MEDIENSPIEGEL 22.7.08

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Betteln in Bern
- Knastwesen
- Polizei-Geschichte
- Intersexualität
- Homophobie + Fundies
- Netz-Antifa oder doch nicht?
- Gaffer in HOOLDAT
- SP-"Sicherheits"-Papier
- Anarchists against the Wall: Spendenaufruf


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REITSCHULE
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PROGRAMM:

Mi 23.07.08      
20.00 Uhr     Vorplatz      
The all time favourites LOUNGE: A movement and its sounds
(Black Panthers, Black Power & American Civil rights movement)

Do 24.07.08     
20.00 Uhr     Vorplatz     
Ciel Rouge (BE) - Instrumental Rock

Fr 25.07.08    
20.00 Uhr     Vorplatz     
The Weightlifters (FR) - Two Men Garage Rock'n'Roll

Sa 26.07.08     
20.00 Uhr     Vorplatz     
Eugene Chadbourne solo (USA) - Surreal Country Bluegrass & Rock

20.30 Uhr     Grosse Halle
Balder Fly Preview Kapitel 1: Feuertaufe anschliessend Konzert. Von Konsortium & Konsorten.


Vorplatz-Belebungs-Bar: Di-Sa ab 16 Uhr
Vorplatz-Belebungs-Kultur-Imbiss: Do-Sa ab 19.30 Uhr
Vorplatz-Belebungs-Infos: http://www.vorplatz.ch


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BETTELN
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Bund 22.7.08
http://194.209.226.170/pdfdata/bund/2008/07/22/BVBU-024-2207-2.pdf

Geldsammeln in persönlicher Sache

Betteln Bei manchen lösen sie Ärger aus, bei andern Mitleid oder Kopfschütteln. Kalt lassen die Bettler, die seit einigen Jahren im Zentrum Berns mal häufiger, mal seltener anzutreffen sind, kaum jemanden. Aber auch kaum jemand sucht das Gespräch mit ihnen.

Ein "Bund"-Reporter hat sich die Lebensgeschichte eines Mannes erzählen lassen, der sein Posieren mit der Sammelbüchse nicht als Betteln bezeichnet sehen will; vom Ertrag zu leben, sei sein freier Entscheid. Bei den städtischen Sozialdiensten hört man diese Begründung jedenfalls lieber, als wenn Bettelnde angeben, für Nahrung oder Obdach Geld zu benötigen. Niemand brauche dafür zu betteln: Für Menschen mit Wohnsitz in der Schweiz gebe es genügend Hilfe. Und für aggressive Bettler oder solche ohne Aufenthaltsrecht sei die Polizei zuständig. Diese kann mit Wegweisungen bzw. Ausschaffungen reagieren. (ges)

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Er "bettelt nicht" - er macht Spass

Mexicos Leben "Ohne Ballast"

In Bern leben laut einem Szenekenner rund 300 Menschen auf der Strasse. Etwa jeder Zehnte bettelt. Unter ihnen ist der 41-jährige Mexico. Er sagt: "Mir geht es gut, weil ich auf diese Weise völlig frei und ohne jeden Ballast leben kann."

Jeden Nachmittag steht Mexico mit einem Becher in der Hand im Ryffligässchen, gleich hinter der McDonald's-Filiale und dem Nike-Shop. Neben ihm liegt friedlich ein Hund. "Haste mal 'n Lächeln" oder "Magst du mir was schenken, weil ich heute nicht Geburtstag habe", fragt er die Passanten, die an ihm vorbeiziehen. Er bettle nicht, sondern mache Spass, sagt er. Viele versuchen angestrengt, ihn zu ignorieren, oder wagen höchstens einen kurzen Seitenblick.

Mexico ist 41 Jahre alt und Deutscher. Benannt hat er sich nach dem Land, in dem er gerne leben würde. An einem normalen Nachmittag wandern zwischen 20 und 30 Franken in den Becher. "Hier in Bern läuft es eigentlich ganz gut", sagt Mexico, "auf jeden Fall besser als anderswo." Mexico muss es wissen, denn die Bundesstadt ist nur eine Station von vielen in seinem Leben auf der Strasse. Ein Ort aber, an den er immer wieder gerne zurückkehrt.

Sechs Liter Bier pro Tag

Das erschnorrte Geld braucht Mexico, um Essen für sich und seinen Hund Chicca zu kaufen, für Bier und Tabak. Was übrig bleibt, legt er auf die Seite für das Zugbillett zukünftiger Reisen. So komme er eigentlich ganz gut über die Runden, erzählt Mexico bei einem kühlen Bier in der Pizzeria Pomodoro in der Neuengasse. Er sei ja schliesslich nicht "stromabhängig", konsumiere keine harten Drogen. Und Alkohol trinke er im Moment auch nicht so viel - etwa sechs Liter Bier pro Tag. Ansonsten braucht Mexico kaum etwas zum Leben. Sein Hab und Gut besteht grosso modo aus einem dicken Militärschlafsack, einem Campingkocher, Geschirr und Besteck, Radio, MP3-Spieler, Handy und kleinerem "Schnickschnack". Die Ersatzkleider hat seine Exfreundin vor ein paar Wochen in einem Wutanfall allesamt vernichtet.

"So wie die Vögel"

Mexicos Biografie ist wohl typisch für viele, die auf der Strasse gelandet sind. Mit 13 Jahren ist der gebürtige Berliner von zu Hause abgehauen. Seine Mutter nahm sich kaum Zeit für ihn, sein Vater war Alkoholiker und mit seinen drei Brüdern kam Mexico nie wirklich gut aus. Noch vor der Volljährigkeit landete er für knapp vier Jahre in einem Gefängnis in der DDR. Über die Gründe schweigt er. Eine Ausbildung hat Mexico nie abgeschlossen. Seine einzige Tochter hat er nicht mehr gesehen, nachdem ihm 1996 von den Behörden das Sorgerecht entzogen wurde. Seither tingelt er von hier nach da. Im Winter geht es jeweils in Richtung Süden, nach Spanien oder Marokko, im Sommer ist er in unseren Breitengraden anzutreffen - "so wie die Vögel", sagt er.

Derzeit lebt Mexico in einem besetzten Haus im Weissenbühl. "Dort ist es richtig komfortabel, mit einer Dusche und allem Drum und Dran." Er habe in Bern auch schon weniger Glück gehabt. Dann schlafe man halt beim Glasbrunnen im Bremgartenwald, irgendwo an der Aare oder in einem leerstehenden Gartenschuppen ein vorübergehendes Lager auf. Im Weissenbühl lebt Mexico zusammen mit seinen Berner Freunden der "Familie machbar". Die Gruppe Obdachloser besteht momentan aus fünf Personen und vier Hunden. Seine Chicca hat Mexico vor zwei Jahren in Barcelona zum Geburtstag erhalten. Seither ist die Hündin seine treuste Begleiterin.

