MEDIENSPIEGEL 4.11.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Reitschule-Initiative: eine Art Vision
- Bahnhof-Reglement: Securitrans vs GSoA
- Rolf Zbinden ficht Kündigung an
- Stop Murder Music: Capleton-Konzert in BS abgesagt
- Basel und die Randständigen

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REITSCHULE
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Nov 08: Beteiligt Euch an der Vorplatz-Präsenz!!!

PROGRAMM:

Mi 05.11.08
19.00 Uhr - SousLePont - Peru-Spezialitäten
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.

Do 06.11.08
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.

Fr 07.11.08
15.30 Uhr - Kino - Queersicht (weitere Vorstellungen um: 18.00 Uhr, 20.30 Uhr und 23.00 Uhr)
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
22.00 Uhr - Frauenraum - Popshop: Frauendisco POPSHOP mit Djane Lonny und DJ StrAngie > women only
22.00 Uhr - Dachstock - Spectrum & Band (Ex-Spacemen 3/UK), Support: Roy & the Devil's Motorcycle (BE), Papiro (BS) > Indie/Psychedelic/Experimental/Rock

Sa 08.11.08
13.30 Uhr - Kino - Queersicht (weitere Vorstellungen um: 15.30 Uhr, 18.00 Uhr und 20.30 Uhr)
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
22.00 Uhr - SousLePont - Thee Irma&Luise (BE), Confused (DE), Jokari (FR) - 60's, Noisy HC-Punk & eh Noise...
23.00 Uhr - Dachstock - Elektrostubete & Dachstock present: Format B (Highgrade/D) & Jens Bond (Highgrade/D), Support: Little Lu (elektrostubete) & Subwalker (elektrostubete). Visuals by VJ?s Mag & Dario > Techno/Elekro/House

So 09.11.08
15.30 Uhr - Kino - Queersicht (weitere Vorstellung um: 18.00 Uhr)


Infos: www.reitschule.ch


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REITSCHULE-INITIATIVE
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Bund 4.11.08

Meinungen

Space Maidens (Episode 4)

Von Bombay bis Bern

Fleurs düstere Zukunftsvision für die neue Nutzung der Reitschule.

Fleur weiss, Bern kämpft ums Label "Metropole", und der Kampf ist hart. Doch wie hoch ist der Preis? Sie ist auf dem Weg in den neusten Entwicklungsschwerpunkt der Stadt, in ein weiteres Freizeit-Einkaufszentrum, ein sogenanntes Urban Entertainment Centre. Wo früher die Reitschule stand, steht heute der Tower of Bern. Wir schreiben das Jahr 2018.

Die von der jungen SVP lancierte Volksinitiative wurde angenommen, die alte Reitschule per 2012 an den Meistbietenden, einen ausländischen Discounter, verkauft. Die denkmalgeschützte Aussenfassade des autonomen Kulturzentrums blieb, den Auflagen gerecht, erhalten, in den Hof baute das Architektenteam Herzog & de Meuron einen 58 Stockwerke hohen Glasturm, Prinzip: Shops in den Himmel gestapelt. Fleur erinnert sich an die euphorische Rede des Stadtpräsidenten beim Spatenstich: "Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, damit wir uns einen Namen machen!" (1. Mose 11,4)

Wanderarbeiter aus Eritrea bauten Tag und Nacht. Der Gemeinderat hielt sich bei der Eröffnung an den Händen und übertrat die Schwelle, dicht gefolgt von Sponsoren und der Bevölkerung. DJ Bobo spielte einen Remix des Berner Marschs.

Fleur überquert an der Hodlerstrasse den Fussgängerstreifen und wirft sich ins urban field. Doch nur der Eisenbahnviadukt erinnert noch an Stadt. Künstliche Palmen und Wasserspiele zieren den ehemaligen Schützenmattparkplatz, der neu Ursi-Andress-Platz heisst. Die Zeitungen berichten von Standortaufwertung durch Stararchitektur. Die Drogensüchtigen haben sich in die engen Gassen der Altstadt zurückgezogen.

Fleur gefällt das Hochhaus. Sie will sofort mit dem Lift in den obersten Stock, in die Bye-Bye-Sushi-Bar, wo man den Zügen nachwinken kann. Am Tor stehen uniformierte Sicherheitsleute und weisen den Weg in die bewachte Erlebniswelt.

