MEDIENSPIEGEL 7.8.08

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps
- Schnüffelmulti: Nestlé-Spionin machte Fichen
- Schnüffelstaat: Die WoZ-Fische
- Biometrie: Das Referendum
- Rechtsextreme: Thaibox Sponsor Thor Steinar & PNOS
- Zwangsanwendungsgesetz bei Ausschaffungen

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REITSCHULE
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PROGRAMM:

Do 7.8.08
19.30 Los Fastidios (Italien) - Streetpunk - pünktlicher Beginn!!!
http://www.losfastidios.com/

21.00 Nur Sound (Bern) - Dubstep, Jungle, Drum'n'Bass, Elektro, Hiphop
http://www.myspace.com/nurnet

Fr 08.08.08      20.00 Uhr     Vorplatz       
The Monofones (Bern) - Garage House-Punk-Trash
http://www.myspace.com/monofones

Sa 09.08.08      
21.00 Uhr     Grosse Halle       
Balder-Fly-Preview 3: "Die Lust der Zerstörung"
http://www.konsortium-konsorten.org

22.00 Uhr     Grosse Halle
DJ Dave Canina (Electronica / House / Techno)

22.00 Uhr     Innenhof     
Grannysmith, The Bucks, dj's forensic + jane vayne
(Konzert zum SLP Saisonstart)
http://www.thebucks.ch
http://www.grannysmith.ch

So 10.08.08     19.00 Uhr     Vorplatz     
Fahrradkarawane Chiapas: Essen (ab 20Uhr im ifluss-Infoveranstaltung zur aktuellen Lage in Chiapas mit Caracol Freiburg)
http://www.chiapas-karawane.ch.vu

Vorplatz-Belebungs-Bar: Di-Sa ab 16 Uhr
Vorplatz-Belebungs-Infos: http://www.vorplatz.ch

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Bund 7.8.08

Kulturtipp

Subversiv und messerscharf

Los Fastidios/Monofones

Die Party geht weiter: Auf dem Vorplatz der Reitschule reisst der Reigen an Konzerten nicht ab. Heute Donnerstag reist mit den Los Fastidios aus Verona eine der bestbekannten italienischen Streetpunk-Combos an. Einfach gestrickte antifaschistische Liedchen tragen die Mannen in ihrem Song-Köcher, und wenn sie der italienischen Singsprache überdrüssig werden und der Protest auch international verständlich sein soll, wechseln sie ganz gerne in das schlechteste, und aber auch charmanteste je auf Bühnen dargebrachte Italo-Englisch. Allein das ist ein Gang auf den Vorplatz wert. Musikalisch weit verführerischer gehen die Monofones aus Bern zu Werke, die am Freitag an selbiger Stelle zu Gast sind. Der männliche Part des Trios war in Bands wie den Fuckadies und den Never Evers tätig, während die umwerfende Sängerin Miss 0.0. als DJ Olive Oyl die Stadt aus den Angeln zu heben pflegt. Das Ergebnis: Ungezügelter subversiver und messerscharfer Rock'n'Roll. (ane)

Reitschule Vorplatz Do und Fr, 7. und 8. Aug., 20 Uhr.

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SCHNÜFFEL-MULTI
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WoZ 7.8.08

Nestlégate

Was Sara alles wusste

Von Helen Brügger

Die von Nestlé beauftragte Spionin "Sara Meylan" hat Fichen über Attac-Mitglieder angelegt. Jetzt liegen zumindest einige der Akten den Betroffenen vor.

Demnächst spricht sich die Waadtländer Justiz erstmals zu "Nestlégate" aus, zur Infiltrierung der globalisierungskritischen Organisation Attac durch eine Securitas-Spionin im Dienst der Firma Nestlé. Das Westschweizer Fernsehen TSR hatte die Affäre im Juni aufgedeckt, Attac reichte Klage ein, und am 23. Juli fand die erste Anhörung vor dem Bezirksgericht Lausanne statt. Der Entscheid, ob die Polizei, wie Attac verlangt, bei Nestlé und Securitas eine Hausdurchsuchung durchführen muss, wird in den nächsten Tagen erwartet.