Die Hierarchie auf der Strasse

Im Ryffligässchen, da kenne man ihn gut, erzählt Mexico. "Es gibt Stammkunden, die täglich vorbeikommen und immer etwas Kleingeld übrig haben." Von den umliegenden Restaurants erhält er ab und zu Fleischreste für Chicca oder überreife Früchte für sich. Woanders als hier bettle er nicht mehr, wenn er in Bern sei. Das Ryffligässchen hat er sich als Standort ausgesucht, weil hier nicht zu viele und nicht zu wenige Passanten vorbeigehen. Da könne man jeden einzeln ansprechen und ihm in die Augen schauen. Da klappe das "mischeln" meistens besser als in einer anonymeren Umgebung. Im und um den Bahnhof hat er sich auch vor dem Bettelverbot nicht gerne aufgehalten. "Dort ist das Revier der Junkies", sagt Mexico. Das sei ein ganz anderer Schlag. Selber hing er in jüngeren Jahren auch einige Monate lang an der Nadel. Darauf folgte der kalte Entzug. Seither ist er clean.

"Auch auf der Strasse gibt es eine Hierarchie", sagt Mexico. Die verschiedenen Gruppen - Alkis, Junkies oder Kurvies, aus einem Heim oder einer Anstalt Abgehauene, - vermischten sich kaum. "Unter dem Strich geht es für alle ums Überleben", so Mexico. "Da kann es auch mal Streit geben." Man lerne schnell, wem man vertrauen könne und wem man besser aus dem Weg gehe. Auch von den Passanten muss sich Mexico so manche wüste Beschimpfung gefallen lassen. "Grösstenteils sind die Leute aber freundlich zu mir - so wie ich zu ihnen."

Reiz der Freiheit

Die Strasse ersetze für ihn den Fernseher. "Hier siehst du so viele verschiedene Geschichten. Das Leben zieht in all seinen Facetten an dir vorbei", erzählt Mexico. "Ich bin überzeugt, dass ich mehr erlebt habe in meinem Leben als der Durchschnittsbürger." Dies auch wegen der häufigen Ortswechsel. In Bern bleibe er dieses Mal ungefähr bis im August.

Dann wird Mexico kurz nachdenklich, zündet sich eine weitere selbst gedrehte Zigarette an und sagt: "Letztlich aber ist das Leben auf der Strasse eine Flucht - nämlich eine Flucht vor der Gesellschaft, vor deren Gesetzen und Besitzverhältnissen." Dennoch - oder vielleicht gerade deshalb - hat sich Mexico bewusst für seinen Lebensstil entschieden, möchte ihn nicht eintauschen. "Das Gefühl der unbegrenzten Freiheit überwiegt das Schlechte. Eigentlich verbringe ich im Moment die schönste Zeit meines Lebens, ganz ohne Zwänge." Steht Mexico nicht auf der Strasse und bettelt, dann trifft er sich mit Freunden, diskutiert, spielt Karten unternimmt einen Gummiboot-Ausflug auf der Aare, liest Bücher oder besucht Konzerte. Die bläuliche Narbe, die sich längs über seine Nase zieht, zeugt von einem missglückten Stage-Diving-Versuch bei einem Punk-Konzert.

Busse oder Gefängnis

Inzwischen hat auch Mexicos Freund Nik von der "Familie machbar" am Tischchen in der Neuengasse Platz genommen. Nik bettelt nicht, "aus Überzeugung", wie er sagt. Stattdessen verrichtet er ab und zu Temporärjobs. Ein "normales" Leben könnte aber auch er sich nicht mehr vorstellen. Der 26-Jährige kennt die Szene in Bern gut. Schon nach kurzer Zeit fällt das Gespräch auf die "verstärkte Law-and-Order-Politik" in Bern. "Mit Wegweisungen und Bettelverboten versucht man Leute wie uns zu verleugnen", sagt Nik. Das funktioniere aber nicht. "So werden wir nicht weniger." Nik schätzt, dass es in Bern etwa 300 Obdachlose gibt. Davon lebten 30 bis 40 vom Betteln.

Mit der Berner Polizei hat Mexico bereits zur Genüge Bekanntschaft gemacht. Es setze ab und zu einen "Perimeter" ab (Wegweisung), eine Busse von 100 Franken oder einen Tag Gefängnis, wenn er das Geld nicht aufbringen könne, erzählt er. "Abschieben können sie mich aber nicht, solange ich keine strafbare Handlung begehe." Und wenn ihn die Polizisten fragten, was er hier mache, dann sei er auf Wanderschaft. Schliesslich führe ja der Jakobsweg durch die Region. In Mexicos Augen blitzt der Schalk von einem, der weiss, wie man sich durchs Leben schlägt.

Christian Brönnimann

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Sozialhelfer sehen das Betteln als unnötig an

Wer sich regulär in der Schweiz aufhält, kann laut dem Berner Sozialdienst auf genügend Unterstützung zählen

Es steht jedem frei, zu betteln - und ebenso, etwas zu geben. Dies könne man auch guten Gewissens unterlassen, finden Berner Sozialhelfer: Es gebe genug Hilfe für Bedürftige.

"Niemand muss betteln" - das ist der Tenor zu Anfang und zu Ende des Gesprächs, zu dem gleich drei Mitarbeitende der Sozialen Dienste der Stadt Bern den "Bund" empfangen. Katharina Schubiger, Leiterin des Beratungsteams, führt aus, es gebe viele Angebote für Bedürftige. Sie könne zwar nicht ausschliessen, dass jemand durchs Netz falle, aber: "Ich kann mir fast nicht vorstellen, dass uns jemand nicht findet."

Allerdings schränkt sie gleich ein, der Sozialdienst sei nur für Menschen mit Wohnsitz in der Stadt zuständig. Andere Hilfesuchende werden an ihre Wohngemeinde verwiesen; haben sie keinen festen Wohnsitz mehr, ist jener Ort zuständig, wo sie zuletzt gemeldet waren. Oft werden Leute an die Sozialversicherungen weitergeleitet, wenn sie dort ihr Ansprüche nicht ausgeschöpft haben. Für die "Triage" beim Empfang, also Aufnahme oder Weiterleitung, sorgt die Abteilung Intake, die seit einigen Jahren so heisst und von Simona De Berardinis geleitet wird.