Die Shopping-Mall ist vom Typ Alcatraz: 175 versteckte Kameras sind im Gebäude installiert. In der Eingangshalle plätschert ein künstlicher Wasserfall inmitten von Rolltreppen, das Gemurmel der spärlichen Kundschaft hallt durch die Etagen. 3,8 Millionen Besucher werden jährlich erwartet. Im Innern durften die Stararchitekten nicht wirken, der Raum muss maximal für den Verkauf genutzt werden. Es riecht nach Seife. Die Diakonisse stolpert über eine der vielen Topfpflanzen, die dazu dienen, die Schritte der Kunden zu verlangsamen und ihre Blicke an den Schaufenster weiden zu lassen.

Eine übergewichtige Frau in Tweed rollt stolz aus dem Swarowski-Geschäft, einen kristallenen Schwan unter den Arm geklemmt. Ein Mann mit Scheitel streichelt seine eben erworbenen Maserati-Ersatzteile. Beim Foodcourt hängen gelangweilte Jugendliche in Plastikstühlen und messen mit Handys ihren Blutzuckerspiegel. Fleur muss an George Romeros Horrorfilmklassiker "Dawn of Dead" denken, in dem Zombies in ein Einkaufszentrum dringen. Die willenlosen Untoten könnten hier gut untertauchen, denn in der Mall herrscht scheinbare Demokratie: Jeder ist Teil der Warenwelt. Nur kaufen können nicht alle gleich viel.

Die Diakonisse irrt durch den Turm. Raumgymnastik. Entortungseffekt. Plötzlich steht sie vor einem Imax-Kino, das die 3D-Besteigung der Eigernordwand anpreist. "Bloss nicht!", keucht Fleur und flüchtet ins Türkische Bad.

An der Garderobe tauscht sie ihre Tracht gegen ein traditionelles Leinentuch und tappt durch den Dampf. Seelenlose Trancebeats wechseln sich mit lästigem Vogelgezwitscher ab. Fleur glaubt im Dunst die Stadträte Fuchs und Hess beim Peeling mit der Kese (rauer Handschuh aus Ziegenhaar) zu erkennen. Sie setzt sich auf ein Mäuerchen und versucht, sich zu entspannen. Entgegen der Versprechung der Broschüre will ihre Seele nicht baumeln. Fleurs Visionen machen ihr zu schaffen.

Wehmütig denkt sie an die alten Zeiten, an das kleine Kino in der Reitschule, wo sie einst mit anderen Diakonissen "Die 120 Tage von Sodom", einen Film ihres Lieblingsregisseurs Pier Paolo Pasolini, gesehen und hinterher im Restaurant Sous Le Pont einen erschwinglichen Teller Spaghetti verdrückt hatte.

Etwas später begibt sich Fleur auf den Heimweg und singt ein Lied von Bernd Begemann: "Wir werden alle genug zu essen haben und hässliche teure Pullover tragen in einer Fussgängerzone um die ganze Welt von Bali bis Bielefeld." Von Bombay bis Bern.

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BAHNHOF-REGLEMENT
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Bund 4.11.08

Securitrans behinderte Unterschriftensammlung

Stadt Bern Donnerstag Abend, Christoffelunterführung im Berner Bahnhof, kurz nach 19.30 Uhr: Vier Aktivisten der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) sammeln Unterschriften für die Initiative "Gegen neue Kampfflugzeuge". Zwei Mitarbeiter der Securitrans tauchen auf, später auch zwei Polizisten, und es kommt zu einer verbalen Auseinandersetzung. "Wir wurden von der Securitrans zu Unrecht aus dem Bahnhof verwiesen", heisst es in einer Mitteilung der GSoA. Die Securitrans-Mitarbeiter hätten behauptet, die Bahnhofordnung untersage das Sammeln von Unterschriften im gesamten Bahnhof.

Die GSoA-Leute ihrerseits beriefen sich jedoch auf das vom Volk verabschiedete Nutzungsreglement für den städtischen Teil des Bahnhofs, zu dem die Christoffelunterführung gehört. Das städtische Reglement lasse das Sammeln von Unterschriften zu, sofern dieses mobil und ohne feste Infrastruktur erfolge. Für das Sammeln von Unterschriften gälten dieselben Bestimmungen wie im übrigen öffentlichen Raum der Stadt Bern. Demnach sei eine Unterschriftensammlung nur dann bewilligungspflichtig, wenn sie einen "gesteigerten Gemeingebrauch" darstelle, hält die GSoA fest.