Am 10. Februar 2004 notiert "Sara Meylan", die Securitas-Spionin von Attac: "Anwesend: 17 Personen, darunter (...)" - es folgen Namen, Alter, Herkunft, politisches Profil, detaillierte Personenbeschreibung, Informationen über die Intensität des Engagements oder den Arbeitsort verschiedener Mitglieder. Rund sechzig Seiten solcher "Berichte" legten die Anwälte von Nestlé und Securitas am 23. Juli der Justiz vor. Die Informationen gehen weit über die physische Beschreibung der Anwesenden hinaus. So wird erwähnt, bei welchem Professor ein Politologiestudent studiert, oder festgehalten, ein anwesender Kolumbianer, der "seit drei Jahren in der Schweiz" sei und ein "zerdrücktes Gesicht" habe, wolle eine Solidaritätsorganisation mit kolumbianischen ArbeiterInnen auf die Beine stellen.

"Das sind keine Berichte, das sind wahre Fichen", sagt Attac-Anwalt jean-Michel dolivio. Fichen, die die Persönlichkeit der Ausspionierten verletzen und Attac-Mitglieder, besonders in Kolumbien, in Gefahr bringen könnten: "Sogar Privatadressen wurden notiert." Und Dolivo ist überzeugt, dass die Beklagten nicht alle Dossiers vorgelegt hätten. So fehlen Berichte über ein Attac-Forum zu Nestlé im Juni 2004, an dessen Organisation die Spitzelin teilgenommen habe und das die Auftraggeber Innen mit Sicherheit interessiert hätte. Dolivo verlangt deshalb eine einstweilige Verfügung, die erlaubt, allfällige weitere Dokumente zu beschlagnahmen. Die Anwälte von Nestlé und Securitas beteuerten hingegen vor Gericht, die vorgelegten Dokumente, die den Zeitraum zwischen September 2003 und Mai 2004 betreffen, seien alles, was sie "gefunden" hätten. Bisher hatte sich Nestlé immer damit verteidigt, die Beob achtung von Attac sei im aufgeheizten Klima des G8-Gipfels im Juni 2003 in Evian gerechtfertigt gewesen.

Trotz der auffälligen zeitlichen Lücken in den Fichen zeigt sich Jean- Michel Dolivo wenig optimistisch, was die Durchsetzung einer Hausdurchsuchung betrifft: "Wir befürchten, dass sich der Richter mit den von Nestlé vorgelegten Dokumenten zufriedengibt." Doch wie auch immer der demnächst erwartete Entscheid ausfällt, es handelt sich nur um die Vorstufe zum eigentlichen Zivilprozess. Attac will, dass die beiden Firmen wegen Persönlichkeitsverletzung ihrer Mitglieder zu einer Wiedergutmachung in Höhe von 27 000 Franken verurteilt werden. Parallel dazu hat sie eine Strafklage wegen illegaler Beschaffung von Informatio nen und Verletzung der Privatsphäre ihrer Mitglieder einge reicht sowie beim eidgenössischen Datenschutzbeauftragten wegen Ver letzung des Datenschutzgesetzes geklagt.

Dolivo bedauert, nur sehr "magere juristische Mittel" in der Hand zu haben: "Die eigentliche Debatte muss politisch sein." Er ist überzeugt, dass man mit Nestlégate lediglich einen kleinen Zipfel eines Netzes von privater Bespitzelung gelüftet habe. Für ihn das Schockierendste sei jedoch, dass die Waadtländer Kantonspolizei auf dem Laufenden war und Securitas so etwas wie "Zulieferdienste" für die Polizei geleis­tet habe. Ob dem wirklich so war, soll eine von der zuständigen Staatsrätin eingesetzte Untersuchungskommission klären. Derweil spricht sich der Neuenburger SP-Regierungsrat Jean Studer als Präsident der Westschweizer Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz dafür aus, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für private Überwachungs- und Sicherheitsfirmen zu verschärfen.