Betteln für Obdach - oder Drogen

Kopfschütteln löst in der Runde, zu der auch Thomas Zysset als Leiter der Drogenfachstelle gehört, die Zahl von 300 Obdachlosen aus, die ein Hausbesetzer von "Familie machbar" nennt (siehe oberen Text). Da seien wohl auch Leute in alternativen Wohnformen wie dem Zaffaraya mitgezählt, die sich für die Bezeichnung "Obdachlose" bedanken würden, meint Zysset.

Schon eher plausibel scheint beim Sozialdienst die Zahl von 30 bis 40 regelmässig Bettelnden. Darunter seien aber wenige Klienten der Drogenfachstelle. Während die meisten Drogenabhängigen unauffällig lebten und einer Arbeit nachgingen, so führt Zysset aus, seien jene, die öffentlich auffielen, seiner Fachstelle in der Regel bekannt. Manche bettelten zuweilen, aber sie seien meist ungeduldig und suchten eher schnellere Einnahmen, so durch Gelegenheitsarbeit, zum Teil auch durch Kriminalität oder Prostitution.

Bettelt jemand um einen bestimmten Betrag, den er etwa für die Notschlafstelle brauche, so könne das im Einzelfall zutreffen, meint Zysset, aber: "Wer sich tagsüber rechtzeitig meldet, den bringen wir unter und zahlen das in der Regel direkt." Wiederum mit der Einschränkung, dass der Nutzniesser in Bern angemeldet sein muss.

"Die Leute sollen nichts geben"

Misstrauisch ist Katharina Schubiger bei den Geschichten, die sie oft von Bettelnden zu hören bekommt: Portemonnaie gestohlen, Geld für die Heimfahrt nötig oder weil der Hunger quält. Die Sozialdienste betreiben zwar keine "aufsuchende Gassenarbeit", aber Schubiger weist als Passantin Bettelnde auf entsprechende Möglichkeiten hin. Störend findet sie das Betteln nicht: "Man braucht ja nichts zu geben oder kann die Strassenseite wechseln, wenn man nicht angehauen werden will."

"Die Leute sollen nichts geben", ist Zyssets Antwort auf die Vorstösse, das Betteln zu verbieten. Er staunt über die Resonanz, die das Problem findet, obwohl es gar nicht so gross sei. Das Verbot im Bahnhof und der nächsten Umgebung findet er gut; mehr brauche es nicht, und es wäre schwer durchzusetzen: "Die Polizei hat Gescheiteres zu tun", und mit den Wegweisungen habe sie jetzt schon eine Handhabe, wenn sich das Betteln durch Aggressivität zur Belästigung steigere.

Probleme mit "Profis"

Das organisierte Betteln, das einige Zeit lang vor allem bei Durchreisenden aus Rumänien zu sehen war, ist nach den Beobachtungen des Sozialdiensts verschwunden, auch weil die Polizei Leute ohne gültige Aufenthaltspapiere ausgeschafft habe; "aber sie können wieder kommen".

"Heikel" findet es De Berardinis, wenn Kinder zum Betteln "instrumentalisiert" werden - doch auch da greife die Polizei ein und führe die Betroffenen dem Jugendamt zu. Die Intake-Leiterin hat zudem den Eindruck, Behinderte würden manchmal ebenfalls instrumentalisiert. Wenn aber jemand "Betteln als Lebensentwurf" wähle, so sei das sein freier Entscheid.

Ungute Erfahrung für Jugendliche

Sorge macht es Sozialhelfern, wenn sehr junge Menschen regelmässig betteln, wie es eine Weile lang häufig zu beobachten war, vor allem in der Alkoholikerszene. "Es ist nicht gut, wenn sie die Erfahrung machen, dass sie so durchkommen, statt zu arbeiten oder eine Ausbildung zu machen", sagt Zysset und verweist auf die Verantwortung der Eltern für Minderjährige.

Junger Erwachsener nähmen sich etwa kirchliche Gassenarbeiter an; auch die städtische Einsatzgruppe "Pinto" betreibe aufsuchende Sozialarbeit. Dies allerdings vor allem, um "Spielregeln" durchzusetzen, etwa dass nicht aufdringlich gebettelt oder kein Unrat hinterlassen wird - was freilich Fastfood-Konsumenten ausgiebiger tun als Randständige, wie der Leiter der Drogenfachstelle anmerkt.

Daniel Goldstein

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KNAST
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Regi Bern 21.7.08

Leere Zellen in Berner Gefängnissen nach der EURO08 (1:30)

Der Kanton Bern rechnet nicht mit einem Dauerzustand und will am Neubauprojekt für das Regionalgefängnis Burgdorf festhalten.
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2008/rbe1721072008.rm?start=00:00:35.899&end=00:02:06.334

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POLIZEI-GESCHICHTE
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Bund 22.7.08
http://194.209.226.170/pdfdata/bund/2008/07/22/BVBU-022-2207-2.pdf

Polizeigeschichte im Estrich

Ausrüstung der Kantonspolizei

Ein Korpsfeldweibel sammelt seit Jahren eigenmächtig alte Gegenstände der Kantonspolizei. Die Stücke erinnern an die Jurakämpfe oder an die erste Autobahn und sind museumsreif.

Der Estrich im Verwaltungsgebäude an der Papiermühlestrasse ist gross. Abgesehen davon ist er aber ein Estrich, wie er sich unter irgendeinem Dach befinden könnte: Der Raum ist überstellt mit massiven Holzschränken, in Gestellen stapeln sich alte Sachen, und Armeedecken schützen grössere Gegenstände vor dem Verstauben. Willy Weber, Korpsfeldweibel bei der Kantonspolizei Bern, hortet dort eine Sammlung von Ausrüstungsgegenständen, Arbeitsmaterialien und Kleidern der Polizei. "Ich habe gegen einen Befehl gehandelt", sagt er. Zwar sei es seine Aufgabe gewesen, das im ganzen Kanton verstreute Material nach Bern zu bringen, aber interessiert sei daran niemand gewesen. "Fahr ab mit däm Züg", habe der damalige Polizeikommandant gesagt, als er 1992 gefragt habe, was er damit machen soll. Über Jahre hinweg hortete er dann das Material im Estrich, wovon schliesslich nur die wenigsten noch wussten, dass es überhaupt existierte. "Hast du noch etwas?", habe man von ihm wissen wollen, als die Kantonspolizei 2004 ihr 200-jähriges Bestehen feierte.

