MEDIENSPIEGEL 2.10.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps
- "Mäsä": Gedenkfeier an Hodlerstrasse
- 2. Drogenanlaufstelle
- Bahnhofs-Reglement
- Paradisli: Schlappe für Stadt
- Schnüffelstaat DAP & SND united
- Securitas: 3. Spionin?
- Big Brother Sport
- Neonazis: Stutz zum armen NPD-Arzt
- Telebärn: Arbeitskampf
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REITSCHULE
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Okt 08: Beteiligt Euch an der
Vorplatz-Präsenz!!!
PROGRAMM:
Do 02.10.08
20.30 Uhr Kino - UNCUT:
HOLDING TREVOR; Rosser Goodman, USA 2007
20.30 Uhr Tojo - Mama
Bumba, mein Hintern, der Tango und ich. Tango Theater von/mit
Fabienne Biever
21.00 Uhr Frauenraum - Slux (D), Lipstix (D), Support: DJ
Sendepause
21.00 Uhr Dachstock - Secret Chiefs 3 (Mimicry, Armadillo/USA),
Support: Stephen O'Malley (Sunn 0)
Fr 03.10.08
20.30 Uhr Kino - RAF-Filme: Die Stille nach dem Schuss; Volker
Schlöndorff, D 2000
20.30 Uhr Tojo - Mama
Bumba, mein Hintern, der Tango und ich. Tango Theater von/mit
Fabienne Biever
Sa 04.10.08
20.30 Uhr Kino - RAF-Filme: Die bleierne Zeit; M. von Trotta, D
1981
20.30 Uhr Tojo - Mama
Bumba, mein Hintern, der Tango und ich. Tango Theater von/mit
Fabienne Biever
22.00 Uhr Tojo - Tango
Ball
23.00 Uhr Frauenraum - Tonvision mit AUF DAUERWELLE (ZH) und THALAMUS (BE),
Visuals by NOE (BE) for Lesbians, Gays and Friends
23.00 Uhr Dachstock - Cool & Deadly presents: Sud Sound System (i), Juggling by
Boss Hi-Fi ls. Moya
So 05.10.08
09.00 Uhr SousLePont - Flohmarkt und Brunch
21.00 Uhr Dachstock - Sean Noonan's Brewed By Noon (usa):
Aram Bajakian, Abdoulaye Diabate, Jamaladeen Tacuma and Marc Ribot
Infos: www.reitschule.ch
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Bund 2.10.08
"Ich muss alles wissen"
Kino: Zyklus RAF-Filme im Kino in der Reitschule
Nicht "Fetzendramaturgie" wie in "Der Baader Meinhof Komplex", sondern
in sich geschlossene Geschichten bringt die Reihe mit Filmen über
die
Rote Armee Fraktion.
Im Gegensatz zur ab heute schweizweit laufenden Verfilmung von Stefan
Austs "Der Baader Meinhof Komplex" haben frühere Filme über
die Rote
Armee Fraktion wohlweislich darauf verzichtet, die ganze Geschichte der
im April 1998 offiziell aufgelösten Terrorgruppe zu erzählen.
Reinhard
Hauff etwa schildert in "Stammheim" (1986) einige Episoden aus der fast
200 Tage dauernden Gerichtsverhandlung gegen die Baader-Clique,
Margarethe von Trotta erzählt in "Die bleierne Zeit" (1981) die
Geschichte von Gudrun Ensslin aus der Sicht von deren Schwester
Christiane, und Christopher Roth stilisiert in "Baader" (2002) den
Titelhelden in fragwürdiger Weise zum Popstar empor. Ganz nahe bei
authentischen Ereignissen bewegen sich Andreas Veiel mit dem
Dokumentarfilm "Black Box BRD" (2001) und der von einem Kollektiv
realisierte Filmessay "Deutschland im Herbst" (1978). In den Bereich
der Fiktion begeben sich Volker Schlöndorff mit "Die Stille nach
dem
Schuss" (2000), Christian Petzold mit dem beklemmenden Familiendrama
"Die innere Sicherheit" (2000) und Rainer Werner Fassbinder, in dessen
greller Farce "Die dritte Generation" (1978) Terroristen im Dienst
eines Industriellen aus der Sicherheitsbranche tätig sind.
Pfarrhaus und Stasi-Agenten
Einige dieser Werke kommen in der Reihe RAF-Filme zurück ins Kino.
Bedauerlich, dass ausgerechnet ein schwacher Streifen als Auftakt
läuft: "Die Stille nach dem Schuss" basiert auf dem Lebensbericht
"Nie
war ich furchtloser" von Inge Viett, einer Angehörigen der
"Bewegung 2.
Juni", die 1982 in Paris einen Polizisten anschoss und danach mit
Stasihilfe in der DDR untertauchte. Zwar ist Baaders verbürgtes
"Die
Knarre löst die Starre" zu hören, doch willkürlich
vermischt
Schlöndorff Fakten und Erfundenes und macht aus dem spannenden
Stoff
ein plakatives Melodram.
Doppeldeutig ist der einem Hölderlin-Gedicht entnommene Titel von
Margarethe von Trottas "Die bleierne Zeit" zu verstehen. Er bezieht
sich sowohl auf die Jahre der blutigsten RAF-Anschläge als auch
auf das
engstirnige Klima der Adenauer-Ära, in der die
Pfarrerstöchter Ensslin
aufwuchsen. Die Bitte "Ich muss alles wissen", die Christianes Sohn Jan
am Filmende äussert, kann zwar auch der RAF-Filmzyklus nicht
erfüllen,
aber er bringt zumindest mehr Hintergrundinformationen als das
Filmspektakel "Der Baader Meinhof Komplex" mit Eichingers zweifelhafter
"Fetzendramaturgie".
Kino in der Reitschule Die Filmreihe beginnt am Fr, 2. 10., 21 Uhr.
Andreas Berger
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Bund 2.10.08
Entzückend konfus
Sounds: Secret Chiefs 3
Die Secret Chiefs, das sind im Gebiet des Okkultismus kosmische
Hoheiten und Vorsteher einer Geheimloge - und fast so mysteriös
ist die
Band, die sich nach diesen geheimen Autoritäten benannt hat: die
Secret
Chiefs 3. Ihre Musik jedenfalls klingt wie die Ausgeburt eines
schizophrenen Hirns und gibt dem Wort "Genre-Mix" eine ganz neue
Bedeutung: Da überlappen sich Elektro-Gitarren und orientalisch
anmutende Melodie-Arabesken, da stöhnen Streicher, da zärtelt
eine
Harfe, und aufs Mal attackiert eine Kriegstrommel, und alles zusammen
hinterlässt einen Eindruck zwischen totaler Entzückung und
völliger
Konfusion.
Begonnen hat die Geschichte von Secret Chiefs 3 mit einer Rockband
namens Mr. Bungle, der unter anderem Mike Patton und Trey Spruance
angehörten. Während Patton mit Faith No More den Mainstream
eroberte,
schwamm Spruance mit Secret Chiefs 3 entgegen allen denkbaren
Strömen
und reicherte sein musikalisches Schaffen mit allerlei hermetischem
Gedankengut, islamischer und jüdischer Philosophie und etwas
Hokuspokus
an, was für den Genuss dieser unerhörten Musik jedoch
unerheblich ist.
(reg)
Reitschule Dachstock Donnerstag, 2. Oktober, 21 Uhr.
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Bund 2.10.08
Baldachin-Indios
Im handlichen Bern ist so etwas wie Feudalität eingekehrt. Da ist
nämlich auf einmal Platz, seit der Kraftfahrzeugverkehr nur noch
einspurig durch unser Zentrum kurven darf. Zwar ist noch nicht so ganz
klar, wofür wir den neu gewonnenen Raum zwischen Bahnhof und
Baldachin
nutzen sollen ausser als Zwischenspurtstrecke beim Umsteigen vom
Nünitram auf den Wylerbus. Und doch hat dieser Asphalt-Platz etwas
vornehm Verschwenderisches - als wollten uns die Stadtväter sagen:
"Seht her, Bürger, wenn wir euch schon keinen Ausblick auf ein
stilles
Gewässer bieten können, so haben wir euch doch in einer nicht
ganz so
geräumigen Stadt einen feinen Ort geschaffen, an welchem selbst
ein
Kleinbürger sich als Grossstädter fühlen darf."
Doch das hübsche Bild hat in der letzten Zeit Risse bekommen.
Schuld
daran ist ein Völkchen, das früher seiner Naturverbundenheit
wegen
geschätzt und bewundert wurde, nun aber dazu übergeht, diesen
Sympathiekredit grob fahrlässig zu verspielen. Okkupiert wird
unser
stolzer Bahnhofplatz nämlich immer öfter von
Panflötisten und
Regenrohrspielern aus dem indigenen Südamerika, was an sich noch
nicht
wirklich zu beklagen wäre. Doch die Indios nehmen es mit ihrem
Naturburschentum nicht mehr ganz so genau. Der Entwicklungsfortgang der
musizierenden Indios war nirgends eindrücklicher zu beobachten als
an
den letzten Montreux-Jazzfestivals. In der dortigen Fussgängerzone
fristeten sie lange ein einigermassen unspektakuläres Dasein neben
den
üblichen Airbrush-Malern und afrikanischen
Zöpfchenflechterinnen, bis
sie auf einmal dazu übergingen, ihre Flötenkunst über
batteriebetriebene Gitarrenverstärker aufzudonnern. Ein Jahr
später
wurden die Gitarrenverstärker durch währschafte Ton-Anlagen
ersetzt,
noch ein Jahr später waren sämtliche Musiker mikrofonisiert,
und im
nächsten Jahr kam gar noch eine kleine Lichtshow hinzu, was in
Montreux
zu Spekulationen führte, wann die Indios wohl eine kleine
Seebühne für
sich zu bauen imstande seien.
