MEDIENSPIEGEL 20.9.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Techstock III)
- Streit(schule) um Drogenpolitik
- Streitschule-Leserbriefe
- Steckweg 13: Ultimatum bis Dienstag
- Fussball-Fiasko: Die Ausreden der KaPo
- Drogenproblem Zürich
- Reitschule-Kulturtipps in Zukunft + Vergangenheit

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REITSCHULE
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PROGRAMM:

Sa 20.09.08 
23.00 Uhr     Dachstock - Techstock III: Ostgut-Ton Labelnacht mit Len Faki, Prosumer, Murat Tepeli, Tama Sumo - Techno/House/Minimal

So 21.09.08    
21.00 Uhr     Dachstock - Qui (USA) mit David Yow (Jesus Lizard, Scratch Acid) - Punk/Rock/Noise

Infos: www.reitschule.ch & www.vorplatz.ch (Bar ab 16 Uhr geöffnet)

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Blick am Abend 19.9.08

"Bass macht glücklich!"

Party

Die Berliner Kreativschmiede Berghain-Panorama-Bar gilt als bester Club der Welt. Morgen mischen ihre DJs das Berner Nachtleben auf.

Am Lineup spart die Reitschule definitiv nicht: Gleich vier herausragende Protagonisten von Ostgut-Ton, dem Label, des Techno-Clubs Berghain und der darüber liegenden Panorama Bar in Berlin sind morgen Samstag im Dachstock der alternativen Location zu hören. Darunter auch Achim "Prosumer" Brandenburg im Duett mit Kumpel Murat Tepeli.

Murat Tepeli wie auch Prosumer sind solo überaus erfolgreich, sei dies nun als hart arbeitende Produzenten im Studio oder als DJs an den Plattentellern der angesagtesten Clubs weltweit. Ausserdem hat Prosumer auch eine verdammt gute Stimme, die hervorragend zu deepen House- und Technotracks passt. Diese ist auf Platten seiner DJ-Kumpels wie Sebo K oder Murat Tepeli zu hören. Prosumer und Tepeli verbindet dieselbe musikalische Vorliebe zu den Anfängen des Chicago-Detroit-Techno - kein Wunder, verstanden sie sich auf Anhieb blendend. Aus der geteilten Leidenschaft entstand eine Freundschaft, die auch ausserhalb der Clubs Bestand hat.

Fröhliche Raserei

Die Wurzeln eines weiteren Bergheim-Panorama-Bar-Künstlers dieser Nacht sind nicht so klar - sein Stil definiert sich vielmehr über eine intensive Kommunikation mit dem Publikum: Len Faki erkennt die Wünsche der hopsenden Menge vor dem DJ-Pult und geht voll darauf ein. Dies führt dazu, dass Partys, an denen er auflegt, meistens in fröhliche Raserei ausufern. Auch der Vierte im Bunde, Tama Sumo, gehört zu den Künstlern, die verantwortlich dafür sind, dass die meisten global tätigen DJs Berlin als die aktuelle Hauptstadt der elektronischen Musik sehen. Seit 1993 mischt er die Party-Szene auf und denkt noch lange nicht ans Aufhören. "Bass macht glücklich!", sagt er. Ob der DJ damit recht hat, können Sie morgen Abend herausfinden.

Sarah Schlagenhauf

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Partyfacts

Techstock III Ostgut-Ton-Labelnacht

Wo: Reitschule Dachstock, Neubrückstrasse 8, 3001 Bern.
Wann: Samstag, 20. September, 23 Uhr.
Lineup: Prosumer & Murat Tepeli, DJs Len Faki, Tama Sumo, dAn, Brian Pythin, Bud.

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STREIT(SCHULE) UM DROGENPOLITIK
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Bund 20.9.08

Reitschule schliessen?

Solange kein neues Konzept für die Reitschule vorliegt, soll der Betrieb geschlossen werden, fordert die FDP.