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SCHNÜFFEL-STAAT
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WoZ 7.8.08

Fichenaffäre

WoZ im Visier

Das Budget des Inlandnachrichtendienstes DAP ist geheim. Nicht aber die Staatsschutzentschädigungen, welche der Bund an die Kantone zahlt. Aus dem aktuellen Subventionsbericht geht hervor, dass 2006 die Staatsschutzentschädigungen 8,4 Mio Franken betrugen. Auf den Aussenposten arbeiten gemäss offizieller Angabe des DAP 130 Personen, die sich 84 Stellen teilen. Meist arbeiten SpitzelInnen unter dem Dach der Kantonspolizei oder - wie in Basel - der Staatsanwaltschaft. Dort geriet im Juni die "Gruppe 9" unter Verdacht, Angaben zu sechs kurdischstämmigen PolitikerInnen in den Datenbanken des DAP gespeichert zu haben. Mitte August teilte der Datenschützer Hanspeter Thür auch der WoZ mit, dass sie fichiert sei. Aber was kann das überhaupt sein, eine Fische? Ks
S. 3

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Neue Fichenaffäre

So ficht man heute

Von Kaspar Surber

Wie begann sie? Wie ist die WOZ betroffen? Und ist der Begriff "Fiche" überhaupt noch sinnvoll?

Der erste Fall: Am 26. Juni wird bekannt, dass sechs türkisch-kurdische PolitikerInnen von der "Fachgruppe 9" der Basler Staatsanwaltschaft beobachtet wurden. Die Gruppe belieferte mit ihren Informationen den Inlandnachrichtendienst, den Dienst für Analyse und Prävention, kurz DAP. Die Geschäftsprüfungskommission des Basler Grossrats wurde aufgrund von Hinweisen im vertraulichen kantonalen Staatsschutzbericht auf die Personenerfassung aufmerksam. Die "Basler Zeitung" erfährt aus einer inoffiziellen Quelle, dass insgesamt 110 000 Personen in den Datenbanken des DAP gespeichert sind. Ein Zehntel davon soll in der Schweiz leben. Offiziell wird die Zahl weder bestätigt noch dementiert. Weiter wird publik: Alle AusländerInnen, die sich einbürgern wollen, werden vom Nachrichtendienst sys tematisch einer Kontrolle unterzogen.

Der zweite Fall: Im Januar wird WOZ-Redaktor Dinu Gautier im Vorfeld der Anti-Wef-Kundgebung vor seinem Büro in Bern verhaftet. Gautier, die WOZ sowie je vier weitere Personen und Organisationen, die im betreffenden Haus arbeiten, stellen daraufhin ein Gesuch auf Einsicht in die Datenbanken des DAP. Am 15. Juli, drei Wochen nach der Enthüllung in Basel, teilt der eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür den Betroffenen mit, dass Dinu Gautier gespeichert ist (wegen Teilnahme an politischen Aktionen vor seiner Zeit bei der WOZ), weiter Balthasar Glättli, der Generalsekretär der MigrantInnenorganisation Solidarité sans frontières und grüner Gemeinderat in Zürich (als Gesuchssteller einer bewilligten Demonstration), und schliesslich die WOZ selbst. Mit drei Artikeln. Mit einer angeblich mit dem DAP geführten Korrespondenz. Mit einer Mitteilung an eine ausländische Behörde, dass die WOZ eine Zeitung sei.

Erstaunlich an der Antwort ist die hohe Trefferquote: drei Einträge bei zehn Anfragen! Vor allem aber die, wenn auch knappe, Beschreibung des Inhalts der Einträge. Üblicherweise teilt der Datenschützer auf entsprechende Anfragen die stets gleiche dadaistische Antwort mit: dass entweder Daten nicht unrechtmässig bearbeitet wurden oder dass er bei vorhandenen allfälligen Fehlern in der Datenbearbeitung eine Empfehlung an das zuständige Bundesamt gerichtet habe. Diesmal macht Thür von der Ausnahmeklausel Gebrauch: Sie erlaubt ihm, weitergehend zu informieren, "wenn damit keine Gefährdung der inneren und äusseren Sicherheit verbunden ist und wenn der gesuchsstellenden Person ein erheblicher Schaden erwächst" - beispielsweise in der Berufsausübung. "Ich habe nicht das erste Mal von der Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht", sagt Thür. "Aber es ist das erste Mal, dass ich auf Treffer gestossen bin."

