MEDIENSPIEGEL 24.7.08

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule- Kulturtipps
- Schnüffel-Staat: Fichen en masse
- Schnüffel-Multi: Nestlé schnüffelt weiter
- Betteln: Leserbrief
- Revoluzern: Reclaim the seats
- DNA-Zwang

----------------------
REITSCHULE
----------------------

PROGRAMM:

Do 24.07.08     
20.00 Uhr     Vorplatz     
Ciel Rouge (BE) - Instrumental Rock
http://www.nikmusik.ch/index.php?id=7

Fr 25.07.08    
20.00 Uhr     Vorplatz     
The Weightlifters (FR) - Two Men Garage Rock'n'Roll
http://www.myspace.com/weightlifters

Sa 26.07.08     
20.00 Uhr     Vorplatz     
Eugene Chadbourne solo (USA) - Surreal Country Bluegrass & Rock
http://www.eugenechadbourne.com/
http://www.myspace.com/eugenechadbourne

20.30 Uhr     Grosse Halle
Balder Fly Preview Kapitel 1: Feuertaufe anschliessend Konzert. Von Konsortium & Konsorten.
http://www.konsortium-konsorten.org

Vorplatz-Belebungs-Bar: Di-Sa ab 16 Uhr
Vorplatz-Belebungs-Kultur-Imbiss: Do-Sa ab 19.30 Uhr
Vorplatz-Belebungs-Infos: http://www.vorplatz.ch


---

Bund 24.7.08

Pogo Pogo

Sounds: Weightlifters

"Sobald wir etwas Zeit übrig haben, machen wir etwas Gescheiteres", schreiben die White Stripes der Westschweiz, The Weightlifters aus Villars-sur-Glâne, über ihr Engagement als Musikanten. Dass sie dereinst mit Musizieren aufhören, diese zwei Gitarristen, ist eine sehr unangenehme Vorstellung. Denn wie nur wenige der hiesigen Musiker schrecken The Weightlifters vor nichts zurück. Am einen Tag (heute) hauen sie ihren Stumpfrock ein paar unschuldigen Pfadfindern um die Ohren, am nächsten Tag spielen sie auf dem Vorplatz der Berner Reitschule. Im einen Song wengelt sich der Leadgitarrist durch abgewaschene Rock-'n'-Roll-Akkorde, im nächsten Stück bescheidet er sich mit sturem Einszwodreivier-Punkgeschrammel. Die schnoddrige Attitüde dieser Mannen ist von so einzigartiger Güte, dass möglichst schnell etwas unternommen werden muss, um sie beschäftigt zu halten. Sonst kommen sie noch auf dumme Gedanken, wie etwa den, aufzuhören. (len)

Reitschule-Vorplatz, Bern Freitag, 25. Juli, 20 Uhr.
http://www.myspace.com/weightlifters

---

kulturblog.espace.ch 24.7.08
http://kulturblog.espace.ch/daten-termine/ein-freundlicher-anarchist.html

Ein freundlicher Anarchist

Von Benedikt Sartorius um 10:02    [ Daten & Termine ]

Eugene Chadbourne (adi) Für Überraschungen ist in Berns Ausgehkalender selbst im scheinbar leeren Sommer gesorgt: So füllt der Auftritt des Banjomanns und Gitarristen Eugene Chadbourne das Sommerloch, der sich diesen Samstag vor der Reitschule mit einem Solokonzert die Ehre geben wird.

Zu erwarten ist ein Konzert, das Lärm mit grobem Country-Unsinn und die einflussreiche New-York-Downtown-Abteilung um John Zorn mit versprengtem Do-It-Yourself-Folk kreuzen wird.

