MEDIENSPIEGEL 18.9.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipp
- (ST)Reitschule vs Drogenpolitik und Wahlkampf
- Gemeinderat & Reitschule
- Steckweg 13
- 10 Jahre Cafe Kairo
- Umfrage Lebensqualität
- Mocca Thun
- Anti-Rassismus: Agassiz-Horn und CH-Rolle Sklaverei
- Randstand Burgdorf
- Bahnpolizei: Opposition
- Schnüffel-Staat im Sport
- SP-"Sicherheits"-Papier
- Antifa: Autonome Nationalisten und Massenmilitanz

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REITSCHULE
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PROGRAMM:

Do 18.09.08     
20.00 Uhr     Vorplatz - Dub Nation (BE) - Experimental Dub Live-Soundsystem
20.30 Uhr     Kino - Uncut: LE NOUVEAU MONDE von Etienne Dhaene, Frankreich 2007

Fr 19.09.08     
20.00 Uhr     Vorplatz - DJ Stauwehr/U16B (212 Bern) - Postpunk, New Wave, Alternative Pop
21.00 Uhr     Tojo - Calamity Jane, Lesung, CD-Taufe &. Disco mit Djane Jane
22.00 Uhr     Dachstock - ABGESAGT!!! Pilgrim Fathers (UK) & Manatees (UK) - Rock/Post-HC/Psychedoomic

Sa 20.09.08     
23.00 Uhr     Dachstock - Techstock III: Ostgut-Ton Labelnacht mit Len Faki, Prosumer, Murat Tepeli, Tama Sumo - Techno/House/Minimal

So 21.09.08     
21.00 Uhr     Dachstock - Qui (USA) mit David Yow (Jesus Lizard, Scratch Acid) - Punk/Rock/Noise

Infos: www.reitschule.ch & www.vorplatz.ch (Bar ab 16 Uhr geöffnet)


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Bund 18.9.08

Düster bis sanft

Techstock
 
Es sind Klänge der düsterstmöglichen Art, die aus der Technofabrik des deutschen DJs und Produzenten Len Faki kommen - mechanische Rhythmen, ernste Stimmen, und so gar nichts Verspieltes. Faki ist eine der Hauptattraktionen an der Ostgut-Ton-Labelnacht, die im Rahmen der Techstock-Reihe im Dachstock stattfindet. Zum Berliner Label gehören auch Murat Tepeli und Prosumer, der Live-Act des Techstock-Abends, die dem House zugerechnet werden und auf ihrem Album "Serenity" Gesang, Melodie und Gefühl zulassen. Der dritte Hauptact ist DJ Tama Sumo mit sanften und sinnlichen Beats. (reg)

Dachstock Reitschule Samstag, 20. September, 23 Uhr.

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(ST)REITSCHULE
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BZ 18.9.08

Drogenszene vor der Reitschule

Zweites Fixerstübli noch 2008?

Die Betreiber der Reitschule und die Stadtregierung wollen eine zweite Drogenanlaufstelle. Damit soll die Situation vor der Reitschule entschärft werden. Ziel des Gemeinderats ist es, das neue Fixerstübli noch 2008 zu realisieren

Schliesst das Fixerstübli an der Hodlerstrasse seine Türen, wandern die Drogenabhängigen über die Strasse und die Schützenmatte hinüber zur Reitschule. Auf dem Vorplatz versammeln sich dann bis zu achtzig Junkies. Gestern präsentierte die Mediengruppe der Reitschule erstmals Zahlen, welche Mitarbeiter der Vorplatzbar erfasst haben. Sie belegen, was offensichtlich ist: Zu gewissen Zeiten befindet sich eine offene Drogenszene vor der Reitschule.

Reitschule wehrt sich

Innerhalb dieser Szene kam es Ende August zu einer Schlägerei, bei der ein Drogenabhängiger so schwer verletzt wurde, dass er starb. "Wir bedauern diesen Todesfall", sagte Paed Conca, Mitglied der Reitschule-Mediengruppe. "Aber wir wehren uns dagegen, dass in der Öffentlichkeit das Bild gezeichnet wird, die Reitschule sei dafür verantwortlich." Gewisse Kreise hätten diesen Todesfall missbraucht, "um damit Politik zu machen".

Der Todesfall neben der Reitschule liess in den letzten Wochen die Grundsatzdebatte um das Kulturzentrum wieder aufflammen. Der Gemeinderat wirft den Betreibern der Reitschule in einem gestern verschickten Communiqué vor, sie kämen ihren Verpflichtungen "nicht oder nur in sehr ungenügendem Masse" nach. Das sehen die Reitschüler anders.

Im Gespräch mit der Stadt

Sie legten gestern Daten vor, welche zeigen, dass in diesem Jahr drei Treffen mit den Behörden stattgefunden haben. Zusätzlich habe man sich mit den Gemeinderatsmitgliedern Edith Olibet und Stephan Hügli zu einem Gespräch über die Drogenproblematik getroffen. "Man kann uns also nicht vorwerfen, wir seien nicht zum Dialog bereit."

Stadtpräsident Alexander Tschäppät relativierte auf Anfrage die Vorwürfe in der Medienmitteilung. "Es findet tatsächlich ein Dialog mit der Reitschule statt", sagte er. Die Gespräche seien aber nicht einfach, und nicht immer würden darauf von Seiten der Reitschule auch Taten folgen. "Wir erwarten, dass die Reitschule im Rahmen des ihr Möglichen noch mehr unternimmt, um die öffentliche Sicherheit auf dem Vorplatz zu unterstützen." So könne beispielsweise die Türe geschlossen werden, wenn Dealer in der Reitschule Unterschlupf suchen wollten, nennt Tschäppät ein Beispiel.

Zweites Fixerstübli

Einig sind sich Stadt und Reitschule, was das Drogenproblem vor der Halle angeht. "Wir registrieren mit grosser Besorgnis, dass sich die Situation auf dem Vorplatz in den vergangenen Monaten verschärft hat", schreibt der Gemeinderat. Die Zustände seien "nicht akzeptabel und so rasch als möglich zu unterbinden".

Für den Gemeinderat hat die "rasche" Realisierung einer zweiten Drogenanlaufstelle Priorität. "Sie soll noch in diesem Jahr eröffnet werden", präzisierte Tschäppät das Ziel. Favorisiert werde der Standort an der Murtenstrasse, der ja schon länger im Gespräch sei.

Auch die Betreiber der Reitschule fordern die Eröffnung eines zweiten Fixerstüblis, welches mit versetzten Öffnungszeiten zur heutigen Einrichtung an der Hodlerstrasse einen 24-Stunden-Betrieb garantieren solle. Die Reitschüler schlugen aber gestern vor, als Sofortmassnahme die Öffnungszeiten des heutigen Fixerstüblis bis Mitternacht zu verlängern. Eine Idee, welche die Junge Alternative heute in den Stadtrat bringen will und die auch schon von der Interessengemeinschaft Aarbergergasse ins Spiel gebracht worden ist (siehe rechte Spalte).

Der Gemeinderat steht dieser Idee skeptisch gegenüber: "Längere Öffnungszeiten könnten ein Magnet werden, welches noch mehr Süchtige in den Raum Reitschule zieht", sagte Alexander Tschäppät.

Mirjam Messerli

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Anlaufstelle soll länger offen sein

Die Junge Alternative (JA!) reicht heute einen Vorstoss ein, der "sofort" längere Öffnungszeiten der

Drogenanlaufstelle fordert.

Für die JA! ist klar: Nach dem gewaltsamen Tod eines Junkies unter der Eisenbahnbrücke muss die Stadt "sofort" handeln und die Drogenproblematik vor der Reitschule lösen. Man könne nicht warten, bis eine zweite Drogenanlaufstelle eröffnet sei, schreibt die JA! in einer Medienmitteilung. Stadtpräsident Alexander Tschäppät stellt die Eröffnung bis Ende Jahr in Aussicht (siehe links).

Dies reicht der JA! nicht: Sie fordert in einer Dringlichen Motion, dass zumindest bis zur Eröffnung einer zweiten Anlaufstelle jene an der Hodlerstrasse länger offen haben müsse: täglich bis mindestens Mitternacht. Dieselbe Forderung haben auch die Betreiber der Reitschule an ihrer gestrigen Pressekonferenz gestellt. Momentan schliesst die Anlaufstelle unter der Woche und am Samstag um 21.30 Uhr, am Montagabend ist sie Frauen vorbehalten. Seit einem Jahr ist die Anlaufstelle auch am Sonntag von 16 bis 20 Uhr offen.

Edith Olibet dagegen

Die Forderung nach längeren Öffnungszeiten des "Fixerstüblis" sind nicht neu: Gewerbler der IG Aarbergergasse verlangten Ende 2007, die Anlaufstelle rund um die Uhr zu öffnen, weil nach Schliessung der Anlaufstelle die Zahl der Junkies in der Aarbergergasse stark zunehme - genau wie vor der Reitschule.

Es sei drogenpolitisch nicht sinnvoll, den Abhängigen eine "A discrétion"-Betreuung anzubieten, erklärte Sozialdirektorin Edith Olibet damals: Sie müssten einen geregelten Tagesablauf haben. Darin seien sich Drogenfachleute einig. An diesem Standpunkt hat sich nichts geändert, wie gestern bei der Sozialdirektion zu erfahren war.

Skepsis bei SP und GFL

Aus demselben Grund skeptisch reagierten auf Anfrage auch SP-Fraktionschefin Giovanna Battagliero und GFL-Stadtrat Erik Mosza. Beide setzen auf die baldige Eröffnung einer zweite Anlaufstelle. Die Motion der JA! dürfte es damit schwer haben, wenn sie nach den Herbstferien in den Rat kommt.
Adrian Zurbriggen

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Kommentar

Drogenproblem entschärfen

Mirjam Messerli

Ein drogenabhängiger Mann wird verprügelt. Er stirbt im Spital. Die Täter stammen ebenfalls aus der Drogenszene. Die Tat geschieht neben der Reitschule. Und geht es in Bern um die Reitschule, kochen die Emotionen über.

Nur in einem Punkt sind sich alle einig: Zwischen der Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse und der Reitschule hat sich in den letzten Monaten eine mehr oder weniger offene Drogenszene gebildet. Bis zu achtzig Junkies treffen sich auf dem Vorplatz der Reitschule, sobald das Fixerstübli seine Türen geschlossen hat. Dafür die Betreiber der Reitschule verantwortlich zu machen ist falsch. Sie sind nicht verantwortlich für die Drogenpolitik der Stadt. Sie baden sie nur aus. Das Problem ist erkannt. Lösen muss es die Stadt, die Reitschule muss die Behörden aber dort unterstützen, wo sie kann.

Der Vorschlag der Reitschüler, das Fixerstübli täglich bis Mitternacht geöffnet zu lassen, würde die Situation entschärfen. In einem nächsten Schritt muss eine zweite Anlaufstelle eröffnet werden, wie das der Gemeinderat vorhat.

Bis aber für dieses zweite Fixerstübli ein Standort gefunden, bis es eingerichtet und eröffnet ist, müssen die Drogenabhängigen an die Hodlerstrasse ausweichen können. Diese temporäre Massnahme mag nicht mit der Suchtpolitik des Gemeinderats übereinstimmen, die vorsieht, die Drogenszene in Bewegung zu halten. Sie ist aber die einzige Massnahme, die sofort umgesetzt werden kann und den Druck auf das stark belastete Gebiet um die Reitschule verringert.

Erst wenn Kulturbetrieb und Drogenszene entflochten sind, ist der Blick frei auf grundsätzliche Differenzen zwischen Stadt und Reitschule. Es ist unbestritten, dass diese vorhanden sind und bereinigt werden müssen.

mirjam.messerli@bernerzeitung.ch

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Schützenmatte

Gesuch für WC-Anlage

Auf der Schützenmatte soll eine neue öffentliche WC-Anlage gebaut werden. Das Baugesuch wurde gestern publiziert. Bauherrschaft sind die Stadtbauten Bern. Heinrich Sauter, Teamleiter des Bauprojektmanagements, sagte: "Die WC-Anlage soll im vorderen Bereich der Busparkplätze, in Richtung Bahnhof, erstellt werden." Es handle sich um eine fest im Boden verankerte, kleinere Anlage mit zwei Toiletten und einem Invaliden-WC. Das Häuschen aus Chromstahl entspreche einem Bedürfnis seitens der Passanten und der Busreisenden. Die Anlage ist frei zugänglich und soll nächstes Jahr fertig sein.
sru

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Bund 18.9.08

"Das Ziel war es nie, Süchtige zu vertreiben"

Die Stadt Bern fordert im Kampf gegen eine Drogenszene auf dem Vorplatz mehr Mitarbeit aller Beteiligten - von der Reitschule, aber auch von der Polizei

Vehement weisen die Betreiber der Reitschule Vorwürfe der Tatenlosigkeit gegenüber der Szenebildung auf dem Vorplatz zurück. Der Gemeinderat siehts anders und verlangt mehr Mitarbeit - und fordert von der Polizei härteres Durchgreifen.

Die umstrittene Vorplatzbar wird in zwei Wochen geschlossen, das machten die Reitschul-Aktivisten an ihrer Medienkonferenz gestern klar. "Doch wir tun dies nicht, weil das Herr Hügli so will, sondern weil es bald schlicht zu kalt ist für eine Bar im Freien", sagte Barmitbetreiberin Sandra Steiner.

Die Schliessung der Bar hatte Berns Polizeidirektor Stephan Hügli gefordert, weil sie nicht - wie von der Reitschule erhofft - zu einer Belebung ihres Vorplatzes geführt, sondern im Gegenteil Dealer und Junkies angelockt hatte. "Unser Ziel war es nie, Drogensüchtige zu vertreiben - das wäre unrealistisch und liegt nicht in unserer Verantwortung", sagte Steiner.

Ikur sieht sich dialogbereit

Wegen dieser Haltung werfen Politiker der Reitschul-Betreiberin Ikur Tatenlosigkeit und einen Verstoss gegen den Leistungsvertrag vor; besonders heftig entbrannte die Kritik an den Zuständen vor der Reitschule jüngst wegen des Tods eines Drogensüchtigen auf der Schützenmatte.

Von mangelnder Dialogbereitschaft könne keine Rede sein, sagte Aktivist David Böhner dazu. Drei Treffen mit der Stadt hätten in diesem Jahr stattgefunden, zusätzlich habe es im Juli einen runden Tisch zur Drogensituation gegeben und im Juni ein informelles Gespräch mit dem damaligen städtischen Kultursekretär Christoph Reichenau. "Seit dessen Pensionierung fehlt uns aber die Ansprechstelle."

