MEDIENSPIEGEL 28.8.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (The Apples & Oddateee, Filewile)
- Police BE: Blättler zu Demos, Fussball + Reitschule
- Botellon-Mania: Keine Plätze von der Obrigkeit
- Politiker in Nöten
- Schnüffel-Staat: Interpellation im Stadtrat (4.9.)
- Schnüffel-Multi: Was weiss Nestlé noch?

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REITSCHULE
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PROGRAMM:

Mi 27.08.08      
20.00 Uhr - Vorplatz - Offene Bühne (Streeet Art)
20.30 Uhr - Grosse Halle - Balder Fly - 378 Jahre Artisten, Tiere, Sensationen Konsortium & Konsorten. Regie: Wolfgang Klüppel.
22.00 Uhr - Grosse Halle - Pastor Leumund mit Micromops

Do 28.08.08     
20.00 Uhr - Vorplatz - Moll & Fischer (Wold Beats & Loops)
20.30 Uhr - Grosse Halle - Balder Fly - 378 Jahre Artisten, Tiere, Sensationen Konsortium & Konsorten. Regie: Wolfgang Klüppel.

Fr 29.08.08     
20.00 Uhr - Vorplatz - Culture Factory presents: Skinhead Reggae meets African Reggaes
20.30 Uhr - Grosse Halle - Balder Fly - 378 Jahre Artisten, Tiere, Sensationen Konsortium & Konsorten. Regie: Wolfgang Klüppel.
22.00 Uhr - Dachstock - The Apples & Oddateee (style: funk/turntablism/odd hiphop)

Sa 30.08.08     
14-18 Uhr - Grosse Halle - Pferdereiten in der Reitschule
20.00 Uhr - Vorplatz - DJ Strangie (Bern) (From Frenchcuts to Electrotrash)
20.30 Uhr - Grosse Halle - Balder Fly - 378 Jahre Artisten, Tiere, Sensationen Konsortium & Konsorten. Regie: Wolfgang Klüppel.
23.00 Uhr - Dachstock - Mouthwatering Clubnight: Signal Deluxe & Filewile supported by: DJs Kev the Head & Dustbowl, Visuals by Optickle. (style: breakbeats/electro/)

So 31.08.08     
14-18 Uhr - Grosse Halle - Pferdereiten in der Reitschule
20.30 Uhr - Grosse Halle - Balder Fly - 378 Jahre Artisten, Tiere, Sensationen Konsortium & Konsorten. Regie: Wolfgang Klüppel.

Infos: www.reitschule.ch & www.vorplatz.ch (Bar ab 16 Uhr geöffnet)

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Bund 28.7.08

Party im Fettverbrennungsbereich

Sounds: The Apples und Oddateee

An Konzerten von The Apples hält die Ekstase in den Jazz Einzug. Die groovende Blaskapelle aus Israel lässt keine Achselhöhle trocken.

Einigermassen selten ist die Ekstase im Jazz zu Gast. Noch seltener kommt es vor, dass jazzgeschulte Musiker sich mit Songmaterial von Bands wie Rage Against The Machine auseinandersetzen. Und schier unmöglich schien es bisher, dass ein ganzer Club voller hipper Leute während eines Sopransaxofonsolos in zügelloses Hüpfen gerät.

Die Gruppe, die dies alles bewerkstelligt, heisst The Apples, ein ungestümes neunköpfiges Kollektiv aus Israel, ausgestattet mit einem knackigen Bläsersatz, einer wunderbar leicht federnden Rhythm Section, zwei Scratchern und einer auffallenden Passion für Grooves, die keine Achselhöhle trocken lassen.

Zugegeben: Mit Jazz im eigentlichen Sinne hat die Ekstase von The Apples nur am Rande zu tun. In ihrer Musik steht das groovende Kollektiv vor dem virtuosen Solieren, das zwischen Gelassenheit und Heissblütigkeit schillernde Temperament des Funks vor jeglicher Bigband-Disziplin. Doch die prickelndsten Momente schaffen die Mannen dann doch, wenn sie mit draufgängerischen instrumentalen Einzelvorstössen die Coolness brechen, wenn die Plattenspieler zu spitzen Perkussionsinstrumenten mutieren und wenn der Schlagzeuger auch die blechigen Komponenten seines Instruments ins Spiel bringt.