Weber hatte Tausende von Sachen und daraus liess sich problemlos eine Ausstellung zum Jubiläum zusammenstellen - "ein Riesenerfolg", wie er sagt. In den Schränken hängen sämtliche Uniformen, die sich die Polizei bis 1996 masskonfektionieren liess. Dann führte die Polizei die praktischere Arbeitskleidung ein. In den Gestellen stapeln sich Büromaterial, Schreibmaschinen und die ersten Computer. "Alles funktioniert noch", sagt Weber. Dies gilt sowohl für die erste Radaranlage aus den 1970er-Jahren als auch für sämtliche Generationen Funkgeräte und Schreibmaschinen, zu denen er sogar Ersatzfarbbänder aufbewahrt. Dank seinem handwerklichen Geschick habe er aus zwei, drei kaputten Gegenständen oft noch einen ganzen zusammenbauen können.

Unter den Armeedecken verstecken sich seltene Einzelstücke: Die erste Kamera, mit der die Polizei nach Verkehrsunfällen oder Verbrechen Bestandesaufnahmen machte. Geblitzt wurde mit Magnesium, welches in einer grellweissen Flamme verbrennt, wenn man es anzündet. "Damit hat sich ein Kollege schlimme Verbrennungen zugezogen", erzählt Weber. Er habe sich später deswegen das Leben genommen. Alle Fälle, in denen Polizisten im Dienst ums Leben kamen, sind dokumentiert und im Estrich abgelegt. Aber auch von anderen - schöneren - Momenten gibt es Erinnerungsstücke. Ein Schwarzweissfoto zeigt die Eröffnungsfeierlichkeiten der Autobahn N1 im Grauholz. Entlang des neuen Bauwerks stehen Hunderte von begeisterten Menschen in Sonntagskleidern und winken den Automodellen der frühen 1960er-Jahre zu. Ein ganzer Fotoband ist dem Brand der Brücke bei Büren gewidmet - ein bis heute ungeklärter Fall von Brandstiftung. Zur endgültigen Aufklärung führte auch der kleine gestohlene Handwagen nicht, mit dem die Täter Brennbeschleuniger auf die Brücke transportiert haben sollen. Die metallenen Überreste des Handwagens, der auf der Brücke verbrannte, befinden sich als Stück Polizeigeschichte auf dem Estrich.

Besonders geprägt wurde die Polizeiausrüstung von den Auseinandersetzungen im Jura, bevor dieser 1979 zu einem Kanton wurde. Was es noch nicht gab, musste die Polizei erfinden. Die ersten Schutzschilder flochten etwa Insassen der Strafanstalt Thorberg. Oft seien Produkte aus der Wirtschaft umfunktioniert worden. Die ältesten Lichtsignalisationen sind nichts anderes als Stalllaternen mit rot eingefärbtem Glas. "Vieles stammt auch aus der Armee", sagt Weber. Deshalb sehen die ersten Motorradhelme aus wie die runde Blechschüssel, die HD Läpplis Kopf schützte. In Form und Farbe wurden die Modelle weiterentwickelt. So fand sich zur Wiedererkennung bald ein grosses P auf den Helmen. "Damit die Beamten den Helm auch für private Motorradfahrten am Wochenende benutzen konnten, gab es eine weisse Abdeckungsvorrichtung für das P", sagt Weber. Allerdings habe dies nicht lange funktioniert, allen sei bald klar gewesen, dass unter den Helmen mit Abdeckungsvorrichtung ein Polizist ausser Dienst unterwegs war.

Nicht nur im "unfriedlichen Ordnungsdienst", wie Weber die Einsätze bei den Strassenkämpfen vor der Gründung des Kantons Jura bezeichnet, musste sich die Polizei erfinderisch zeigen. Als die Feuerwehr noch vorwiegend auf das Löschen von Feuer spezialisiert war, bekämpfte die Polizei Hochwasser, wehrte ausgelaufenes Öl oder rettete Verletzte. Die erste Schneeschaufel erinnert an die Zeiten, als die Polizei noch Bergrettungen machte, und alte Taucheranzüge an die Anfänge der Seepolizei. Neu war auch die Verkehrserziehung, welche die Polizei 1931 mit der Erziehungsdirektion in Angriff nahm. "In den 1920er-Jahren gab es viele Verkehrsunfälle mit Kindern, deshalb hat man damit angefangen", sagt Weber. In einer grossen Schachtel befindet sich ein komplettes Verkehrsspiel mit Signalen, die heute längst nicht mehr so aussehen oder die es gar nicht mehr gibt.

Weber, der nach seiner Pensionierung Ende August noch zu einem kleinen Pensum weiterarbeitet, möchte die Sammlung nicht nur horten, sondern auch zeigen. Zurzeit steht er mit dem Historischen Museum Bern in Kontakt, das am Kapitel Verkehrserziehung interessiert sei. Aber eigentlich träumt er von einem Polizeimuseum, welches vielleicht mit dem Verwaltungsprojekt am Schermenweg realisiert werden könne. Peter Müller vom Amt für Grundstücke und Gebäude sagt, er wisse davon offiziell nichts, das Projekt stecke aber auch erst in den Kinderschuhen.

Anita Bachmann


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INTERSEXUALITÄT
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intersexuelle-menschen.net 22.7.08

Eine Delegation von Intersexuelle Menschen e.V. präsentierte am Montag, den 21. Juli 2008 in einem offiziellen Hearing dem UN-Ausschuss CEDAW einen eigenen Schattenbericht und eine Forderungsliste. Der Ausschuss wird sich in seiner 43. Sitzung im Januar 2009 in Genf erneut mit dem Stand der Umsetzung der CEDAW-Vereinbarungen in Deutschland beschäftigen.


Intersexualität und Menschenrechte

Zwischengeschlechtliche Menschen werden systematisch medizinisch nicht notwendigen, traumatisierenden Zwangsbehandlungen unterworfen. Diese stellen einen erheblichen Verstoß gegen ihr Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde dar.

Intersexuelle Menschen e.V. fordert die vollständige Umsetzung und Anwendung der Menschenrechte auch für Intersexuelle. Unsere Anliegen dürfen nicht mehr länger ignoriert werden. Menschen mit einer Besonderheit der geschlechtlichen Entwicklung sind ein Teil unserer Gesellschaft und haben als gleichberechtigte Bürger ein Recht auf freie Entfaltung und Entwicklung.