Soweit, so gut. Allein mit Chadbourne-CD-Tipps kann ich kaum dienen. So bleibt denn nur der Hinweis auf die Compilation "Sidewalk Songs & City Stories: New Urban Folk", auf der das Chadbourne-Liedli "Der Fuehrer's Face" enthalten ist. Eine komische Redneck-Persiflage, die auf dieser vorzüglichen CD aus dem Hause Trikont neben allerlei Lied-Jungspunden wie dem Animal Collective und Jeffrey Lewis steht.

Überhaupt: Eine Anschaffung des sturen, lehrreichen und obskuren Trikont-Gesamtkatalogs sei Ihnen empfohlen - wie auch ein Besuch beim freundlichen Anarchisten auf dem Vorplatz der Reitschule.

http://www.eugenechadbourne.com/
http://www.myspace.com/eugenechadbourne
http://www.trikont.com/basics/cgi-tdb/basics.prg?session=c2d1e204488849e9_502009&a_no=1605&r_index=2

---

Bund 24.7.08

Manege frei!

Bühne: "Balder Fly"

Konsortium & Konsorten reproduzieren mit "Balder Fly" nicht jene Traumwelt des Zirkus, die man aus Büchern und Filmen kennt, sondern interessieren sich für deren Widersprüche. Ab Samstag wird die grosse Halle der Reitschule zum Schauplatz eines mutigen Clashs der Kunstsparten.

Russische Artisten sitzen in der Pause vor kleinen Fritteusen und stinken nach Fett. Ihre Nummern sind seit Jahren dieselben, jeder kennt sie hoch und runter. Ein Szenario, das man eigentlich nicht mit der glamourösen Zirkuswelt in Verbindung bringen würde. "Es gibt das Tolle am Zirkus, das Wilde. Es gibt aber auch das total Verschlafene", erklärt Regisseur Wolfgang Klüppel. Der Zirkus als widersprüchlicher Ort und die Frage, was Zirkus überhaupt ist, haben Wolfgang Klüppel und Texter Axel Hesse interessiert. Und so machten sie sich an eine historische Analyse in fünf Kapiteln.

Kleine Geschichte des Zirkus

Angelpunkt dieses Unterfangens ist der 378-jährige Zirkus-Greis Balder Bährenzahm. Er führt den Besucher in der ersten Episode hinein in die archaischen Frühformen des Zirkus (26. Juli). Im zweiten Kapitel berichtet der Protagonist von den Umwälzungen der industriellen Revolution in England, die auch vor dem Zirkuszelt nicht haltmachten (2. August). Von der Blütezeit des Zirkus in den Tagen der russischen Revolution erzählt die dritte Episode (9. August). Balder Bährenzahm erlebt diese Zeit als gefeierter Trapezkünstler, den es aber bald schon weiter ostwärts in den amerikanischen Wilden Westen zieht, wo er mit einer Reit-Show durchs Land zieht (16. August). Im abschliessenden Kapitel versinkt Balder Bährenzahm schliesslich in eine traumhafte Vision des Zirkuswesens (23. August).

Wie es im Zirkus um Träume und Utopien geht, steht auch die Reitschule für den Kampf um Utopien und Freiräume. Für Klüppel und Hesse deshalb ein geeigneter Ort, um "Balder Fly" aufzuziehen.

Experimentelle Previews

Konsortium & Konsorten wollen den Prozess ihrer Arbeit am Stück bewusst öffnen. Ab Samstag finden deshalb im Wochentakt sogenannte "Previews" statt, bei welchen der Reihe nach 25 Minuten erprobtes Rohmaterial aus den fünf Teilen gezeigt wird - stets an ein anschliessendes Konzert gekoppelt. "Mutig daran ist, dass wir kaum Eintritt verlangen", so Nick Werren von der Booking-Agentur Endorphin Entertainment. "Und die Gretchenfrage bleibt natürlich, ob sich Leute, die wegen der Band hier sind, auch den Theaterausschnitt anschauen oder Theaterleute auch ans Konzert kommen." Immerhin: Die Wahl der Musiker ist nicht zufällig. Beim Abschnitt über den Wilden Westen spielen Zeno Tornado passenden Bluegrass, und der letzte Teil mit dem Titel "Ein Phantasma" wird von Tomazobi und ihrem Psychedelic-Set abgerundet.