Fader Tonträger

Auf ihrem kürzlich erschienenen zweiten Tonwerk "Buzzin' About" erreichen The Apples die Intensität ihrer Auftritte nur ansatzweise. Was in den Clubs das Kondenswasser von der Decke tropfen lässt, was sich im Affekt des Live-Moments und in der Interaktion zum wahren musikalischen Lustgipfel aufbläht, bleibt auf CD sonderbar wohltemperiert und eher belanglos. Wem indes der Sinn nach einer Party im Fettverbrennungsbereich steht, der sollte den Berner Auftritt dieser groovenden Mannschaft nicht verpassen.

Im Vorprogramm wird der aparte Rapper Oddateee den eher elektronisch gebrochenen Beats huldigen. Mit Kooperationen mit Untergrundaktivisten wie dem Antipop Consortium, DJ Spooky oder als Rapper auf dem experimentellsten Album der Sofa Surfers, hat er seine Vorliebe zum Randständigen-Hip-Hop mehrfach untermauert. (ane)

Reitschule Dachstock Freitag, 29. August, 22 Uhr.

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BZ 28.7.08

Seelenverwandte im elektronischen Sinne

Filewile machen sich mit frischen Ideen und eindringlichen Beats auf eine kleine Tour durch die Schweiz. Am Samstag tritt das Berner Elektroduo in der Reithalle auf.

Es gibt in Bern nur ein paar ausgesuchte Acts, die sich in ihrer Heimatstadt genauso wohl fühlen wie auf dem internationalen Parkett. Filewile, bestehend aus den DJs und Produzenten Dejot und Dustbowl, gehören da definitiv dazu. Angefangen hat alles lange, bevor das Projekt "Filewile" in den Köpfen der beiden Musiker Form angenommen hatte. Denn während Daniel Jakob alias Dejot von der Existenz seines musikalischen Seelenverwandten noch nichts wusste, trat er als Kopf der Mundart-Band Merfen Orange auf und stürmte mit dem einen oder anderen Ohrwurm die Hitparaden. Zeitgleich betätigte sich Andreas Ryser - mit Künstlernamen Dustbowl - als Produzent beim Berner Kontrabassisten Mich Gerber und bediente mit seinem Partylabel "Mouthwatering Clubnight" Liebhaber der elektronischen Musik mit ausgewählten Leckerbissen. Vor fünf Jahren kreuzten sich die Wege der beiden, seitdem sind sie mit Laptops als Filewile unterwegs.

Kaum wegzudenken

Dabei ergänzten sich Ryser und Jakob mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen in der Musikszene so gut, dass das Projekt "Filewile" in Bern bald in aller Munde war. Die beiden verarbeiteten in ihrem Sound verschiedene musikalische Einflüsse, trotzdem blieb das Ganze frisch und tanzbar. Es ging nicht lange und Filewile war aus der Berner Elektroszene kaum mehr wegzudenken.

Doch das Projekt entwickelte eine Eigendynamik, denn es blieb nicht bei den paar neugierigen Bernern, die sich auf die Website des Duos einklickten. Bald einmal entdeckte ein internationales Publikum die beiden Produzenten. Und seit es auf filewile.com monatlich neue Tracks herunterzuladen gibt, wird die Seite der umtriebigen Berner jährlich von 75000 Menschen besucht. Doch Filewile wissen nicht nur im Internet die Aufmerksamkeit von Musikliebhabern zu erregen.

Überall zu Hause

In Barcelona haben Dejot und Dustbowl mit ihrem Batteriebetriebenen Soundsystem im Rahmen des Festivals für elektronische Musik Sonar als Strassenmusiker überrascht. Und auch in Mexiko haben sie sich mit ihrem innovativen Sound eine Fangemeinde erspielt. Doch weil es zu Hause immer noch am schönsten ist, begeben sich Filewile auf eine kleine Tour durch die Schweiz. In vier Tagen treten sie in vier verschiedenen Städten auf, um Liebhaber der elektronischen Musik zu begeistern. Am Samstag gibt das Duo dann nach Auftritten in Winterthur, Zürich und Willisau ein Heimspiel im Dachstock der Berner Reitschule. Die beiden werden vom mexikanischen Elektroact Signal Deluxe unterstützt.

Sarah Elena SchwerzmannKonzert: Filewile live mit Signal Deluxe, Samstag, 30.8., Dachstock Reitschule Bern, ab 23 Uhr.

www.dachstock.ch

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POLICE BE
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BZ 28.7.08

Polizeikommandant Stefan Blättler:

"Demos sind für uns kein Samstagnachmittagsvergnügen"

Anfang Jahr wurde die Stadtpolizei in die Kantonspolizei überführt. "Pickelhart" sei das erste halbe Jahr mit WEF-Demos und der Euro gewesen, sagt Kommandant Stefan Blättler - "aber Spass gemacht hat es trotzdem".