Intersexuelle Menschen e.V. fordert alle Bundestagsfraktionen auf, dazu beizutragen, dass die "Fragen an die Bundesregierung" im Schattenbericht von dieser auch beantwortet werden.


Schattenbericht CEDAW 2008

>>> online und als PDF unter http://intersex.schattenbericht.org

Intersexuelle Menschen e.V. in Zusammenarbeit mit XY-Frauen legen diesen eigenen Schattenbericht vor, weil sie sehr spezifischen Formen von Gewalt und Diskriminierungen ausgesetzt sind.

Intersexualität berührt eine Vielzahl universeller Menschen-, Frauen- und Kinderrechte. Der vorliegende Schattenbericht konzentriert sich auf die Darstellung von Menschenrechtsverletzungen in Bezug auf die mangelnde Umsetzung der in Artikel 1-5 (underlying principles of the CEDAW Convention: Equality, Non-Discrimination and State Obligation), Artikel 10 (Education), Artikel 12 (Health) und Artikel 16 (Marriage and Family) niedergelegten Rechte. Zudem macht der Schattenbericht einen Vorschlag zur öffentlichen Aufarbeitung dieser Menschenrechtsverletzungen.

In einem Anhang finden sich ausführliche Fallberichte und wissenschaftliche Arbeiten.

CEDAW betont in der Präambel "... dass alle Menschen frei und an Würde und Rechten gleich geboren sind, ohne irgendeinen Unterschied auf Grund des Geschlechts". Dies gibt Anlass zur Hoffnung für intersexuelle Menschen und wird von den Betroffenen mit großer Anerkennung und in der Hoffnung auf Hilfe gewürdigt.


Forderungsliste Intersexuelle Menschen e.V.

Intersexuelle Menschen e.V. freut sich, zum ersten Mal eine umfassende Forderungsliste von betroffenen Menschen zur Verbesserung ihrer unwürdigen Situation und zur Beendigung der an ihnen immer noch täglich begangenen Menschenrechtsverletzungen vorstellen zu können.

Insbesondere wenden wir uns an
- alle Bundestagsfraktionen
- das Netzwerk Intersexualität
- die medizinischen Fachgesellschaften DGKCH, DGE, DGU und DGGG
mit der Aufforderung um Stellungnahme innert nützlicher Frist, was sie konkret zu tun gedenken, um unsere Forderungen zu verwirklichen.

Die Forderungsliste ist Bestandteil des Schattenberichts.


Mit freundlichen Grüssen

Daniela Truffer
1. Vorsitzende Intersexuelle Menschen e.V.

http://intersexuelle-menschen.net

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HOMOPHOBIE & FUNDIS
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Blick 22.7.08

Bibel-Fundis wollen Homofest verbieten

Von Roman Neumann und Adrian Schulthess

Sie berufen sich auf die Bibel und bei Schwulen sehen sie sofort rosarot. Ein Christen-Verein läuft Sturm gegen die Zürcher Homo-Party "EuroPride".

Zürich ist im kommenden Mai die Schwulen- und Lesbenhauptstadt Europas: Einen Monat lang ist EuroPride. Jedes Jahr kommt diese Ehre einer anderen Stadt zu - politische und kulturelle Veranstaltungen sind geplant, aber auch eine grosse Parade.

Zehnmal grösser als der Schwulen-Feiertag Christopher Street Day und friedlicher als die Street Parade soll die EuroPride sein, verspricht Pierre André Rosselet, Co-Präsident der Euro Pride-Mitveranstalterin Pink Cross. Er erwartet 100 000 Teilnehmer.

Für Daniel Regli ist das eine Katastrophe. Der Präsident des bibeltreuen Vereins "Familienlobby Schweiz" (hat schon sieben Mitglieder) schlägt Alarm.

Nichts weniger als die "Zerstörung der traditionellen Familie" als "von Gott geschaffene Institution" sieht der Verein in den Schwulen und Lesben.

Regli vergleicht die EuroPride sogar mit dem Drogenelend am Platzspitz oder dem Debakel um die nachrichtenlosen Vermögen aus dem Zweiten Weltkrieg.

Dagegen sammelt der Verein jetzt Unterschriften: 10 000 Petitionsbögen will die "Familienlobby" schon verteilt haben. Und bittet darin die Zürcher Stadtregierung, die Euro Pride zu verbieten.

"Weil wir glauben, dass diese PR-Maschinerie der homosexuellen Szene falsche Signale sendet", sagt Regli. "Gerade bei Jugendlichen, die in einer Phase der sexuellen Selbstfindung sind, braucht es oft nicht viel, und sie orientieren sich daran."

Die Organisatoren schütteln nur den Kopf: "Akzeptanz und Liebe ist doch das Wichtigste in der Familie, also schaden diese Leute mit ihrem Kampf gegen Homosexuelle der Familie", sagt Pink-Cross-Co-Präsident Rosselet.

Auch Zürich Tourismus macht sich stark für den farbigen Homo-Monat Mai 09. "Seit Jahrzehnten hat Zürich eine sehr offene Haltung gegenüber Schwulen und Lesben. Deshalb soll Zürich als tolerante Stadt auch die EuroPride austragen", sagt der Zürcher Tourismusdirektor Frank Bumann. "Es wäre eine europaweite Blamage, wenn der Anlass ins Wasser fallen würde."

Momentan schaut es aber nicht danach aus: Seit letzten Mai sind laut Regli gerade mal 350 unterschriebene Petitionsbögen zurückgekommen.

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Dasselbe woanders...:

JONAH - Jews offering new alternatives to Homosexuality
http://jonahweb.org

JONAH, Jews Offering New Alternatives to Homosexuality, is a non-profit international organization dedicated to educating the world-wide Jewish community about the prevention, intervention, and healing of the underlying issues causing same-sex attractions. JONAH works directly with those struggling with unwanted same-sex sexual attractions (SSA) and with families whose loved ones are involved in homosexuality.


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NETZ-ANTIFA ODER DOCH NICHT?
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20min.ch 22.7.08

Extremisten liefern sich einen Propagandakrieg

von Markus Fehlmann

Zwischen Linksextremen und Rechtsextremen aus der Zentralschweiz tobt ein digitaler Kampf: Mit gefälschten E-Mails und Webseiten will man die Gegenseite schädigen.