Einstimmung für die Nacht

Auch seitens der Regie ist man sich des experimentellen Charakters des Vorhabens bewusst. "Es geht nicht darum, zwei Jahre zu überlegen und dann zu sagen, hier, das ist die Antwort auf die Welt", sagt Klüppel. Der Rahmen der Previews soll auch insofern dienlich sein, als wichtige Faktoren wie die Akustik der Halle oder das Funktionieren einzelner Szenen bereits ausgetestet werden können. "Ausserdem", findet Axel Hesse, "schafft diese Rohheit des Materials eine ganz andere Kraft." Last but not least bieten die Previews eine exzellente Einstimmung auf das samstagabendliche Nachtleben. "Axel und ich haben beide in Berlin studiert", erzählt Klüppel. "Ein Bier, ein kurzes Theater, ein Konzert hinterher und danach noch irgendeine Party, das hätte ich super gefunden."

Die letzten utopischen Räume in der heutigen Gesellschaft haben Konsortium & Konsorten immer beschäftigt. Gegenwelten wie Hollywood-Filme zum Beispiel. Oder eben der Zirkus als Ort, wo noch geträumt und gestaunt wird.

Epochales Spektakel

Mit "Balder Fly" erwartet den Besucher auf jeden Fall ein epochales Spektakel, das sich einer filmischen Erzählweise bedient, und darüber hinaus so viele Elemente vereint, dass es nur knapp an der Überfrachtung vorbeischlittert: Nebst dem 378-jährigen Erzähler etwa Trapeznummern, Autos, Pferde, Projektionen, Musiker, Feuerspeier und, und, und.

Klüppel und Hesse hatten nie etwas gegen ein bisschen Grössenwahn. "Als Geisteswissenschaftler geht es immer auch darum, was Kunst oder Theater überhaupt ist im Rahmen der Gesellschaft", so Klüppel. Gross und ausufernd muss ein Thema sein, man muss sich richtig damit rumschlagen können. "Ich hätte momentan keine Lust, ein Stück über Genderproblematik zu machen und die Frage, bin ich eigentlich doch eine Frau."

Die Utopie mit utopischen Mitteln angehen, darum geht es Konsortium & Konsorten. Dabei wollen sie sich an keinem Manifest orientieren, sondern mit ihrem Namen darauf hinweisen, dass sie auch als Kunstschaffende ein kleines Unternehmen sind, das mit Kulturgeldern klarkommen muss. Hoffen wir, dass sie es noch lange tun.

Reitschule Bern 1. Kapitel: Samstag, 26. Juli, 20.30 Uhr.

Lena Rittmeyer

---

BZ 24.7.08

Auf in den Zirkus!

Laut und bunt: Die Theatergruppe Konsortium & Konsorten entstaubt in der Berner Reitschule einen alten Mythos.

"Balder Fly - 378 Jahre Artisten, Tiere, Sensationen" nennt die Berner Theatergruppe Konsortium & Konsorten ihr Projekt, das den guten alten Zirkus wieder zu dem machen soll, was er mal war:eine anarchisch-ungezähmte Kunstform. Dafür wird alles aufgefahren, was laut und bunt ist: gestählte Artisten, leidenschaftliche Musiker, unaufhaltsame Menschenmassen, exotische Tiere und elegante Limousinen. Während der Probezeit werden Previews des bisher Erarbeiteten gezeigt, die unversehens in Live-Musik übergehen. Bands, DJ und Kleinkunst werden mit dem Zirkus verschmolzen. Eine aparte Mischung aus Theater, Performance, Konzert und Party zieht sich so durch den Sommer - bis zur Premiere am 27.Au-gust. mgt "Balder Fly": Erste Preview - "Im Schatten eines Baumes" und Konzert von Freekshow 3000: Sa, um 21 Uhr in der Reitschule, Bern. Weitere Previews bis 23.August. Infos unter: www.konsortium-konsorten.org.