Auch die Baldachin-Indios zeigen sich dem technischen Fortschritt
keineswegs abhold, und so tuckert ein muskulöser kleiner
Honda-Kompressor unter dem Glasdach, und die Panflöten wuchten
durch
ein Tonsystem über den Bahnhofplatz, mit dem sich ein
mittelprächtiges
Openair beschallen liesse (inkl. digitaler Effektgeräte). Doch das
Allererstaunlichste an diesem ganzen kunstlosen Zauber ist, dass sich
immer wieder Menschen finden, die sich von diesem Ethnogeplätscher
-
dem musikalischen Pendant eines beleuchteten Zierbrunnens - derart
anregen lassen, dass sie sich sogar zum Kauf einer mitgebrachten
Indio-CD hinreissen lassen. Nicht auszudenken, was die Indios mit dem
Erlös alles anschaffen könnten. Ein digitales Regenrohr etwa.
Stroboskop und Rauchmaschine. Oder gar eine bolivianische Vorband. Es
erzittert der Baldachin ob solch schaurigen Aussichten. Ane Hebeisen
Auch südamerikanisch "Mama Bumba, mein Hintern, der Tango und
ich", Fr + Sa, Tojo Bern.
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Bund 2.10.08
Brewed by Noon
Braumeister
Der amerikanische Drummer Sean Noonan überlebte 2003 einen
Autounfall
nur knapp und beschloss danach, alle seine musikalischen Vorlieben in
einer Band zu versammeln. So scharte er Musiker mit afrikanischem,
irischem oder armenischem Hintergrund um sich und schuf Brewed by Noon
und mit dieser Band ein Gebräu aus wildem Jazz, mildem Afro und
keltischen Melodeien. In Bern fügen der Allzweck-Gitarrist Marc
Ribot
und der Meister-Bassist Jamaaladeen Tacuma der Mixtur ihre Kräfte
bei.
(reg)
Reitschule Dachstock
Sonntag, 5. Oktober, 21.30 Uhr.
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"MÄSÄ"
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Bund 2.10.08
Gedenkfeier in der Anlaufstelle Hodlerstrasse
Stadt Bern Die Benutzer der Anlaufstelle an der Hodlerstrasse nahmen
gestern an einer Gedenkfeier Abschied von "ihrem verstorbenen
Kollegen". Bei Letzterem handelt es sich um jenen Mann, der am 30.
August bei der Schützenmatte derart brutal zusammengeschlagen
wurde,
dass er später an den Folgen starb. Man sei zutiefst bestürzt
über das
Ausmass der Gewalt, teilte die Anlaufstelle mit. (pd)
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2. DROGENANLAUFSTELLE
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Bund 2.10.08
Zu hohe Kosten
Thema: 70000 Franken fürs Fixerstübli "Bund" vom 26. September
Unsere Schützenmatte wird entlastet: erstens eine
Fixerstüblifiliale an
der Murtenstrasse und zweitens eine neue WC-Anlage auf der
Schützenmatte. Beide sind provisorisch und verschwinden. Das
Fixerstübli kostet 70000 Franken, die WC-Anlage 300000 Franken.
Das Fixerstübli entschärft die Lage. Doch die WC-Anlage macht
das Leben
für die Schützenmattebenützer noch angenehmer und zieht
mehr Leute an.
Die bisherigen WC-Anlagen auf der Schützenmatte sind entweder
geschlossen oder abgerissen worden. Die Toilette bei der
Lorrainebrücke
ist total verschmiert und unbrauchbar: Eine Schande für die stolze
Stadt Bern!
Fazit: Die Fixerstüblifiliale bringt wirklich etwas, die neue
WC-Anlage jedoch zieht nur mehr Schützenmattebesucher an!
Fred Moser, BernVerein "Bern sicher und sauber!"
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BAHNHOF
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BZ 2.10.08
Es wird weiterhin gebettelt
Seit gestern ist das neue Berner Bahnhofreglement in Kraft. Es
untersagt unter anderem Betteln im städtischen Teil des Bahnhofs.
Der
Perimeter umfasst die Christoffel- und die Neuengasseunterführung
sowie
deren Zugänge im Umkreis von zehn Metern. Die Bettler lassen sich
dadurch nicht beeindrucken. "Der Bahnhof ist der beste Ort, um Geld zu
mischeln", sagt zum Beispiel der 33-jährige Panda. Auch die
Bahnpolizei
Securitrans will "vorläufig nichts an der bisherigen Praxis
ändern",
wie es auf Anfrage hiess. mar
Seite 21
--
Bahnhof Bern
"Der beste Ort zum Mischeln"
Seit gestern ist das Bahnhofreglement in Kraft, das Betteln mit Bussen
wird bis zu 2000 Franken bestraft. Panda, ein 33-jähriger Bettler,
schert sich nicht um das neue Regime: "Ich bleibe. Hier kann man am
besten mischeln."
Es ist kalt und windig, als der junge Mann, der sich selber Panda
nennt, aus seinem Schlafsack steigt, den er im Marzili unter einem Baum
ausgelegt hat. Eine Wolldecke hat ihm in der Nacht als Kopfkissen
gedient. Jetzt ist es kurz vor halb neun. Panda steht vor dem
Aufenthaltsraum an der Postgasse 35, wo die Arbeitsgemeinschaft der
christlichen Kirchen Arbeitslosen und Drogenabhängigen ein Obdach
bietet. Es gibt Kaffee und Brot. Dann stülpt sich Panda riesige
Kopfhörer über und macht sich auf zum Bahnhof, wie fast jeden
Morgen.
Vor dem Aufgang zur Neuengasse spricht Panda die Passanten an. "Geld
mischeln", nennt er das. Doch es läuft schlecht an diesem Morgen.
Nach
einer Stunde hat er erst zwei Franken und zwei Zigaretten zusammen. "Es
läuft nicht", sagt er, "es liegt an mir - ich bin nicht gut drauf."
Ein Briefli zum Zmittag
Es ist fast Mittag. Viel ist nicht zusammengekommen. "Aber es reicht
für ein Briefli", sagt Panda. Vor einer dunklen Kneipe, ein paar
Ecken
weiter vorne, in der Aarbergergasse kauft Panda Heroin für 20
Franken,
schnorrt sich eine weitere Zigarette und verschwindet.
Pandas Augen sind ganz klein, als er kurze Zeit später wieder vor
dem
Bahnhofaufgang steht. Mindestens 50 Franken brauche er täglich.
Vom
Sozialamt bekommt er 30 Franken fürs Essen. Wenn er schlecht
mischelt,
so wie heute, dann geht das ganze Geld für Drogen drauf.
Panda weiss, dass er eigentlich gar nicht mehr vor dem Bahnhof betteln
darf, weil seit heute das neue Bahnhofreglement in Kraft ist (siehe
Kasten). Der Bahnhof sei halt der beste Platz zum Betteln, sagt er.
"Vor allem abends, wenn die Leute fertig sind mit der Arbeit."
Vincenzo steht an der Säule neben dem Aufgang zur Neuengasse. Er
ist
nicht mehr so oft hier. Die Kontrollen seien rigider geworden, seit der
Bahnhofplatz umgebaut worden ist. Mehr als einmal hätten ihn die
Sicherheitskräfte weggewiesen. "Ich komme trotzdem wieder", sagt
Vincenzo. "Schliesslich bin ich kein Bettler. Ich bin ein
Verkäufer",
sagt er und grinst dabei vielsagend.
"Unterschlupf und Wärme"
"Ungemütlich sei die Situation geworden", sagt Vera. "Es gibt bald
keinen Platz mehr für uns Arme und Randständige." Vera ist
Ostschweizerin, lebt mal hier, mal dort auf der Gasse. "Ein Bahnhof
bietet im Winter Unterschlupf und Wärme". Und ja, natürlich
könne man
"im Bahnhof am besten Geld mischeln".
Ziellos durch die Altstadt
Es ist Nachmittag geworden. Panda streicht ziellos durch die obere
Altstadt und landet immer wieder vor dem Bahnhof. Er hat doch noch
Glück gehabt. Ein Mann hat ihm vorhin eine Zehnernote in die Hand
gedrückt. Auch ein paar grosse Münzen sind zusammengekommen.
Um 14.30
Uhr öffnet die Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse. Panda
kauft
zwei Briefli und verschwindet.
Um 17 Uhr taucht er wieder vor dem Aufgang auf. In gebeugter Haltung,
die riesigen Kopfhörer auf den Ohren, die Einkaufstasche in der
Hand.
"Bald gehe ich in die Therapie", sagt er. Und dass er keine Zeit mehr
habe zum Schwatzen: "Ich muss mischeln. Ich habe noch nichts gegessen."
Martin Arn
---
Bahnhof Reglement
Bussen bis 2000 Franken
Gestern ist das neue Bahnhofreglement in Kraft getreten, das im
vergangenen Juni vom Berner Stimmvolk mit knapp 75 Prozent Ja-Stimmen
angenommen worden war. Das Reglement verbietet neben dem Betteln auch
das Sitzen auf Boden und Treppen, das Velofahren, Skateboardfahren oder
Rollschuhfahren, das Mitführen freilaufender Hunde, das Wegwerfen
von
Abfall sowie ganz allgemein sogenannt "ungebührliches Verhalten".
Das Reglement gilt im städtischen Teil des Bahnhofs in der
Christoffelunterführung und der Neuengasseunterführung
beziehungsweise
in deren oberirdischem Umkreis von zehn Metern. Das Reglement lehnt
sich an das Regime an, das bereits im SBB-Teil des Bahnhofs gilt.