Das digitale Zeitalter hat längst auch den Kampf zwischen links und rechts erfasst. Extremisten tragen ihre Gefechte nicht mehr nur auf der Strasse, sondern auch im Internet aus. So soll etwa die Homepage der rechtsorientierten Kameradschaft Uri in Tat und Wahrheit von Linksextremen betrieben werden. Dies behaupten zumindest die Betreiber der neuen, rechtsradikalen Homepage Waldstätterbund.ch: Mit dieser "feigen, undemokratischen und billigen Aktion" würden Linksextreme aus dem Urnerland versuchen, an Personendaten von Rechtsextremen zu gelangen. Im Gegenzug kursieren in der linken Szene Gerüchte, wonach Rechtsextreme mit gefälschten E-Mail-Adressen, zum Beispiel der Antifa Uri, operierten. Dies soll im Umfeld der letztjährigen 1.-August-Feier auf dem Rütli passiert sein.

Die Seite Waldstätterbund.ch ist auf einen jungen Mann aus Nidwalden registriert. Aus seinem Umfeld wird die Echtheit der rechtsnationalen Site bestätigt. Die Betreiber von Kameradschaft-uri.ch.vu hingegen verwenden eine Gratisdomain und sind nur schwer zu eruieren.

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HOOLDAT
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20min.ch 21.7.08

Landen Krawall-Gaffer jetzt in der Hooligan-Datenbank?

In die Stadtzürcher Hooligan-Datenbank dürfen keine Daten aufgenommen werden, die bei Sportanlässen von Dritten gemeldet wurden. Hingegen könnten Gaffer, etwa am 1. Mai, schneller in "HOOLDAT" landen, als ihnen lieb ist, wenn sie sich zu nahe der Krawallanten aufhalten. Für "normale" Gaffer besteht hingegen keine Gefahr.

Die Gemeinderats-Mehrheit hatte sich Anfang Februar zwar grundsätzlich für die Hooligan-Datenbank "HOOLDAT" ausgesprochen. Sie hatte allerdings einiges bemängelt und die Vorlage an den Stadtrat zur Überarbeitung zurückgewiesen. Dies hat der Stadtrat nun getan und unterbreitet die Vorlage dem Parlament erneut.

Insgesamt ist die neue Variante transparenter und schränkt die Datenbearbeitung stärker ein, wie Robert Soòs vom Polizeidepartement der Stadt Zürich am Montag auf Anfrage zusammenfasste. Sie wird vom städtischen Datenschutzbeauftragten gutgeheissen.

Unter anderem wird die Bestimmung gestrichen, wonach unter anderem aufgrund von "Meldungen und Auskünften Dritter anlässlich von Sportveranstaltungen" Daten registriert werden. Kurz gesagt: Verpetzen gilt nicht, die Daten müssen von der Polizei selbst stammen.

Gelöscht werden die Daten nach zwei Jahren. Die ursprünglich vom Stadtrat eingesetzte Frist von drei Jahren wollte das Parlament zwar auf zwei Saisons verkürzen. Da die Spielzeiten für Fussball und Eishockey aber nicht gleich sind, schlägt er nun eine Aufbewahrungszeit von zwei Jahren vor.

Auch die Verjährungsfrist wird verkürzt: Sie soll fünf Jahre betragen. Diese Frist hat der Stadtrat auf Geheiss des Gemeinderates halbiert.

Lieber nicht aus der Nähe gaffen

In HOOLDAT sollen nicht nur Personen aufgenommen werden, die sich gewalttätig verhalten. Registriert werden kann auch, wer sich längere Zeit in oder bei einer Gruppe aufhält, von der Gewalt oder Gewaltdrohungen ausgehen. Für Gaffer, die sich zu nahe an die Krawallanten begeben, wie es etwa bei 1.-Mai-Ausschreitungen vorkommt, könnte es also brenzlig werden. Für Leute, die das Geschehen aus einem gewissen Sicherheitsabstand beobachten, ist das Gaffen aber absolut harmlos, versichert Robert Soòs gegenüber 20 Minuten Online.

Künftig darf die Geschäftsprüfungskommission des Gemeinderates (GPK) jederzeit die Datensammlung überprüfen. Jedes Jahr erhalten das Polizeidepartement, die GPK und der Datenschutzbeauftragte einen HOOLDAT-Bericht. Ursprünglich war nur die Berichterstattung ans Departement vorgesehen.

Die Mehrheiten von SP, FDP, CVP und EVP im Gemeinderat sprachen sich grundsätzlich für die neue Datenbank aus. Sie wiesen die Vorlage aber mit konkreten Änderungsvorschlägen zurück. Grüne, Alternative, SVP und einzelne SP-Mitglieder lehnten die Vorlage ab.


Quelle: SDA/ATS

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SP-"SICHERHEITS"-PAPIER
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punkt.ch 22.7.08

Dissidenten prüfen Gegenpapier

SP-Politiker zerreissen das SP-Sicherheitspapier: Gestern trafen sich Jungsozialisten und Nationalräte in Bern, um Varianten der Opposition zu besprechen. Im Vordergrund stehen die Rückweisung oder ein Gegenpapier. Für Letzteres bleibt wenig Zeit - die Eingabefrist endet am 6. September. Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer plädiert für die Rückweisung. "Das Papier ist derart schlecht, rumflicken nützt nichts." Juso-Chef Cédric Wermuth bevorzugt das Gegenpapier. Ob dieses machbar ist, wird von der konspirativen Gruppe geprüft. Das Papier müsse bekämpft werden, hierin sind sie sich einig. Das nächste Treffen ist auf Mitte August geplant. (blu)

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ANARCHISTS AGAINST THE WALL
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ainfos.ca./de 21.7.08

Israel: AATW-Initiative ruft zum Spenden auf!

Israel, Anarchists Against the WAll (AATW) Aufruf: Helft uns dabei den
gemeinsamen Kampf weiterzuführen

Mit der ansteigenden staatlichen Verfolgung von palästinensischen DemonstrantenInnen, beginnt die AATW-Initiative jetzt mit dem Sammeln von Spendengeldern um ihre schon vorhandenen Fonds zu erweitern, sodass auch palästinensische DemonstrantenInnen bei androhender Haft, Verletzung oder Verfolgung einen Teil unserer Mittel mitnutzen können. Dies ist eine Addition zu den Schulden von 15.000 US-Dollar, welche aus z.B. den Gerichtsverfahren israelischer Anti-Mauer-DemonstrantenInnen resultierten.

Wir bitten euch den folgenden Aufruf zu lesen und eine Spende abzugeben, damit wir den Kampf weiterführen können!