Die FDP Stadt Bern fordert wegen der Probleme mit Drogen und Gewalt eine vorübergehende Schliessung der Reitschule. In der Zwischenzeit müsse der Gemeinderat mit den Betreibern ein neues Konzept für den Kulturbetrieb ausarbeiten. Die Reitschulbetreiber sollen "klare und greifbare" Strukturen und Verantwortlichkeiten vorlegen, verlangt die FDP in einem Communiqué von gestern. Dies sei besonders beim Rückzug von Kriminellen in die Reithalle nötig. Es müssten auch drogenpolitische Begleitmassnahmen ausgedacht werden.

Dass sich in der Umgebung der Reitschule eine offene Drogenszene bilden konnte, führt die FDP auf die "verfehlte Politik der Mehrheit des Gemeinderates" zurück. Auch die Reithallenbetreiber hätten aber nie etwas unternommen.

FDP gegen zweite Anlaufstelle

Eine zweite Drogenanlaufstelle, wie sie die Betreiberinnen und Betreiber der Reithalle fordern und sie der Gemeinderat an der Murtenstrasse plant, kommt für die städtische FDP nicht infrage. Ein zusätzliches Fixerstübli heize die Nachfrage und den Drogenkonsum nur weiter an. Das bringe mehr Drogensüchtige, mehr Dealer und noch mehr Gewalt, schreiben die Freisinnigen.

Die Reitschul-Verantwortlichen hatten am Mittwoch vor den Medien kritisiert, ihre Institution werde im Stadtberner Wahlkampf als politischer Spielball missbraucht. Die Drogenszene vor der Reitschule sei das Resultat einer verfehlten Drogenpolitik. Die Reitschule selber leide unter diesen Zuständen. Mehr Polizeipräsenz und "Gassenhatz" bringe aber nichts. Stattdessen brauche es eine weitere Drogenanlaufstelle in Bern.

Eine alte, bürgerliche Forderung

Der alte Konflikt um die Reitschule ist nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes auf deren Vorplatz neu entflammt. Auch die Idee einer temporären Schliessung wird nicht zum ersten Mal erhoben. Nach diversen Gewaltakten rund um das Zentrum forderte die SVP bereits im Frühling die vorübergehende Schliessung. Vergangenen Sommer hatte die SVP im Stadtrat die Schliessung der Reitschule während heikler Demonstrationen verlangt. Der Gemeinderat nahm das Begehren "nicht grundsätzlich ablehnend" in der Form eines Postulats entgegen. (sda/pas)

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BZ 20.9.08

Temporär schliessen

Die FDP will das alternative Kulturzentrum Reitschule "momentan" schliessen, wie die Partei in einer Mitteilung schreibt. Dies, solange das Problem der offenen Drogenszene vor der Reitschule ungelöst sei. Ein zweites Fixer-stübli löse das Problem nicht. Die FDP sei deshalb dagegen. Schuld sei die "verfehlte Politik des Gemeinderats".

Die Schliessung müsse vom Gemeinderat und den Verantwortlichen der Reitschule zur Erarbeitung eines Konzepts genutzt werden, das "klare und greifbare Strukturen und Verantwortlichkeiten" enthalte, insbesondere in Bezug auf Kriminelle, die sich in die Reitschule zurückziehen wollten. Die FDP bilanziert: "Die Alternativkultur soll durchaus ihren Platz haben. Aber nicht um jeden Preis."
cab

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20min.ch 19.9.08

SVP gegen geplante Drogenanlaufstelle

Von ja.

Die SVP der Stadt Bern will keine Drogenanlaufstelle an der Murtenstrasse. Sie beschuldigt Edith Olibet und Alexander Tschäppät mit Hilfe der rot-grünen Mehrheit die ihrer Meinung nach gescheiterte Drogenpolitik in die Aussenquartiere zu verlagern.