---------------------------------
SCHNÜFFEL-STAAT
grundrechte.ch
--------------------------------

Bund 24.7.08

Beweise für Fichen präsentiert

Erstmals seit Jahren gibt es Belege, dass ein Zürcher Politiker und ein in Bern tätiger Journalist überwacht wurden

Der Staatsschutz sammelt und speichert systematisch Daten von Bürgern. Im Fall des Journalisten D.G. führte dies zu seiner vorübergehenden Festnahme. Nun wird ein uneingeschränktes Einsichtsrecht gefordert.

Die gesetzlichen Grundlagen sind klar: Die Polizei darf keine Informationen über die politische Betätigung von Bürgern und die Ausübung der Meinungsfreiheit sammeln. Ausnahmen sind nur bei einem "begründeten Verdacht" auf "terroristische, nachrichtendienstliche oder gewalttätig extremistische Tätigkeiten" erlaubt. Diese strikten Grundlagen im Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) sind eine Folge der Fichenaffäre, die in den 90er-Jahren Staub aufgewirbelt hatte. Damals wurde ruchbar, dass der Staat im Kalten Krieg Tausende von Bürgern bespitzelt hatte. Mittlerweile soll der Inlandgeheimdienst (Dienst für Analyse und Prävention/DAP) wieder 110000 Fichen angelegt haben. Für die Existenz neuer Fichen gibt es nun erstmals Belege, wie der Verein Grundrechte.ch gestern bekannt gab. Der Verein hat die erneute Sammeltätigkeit der Behörden gestern als "illegal" taxiert.

Als Tortenwerfer registriert

Im Anschluss an die rätselhafte Verhaftung des WoZ-Journalisten D.G. an der Anti-WEF-Demo in Bern am 19. Januar dieses Jahres (der "Bund" berichtete) hat ein Zürcher Anwalt zehn Gesuche um Einsicht in Staatsschutzakten beim Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten eingereicht. In drei Fällen habe er tatsächlich Einsicht erhalten, sagte Anwalt Viktor Györffy vor den Medien. Dabei handelt es sich um den grünen Zürcher Lokalpolitiker Balthasar Glättli, den bereits genannten WoZ-Journalisten D.G. und um die Wochenzeitung (WoZ). Glättli ist registriert als Gesuchsteller einer schliesslich bewilligten Demonstration vom 2. April 2005 in Zürich. Die WoZ wurde wiederholt fichiert wegen diverser Artikel wie zum Beispiel eines Interviews mit der Zürcherin Andrea Stauffacher vom "Revolutionären Aufbau". Die sechs Einträge über den Journalisten D.G. betreffen dessen Aktivitäten vor der Anstellung als WoZ-Redaktor Anfang dieses Jahres. Namentlich erwähnt ist etwa die Teilnahme an der Besetzung eines Gebäudes des Staatssekretariates für Wirtschaft (Seco ) in Bern, ein "versuchter Tortenwurf gegen eine Magistratsperson" namens Hans Rudolf Merz und das unbefugte Eindringen auf das Gelände der Residenz des schwedischen Botschafters. "G. war in der Tat früher ein Politaktivist", sagte WoZ-Redaktorin Ruth Wysseier. Es gebe aber eine inhaltliche und chronologische Trennung der biografischen Abschnitte. Bei seiner Verhaftung an der Anti-WEF-Demonstration vom 19. Januar 2008 sei G. als Journalist unterwegs gewesen.