Stefan Blättler, ist die Stadtpolizei in der Kantonspolizei angekommen?

Stefan Blättler: Ich habe immer gesagt, das ist ein Prozess, und während eines solchen Prozesses ist es schwierig, Bilanzen zu ziehen. Der Prozess befindet sich aber auf guten Wegen. Ich stelle fest, dass die Polizei ihre Leistung erfüllt. Wir haben das im ganz, ganz schwierigen ersten halben Jahr bewiesen.

Vor dem Zusammenschluss herrschte im Korps der Stadtpolizei Verunsicherung. Wie ist jetzt die Stimmung?

Die Stimmung ist an sich gut, doch es gibt Fragen, die letztlich mit diesem Projekt zu tun haben. Es gibt Fragen der Bestände zu lösen und die Lücken zu schliessen. Aber es gibt auch Lohnfragen im Zusammenhang mit Entschädigung und Nachtarbeitszeit. Das sind alles Sachen, die wir gewusst haben.

Sie brauchen also die von Regierungsrat Hans-Jürg Käser geforderten 200 neuen Stellen?

Ja, so viele brauchen wir.

Wie wollen Sie diese Leute rekrutieren, der Arbeitsmarkt ist ja im Moment ausgetrocknet?

Bessere Rahmenbedingungen können die Attraktivität unserer Jobs entscheidend steigern. Der Polizei-Verband fordert seit langer Zeit zum Beispiel Nachtzeitgutschriften. Die Regierung weiss das.

Wie sehen Sie die politischen Chancen für zusätzliche Stellen? Im Grossen Rat wurde ein Postulat zur Überprüfung und Anhebung der Bestände einstimmig überwiesen. Die politische Grosswetterlage scheint gut.

Ist Ihre Arbeit mit der grösseren Polizei schwieriger geworden?

Ja, (lacht) der Laden wurde grösser und ich stelle mir die Frage, habe ich die nötige Steuerungsstruktur, habe ich die nötige Information zeitgerecht, was muss ich wissen, und was kann ich nicht mehr wissen. Das erste halbe Jahr war für das Korps und den Kommandanten ziemlich happig. Aber es macht trotzdem Spass.

Besonders die Euro, die ja ohne Probleme ablief?

Ja, die Euro verlief sensationell gut. Wir haben die Chance genutzt, uns als ein grosses Korps zu präsentieren. Das hat Kitt gegeben und das Zusammengehörigkeitsgefühl gefördert.

Wie viele Überstunden sind dabei angefallen?

Das können wir noch nicht sagen. Aber es hat Überstunden gegeben. Einen Teil davon können sich die Leute auszahlen lassen, wenn sie dies wünschen, ein Teil wird auch zeitlich kompensiert.

Geht das ohne Leistungsabbau?

Es gibt Phasen, da läuft erfahrungsgemäss nicht viel, etwa im November, Dezember und Anfang Januar. Ende Jahr sehen wir, wie der Stand ist.

Die Überzeitsituation hat sich noch nicht entkrampft?

Nein, deshalb brauchen wir ja 200 Polizisten mehr. Wir haben nicht nur die Euro abgedeckt, sondern mussten im pickelharten ersten halben Jahr mit enorm viel Aufwand auch für andere Grossanlässe und Demos die Sicherheit gewähren.

Wie viel tragen Sportveranstaltungen zu den Überstunden bei?

Die Sportveranstaltungen machen mir Sorgen. Im ersten halben Jahr haben wir bei den Fussballspielen bewusst viele Leute gestellt, damit es zu keinen Eskalationen kam. Wir wollten kurz vor der Euro nicht wegen einiger dummer Fans in die Schlagzeilen kommen. Doch eine so grosse Präsenz kann auf die Dauer nicht die Lösung sein.

Was ist denn die Lösung?

Mit den Klubs erarbeiten wir ein Konzept, damit es weniger Polizisten braucht. Es geht darum, die Fans zu trennen und Randalierer sauber identifizieren zu können. Randalierer müssen angezeigt und mit einem Rayonverbot bestraft werden. Bei den ersten Spielen der neuen Saison haben wir das durchexerziert. Das hat heilende Wirkung.

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat?