Gewerbepolizei verlangt Bericht

Der Protest der GSoA ist nicht ohne politische Brisanz, zumal die Gewährleistung des Unterschriftensammelns einer der Hauptgründe für das Ja von SP und Gewerkschaften zum neuen Bahnhofreglement war. Stadtpräsident Alexander Tschäppät (sp) hat vor der Abstimmung denn auch wiederholt darauf hingewiesen, dass die politischen Grundrechte im Bahnhof nicht eingeschränkt werden sollen.

"Im städtischen Teil des Bahnhofs gelten dieselben Voraussetzungen zur Wahrnehmung der politischen Rechte wie auf der Strasse", sagt Marc Heeb, Leiter der Stadtberner Gewerbepolizei. Eine Unterschriftensammlung sei demnach nur dann bewilligungspflichtig, wenn ein "gesteigerter Gemeingebrauch" vorliege. Von einem solchen sei in der Regel dann die Rede, "wenn drei oder mehr Personen Unterschriften sammeln", sagt Heeb. Er habe die Securitrans darauf hingewiesen und einen Bericht über die genauen Umstände der Auseinandersetzung mit der GSoA verlangt.

Securitrans zeigt sich offen

Bei der Intervention der Securitrans sei wohl der Umstand ausschlaggebend gewesen, dass die GSoA-Leute zu viert Unterschriften gesammelt hätten, sagt Martin Graf, Geschäftsführer der Securitrans. Die Definition des "gesteigerten Gemeingebrauchs" durch eine Gruppe sei aber nicht klar umrissen. Als "Sofortmassnahme" habe er daher eine Anpassung der Instruktion veranlasst, wonach das Sammeln von Unterschriften ohne Stand unabhängig von der Zahl der Sammelnden toleriert werden soll. Entschuldigen werde er sich bei den GSoA-Leuten nicht. Aber er werde sie wissen lassen, dass bei der verbalen Auseinandersetzung das kommunikative Verhalten der Mitarbeiter nicht professionell gewesen sei. "Das Bahnhofreglement ist auch für uns neu. Wir lernen bei der Anwendung dazu", sagt Graf. (bob)

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BZ 4.11.08

Securitrans schickt GSoA weg

Securitrans hat die GSoA am Unterschriftensammeln in der Christoffelunterführung gehindert, obwohl dies dort erlaubt ist.

Die Bahnpolizei Securitrans hat am vergangenen Donnerstagabend vier Aktivisten der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) aus der Christoffelunterführung im Berner Bahnhof weggewiesen, als diese dort Unterschriften sammelten. "Kurz vor halb acht Uhr abends kamen zwei Mitarbeiter von Securitrans", erzählt Rahel Ruch, Sekretärin der GSoA Bern. "Sie beschieden uns, dass es im ganzen Bahnhof verboten sei, Unterschriften zu sammeln." Vergeblich hätten die vier Aktivisten versucht, darauf hinzuweisen, dass die Christoffelunterführung zum städtischen Teil des Bahnhofs gehöre, dass dort das städtische Bahnhofreglement gelte und Unterschriftensammeln also erlaubt sei.

Weil die vier GSoA-Aktivisten auf ihrem Recht beharrten, riefen die beiden Securitrans-Mitarbeiter die Polizei zu Hilfe.

"Liberale Praxis in Bern"

Marc Heeb, Leiter der Berner Gewerbepolizei, sagte gestern, für Einzelpersonen sei Unterschriftensammeln bewilligungsfrei, "solange kein gesteigerter Gemeingebrauch entsteht". Will heissen: Dritte dürfen durch die Unterschriftensammlung nicht beeinträchtigt werden.

In einem Schreiben an Medien, Behörden und Securitrans weist die GSoA darauf hin, dass sie in den letzten drei Jahren ununterbrochen Unterschriften gesammelt habe und die Gewerbepolizei hierfür nie eine Bewilligung verlangt habe. Marc Heeb von der Gewerbepolizei bestätigt dies: "Wir wollen die politischen Rechte nicht einschränken. Die Bewilligungspraxis in der Stadt Bern ist diesbezüglich ziemlich liberal."