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Lieber Freund - Liebe Freundin,

Die steigenden Kosten des gemeinsamen israelisch-palästinensischen Kampfes gegen die Besetzung, und sich vervielfachende staatliche Repressionsmaßnahmen gegen palästinensische AktivistenInnen, zwingen uns dazu diesen dringenden Spendenaufruf zu verfassen. Wir bitten dich um deine Hilfe um die Arbeit der israelisch anarchistischen Gruppe "Anarchists Against the Wall" fortzuführen - und was vielleicht viel wichtiger ist - es uns zu ermöglichen den Fond zu erweitern, damit er auch die Bedürfnisse unserer palästinensischen PartnerInnen bei politischen Repressionsmaßnahmen seitens des Staates Israel abdecken kann.

Seit 2003 unterstützt die Gruppe den palästinensischen Kampf gegen Israels Besetzung und speziell gegen Israels Trennungsmauer. Woche für Woche nimmt die AATW an den Aktionen des palästinensischen Widerstandes in diversen Teilen der Westbank (eingeschlossen der Ortschaften al-Ma'asara, Süd Bethlehem, Beit Ummar, Nord Hebron, Bil'in und neuestens fast täglich Ni'ilin im westen von Ramallah) teil. Dort greift die Armee zu harten Maßnahmen um die Demonstrationen zu unterdrücken, wie z.B. öfters scharfe Munition zu verschießen, belagern und Ausgangssperren zu setzen.

Hunderte, wenn nicht tausende AktivistenInnen wurden festgenommen und Duzende wurden für die Teilnahme an den Demos angeklagt. Glücklicher Weise wird die Gruppe von einer hingebungsvollen Anwältin, Adv. Gaby Lasky repräsentiert. Lasky hat unermüdlich gearbeitet um bei Demos oder direkten Aktionen in der West Bank und in Israel festgenommenen AktivistenInnen schutz zu bieten. Obwohl die Unterstützung der AATW fast ein Vollzeitjob ist, willigte sie ein nur einen kleinen Teil ihrer Arbeit bezahlt zu bekommen. Trotz einer sehr erfolgreichen Spendensammlung letztes Jahr, schuldet AATW Lasky immer noch ungefähr 15,000 US-Dollars.

In letzter Zeit beobachten wir eine ansteigende staatliche Verfolgung unserer palästinensischen PartnerInnen. Innerhalb unserer Solidarität wollen wir nun Spenden sammeln um den schon existierenden Fonds der AATW zu erweitern, sodass wir die Verteidigungskosten von festgenommenen PalästinenserInnen dazu tragen könnten. Dies geschieht als Addition zu den zuvor erwähnten Schulden, Ausgaben für unsere Aktionen wie Transport und Kommunikation.

Dazu bitten wir euch diesen Artikel in "The Nation" über den gerade aktuellen Kampf in Ni'ilin zu lesen und eine Spende abzugeben um unseren Kampf fortzusetzen.

in Würde und Solidarität,
Anarchists Against the Wall
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http://www.awalls.org/donations
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A - I n f o s Informationsdienst
Von, für, und über Anarchisten
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Bund 22.7.08

Empörung über Schuss auf Palästinenser

Israel Ein Videofilm schreckt Israel auf. Er zeigt einen jungen Palästinenser in Jeans und T-Shirt, die Hände auf dem Rücken gefesselt und die Augen verbunden, der neben einem israelischen Militärjeep steht. Ein israelischer Armeeoffizier fasst ihn am Ellbogen. Ein weiterer Soldat, etwa anderthalb Meter entfernt, zielt mit einem Gewehr auf den Mann. Sekunden später drückt er ab. Das Bild wackelt. Der festgenommene Palästinenser krümmt sich vor Schmerzen auf dem Boden. Der Soldat hat ihm offenkundig mit einem sogenannten Gummigeschoss - eine mit einer Gummischicht überzogene Stahlkugel - in die Fussspitze geschossen.

Der Vorfall ereignete sich am 7. Juli in Nilin, einem Westbank-Dorf nordwestlich von Jerusalem, in dem seit Wochen gegen Landenteignung und Bau des Sperrwalls protestiert wird. Hätte die 17-jährige Salam Kanaan den Vorfall nicht mit einer von der Schule ausgeliehenen Videokamera gefilmt, hätte sich niemand darum geschert. Ashraf Abu Raham (27) wäre wahrscheinlich nur in der Statistik aufgetaucht: als verletzter Demonstrant, wie es sie immer wieder gibt.

Armee untersucht Vorfall

Dank dem Filmbeweis indes brachte das Geschehen die israelische Armee in Erklärungsnöte - freilich erst, nachdem die Bürgerrechtsorganisation B'Tselem den Fall publik gemacht und eine unabhängige Untersuchung verlangt hatte. Zwei Wochen lang waren da bereits verstrichen, ohne dass der Vorfall wenigstens eine Armee-interne Meldung wert gewesen wäre. B'Tselem-Sprecherin Sarit Michaeli sieht darin den eigentlichen Skandal: "Schliesslich hat bei alldem ein höherer Offizier, der die Befehlsverantwortung besass, zugeschaut."

Jetzt soll er für sein Verhalten zumindest Rede und Antwort stehen, meldete das israelische Radio gestern. Der Soldat, der geschossen hatte, wiederum sei vorerst in Arrest genommen. Die Armee sprach in einer Stellungnahme von einem "schwerwiegenden Zwischenfall", der ihren Vorgaben widerspreche.

"Kultur des Weisswaschens"

B'Tselem sieht hinter der Vertuschung keinen Einzelfall. "Wir haben hier eindeutig mit einer Kultur des Weisswaschens in den Streitkräften zu tun", konstatiert Sarit Michaeli. Nicht zuletzt deshalb hatte B'Tselem eine Aufklärungsaktion gestartet und hundert Videokameras an Palästinenser verteilt, die an den Brennpunkten des Konflikts leben. Mehrfach wurden dadurch bereits Übergriffe von Siedlern oder Soldaten bekannt.

Hobbyfilmerin Salam hat jetzt auch eine B'Tselem-Kamera bekommen und dazu einen Brief, in dem die Bürgerrechtler bescheinigen, dass es rechtmässig ist, Unrecht zu dokumentieren. Denn es hatte einen Grund, warum die Familie lange gezögert hatte, bevor sie die Videokassette aushändigte: Sie hatte Angst, die Soldaten könnten ihnen dies übel nehmen. (igj)

Inge Günther, Jerusalem

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haaretz.com 22.8.08
http://www.haaretz.com/hasen/spages/1004040.html

Soldier filmed shooting bound Palestinian released from detention

By News Agencies

The Israel Defense Forces soldier filmed shooting at a handcuffed Palestinian near the West Bank town of Na'alin last week was released from police detention on Tuesday and sent back to join his unit.