Die Kontrolle und die Einhaltung der neuen Regeln wird von der privaten
Bahnpolizei Securitrans gewährleistet. Wie
Securitrans-Geschäftsführer
Martin Graf gestern auf Anfrage erklärte, wollen die
Sicherheitskräfte
vorläufig jedoch nichts an der bisherigen Praxis ändern.
"Für uns hat
nicht die Wegweisung von Bettlern im Bereich des Bahnhofs oberste
Priorität, sondern dessen bestmögliches Funktionieren und die
Gewährleistung der Sicherheit."
Widerhandlungen gegen das Bahnhofreglement können mit Bussen bis
zu 2000 Franken bestraft werden.
mar
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Bund 1.10.08
Protest, solangs noch erlaubt ist
Die Gegner des Bahnhofreglements haben gestern noch einmal gegen die
Einschränkungen demonstriert
Heute tritt das neue Bahnhofreglement in Kraft. Es verbietet unter
anderem Betteln und "ungebührliches Verhalten". Im Alltag werde
sich
fast gar nichts verändern, sagt Securitrans-Chef Martin Graf.
Wohl zum letzten Mal entrollten die Gegner des neuen Bahnhofreglements
gestern Mittag ihr grosses Protest-Transparent. In einer kleinen Aktion
beim Bahnhofzugang bei der Heiliggeistkirche wollten sie aufzeigen, wie
das Reglement "das Ganze ad absurdum führt", wie sich die
zurückgetretene GB-Stadträtin Catherine Weber
ausdrückte. Die
Mitglieder des ehemaligen Referendumskomitees markierten mit gelbem
Klebeband ein Gebiet von zehn Metern um den Bahnhofzugang. Dies ist der
Geltungsbereich des neuen Reglements. Danach machten sie es sich
innerhalb der gelben Linie gemütlich, setzten sich auf den Boden
und
assen mitgebrachte Sandwichs. "Wir verhalten uns nun
ungebührlich", so
die Botschaft.
Seit dem Umbau ohnehin besser
Schlussendlich wird die Suppe wohl weniger heiss gegessen, als sie
gekocht wurde. Am 1. Juni nahmen die Stimmberechtigten das Reglement
mit einer Dreiviertelmehrheit an. Martin Graf,
Geschäftsführer der für
die Einhaltung des Reglements zuständigen Securitrans, ist sich
sicher:
"Konkret wird sich mit dem neuen Reglement fast gar nichts
verändern."
Neu sei bloss, dass die Regeln des SBB-eigenen Teils des Bahnhofs auch
auf das städtische Gebiet - Christoffel- und
Neuengassunterführung
sowie ihre Zugänge - angewendet werden.
Die Situation in den Unterführungen habe sich dank den baulichen
Massnahmen ohnehin bereits stark verbessert. Die meisten Gelegenheiten,
"sich darniederzulegen", seien mit dem Umbau entfernt worden, sagt
Graf. Gemeint ist vor allem der berühmt-berüchtigte
Alki-Stein in der
Christoffelunterführung, der heute ein kunstvoll beleuchteter,
ästhetischer Blickfang ist.
Grafs Einschätzung teilt auch Cyrille Casagrande, Filialleiterin
der
Parfümerie Marionnaud in der Christoffelunterführung. "Seit
dem Umbau
ist das Klima eindeutig besser geworden", sagt sie. Viele Probleme
seien verschwunden. Dies habe sich jedoch nicht positiv auf den Umsatz
ausgewirkt. Im Gegenteil: Unter der Woche sei die Kundenfrequenz eher
zurückgegangen. Nur an den Sonntagen sei heute mehr Betrieb als
früher.
Zehn Meter-Umkreis irrelevant
Martin Graf verspricht, dass bei der Durchsetzung des Reglements der
gesunde Menschenverstand oberste Priorität habe. Als
ungebührlich werde
ein Verhalten dann taxiert, wenn es Reisende, Passanten oder
Ladenkunden störe. "Dabei muss jede Situation neu beurteilt
werden",
sagt Graf. Unter dem Strich liege die Entscheidung im
Ermessensspielraum der jeweiligen Patrouille. Bussen aussprechen oder
Perimeterverweise erteilen kann die private Securitrans nicht. Nur bei
schweren Verstössen darf sie Fehlbare festhalten, bis die Polizei
eintrifft. Das Zehn-Meter-Gebiet bei den Zugängen werde wohl kaum
von
der Securitrans, sondern wie bis anhin von der Polizei kontrolliert,
sagt Graf.
Neben Betteln und ungebührlichem Verhalten verbietet das Reglement
unter anderem auf dem Boden und auf Treppen zu sitzen, frei laufende
Hunde mitzuführen oder Velo und Skateboard zu fahren. Grünes
Bündnis
und Junge Alternative wollen nach den Herbstferien ein Postulat
einreichen, welches verlangt, dass die Securitrans eine Statistik
über
ihre Tätigkeiten vorlegt und dass dem Gemeinderat
Kontrollmöglichkeiten
zur Verfügung stehen.
Christian Brönnimann
---
BZ 1.10.08
Komitee "Bahnhofreglement Nein"
Betteln ohne Busse
Das Komitee "Bahnhofreglement Nein" hat gestern zu ungebührlichem
Verhalten auf dem Bahnhofplatz aufgerufen.
Heute tritt das Berner Bahnhofreglement in Kraft, das im vergangenen
Juni vom Stimmvolk mit knapp 75 Prozent Ja-Stimmen angenommen worden
ist. Demnach können die privaten Sicherheitskräfte der
Securitrans
künftig im öffentlichen Teil des Bahnhofs rund um die
Eingänge
"ungebührliches Verhalten" und Betteln unterbinden (siehe Kasten).
Das
Komitee "Nein zum Bahnhofreglement" hat gestern dazu aufgerufen, "sich
möglichst noch einmal und ohne Busse ungebührlich zu
verhalten".
Eine Handvoll Aktivisten setzte sich gestern Mittag neben die
Heiliggeistkirche. Catherine Weber von Grundrechte.ch sagte, man wolle
darauf aufmerksam machen, dass durch das neue Reglement die Grundrechte
eingeschränkt würden.
Vorstoss im Stadtrat
Das Gesetz ziele auf bestimmte Menschengruppen ab. "Es ist bedenklich,
wie wir mit unseren sozialen Randgruppen umgehen", findet Catherine
Weber. Nach den Herbstferien wollen das Grüne Bündnis (GB)
und die
Junge Alternative (JA!) im Stadtrat ein Postulat einreichen und vom
Gemeinderat Auskunft über die Tätigkeit der mit der
Überwachung
beauftragten Bahnpolizei Securitrans.
Regierung soll kontrollieren
GB und JA! fordern den Gemeinderat auf, dafür zu sorgen, dass die
Securitrans zuhanden des Stadtrates und der Öffentlichkeit eine
anonymisierte Statistik führt über verzeigte Personen und
über die
Anzahl der tatsächlich gebüssten Personen. Weiter verlangen
GB und JA!,
dass sich der Gemeinderat per Vertrag eine minimale Kontrolle über
die
Arbeit der Securitrans sichert und den Stadtrat jährlich
darüber in
Kenntnis setzen muss.
Martin Graf, Geschäftsführer von Securitrans, sagte gestern
im
Interview mit dieser Zeitung, die Bahnpolizei werde "sicher niemanden
verhaften" (siehe rechts).
mar
--
"Wir verhaften sicher niemanden"
Für Martin Graf von der Firma Securitrans hat die Wegweisung von
Bettlern vor den Bahnhofaufgängen nicht oberste Priorität.
Herr Graf, was müssen wir uns unter ungebührlichem Verhalten
vorstellen?
Martin Graf: Darunter verstehen wir alles, was Dritte stört.
Grölen,
lärmen, Sachen herumwerfen. Sobald wir das Gefühl haben, dass
die
Kunden des Bahnhofs beeinträchtigt werden, schreiten wir ein.
Was tun Ihre Leute dann konkret?
Sie werden versuchen, allfällige Störenfriede durch
freundliches
Ansprechen auf ihr Verhalten aufmerksam zu machen. Wenn dies nichts
nützt, avisieren sie die Polizei.
Angenommen, beim Aufgang zur Heiliggeistkirche sitzt ein Bettler: Wer
kontrolliert, ob er sich im Umkreis von zehn Metern des Bahnhofs
befindet oder nicht?
Die festgeschriebene 10-Meter-Distanz ist nicht praktikabel. In
unmittelbarem Bereich, da wo der Zutritt zu Treppen oder Rolltreppen
beeinträchtigt wird, erfolgt die Reaktion unserer Patrouillen. Was
darüber hinausgeht, ist Sache polizeilicher Massnahmen. Ausser
wenn es
sich um Nothilfe handeln sollte.
Dass unsere Leute Menschen auf dem Bahnhofplatz wegweisen, kann ich mir
nicht vorstellen. Wir verhaften sicher auch niemanden.
Braucht es zusätzliche Patrouillen, um das Bahnhofreglement
durchzusetzen?
Nein. Zusätzliche Leute brauchen wir nicht wegen des
Bahnhofreglements
- das Bettelverbot hat für uns nicht oberste Priorität -,
sondern ganz
einfach deshalb, weil wir mit einer 2-Mann-Patrouille kaum mehr in der
Lage sind, den ganzen Bahnhofperimeter zu überwachen und im
Bedarfsfall
Hilfe zu gewährleisten.
Interview: mar
Martin Graf (44) ist Geschäftsführer der Sicherheitsfirma
Securitrans,
die im Bahnhof Bern für die Sicherheit und den Aufsichtsdienst
zuständig ist.
