärjustiz verwaltet und die Tätigkeit der Richter überwacht.

--

Securitas: Ein Netzwerk mit Einfluss (Organigramm):
http://beobachter.ch/media/edition/14-08-SecuritasNetzwerk.jpg

------------------------------
SP-POLIZEI-PLÄNE
------------------------------

BZ 11.7.08

Brisanter SP-Vorschlag

Der Bund soll finanziell mithelfen, die kantonalen Polizeikorps aufzustocken. Diese SP-Idee provoziert heftigen Widerstand.

In ihrem kürzlich präsentierten Positionspapier zur inneren Sicherheit plädieren die Sozialdemokraten dafür, den Polizeibestand rasch aufzustocken. Gegenüber dieser Zeitung konkretisiert die SP nun diesen Vorschlag: Kantone und Bund sollen die zusätzlichen Polizisten je zur Hälfte bezahlen. Dies komme einer schleichenden Einführung einer Bundessicherheitspolizei gleich, warnen jedoch die anderen Parteien. Auch intern dürfte der Widerstand gegen das Positionspapier durch die jüngste Idee noch stärker in die Kritik kommen, als dies bisher schon der Fall ist. So wollen etwa die Jungsozialisten das Positionspapier mit einem Gegenkonzept kontern. gr

Seite 2

--

Der Bund soll Polizisten bezahlen

Die Kantone klagen über fehlendes Personal bei den Kantonspolizeien. Die Idee der SP: Der Bund soll die Hälfte der fehlenden Polizisten finanzieren. Die anderen Parteien warnen vor der Einführung einer nationalen Eingreiftruppe.

Den Kantonen fehlt es an Polizisten. Dieser Umstand wird inzwischen von links bis rechts anerkannt. In ihrem aktuellen, parteiintern umstrittenen Positionspapier zur inneren Sicherheit fordert die SP, den Polizeibestand rasch aufzustocken. Militär und private Sicherheitsanbieter seien zurückzubinden. Bisher liess die Partei offen, wie dieses Ziel erreicht werden soll.

Wie Recherchen dieser Zeitung jetzt ergaben, fordern die Sozialdemokraten eine Bundesbeteiligung an der Finanzierung der fehlenden Polizisten. "Unsere Idee wäre, dass Kantone und Bund die zusätzlichen Polizisten je zur Hälfte bezahlen", erklärt SP-Generalsekretär Thomas Christen. Da die Kantone nach Bundesverfassung für die innere Sicherheit und damit für die Polizei zuständig sind, solle der Bund mit diesen Leistungsvereinbarungen abschliessen.

Über Armee kompensieren

Mehrkosten sollen für den Bund nicht entstehen. "Die Militäreinsätze zu Gunsten der inneren Sicherheit müssen wegfallen", fordert Christen. Darum hat die Partei bei der letzten Session im Nationalrat im revidierten Militärgesetz die dauerhaften Assistenzdienste abgelehnt. Mit den Einsparungen bei der Armee könnten die Polizisten finanziert werden, ist die SP überzeugt.

Konkrete Vorstösse hat die Partei noch nicht eingereicht. Zwar rechnet sie auf Grund eigener Erhebungen mit 1500 fehlenden Beamten. Doch will sie abwarten, bis die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren den genauen schweizweiten Bedarf abgeklärt hat. "Im Oktober liegen die Zahlen vor. Dann können wir konkreter werden", sagt Christen.

Nicht nur die SP, auch die CVP beschäftigt sich derzeit intensiv mit der Lücke in den Polizeikorps. Wie Nationalrat Pius Segmüller (LU) berichtet, ist eine Arbeitsgruppe daran, Vorschläge zu prüfen. Konkreter wurde er nicht. Lösungsansätze sollen im September vorliegen.

Segmüller selber hat in der Vergangenheit bereits Vorstösse zum Thema eingereicht. Stossrichtung: Der Bund soll vorab die Ausbildung von Polizeikräften besser unterstützen und die Kosten übernehmen. "Dafür sollen diese Polizisten Spezialaufträge mit nationaler Ausstrahlung ausführen können", schlägt der Sicherheitspolitiker vor.

Gefährlicher Vorschlag

Die SP-Idee lehnt Segmüller entschieden ab. "Eine Bundesbeteiligung wäre gefährlich. Das kommt einer schleichenden Einführung einer Bundessicherheitspolizei gleich", warnt er. Gleicher Meinung ist die FDP, wie Sprecher Damien Cottier sagt. "Der SP-Vorschlag tönt utopisch. Es ist politisch kaum möglich, hier die Bundeskompetenzen auszubauen." Bruno Zuppiger (SVP, ZH), Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates, ruft in Erinnerung, dass das Volk eine Bundessicherheitspolizei bereits in den 80er-Jahren abgelehnt hat. Er stellt klar: "Solange die Polizeihoheit bei den Kantonen liegt, ist eine Finanzierung von Polizisten durch den Bund unvorstellbar."