Stadt will bessere Mitarbeit

Dies sieht der Gemeinderat anders: Die Ikur komme ihrer Verpflichtung, zu einer Entschärfung der Situation beizutragen, "nicht oder nur in sehr ungenügendem Masse" nach, schrieb er gestern in einem Communiqué. "Wir wollen der Ikur nicht die Suchtproblematik ,in die Schuhe schieben' - aber wir verlangen bessere Mitarbeit von ihr", sagte Stadtpräsident Alexander Tschäppät. Die Ikur dürfe die Polizei bei deren Interventionen nicht behindern. Polizeibeamte hätten sich über verbale und auch körperliche Angriffe beklagt, "von Aktivisten oder solchen, die in der Reitschule Unterschlupf finden".

Doch müssten alle Beteiligten, auch die Polizei, ihren Teil zur Entschärfung der Situation beitragen: "Die Polizei muss bei illegalem Treiben wie Drogenhandel und -missbrauch intervenieren - das müssen wir nicht erst bestellen, sondern sollte für die Polizei eine Selbstverständlichkeit sein."

Der Gemeinderat kündigt Massnahmen an, wie er der verschärften Situation auf dem Vorplatz begegnen will: mit der möglichst raschen Realisierung einer zweiten Anlaufstelle und verstärkten Anstrengungen bei der Bereitstellung von Wohnangeboten für Süchtige - und mit erhöhter Polizeipräsenz. Kommentarlos zitierte die Regierung die Aussage der Polizei, dass sie auf Kontrollen auf dem Vorplatz jeweils verzichte, wenn die Situation zu eskalieren drohe, und es daher zur Bildung einer temporären Drogenszene mit 70 bis 80 Personen käme. Von einer Verstimmung zwischen Polizei und Gemeinderat wollte Tschäppät nicht sprechen: "Schwarz-Peter-Spiele und Schuldzuweisungen nützen niemandem etwas, jeder muss jetzt seine Arbeit machen", sagte er. Die Stadt stehe in permanentem Austausch mit der Polizei.

Von dieser verlautete auf Anfrage, es bestehe keine Diskrepanz zwischen der polizeilichen Einschätzung und der städtischen Forderung nach härterem Durchgreifen. "Wenn der Gemeinderat den entsprechenden Auftrag gibt, werden wir personelle Ressourcen umlagern und mehr Polizei vor der Reitschule einsetzen", sagte Polizeisprecher Stefan von Below.

Anlaufstelle gefordert

Stadt und Kanton müssten ihre Verantwortung wahrnehmen und für die Drogensüchtigen eine zweite Anlaufstelle schaffen, forderten die Reitschul-Betreiber. Zudem verlangten sie die Ausweitung der Öffnungszeiten der bestehenden Anlaufstelle an der Hodlerstrasse. Zählungen der Ikur hätten gezeigt, dass sich jeweils deutlich mehr Drogenabhängige auf dem Vorplatz aufhielten, wenn die "Hodlerstrasse" geschlossen sei. Mit demselben Anliegen reicht die JA heute im Stadtrat eine dringliche Motion ein, wie sie ankündigte. Die FDP ihrerseits sprach in einer Mitteilung von einer "Bankrotterklärung" der Regierung: Die angekündigten Massnahmen seien inhaltsleer.

Patricia Götti

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punkt.ch 18.9.08

Berner Junkies sollen neu neben Friedhof fixen

Die Zustände vor der Reitschule sind unhaltbar. Täglich halten sich dort mehrere Dutzend Junkies auf. Nachdem ein Süchtiger totgeprügelt worden ist, macht der Gemeinderat jetzt vorwärts. Bis Ende Jahr soll eine zweite Anlaufstelle für Abhängige neben dem Bremgartenfriedhof öffnen, sagt Stadtpräsident Alexander Tschäppät. seite 11

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Reitschule

Nur eine zweite Anlaufstelle bringt Ruhe

Von Peter Camenzind

Seit zwanzig Jahren ist die Reitschule ein Reizthema. Lösungen gegen eine Offene Szene und die Gewalt gibt es nicht. Oder doch?

Spiegel TV Zeitreise auf dem Nachrichtensender N-tv. Thema ist die Schweizer Drogenszene 1990. Zu sehen sind auch Bilder aus Bern. Damals trieb sich die Szene auf der kleinen Schanze und auf der Bundesterrasse herum. Gewalttätig, aggressiv, Junkies prügeln sich. Wüste Bilder.
Szenenwechsel: Die Eisenbahnbrücke vor der Reitschule. Täglich drücken sich Abhängige herum. Die hygienischen Bedingungen sind zum Gotterbarmen. Vom Abhängigen, der hier vor zwei Wochen totgeprügelt wurde, zeugt ein Plakat. "Dort wo du jetzt bist, ist die Hatz zu Ende."

Koller in der Halle

"Die Reitschule war in den letzten zwanzig Jahren immer wieder Attacken ausgesetzt ", sagt Päd Conca vor den Medien im Frauenraum, "in den letzten Wochen war es heftiger als auch schon." Viel sei aufgebauscht und übertrieben worden. Dabei gebe sich die Reitschule Mühe, transparent zu informieren.
Der Koller ist zu spüren. "Im Wahlkampf wird Hetze gegen uns betrieben", sagt David Böner. Die Medien liessen sich einspannen, dabei würden alle vertraglichen Auflagen erfüllt.

Nicht schuld am Elend

Sogar Statistiken wurden geführt, wie Tom Locher erklärt. 29 Mal sei die Polizei diesen Sommer aufgekreuzt. Seit der Eröffnung der Bar auf dem Vorplatz im Mai habe es keine Gewalt mehr gegeben. Das Notfalltelefon zur Polizei habe 18 Mal geklingelt, einmal sei es nicht abgenommen worden. Die Verantwortung für die Drogenpolitik lehne die Reitschule aber ab. Eine zweite Anlaufstelle fordere man schon lange (vgl. Text unten). Bis sie eröffnet ist, wird sich unter der Eisenbahnbrücke wenig ändern.

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Nachgefragt

"Wir wollen die Anlaufstelle bis Ende Jahr"

Der Gemeinderat will eine zweite Anlaufstelle. Wann soll sie öffnen?

Alexander Tschäppät: Wir hoffen, bis Ende Jahr eine Lösung zu finden.

Wo soll sie stehen?

Im Moment steht ein Areal an der Murtenstrasse visa- vis des Bremgartenfriedhofs im Vordergrund. Als Übergangslösung bis dort gebaut wird. Die Suche ist heikel, haben wir einen Raum, öffnen wir sofort.

Die Junge Alternative will eine Ausdehnung der Öffnungszeiten der Anlaufstelle Hodlerstrasse.

Das sehen wir anders. Wir wollen die Drogenszene von der Reitschule wegbringen. Längere Öffnungszeiten an der Hodlerstrasse würden bloss mehr Abhängige anziehen.

Wie kommt der Gemeinderat zur Einschätzung, dass die Szene vor der Reitschule grösser wurde?

Gut war die Lage dort nie. Wenn die Anlaufstelle Hodlerstrasse geschlossen ist, halten sich aber eindeutig mehr Abhängige vor der Reitschule auf.

Auf den ersten Oktober wird die Reitschule die Bar auf dem Vorplatz schliessen. Was unternimmt der Gemeinderat?

Wenn kriminelle Handlungen passieren, muss die Polizei intervenieren. Wir hoffen die zweite Anlaufstelle bringt Entlastung für die Reitschule. (czd)


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Radio RaBe 17.9.08

Wahlkampfthema Reitschule
http://beemy.catatec.ch:554/ramgen/20080917.rm?start=18:05:07

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Regionaljournal Bern 17.9.08

Die Berner Reitschule und die offene Drogenszene (4:35)
Verschiedene Vorschläge zur Verbesserung der Situation stehen im Raum - sind sie ernst gmeint oder bloss Wahlkampf?
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2008/rbe1717092008.rm?start=00:03:47.799&end=00:08:23.527

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Medienmitteilung JA! 17.9.08

Die JA! fordert eine zwischenzeitliche Verlängerung der Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle

Der Tod eines Mannes, welcher Ende August bei der Eisenbahnbrücke auf der Schützenmatte brutal verprügelt worden ist und später im Spital an seinen Verletzungen gestorben ist, hat letzte Woche in Bern die Gemüter bewegt. Die Junge Alternative JA! hat sich bereits letzte Woche bestürzt gezeigt über den tragischen Tod des Mannes. Ebenso hat sie die Mitte- und Rechtsparteien kritisiert, welche den Vorfall zum Anlass genommen haben, zum wiederholten Male auf Kosten der Reitschule Wahlkampf zu betreiben.  

Für die Tatsache, dass seit längerer Zeit unter der Eisenbahnbrücke auf der Schützenmatte eine offene Drogenszene besteht, kann nicht die Reitschule verantwortlich gemacht werden. Im Gegenteil: Mit der in diesem Sommer auf dem Vorplatz betriebenen Bar hat die Reitschule ihre Verantwortung wahrgenommen. Durch diese "Vorplatzbelebung" wurde die Situation zwar ein bisschen entschärft, Wunder konnten jedoch verständlicherweise keine vollbracht werden.

An dieser Stelle ist aus Sicht der Jungen Alternative JA! klar die Stadt gefragt, deren Aktivität sich zu lange auf die Negierung einer offenen Drogenszene und das regelmässige Aufscheuchen der Drogenabhängigen durch Sicherheitspersonen beschränkt hat. In diesem Zusammenhang kann auch nicht auf die mögliche Eröffnung einer zweiten Anlaufstelle gewartet werden. Die Junge Alternative JA! fordert, dass sofort gehandelt wird.

Aus diesem Grund wird morgen Donnerstag im Stadtrat eine von der Jungen Alternative JA! initiierte dringliche Motion eingereicht, welche den Gemeinderat dazu auffordert, die Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse zumindest bis zur Eröffnung einer zweiten Anlaufstelle zu verlängern. Die Kontakt- und Anlaufstelle soll jeden Tag abends bis mindestens Mitternacht geöffnet sein. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass die Anlaufstelle weiterhin zu gewissen Zeiten nur für Frauen geöffnet ist. Die Verlängerung der Öffnungszeiten soll im Sinne einer Sofortmassnahme unabhängig von einer möglichen (Teil-)Finanzierung durch den Kanton Bern realisiert werden.


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Bernerzeitung.ch 17.9.08 (mit Video)
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/ReitschuleBetreiber-fordern-zweite-Drogenanlaufstelle/story/16763445

Reitschule-Betreiber fordern zweite Drogenanlaufstelle

Die Betreiber der Reitschule fordern von der Stadt eine zweite Drogenanlaufstelle. Nur so bekomme man das Drogenproblem vor der Haustür der Reitschule in den Griff.

In der Stadt gebe es zu wenig Angebote für Drogenabhängige, führte Sara Steiner vom Restaurant Sous le Pont der Berner Reitschule am Mittwoch vor den Medien aus.

Weil die Stadt die Süchtigen mit repressiven Mitteln immer wieder vertreibe, sammelten sie sich schliesslich am Ort der geringsten Gewaltanwendung, also auf dem Vorplatz der Reitschule.

Der Stadtberner Gemeinderat seinerseits hält die Einrichtung einer zweiten Anlaufstelle für sinnvoll, wie er in einer am Mittwoch publizierten Mitteilung schreibt. Wo diese Stelle realisiert werden soll, liess er in der Mitteilung offen.

Stadt auch für repressive Massnahmen

Daneben brauche es aber auch zwingend repressive Massnahmen wie die erhöhte Polizeipräsenz auf dem Vorplatz der Reitschule, schreibt der Gemeinderat in seiner Mitteilung weiter.

Davon halten wiederum die Reitschul-Verantwortlichen gar nichts. Polizei oder Securitas führten nur dazu, dass sich die Abhängigen bei Kontrollen in umliegende Strassen zurückzögen, um nach Abzug der Sicherheitskräfte wieder vor der Reitschule zu erscheinen, führte Reitschul-Aktivist David Böhner aus.

Gemeinderat besorgt

Der Gemeinderat zeigte sich in seiner Mitteilung besorgt über die Zustände vor der Reitschule. Die Kulturinstitution unterstütze die Bemühungen von Polizei und Stadtbehörden zu wenig, auf dem Vorplatz für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, kritisierte er.

Dagegen verwahrte sich Böhner vehement. Die Reitschule sei mit den Behörden im Dialog und man habe Kontaktpersonen bezeichnet. Diese seien, bis auf einen Fall immer erreichbar gewesen.

Belebung des Vorplatzes

Grossen Wert legen die Reitschul-Betreiber auf ihre Aktionen zur Belebung des Vorplatzes. Mit dem Barbetrieb in den Sommermonaten habe man die Lage etwas entschärfen können. Im Winter wolle man eine freiwillige Präsenz auf dem Vorplatz organisieren, sagte Böhner.

Für die Situation unter der nahegelegenen Eisenbahnbrücke könne die Reitschule hingegen nicht verantwortlich gemacht werden.

Alter Konflikt neu aufgeflammt

Das alternative Kulturzentrum erhitzt in Bern seit Jahren die Gemüter. Für die einen ist es ein Schandfleck im Herzen der Bundesstadt, für andere eine Kulturoase ausserhalb gängiger Konventionen.

Bereits viermal haben sich die Berner Stimmbereichtigten hinter das Kulturzentrum gestellt. Erneut und heftig aufgeflammt ist der Streit um die Reitschule nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes vor der Reitschule Ende August.

In einer Polizeimitteilung war zunächst die Rede davon, dass die Rettungskräfte beim entsprechenden Einsatz von Polizisten hätten vor Angriffen geschützt werden müssen. Später nahm die Polizei diese Aussage zurück.

Spätestens jetzt war die Reitschule auch im Stadtberner Wahlkampf zum Thema geworden. Es schmerze sie, wenn das Kulturzentrum in Wahl-Zeiten jewels als politischer Spielball missbraucht werde, betonten die Reithalle-Verantwortlichen.

Die FDP meldete sich am Mittwoch ebenfalls zu Wort. Die rot- grüne Stadtregierung habe offensichtlich kein Rezept, um die Lage vor der Reitschule zu entschärfen. Seit Jahren flüchteten sich Gewalttäter in die Reitschule, seit Jahren werde das Gespräch mit den Betreibern gesucht, seit Jahren ohne Erfolg. (mus/sda)

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20min.ch 17.9.08

Berner Reitschule führt Junkie-Statistik

von Adrian Müller

Die Reitschul-Betreiber beziffern das Berner Drogenelend: Die offene Drogenszene auf dem Vorplatz zählt bis 100 Junkies. Um die Situation zu entschärfen, müsse die Stadt umgehend die Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle verlängern. Derweil droht schon neues Ungemach.