An Berufsausübung gehindert

D.G. wurde am 19. Januar beim Verlassen seines Büros von K.T., einem Beamten des Nachrichtendienstes der Kantonspolizei, namentlich angesprochen und festgenommen. Trotz Vorweisen eines Auftragsschreibens der WoZ wurde der Journalist vier Stunden festgehalten. "Journalisten, die sich als solche ausweisen können, dürfen nicht stundenlang an ihrer Berufsausübung gehindert werden", hielt der Medienrechtler Peter Studer in einer Analyse des Falls fest ("Bund" vom 28. Februar). G. hat den Polizisten K.T. wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und Amtsmissbrauch angezeigt. Nach Angaben von Györffy will der Untersuchungsrichter das Verfahren offenbar einstellen.

Der Verein Grundrechte.ch fordert den Bundesrat dazu auf, für ein uneingeschränktes Einsichtsrecht für alle in die Akten des Staatsschutzes zu sorgen. In einem ersten Schritt soll der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte Einblick gewährt werden.

Bernhard Ott

---

WoZ 24.7.08

Staatsschutz

Der Schweizer Geheimdienst sammelt wieder

Von Daniel Ryser

Die WOZ-Autoren Monnerat, Stutz und Ryser wurden vom Geheimdienst wegen ihrer journalistischen Tätigkeit fichiert. Ebenso fichiert, dies wegen politischer Tätigkeit: WOZ-Redaktor Gautier und der Grüne Zürcher Gemeinderat Glättli. Wie viele neue Fichen hat der Dienst für Analyse und Prävention gesammelt?

Die Verhaftung des WOZ-Redaktors Dinu Gautier auf dem Weg zu einer Demonstration im Januar 2008 gab den Anstoss: Rechtsanwalt Viktor Györffy bat für zehn KlientInnen, darunter Gautier und die WOZ, beim eidgenössischen Datenschutzbeauftragten um Auskunft, ob über diese aufgrund ihrer politischen oder journalistischen Tätigkeit beim Staatsschutz Daten gesammelt würden. Györffy ist Präsident des Vereins Grundrechte, der Nachfolgeorganisation der Stiftung Archiv Schnüffelstaat Schweiz, die im Zuge der Fichenaffäre vom Ende der achtziger Jahre gegründet wurde.

Die Antwort kam letzte Woche und erstaunte: Sie beweist einerseits, dass der Datenschutzbeauftragte unabhängig ist, andererseits, dass der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) offenbar illegal wild Daten sammelt: Drei der zehn Anfragen waren positiv. Darüber informierte Györffy am Mittwoch an einer Pressekonferenz.

Es sei das erste Mal, dass ein Datenschutzbeauftragter derart detaillierte Informationen herausgebe, sagt Györffy. Das sei ein Durchbruch mit Signalwirkung: "Normalerweise teilt der Datenschutzbeauftragte der gesuchstellenden Person in einer stets gleich lautenden Antwort mit, dass in Bezug auf sie entweder keine Daten unrechtmässig bearbeitet wurden oder dass er bei vorhandenen allfälligen Fehlern in der Datenbearbeitung eine Empfehlung zu deren Behebung an das Bundesamt gerichtet habe. Im Gesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) steht zudem, dass der Datenschutzbeauftragte Auskunft erteilen kann, ‹wenn damit keine Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit verbunden ist oder wenn der gesuchstellenden Person sonst ein erheblicher, nicht wieder gut zu machender Schaden erwächst.›"

Hier die Registrierten: Der Grüne Zürcher Gemeinderat Balthasar Glättli wurde vom DAP im Staatsschutzcomputer gespeichert, weil er 2005 ein Gesuch für eine Demonstration eingereicht hatte. "Ein Staat, der Bürger fichiert, die ihre Rechte wahrnehmen, ist ein Schnüffelstaat", sagte Glättli am Mittwoch. Nationalrat Daniel Vischer, der an jener Demonstration eine Ansprache hielt, habe sein Ficheneinsichtsgesuch bereits vorbereitet, "und viele andere werden folgen", so Glättli. Györffy sagte, bei einer Trefferquote von drei zu zehn müsse man davon ausgehen, dass der Staat massiv Gesinnungsschnüffelei betreibe.