--
Das Reglement
Was alles verboten ist
Das neue Bahnhofreglement verbietet neben dem Betteln auch das Sitzen
auf Boden und Treppen, das Fahren mit Velos, Skateboards und
Rollschuhen, "ungebührliches Verhalten", das Mitführen frei
laufender
Hunde und das Wegwerfen von Abfall. Das Reglement gilt im
städtischen
Teil des Bahnhofs (Christoffel- und Neuengassunterführung) sowie
bei
den Aufgängen und in deren oberirdischem Umkreis von zehn Metern.
Es
lehnt sich an die Regeln an, die im SBB-Teil des Bahnhofs gelten.
---
bernerzeitung.ch 1.10.08
Betteln im Bahnhof: Ab sofort verboten
Von pd, js.
Ab heute Mittwoch ist Betteln im Bahnhof Bern verboten. Das neue
Bahnhofreglement tritt in Kraft.
Aber nicht nur das Betteln ist untersagt. Auch das Sitzen auf Treppen
und Böden, das Fahren von Velos, Skateboards und Rollschuhen sowie
freilaufende Hunde werden nicht mehr toleriert.
(Bernerzeitung.ch/Newsnetz
---
bernerzeitung.ch 30.9.08
Protestaktion gegen neues Bahnhofreglement
Gegen 20 Aktivistinnen und Aktivisten haben am Dienstag auf dem Berner
Bahnhofplatz gegen das Anfang Oktober in Kraft tretende
Bahnhofreglement mit Bettelverbot protestiert.
erein Grundrechte demonstriert gegen das Bettelverbot im Berner Bahnhof.
erein Grundrechte demonstriert gegen das Bettelverbot im Berner Bahnhof.
Ein letztes Mal wolle man sich im Bahnhof ungestraft "ungebührlich
verhalten", teilten die Aktivisten mit Blick auf die künftig
verbotenen
Aktivitäten im Berner Bahnhof mit. Bei einem Treppenabgang zum
Bahnhof
entrollten sie ein Transparent und setzten sich für ein Pic-nic
auf den
Boden.
Das neue Reglement verbietet künftig das Sitzen und Liegen auf
Boden
und Treppen sowie das Herumfahren mit Skateboards und ähnlichen
Geräten. Kernpunkt der neuen Regelung ist jedoch ein Bettelverbot.
Bisher galt ein solches bereits für den der SBB gehörenden
Teil des
Bahnhofs.
Ab Mittwoch wird es auch in der unterirdischen Geschäftszone, die
den
Bahnhof mit den Ausgängen zur Altstadt verbindet, angewendet.
Zudem
gilt es in einem Umkreis von zehn Metern zu den oberirdischen
Bahnhofeingängen.
Private Sicherheitsfirma
Durchsetzen wird die neue Regelung eine private Sicherheitsfirma. Gegen
das Bahnhofreglement hatten die Junge Alternative und links-grüne
Parteien seinerzeit das Referendum ergriffen. An der Urne sagten die
Stimmberechtigten im vergangenen Juni allerdings sehr deutlich ja zum
neuen Reglement.
Die Gegner hatten im Abstimmungskampf kritisiert, das Reglement grenze
sozial Schwache aus. Sie störten sich ausserdem daran, dass die
Stadt
Sicherheitsaufgaben künftig Privatfirmen übertragen darf.
Das Grüne Bündnis und die Junge Alternative wollen nach den
Herbstferien im Berner Stadtrat ein Postulat einreichen, das unter
anderem verlangt, dass die private Sicherheitsfirma eine Statistik
über
Bussen und Anzeigen vorlegt. (mau/sda)
---
20min.ch 30.9.08
Demo für Bettler
Gegen 20 Aktivisten haben auf dem Berner Bahnhofplatz gegen das Anfang
Oktober in Kraft tretende Bahnhofreglement mit Bettelverbot protestiert.
Ein letztes Mal wolle man sich im Bahnhof ungestraft "ungebührlich
verhalten", teilten die Aktivisten mit Blick auf die künftig
verbotenen
Aktivitäten im Berner Bahnhof mit. Bei einem Treppenabgang zum
Bahnhof
entrollten sie ein Transparent und setzten sich für ein Pic-nic
auf den
Boden.
Das neue Reglement verbietet künftig das Sitzen und Liegen auf
Boden
und Treppen sowie das Herumfahren mit Skateboards und ähnlichen
Geräten. Kernpunkt der neuen Regelung ist jedoch ein Bettelverbot.
Bisher galt ein solches bereits für den der SBB gehörenden
Teil des
Bahnhofs.
Ab Mittwoch wird es auch in der unterirdischen Geschäftszone, die
den
Bahnhof mit den Ausgängen zur Altstadt verbindet, angewendet.
Zudem
gilt es in einem Umkreis von zehn Metern zu den oberirdischen
Bahnhofeingängen.
Private Sicherheitsfirma
Durchsetzen wird die neue Regelung eine private Sicherheitsfirma. Gegen
das Bahnhofreglement hatten die Junge Alternative und links-grüne
Parteien seinerzeit das Referendum ergriffen. An der Urne sagten die
Stimmberechtigten im vergangenen Juni allerdings sehr deutlich ja zum
neuen Reglement.
Die Gegner hatten im Abstimmungskampf kritisiert, das Reglement grenze
sozial Schwache aus. Sie störten sich ausserdem daran, dass die
Stadt
Sicherheitsaufgaben künftig Privatfirmen übertragen darf.
Das Grüne Bündnis und die Junge Alternative wollen nach den
Herbstferien im Berner Stadtrat ein Postulat einreichen, das unter
anderem verlangt, dass die private Sicherheitsfirma eine Statistik
über
Bussen und Anzeigen vorlegt.
Quelle: SDA/ATS
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PARADISLI
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punkt.ch 2.10.08
Schönbergpark: Kanton zeigt Stadt die Rote Karte
Böses Erwachen für die Liegenschaftsverwaltung der Stadt
Bern. Die
Überbauung Schönbergpark kann nicht gebaut werden. Das
Projekt
verstösst gegen das Baurecht. Darüber freut sich Linksaussen
Luzius
Theiler. Der Grüne Stadtrat fordert, dass die Paradisli-Bewohner
ins
Bauernhaus beim Rosengarten zurückkehren dürfen. seite 10
--
Paradisli
Schönbergpark wird noch nicht gebaut
Von Peter Camenzind
Erfolg für Luzius Theiler. Der Kanton sagt überraschend Nein
zum Schönbergpark.
Neues Kapitel in der schier unendlichen Geschichte um die
Überbauung
Schönbergpark. Die kantonale Baudirektion (BVE) erteilt den
Plänen für
die Siedlung den Bauabschlag. Der Grund: Das Projekt entspricht nicht
den Bauvorschriften.
Neue Verzögerung
Das ist ärgerlich für die Stadt, zumal schon letztes Jahr
gebaut werden
sollte. "Die Baudirektion hat den entsprechenden Artikel des
Baugesetztes neu ausgelegt ", sagt Marcel Mischler von der
städtischen
Liegenschaftsverwaltung.
Man müsse den Entscheid des Kantons zuerst analysieren und werde
dann
über einen Weiterzug ans Verwaltungsgericht entscheiden. "Bis das
Gericht entscheidet, würde ein halbes bis ein ganzes Jahr
verstreichen
", so Mischler.
Zwischennutzung
Freude herrscht dagegen bei Luzius Theiler von der Grünen Partei.
"Der
Bauabschlag der BVE ist ein Erfolg für unsere Sache", sagt er. Die
Liegenschaft müsse jetzt wieder genutzt werden.
"Wir verlangen, dass die Stadt eine neue Zwischennutzung für den
Verein
Paradisli ermöglicht." Die Hausbesetzer und Kulturveranstalter,
die
sich bis vor Verwaltungsgericht gegen die Räumung gewehrt hatten,
sollen also wieder einziehen können.
Dafür hat Mischler wenig Verständnis. "Die Vorschriften der
Baupolizei
sind nicht erfüllt." Es fehlten Fluchtwege, auch sei der
Brandschutz
nicht gewährleistet. Wasser und Strom gebe es nicht, Fenster und
Türen
seien ausgebaut. "Ich weiss nicht ob man so wohnen will," so Mischler.
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BZ 2.10.08
"Paradisli" in bern
Bau gestoppt - Besetzer wollen zurück
Die Stadt Bern darf das Bauernhaus an der Laubeggstrasse nicht umbauen.
Der Kanton hat eine Beschwerde gutgeheissen.
Weiterer Rückschlag für die Berner Baudirektorin Barbara
Hayoz: Nach
dem Bärenpark-Debakel hat das Bauprojekt Schönbergpark
Schiffbruch
erlitten. Das Bauernhaus, das bis vor wenigen Monaten vom Verein
Paradisli besetzt wurde, hätte umgebaut werden sollen. Zudem war
auf
der Parzelle der Bau von zwei Mehrfamilienhäusern geplant.
Nun hat die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion (BVE) des Kantons Bern
die Beschwerde der Grünen Partei Bern (GPB) gutgeheissen und das
Baugesuch der Stadt Bern damit abgewiesen. Die geplanten Neubauten
seien für diese Zone zu gross, steht im Beschwerdeentscheid. Die
sogenannte Gestaltungsfreiheit des Artikels 75 des Baugesetzes sei
nicht anwendbar. "Mit dem Neubauprojekt wird nicht frei gestaltet,
sondern zu gross gebaut", urteilt die BVE.
Unverständnis
Aus der Direktion von Barbara Hayoz äusserte sich gestern Marcel
Mischler, der stellvertreten-de Liegenschaftsverwalter: "Wir nehmen den
Entscheid mit Unverständnis zur Kenntnis", sagte er. "Sowohl das
Bauinspektorat wie auch die Regierungsstatthalterin unterstützen
unsere
Argumentation betreffend Gestaltungsfreiheit." Nur der Kanton lege den
Artikel 75 des Baugesetzes total anders aus. "Wir analysieren diesen
Entscheid und überlegen uns, beim Verwaltungsgericht Beschwerde
einzureichen."