Die Reitschul-Betreiber haben genug von der "Hetze gegen die Reitschule", welche in den vergangenen zwei Wochen seitens Politik, Polizei und Medien auf die "Burg" niedergeprasselten: "Das ist das Schlimmste, was wir in den letzten 20 Jahren erlebt haben", sagen die Betreiber.

Szene zählt total über 1000 Junkies

An der Medienkonferenz am Mittwochmorgen legten die Betreiber die Karten auf den Tisch. Unter anderem präsentieren sie eine Junkie-Statistik zur offenen Drogenszene vor der Reitschule. Sie enthält pikante Details: Zwischen dem 5. und 30. August hielten sich laut Zählungen von Reitschülern total 1082 Drogenabhängige (Erfassung jeweils um 22 Uhr) unter der Eisenbahnbrücke und dem Vorplatz der Reitschule auf. Je nach Wetter waren es zwischen 20 bis 100 Süchtige, welche unter prekären Zuständen Drogen konsumierten.

Die Situation spitzt sich jeweils zu, wenn die Drogenanlaufstelle gegenüber der Reithalle schliesst: "Die Drogenabhängigen okkupieren dann den Vorplatz", sagt Sara Boner, Verantwortliche der "Vorplatz-Bar" der Reitschule.

Angst vor Drogen-Ghetto

Um das Drogen-Elend zu lindern, fordern die Reitschul-Betreiber die Stadt auf, als Sofortmassnahme die Drogenanlaufstelle täglich bis mindestens 24 Uhr zu öffnen. Richtig Abhilfe könne jedoch nur eine zweite Drogenanlaufstelle schaffen. "Wir wollen keine Ghettobildung": Für David Böhner von der Betreibergesellschaft IKuR kommt es nicht in Frage, diese im Perimeter der Reitschule zu erstellen.

Reitschule fehlt Ansprechpartner

Die offene Drogenszene vor der Reitschule ist in Wahlkampfzeiten (in Bern finden im November Wahlen statt) ein gefundenes Fressen für die Politiker: So forderte der Polizeidirektor Stephan Hügli (Ex-FDP) jüngst die Schliessung der Vorplatz-Bar. Dies obschon der Subventionsvertrag zwischen der Stadt und der Reitschule im Artikel 4 explizit festhält, dass die Reitschule auf dem Vorplatz "vielfältige Aktivitäten ergreifen soll".

Ob Wahlkampf oder fehlende Sachkenntnis - die Reitschule fühlt sich missverstanden: "Uns fehlt ein direkter Ansprechpartner bei der Stadt", sagt David Böhner. Seit der Pensionierung des Kultursekretärs Christoph Reichenau sei ein Kommunikationsvaakum entstanden: "Es besteht kein Termin für eine Sitzung mit der Stadt", erklärt Böhner weiter. Dies wäre dringend nötig: Die Junge SVP bereitet erneut eine Initiative vor, welche die Reithalle ein für alle Mal schliessen will.

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Info-Box

Alter Konflikt neu aufgeflammt

Das alternative Kulturzentrum erhitzt in Bern seit Jahren die Gemüter. Für die einen ist es ein Schandfleck im Herzen der Bundesstadt, für andere eine Kulturoase ausserhalb gängiger Konventionen.

Bereits viermal haben sich die Berner Stimmbereichtigten hinter das Kulturzentrum gestellt. Erneut und heftig aufgeflammt ist der Streit um die Reitschule nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes vor der Reitschule Ende August.

In einer Polizeimitteilung war zunächst die Rede davon, dass die Rettungskräfte beim entsprechenden Einsatz von Polizisten hätten vor Angriffen geschützt werden müssen. Später nahm die Polizei diese Aussage zurück.

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Medienmitteilung Mediengruppe Reitschule zur Medienkonferenz der Reitschule Bern vom 17.9.08

Die Reitschule Bern reagiert auf die irreführenden und widersprüchlichen Behauptungen und Vorwürfe von Politik, Polizei und Medien in den letzten Wochen. Sie wehrt sich gegen die Versuche von PolitikerInnen, Wahlkampf auf dem Buckel von Drogenabhängigen und der Reitschule zu machen.
Sie hält fest, dass das Drogenproblem vor der Reitschule und dessen negative Begleiterscheinungen das Problem von Stadt und Kanton Bern und nicht das der Reitschule ist.
Gemäss den Beobachtungen und historischen Erfahrungen der Reitschule konnte Uniformpräsenz alleine noch nie Offene Drogenszenen auflösen, Drogenanlaufstellen und ähnliche Angebote hingegen schon. Die Reitschule Bern fordert Stadt und Kanton Bern auf, endlich ihre gesundheitspolitische Verantwortung gegenüber den Drogenabhängigen wahrzunehmen, schnellstmöglichst eine 2. Drogenanlaufstelle zu eröffnen und kurzfristig die Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle bis mindestens 24 Uhr zu verlängern.
Im weiteren weist die Reitschule die Behauptung, sie halte Vereinbarungen nicht ein und sei nicht dialogbereit, weit von sich. Diese Vorwürfe beruhen zum grossen Teil auf nichtbewiesenen Behauptungen, Nichtwissen oder bewusster Desinformation seitens einzelner Behördenmitglieder.

Beiträge an der Medienkonferenz:

- Der Reitschule-Alltag
(http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/08-09-17-PK-Reitschule/PK-Reitschule-Alltag.pdf)

- Mangelnde Dialogbereitschaft und Vertragsbruch? - Eine Richtigstellung
(http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/08-09-17-PK-Reitschule/PK-Richtigstellung.pdf)

- Unvollständiger historischer Rückblick: Reitschule, Drogenszene und Drogenanlaufstellen
oder: das harte Los von 2. Drogenanlaufstellen in der Stadt Bern
(http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/08-09-17-PK-Reitschule/PK-Historischer-Rueckblick.pdf)

- Der Einfluss der Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle Hodlerstrasse auf die Reitschule.
Provisorische statistische Auswertung einer Datenerhebung über die Anzahl Drogenabhängigen auf dem Vorplatz (5.-30.8.08)
(http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/08-09-17-PK-Reitschule/PK-Datenerhebung.pdf)

- Die aus der Innenstadt vertriebene Drogenszene auf der Schützenmatte, Vorplatz und Neubrückstrasse und die Uniformpräsenz sorgen für Spannungen
(http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/08-09-17-PK-Reitschule/PK-Uniformpraesenz.pdf)

- Kurzfristige Forderungen bis zur Eröffnung einer 2. Drogenanlaufstelle:
- Sofortige Verlängerung der Öffnungszeiten bis mindestens 24 Uhr sowie
die tägliche Öffnung der Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse
- Tolerierung der Bildung von Kleinszenen in der ganzen Stadt
(http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/08-09-17-PK-Reitschule/PK-Kurzfristige-Forderungen.pdf)

- Zusätzliche Forderungen für eine vernünftige Drogenpolitik in der Stadt Bern
(http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/08-09-17-PK-Reitschule/PK-Zusaetzliche-Forderungen.pdf)     
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BZ 17.9.08

Mader zur Vorplatzbar

Stephan Hügli will die Bar auf dem Vorplatz der Reitschule schliessen lassen. Laut Statthalteramt ist dies nicht einfach so möglich.

Sicherheitsdirektor Stephan Hügli kündigte letzte Woche an, die Bar auf dem Vorplatz der Reitschule müsse geschlossen werden. Regierungsstatthalterin Regula Mader erklärt, weshalb dies nicht so einfach ist. "Die verschiedenen Ausschankstellen in der Reitschule haben eine Betriebsbewilligung mit genereller Überzeitbewilligung", sagt sie. Darunter falle auch die Bar auf dem Vorplatz. Das Statthalteramt als Bewilligungsinstanz könne nur aktiv werden, wenn Verstösse vorlägen. Als solche gälten beispielsweise das Nichteinhalten der Betriebszeiten, Lärmbeschwerden oder Verstösse gegen den Jugendschutz beim Alkoholausschank. Normalerweise erhalte sie von der Gewerbepolizei einen entsprechenden Antrag, in welchem die Verstösse belegt werden müssten. Auch dann würde die Schliessung nicht automatisch verfügt. "In einer Einzelfallprüfung würde unter anderem abgeklärt, ob die Massnahme verhältnismässig ist."

Stadtpräsident Alexander Tschäppät war wenig begeistert von Hüglis Alleingang. Er merkte in dieser Zeitung an, im Gemeinderat sei noch gar nicht darüber gesprochen worden.

Cab

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BZ 16.9.08

Reitschule

Regeln für mehr Sicherheit

Eine GFL/EVP-Motion will die Reitschule zu mehr Sicherheit verpflichten. Die Zeichen stehen gut für das Anliegen.

"Die Zeit ist überfällig für klare Regeln", sagt FDP-Co-Fraktionschef Philippe Müller. Er unterstützt die im Mai eingereichte GFL/EVP-Motion, welche von der Reitschule verbindliche Anstrengungen für mehr Sicherheit verlangt. "Die GFL brauchte aber Jahre für diese Erkenntnis", meint Müller sarkastisch. Ohne die im Vorstoss angeregte Sanktionsmöglichkeit, dass die Subventionen gekürzt werden können, passiere aber nichts. "Man muss nicht mehr reden. Durchsetzen ist gefragt." Der von links bevorzugte Dialog werde zu nichts führen - er diene einzig dazu, dass die Lösung der Probleme auf die lange Bank geschoben würden. Die SVP-Initiative, welche die Schliessung der Reitschule verlangt, lehne die FDP aber ab. Verärgert reagiert er auf Tschäppäts jüngste Forderung, die Polizeipräsenz vor der Reitschule sei zu erhöhen: "Er weiss, dass dies nicht ohne Aufstockung der Mittel geht."

Hardliner wollen mehr

Bei der SVP, welche sich immer wieder als Gegnerin des Kulturzentrums Reitschule profiliert, sind die Meinungen noch nicht gemacht, wie Fraktionschef Simon Glauser betont. Viele seien für die aus den eigenen Reihen stammende Initiative. Den Hardlinern gehe der GFL/EVP-Vorstoss zu wenig weit. Er persönlich könne ihm durchaus Positives abgewinnen.

"Polizei sträubt sich"

Giovanna Battagliero, Co-Fraktionschefin der SP, ist gegen die Motion. Sie favorisiert den Weg, der in einem Ende Juni von ihrer Partei eingereichten Postulat skizziert ist: Drogenszene bekämpfen, ein neues Sicherheitskonzept erarbeiten, innerhalb der Reitschule auf die Akzeptanz des Papiers hinarbeiten, vereinbarte Massnahmen durch die Stadt finanzieren und die Polizei ermahnen, Demonstranten nicht in Richtung Reitschule abzudrängen. Im Zusammenhang mit der Drogenszene sagt Battagliero: "Ich habe konsterniert festgestellt, dass die Kantonspolizei sich sträubt, vor der Reitschule ihren Auftrag zu erfüllen."

Wie die SP ist auch GB/JA gegen Zwangsmassnahmen: Hasim Sancar, der die Fraktion mitleitet, möchte im Dialog die bestehenden Probleme lösen. Ohne Polizei sei die Drogenszene natürlich nicht in den Griff zu kriegen. Doch bedürfe es auch anderer Massnahmen.

GFL-Stadtrat Erik Mozsa selber geht davon aus, dass seine Motion mehrheitsfähig ist.

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Bund 16.9.08

Duell ums Stadtpräsidium

Erstes öffentliches Streitgespräch zwischen Alexander Tschäppät (sp) und Barbara Hayoz (fdp)

Wer eignet sich am besten für das Stadtpräsidium? Die SP Bern Nord hat Alexander Tschäppät und Barbara Hayoz gestern Abend einer öffentlichen Prüfung unterzogen.

Für den amtierenden Stadtpräsidenten sollte es ein Heimspiel werden, aber die Fragen, denen sich die beiden Exponenten zu stellen hatten, waren brisant: "Sind die RGM-Parteien, die seit 16 Jahren die Mehrheit haben, nicht selbstgefällig und träge geworden?", fragte Moderator Bernhard Giger. Mitnichten sei die links-grüne Mehrheit übermütig geworden, sagte Tschäppät, obwohl die Politologen ihr wieder den Sieg voraussagten. "Ich nehme den Wahlkampf ernst." Hayoz warf den RGM-Parteien vor, sie seien verantwortlich für Stagnation in einer Zeit, in der die andern Städte einen Boom erlebten. Entgegen der Behauptung in der Wahlplattform hätten 16 Jahre RGM der Stadt nicht gutgetan, so Hayoz. RGM habe die Landflucht der letzten Jahre gebrochen, den Verkehr beruhigt und die Stadt weiterentwickelt, hielt Tschäppät entgegen.

Brennpunkt Reitschule

Das Thema Reitschule brennt sowohl Bürgerlichen als auch Linken unter den Nägeln: Wenn die Polizei den Vorplatz meide und den Deal gewähren lasse, "dann ist dies das Ende der Rechtsstaatlichkeit", sagte Tschäppät. Die Polizei verfüge über das Gewaltmonopol. Drogendeal sei eine kriminelle Handlung, so Tschäppät. "Um dies zu ahnden, braucht es keinen Sonderauftrag." Alle Beteiligten seien gefordert, das Problem Vorplatz zu entschärfen. Hayoz ihrerseits zeigte Verständnis für die Polizei: Für eine Intervention im Umfeld der Reitschule brauche es mindestens 20 Mann. "Die Aggression gegen die Obrigkeit, die aus der Reitschule kommt, ist unhaltbar." Hayoz verspricht sich Linderung durch dissuasive Videoüberwachung auf dem Vorplatz. Zudem müssten die Strukturen in der Reitschule gestrafft werden. "Die Behörde kann nicht auf die nächste Vollversammlung warten." Die Ikur müsse in die Pflicht genommen werden. Tschäppät zeigte sich kritisch gegenüber Videoeinsätzen: Das Stadtparlament müsse über allfällige Einsatzgebiete von Videokameras entscheiden. Für Tschäppät sind Polizeieinsätze wirkungsvoller als Kameras: Bei einem SCB-Match sei die Polizei schliesslich auch mit einem Grossaufgebot präsent. Einig waren sich Tschäppät und Hayoz darin, dass Bern eine zweite Drogenanlaufstelle brauche. Der Hauseigentümerverband solle sich dafür einsetzen, sagte Tschäppät an die Adresse Hayoz', die für ihren Wahlkampf Unterstützung von den Hauseigentümern bekommt.

Steuern senken oder nicht?