Diese Fälle wecken Erinnerungen an die berüchtigte Fichenaffäre: 1989 wurde bekannt, dass insgesamt 900  000 Personen und Organisationen vom Staatsschutz "fichiert" wurden. "Fiche" ist die französische Bezeichnung für Karteikarte. DAP-Chef Urs von Däniken bestreitet eine neue Fichenaffäre. Und das übergeordnete Justizdepartement vermeldet, man dürfe bei den Basler GrossrätInnen nicht von einer Fichierung, lediglich von einer Datenbearbeitung ausgehen. Als ob nicht der Datenschutzbeauftragte in seiner Standardantwort unter Fichierung Datenbearbeitung versteht. Was also ist gegenwärtig unter einer Fiche zu verstehen?

Deutlicher Datenschützer

Eine Auskunft aus den Datenbanken des DAP ist für die BürgerInnen nur über den Umweg über den Datenschützer möglich. Dafür ist ihre Architektur öffentlich - festgehalten in den 22 Artikeln der "Verordnung über das Staatsschutz-Informations-System", kurz ISIS. Es besteht aus sechs Datenbanken.

Die Datenbanken sind nach Objekten, Meldungen und Relationen strukturiert. Ein Objekt ist eine Zusammenstellung von Daten, die sich auf eine oder mehrere Personen, Sachen oder Ereignisse beziehen. Meldungen sind Informationseingänge zu einem oder mehreren Objekten. Relationen sind die Beziehungen zwischen einzelnen Objekten und Meldungen. Die Objekte und ihre Relationen können grafisch dargestellt und gespeichert werden.

Wie sind nun die Auszüge zur WOZ in diese Architektur einzuordnen? Hans peter Thür: "Vier von fünf Einträgen über die WOZ befinden sich in der sechsteiligen ISIS-Datenbank unter der Rubrik 'Staatsschutz', wo personen- und ereignisbezogene Informationen aus der präventiven Staatschutztätigkeit verzeichnet sind. Ein Eintrag ist unter der Rubrik 'Verwaltung' verzeichnet." Die WOZ ist also ein Objekt in den Datenbanken des DAP. Mit Beziehungen zu anderen Objekten und Meldungen. Das würde heissen: Die WOZ ist im Visier des Staatschutzes.

Über der Verordnung zur Datenbank steht das Bundesgesetz zur Wahrung der Inneren Sicherheit (BWIS). Darin heisst  es: "Staatsschutzorgane dürfen Informationen über die politische Betätigung und die Ausübung der Meinungs-, Koalitions- und Versammlungsfreiheit nicht bearbeiten."

Beliefert, bearbeitet, kategorisiert und interpretiert werden die Datenbanken von den MitarbeiterInnen des DAP sowie seiner kantonalen Ableger wie etwa der Basler "Gruppe 9". Hinzu kommt, dass bei einem Polizeieinsatz im interkantonalen Konkordat alle erfassten Personalien automatisch an den DAP geliefert werden müssen.

Die Fragen, die sich stellen: Sammelt der Staatsschutz im grösseren Stil als jetzt bekannt - und verletzt damit verfassungsmässig verbürgte Rechte?

Zahlreiche Demonstrationen mündeten in einem sogenannten Kessel oder in Personenkontrollen. Die letzten Beispiele: Die Freiraum-Demo in Luzern, die Wef-Proteste in Bern und Basel. Sind die Kessel also Trichter zum DAP? Ist eine Datenbank in der Lage, sich selbst zu ermächtigen? Oder hat, wer die Daten am besten ordnen kann, die Macht? Welche Rolle spielen Datenbanken überhaupt in der Politik, in der Wirtschaft und im alltäglichen Leben? Bist du bald kein Subjekt mehr, sondern ein Objekt? Gibt es Subversionspotenzial? Den SBB bei der Routenbefragung immer einen falschen Zielort angeben, ein Kaff, eine Insel! Wir sind in einer neuer Ära: Es geht um ein Leben mit, in, durch Datenbanken! Der eigentliche neue Fichenskandal ist: Wir, die meis ten, haben davon noch fast keine Ahnung.