Neues "Paradisli"-Kapitel
Beschwerdeführer Luzius Theiler von der GPB nutzte seinen Erfolg,
um
der langwierigen Geschichte rund um die "Paradisli"-Besetzer ein neues
Kapitel anzufügen. Er forderte die Stadt Bern auf, den Zaun ums
Bauernhaus an der Laubeggstrasse 36 zu beseitigen und bei der
Wiederherstellung des Gebäudes zu helfen. Zudem solle Barbara
Hayoz
"neue Verhandlungen über einen Mietvertrag mit dem Verein
Paradisli
aufnehmen". Kleine Anmerkung: Die "Paradisli"-Exponenten stehen auf der
Stadtratsliste der GPB.
Auf die "Paradisli"-Besetzer angesprochen, sagte Liegenschaftsverwalter
Marcel Mischler: "Das ‹Paradisli› kehrt bestimmt nicht ins Haus
zurück.
Die Brandschutzbestimmungen und fehlende Fluchtwege verunmöglichen
dies."
Tobias Habegger
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Bund 2.10.08
Nein zum Schönbergpark
Kanton lehnt das Baugesuch ab - die Stadt Bern muss noch einmal
über die Bücher
Der Entscheid des Kantons stösst bei der Stadt Bern auf
Unverständnis; die Grüne Partei Bern verbucht einen Erfolg.
Monatelang zog sich das juristische Hickhack zwischen dem Verein
Paradisli und der Stadt Bern hin. Der Verein wollte das Bauernhaus auf
dem Schönbergareal so lange nutzen, bis mit dem Bau des Projekts
Schönbergpark begonnen würde. Doch nach einer Niederlage vor
Bundesgericht musste der Verein die Liegenschaft im April räumen.
Die
Ironie der Geschichte: Es kann bis auf Weiteres gar nicht gebaut
werden. Denn wie die Stadt Bern gestern mitteilte, lehnt die Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) das Baugesuch
für
den Schönbergpark ab. Der Grund: Die zulässige
Bruttogeschossfläche
wird nicht eingehalten und das Bauvorhaben sei zu gross geraten. Der
Entscheid stiess bei der Stadt auf Bedauern und Unverständnis. Nun
werde geprüft, wie es weitergehen soll. Die zuständige
Gemeinderätin
Barbara Hayoz (fdp) wollte zum Thema keine Stellung nehmen.
Erfreut nahmen die Beschwerdeführerin, die Grüne Partei Bern,
und die
Junge Alternative von dem Entscheid Kenntnis. Sie sehen darin einen
Erfolg und eine Chance, dass der Verein Paradisli das Bauernhaus wieder
nutzen könne. Für die Stadt ist dies unter anderem aus
Brandschutzgründen ausgeschlossen. (acs)
Seite 21
Anne-Careen Stoltze
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Nein zum Schönbergpark
Der Kanton lehnt das Baugesuch ab - die Stadt Bern prüft nun, wie
es weitergehen soll
Die Stadt Bern muss eine Schlappe für ihr Bauprojekt im
Schönbergquartier einstecken. Der Kanton lehnt die Baubewilligung
dafür
ab - zur Freude der Grünen Partei Bern.
Der Baubeginn des Schönbergparks verzögert sich auf
unbestimmte Zeit.
Die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) hat das
Baugesuch der Stadt Bern abgelehnt. Der Grund: Die geplanten
Häuser
sind für das zur Verfügung stehende Areal zu gross und
überschreiten
die zulässige Flächennutzung. Damit kann die
Beschwerdeführerin, die
Grüne Partei Bern (GPB), einen Erfolg verbuchen. Sie hat mit ihrem
Anliegen im zweiten Anlauf recht bekommen. Auf die erste Beschwerde war
der Kanton nicht eingetreten. Das Verwaltungsgericht pfiff ihn
zurück
und forderte, die Beschwerde zu behandeln.
Die Stadt will in der Parkanlage zwölf Wohnungen für gehobene
Ansprüche
bauen. Bauherrin für den Schönbergpark ist der
städtische Fonds für
Boden- und Wohnbaupolitik. Das Projekt besteht aus drei Teilen: Neubau
von zwei Mehrfamilienhäusern, Umbau des alten Bauernhauses und
Abbruch
des Herrschaftsgartens. Schon 2003 blitzte die Stadt mit einem
Baugesuch für den Schönbergpark vor dem Verwaltungsgericht
ab. Damals
sollte das Bauernhaus abgerissen werden. In den letzten Jahren nutzte
der Verein Paradisli das Haus zunächst mit einem Vertrag, zuletzt
illegal (siehe Kasten).
Nutzungsfläche ist Knackpunkt
Die Stadt Bern teilte gestern in einem Communiqué ihr Bedauern
und
Unverständnis über den Entscheid mit. Es werde nun das
weitere Vorgehen
geprüft. Die Stadt hat bis zum 30. Oktober Zeit, den Entscheid
vors
Verwaltungsgericht weiterzuziehen. In diesem Fall wäre mit einer
Verfahrensdauer von mehreren Monaten zu rechnen. Falls die Stadt darauf
verzichten würde, könne ein reduziertes Projekt mit
geringerer
Bruttogeschossfläche realisiert werden, erklärte Marcel
Mischler,
stellvertretender Leiter der Liegenschaftsverwaltung auf Anfrage. Dabei
müsse die strenge Auslegung der BVE berücksichtigt werden.
Diese ist
offenbar der Knackpunkt des Projekts. Während die BVE davon
ausgeht,
dass nur freies Gelände für die Nutzung zur Verfügung
steht und
vorhandene Bauten nicht mit eingerechnet werden sollen, hat die Stadt
in ihrer Planung das Bauernhaus mit einbezogen. So kommt es zur
Überschreitung der zulässigen Bruttogeschossfläche.
"Aber das ist eine
ungewohnte und unverständliche Auslegung des Baugesetzes", sagte
Mischler. Die Nutzungsziffer sei in Zusammenarbeit mit dem
Bauinspektorat errechnet worden.
Freude bei den Grünen
"Wir sind hocherfreut über diesen wichtigen Entscheid", sagte
GPB-Stadtrat Luzius Theiler auf Anfrage. Dies sei ein Hinweis darauf,
dass die Stadt sorgsamer mit ihrem Kulturgut umgehen müsse. "Der
Entscheid ist sehr eindeutig, da sehe ich wenig Erfolgschancen für
einen Weiterzug." Auch die Junge Alternative (JA) sieht sich
bestätigt
und fordert den Gemeinderat auf, den Entscheid der BVE zu akzeptieren
und seine Wohnbaustrategie zu überdenken. Der Erfolg sei zusammen
mit
dem Verein Paradisli hart erstritten worden, sagte Theiler. Deshalb
solle der Verein Anspruch haben, wenn über die Nutzung des
Bauernhauses
verhandelt würde. Für die Stadt kommt das nicht infrage: "Das
Bauernhaus bleibt bis auf Weiteres unbewohnt; eine neue Zwischennutzung
ist ausgeschlossen", sagte Mischler.
FDP: Keine Niederlage für Hayoz
"Nicht überbewerten" will FDP-Ko-Fraktionschef Philippe
Müller den
BVE-Entscheid. "Die Überbauung wird realisiert", sagte er. Das
Projekt
sei im Gemeinderat breit abgestützt, deshalb könne man den
Entscheid
nicht als Niederlage der zuständigen Gemeinderätin Barbara
Hayoz (fdp)
interpretieren. Zudem könne das Projekt so abgeändert werden,
dass die
Nutzungsziffer eingehalten werde. Hayoz wollte sich auf Anfrage nicht
äussern.
Anne-Careen Stoltze
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Der Verein Paradisli
Der Verein Paradisli hatte jahrelang mit der Stadt einen
Zwischennutzungsvertrag für das Bauernhaus an der Laubeggstrasse
36.
Der Verein veranstaltete dort unter anderem Konzerte. Die
Lärmklagen
aus der Nachbarschaft häuften sich und die Stadt verlängerte
die
Zwischennutzung nicht mehr. Sie warf dem Verein vor, sich nicht an die
Vertragsbedingungen gehalten zu haben. So habe dieser etwa einen
Barbetrieb mit nicht tolerierbaren Lärmbelastungen geführt.
Der Verein
blieb unrechtmässig im Haus und lieferte sich in der Folge mit der
Stadt ein juristisches Hickhack, das vor Bundesgericht endete. Nach der
Niederlage des Vereins wurde das Bauernhaus im vergangenen April
geräumt. Anschliessend wurde das Haus mit einem Gitter abgesperrt,
um
eine erneute Besetzung zu verhindern. Es steht seit dem leer. Bereits
wurden erste Arbeiten vorgenommen, unter anderem wurden Heizkörper
und
Sanitäranlagen demontiert. (acs)
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bernerzeitung.ch 1.10.08
Kanton lehnt "Paradisli-Überbauung" ab
Der Kanton Bern hat am Mittwoch das Baugesuch der Stadt Bern für
die
Überbauung Schönbergpark abgelehnt. Einen Erfolg verbucht
damit die
Grüne Partei Bern, die gegen das Projekt Beschwerde führte.
Sieg der Grünen: Die Grüne Partei/Demokratische Alternative
(GPB-DA) hatte gegen den Schönbergpark Beschwerde erhoben.
Sieg der Grünen: Die Grüne Partei/Demokratische Alternative
(GPB-DA) hatte gegen den Schönbergpark Beschwerde erhoben.