Tschäppät wehrte sich gegen den Vorwurf der Bürgerlichen, Bern sei dreckig und unsicher. 35 Angestellte der Strassenreinigung sorgten sechs Tage pro Woche für eine saubere Altstadt. "Keine andere Stadt bietet diesen Service." Hayoz hingegen sprach von sozialen Brennpunkten, die nicht tragbar seien. Als Beispiel nannte sie die Bettler mit Hunden in der Neuengasse. Auch betreffend Finanzen waren sich die beiden nicht einig. Während Hayoz eine Steuersenkung als realistisch einstufte, lehnte Tschäppät diese ab. Hayoz betonte, Bern stehe im Wettbewerb mit steuergünstigen Gemeinden wie Muri, Ittigen und Bolligen. Und ein Fünftel der Berner Bevölkerung zahle überhaupt keine Steuern. Tschäppät sah kein Problem in diesem Umstand: Es handle sich um Leute in Ausbildung, "das sind keine Schmarotzer". Gemäss Steuerstatistik der Stadt Bern sei das Steuereinkommen in den letzten Jahren gestiegen und die Stadt habe ihre Kreditwürdigkeit genügend unter Beweis gestellt.

Bei Fragen aus dem vollen Saal des "Jardin" wurden Tschäppät und Hayoz in die Zange genommen. "Was kostete die Euro 08 die Stadt?", wollte ein Zuhörer wissen. Die Schlussabrechnung liege noch nicht vor, sagte Tschäppät. Und ein kritischer Zuhörer verwies am Ende der Diskussion Hayoz in die Ecke des klassischen Zürcher Freisinns.

Daniel Vonlanthen

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Tagesanzeiger 15.9.08

"Gegen die Drogenszene muss die Polizei vorgehen"

Berns Stadtpräsident Alexander Tschäppät ist unzufrieden mit der Polizei. Sehen lassen kann sich in seinen Augen dagegen das Sicherheitspapier seiner SP.

Mit Alexander Tschäppät sprach Gieri Cavelty

Wie hat Ihnen Ihr letzter Konzertbesuch in der Reitschule gefallen?

Ich verkehre nicht in der Reitschule. Als 56-Jähriger gehöre ich nicht zu ihrem Zielpublikum.

Herren in Ihrem Alter ist diese herunter- gekommene Baracke wohl eher ein Dorn im Auge?

Die Reitschule ist keine heruntergekommene Baracke, sondern ein gut funktionierendes Jugendzentrum und aus Bern nicht wegzudenken. Auch wenn sie von aussen gewiss nicht schön anzuschauen ist.

In der Tat: Vor der Haustür existiert eine offene Drogenszene mit allen negativen Begleiterscheinungen. Vor ein paar Tagen ist dort ein Mann totgeprügelt worden.

Die Drogenszene auf dem Vorplatz hat mit der Reitschule nichts zu tun. Man darf ihr nicht unsere gesellschaftlichen Probleme unterschieben. Gegen die Drogenszene muss die Polizei vorgehen.

Offenbar wagen sich die Ordnungshüter kaum mehr in die Nähe der Reitschule, weil sie deren Benützer mit Steinen bewerfen.

Es darf für die Polizei keine No-Go-Areas geben. Selbstverständlich muss man auch die Betreiber der Reitschule in die Verantwortung nehmen. Es wäre denkbar, dass man die städtischen Subventionen kürzt. So weit sind wir noch lange nicht. In nächster Zeit sind Gespräche zwischen der Stadt und Vertretern der Reitschule vorgesehen. Doch gegen die Drogenszene muss die Polizei vorgehen. Dazu muss ich aber sagen, dass sich die Situation erst im Verlauf der letzten Monate verschärft hat.

Weshalb?

Da bin ich der falsche Gesprächspartner. Zuständig ist Polizeidirektor Stefan Hügli.

Täuscht der Eindruck: Solange in Bern etwas gut läuft, geben Sie Auskunft. Sobald etwas schief geht, muss Kollege Hügli ran?

Wenn das so wäre, würde dieses Interview kaum stattfinden.

Auf alle Fälle haben Sie sich in den letzten Monaten als Mann feiern lassen, der Bern sicher und sauber gemacht hat. Der schöne, neue, bettlerfreie Bahnhof gilt als Ihr Werk.

Der Bahnhof kommt in der Tat anders daher als früher. In diesem Sinne ist das subjektive Empfinden anders. Wir dürfen uns aber keine Illusionen machen. Die sozialen Probleme sind nicht verschwunden. Darum haben wir in der Stadt ein grosses Angebot für Leute, die - aus welchen Gründen auch immer - am Rande der Gesellschaft leben. Wir haben eine Drogenanlaufstelle, ein Alki-Stübli, und die Bettler sind auch nicht einfach aus Bern verschwunden.

Dann war die Sage der Bundeshauptstadt, die neuerdings so sauber und sicher ist, von Beginn weg eine Illusion?

Ich kann mit solchen Begriffen nichts anfangen. Ich bin einfach realistisch. Und die Realität besagt: Bern hat die gleichen Probleme wie Basel oder Zürich. Es gibt hier nicht mehr Kriminalität. Wir haben hier einfach eine stärkere Konzentration auf ein relativ enges Zentrum. Darum sind die Probleme sichtbarer als anderswo.

Den Städten kommt jetzt Ihre Partei zu Hilfe. Ende Oktober verabschiedet die SP ein Sicherheitspapier. Zufrieden?

Dieses Dokument kommt mir in der Tat entgegen. Schliesslich habe ich schon vor einem Jahr einen Vortrag über die öffentliche Sicherheit als Service public gehalten. Viele in der Partei hatten mit dem Thema öffentliche Sicherheit bis vor kurzem Schwierigkeiten. Aber wenn der Schuh drückt, muss man das Thema anpacken.

Es gibt auch jetzt noch Sozialdemokraten, die das Thema nicht anpacken möchten. Sie verteufeln das Papier als repressives Machwerk.

Ich habe keine Mühe mit diesen Leuten. Wir sind eine lebendige und engagierte Partei, die Diskussionen gut aushält. Als jemand, der direkt in der Verantwortung steht, beurteile ich die Situation einfach anders als jene, welche die Grundrechtsdiskussion vertiefen wollen. Für mich als Praktiker zielt das Papier in die richtige Richtung.

Gibt es Punkte im Papier, die Sie stören?

Einige Begriffe und Formulierungen sind korrekturbedürftig, einzelne Punkte muss man präzisieren. Wo setzt man beispielsweise die Grenzen beim Bettelverbot und bei der Videoüberwachung? Es gibt Orte, da macht Videoüberwachung Sinn. Nötig sind allerdings klare gesetzliche Bestimmungen. Die Politik, nicht die Polizei soll entscheiden, wo eine Kamera installiert wird. Ausserdem braucht es eine genaue Kontrolle darüber, was mit den Videobändern passiert.

Die mutmasslichen Reitschule-Mörder von vorletzter Woche stammen vom Balkan. Die FDP Schweiz hat soeben ein schärferes Vorgehen gegen kriminelle Ausländer gefordert. Das käme Ihnen doch mehr entgegen als die Positionen im SP-Papier.

Nein, die SP bietet taugliche und praktikable Lösungsansätze. Im Sicherheitspapier ist davon die Rede, dass man Kriminaltouristen härter anfassen soll. Das genügt meines Erachtens. Man darf den Bogen nicht überspannen. Ich bin der Meinung: Wenn man einen schönen Teil der im Papier gemachten Vorschläge realisieren kann, ist das ein grosser Schritt für meine Partei und für die Schweizer Bevölkerung.

Die SP-Leitung hat inzwischen signalisiert, dass sie das Papier nur als Pflichtübung betrachtet. Nach seiner Verabschiedung wird das Thema öffentliche Sicherheit kaum mehr bewirtschaftet.

Das Thema Sicherheit steht als Thema auf der Agenda, solange es die Leute beschäftigt. Für die Städte bringt das Papier eigentlich ja wenig Neues. Ich habe bis jetzt schon nach den Grundsätzen gehandelt, die im Papier vertreten werden. Mit dem Sicherheitspapier werden diese Prinzipien einfach parteiintern breiter abgestützt und nach aussen kommuniziert.

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GEMEINDERAT & REITSCHULE
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Interessengemeinschaft Kulturraum
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Bern, 17. September 2008


Situation vor der Reitschule

Sehr geehrte Mitglieder/Vertreterinnen und Vertreter der IKuR

Für den Gemeinderat sind die Zustände, wie sie sich derzeit zeitweise vor der Reitschule manifestieren, nicht akzeptabel. Insbesondere an den Abenden mit Barbetrieb kommt es vermehrt zu verbalen und physischen Angriffen auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Polizei, PINTO und Securitas. Ebenfalls für den Gemeinderat nicht akzeptabel ist die aufgrund des Bar- bzw. Vorplatzkonzertbetriebs hohe Lärmbelastung der Anwohnerinnen und Anwohner.

Gemäss Subventionsvertrag und Sicherheitsvereinbarung hat die IKuR die Bemühungen von Polizei und Stadtbehörden zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit auf dem Vorplatz aktiv zu unterstützen und auf die Anwohnerinnen und Anwohner Rücksicht zu nehmen.

Als Reaktion auf die vermehrten Übergriffe haben Securitas und PINTO ihre Präsenz während des Barbetriebs spürbar reduziert. Die Polizei verzichtete teilweise auf Kontrollen, da sie befürchtete, dass die Situation sonst eskalieren würde. Die Folge davon ist, dass sich jeweils nach der Schliessung der Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige eine temporäre Drogenszene mit bis zu 80 Personen bildet.

Der Gemeinderat ist sich bewusst, dass die Problematik auf dem Vorplatz von der IKuR nicht allein gelöst werden kann. Er hat deshalb die zuständigen Stellen beauftragt, mit einem Massnahmenpaket die Situation zu entschärfen. Dazu gehört insbesondere auch eine rasche Realisierung eines zweiten Standorts der Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige sowie verstärkte Präsenz der Sicherheitskräfte wie Polizei und Securitas.

Der Gemeinderat verlangt jedoch, dass Polizei und Stadtbehörden in ihrer Tätigkeit nicht mehr gehindert und die Lärmschutzvorschriften mit den entsprechenden Ruhezeiten und Belastungsgrenzwerten insbesondere auch im Hinblick auf einen allfälligen Bar und Musikbetrieb im Sommer 2009 eingehalten werden. Die zuständigen Verwaltungsstellen werden sich dazu mit Ihnen in Verbindung setzen.

Der Gemeinderat ist der Überzeugung, dass mit entsprechendem Einsatz aller Beteiligten sich die Situation bei der Reitschule sowohl hinsichtlich Drogenproblematik als auch hinsichtlich Vorplatzbelebung verbessern wird, so dass die Kräfte wieder primär für den Kulturbetrieb der Reitschule eingesetzt werden können.

Mit freundlichen Grüssen

Alexander Tschäppät
Stadtpräsident

Dr. Jürg Wichtermann
Stadtschreiber


z.K. Regierungsstatthalteramt, Frau Regula Mader …

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Informationsdienst der Stadt Bern 17.09.2008

Situation vor der Reithalle: Gemeinderat bereitet Massnahmenpaket vor

Der Gemeinderat hat sich an seiner heutigen Sitzung erneut mit der Situation auf dem Vorplatz der Reithalle befasst. Dabei bekräftigte er, dass er das Massnahmenpaket, welches er in diesem Zusammenhang nach den Sommerferien in Auftrag gegeben hatte, konsequent umsetzen wird. Zur Entschärfung der Situation vor der Reithalle will der Gemeinderat rasch einen zweiten Standort als Drogenanlaufstelle realisieren und die Präsenz der Polizei erhöhen, flankiert von den sozialen Angeboten.

Der Gemeinderat registriert mit grosser Besorgnis, dass sich die Situation auf dem Vorplatz der Reitschule in den vergangenen Monaten verschärft hat. Es kommt vermehrt zu verbalen und physischen Angriffen auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Polizei, PINTO und Securitas. Als Reaktion darauf haben PINTO und Securitas ihre Präsenz vor der Reithalle spürbar reduziert.

Die Kantonspolizei hält zu ihrer Präsenz vor der Reithalle Folgendes fest: "Die Kontrolldichte ist unverändert gleich hoch. Der einzige Unterschied ist, dass die Polizei je nach Situation vor Ort bisher auf Kontrollen verzichtete, wenn die Situation eskaliert hätte oder die Sicherheit der Mitarbeitenden nicht gewährleistet gewesen wäre."

Die Folge dieser Situation ist, dass sich jeweils nach der Schliessung der Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige eine temporäre Drogenszene mit 70 bis 80 Personen bildet.

Gemeinderat toleriert Zustände vor Reithalle nicht

Für den Gemeinderat sind die Zustände, wie sie sich derzeit zeitweise vor der Reithalle manifestieren, nicht akzeptabel und so rasch wie möglich zu unterbinden. Insbesondere bekräftigt er seine Haltung, dass er kein Fixen und Dealen im öffentlichen Raum toleriert.  Ebenso verurteilt er in aller Schärfe die Angriffe auf die Polizei, PINTO und Securitas und betont, dass es Aufgabe der Kantonspolizei ist zu intervenieren.

Massnahmenpaket in Erarbeitung

Der Gemeinderat hat die zuständigen Stellen der Stadt vor einigen Wochen damit beauftragt, direktionsübergreifend ein Massnahmenpaket zu erarbeiten, um die Situation auf dem Vorplatz der Reithalle zu entschärfen. Dieses orientiert sich an der städtischen Drogenpolitik mit den vier Säulen Prävention, Schadensminderung, Therapie und Repression.

Seitens des Gemeinderates steht die rasche Realisierung eines zweiten Standortes für die Anlaufstelle für Drogenabhängige im Vordergrund. Zudem sind soziale Massnahmen wie die verstärkte Vermittlung in Wohnprojekten und in Substitutionsprogramme vorgesehen. Unabdingbar sind nach Ansicht des Gemeinderates Massnahmen im Bereich der Repression. Dazu gehören die konsequente Rückführung von Drogenabhängigen in ihre Wohnsitzgemeinden und die erhöhte Polizeipräsenz auf dem Vorplatz der Reithalle. Die Verantwortlichen der Kantonspolizei sind an der Erarbeitung des Massnahmenpaketes beteiligt.

Reitschule in die Pflicht nehmen

Der Gemeinderat erwartet von den Betreibern der Reitschule (IKUR), dass sie ihren Teil zur Entschärfung der Situation beitragen. Gemäss dem mit der Stadt Bern getroffenen Subventionsvertrag und der entsprechenden Sicherheitsvereinbarung hat die IKUR die Bemühungen von Polizei und Stadtbehörden zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit auf dem Vorplatz aktiv zu unterstützen.