Gut. Die Stadt sagt nach wie vor, ob sie eine Demonstration will. Das ist auch richtig. Über die Bedingungen diskutiert man gemeinsam, dann sorgen wir dafür, dass diese Bedingungen eingehalten werden. Im Moment klappt das. Klar, Anfang Januar haben wir bei den WEF-Demos viele Polizisten aufgestellt. Aber wir haben in der neuen Struktur bewiesen, dass wir selbst bei schwierigen Ereignissen für Ordnung sorgen können. 99 Prozent der Veranstaltungen laufen mit einer Handvoll Polizisten reibungslos ab. Ich bin optimistisch, dass wir in Zukunft bei Demos nur noch selten mit Grossaufgeboten auffahren müssen.

Auch wenn sich Chaoten nicht an die Spielregeln halten?

Es gibt Grenzen. Es darf keine Gewalt geben und es darf keine Sachbeschädigungen geben, sonst müssen wir einschreiten. Man darf Gewalt nicht laufen lassen, man darf nicht zwei Farbbeutel gewähren lassen und beim dritten einschreiten. Es gibt ein Strafgesetzbuch, das sagt, was Sache ist.

Im Moment läuft die politische Diskussion, ob es nur noch Platzdemos und keine Umzüge mehr geben soll.

Es ist ein politischer Entscheid, ob eine Platzdemo oder ein Umzug stattfinden soll. Die Polizei kann im Einzelfall einschätzen, wie viel höher das Sicherheitsrisiko bei einem Umzug ist, als bei einer Platzdemo.

Sie sind also nicht grundsätzlich gegen Umzüge?

Nein, gar nicht.

Viele Bürger ärgern sich, weil die Polizei vermummte Demonstranten gewähren lässt.

Vermummtsein ist strafbar. Doch man muss sich bewusst sein, wenn 500 Leute demonstrieren und 40 tragen eine Maske, ist es eine Frage des Aufwandes, des Ertrages und der Verhältnismässigkeit, diese aus dem Umzug herauszunehmen. Tut man es, würde man zwar die Gesetzesübertretung der Vermummung ahnden, doch kann dies Auseinandersetzungen im grossen Stil auslösen.

Für Ärger sorgt auch, dass gewalttätige Demonstranten sich in die Reithalle zurückziehen. Warum lassen Sie das zu?

Die Reithalle hat mit der Stadt einen Leistungsvertrag. Damit ist die Reithalle nicht eine Zone ausserhalb jeder Rechtsvorstellung. Aber die Demonstranten haben das Recht, nach einer Demo hinzugehen, wo sie wollen.

Und wenn die Demo unfriedlich war?

Dann muss unsere Zielsetzung sein, die unfriedlichen Leute ins Recht zu fassen. Die Reithalle ist nicht nur das Thema der Polizei, sondern auch der Stadt Bern. Diese muss entscheiden, welche Verträge sie mit den Betreibern haben will und in welcher Form die Information stattfinden soll. Wenn die Gemeinde Wünsche an uns hat, greifen wir in der Reithalle entsprechend ein. Bei Straftaten tun wir das von uns aus. Lärmprobleme jedoch können nicht primär wir lösen.

Ist es für die Polizei gefährlich, in der Reithalle zu operieren?

Die Polizei kann in die Reithalle. Es ist allerdings ab und zu schwierig, an gewissen Abenden oder bei gewissen Veranstaltungen, zu intervenieren. Das ist ein Thema, das wir zurzeit mit der Stadt diskutieren. Man darf nicht verharmlosen, dass es dort Menschen gibt, die äusserst aggressiv auf die Polizei reagieren.

Inwiefern hallen die Krawalle vom 6.Oktober bei der Polizei noch nach?

Ich habe mich bisher dazu sehr zurückhaltend geäussert, weil ich noch nicht in der Verantwortung gewesen bin. Doch der 6.Oktober hat für uns alle einen Lernprozess ausgelöst. Zum Beispiel, dass man in der Deeskalationsstrategie das dritte D nicht vergessen sollte - nämlich das Durchgreifen. Kein Polizist wünscht sich, durchgreifen zu müssen. Kein Polizist reisst sich darum, am Samstag als Grenadier in der Stadt zu sein, wenn zu Hause Frau und Kinder auf ihn warten. Demos sind für uns kein Samstagnachmittagsvergnügen. Deshalb ist wichtig, dass man jedes Mal Grenzen aufzeigt. Das war die Lehre vom 6.Oktober.