Anwohner und Gewerbler würden übergangen und nicht nach ihrer Meinung gefragt, so die SVP. "Hier zeigt sich, dass es den zuständigen Gemeinderäten Frau Olibet und Herrn Tschäppät nicht um eine Lösung des Drogenproblems geht. Ihnen ist nur wichtig, dass sie den Betreibern der Reitschule einen weiteren Dienst erweisen können." Am betroffenen Standort hat es schon früher eine Drogenanlaufstelle gegeben. Damals sei die Kriminalität rund um die Anlaufstelle hoch gewesen und die Bewohner verängstigt. (Bernerzeitung.ch/Newsnetz)

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Südostschweiz 18.9.08

Neue Drogenszene verunsichert Berner

Bern. - Beim Berner Kulturzentrum Reitschule hat sich in jüngster Zeit wieder eine Drogenszene gebildet. Die Reitschule-Betreiber fordern zur Entschärfung der Lage eine zweite Drogenanlaufstation in der Stadt. Denn für die Reitschule-Betreiber ist die repressive Haltung der Stadt gegenüber Drogenabhängigen schuld an der Misere. Mit einer regelrechten "Gassenhatz" verjage die Polizei die Süchtigen, sagte Tom Locher, Pressesprecher der Reitschule, gestern. Diese flüchteten sich deshalb an den gewaltfreisten Ort in Bern, eben vor die Reitschule. (sda)

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STREITSCHULE-LESERBRIEFE
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Natürlich nur die positiven Leserbriefe...

Bund 20.9.08

Während ihre Betreiber sich im Stich gelassen fühlen, wollen ihre Gegner die Reitschule weghaben

Drogenelend - wer ist schuld?

"Autonom und verlassen"

"Bund" vom 12. September

Wie einfallslos!

Klar, der "Bund" muss natürlich auch mitmachen bei der Polemik. Da setzt Mensch sich mindestens viermal jährlich mit der Stadt an den Tisch und was denkt ihr worüber dort gesprochen wird? Drogenprobleme, Vorplatz, zweite Anlaufstelle, Vorplatz, Sicherheit, Vorplatz, Drogenprobleme, Vorplatz  . . . Von der Stadt kommen, oh Wunder, bloss Ausreden und Vertröstungen. Nicht einmal genügend Licht auf der Neubrückstrasse kommt trotz unzähligen Diskussionen darüber zustande.

Aber natürlich, die Reitschule ist an der Misere schuld - vorher hatte die Stadt ja keine Drogenprobleme (Achtung Ironie: kleine Schanze, Kocherpark usw.). Nur: So können sich die PolitikerInnen der Stadt weiterhin zurücklehnen, um das Drogenproblem quasi gesorgt geben und zuschauen, wie ein einzigartiges Projekt zugrunde geht - welches zudem als Buh-Mann für eine verfehlte Drogen-, Gesundheits- und Sozialpolitik dasteht. Danke fürs Mitmachen bei diesem tollen Politspiel. Wenn Bern nicht langsam mal die Augen aufmacht und seine Drogenpolitik überdenkt, wird es kommen, wie es kommen muss: mehr Drogenelend als Rechtfertigung für mehr Repression und viel weniger Kultur. Aber das will man ja offenbar in dieser Stadt. Da hat Zürich mit Frau Stocker damals wesentlich besser auf die drohenden offenen Drogenszenen reagiert - nämlich mit besserer Betreuung, intensiverer kontrollierter Drogenabgabe und besseren Integration der drogenkranken Menschen.

Und dass unter der Brücke ein Junkie zusammengeschlagen wird und stirbt, ist natürlich auch die Schuld der Reitschule.

Gibt es in dieser Medienlandschaft irgendwen, der durchblicken will und sich nicht von der allgemeinen Polemik einlullen lässt? Glaubt ihr wirklich, wir seien an dem Drogenelend schuld? Wir als Reitschule, nicht die Gesellschaft, welche die Menschen konsumkrank macht?