Dieser Verpflichtung kommt die IKUR nach Einschätzung des Gemeinderates derzeit nicht oder nur in sehr ungenügendem Masse nach. Der Gemeinderat hat die IKUR in einem Brief zur Einhaltung der Abmachungen aufgefordert. In nächster Zeit sind weitere Gespräche zwischen der Stadt und der IKUR vorgesehen. In Zusammenhang mit dem Barbetrieb hat der Gemeinderat ausserdem brieflich das für die entsprechende Bewilligung zuständige Regierungsstatthalteramt kontaktiert, die Situation geschildert und seine Haltung dargelegt.

Der Gemeinderat wird zu gegebener Zeit die Öffentlichkeit über das Massnahmenpaket informieren.

Informationsdienst der Stadt Bern

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Medienmitteilung JA! 11.9.08

Die Reitschule gehört eben immer noch zu Bern - Neueste Initiative der JSVP ist Zwängerei

Die heute lancierte Initiative der Jungen SVP gegen die Reitschule ist unsinnig und verkennt die politischen Tatsachen. Die Berner Stimmbevölkerung hat sich schon in vier Volksabstimmungen klar für den Erhalt der Reitschule in ihrer heutigen Form ausgesprochen. Die Junge Alternative JA! lehnt die Initiative klar ab.

Der Kulturbetrieb Reitschule bietet mit Dachstock, Frauenraum, Restaurant Sous le Pont, dem Kino und dem Theater Tojo eine herrliche Vielfalt an kulturellen Leckerbissen. Die Institution ist für viele jüngere und ältere Menschen ein wichtiger Freiraum und Begegnungsstätte geworden. Ein solcher Ort darf nicht für unsinnige und rein kommerzielle Wahlkampfträume der Jungen SVP aufs Spiel gesetzt werden. Die Junge Alternative JA! fordert die Junge SVP zum Rückzug der Initiative auf.

Einmal mehr versuchen die bürgerlichen Parteien mit der tragischen Situation unter der Eisenbahnbrücke Schützenmatte Propaganda gegen die Reitschule zu machen. Dies ist schlechter Stil und geht auf Kosten der Schwächsten. Stattdessen fordert die Junge Alternative JA! eine Ausweitung des drogenpolitischen Angebots, zumindest um eine zweite Anlaufstelle und aufsuchende Gassenarbeit.

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Medienmitteilung JA! 10.9.08

Todesfall auf der Schützenmatte - Stadt muss endlich handeln

Letzte Woche ist unter der Eisenbahnbrücke auf der Schützenmatte ein Mann vermutlich im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung um Drogen brutal verprügelt worden und später im Spital an seinen Verletzungen gestorben. Die Junge Alternative JA! ist bestürzt über das schreckliche Gewaltdelikt und über den darauf folgenden Tod dieses Mannes.

Tatsache ist, dass seit längerer Zeit unter der Eisenbahnbrücke auf der Schützenmatte eine offene Drogenszene besteht. Diese Situation ist für die Betroffenen, welche sich dort aufhalten, menschenunwürdig und führt zu einer Reihe von Problemen - welche nun in einer brutalen Schlägerei gipfelten. Die Junge Alternative JA! kritisiert seit langem die Scheuklappen-Haltung der Stadt und der politischen EntscheidungsträgerInnen, welche sich auch in diesem Fall wieder zeigt: Zwar sprechen sich die Stadt und die Leiterin der Koordinationsstelle Sucht gegen Schuldzuweisungen aus, rücken die Reitschule jedoch in einen unsachlichen Zusammenhang mit dem tragischen Vorfall und machen die BetreiberInnen des Kulturbetriebs für die höchst unhaltbare Situation verantwortlich.

Die Junge Alternative JA! ruft bezüglich der Situation unter der Eisenbahnbrücke zu sofortigem Handeln auf. Dies darf sich nicht auf das tägliche Aufscheuchen der drogenabhängigen Menschen beschränken: Die Stadt Bern muss die offene Drogenszene endlich als solche anerkennen und eine zweite Drogenanlaufstelle, aufsuchende Gassenarbeit und weitere niederschwellige Angebote für drogenabhängige Menschen schaffen. Nur so kann dafür gesorgt werden, dass für diejenigen, welche heute Abend für Abend unter der Eisenbahnbrücke verbringen, menschenwürdige Bedingungen geschaffen und der Kulturbetrieb Reitschule entlastet werden kann.

Die Junge Alternative JA! bedauert den Umstand, dass Parteien von Mitte bis Rechts den tragischen Vorfall dazu benutzen, billigen Wahlkampf auf Kosten der Reitschule zu betreiben. Stattdessen fordert die JA! alle Parteien und EntscheidungsträgerInnen auf,  sich endlich für eine echte Lösung des offensichtlichen drogenpolitischen Problems einzusetzen.

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STECKWEG 13
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BZ 18.9.08

Hausbesetzer melden sich

Die Besetzer des leer stehenden Hauses am Steckweg in der Lorraine wollen die verlotterte Liegenschaft in Schuss bringen.

Seit letztem Wochenende besetzt eine Gruppe Jugendlicher ein leer stehendes Haus am Steckweg in der Lorraine (wir berichteten). Gestern haben sie sich mit einem offenen Brief an den städtischen Bauinspektor Charles Roggo gewandt. Dieser will das Haus räumen lassen, weil das Dach des Holzhauses einsturzgefährdet sei. Dem widerspricht das Besetzerkollektiv namens "Kraak 13": Eine Begehung mit einem Architekten habe gezeigt, dass die Dachkonstruktion "solide" sei.

Die Besitzerin des Hauses habe die Liegenschaft verlottern lassen und die Beanstandungen der Behörden ignoriert. Die Besetzer finden es "skandalös", dass das Haus eines solchen Verhaltens wegen leer steht. Sie möchten das Haus nun selbst auf Vordermann bringen. Aus diesem Grund fordern die Besetzer nun Zeit und die "Chance", die Mängel zu beheben. Man suche deshalb das Gespräch mit dem Bauinspektorat.
azu

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Bund 17.9.08

"Das Haus wird geräumt"

Stadt Bern Das städtische Bauinspektorat lässt nichts anbrennen. Erst letzten Samstag hat eine Gruppe Jugendlicher die leer stehende Liegenschaft am Steckweg in der Lorraine besetzt, und bereits gestern entschied Bauinspektor Charles Roggo, dass das Haus polizeilich geräumt werden muss. Grund für das schnelle Handeln, sind gemäss Roggo "Sicherheitsbedenken".

Hintergrund dieser Aussage ist die Geschichte des Gebäudes: Die Bausubstanz ist in einem desolaten Zustand, das Dach einsturzgefährdet und die Heizung entleert. "Die letzten Mieter heizten nur noch mit Backofen und Herdplatten", sagt Roggo. Weil dies zu gefährlich sei, habe er im März 2008 für diese Liegenschaft ein Benutzungsverbot aussprechen müssen. Anschliessend wurde das Haus von Wasser-, Gas- und Stromleitungen abgetrennt und verrammelt.

"Nun wird das Haus dennoch bewohnt, und wir müssen davon ausgehen, dass die Besetzer auch das Stromnetz wieder angezapft haben." Dies könne nicht hingenommen werden. Das Brandrisiko in dem alten Holzhaus sei einfach zu hoch. "Wir können nicht riskieren, dass die ganze Häuserzeile oder gar ein Mensch zu Schaden kommt." (pas)

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Bund 15.9.08

Die Lorraine hat ein besetztes Haus
http://beemy.catatec.ch:554/ramgen/20080915.rm?start=18:07:52

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CAFE KAIRO
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BZ 18.9.08

"Kairo" feiert 10. Geburtstag

Ob Künstler, Studentin oder Quartierbewohner: Im Café Kairo fühlen sich alle wohl. Das Lokal feiert sein 10-jähriges Bestehen.

Das Café Kairo hat sich in den letzten 10 Jahren einen Namen geschaffen, welcher über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Sein Retrointerieur, die verschiedenen Angebote im Kultur- und Gastro-Bereich sowie sein Standort in der Lorraine machen das Café Kairo zu etwas Besonderem.

Gegründet wurde das Café vom Ehepaar Kathrin und Christian Pauli. Die Kombination von Bar, Restaurant und Veranstaltungen ergab sich aus den bisherigen Tätigkeiten der beiden im Gastronomie- und Kulturbereich. Das Konzept hat sich sowohl in der Küche als auch im Kellerraum in den letzten 10 Jahren nicht gross verändert, obschon Christian Pauli mittlerweile Co-Leiter der Dampfzentrale ist. Für Kontinuität sorgen Kathrin Pauli (Co-Leitung Küche und Service) und Manuel Gnos (Team Kulturveranstaltungen).

Konzerte, Biofood

Laut Manuel Gnos ist die familiäre Atmosphäre das Besondere am "Kairo". Deshalb ist die Arbeit für ihn mehr als einfach nur ein Job. Die gute Stimmung unter den Mitarbeitenden überträgt sich auf die unterschiedliche Kundschaft. Da gibt es jene, die ein Konzert besuchen, und jene, die wegen der biologischen Leckereien kommen und nicht wissen, dass man auch zu Konzerten mitwippen, Lesungen belauschen oder das Tanzbein schwingen könnte.

Viele Musikstile

Viele Stammkunden kommen aus der Nachbarschaft. Man kennt das Publikum. Der Berner Untergrundmusiker Reverend Beatman und sein Voodoo-Rhythm-Label bilden einen Schwerpunkt des Programms, sagt Manuel Gnos. Natürlich wird im Kairo nicht nur surrealer Folk, Blues und Gospel-Trash - Beatmans Vorlieben - gespielt, doch, meint Gnos, viele Bands, die im Kairo auftreten, haben in gewisser Weise einen "trashigen" Anteil in ihrer Musik. Einfach das gewisse Etwas, das die Musik interessant und nicht alltäglich macht. Ansonsten haben viele Musikstile Platz. So kann man neben Rock'n'Roll, Indie-Rock, Blues oder Country auch mal einen ruhigen Singer-Songwriter erleben.

Nebst Konzerten finden Poetry-Slams und Lesungen statt. Auch wichtige Fussballspiele werden gezeigt. Schliesslich gibt es Veranstaltungen, welche nicht das Kairo selbst organisiert, beispielsweise die Quizshow von Lars Lucky oder das "The Bridge-Open Mike" - ein Abend mit dem Musiker Trummer, welcher anderen Musikern die Möglichkeit gibt, ihr Schaffen zu präsentieren.

Konzerte jeweils am Freitag

Seinen runden Geburtstag feiert das Café Kairo mit Musik, Tanz und Essen. Das Festkonzert wird Admiral James T. zusammen mit The Bell Garden Four und verschiedenen Gästen bestreiten. Er ist bereits mehrmals im "Kairo" aufgetreten. Diesen Monat tritt er vier Mal, jeweils am Freitag, auf. Die Idee, eine Band jeweils einen Monat lang auftreten zu lassen, kam den Veranstaltern durch den Zürcher Club Helsinki. Seitdem existiert ein reger Austausch zwischen den beiden Ausgehlokalen.

Laut dem Veranstalter werden die "Kairo"-Gäste auch nächstes Jahr die Möglichkeit haben, während eines ganzen Monats jeden Freitag den- oder dieselben Künstler zu geniessen.

Aber auch wenn keine Konzerte gegeben werden, kann man ganz einfach das Kairo und seine familiäre Atmosphäre bei einem Kaffee, einem Bier oder einem biologischen Essen geniessen.
Susanne Siegenthaler

Jubiläumsfeier: Freitag, 19.9., ab 21 Uhr. Gratiskonzert mit Admiral James T. & The Bell Garden Four. www.cafe-kairo.ch.

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UMFRAGE
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Bund 16.9.08

Lage top, Sicherheit Flop

Eine Befragung stellt Bern ein gutes Zeugnis aus, wenn auch kein makelloses

Der dritte Lebensqualitätsbericht der Stadt Bern macht es deutlich: Die Bundesstadt entzückte 2007 durch ihre Lage in grüner Umgebung und ihre überschaubare Grösse - Verkehr, Dreck und Drogen waren der Bevölkerung aber auch letztes Jahr lästig.
 
Die Berner Bevölkerung fühlt sich wohl: 95 Prozent leben gern in der Stadt - dies belegt der dritte Lebensqualitätsbericht, welcher gestern von der Sozialdirektorin der Stadt Bern, Edith Olibet (sp), vorgestellt wurde.

Die 1000 Befragten loben besonders die überschaubare Grösse der Stadt und die Grünanlagen, auch der gut ausgebaute öffentliche Verkehr wird positiv bewertet. Damit stellt die Bevölkerung der Stadt wie bereits 1999 und 2003 ein unverändert gutes Zeugnis aus.

Die Lebensqualität ist gestiegen

Die Datenentwicklung zeuge von einer guten beziehungsweise leicht gestiegenen Lebensqualität, sagte Ursula Ackermann, Leiterin des städtischen Gesundheitsdienstes. Olibet zeigte sich über die Ergebnisse des Lebensqualitätsberichts erfreut. "Der Gemeinderat ist mit den Resultaten sehr zufrieden. Es beweist, dass Bern ein Wohn- und Lebensort von höchster Qualität ist."

Bern sei eine schöne und blühende Stadt, in der sich auch der Freizeitwert gesteigert habe. Auffallend hoch ist die Zufriedenheit mit Sportanlagen und Schwimmbädern, "obwohl immer wieder Klagen über das zu kleine Angebot" laut würden, sagte Ackermann.

Dauerbrenner Dreck und Drogen

Trotz dem guten Zeugnis, das der Bericht der Stadt ausstellt, will sich die Direktion für Bildung, Soziales und Sport nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Bei Themen wie Verkehr, Dreck und Drogen zeigt der Bericht nämlich auch deutliche Defizite auf. Diese gelte es nun anzugehen.

Seit Jahren führen sicherheits- und abfallpolitische Themen die Negativhitliste an und gehören seit der ersten Lebensqualitätsbefragung 1999 zu den häufigsten Nennungen. Besonders ältere Personen bezeichneten Dreck und Vandalismus im vergangenen Jahr als Problem Nummer eins, 58 Prozent der Befragten waren der Meinung, es werde zu wenig gegen Drogenmissbrauch getan. Das Thema Sicherheit erhielt ebenfalls eine ungenügende Bewertung. Jeder Fünfte fühlt sich nachts auf der Strasse unsicher.