Untersuchungen laufen

Auf dem Tisch von Hanspeter Thür liegt nun auch der Basler Fall. Nachdem er über Umwege bekannt wurde, will ihn der Datenschützer selbst prüfen. Weiter will er Begriffsklarheit über den Aufbau und die Funktionen von ISIS. Auch die Geschäftsprüfungskommission (GPdel) der eidgenössischen Räte und die JuristInnen in Eveline Widmer-Schlumpfs Departement untersuchen die Vorkommnisse.

Niklaus Oberholzer, der als Jurist die PUK bei der Aufdeckung des 1989er Fichenskandals beriet, fordert: "Es braucht endlich ein klares Verfahren, wie der Staatsschutz tätig werden kann. Ist ein Verfahren abgeschlossen, sollen die Betroffenen von der Beobachtung in Kenntnis gesetzt werden."

Weiterhelfen könnte auch der Technikhistoriker David Gugerli von der ETH Zürich. Er arbeitet an einem Forschungsprojekt mit dem Titel "Datenbanken. Kulturgeschichte einer rechnergestützten Technik des späten 20. Jahrhunderts".

WOZ: Herr Gugerli, in Ihrem Forschungsprojekt ziehen Sie von Handbüchern von InformatikerInnen bis zu Filmen alle möglichen Quellen bei. Gibt es Ihrer Meinung nach ein Bild, das eine Datenbank treffend illustrieren würde?

David Gugerli: Nein. Datenbanken sind verteilt auf verschiedene Tabellen, auf verschiedene Rechner. Sie sind extrem abstrakt, und das ist auch ihre Stärke.

Aber von ihrem Einsatz gibt es Bilder?

In Spionagefilmen und Krimiserien ist es ein beliebter dramaturgischer Kniff, eine Datenbank einzusetzen. Interessant ist, dass früher der Suchbalken langsam lief - der Computer spuckte im letzten Moment den Namen aus, und die AgentInnen stürmten los. Heute wird eine Datenbank viel weniger aufwendig inszeniert.

Das heisst, ihr Einsatz ist selbstverständlich geworden?

Sehr selbstverständlich! Stellen Sie sich nur einmal vor, durch wie viele Datenbanken wir im Moment telefonieren, von der Adresssuche bis zum Gesprächskostenzähler. Aber kommen Sie besser vorbei, dann sprechen wir ausführlich über das Thema.

Somit in Kürze in der WOZ: Interview mit David Gugerli zu einer rechnergestützten Technik des späten 20. Jahrhunderts.

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BIOMETRIE
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WoZ 7.8.08

BIOMETRIE

Gegen Pässe

Die für März 2010 geplante Einführung der biometrischen Pässe soll verhindert werden. Das möchte ein überparteiliches Komitee, das vergangene Woche das Referendum lancierte. Bis Anfang Oktober müssen 50 000 Unterschriften zusammenkommen. Von links bis rechts findet das Anliegen breite Unterstützung: Von den Westschweizer Kommunisten und der AL über Juso und Grüne sind Kantonalparteien bis hin zur Jung-SVP und Schweizer Demokraten dabei. Als weitere UnterstützerInnen aufgeführt sind einzelne FDP- und SVP-VertreterInnen, und - in wohl einzigartiger Verbindung - ­rechte Webseiten wie www.patriot.ch, www.geistige-landesverteidigung.ch sowie der Chaos-Computer-Club, Fan-VertreterInnen wie die Muttenzerkurve und die MigrantInnenlobby Solidarité sans frontières. Eine unheilige Allianz vielleicht, ein Zweckbündnis ganz klar. Und einigen ist sicher nicht ganz wohl dabei, was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass das Anliegen Beachtung verdient. Am 13. Juni dieses Jahres beschloss das Parlament, dass SchweizerInnen zwingend biometrische Pässe und sogar Identitätskarten brauchen - Letzteres hatte nicht einmal der Bundesrat vorgesehen. Die Schweizer­Innen könnten somit nicht mehr entscheiden, ob sie ihre biometrischen Daten speichern lassen wollen - sie werden dazu gezwungen. Die Fingerabdrücke sollen ausserdem in einer zentralen Datenbank gespeichert werden. Eine Datenbank, die die Schweiz unnötigerweise und in vorauseilendem Gehorsam gegenüber den USA einführen will - selbst EU-Staat Deutschland sammelt beispielsweise die Fingerabdrücke nicht. sib