Etwas Bedeutendes wurde im Artikel erwähnt, aber nur in einem Nebensatz, den wohl ohnehin niemand wahrnahm, obwohl er den Anfang des Drogenproblems (Junkies) auf dem Vorplatz der Reitschule schildert: Die Stadt hat im ehemaligen Sleeper (welcher privat betrieben wurde und immer noch betrieben wird) eine Drogenanlaufstelle eingerichtet, eine "Shooting Gallery" für Kantonalberner.

Die anderen, hm, wo gehen die wohl hin, wenn sie überall vertrieben werden, bloss auf dem Vorplatz der Reitschule nicht? Und warum denkt ihr, dass wir keine Securitas mehr wollten? Und das war noch vor den Spitzelskandalen - weil sie die Junkies bloss näher an unsere Hauswand getrieben haben. Die Junkies sollten ja nirgendwo sein - aus den Augen, aus dem Sinn - aber vor der Reitschule, da lässt die Stadt und die Polizei sie gewähren. Und am Ende ist die Reitschule unkooperativ. Tolle Problemlösung und Wahlkampf juhee - auf dem Buckel der Reitschule. Wie einfallslos!

Sabine Ruch

Dachstock Reitschule Bern

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",Schandfleck' zu verkaufen"

"Bund" vom 12. September

Ändert die Drogenpolitik!

Dass Hess die Reitschule mit einem Schandfleck vergleicht, ist eine Frechheit. Da stirbt ein Mensch und dies auf traurige Weise, nicht mit der Nadel im Hals oder dem Joint im Mund, nein. Doch die Schreihälse fordern gleich den Abriss der Kulturbegegnungs- und Kunstoase. Die Reitschule ist und bleibt ein Beitrag der Kulturschaffenden, und den gibt es nicht zurück. Basta. Ändert eure Drogenpolitik, macht endlich eure Arbeit, für die ihr bezahlt werdet und hört auf, gegen die "Anderssichausdrückenden" vorzugehen.

Ich war Euer Sleeper-Leiter anno dazumal, was haben wir uns eingesetzt für unseren Glauben, dass jeder Mensch das Recht auf ein Frühstück und eine Dusche, auf eine Toilette und ein Bett hat. Dies gilt auch heute noch, da helfen weder Wasser noch Schläge noch eure vernichtende Politik. Es macht mich traurig. "Jep und hebet än Schönä."

Fritz Trochsler
Bern

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STECKWEG 13
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bernerzeitung.ch 19.9.08

Hausbesetzer müssen Lorraine verlassen

Von pd, js.

Das Bauinspektorat hat den Hausbesetzern vom Steckweg ein Ultimatum gestellt: Wenn sie bis am Dienstag nicht ausziehen, wird das Haus polizeilich geräumt.

Wie Charles Roggo, Bauinspektor der Stadt Bern, gegenüber Blick am Abend sagte, sei es sehr gefährlich in diesem Haus zu wohnen. Das Haus sei seit März 2008 mit einem Benutzungverbot belegt.

Eine positive Nachricht gibt es für die Besetzer aber trotzdem. Wenn sie sich an die Frist halten, wird keine Strafanzeige eingereicht. (Bernerzeitung.ch/Newsnetz)

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KANTONSPOLIZEI ZU FUSSBALL-FIASKO
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police.be.ch 19.9.08

UEFA-Cup Spiel in Bern

Stellungnahme der Kantonspolizei Bern

Die Kantonspolizei Bern nimmt zu den Vorfällen während und nach dem UEFA-Cup-Spiel zwischen dem BSC Young Boys und dem FC Brügge Stellung.

pkb. Rund 800 Fans des FC Brügge waren am Donnerstag, 18. September 2008 per Car angereist und wurden von ihren Fanbetreuern begleitet. Rund 150 so genannte Risk-Fans waren am Vormittag gleichentags individuell in Bern eingetroffen. Bis zum Eintritt ins Stadion um 1930 Uhr verhielten sie sich völlig ruhig und gaben rechtlich zu keinen polizeilichen Interventionen Anlass. Sie wurden von den Stadion-Verantwortlichen im Sektor C1 untergebracht.  