Wohnungs- und Krippenmangel

Handlungsbedarf zeigt der Lebensqualitätsbericht auch beim Wohnungsangebot auf. "Der extrem tiefe Wohnungsleerstand ist ein grosses Problem", bestätigte Olibet. Dieser schränke einerseits die Möglichkeiten ein, in die Stadt zu ziehen, andererseits reduziere er die Lebensqualität für viele Familien, die aus Mangel an bezahlbaren grösseren Wohnungen sehr beengt wohnen müssten. Die Stadt sei deshalb bestrebt, bereits eingeleitete Massnahmen für vermehrten Wohnungsbau voranzutreiben. "In Brünnen wurde am vergangenen Samstag das neue Wohnquartier eröffnet, und auch im Weissenstein sind bereits zahlreiche neue Wohnungen bezogen."

Als grosses Problem erachteten die Befragten auch die Anzahl der zur Verfügung stehenden Kita-Plätze. Obwohl es zwar in der Stadt Bern so viele Krippenplätze wie im ganzen Kanton Aargau gebe, werde gestützt auf die Lebensqualitäts-Erhebung das Kinderbetreuungsangebot in einem schnelleren Tempo als bisher ausgebaut, sagte Olibet.

Warten auf die neue Legislatur

"Handlungsbedarf gibt es in einigen Bereichen. Diese können und wollen wir aber an dieser Stelle nicht überall festlegen", erklärte Olibet gestern vor den Medien. Die Erkenntnisse aus dem Lebensqualitätsbericht flössen in die kommende Legislaturplanung ein. In Bereichen wie Sauberkeit und Wohnen seien zudem bereits Massnahmen ergriffen worden.

Simona Benovici

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20min.ch 16.9.08

Berner trotz Baustellen und Drogenproblemen happy

von Nina Jecker

Laut aktueller Umfrage fühlen sich die Berner pudelwohl, stören sich aber an den Dauerproblemen Sicherheit und Drogen. Das wiederum freut die Regierungsgegner.

Baustellen, so weit das Auge reicht im Länggassquartier. (Bild: mar)

95 Prozent der Berner sind mit ihrer Stadt zufrieden. Sie finden Bern schön und schätzen es als überschaubar und grün ein: Dies ist das Ergebnis des gestern veröffentlichten Lebensqualitätsberichts 2007, für den 1000 Personen befragt worden sind.

Trotzdem sind die Berner nicht mit allem glücklich: Nebst den vielen Baustellen sind die bereits in den Vorgänger-berichten vor 4 und 8 Jahren genannten Problempunkte Sicherheit und Drogen noch immer die grössten Ärgernisse. "Dass diese Probleme seit Jahren nicht gelöst wurden, zeigt, dass die rotgrüne Mehrheit versagt hat und es an Berns Spitze einen Wechsel braucht", kritisiert SVP-Gemeinderatskandidat Beat Schori die Regierung.

"Im Gegenteil", sagt Stapi Alexander Tschäppät (SP), "der Bericht bescheinigt uns gute Arbeit." Die Drogen- und Sicherheitsproblematik sei halt nicht mit Parolen lösbar, sondern eine Sisyphusarbeit, die täglich angepackt werden müsse. Mehr Polizeipräsenz und ein zweites Fixerstübli sollen nun helfen, dass der nächste Bericht in vier Jahren ohne alte Ärgernisse ausfällt. "Hoffentlich bin ich dann noch im Amt", so Tschäppät.

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MOCCA THUN
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Bund 17.9.08

"Thun ist keine Insel"

Seit 22 Jahren führt Bädu Anliker das Kulturlokal Mokka - seit zwei Wochen sorgen Sicherheitsleute für die Sicherheit der Gäste

Ein Mitarbeiter des "Mokka" wurde so schwer verprügelt, dass nun zum ersten Mal in der Geschichte des schweizweit bekannten Lokals Sicherheitsleute eingesetzt werden. Anliker findet, das Gewaltproblem in Thun werde zu wenig ernst genommen.

2003 wurden Sie zwei Mal tätlich angegriffen. 2004 sagten Sie dem "Bund", Sicherheitspersonal anzustellen, wie dies damals Clubs in der Selve machten, käme für Sie nicht infrage. Jetzt, vier Jahre später, haben Sie seit zwei Wochen Sicherheitsleute - was ist passiert?

Jetzt ist die Situation anders. Seit der Selve-Schliessung gibt es keine Vielfalt an Betrieben mehr. Einige dieser Betriebe dümpelten zwar am Schluss nur noch vor sich hin, aber sie haben immerhin viele "trümmlige" Kids aufgenommen. Diese wollen auch weiterhin am Wochenende ausgehen.

Und die gehen nun ins "Mokka"?

Wir haben die Aufgabe, ein offenes Haus zu betreiben. Wir erhalten nicht für die Kultur Subventionen, sondern um da zu sein, um 52 Wochen im Jahr 5 Tage die Woche diesen Laden offen zu halten und jeden hier beherbergen zu dürfen. Am Schluss landen dann halt auch alle hier. Wir verzeichneten in den vergangenen vier Jahren eine rasante gesellschaftliche Veränderung. Wir haben jetzt eine Generation von Jungen, die bereits vierzehn Jahre lang im Fernsehen gesehen hat, wie man dem anderen eins auf den Kopf gibt. 18-Jährige haben heute schon 5000 Morde gesehen im Fernsehen. Heute tritt man gnadenlos auf ein Opfer ein, selbst wenn es schon am Boden liegt. Securitys haben wir nun, nachdem einer unserer Mitarbeiter, der bei einem Streit schlichten wollte, so schwer verprügelt worden ist, dass er mit Kopfverletzungen ins Spital eingeliefert werden musste. Die Crew sagte: "Wir sind gefährdet, so machen wir nicht mehr weiter." Sie wollten 14 Tage den Laden schliessen, das wollte ich nicht. So beschlossen wir, es mit Securitys zu versuchen.

Was ist nun die Aufgabe dieser Sicherheitsleute?

Die Jungen verstehen leider nur noch Schwarz -Weiss. Das heisst, sie verstehen "Security", nicht aber mich. Wenn ich komme, dann heisst es: "Halt die Fresse, du schwule Sau." Wenn heute ein 13-jähriger Schulbub vor dem 50-jährigen Clubchef keinen Respekt mehr hat und nur noch vor einem Sicherheitsmann Respekt zeigt, dann ist das ein eindeutiges Signal. Die Jungen wissen, dass die Sicherheitsleute unter sich vernetzt sind und sich austauschen. Wenn sie in einem anderen Club Verbot haben, dann haben sie auch hier Hausverbot.

Die Sicherheitsleute kennen das "Mokka"-Publikum also?

Natürlich. Die kennen das Publikum super, das sind Albaner. Die sprechen dieselbe Sprache. Die wissen sogar, wer mit wem verwandt ist. Für mich sind die Securitys aber nach wie vor nicht die Lösung. Schliesslich machen wir ja auch ein Kulturprogramm, mit dem können wir uns das Publikum etwas aussuchen. Aber wir haben hier so viele Leute, die sich gar nicht für ein Programm interessieren und sich noch nie dafür interessiert haben.

Warum?

Fehlende Integration auf beiden Seiten. Die Ausländer bleiben lieber unter sich. Das bedeutet, dass sie sich dann auch in anderen Situationen verbünden. Die Schweizer sind nicht gruppenfähig, sie kommen zwar auch in Horden, aber sie solidarisieren sich nicht, wenn einer plötzlich "Lämpe" hat. Aber ich möchte doch noch festhalten: Nicht nur hier haben wir manchmal Probleme. Kürzlich wurde am Bahnhof jemand von fünf Nazis verprügelt. Täglich stehen am Bahnhof dreissig Nazis herum. Ich habe meinen Gästen nach dem Vorfall gesagt: "Leute, Gewalt ist nicht nur ein Balkanproblem. Das Problem ist, dass viele Gäste, auch Schweizer, den Anstand und Respekt verloren haben."

Sicherheitsleute im "Mokka", Schlägereien am Bahnhof - hat die Stadt Thun ein Gewaltproblem?

Die Stadt Thun hat ein Frustrationsproblem. Wir haben immer so schönes Wetter hier, wir wohnen in einer so schönen Gegend. Und wenn alles so wunderschön ist, vergisst man schnell, dass Thun eine Metropole wie jede andere ist - mitten in Europa gelegen, mit denselben Problemen, wie sie andere Städte auch haben. Drei Viertel aller Leute, die hier am Tag mitten durch die Innenstadt wanken, erhalten Sozialhilfe. Wir haben einen hohen Anteil an White Trash, nur schaut keiner hin (mit White Trash wird in den USA die weisse Unterschicht bezeichnet, Anm.d.Red.). Hier wird von der Politik halt gerne alles schöngefärbt.

Der Gemeinderat schaut also weg?

Das sind Menschen, die nicht sehen, was hier abgeht. Die sind beschäftigt mit Optimierungen, die sind beschäftigt mit ihrer Wiederwahl, die sind mit irgendetwas beschäftigt. Letztendlich wohl auch mit schlechten Computersystemen und einer aufgeblasenen Verwaltung, die sich selber feiert. Wir sind eine Wohlstandsgesellschaft, die am Verarmen und Verblöden ist.

Die Wohlstandsgesellschaft: Das tönt nun aber nach einem gesamtgesellschaftlichen und nicht nur thunspezifischen Problem.

Natürlich ist das auch ein gesamtgesellschaftliches Problem. Thun ist einfach keine Insel. Aber wir vergessen das manchmal, weil wir doch ein so schönes Städtchen sind mit dem Schloss, das da oben seit Hunderten von Jahren steht. Dann haben wir den See und eben das schöne Wetter und die vielen Möglichkeiten, die leider nur niemand mehr nutzt. Die meisten Leute gehen lieber shoppen oder hängen dort herum, wo andere Leute sind, etwa auf den Plätzen in der Innenstadt, und schlagen den Tag tot. Die Innenstadt verroht zusehends. Wenn die Polizei mal Klartext reden würde, was sie dort sieht . . . Das ahnen wir ja nur.

Greift die Polizei zu wenig ein und durch in Thun?

Nein, so kann man das nicht sagen. Die Polizeiarbeit wurde einfach eine andere. Es ist mit der Polizeiarbeit wie überall in der Gesellschaft: Man hat ja auch keine Bahnstation mit eigenen Angestellten mehr für das und das und das. Es gibt in der S-Bahn keinen Kondukteur mehr, dafür jagt man dann in Münsingen 16 Kontrolleure schnell, schnell durch den Zug.

Gemeinderätin Ursula Haller und Gemeinderat Peter Siegenthaler haben Kenntnis von den Vorfällen und würden dem "Mokka" gerne Hilfe anbieten, um zu verhindern, dass plötzlich Schliessungsforderungen auftauchen.

Man hat uns jetzt 20 Jahre nie gefragt, was und ob wir etwas brauchen, ausser den Subventionen, die wir bekommen. Wer spricht denn hier von einer Schliessung? Aber hallo, solche Sachen passieren doch dauernd irgendwo, dann müsste man ja auch den Bahnhof schliessen. Wenn jemand den Laden im Griff hat, dann wir. Im Übrigen sind wir kein Tea-Room, das abends um fünf Uhr schliesst, wir sind ein Nachtlokal. Die Sache ist doch einfach die: Die Medien können Crime gut verkaufen. Wenn wir mit unserem Sommerfestival "Am Schluss" Tausende glücklich machen, dann hört man kaum je eine Reaktion, es ist einfach gut, und das ist normal, dass es gut ist. Aber bitte, wenns sein muss, über Hilfe kann ich mit dem Gemeinderat schon reden. Nur: Wenns hier abgeht, dann brauchen wir am nächsten Tag Hilfe. Das Problem muss man subito lösen, so wie wirs jetzt versuchen.

Zwischen dem Gemeinderat, dem Regierungsstatthalter und Ihnen kam im vergangenen Jahr eine Vereinbarung zustande, in welcher festgehalten wurde, dass im"Mokka" eine bessere Kontrolle im Eingangsbereich stattfinden müsse.

Es ging in der Vereinbarung darum, dass ich quasi schauen müsste, dass hier nicht mehr gekifft wird. Übers Kiffen mag ich hier nicht reden, jetzt gibt es dann sowieso ein Rauchverbot, dann ist das Problem eh gelöst. Die Stadt würde sich besser darum kümmern, wie die Zukunft in diesem Quartier hier aussehen soll. Vis-à-vis im Emmi-Areal sollen Luxuswohnungen gebaut werden. Wie sich ein Nachtclub und Wohnungsbesitzer vertragen sollen, das interessiert hier keinen Menschen. In diesen Bedenken werden wir nicht ernst genommen. Ich möchte aber zum Schluss noch etwas anderes festhalten.

Und das wäre?

Der Jugend hat man die Jugend genommen. Die sind optisch gleichgeschaltet mit den Erwachsenen. Dabei vergisst man: Das sind Kinder, wirklich noch Kinder. Aber sie müssen sich schon mit Zwölf cool benehmen, um sich noch irgendwie von den Erwachsenen unterscheiden zu können. Könnte man die Jungen mal eine Woche lang weniger uniformiert anziehen, dann sähe unsere Welt schon etwas anders aus.

Mireille Guggenbühler

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Fakten

Zwei Jahrzehnte am Ball

Bädu Anliker führt seit über 20 Jahren das Thuner Kulturlokal Mokka, das in dieser Zeit schweizweit zu einem Begriff wurde. Anliker ist "Mister Mokka", das "Mokka" ist sein Reich und auch sein Werk. Anliker hat mit dem "Mokka" einst den grossen Kulturpreis des Kantons Bern gewonnen. Noch diesen Monat treten im "Mokka" Boubacar Traore (Mali Blues), Kill the Young (Sub Pop, Manchester), Please me (Indie Pop, Hamburg) und The Luchagaro (Metal Punk, Atlanta) auf. (gum)

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Die Schliessung verhindern

Politikum "Mokka"

Die Thuner Stadtregierung fürchtet aufgrund der Vorfälle im "Mokka" Schliessungsforderungen vonseiten des Parlaments.

Gemeinderat und Sicherheitsvorsteher Peter Siegenthaler (sp) und Gemeinderätin und Bildungsvorsteherin Ursula Haller (bdp) sind sich einig: Unter gar keinen Umständen soll das Café Mokka geschlossen werden. Nachdem ein Mitarbeiter des "Mokka" einen Streit schlichten und anschliessend mit Kopfverletzungen ins Spital eingeliefert werden musste (siehe Interview oben) und die Polizei kurz darauf eine Razzia im Lokal durchführte, fürchtet man in der Exekutive Schliessungsforderungen vonseiten der Legislative. Bis jetzt seien zwar keine entsprechenden Vorstösse eingereicht worden, erklärt Ursula Haller dem "Bund". Doch bei Vorkommnissen, wie jenen jüngst im "Mokka", "könnte der eine oder andere auf die Idee kommen, dass man das Lokal schliessen sollte." Dies indes möchte Haller unter keinen Umständen, wie sie betont: "Das ,Mokka' nimmt eine wichtige soziale Funktion wahr in dieser Stadt."