Neuer Nachrichtendienst

Die SVP hat eigene Ideen, wie die Lücke bei der Polizei gestopft werden soll. Wie der Zürcher SVP-Nationalrat Toni Bortoluzzi dieser Zeitung verriet, will er verlangen, dass die Polizei "ihre Ziele besser definiert und nicht Synergien mit unwichtigen Aufgaben verpufft". Konkreter: "Die Polizei soll sich mehr um das gewaltige Problem mit der europäisch-kosovarischen Mafia kümmern als um Tempokontrollen." Hierzu brauche es beim Inlandnachrichtendienst eine zentrale Sicherheitsabteilung, die sich ausschliesslich um Polizeiinformationen kümmere, ist Bortoluzzi überzeugt.

Dieser Vorschlag dürfte bei der Linken kaum Chancen haben. Aber dass die Polizei ihre Prioritäten besser setzen muss, glaubt auch der grüne Nationalrat Geri Müller (AG). "Die Polizei leistet oft viel Arbeit für wenig Ertrag", sagt Müller. Als Beispiel nennt er die Einsätze im Cannabisbereich. Auch er warnt vor einer neuen Bundessicherheitspolizei. "Die Polizisten müssen nah bei den Leuten sein. Deutschschweizer im Einsatz im Tessin? Das halte ich für keine gute Idee", sagt das Mitglied der nationalrätlichen Sicherheitskommission.

SP: Schwieriger Weg

Die Sozialdemokraten erwarten intensive Diskussionen zu ihrem Positionspapier. Die Berner Nationalrätin Evi Allemann gibt zu: "Der von uns vorgeschlagene Weg ist schwierig zu gehen. Aber eines ist klar: Eine umfangreiche Diskussion über die innere Sicherheit ist dringend nötig."

Michael Widmer

--

Hansjörg Walter

Mit links nichts mehr zu tun

Die SP-Vorschläge geben zu reden. "Das neue Sicherheitspapier der SP hat mit links nicht mehr viel zu tun", sagte SVP-Nationalrat Hansjörg Walter (TG) in einem in der "WochenZeitung" (WoZ) erschienenen Interview. Mit den jüngeren SP-Nationalrätinnen und -räten seien Kräfte am Werk, die merkten, dass alles in Frage zu stellen nicht mehr so gefragt sei. Walter sieht darin eine generelle Entwicklung in der Politlandschaft. Alles sei derzeit in Bewegung. Erstaunlicherweise liege auch das Traditionelle plötzlich wieder im Trend. SP-Nationalrätin Evi Allemann verteidigte ihrerseits in der WoZ das Papier.sda

--------------------------------------------------------------
BERATUNGSSTELLE SANS-PAPIERS
http://www.sans-papiers-contact.ch
---------------------------------------------------------------

espace.ch 11.7.08

Beratungsstelle für Sans-Papiers rege genutzt

Die Beratungsstelle für Sans-Papiers im Kanton Bern ist in der dreijährigen Pilotphase rege genutzt worden. Eine externe Evaluation zeigte auf, dass in der politischen Lobbyingarbeit Nachholbedarf besteht.

Von Beginn an seien die Beratungen gut besucht gewesen, mit der  Zeit seien die Sprechstunden ausgebaut worden, sagten die  Verantwortlichen des Verein Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers  am Freitag vor den Medien. Allein 2007 wurden in Bern 522  Beratungsgespräche geführt, 327 davon waren Folgeberatungen.

Die meisten Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung suchten  konkrete Auskünfte, etwa zu der Rechtslage bei der medizinischen  Versorgung, beim Ehe- und Familienrecht oder zum Thema  Sozialversicherungen. Dies zeigte eine externe Evaluation.

Sichtbarkeit für Unsichtbare

Es gehe aber ebenso um symbolische Werte, ergänzte die Leiterin  der Beratungsstelle Marianne Kilchenmann. Die schätzungsweise über  12'000 Sans-Papiers im Kanton Bern lebten aus Angst entdeckt zu  werden "unsichtbar". "Wir bieten ihnen das Sichtbarsein in einem  geschützten Raum", so Kilchenmann.

Der Verein will langfristig die rechtliche Lage der Sans-Papiers  verbessern. Das gehe nur über eine engere Zusammenarbeit mit  anderen Sans-Papiers-Beratungsstellen. Auch beim politischen  Lobbying müsse in Zukunft vermehrt angesetzt werden, sagte der  Vereinspräsident Jacob Schädelin.

Der Verein betreibt die Beratungsstelle in Bern ohne  Subventionen von Bund oder Kanton. Er finanziert sich aus  Mitgliederbeiträgen und Spenden von vorab kirchlichen und  wohltätigen Organisationen.

sda