Nach dem 6. Oktober wurde die uniformierte Präsenz in der Innenstadt markant erhöht. Ist man noch auf diesem Level?

Im Rahmen unserer Mittel schreiben wird uniformierte Präsenz gross. Doch wir haben nicht nur die Altstadt, sondern auch andere Quartiere und Gemeinden in der Agglomeration, die genauso Recht darauf haben. Der Leistungsauftrag mit der Stadt gilt immer noch.

Genügen die von der Stadt bestellten Polizeileistungen, um die Ende letzten Jahres erhöhte Präsenz so weiterzuführen?

Selbst wenn ich die 200 zusätzlichen Polizisten bekomme, kann ich diese nicht nur in der Stadt einsetzen. Ich bin für die Sicherheit des ganzen Kantons zuständig. Die Bedürfnisse des Oberhasli oder des Jura sind genauso wichtig.

Das heisst also, die Stadt Bern erhält nur mehr Polizei, wenn sie auch mehr bestellt?

Die Stadt muss diskutieren, was sie sich die Sicherheit kosten lassen will.

Interview: Jürg SporiAdrian Zurbriggen

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BOTTELON-MANIA
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Infodienst der Stadt Bern 27.8.08

Gemeinderat stellt keine Plätze für "Botellones" zur Verfügung

Der Gemeinderat hat an seiner heutigen Sitzung bekräftigt, dass er ein kollektives Rauschtrinken ("Botellón") auf öffentlichem Grund der Stadt Bern ablehnt. Er hat die Kantonspolizei angewiesen, im Rahmen der Verhältnismässigkeit die notwendigen polizeilichen Massnahmen zu ergreifen. Ebenso vor Ort sein werden Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen des Jugend- und Gesundheitsschutzes.

Seit einiger Zeit wird im Internet für das Wochenende vom 29. und 30. August 2008 zu einem "Botellón" auf dem Bundesplatz oder auf einem anderen öffentlichen Platz in der Stadt Bern aufgerufen. Bisher haben mehrere hundert Personen auf den entsprechenden Webseiten angekündigt, daran teilzunehmen. Der Gemeinderat hat an seiner letzten Sitzung bekräftigt, dass er nicht bereit ist, für derartige Anlässe den Bundesplatz oder einen anderen öffentlichen Platz zur Verfügung zu stellen.

Kein Bewilligungsgesuch für "Botellón"

Der Gemeinderat hält dazu fest, dass der öffentliche Grund - und dazu gehören Plätze wie der Bundesplatz - nicht über den gewöhnlichen Gemeingebrauch benützt werden dürfen, ausser es wird dafür eine Bewilligung erteilt. Bei einem "Botellón", an dem tausend oder mehr Personen teilnehmen, handelte es sich um einen gesteigerten Gemeingebrauch des öffentlichen Grundes. Derzeit liegt kein entsprechendes Bewilligungsgesuch vor,.

Negative Begleiterscheinungen

Er begründet seine Haltung damit, dass "Botellones" den Bestrebungen widersprechen, welche die Stadt in der Alkoholprävention sowie im Jugend- und Gesundheitsschutz unternimmt. Wie die Erfahrungen andernorts zeigten, führe das kollektive Rauschtrinken oft zu Unfällen, Verletzungen, gesundheitlichen Schäden und medizinischen Notfällen. Hinzu kommen laut Gemeinderat negative Begleiterscheinungen wie Abfall, Lärm und Gewalt.

Sicherheit gewährleisten

Der Gemeinderat hat daher die Kantonspolizei angewiesen, bei einer allfälligen Durch-führung eines "Botellón" auf öffentlichem Grund im Rahmen der Verhältnismässigkeit alle erforderlichen polizeilichen Massnahmen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu treffen. In diesem Falle würden auch Vertreterinnen und Vertreter der Gewerbepolizei, von PINTO sowie von Suchthilfe-Organisationen vor Ort präsent sein, welche im Sinne des Jugendschutzes tätig sein würden.