Auf dem Areal plante die Stadt eine Überbauung mit 12 Wohnungen
für
gehobene Ansprüche. Bekannt wurde das Gelände aber vor allem
im
Zusammenhang mit den Streit um die Zwischennutzung des alten
Bauernhauses durch den alternativen Kulturverein Paradisli.°
Erfolg für GPB
Die Grüne Partei/Demokratische Alternative (GPB-DA) mit ihrem
inzwischen verstorbenen Stadtrat Daniele Jenni hatte seinerzeit gegen
das Bauvorhaben beim Kanton Beschwerde erhoben. Die kantonale
Baudirektion lehnte diese aber aus formalen Gründen ab.
Das Verwaltungsgericht pfiff den Kanton zurück und verlangte, dass
er
die Beschwerde sehr wohl inhaltlich zu prüfen habe. Der Kanton hat
dies
nun getan und kommt zum Schluss, das das städtische Bauvorhaben
das
Mass der Nutzung überschreite.
Der Entscheid fällt damit zur Freude der GPB und zum Verdruss der
Stadt
aus. Letztere reagierte in einer Mitteilung vom Mittwoch mit Bedauern
und Unverständnis.
Jetzt will sie das weitere Vorgehen prüfen. In Frage kommt
allenfalls
ein Weiterzug des nun vorliegenden Entscheides an das
Verwaltungsgericht. Die Frist für eine allfällige Beschwerde
läuft bis
Ende Oktober.
Die GPB freute sich in einer Mitteilung über den "vollen Erfolg".
Dieser habe aber zusammen mit dem Verein Paradisli hart erstritten
werden müssen.
Die Partei ruft die Stadt Bern auf, den Maschendrahtzaun, mit dem das
Gelände seit der Räumung abgesperrt ist, zu entfernen und mit
dem
Verein Paradisli über einen neuen Mietvertrag zu verhandeln.
Umstrittene Zwischennutzung
Der Verein hatte das alte Bauernhaus auf dem Areal im Sinne einer
Zwischennutzung gemietet. Zunächst legal, da mit der Stadt ab
Anfang
Dezember 2006 ein entsprechender Vertrag bestand.
Der Verein veranstaltete im Bauernhaus unter anderem Konzerte. Die
Lärmklagen aus der Nachbarschaft häuften sich und die Stadt
verlängerte
die Zwischennutzung nicht mehr.
Das Paradisli-Kollektiv blieb im Haus, auch ohne ohne Vertrag und ohne
Segen der Stadt, mit der es zu einem längeren juristischen
Hickhack
kam. Nachdem der Verein vor Bundesgericht unterlag, räumte er das
Haus
im vergangenen April. (/sda)
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20min.ch 1.10.08
Berner Schönbergpark: Baugesuch abgelehnt
Der Kanton hat das Baugesuch der Stadt Bern für die
Überbauung
Schönbergpark abgelehnt. Die Beschwerde der Grünen Partei
Bern gegen
das Projekt hiess er im Gegenzug gut.
Auf dem Areal plante die Stadt eine Überbauung 12 Wohnungen
für
gehobenere Ansprüche. Bekannt wurde das Gelände aber vor
allem im
Zusammenhang mit den Streit um die Zwischennutzung des alten
Bauernhauses durch den Verein Paradisli.
Die Grüne Partei/Demokratische Alternative (GPB-DA) hatte
seinerzeit
gegen das Bauvorhaben beim Kanton Beschwerde erhoben. Dieser wollte
darauf aber aus formalen Gründen nicht darauf eintreten.
Das Verwaltungsgericht hingegen pfiff den Kanton zurück und
verlangte,
dass er die Beschwerde sehr wohl inhaltlich zu prüfen habe. Der
Kanton
hat dies nun getan und im Sinne der GPB die Beschwerde gutgeheissen.
Die Stadt Bern reagierte mit Bedauern und Unverständnis, wie sie
am
Mittwoch mitteilte. Sie will nun das weitere Vorgehen prüfen.
Quelle: SDA/ATS
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Infodienst Stadt Bern 30.9.08
Schönbergpark: Baugesuch abgelehnt
Die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) hat mit
Entscheid vom 29. September 2008 die Beschwerde der Grünen Partei
Bern
(GPB) gegen das städtische Bauvorhaben Schönbergpark
gutgeheissen. Die
Stadt Bern nimmt diesen Entscheid zur Kenntnis und prüft das
weitere
Vor-gehen.
Gegen die vom Regierungsstatthalter erteilte Baubewilligung für
das
Projekt Schönbergpark hatten die GPB und Privatpersonen Beschwerde
bei
der BVE erhoben. Die BVE trat am 18. Dezember 2007 auf die Beschwerden
nicht ein, weil sie eine Beschwerdelegitimation der
Beschwerdeführenden
verneinte. Gegen diesen Nichteintretensentscheid der BVE erhob die GPB
eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Diese hat das Verwaltungsgericht
des Kantons Bern am 28. Februar 2008 gutgeheissen und die Sache zur
Fortsetzung des Verfahrens an die BVE zurückgewiesen.
Mit Entscheid vom 29. September 2008 heisst die BVE nun die
Baubeschwerde gut, da unter Anwendung von Artikel 75 des kantonalen
Baugesetzes nicht die gesamte Parzellengrösse mit bereits
bestehenden
Bauten, sondern nur das effektiv für eine Überbauung zur
Verfügung
stehende Areal als Berechnungsgrundlage für die zulässige
Nutzung
gelte, womit das städtische Bauvorhaben das Mass der Nutzung
überschreite. Damit wird dem Projekt der Bauabschlag erteilt.
Die Stadt Bern nimmt diesen Entscheid mit Bedauern und
Unverständnis
zur Kenntnis und prüft das weitere Vorgehen in dieser Sache. Die
Frist
für eine allfällige Beschwerde der Stadt beim
Verwaltungsgericht läuft
bis und mit 30. Oktober 2008.
Direktion für Finanzen, Personal und Informatik
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SCHNÜFFELSTAAT
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WoZ 2.10.08
KOMMENTAR- Die vereinigten Geheimdienste: ein Déjà-vu.
Rückfall in den Kalten Krieg
Heiner Busch
In der Sommersession hatte der Ständerat einstimmig das
Bundesgesetz
über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen
Nachrichtendienstes
gebilligt, letzte Woche ist ihm der Nationalrat ohne viel Federlesen
gefolgt. Damit ist nun gesetzlich vorgeschrieben, dass es in der
Schweiz nur ein Geheimdienstministerium geben soll. Bereits im Mai
hatte der Bundesrat sich festgelegt und dem Militärdepartement
(VBS)
diese Rolle übertragen. Der Dienst für Analyse und
Prävention (DAP),
die bisher zum Bundesamt für Polizei und damit zum Justiz- und
Polizeidepartement gehörende Staatsschutzzentrale, wird also auf
Anfang
nächsten Jahres zügeln und seine gewohnte
Spitzeltätigkeit unter dem
Dach des VBS fortsetzen. Dort ist traditionell auch der
Auslandsgeheimdienst angesiedelt, der sich heute Strategischer
Nachrichtendienst (SND) nennt. Die weitere Ausgestaltung per Verordnung
überlässt das Parlament dem Bundesrat: Er soll über die
Organisation
der Dienststellen des zivilen Nachrichtendienstes entscheiden. Und er
soll deren Kooperation mit den Nachrichtendiensten der Armee und der
Luftwaffe regeln, die ebenfalls dem VBS unterstellt sind.
Das Parlament hat damit eine grosse staatsschützerische
Wiedervereinigung beschlossen. Die verschiedenen Teile dieses
geheimdienstlichen Puzzles haben bis zum Fichenskandal Anfang der
neunziger Jahre geradezu formidabel zusammengearbeitet. Der Chef der
Bundespolizei Vorläuferin des DAP - war bis dahin
gleichzeitig Chef
der Abwehr. Und die war wiederum Teil der Untergruppe
Nachrichtendienst und Abwehr (UNA) des Armee-Generalstabs. Man
führte
Fichen über dieselben Personen, die man im Notstandsfall gemeinsam
kaltgestellt und teilweise einfach interniert hätte. Man folgte
innen-
und aussenpolitisch denselben Feindbildern des Kalten Krieges. Erst die
Parlamentarische Untersuchungskommission über das
Militärdepartement
1990 brachte eine Trennung zwischen dem Inlandsgeheimdienst und dem
militärischen Auslandsgeheimdienst zustande. Es brauchte
weitere neun
Jahre und einen zusätzlichen Skandal (um den betrügerischen
Buchhalter
Dino Bellasi), bis der Bundesrat den Nachrichtendienst der Armee
vom
zivilen SND trennte.
Der Entwurf zum Gesetz, das die verschiedenen Schlapphüte unter
einem
Dach zusammenfasst, stammt absurderweise aus der
Geschäftsprüfungsdelegation, jener aus je drei
Stände- und
NationalrätInnen zusammengesetzten Kommission, deren eigentliche
Aufgabe es ist, die Geheimdienste zu kontrollieren. Dass das Parlament
ihnen folgte, zeugt nicht nur von Geschichtsblindheit, sondern belegt,
dass die VolksvertreterInnen nicht kapiert haben, dass Gewaltenteilung
und Transparenz die Voraussetzungen jeder ernst zu nehmenden
Kontrolltätigkeit sind. Zu dieser (liberalen) Einsicht hat es
nicht
einmal bei der Mehrheit der Ratslinken gereicht: 33
NationalrätInnen
der SP und zwei der Grünen stimmten diesem Gesetz zu, sechs
SozialdemokratInnen und elf Grüne enthielten sich. Nur eine
Sozialdemokratin und acht Grüne sagten Nein.
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SECURITAS
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WoZ 2.10.08
Nestlégate
Dritte Spionin?