Auch die WOZ landete in der Geheimdienstdatensammlung ISIS. Gespeichert wurden Artikel der Autoren Roger Monnerat, Hans Stutz und des Verfassers dieses Artikels. Stutz hat in seinem Artikel "Plötzlich sind sie richtig gefährlich" vom 29. März 2007 die Arbeit des DAP analysiert. Der Schreibende dieses Artikels landete in der ISIS für ein Interview mit Andrea Stauffacher vom Revolutionären Aufbau. Roger Monnerat wurde fichiert für ein Interview mit Efrem Cattelan, dem ehemaligen Chef der P-26. Monnerats Artikel zu P-26 und Fichenskandal trug den Titel: "Hör mal, es gibt in diesem Land eine Armee, die geheim ist ..."

Unklar ist, ob bloss die Artikel in einer gesamten WOZ-Fiche landeten oder ob aufgrund der Artikel auch über die drei Autoren eine persönliche Fiche angelegt wurde. Einsichtsgesuche der Betroffenen werden Klarheit bringen. Zudem will Györffy, dem aber nur die knappen Mitteilungen des Datenschützers vorliegen, nicht aber die ganzen Fichen, vor dem Bundesverwaltungsgericht die Herausgabe der Fichen erkämpfen. In der Auflistung zu Erwähnungen der WOZ im Geheimdienstcomputer steht zudem noch, dass der Geheimdienst 2001 einer ausländischen Behörde mitgeteilt hat, "dass die WOZ eine Zeitung ist".

Der dritte Treffer der Anfragen Györffys betraf WOZ-Redaktor Dinu Gautier. Die Fichen-Einträge beziehen sich jedoch nicht auf seine journalistische Arbeit, sondern auf seine frühere Tätigkeit als Politaktivist. Interessant ist dabei vor allem folgender Eintrag: "24.01.04: In Landquart durchgeführte Personenkontrolle im Rahmen des WEF 2004". Im Kessel von Landquart waren damals über tausend Personen kontrolliert worden. Der Staatsschutz hatte im Anschluss kommuniziert, dass die Daten gelöscht würden und man doch nicht vorhabe, Fichen anzulegen.

Zumindest bei Gautier war das aber doch der Fall, es ist also davon auszugehen, dass die Daten von Landquart nicht gelöscht wurden. Sind in der Schweiz also Hunderte, wenn nicht Tausende, fichiert? Klar ist: Alle Betroffenen können Einsichtsgesuche stellen. Györffy hofft, dass das geschieht, "um möglichst viel Licht ins Dunkel der Arbeit des Geheimdienstes zu bringen". Der Anwalt forderte an der Pressekonferenz uneingeschränktes Einsichtsrecht und will vom Bundesrat die Garantie, dass der Geheimdienst aufgrund der jetzigen Enthüllung keine Akten vernichtet, die zur Aufklärung des Skandals beitragen können.

Dass solche Fichierungen konkrete Auswirkungen haben können, zeigt der Fall Gautier:

Seine Einträge führten dazu, dass er im Januar 2008 mit Presseausweis und konkretem WOZ-Auftrag in der Tasche seine Arbeit nicht ausführen konnte. Er wurde bei Verlassen des WOZ-Büros auf Anweisung eines Staatsschutzbeamten, der ihn mit Namen ansprach, verhaftet und über vier Stunden festgehalten.

Noch ist vieles unklar. Was bedeutet das, ganz konkret für mich: Blinkt am Zoll im Computer etwas auf? Wurde ich deshalb kürzlich derart genau kontrolliert, mein Auto durchsucht? Liest DAP-Chef Urs von Däniken meine privaten SMS? Sind die WOZ-Telefone angezapft? Mein Festnetz, von welchem aus ich damals mit Andrea Stauffacher ihre Interviewergänzungen diskutierte? Kann mir meine journalistische Tätigkeit zum Nachteil werden? Ist Journalismus ein Verbrechen? Wird in der Schweiz jede Person, die ein Gesuch für eine Demonstration einreicht, im Staatsschutzcomputer gespeichert? Wird jeder, der politisch aktiv ist, irgendwo aufgelistet? Wiederholt sich die Geschichte? Sind sie in meinem Computer?