Informationsdienst der Stadt Bern

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Bund 28.7.08

Suchthilfe am Botellón

Stadt Bern Der Gemeinderat hat an seiner letzten Sitzung bekräftigt, dass er ein kollektives Rauschtrinken auf öffentlichem Grund ablehnt. Für das nächste Wochenende haben Unbekannte zu einem Botellón aufgerufen; über 1000 Personen haben sich bereits angemeldet. Wo in der Stadt Bern das Trinkgelage stattfinden soll, ist noch unbekannt. Wie der Gemeinderat mitteilt, ist er nicht bereit für den Anlass einen öffentlichen Platz zur Verfügung zu stellen. Die Kantonspolizei sei deshalb angewiesen worden, bei einer allfälligen Durchführung des Botellón "im Rahmen der Verhältnismässigkeit alle erforderlichen Massnahmen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu treffen". Auch Vertreter der Gewerbepolizei, von Pinto sowie von Suchthilfe-Organisationen würden vor Ort geschickt. (pd/ige)

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BZ 28.7.08

Massenbesäufnis

Hügli: "Wir sind bereit"

Gestern hat der Gemeinderat bekräftigt, dass man kein Massenbesäufnis auf öffentlichem Grund dulden wird. Falls der Botellón stattfindet, seien die Blaulichtorganisationen aber vorbereitet, sagt Sicherheitsdirektor Hügli.

"Der Botellón in Bern findet definitiv am 30.August statt", heisst es auf der Internetplattform Facebook. "Lasst die Party starten, und zeigen wir, wer die beste Partystadt der Schweiz ist", schreibt ein User unter dem Pseudonym "Bruno Biertrinker". 1129 Facebook-Mitglieder haben angekündigt, am kollektiven Trinkgelage in der Stadt Bern teilnehmen zu wollen. Wo dieses stattfinden soll, ist weiterhin unklar. Auf einschlägigen Internetseiten wird derzeit die Grosse Schanze als voraussichtlicher Treffpunkt angegeben.

"Kein Gesuch eingegangen"

An seiner gestrigen Sitzung hat der Gemeinderat erneut bekräftigt, dass er keine Plätze für das öffentliche Besäufnis zur Verfügung stellen will. Der Gemeinderat hält fest, dass "der öffentliche Grund nicht über den gewöhnlichen Gemeingebrauch benützt werden darf, ausser es wird dafür eine Bewilligung erteilt". Wie Sicherheitsdirektor Stephan Hügli auf Anfrage sagte, liegt derzeit kein Bewilligungsgesuch vor.

Wie der Gemeinderat in einer Mitteilung weiter ausführt, widerspreche der sogenannte Botellón (Spanisch: Riesenflasche) den Bestrebungen, welche die Stadt in der Alkoholprävention sowie im Jugend- und Gesundheitsschutz unternehme.

Laut Sicherheitsdirektor Hügli ist die Kantonspolizei angewiesen worden, bei einer allfälligen Durchführung des Anlasses "im Rahmen der Verhältnismässigkeit alle erforderlichen Massnahmen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu treffen". Vertreter von Gewerbepolizei, Pinto und Suchthilfe-Organisationen werden demnach ebenfalls vor Ort sein.

"Keine Notunterkunft"

Anders als in Zürich, wo sich Zivilschützer um betrunkene Jugendliche kümmern sollen und in einer speziellen Patientensammelstelle 100 Betten vorbereitet werden, wird es in Bern keine spezielle Notunterkunft geben. Der Gemeinderat stehe aber in Kontakt mit den Blaulichtorganisationen. Hügli: "Die Polizei, die Sanitätspolizei und die Feuerwehr sind vorbereitet."

Die für letztes Wochenende in Genf und Lausanne geplanten Botellones waren wegen des Regenwetters schlecht besucht. In Genf hatten sich am Freitagabend rund 300 Jugendliche getroffen. Genf hat als einzige Stadt der Schweiz das Treffen toleriert. In Lausanne hielten sich die Jugendlichen an das von der Stadt ausgesprochene Verbot. Für Freitag haben Facebook-Mitglieder zu einem Massenbesäufnis in Zürich aufgerufen.

Martin Arn

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20min.ch 27.8.08

Berner Gemeinderat immer noch gegen Botellón

Der Berner Gemeinderat will ein kollektives Rauschtrinken auf öffentlichem Grund nicht tolerieren. Er hat die Kantonspolizei Bern angewiesen, am für den Samstag geplanten "Botellón" "verhältnismässig" Massnahmen zu ergreifen.

Konkret obliege es der Kantonspolizei, die Lage zu beurteilen und über allfällige Massnahmen zu entscheiden, präzisierte Martin Albrecht, Generalsekretär der Stadtberner Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie (SUE), am Mittwoch eine Medienmitteilung des Gemeinderates.