Wie "Le Matin Dimanche" enthüllte, gibt es Grund zur Annahme, dass
Securitas eine zweite Spitzelin auf die globalisierungskritische Gruppe
Attac angesetzt haben könnte. Eine junge Frau hat sich im Januar
2005
in der gleichen Arbeitsgruppe engagiert, für die sich die Spionin
Sara
Meylan in den Jahren 2003 und 2004 interessiert hatte. Die Frau ist bis
vor wenigen Tagen in dieser Gruppe aktiv gewesen. Wie heute bekannt
ist, hat sie während dieser Zeit für Securitas gearbeitet.
Was dort ihr
genauer Auftrag war, ist nicht bekannt. Laut Attac-Rechtsanwalt
Jean-Michel Dolivo besteht der Verdacht, dass sie Informationen,
Mailinglisten und Gesprächsprotokolle von Attac an ihren
Arbeitgeber
weitergegeben haben könnte. Dolivo hat auch Hinweise dafür,
dass der
Überwachungsvertrag zwischen Nestlé und Securitas über
das Jahr 2005
hinaus gültig gewesen ist. Securitas dagegen streitet ab, nach
2005
noch Infiltrierungen durchgeführt zu haben.
Falls die junge Frau tatsächlich Attac bespitzelt hat, wäre
sie bereits
die dritte enttarnte Spionin im Dienste von Securitas. Die zweite war
die als Shanti Muller bekannt gewordene Spionin bei der Lausanner
Antirepressionsgruppe GAR. hb
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BIG BROTHER SPORT
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WoZ 2.10.08
Sport
"Sicherheit im Sport"-Und schon wieder ein missglückter
Repressionskatalog gegen Fussball- und Eishockeyfans - die Spirale
dreht sich weiter. Und Obacht! Die Feldversuche in Sportstadien
könnten
bald auch andere treffen.
Schön brav lächeln und winken
Von Carlos Hanimann
Die SicherheitsfanatikerInnen in diesem Land lassen nicht locker.
Kürzlich machte der "Tages-Anzeiger" ein neues Konzept für
mehr
"Sicherheit im Sport" publik, das verschärfte Massnahmen gegen
Fussball- und Eishockeyfans vorsieht. So sollen diese auf ihren
Anreisewegen gefilmt und bei den Stadioneingängen mit Fotos in
einer
biometrischen Datenbank erfasst werden. Vorgelagerte Kontrollen -
zum
Beispiel vor der Abfahrt der Extrazüge - sollen verhindern, dass
Fans
pyrotechnische Gegenstände ins Stadion schmuggeln oder
übermässig
Alkohol konsumieren. AnhängerInnen, die in vorauseilendem Gehorsam
die
repressiven Massnahmen akzeptieren ("Selbst-Deanonymisierung") sollen
belohnt werden. Dass bei vielen Punkten im Konzept das Wort Datenschutz
(mit Fragezeichen) in Klammern steht, lässt an der Seriosität
des
Projekts, das vom angeschossenen VBS-Chef Samuel Schmid in Auftrag
gegeben wurde, zweifeln. Das Projekt ist die Fortsetzung einer langen
Reihe von Repressionsmassnahmen, die bei Sportanlässen Alltag
geworden
sind.
"Schnellgerichte!"
Was bisher geschah: Im Hinblick auf die Fussball-Europameisterschaft
2008 und die Eishockey-Weltmeisterschaft 2009 in der Schweiz
verabschiedet der Bund das sogenannte Hooligangesetz, mit dem
mutmassliche Hooligans präventiv verhaftet und ihre Daten in einer
zentralen Datenbank gespeichert werden können. 2006 verlangt der
Schweizer Fussballverband für Gästefans einen obligatorischen
Fanpass
(mit Foto und Personalien) - nach Protesten und Boykottaktionen muss
der Verband das Projekt zurückziehen. 2007 will die
Sicherheitskommission der Swiss Football League (SFL) ein
Bewilligungsformular einführen, mit dem Choreografien in Stadien
vorgängig angemeldet werden müssen - das Vorhaben erweist
sich als
Rohrkrepierer. Im Frühjahr 2008, kurz vor der EM, brüllen
dieselben
Leute, die schon lautstark die Hooligandatenbank gefordert haben:
"Schnellgerichte!" Nur so könnten Ausschreitungen künftig
verhindert
werden.
Und nun, im Herbst 2008, nach einer ruhigen Europameisterschaft also
ein neues Projekt zur "Sicherheit im Sport", das faktisch die totale
Überwachung und Fichierung von Eishockey- und
FussballzuschauerInnen
fordert. Obwohl das Konzeptpapier ungewollt verfrüht an die
Öffentlichkeit kam und Proteste auslöste, will der oberste
Antreiber
des Projekts nicht vom Plan abrücken. "Das Projekt ist keineswegs
gefährdet", sagt Beat Hensler, Präsident der Konferenz der
kantonalen
Polizeikommandanten und "Oberleiter" des Projekts. Es müssten
noch
einige Abklärungen gemacht werden, der offizielle Projektstart
(nach
Konzept am 4. Oktober beim Spiel FC Luzern gegen FC Zürich) sei
aber
schon vor der Medienpanne obsolet geworden. Man habe den Zeitplan nicht
einhalten können. Mehr will Hensler nicht sagen.
Video manipuliert?
Wer ist dieser Beat Hensler, der so verbissen an seinem Repressionsbaby
festhält? Der Innerschweizer wurde 2002 Kommandant der Luzerner
Kantonspolizei, nachdem sein Vorgänger Jörg Stocker nach
internen
Unstimmigkeiten zurückgetreten war. Jurist Hensler war damals
Sekretär
im kantonalen Justizdepartement und wurde relativ überraschend zum
obersten Luzerner Polizisten ernannt. Sein Vorgänger Stocker ist
nach
einem Abstecher bei der Bahnpolizei heute Verwaltungsratspräsident
von
Crime Investigation Services, einer Abteilung der Securitas, die in den
Spitzelskandal um Attac/Nestlé verwickelt ist. Er ist neben
Hensler
Leiter des Projekts "Sicherheit im Sport".
Auch Henslers Weste ist nicht unbefleckt: Im Dezember 2007 war
mitverantwortlich für die präventive Verhaftung von 245
Personen, als
diese an einer Demonstration für Freiraum in Luzern teilnehmen
wollten.
Ausserdem läuft derzeit eine Untersuchung gegen ihn als Chef der
Luzerner Sondereinheit Luchs, weil Videomaterial von einer
missglückten Verhaftungsaktion manipuliert worden sein soll, um
das
gewalttätige Vorgehen der Polizisten zu decken. Hensler musste vor
einer Aufsichtskommission Auskunft geben, die von Damian Meier geleitet
wurde - der seit diesem Sommer gemeinsam mit Hensler im
Polizeikonkordat arbeitet. Hensler stützte sich bei seinen
Aussagen zur
Verhaftungsaktion auf Teile der Videoaufnahmen, die jetzt nicht mehr
vorhanden sind. Urs Boller vom Verhöramt Schwyz, der die
Vorfälle
untersucht, will sich noch nicht zum Vorfall äussern, um keine
Vorverurteilung zu provozieren. Der Schweizer Fussballverband sollte
sich aber angesichts dieser Tatsachen fragen: Will man wirklich einem
mutmasslichen Videofälscher die Verantwortung für die
Sicherheit im
Sport mittels Videoüberwachung übergeben?
Es scheint kein Zufall, dass bei der Ausarbeitung des
Sicherheitskonzepts vor allem Bekannte Henslers beteiligt waren, nicht
aber die Sicherheitsverantwortlichen der Schweizer Fussballklubs.
Hensler: "Wenn wir jeden Verein eingeladen hätten, wäre der
runde Tisch
riesig geworden." Für die SBB oder die Securitas (Stocker!) war
jedenfalls ein Stuhl vorhanden. Bei den Fussballvereinen zeigt man sich
ohnehin skeptisch, was die geplanten Massnahmen angeht - so etwa der
Hardliner Peter Landolt, der Präsident der Sicherheitskommission
der
SFL und guter Kenner der Schweizer Hooliganszene.
Die Vereinsverantwortlichen wollen sich aber mit Urteilen
zurückhalten,
bis sie von der Projektleitung im Detail informiert werden - denn das
ist bisher noch nicht geschehen. Mehr als eine Kurzinformation
über das
Projekt habe es noch nicht gegeben. Ein Sicherheitschef, der nicht
namentlich genannt werden will: "Ich kann dazu nicht viel sagen. Mehr
als das, was im ‹Tages-Anzeiger› stand, weiss ich noch gar nicht."
Wahrscheinlich muss er auch nicht viel mehr dazu sagen: Einem Schweizer
Polizeikommandanten rutschte kürzlich in einer vertrauensseligen
Runde
der Satz heraus: "Das Projekt ist bis Ende der Hinrunde gestrichen."
In Zukunft dürfte es sich für alle lohnen, den Blick
vermehrt auf die
Welt des Sports zu richten. Hat sich eine repressive Massnahme im
Sicherheitslabor Sport erst einmal bewährt, dauert es nicht lange,
bis
sie weiter ausgedehnt wird. Dies wurde nach den Anti-SVP-Krawallen in
Bern anhand der Forderungen nach einer Datenbank für
DemonstrantInnen
klar. Sind biometrische Datenbanken im Sport erst einmal
üblich, ist
es nur noch ein kleiner Schritt, bis alle betroffen sind. Deshalb: Beim
nächsten Fussballspiel schön brav in die Kamera winken und
lächeln ...
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NEONAZIS
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WoZ 2.10.08
NPD-Wie wenig muss man über eine rechtsextreme Partei wissen, wenn
man in der "Weltwoche" darüber schreiben will?