Vergangene Woche habe sich die Sachkommission Bildung des Parlaments im "Mokka" mit Betreiber Bädu Anliker getroffen - allerdings habe dies nichts mit den Vorfällen zu tun gehabt, sondern "weil das ,Mokka' immer wieder ein Thema ist, etwa beim Budget", sagt Haller.

Für Sicherheitsvorsteher Peter Siegenthaler ist klar, dass die Schliessung der Selve mit ein Grund für die Vorfälle im "Mokka" ist. "Seit dieser Zeit verkehrt dort eine Klientel, die sonst nicht im ,Mokka' war", sagt Siegenthaler. Die Gewalt habe in der ganzen Stadt "offenkundig" zugenommen, sagt Siegenthaler. Involviert seien meistens 16- bis 19-Jährige, für diese gäbe es eindeutig zu wenig Lokale in der Stadt.

"Kein rechtsfreier Raum"

2007 haben der Gemeinderat, der Regierungsstatthalter und Bädu Anliker eine Vereinbarung getroffen. Darin ist laut Siegenthaler festgehalten, dass vermehrt Kontrollen durchgeführt werden. "Wir wollen das ,Mokka' nicht schliessen, aber wir dürfen dort auch keinen rechtsfreien Raum dulden. Es ist ja kein Geheimnis, dass im ,Mokka' nicht nur Ovo getrunken, sondern auch mit Drogen gehandelt wird", sagt Siegenthaler.

Ein Treffen geplant

Siegenthaler, Haller, Regierungsstatthalter Bernhard Wyttenbach und "Mokka"-Chef Anliker, so die Idee der beiden Thuner Gemeinderäte, sollen in den nächsten Wochen zusammensitzen und mögliche Hilfestellungen fürs "Mokka" ausarbeiten. Haller selber unterstützt den Einsatz der Sicherheitsleute. "Das hilft, Eskalationen zu vermeiden." Bezahlt werden die Sicherheitskräfte via "Mokka"-Budget. Jährlich erhält das "Mokka" von der Stadt Thun 220000 Franken. Die Miete der Liegenschaft kostet die Stadt zudem pro Jahr 61 300 Franken.

Mireille Guggenbühler

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ANTIRASSISMUS
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BZ 18.9.08

Vorwurf des Rassismus

Die Künstlerin Sasha Huber will das Agassizhorn umbenennen und verdächtigt die Einwohner des Berner Oberlandes des Rassismus.

Ein verbaler Ausrutscher des Guttanner Gemeindepräsidenten Hans Abplanalp wird zum Politikum. Die Künstlerin Sasha Huber schreibt in einen Brief an die Unesco, dass die Aussage von Abplanalp wohl die Meinung vieler Oberländer ausdrücke. Dieser erklärte gemäss Huber, dass die Umbenennung des Agassizhorns komplett daneben sei. Im Oberland habe es keine Neger, und kein Schwarzer habe sich um die Gegend je verdient gemacht. Sasha Huber machte vor einem Monat von sich reden, als sie mit einem Helikopter das Agassizhorn anflog, um den Berg nach einem Sklaven zu benennen. flg

Seite 24

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Grindelwald: Gesuch an die Unesco für Agassizhorn-Umbenennung

Brief prangert Oberländer an

Eine Künstlerin schreibt an die Unesco und prangert Oberländer Einwohner an. Unter anderem wegen rassistischer Vorfahren.

"Wir sind zuversichtlich, einen weiteren Schritt zur Umbenennung des Agassizhorns gemacht zu haben", sagt die schweizerisch-haitianische Künstlerin Sasha Huber, die derzeit in Helsinki weilt und Mitglied im Komitee "Démonter Louis Agassiz" ist. Dieses hat sich zum Ziel gesetzt, das Agassizhorn umzubenennen. Huber hat dafür ein Gesuch an die Unesco und verschiedene Persönlichkeiten eingereicht. Der Inhalt des Briefes ist brisant, Huber verdächtigt die Bevölkerung des Berner Oberlandes des Rassismus. Zitiert wird eine Aussage des Guttanner Gemeindepräsidenten Hans Abplanalp-Imbaumgarten, die dieser in einer Sendung des Schweizer Fernsehens gemacht hat. Abplanalp äussert sich gemäss Huber zur Umbenennung unter anderem so: "Wir haben hier keine Neger, keine Schwarzen, und es hat ja keiner irgendwie sich verdient gemacht um unsere Gegend, ganz sicher kein Schwarzer." Diese Aussage, schreibt Sasha Huber, drücke wohl die Meinung vieler Bewohnerinnen und Bewohner des Berner Oberlandes aus. Doch aus historischer Sicht sei diese Haltung nicht haltbar, als Quelle dient ein Literaturverzeichnis zum Rassismus von Louis Agassiz (1807-1873). Er war nicht nur Naturforscher und Glaziologe, sondern auch Rassentheoretiker. Deshalb sollte das Agassizhorn neu "Rentyhorn" heissen. Nach dem Sklaven Renty, den Agassiz als Beweis der Minderwertigkeit der schwarzen Rasse fotografieren liess.

Oberhasler Sklavenhalter

Sasha Huber schreibt im Gesuch an die Unesco von einer Familie Amacher aus dem Oberhasli, "welche über einen derart grossen Grundbesitz verfügte, der nur durch Sklaven zu bewirtschaften war". Doch auch in einem anderen Zusammenhang spiele die transatlantische Sklaverei bis in die Täler des Berner Oberlandes hinein. Als Napoleon 1802/1803 eine riesige Streitmacht in die Karibik entsannte, um die auf Haiti durch einen Aufstand abgeschaffte Sklaverei wiedereinzuführen, waren gemäss Huber auch Berner Oberländer mit dabei. Namentlich werden Soldaten aus Grindelwald, Brienz und Meiringen aufgeführt. Zum Unesco-Gesuch zur Agassizhorn-Umbenennung haben sich Politiker bereits geäussert. Jedoch kannten sie wohl kaum den genauen Wortlaut des Briefes. Doch das Komitee wertete dies bereits als Erfolg und vermeldete gestern in einer Medienmitteilung: "Grindelwald und Bern in Sachen Agassizhorn/Rentyhorn gesprächsbereit." Der Grindelwalder Gemeindepräsident Emanuel Schläppi erklärte demnach gegenüber Radio Capital FM: "Wir rechtfertigen nicht, was da Herr Agassiz für Theorien gemacht hat, das ist ganz klar." Verschiedene Spezialisten müssten sich einmal zusammensetzen und darüber diskutieren, ob das überhaupt möglich sei. Namentlich die Nomenklaturkommission und die Landestopografie. Und die Regierungspräsidentin des Kantons Bern, Barbara Egger-Jenzer, sagte: "Was ich einfach weiss, ist, dass Agassiz ein Naturforscher gewesen ist, der im Bereich Rassismus kein gutes Bild abgegeben hat." Ob man deswegen einen Namen ändern könnte, könne sie zu wenig beurteilen. "Wenn das kein grosses Verfahren gibt, scheint mir, könnte man das machen."

Zum kollektiven Rassismus-vorwurf an das Oberland gab es bisher noch keine Reaktionen.

Weitere Agassiz-Berge

Auch wenn das Agassizhorn unbenannt wird: Der Name Agassiz gibt es auch anderswo. Etwa beim Agassiz Peak in Arizona, dem Mount Agassiz in Utah und Kalifornien. Zudem gibt es einen See, eine Eiskappe und ein Museum an der Harvard University in Massachusetts mit Namen Agassiz.
Fritz Lehmann

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Radio Rabe 9.9.08

Wie die Stadt Bern in den Sklavenhandel verstrickt war

Die Schweiz und auch die Stadt Bern waren im 19. Jahrhundert in den transatlantischen Sklavenhandel verstrickt. Die Entwicklungshilfe-Organisation Cooperaxion will dies historisch aufarbeiten. Gleichzeitig widmet sie sich den Folgen des Sklavenhandels in der heutigen Zeit.
Cheyenne Mackay berichte
http://www.freie-radios.net/mp3/20080909-wiediestad-23986.mp3

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RANDSTAND BURGDORF
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BZ 17.9.08

Alkistübli wird Thema

Ein Alkistübli würde die Stadt Burgdorf - ohne Raummiete - 133000 Franken pro Jahr kosten. Das hat eine Suchthilfe-Stiftung im Auftrag der Sozialdirektion berechnet. Die Randständigen vor dem Coop stören Passantinnen und Passanten zunehmend; Auch der Stadtrat hat sich mit der Szene beschäftigt.
jho/heb

Seite 21

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Stadtrat Burgdorf

Randständige im Rampenlicht

Die Randständigenszene beim Coop Burgdorf bleibt ein Thema. Stadträtin Christine Jost fragte an, ob die Politik das Problem erkannt habe. Gemeinderätin Beatrix Rechner zeichnete ein harmloses Bild, stellte aber auch Lösungen in Aussicht.

"Meine politische Anfrage hat mehr Wellen geworfen, als ich erwartet habe." Das sagte Stadträtin Christine Jost (JF) am Montagabend vor dem Burgdorfer Parlament. In den letzten Wochen sei sie immer wieder auf das Thema angesprochen worden, auch von Geschäftsleuten im Bahnhofquartier. Bereits im Frühsommer habe sich herausgestellt, dass diese Angelegenheit beschäftige. Der Burgdorfer Jungfreisinn habe nämlich Bürgerinnen und Bürger befragt, wo in der Stadt der grösste politische Handlungsbedarf bestehe. Das Thema "Randständige" sei dabei immer wieder genannt worden.

Das führte dazu, dass Christine Jost Ende Juni im Stadtrat einen Fragenkatalog einreichte, der an der vorgestrigen Sitzung beantwortet worden ist. In ihrer Interpellation wollte Jost wissen, wie der Gemeinderat die Problematik der Randständigen beurteile, die sich seit Frühling vermehrt und gruppenweise in der Innenstadt aufhalten. Ob bei der Polizei Beschwerden eingegangen seien. Ob die Stadt Möglichkeiten habe, die Situation zu entschärfen oder alkoholisierten Personen den Zutritt zu bestimmten Arealen zu untersagen. Und ob sich in Burgdorf Bestimmungen über das Liegenlassen von Abfall ("Littering") aufdrängten. Jost betonte am Montag, dass es ihr nicht darum gehe, Randständige zu verurteilen oder auszugrenzen. Sondern darum, die Problematik im Bahnhofquartier, das laut den städtischen Plänen ja zu einer eigentlichen Visitenkarte werden solle, auf den Tisch zu legen.

Nicht Angst ist das Problem

Wer sich in den letzten Wochen in der Stadt etwas umgehört hat, kann Christine Josts Aussage bestätigen: Die seit mehreren Monaten in der Innenstadt präsenten Randständigen und Alkoholkranken sind ein grosses Thema. Nicht, dass bei Wortmeldungen aus der Bevölkerung eine grundsätzliche Abneigung gegen Randständige im Vordergrund stehen würde. Auch findet sich kaum jemand, der sich vor ihnen wirklich fürchten würde. Die meisten Leute nehmen hautsächlich Anstoss an der Tatsache, dass sich ausgerechnet am frequentiertesten Ort in der Stadt, nämlich vor dem Coop in der Unterstadt, eine offene Randständigenszene - der zum Teil auch Auswärtige angehören - etabliert hat.

Der Bürger und die Politik

Ob "der Bürger" und "die Politik" in dieser Angelegenheit exakt auf derselben Wellenlänge ticken, lässt die Antwort von Beatrix Rechner (BDP) offen. Die für die Polizei zuständige Gemeinderätin räumte zwar ein, dass auch sie sich in letzter Zeit oft mit Anfragen und Reklamationen rund um die Randständigen konfrontiert sehe. In ihrer Antwort zeichnete sie dann aber von der Situation ein eher harmloses Bild.

Die Gruppe der Randständigen sei sehr klein und umfasse höchstens 15 Personen, die der Polizei allesamt namentlich bekannt seien, sagte sie. Diese suche bei Reklamationen mit den Randständigen den Dialog, worauf sich die "unliebsamen Mitbürgerinnen und Mitbürger" folgsam an einen anderen Ort begäben - und ihren Abfall vorher säuberlich entsorgten. Nicht sie seien es nämlich, die Littering betrieben; die Verantwortlichen für dieses Problem seien vielmehr unter Jugendlichen zu suchen.

Wie sieht die Lösung aus?

Immerhin liess es Rechner nicht bei beschwichtigenden Worten bewenden, sondern stellte in Aussicht: "Mit Anträgen vom Gemeinderat ist zu rechnen." Die Politik habe die Randständigen-Problematik erkannt und sei nun daran, ein Konzept zu dessen Entschärfung zu erarbeiten (siehe Kasten). Ob ein Alkistübli die Lösung bringe oder ob man eher auf aufsuchende Gassenarbeit setze, werde sich weisen.
Hans Herrmann

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Der Gemeinderat klärt ab

Ein Alkistübli mit Arbeitsprogrammen?

Die Idee, für die Randständigen in Burgdorf ein Alkistübli einzurichten, findet Gemeinderätin Annette Wisler Albrecht (SP) "grundsätzlich gut". Allerdings "habe ich Mühe mit dem Gedanken, dass sich die Leute dann einfach vom Morgen bis am Abend in einem von der Stadt bezahlten Raum volllaufen lassen", sagt die Sozialdirektorin.

"Meiner Ansicht nach wäre allen Beteiligten am besten gedient, wenn die Stadt den Süchtigen nebst einem Stübli auch Beschäftigungsmöglichkeiten anbieten würde." Wisler Albrecht denkt dabei primär an die Velostation, bei der bereits einige der 10 bis 15 Burgdorfer Randständigen stundenweise arbeiten.

In einem Bericht, den die Burgdorfer Sozialdirektion bei der Suchtberatungsstelle Contact Netz bestellt hat, kommen Roberto Carnibella und Wolfgang Vogel zum Schluss, dass der Daueraufenthalt von Alkis und Drogenkranken im Bahnhofquartier "problematisch" sei: "Einerseits fühlen sich Passanten verunsichert. Andererseits ist eine Sogwirkung auf Jugendliche festzustellen, die nicht zur Szene gehören, sich aber von ihr angezogen fühlen." Für Burgdorf stehe "die Forderung nach einem Alkistübli im Raum", stellen die Suchtexperten, die das Alkistübli beim Berner Bahnhof betreiben, fest.