Gemäss Einsatzjournal der Kantonspolizei verschob sich diese Fangruppe um 1954 Uhr zum Sektor C9, worauf es anschliessend an der Zaunabgrenzung zum Sektor D2 zu einer Auseinandersetzung mit YB-Fans kam.

Nach dem Spiel, um 2205 Uhr hielten sich ca. 40 - 50 Berner Risk-Fans      beim Restaurant "Walter" auf; die Situation schien ruhig. Um 2206 Uhr konnte beobachtet werden, dass sich die belgischen Risk-Fans in kleine Gruppen aufgesplittet und letztlich um 2209 Uhr in einer Stärke von 30 bis 40 Personen überfallartig zum Restaurant "Walter" begeben hatten. Dort ergriffen sie Mobiliar und schlugen damit um sich. Einige YB-Fans, die sich zu diesem Zeitpunkt innerhalb des Restaurants befunden hatten, kamen um 2211 Uhr heraus und gingen ihrerseits auf die belgischen Fans zu, wo es zu tätlichen Auseinandersetzungen kam. Gleichzeitig trafen die Ordnungsdienstkräfte am Ort des Geschehens ein, wo es sofort zum Einsatz von Gummischrot und vereinzelt zu Einsätzen mit Pfefferspray kam.

Als Folge der Auseinandersetzungen zwischen den Fangruppen wurden drei Personen verletzt; zwei davon mussten zur Kontrolle ins Spital gebracht werden.

Die Kantonspolizei Bern weist die gegen sie erhobenen Vorwürfe, wonach sie die Lage nicht im Griff gehabt oder zu spät interveniert habe, mit aller Deutlichkeit zurück.

(jümo)

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Regionaljournal Bern 19.8.08

Randale nach dem YB Spiel: Fanarbeit Bern macht der Polizei Vorwürfe (2:48)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2008/rbe1719092008.rm?start=00:03:25.240&end=00:06:13.550

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DROGENPROBLEM ZÜRICH
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(Mehr dazu und zu Bern + Basel in der Sonntagszeitung)

Schweiz aktuell 19.9.08

Aggressive Dealer im Langstrassen-Quartier

Im Langstrassen-Quartier in Zürich ist der Drogenhandel erneut ein Problem. Die Quartierbewohner schlagen Alarm, da sich zahlreiche Dealer wie Strassen-Könige aufführen. Sie schüchtern die Anwohner zum Teil massiv ein. Zuletzt wurde ein Ladenbesitzer tätlich von einem Drogenhändler angegriffen. Corinne Naef berichtet.
http://www.sf.tv/videoplayer/embed/8059ea71-578f-4135-87cc-986e8d53b12f&live=false

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ANTI.GONE GOES HIPHOP (GROSSE HALLE)
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BZ 20.9.08

Anti oder easy - das ist die Frage

Der Theaterclub Bernwest präsentiert das Hip-Hop-Theater "Anti.Gone.", eine Geschichte rund um Schuld und Sühne.

Was tun, wenn der kleine Bruder, der gern ein cooler Gangster wäre, ins Gefängnis wandert? Seine Geschwister sind sich nicht einig über die richtige Reaktion und geraten in einen Konflikt, der alle Elemente einer griechischen Tragödie enthält. Das ist kein Zufall, denn Produktionsleiter Michael Röhrenbach und Regisseur Christoph Hebing haben die Charaktere nach Sophokles gestaltet und in den Gäbelbach verlagert. Anti ist, wie einst Antigone, eine Radikale. Sie will ihren Bruder befreien, dem als ungerecht empfundenen System trotzen. So wie für die Antigone der Mythologie die göttlichen Prophezeiungen über dem menschlichen Recht standen, stehen für Anti Freundschaft und Liebe über dem Gesetz.