Unterschriftsbogen: www.freiheitskampagne.ch


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RECHTSEXTREME
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WoZ 7.8.08

Nazimode-Rechtslastige Kleidermarke sponsert Basler Sportevent.

Thaiboxen für Thor

Als am letzten Samstag in der Basler Markthalle um den Weltmeistertitel im Thaiboxen gekämpft wurde, sorgten einige Exmisskandidatinnen und sonstige B- und C-Promis für eine Prise Glamour am grossspurig mit "Swiss Las Vegas Fight Night" angepriesenen Event. Von der testosterongesättigten Ambiance wollte auch ein zweifelhafter Sponsor profitieren.

Der Privatsender Star-TV ­sendete am Sonntag eine Aufzeichnung der vier besten Kämpfe. Am Bildschirm unübersehbar waren Werbebanner der deutschen Kleidermarke Thor Steinar, die sich in der Neonaziszene grosser Beliebtheit erfreut und deren Kollektion in Deutschland und Tschechien auch schon von Behörden beschlagnahmt worden ist. Im Gegensatz zu anderen bei Neonazis beliebten Marken wie Lonsdale hat sich Thor Steinar nie explizit vom Rechtsextremismus distanziert. In der Schweiz wurden die Kleider für kurze Zeit vom ehemaligen Hammerskin Adrian Segessenmann vertrieben.

Harmloser Webauftritt

Benjamin Aebischer, der Organisator der "Swiss Las Vegas Fight Night", sieht sich von Thor Steinar getäuscht: "Wir haben die Sponsoringanfrage erst im letzten Moment erhalten. Die Firma hat uns einen tiefen vierstelligen Sponsoringbeitrag angeboten." Er habe die Marke nicht gekannt und daher deren Homepage besucht; die sei aber "unverdächtig dahergekommen".

Tatsächlich wirkt Thor Steinars Web-Auftritt harmlos. Die auf der Webseite angepriesenen Kleidungsstücke sind auf den ersten Blick nicht von herkömmlicher Mode zu unterscheiden. Bei genauerer Betrachtung sind aber zahlreiche Verweise auf altgermanische Mythen, die koloniale Vergangenheit und auf das Dritte Reich zu finden. Über dem Schriftzug "Flugschule" sind beispielsweise zwei Messerschmitt-Kampfflieger aus dem Zweiten Weltkrieg zu sehen.

Für Eventorganisator Aebischer ist klar: "Wir werden diesen Sponsor künftig nicht mehr berücksichtigen." dg


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Bund 7.8.08

Rechtsextreme treten wieder an

In Langenthal finden am 26. Oktober die Gemeindewahlen statt

Die rechtsextreme Pnos will bei den Wahlen in Langenthal ihren Sitz im Stadtrat verteidigen. Noch ist nicht klar mit wem. Klar ist nur, dass die anderen Parteien auf einen Misserfolg der Pnos hoffen. Denn: Ein Rechtsextremer im Parlament habe der Stadt nichts als Negativ-Schlagzeilen gebracht.

Die letzten Gemeindewahlen in Langenthal haben vor vier Jahren landesweit für Schlagzeilen gesorgt. Zum ersten Mal hatte ein Mitglied einer rechtsextremen Gruppierung die Wahl in ein Schweizer Gemeindeparlament geschafft. Der damals zwanzigjährige Strassenbauer Tobias Hirschi, Mitglied der aus einer Skinheadgruppe hervorgegangenen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) hatte die Wahl knapp geschafft - auch dank zahlreichen Panaschierstimmen.