Dabei werde sich die Polizei daran orientieren, ob Sicherheit und Ordnung durch das Trinkgelage beeinträchtigt seien, so Albrecht. Der Gemeinderat gebe seiner ablehnenden Haltung den "Botellones" gegenüber zwar Ausdruck, belasse aber der Polizei ihren Handlungsspielraum.

Vieles noch unklar

Polizeisprecher Olivier Cochet sagte auf Anfrage, es sei schwierig, über allfällige Massnahmen bereits jetzt Auskunft zu geben. Es sei unklar, ob der "Botellón" überhaupt stattfinde und wie viele Leute daran teilnehmen würden. Klar sei, dass die Polizei eingreife, wenn Sicherheit und Ordnung gefährdet seien.

Die Kantonspolizei habe die Möglichkeit, stark alkoholisierte Jugendliche nach Hause zu begleiten. Diese Aufgabe nehme sie ständig wahr, ob nun ein "Botellón" stattfinde oder nicht.

Fachleute vor Ort

Treffen sich am Wochenende tatsächlich "mehrere hundert Personen" zum "Botellón, wie dies in Internetforen angekündigt wurde, werden auch Vertreterinnen und Vertreter von PINTO, eines städtischen Präventionsprojekts, und von Suchthilfe-Organisationen vor Ort präsent sein, wie es heisst.

Gemäss der Ansicht des Gemeinderates widersprechen "Botellones" den Bestrebungen, die die Stadt in der Alkoholprävention sowie im Jugend- und Gesundheitsschutz unternehme. Das kollektive Rauschtrinken führe oft zu Unfällen, Verletzungen und gesundheitlichen Schäden.

Ausserdem befürchtet der Gemeinderat Abfallberge, Lärm und Gewalt. Für den "Botellón" hat die Stadt bisher kein Bewilligungsgesuch erhalten.

Am vergangenen Wochenende waren in Lausanne und Genf "Botellones" geplant. Während sich in Genf wegen schlechten Wetters rund 300 Personen versammelten, fand das Trinkgelage in Lausanne nicht statt - die Polizei hatte das Treffen verboten.

Quelle: SDA/ATS

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Dossier: Phänomen Botellón
http://www.20min.ch/news/dossier/botellon/?l=0

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bernerzeitung.ch 27.8.08

Stadt sagt Nein zu Botellon (mit Telebärn-Video)
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Stadt-sagt-Nein-zu-Botelln/story/11208728

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bernerzeitung.ch 27.8.08
Gespaltene "Botellon"-Reaktionen in Bern (mit Video)
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/story/19296992

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BoTeLlOn in Bern-City (30.8.08)
http://www.facebook.com/group.php?gid=30763713974

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Botellón / Botellon Bern - Kunstografie (Fotodoku)
Fotellón08. Mit Fotos die Botellón in Bern begleiten
http://www.facebook.com/event.php?eid=24156991241

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botellón mittwoch 27. august bern lorrainepärklein
http://www.facebook.com/group.php?gid=24231866939

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POLITIKER IN NÖTEN
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20min.ch 27.8.08

Berner Politiker: Bedroht, beschimpft und attackiert

von Nina Jecker

Beleidigungen, Todesdrohungen und tätliche Angriffe: Berner Politiker werden immer häufiger Opfer von üblen Attacken.

Im Briefkasten des Berner SVP-Grossrats Thomas Fuchs landet jede Woche ein anonymer Brief. "Und es werden immer mehr", so der Politiker. Der Inhalt: Beleidigungen und Todesdrohungen in Form von Patronen oder einem geknüpften Strick. Andere Gegner greifen direkt an: "Draussen werde ich oft angepöbelt und neuerdings auch körperlich attackiert", sagt Fuchs. Während antifaschistischen Demos verlasse er auf Anraten der Polizei mittlerweile sogar die Stadt, so der Grossrat.

Auch Erich Hess, Präsident der jungen Berner SVP, wird regelmässig Opfer von Aggressionen. Hess: "Es flogen schon mit Steinen gefüllte Pet-Flaschen in meine Richtung." Die Angreifer ortet er in der linken Szene.

Doch nicht nur rechte Politiker müssen einstecken: "Ich werde immer mal wieder an Partys angepöbelt", sagt etwa SP-Politiker Adrian Wüthrich aus Huttwil. Dazu kamen bereits ein Drohbrief und Beschimpfungen in seinem Online-Gästebuch.

Politologe Andreas Ladner kennt das Phänomen: "Wir stellen eine Häufung von Drohungen gegen Politiker fest." Seine Erklärung: "Die erhöhte Gewaltbereitschaft ist auch eine Antwort auf den zunehmend rauen Ton in der Politik."