----------------------------------
SCHNÜFFEL-MULTI
----------------------------------

tagesanzeiger.ch (SDA) 23.7.08

Nestlé schliesst weitere Bespitzelungen wie im Fall Attac nicht aus

Die Infiltrierung von NGOs gehört laut dem Direktor der Nestlé-Rechtsabteilung Hans Peter Frick nicht zum Standardrepertoire des Schweizer Nahrungsmittelkonzerns. Dennoch schliesst er nicht aus, auch in Zukunft solche Massnahmen zu ergreifen.

Wenn Nestlé Gefahr drohe, könne er "nicht ausschliessen, auch künftig solche Massnahmen zu treffen", sagte Hans Peter Frick in Lausanne im Anschluss an eine erste Gerichts-Anhörung zum Fall der Bespitzelung der globalisierungskritischen Organisation Attac durch eine Securitas-Angestellte.

Im Auftrag von Nestlé hatte die Sicherheitsfirma eine junge Frau bei Attac eingeschleust. Sie rapportierte den Auftraggebern, welche Kritik Attac am Nahrungsmittelkonzern in der Öffentlichkeit üben wollte und welche Aktionen geplant waren.Die Bespitzelung war Mitte Juni durch die Sendung "Temps Présent" des Westschweizer Fernsehens bekannt geworden.

Laut Frick ist die Aushorchung der Waadtländer Attac-Sektion im Zusammenhang mit den Ereignissen im Vorfeld der G8-Demonstrationen vom Juni 2003 zu sehen. Bereits im Frühjahr 2003 sei bei einer Demonstration von Bauernführer José Bové, an der auch Attac beteiligt war, am Nestlé-Hauptsitz in Vevey grosser Sachschaden entstanden, erklärte Frick.

Attac habe danach zudem verlauten lassen, dass dies "nur das Apéro" gewesen sei und am G8-Gipfel der "Hauptgang" folge. Deshalb habe Nestlé im Hinblick auf den G8-Gipfel in Evian (F) Vorkehrungen treffen müssen. Dem Konzern sei es dabei darum gegangen, Angestellte, Gebäude und Anlagen zu schützen.

-----------------
BETTELN
------------------

Bund 24.7.08

Betteln in Bern

Thema: Sozialhelfer sehen das Betteln als unnötig an

"Bund" vom 22. Juli

Frisch von der Leber weg sprachen neulich Angestellte der Sozialen Dienste über Bettelnde im "Bund". Lauter beschämende und unschöne Vorurteile quollen dabei aus ihren Mündern. Die Berner Sozialarbeiter sind leider weit mehr als nur blasse Stehkragenproletarier, die täglich einer kaufmännischen Tätigkeit nachgehen. Sie setzen immerhin das Parteiprogramm der archaischen Disziplinargesellschaft in die Tat um, das da heisst: Wer schlappmacht, wird verwaltet. Abgesegnet wird dieses Credo der Berner Sozialdienste von einem Häuflein Menschen, das sonnabends der Oper oder dem Theater frönt. Leider arbeiten in den Berner Institutionen keine "Saint- Simons in schwarzen Lederjacken", die im Morgengrauen an gutbürgerliche Türen klopfen und nicht immer draussen vor der Tür warten.

Johannes Jortz, Bern

--------------------------
REVOULUZERN
---------------------------

Indymedia 23.7.08

Bahnhofs VoKü& Reclaim the Seats (LU)

AutorIn : kulturstattstadt

Am Dienstag Abend, 22.07.08 , fand auf dem Bahnhofplatz in Luzern die zweite Ausgabe des Reclaim the seats statt. Um 20.00 Uhr besammelten sich rund 70, durchaus friedliche und gut gelaunte Personen.
    