Dicke Stricke hat Hirschi seither nicht zerrissen. Er wird als unbedarft und politisch harmlos beschrieben. Er sei weder positiv noch negativ aufgefallen, sagt etwa SVP-Präsident Roland Christen. Er wie auch Exponenten anderer Parteien hoffen, die Pnos werde es am 26.Oktober nicht mehr schaffen. Hirschi habe Langenthal nichts gebracht, "ausser ein schlechtes Image", sagt EVP-Präsident Daniel Steiner. Er hoffe, die Protestwähler, die ihm zum Sitz verholfen hätten, seien sich dieser Konsequenz in der Zwischenzeit bewusst geworden.

Pnos kommt - aber mit wem?

Die Wahlchancen der Pnos werden unterschiedlich eingeschätzt: Sein Bauchgefühl sage ihm, dass es der Pnos diesmal nicht mehr reichen werde, meint SVP-Präsident Christen. Anders SP-Wahlkampfleiterin Rebekka Leuthardt: Die Pnos dürfe nicht unterschätzt werden, sagt sie. Der Ausgang sei "völlig offen" - aus ihrer Sicht werde es auf die Mobilisierung der Jungen ankommen. Fest steht jedoch, dass die Pnos zu den Wahlen antreten wird. "Wir kommen definitiv", sagt Dominic Lüthard, Leiter der Ortsgruppe - ob erneut mit Hirschi oder mit einem neuen Kandidaten werde erst in einer Woche bekannt gegeben. Das Ziel sei die Verteidigung des Sitzes. Kritik an Hirschis Arbeit weist Lüthard zurück. Für die anderen, etablierten Parteien sei es einfach, so zu reden. Immerhin habe Hirschi versucht, etwas zu machen. "Dass er versagt haben soll, das sehe ich nicht so." Zudem sei die Pnos neu in der Politik - "dies waren unsere ersten Gehversuche". Lüthard nimmt an, dass die Pnos in Langenthal nochmals zulegen wird. Bei den Grossratswahlen 2006 hatte sie dort mit 3,4 Prozent bereits einen höheren Wähleranteil erreicht als bei den Gemeindewahlen mit 2,4.

Dölf Barben

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ZWANGSANWENDUNGS-GESETZ AUSSCHAFFUNGEN
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be.ch 7.8.08

Kurzinformation aus dem Regierungsrat

Zwangsanwendungsgesetz: Anhörung zu den Ausführungsbestimmungen

Der Regierungsrat des Kantons Bern hat die Ausführungsverordnung zum Zwangsanwendungsgesetz, das die Anwendung von polizeilichem Zwang gesamtschweizerisch regelt, zur Kenntnis genommen. In seiner Antwort an den Bund hält der Regierungsrat fest, dass die Einsatzkräfte noch geschult und ein entsprechendes Schulungskonzept erstellt werden muss. Es sei deshalb zu früh, das Gesetz und die Verordnung bereits auf den 1. Januar 2009 in Kraft zu setzen. Als mögliche Einführungstermine schlägt der Regierungsrat den 1. April 2009 oder den 1. Juli 2009 vor.
Das Zwangsanwendungsgesetz will sicherstellen, dass körperliche Gewalt, Hilfsmittel und Waffen den Umständen angemessen eingesetzt werden und die Integrität der betroffenen Personen grösstmöglich gewährleistet bleibt. Die Verordnung legt fest, welche Zwangsmittel in bestimmten Situationen angewendet werden dürfen und listet die zulässigen Hilfsmittel und Waffen auf.

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ejpd.admin.ch 22.5.08
Info-Seite EJPD
http://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/themen/sicherheit/ref_gesetzgebung/ref_zwangsanwendung.html

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amnesty.ch 14.3.08
Lieber kein Zwangsanwendungsgesetz als eines mit "Taser"
http://www.amnesty.ch/de/media/medienmitteilungen/2008/zwangsanwendungsgesetz-ohne-taser/?searchterm=grosser

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djs-jds.ch 25.2.05
Stellungnahme der Demokratischen JuristInnen Schweiz
http://www.djs-jds.ch/index.php?option=com_content&task=view&id=26&Itemid=52