Deutsche Demokraten
Von Hans Stutz
Die "NZZ am Sonntag" berichtete am 21. September, sie habe einen
deutschen Arzt bei der IV Zürich mit seiner politischen
Vergangenheit
konfrontiert: Dieser sei zwischen 2005 und 2006 stellvertretender
Kreisvorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD)
in Halle, Sachsen-Anhalt, gewesen. Der Arzt räumte daraufhin -
wenn
auch unter Druck - sofort seinen Arbeitsplatz. Vier Tage später
behauptete "Weltwoche"-Redaktor Alex Baur, die "Hintergründe eines
Rufmordes" liefern zu können. Über unterschwellige
Mutmassungen gegen
seine eigenen GegnerInnen unter den Zürcher StaatsanwältInnen
("die
sich im Fall Nef hinter dem Amtsgeheimnis verschanzen") kam er
allerdings nicht hinaus. So weit, so belanglos.
Auffälliger hingegen sind Baurs Wissenslücken über die
NPD. Er
behauptet: "In ihren Anliegen - Kampf gegen EU, Migration, Wachstum und
Globalisierung" sei die NPD "vergleichbar mit den Schweizer
Demokraten". Die NPD sei eine legale Partei und beziehe Gelder aus
der
deutschen Staatskasse. Doch wegen "latenter Verbindungen zu Neonazis"
stehe sie unter Beobachtung des deutschen Verfassungsschutzes".
Ein Anflug dialektischer Ironie
Aber hallo! Das Verbotsverfahren gegen die NPD ist zwar gescheitert,
und die Partei bekommt tatsächlich - wie alle anderen deutschen
Parteien, die an einer Wahl teilnehmen und ein bestimmtes Quorum
erreichen (in Bayern beispielsweise ein Prozent der
WählerInnenstimmen)
- Staatsgelder, deswegen ist die NPD noch lange nicht mit den Schweizer
Demokraten vergleichbar.
Vielleicht will Baur - in einem Anflug dialektischer Ironie - darauf
verweisen, dass die SD, die Partei der Schweizer Fremdenfeinde,
früher
Nationale Aktion (NA) hiess und, wie das Bundesgericht 1987
bestätigte,
Äusserungen von NA-PolitikerInnen und Publikationen in der
Parteizeitung "erschreckende Ähnlichkeiten zur
nationalsozialistischen
Lehre aufweisen" würden.
Aber Baur will ja auch nur "latente" NPD-Verbindungen zu Neonazis
erkennen. Fakt aber ist: Die NPD hat in den vergangenen Jahren vermehrt
Zulauf von Neonazis aus den "freien Kameradschaften" erhalten und viele
dieser Leute in die Partei integriert. Und Neonazis übten - so
meint
auch der Verfassungsschutzbericht 2008 - "führende Funktionen in
den
Gremien der Partei aus".
Nennt man das "latent"?
Baur bemüht sich, den IV-Arzt Arnulf Möller ("Ich galt als
gefährlich
wegen meines Intellekts") als grossartigen Wissenschaftler
darzustellen. Nur in politischen Angelegenheiten soll der brillante
Mann naiv gehandelt haben. Eine Schutzbehauptung? Sie lässt sich
zwar
nicht widerlegen. Klar ist aber, dass die neonazistischen Tendenzen
innerhalb der NPD auch zur Zeit von Möllers Parteitätigkeit
erkennbar
waren. Der Verfassungsschutzbericht 2005 erwähnt beispielsweise
eine
interne NPD-Schrift, die im September 2005, als Möller in der
Partei
war, an NPD-WahlkandidatInnen und FunktionsträgerInnen - und damit
auch
an Möller - versandt wurde. Darin nennt die NPD als Parteiziel die
"Herstellung der vollen Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches".
Völkerrechtlich bestehe dies fort, nur sei es seit Ende Mai 1945
nicht
mehr souverän und handlungsfähig. Im Klartext: Die NPD
erachtet die BRD
nicht als legitimen Staat - anders als das tausendjährige
NSDAP-Reich.
Nennt man das latente Verbindungen zu Neonazis?
Und was schreibt die "SonntagsZeitung" zum Thema? Sie behauptet am 28.
September, es gebe eine "Rückkehr der Gesinnungsschnüffelei".
Über die
NPD schreibt sie nur, diese sei rechtsextrem, sei legal, sitze in
diversen Parlamenten im Osten und fordere die Wiederherstellung der
Grenzen von 1914. Nichts von Rassismus, nichts von Antisemitismus,
nichts von nazistischen Tendenzen. Nichts.
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TELEBÄRN
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WoZ 2.10.08
Medientagebuch von Nick Lüthi
In guten Zeiten ...
Nick Lüthi
Ein ebenso überraschendes wie seltenes Bild bot sich vor einer
Woche
vor dem Sitz der Berner Tamedia-Tochter Espace Media am Dammweg 9 in
Bern. Die versammelte Belegschaft des Lokalfernsehens Telebärn
überreichte mit wehenden roten Gewerkschaftsfahnen ihrem direkten
Vorgesetzten eine Petition; einen Katalog mit Forderungen zu Lohn,
Arbeitszeit und Anstellungsbedingungen. Seit ein paar Monaten gärt
es
in Wabern, am Sitz des Senders. Das Fass zum Überlaufen gebracht
habe
die enorme Arbeitsbelastung während der Euro 08, sagen
Fernsehleute.
Überraschend wirkt die entschlossene Truppe, weil sich in den
vergangenen Jahren gewerkschaftliche Arbeit in der Medienbranche fast
nur noch auf Feuerwehreinsätze nach Betriebsschliessungen und
Massenentlassungen beschränkte. Offensive Forderungen, wie sie
jetzt
die Berner Medienschaffenden vortragen, hat selten mehr jemand erhoben.
Viele JournalistInnen sehen in Gewerkschaft oder Berufsverband ein
notwendiges Übel, aber eigentlich noch stärker einen alten
Zopf, der
als einzigen Vorteil die Eintragsberechtigung in das Berufsregister mit
sich bringt. Erst wenn die eigene Stelle bedroht oder abgeschafft wird,
sieht man gewerkschaftliche Unterstützung wirklich gern. Dass die
Pressebranche seit Jahren ohne GAV dasteht, stört nicht wirklich
viele.
Daher überrascht es, wenn in dieser lethargischen Umgebung nun
eine
Belegschaft das einfordert, von dem sie glaubt, dass es ihr zusteht.
Die Berner LokalfernsehmacherInnen nagen nicht am Hungertuch. Aber
sie
haben unter dem neuen Konzerndach von Tamedia nun direkte
Vergleichsmöglichkeiten mit den Kollegen von TeleZüri, was
Arbeitsbedingungen und Lohn angeht. Nur zu gut ist bei Telebärn
die
Aussage des früheren Espace-CEO Albert Stäheli in
Erinnerung:
"Gleiches Haus, gleiche Regeln." Von der neuen Eigentümerin
Tamedia
fordern sie nun nicht mehr und nicht weniger als deren Umsetzung - und
zwar der fortschrittlicheren Regeln als Massstab für das gesamte
Unternehmen.
Die Petition kommt zur rechten Zeit: Mit dem neuen Radio- und
Fernsehgesetz gelten strengere Regeln. Sie sind die Gegenleistung
für
die von den Verlegern errungenen Millionensubventionen für ihre
defizitären TV-Projekte. So halten die neuen
Konzessionsbestimmungen
fest, dass Arbeitsbedingungen amtlich auf ihre
"Branchenüblichkeit" zu
überprüfen seien. Diesen schwammigen Begriff mit konkreten
Zahlen zu
füllen, darum bemühen sich nun die Angestellten von
Telebärn. Sie
könnten damit durchaus auf offene Ohren stossen.
Dem Telebärn-Mutterhaus in Zürich geht - berechtigterweise -
der Ruf
des renditegetriebenen Contentproduzenten voran, doch ist Tamedia auch
jenes Unternehmen, das in jüngster Vergangenheit so viele neue
Stellen
für JournalistInnen geschaffen hat wie kein anderes in der
Schweiz: bei
den Regionalausgaben des "Tages-Anzeigers", der Pendlerzeitung "News",
beim Online-Newsnetzwerk; die Einstellung von "Facts" wird zumindest
numerisch problemlos aufgewogen. Auch was Anstellungsbedingungen sowie
Lohn- und Honorarniveau angeht, kann man über Tamedia nicht nur
klagen.
Aus dem Gewinnbeteiligungsprogramm fliessen regelmässig stattliche
Beträge ans Personal; freie Mitarbeiter erhalten bei
"SonntagsZeitung",
"annabelle" und Co. anständige Honorare nach den Ansätzen des
verblichenen Gesamtarbeitsvertrags. Sollte diese Politik zum
unternehmensweiten Massstab werden, darf man sich in Bern freuen.
Espace Media unter ihrem früheren CEO Albert Stäheli
gehörte
diesbezüglich nicht zu den leuchtenden Vorbildern der Branche.
In Sachen Telebärn liegt der Ball nun bei Tamedia-Chef Martin
Kall, der
nach Stähelis Wechsel an die Spitze der NZZ-Gruppe interimistisch
auch
die Berner Geschäfte führt. Zwar hat nicht direkt Kall, aber
ein
Unternehmenssprecher angekündigt, dass man mit den Fernsehleuten
reden
wolle. Ein gutes Zeichen, wenn auch ein schwaches. Doch bisher haben
die Leute von Telebärn getan, was sie in dieser Situation tun
konnten:
Stelle Forderungen in guten Zeiten, damit dir Reserven bleiben in
schlechten. Denn die kommen - siehe Wirtschaftsberichte - bestimmt.
Nick Lüthi ist Chefredaktor des Medienmagazins "klartext".