Anders denkt da ihr Bruder, der in Anlehnung an König Kreon vordergründig für die Familie einsteht, in Wahrheit aber vor allem selbst gut dastehen will. Easy nimmt dabei die mittlere Position ein und versteht beide Seiten. Oder nimmt sie es vielleicht einfach zu easy? Der kleine Bruder selbst ist ein Draufgänger, probiert etwas aus, bevor er nachdenkt. Ein Sympathieträger wider Willen.

Was einige der 16- bis 23-jährigen Jugendlichen an Schauspielkunst und Musikalität mitbringen, ist erstaunlich. Eigens geschriebene und gerappte Stücke, Moves, sowie ein Kontrabassist und ein Schlagzeuger untermalen den intelligenten Spass. Das Thema ist ernst und vielschichtig, doch operiert wird gekonnt mit Sprachwitz, Situationskomik und ironischen Selbstporträts der Jugendlichen.

Die Hip-Hop-Szene gilt als chauvinistisch. Den Machern von "Anti.gone." war es deshalb wichtig, eine starke Frauenfigur zu kreieren, um diesem Stereotyp entgegenzuwirken. Mit ihrem fröhlichen Geschnatter nimmt man ihr die Radikale zwar nicht ganz ab. Anti wirkt zu easy. Die Authentizität des Stücks wurde an der Generalprobe unter die Lupe genommen, von einer Klasse im Jugendalter. Diese reagierten begeistert. Nur von Antigone hatten sie noch nie gehört. Egal. Wie es einem Mythos eigen ist, ist Antigone zeitlos. Vielleicht liest ja der eine oder andere etwas zu Hause nach, wie Regisseur und Theaterpädagoge Christoph Hebing hofft. Mit Sicherheit stellt man sich aber nach dem Stück die Frage: "Bin ich anti oder easy? Und was ist eigentlich besser?"
Helen Lagger

Anti.Gone.: Sa, 20.9., 20 Uhr. Gemeinschaftszentrum Gäbelbach. Reitschule Bern. Do, 16.10., 10.15, Fr, 17.10, 10.15 und 20 Uhr, Sa, 18.10, 20 Uhr.

Was einige der 16- bis 23-Jährigen an Schauspielkunst mitbringen, ist erstaunlich.

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WoZ 18.8.08

Theater

Calamity Jane

Calamity Jane? War das nicht diese Wes­ternheldin? Martha Jane Cannary, genannt Calamity Jane, lebte von 1852 bis 1903 im Süden der USA. Weitere biografische Angaben sind widersprüchlich und ungenau. Was man weiss: dass sie früh mit Pferden und Schusswaffen umgehen konnte und als Schienenlegerin, Kurierin für die Armee, Postkutschenfahrerin arbeitete und als Attraktion bei Wildwestshows zu sehen war. Ihr freiheitsliebender Lebensstil wurde mit gesellschaftlicher Ächtung quittiert, sie selbst zum Mannweib stilisiert.

Die Regisseurin Sylvia Garatti zeigt in ihrem Hörstück "Calamity Jane - Briefe an meine Tochter" wenig bekannte Seiten einer Revolverheldin, die als alleinerziehende Mutter in den Goldgräber-USA ihre Tochter zur Adaption freigeben musste. Die Schauspielerin Patricia Bornhauser liest aus Calamity Janes Briefen an ihre Tochter, die in ihrer Mischung aus Tagebuch, Abenteuerbericht und Zeitdokument das Westerngenre um eine weibliche Perspektive erweitern. Der Musiker Martin Hägler schafft dazu eine assoziative Klang- und Geräuschcollage. adr

"Calamity Jane" in: Bern Tojo Theater in der Reitschule. Fr, 19. September, 21 Uhr. Ab 22 Uhr Disco. www.tojo.ch