Am Dienstag Abend, 22.07.08 , fand auf dem Bahnhofplatz in Luzern die zweite Ausgabe des Reclaim the seats statt. Um 20.00 Uhr besammelten sich rund 70, durchaus friedliche und gut gelaunte Personen.

Mit der Aktion, wollte mensch darauf aufmerksam machen, dass das Verlangen nach einem autonomen Kulturzentrum immer noch besteht und auch durch die erhöhte Repression (polizeiliche Vorladungen Samstagabends, mehrere Anzeigen und laufende Verfahren) nicht aus der Welt geräumt wird. Im Gegenteil! Wir sind nicht bereit auf unsere Anliegen zu verzichten und werden auch weiterhin dafür auf die Strasse gehen und unsere Meinung kundtun. Solange unserer Kultur kein Platz eingeräumt wird, bleibt uns schlussendlich auch gar nichts anderes übrig, als diese auf öffentlichen Plätzen und Strassen auszuleben. Wir möchten hier noch mal ausdrücklich festhalten, dass wir keine Subventionen in Millionenhöhe fordern! Wir fordern kein Geld und/ oder finanzielle Unterstützung! Wir fordern ein Gebäude, in welchem wir herrschaftslos und selbstverwaltet unsere Ideen, Visionen und unsere Kultur ausleben können. Fernab von dem herrschenden komerziellen Einheitsbrei, dessen einziges Ziel es ist die Gewinne zu erhöhen. Auch wenn dadurch teils sexistische, rassistische und homophobe Muster unterstützt werden.

Kampf dem Kulturkommerz!
Autonome Freiräume jetzt sofort!
Öffentlicher Raum für Alle

-------
DNA
-------

Indymedia 23.7.08

Zwangsmässige DNA-Abnahme - Zwei Polizisten Verurteilt ::

Das Amstathalteramt Luzern, verurteilte zwei Polizisten des Amtsmissbrauch bzw. der Gehilfenschaft zum Amtsmissbrauch und der Tätlichkeiten.
Am 31.1.07 haben sie A.M. einen Wangenschleimhautabstrich gewaltsam abgenommen.
    
Am 31.1.07 wurde A.M. auf den Posten der Kantonspolizei Luzern geladen.
Dort wurde er kurz verhöhrt und danach Erkennungsdienstlich behandelt.
Obwohl es für die DNA-Abnahme eine Bewilligung von einem Untersuchungsrichter braucht, haben zwei Polizisten einen Wangenschleimhautabstrich genommen.

Dabei gingen sie nicht zimperlich vor. A.M. wurde von seinem Stuhl gestossen und ein Polizist kniete auf seinen Brustkorb. Der Andere würgte ihn, bis er keine Luft mehr bekam und den Mund für den WSA aufmachte.
A.M. erlitt dabei div. leichtere Verletzungen. schlimmer waren jedoch die psychischen Folgen, mensch stelle sich vor, wie es ist, in einem geschlossenen Raum von bewaffneten Männern zusammengeschlagen zu werden.

Dass die Polizei solche Massnahmen ergreift ist leider nichts Neues, immer wieder werden Leute von Polizisten schwer verletzt.
Erschreckend ist jedoch, dass sich während dem Verfahren herausstellte, dass die beiden Polizisten kaum etwas über die Rechte der von ihnen zu behandelnden Personen wussten.
Das heisst, dass sie in ihrer Amtszeit unzählige Menschen falsch behandelt haben bzw. nicht auf deren Rechte achteten.

Die beiden Polizisten wurden zu einer Busse von je Fr. 200.- verurteilt
und zu 10 Tagessätze zu je 160.- bzw. 5 Tagessätze zu je 190.- auf 2 Jahre Bewährung verurteilt.