In Burgdorf könnten laut dem Bericht zwei Personen mit 130 Stellenprozenten ein von Montag bis Samstag geöffnetes Alkistübli führen. Die jährlichen Kosten - ohne Miete - schätzen die Contact-Netz-Leute auf 133000 Franken. Gemäss Wisler Albrecht studiert demnächst die Sozialkommission den Bericht und leitet ihn dann, "allenfalls um weitere Ideen ergänzt", dem Gemeinderat weiter.
Johannes Hofstetter

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BZ 16.9.08

Probleme am Bahnhof

Am Bahnhof sieht es zeitweise aus wie auf dem Amthausplatz: Biertrinkende Personen treffen sich in grösserern Gruppen und schlagen die Zeit tot. Dies stört vor allem den Geschäftsführer des Ladens "avec".

Auf dem Weg von der Unterführung zum "avec" (ehemals Aperto) kann es vorkommen, dass man nicht nur von einer Person angesprochen wird, jeweils mit der Bitte um "chli Münz". Doch es bleibt nicht bei den Bettlern, vermehrt trifft man am Bahnhof auch Personen an, die dort einfach biertrinkend ihre Zeit verbringen.

Für den Geschäftsführer des "avec", Joachim Meyer, ist das ärgerlich. Einerseits würden diese Leute seine Kundschaft belästigen und verängstigen und andererseits sein Geschäft beklauen. "Sicher 80 Prozent der Strafanzeigen, die ich mache, sei dies wegen Hausfriedensbruch oder Diebstahl, gehen auf das Konto von Personen, die vor dem Laden herumhängen", sagt er. Meyer sucht den Kontakt mit der Polizei und der Geschäftsführung der SBB, damit diese härter durchgreifen. Er habe schriftlich bestätigt bekommen, dass die Securitas zweimal wöchentlich einen Kontrollgang vor dem Laden macht. "Aber bisher habe ich keinen gesehen", meint er.

Problem ist bekannt

Bei der Stadtpolizei ist das Problem bekannt. Doch, anders als beim Amthausplatz, liegt beim Bahnhof eine besondere Situation vor: Er ist in der Hoheit der Bahnpolizei. "Die Problematik liegt eigentlich bei der SBB, wir gehen aber helfen", sagt Stadtpolizei-Kommandant Peter Fedeli. Im Rahmen des Wegweisungsartikels haben sich Bahn- und Stadtpolizei zwar darauf geeinigt, dass letztere Kontrollen durchführen kann, wenn sie ohnehin vor Ort ist (im Tagblatt), sonst hat aber die Bahnpolizei nach dem Rechten zu sehen. Die Zusammenarbeit funktioniere gut, für eine Wegweisung brauche es aber natürlich gewisse Vorzeichen, ist man sich bei beiden Polizeistellen einig. Bei Verunreinigungen und Belästigungen würden sie eingreifen, sagt der Stabschef der Bahnpolizei, Bruno Romano, "doch alles muss verhältnismässig sein." Der Bahnhof sei bei ihm als Brennpunkt bekannt, doch als akutes Problem sieht er es nicht.

Dennoch wünscht sich Joachim Meyer, dass die Bahnpolizei präsenter ist. Als neu würde er die Problemlage zwar auch nicht bezeichnen, denn er beobachte das alles schon lange. Doch "unter dem Strich ist es eine Riesensache."

Verschiedene Gruppen

Verlagert sich etwa das Problem "Amthausplatz" auf den Bahnhof? Sowohl am Bahnhof wie auch auf dem Amthausplatz bestreiten das die Biertrinkenden vehement. Auf dem Amthausplatz sitzen am Morgen sieben Männer beim Vormittags-Bier bei der Bushaltestelle. Sie seien alle im Programm der Perspektive und würden sich höchstens am Sonntag am Bahnhof aufhalten, sagen sie. Dort seien mehr die Jungen, und auch die würde man eher erst nach Feierabend antreffen. Sie hätten mit denen nichts zu tun. Und sowieso: "Dort kostet eine Büchse Bier fast drei Franken, also was sollen wir da?" fragt einer.

Tatsächlich trifft man am Abend am Bahnhof eine andere Gruppe an: "Ich trinke hier nach der Arbeit mein Bier, halt anstatt in einer Beiz", gibt einer zaghaft Auskunft. Und er treffe hier auch immer die gleichen Leute. Dass diese auch randständig sind, kann aber kaum bestritten werden. Macht denn die Bahnpolizei Kontrollen? "Ab und zu gehen sie vorbei, aber kontrolliert werden wir sehr selten."
Eva Berger

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Bund 16.9.08

Trinkgelage als Politikum

Burgdorf Auch in der Emmestadt sind Randständige zum Politikum geworden. In einer Interpellation vom Juni wollte Stadträtin Christine Jost (Jungfreisinnige) vom Gemeinderat wissen, was er von den Ansammlungen von Alkoholikern im Burgdorfer Entenpark bei der Altstadt und anderswo halte. Diese Trinkgelage gäben Anlass zu Klagen; es dürfe nicht sein, dass Teile des öffentlichen Raums von Kindern und Familien kaum noch benutzt werden könnten, argumentierte Jost. Im Bahnhofquartier störten sich auch viele Ladenbesitzer an den Gelagen. Daher müsse sich der Gemeinderat mit "polizeilichen oder anderen Mitteln" dem Problem annehmen.

Laut der Burgdorfer Sicherheitsdirektorin Beatrice Rechner (bdp) muss die Stadt aber wegen der "15 bis 20 Randständigen" in der Unterstadt nicht polizeilich intervenieren. Die Stadtpolizei könne die Beobachtungen Josts nicht ganz bestätigen. Von einer dauerhaften Besetzung des öffentlichen Raums könne nicht die Rede sein. Auf Reklamationen von Bürgern wegen Randständiger werde "sofort" reagiert. Repressive Massnahmen seien jedoch unverhältnismässig. Die Betreuung durch Suchtfachleute vor Ort könne allenfalls eine Entspannung bringen. Die Sozialdirektion habe ein Konzept der Suchthilfestiftung Contact-Netz erhalten, welches etwa in Bern ein Alkistübli betreibt, sagte Gemeinderätin Annette Wisler. Politiker unterschiedlicher Couleur hatten sich für ein Burgdorfer Alkistübli eingesetzt. Ob ein solches auch in der Emmestadt realisiert wird, ist im Moment aber noch völlig offen.(tga)

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BAHNPOLIZEI
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Bund 16.9.08

Opposition gegen private Bahnpolizei

Allianz Gegen eine private Bahnpolizei hat sich eine Woche vor der Debatte im Ständerat eine ungewöhnliche Allianz gebildet. Die Verbände der Polizei-Beamten und des Bahnpersonals sowie Amnesty International wollen, dass das Gewaltmonopol beim Staat bleibt. Der Entscheid des Nationalrates vom März, eine private Transportpolizei weiterhin zuzulassen und es ihr zusätzlich zu ermöglichen, Menschen zu durchsuchen und festzunehmen, sei falsch, sagte Heinz Buttauer, Präsident des Verbandes Schweizerischer Polizei-Beamter, (VSPB), gestern vor den Medien. VSPB, Amnesty International, der Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verband (SEV) und weitere Arbeitnehmer-Verbände sind der Ansicht, staatliche Sicherheitsaufgaben dürften nicht an gewinnorientierte Unternehmen ausgelagert werden. Polizeilich ausgebildete Sicherheitskräfte müssten für die Sicherheit der jährlich über 300 Millionen Bahnreisenden sorgen.

Klagen von Privatpersonen

Denise Graf, Juristin bei Amnesty International (AI) Schweiz, berichtete über Klagen von Privatpersonen über Übergriffe von Angestellten der Securitrans oder der Securitas. Trotz mehreren Anfragen sei die Securitas nicht bereit gewesen, mit der Menschenrechtsorganisation AI über diese Fälle zu sprechen. Aus Sicht von AI sei es ein grosses Risiko, einen Teil des staatlichen Gewaltmonopols an Unternehmen abzutreten, die Gewinnzielen verpflichtet seien und sich kaum um Grundrechte kümmerten, sagte Graf.

Keine Schusswaffen

Sicherheitsleute in Zügen dürfen aus Sicht der vier Verbände keine Schusswaffen einsetzen. Der SEV fordert eine "angemessene Bewaffnung" mit Schlagstock, Handschellen und Spray. Der Nationalrat liess diese Frage im März offen. Die Ausrüstung mit Schusswaffen solle der Bundesrat auf Verordnungsstufe regeln. Der Ständerat berät das Geschäft in der nächsten Woche. Seine Verkehrskommission stellt sich zwar hinter die private Bahnpolizei, will aber die vom Nationalrat bewilligten Kompetenzerweiterungen nicht zulassen. Für Delikte in öffentlichen Verkehrsmitteln sollten die Kantonspolizeien zuständig bleiben. (sda)

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Punkt.ch 16.9.08

Front gegen Scheinpolizisten

Die Sicherheit der Bahnreisenden soll in der Hand der Polizei bleiben. Eine ungewöhnliche Koalition aus Polizeibeamten, Eisenbahnern, Amnesty International und der Ebenrain-Konferenz richtet einen Appell an den Ständerat. Dieser wird sich in der laufenden Session mit der Bahnreform zwei und damit mit einer möglichen Privatisierung der Bahnpolizei befassen. Nationalrat und Bundesrat sind dafür, dass staatliche Sicherheitsaufgaben an private Firmen übertragen werden können.

Passagiere klagen

"Wir beurteilen den Beschluss, den der Nationalrat diesen Frühling mit der Bahnreform getroffen hat, als absoluten Fehlentscheid ", sagte gestern Heinz Buttauer, Präsident des Verbands schweizerischer Polizeibeamter. Es gehe um die Sicherheit von jährlich 300 Millionen Bahnreisenden. "Wir wollen keine uniformierten Scheinpolizisten!" Amnesty International Schweiz berichtete über Klagen von Privatpersonen wegen Übergriffen von Angestellten der Securitrans oder der Securitas. Mit ausgebildeten Polizisten würde dies nicht passieren. (sda)

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SCHNÜFFEL-STAAT
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WoZ 18.9.08

"Sicherheit im Sport"

Lohn fürs Foto

Hat das ewige Geplärre um böse Fans endlich ein Ende? Nicht mit Beat Hensler, Präsident der Schweizer Polizeikommandanten. Sein Pilotprojekt "Sicherheit im Sport" will die totale Überwachung von Fussball- und Eishockeyfans.

Das Konzept hätte eigentlich erst Ende September an einer Medienkonferenz vorgestellt werden sollen, hat aber schon jetzt den Weg in die Medien gefunden. Es sieht unter anderem vor, dass Fans mit Video- und Fotoaufnahmen biometrisch erfasst oder alkoholisierte ZuschauerInnen aus den Stadien verwiesen werden sollen (wer sich weigert, wird mit Stadionverbot belegt). Zudem sollen Fans, die Personalien und Foto freiwillig abgeben, belohnt werden.

Oberleiter des Projektes ist Beat Hensler, erster Einpeitscher im Rennen auf den totalen Überwachungsstaat: Am Vorabend der Spielauslosung für die Europameisterschaft liess er in Luzern 245 TeilnehmerInnen eines unbewilligten Strassenfests festnehmen, er forderte nach den Anti-SVP-Krawallen vom 6. Oktober 2007 eine Datenbank nach dem Hoogan-Vorbild für DemonstrantInnen, und er ist Chef der Luzerner Sondereinheit Luchs. Hensler und seine Luchse machten im Mai von sich reden, als man ihnen vorwarf, das Video einer missglückten Verhaftung manipuliert zu haben. Ein Gutachten darüber soll bis Oktober Klarheit ­bringen. Im Oktober sollen auch die Sportsicherheitsmassnahmenerstmal getestet werden. ch

http://watchblog.ch/fcz

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SP-"SICHERHEITS"-PAPIER
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BZ 18.9.08

Sicherheitspapier überarbeitet

Die SP wird milder

Die Diskussion um das Sicherheitspapier und indirekt über die politische Ausrichtung der SP geht weiter. Wie Generalsekretär Thomas Christen gegenüber der WOZ bestätigte, präsentiert die SP eine modifizierte Version des umstrittenen Sicherheitspapiers - am Erscheinungstag dieser WOZ wird es auf die Website der Partei gestellt. Eine erste Fassung wurde bei der Parteibasis in die Vernehmlassung geschickt. Insgesamt 200 Änderungsanträge trafen ein. Am vergangenen Freitag wurde das Papier von der Geschäftsleitung modifiziert.

"Es ging insbesondere um Ergänzungen", sagt Christen. Den Forderungen wurde eine ausführliche Analyse der Sicherheitssituation vorangestellt. Diese habe bereits der ersten Fassung als Ausgangslage gedient. Weiter sei das Papier um je ein Kapitel zur Wahrung der Freiheitsrechte, zur Transparenz und Kontrolle des staatlichen Gewaltmonopols und zur Finanzkriminalität erweitert worden.

Juso-Präsident Cédric Wermuth, der im Vorfeld zu den heftigsten Kriti­kerInnen gehörte, wertet die mehrstündige Diskussion in der Geschäftsleitung als Erfolg: Das Papier konzentriere sich nun auf die objektive statt auf die ­gefühlte Sicherheit. Das Kapitel zur Sauberkeit der Städte sei gestrichen ­worden. Die Juso sei auch mit allen ­Änderungen von Passagen durchgekommen, die auf Jugendliche fokussierten.

Christen sagt, dass die Verhinderung der organisierten Bettelei und die Video­überwachung an ganz neuralgischen Punkten weiterhin im Papier enthalten seien. Die Einführung eines Wegweisungsartikels und das Verbot von Killergames ebenfalls, stellt wiederum Wermuth fest: "Wir werden uns am Parteitag dagegen wehren." Er wolle aber nicht mehr das gesamte Papier zurückweisen. "Ich habe die abgeschwächte Version noch nicht gesehen", sagt Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer, die den Rückweisungsantrag zuhanden des kommenden Parteitages formuliert hat. Sie werde den neuen Entwurf auf jeden Fall genau studieren und dann über weitere Schritte entscheiden. ks/dr

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ANTIFA
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Radio Corax (Halle) 14.9.08

Brauner Block in Schwarz

Nach dem Style kopieren Neonazis jetzt auch die Massenmilitanz der Autonomen. Am Wochenende zogen "Autonome Nationalisten" durch Dortmund, ihr Konzept scheint Potenzial zu haben.
http://www.freie-radios.net/mp3/20080914-braunerbloc-24050.mp3