The soldier, who was was filmed shooting a bound and blindfolded Palestinian with a rubber bullet at point blank range, told military investigators on Monday that his regiment commander had ordered him to fire.

The incident was caught on camera by a villager and released Sunday by the human rights group B'Tselem. The footage apparently shows a soldier firing his rifle toward a Palestinian detained at the protest in the West Bank village of Na'alin. The rifle appeared to have been modified to fire rubber-coated metal bullets.

During his questioning, the soldier said that his commander, lieutenant colonel Omri, had told him "shoot him" three times. He then fired his rifle at the protester's foot.

Defense Minister Ehud Barak on Monday condemnded the incident.

"The Israeli military will investigate the incident, learn its lessons and hold those responsible to account," Barak said in televised remarks to legislators in his Labour Party. "Warriors do not behave like this."

The soldier was arrested Sunday, but the defense asked for his release saying he did not pose a danger to anyone.

During the course of the investigation, the commander, seen in the video holding the Palestinian detainee, was also questioned. Military sources said that the commander was surprised by the shooting and that the incident had likely resulted from a misunderstanding between the soldier and the officer.

The incident occurred July 7 during protests in the village of Na'alin against the construction of Israel's barrier in the West Bank.

The protester, Abu-Rahama, 27, had been tied up and blindfolded and was standing only a few centimeters away. Abu-Rahama told B'Tselem that he was beaten by the soldiers and then herded by soldiers and officers into a military jeep.

In the video, a soldier is seen aiming his weapon at the demonstrator's legs from a short range. Abu-Rahama said he sustained wounds to his left foot and then received first aid treatment by an army medic on the spot before being released.

An army statement said a military doctor who examined him found he had been "very slightly wounded with swelling to a toe on his right foot".

According to B'Tselem, the shooting was witnessed by several other soldiers and officers. The organization allegedly demanded an investigation be opened into his role and that the soldier who fired the gun "be brought to justice."

"This was a serious incident in stark violation of the [military's] rules of conduct and safety," the army statement said. "The advocate-general ... ordered a military police investigation into the incident upon receiving the footage."

The video was filmed by a Palestinian girl, 14, from a window in her home in the village.

"But there are questions about the edited parts," Major Avital Leibovitz, a military spokeswoman said, referring to the point where the video stops. The clip then resumes and shows footage of what appears to be a few moments later with Abu Rahama laying on the ground.

B'Tselem's spokeswoman Sarit Michaeli said the girl had accidentally stopped filming when she was startled by the gunshot and continued as soon as she became aware she had pressed the stop button.

As part of its "Shooting Back" project, B'Tselem has distributed about 100 cameras to Palestinians throughout the West Bank over the last year. Of these, several dozen were handed out in the Hebron area, where friction between Palestinians and Israelis is routine.

B'Tselem released a video last month showing the beginning of an apparent assault by masked, stick-wielding settlers on Palestinian farmers.

The footage shows four people holding sticks approaching the farmers near the settlement of Susya outside Hebron in the West Bank. One strikes a blow before the camera falls.

Israel Police this month arrested two resident of the Susya settlement, one of them a minor, suspected of involvement in the attack.

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thenation.com 30.7.08
http://www.thenation.com/doc/20070813/gordon

Israel's Intrepid Peacemakers

By Neve Gordon

Over the past five years the Israeli peace camp has dwindled. Last month marked the occupation's fortieth anniversary, but no more than 4,000 people reportedly gathered in Tel Aviv to protest Israel's longstanding military rule. Of the demonstrators who did show up, only a few hundred are what one could call ardent activists--people who have dedicated their life to peace and justice

Among the most committed of these are Israel's Anarchists Against the Wall. Yet, over the past two years they have been under an ongoing attack, and it is becoming more and more difficult for them to continue their struggle.

Established in 2003, the anarchists are made up of young Israelis, mostly in their 20s, who work closely with the Palestinian popular village committees in order to resist Israel's occupation. They have no official leaders, no office and no paid staff, and yet they have managed to accomplish more than many well-oiled NGOs and social movements. They are perhaps best known for their efforts in the small village of Bil'in, where for more than two years, weekly demonstrations have been staged against the wall that Israel is building on Palestinian land.

The anarchists are active in numerous other villages and towns as well. Day in and day out, they travel in small groups through the West Bank, supporting nonviolent direct action that helps Palestinian farmers gain access to their fields and crops, while opposing the construction of the separation barrier and the confiscation of occupied land.

One of the most remarkable qualities of these young Israelis is their subversive use of their own privilege, employing it not for self-interested social, economic or political gain--as most people do--but rather in order to stand up to power. The anarchists, in other words, exploit the privilege that comes with their Jewish identity and use it as a strategic asset against the brutal policies of the Jewish state.

As Jewish activists they are well aware that the Israeli military behaves very differently when Israeli Jews are present during a protest in the West Bank and that the level of violence, while still severe, is much less intense. Indeed, according to Israeli soldiers the military has more stringent open-fire regulations for demonstrations in which non-Palestinians participate. So when a village's public committees decide to carry out non-violent protests against the occupying power, the anarchists mingle with the demonstrating villagers, thus becoming human shields for those Palestinians who have chosen to follow the path of Mahatma Gandhi and Martin Luther King Jr.

Even though the anarchists are frequently beaten severely and arrested, they do not desist. To date, about ten Palestinians have been killed in demonstrations against the separation barrier and thousands have been wounded, a number that would no doubt have been much greater had it not been for the fearless dedication of the anarchists.

When the Israeli police began to realize that beating and detaining them would not stop their stubborn resistance, a different strategy was adopted. Scores of legal indictments were issued by the state prosecutor.

The anarchists took this as a new challenge. They have launched a legal campaign, whose aim is to defend the basic civil right of all Israelis to resist their government's abusive policies. Leading this battle is Gaby Lasky, an energetic lawyer, who spends many of her weekends releasing anarchists from detention and her weekdays representing them in court.

Unlike the struggle inside the occupied territories, the legal battle to protect civil liberties requires financial resources, which the anarchists do not have. The state knows this is the anarchists' Achilles' heel and has been trying to undermine their peace-building activities by making them pay hefty legal fees. Although Lasky is working for little more than minimum wage, the anarchists' struggle cannot be sustained without help from concerned individuals around the world.

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About Neve Gordon
Neve Gordon teaches politics at Ben-Gurion University. Read about his new book, Israel's Occupation (due out this fall from the University of California Press), and more at israelsoccupation.info.