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SCHNÜFFEL-STAAT
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Stadtratssitzung 4.9.08

8. Dringliche interfraktionelle Interpellation Fraktion GB/JA!, SP/JUSO, GFL/EVP (Hasim Sancar, GB/Giovanna Battagliero, SP/Rania Bahnan Büechi, GFL): Geheimdienstliche Bespitzelung auch in Bern? (SUE: Hügli)        08.000238
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2008/08.000238/gdbDownload

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SCHNÜFFEL-MULTI
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WoZ 28.8.08

Die Berichte der Attac-Spionin

Weiss Nestlé noch mehr?

Im Sommer hat Nestlé einem Waadtländer Zivilgericht Unterlagen ausgehändigt, die eine Securitas-Spionin mit dem Decknamen Sara Meylan über die Waadtländer Sektion der Organisation Attac angefertigt und dem Nahrungsmittelkonzern übergeben hatte.

Über den Inhalt ist bisher bekannt geworden, dass die Spionin eigentliche Fichen erstellt hat, wobei sie nicht nur Aussehen und Auftreten, sondern auch Privatadressen und persönliche Ambitionen der GlobalisierungskritikerInnen interessierten (siehe WOZ Nr. 32/08).

Nun liegen diese 77 Seiten umfassenden und mit "Vertraulich" beschrifteten "Zwischenrapporte" und "Protokolle" auch der WOZ vor.

Interessante AHV-Demo

Über die Attac-Sitzungen hat Meylan jeweils eine Zusammenfassung von bis zu sieben Seiten geschrieben, inklusive TeilnehmerInnenliste. Ausführlich dokumentiert hat Meylan den Inhalt der Diskussionen und die Daten kommender Veranstaltungen, wobei auch solche darunter sind, die nur indirekt etwas mit Nestlé zu tun haben. Beispielsweise eine Demonstration gegen die AHV-Revison im Herbst 2003 oder Vorbereitungsworkshops für Blockaden gegen das Weltwirtschaftsforum im Januar 2004.

Was die politischen Inhalte angeht, scheint sich Meylan besonders für Aktivitäten der kolumbianischen Gewerkschaft Sinaltrainal interessiert zu haben. Diese bezichtigt Nestlé, paramilitärische Killer zu bezahlen. Genauso spannend fand sie offenbar auch die Reisen eines brasilianischen Wasserpolitikaktivisten in die Schweiz.

Die Spionin fichiert sich jeweils auch gleich selber. Im "Zwischenrapport" vom 9. September 2003 heisst es etwa: "Sara, etwa 22 Jahre" und "halblange Haare, etwa 1.70 m." Offenbar eine Sicherheitsmassnahme, um zu verhindern, dass sie auffliegt, falls ihre Rapporte in falsche Hände geraten. Konsequent ist ihre Verschleierungstaktik aber nicht: "Er wirkte misstrauisch und hat ununterbrochen aus dem Augenwinkel meine Notizen gelesen", schreibt sie auf einen Plan zur Sitzordnung eines Treffens, auf dem sie selber auch verzeichnet ist.

Verdächtige Lücken

Dennoch ist eines sicher: Die Spionin war keine Dilettantin. Die Berichte wirken professionell und dürften kaum ohne Tonbandaufnahmen zu bewerkstelligen gewesen sein. Ab und zu musste sie auch kaltes Blut beweisen. Einmal, so Meylan, habe ein Attac-Mitglied darauf hingewiesen, dass Nestlé, wenn der Konzern denn wolle, die Mittel habe, herauszufinden, was Attac plane. Vielleicht sei ja gerade jemand von Nestlé zugegen. "Alle lachten, und wir sagten uns, dass man das wirklich nie wissen kann", schreibt Meylan.

Klar ist, dass Nestlé offensichtlich nicht alles Material herausgerückt hat. Die Chronologie weist grössere Lücken auf und die letzte Seite, auf der drei - im öffentlichen Raum fotografierte - Attac-AktivistInnen zu sehen sind, endet mit einem Zwischentitel. Vor Gericht ist der Anwalt von Attac aber abgeblitzt, als er Massnahmen zur Sicherstellung weiterer Dokumente verlangte. Was Nestlé zurückbehielt und ob es darum ging, weitere SpionInnen zu decken, wird die Zukunft zeigen.
Dinu Gautier