Der Securitrans-Geschäftsführer Martin Graf sagte auf Anfrage, die Sicherheitsleute hätten am vergangenen Donnerstag versucht, verhältnismässig zu reagieren. Dies sei wohl nicht ganz gelungen. Graf dazu: "Wir haben mit unseren Mitarbeitern darüber gesprochen, was passiert wäre, wenn sie die Aktivisten nicht weggewiesen hätten. Sie mussten daraufhin eingestehen, dass wohl nichts passiert wäre."

Keine Anzeige

Graf sagt, es liege ihm fern, politische Rechte einzuschränken. Securitrans werde "den Vorfall nützen, um die Umsetzung des Reglements besser in den Griff zu bekommen". Eine Anzeige hätten die GSoA-Aktivisten nicht zu befürchten.
Martin Arn

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20min.ch 4.11.08

Securitrans hindert GSoA-Aktivisten im Bahnhof Bern

Obwohl das neue Bahnhofreglement das Sammeln von Unterschriften im städtischen Teil des Hauptbahnhofs Bern nicht verbietet, wiesen kürzlich Bahn- und Kantonspolizei GSoA-Aktivisten weg. Securitrans bedauert den Vorfall, die Kapo untersucht.

Die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) sammelte am Donnerstagabend im städtischen Teil des Hauptbahnhofs Bern Unterschriften für ihre Initiative gegen neue Kampfflugzeuge, als plötzlich zwei Mitarbeiter der Bahnpolizei Securitrans auftauchten. Das schreibt die GSoA Bern in einer Mitteilung vom Montag.

Die GSoA-Aktivisten hätten sich aber mit Verweis auf das neue Bahnhofreglement nicht wegweisen lassen, worauf die Securitrans die Kantonspolizei gerufen habe. Die zwei Polizisten hätten dann erklärt, die Securitrans sei für die Einhaltung der Hausregeln im Bahnhof zuständig und folglich wüssten die Mitarbeiter sicher, was sie täten.

Die Polizei nahm in der Folge die Personalien der GSoA- Aktivisten auf.

Fingerspitzengefühl hat gefehlt

Nachträglich müsse man sagen, dass die zwei Mitarbeiter der Bahnpolizei wohl nicht mit dem nötigen Fingerspitzengefühl vorgegangen seien, sagte am Montag Martin Graf, Geschäftsleiter der Securitrans AG, auf Anfrage. Es sei richtig, dass im städtischen Teil des Bahnhofs das Unterschriftensammeln erlaubt sei.

Die beiden Securitrans-Mitarbeiter seien sich durchaus bewusst gewesen, dass es um eine Unterschriftensammlung gehe. Sie seien gegen die GSoA-Aktivisten vorgegangen, weil diese als Gruppe aufgetreten seien und sich so Behinderungen für die Passanten ergeben hätten. Das will das Bahnhofreglement verhindern.

Die Kantonspolizei spricht in einer Mitteilung zum Vorfall am Montag von vier Personen, die Unterschriften gesammelt hätten.

Nach Rücksprache mit der Stadt Bern würden nun die Securitrans- Mitarbeiter angewiesen, Unterschriftensammlungen im städtischen Teil des Bahnhofs zu tolerieren, sofern dafür kein Mobiliar wie etwa ein Stand benutzt wird. Im gesamten Bahnhof Bern setzt die Securitrans laut Graf insgesamt 34 Personen ein.

Polizei: "nachvollziehbar"

Die Kantonspolizei Bern schreibt in der Mitteilung vom Montag, die rechtliche Beurteilung des Vorfalls durch die GSoA sei "grundsätzlich nachvollziehbar". Es seien aber noch Abklärungen im Gang. Wenn sich zeige, dass bezüglich rechtlicher Lage bei Mitarbeitenden Unsicherheiten bestünden, würden diese behoben.

Das Reglement für den städtischen Teil des Hauptbahnhofs Bern wurde von den Stimmberechtigten der Stadt Bern im Juni angenommen. Umstritten war es vor allem wegen des darin enthaltenen Bettelverbots.


Quelle: SDA/ATS

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police.be.ch 3.11.08

Medienmitteilung vom 3. November 2008

Stadt Bern

Stellungnahme der Kantonspolizei Bern zur Medienmitteilung der GSOA

pkb. Am Donnerstagabend, 30. Oktober 2008, sammelten vier Mitarbeitende der GSOA nach ihren Angaben in der Christoffelunterführung im städtischen Teil des Berner Hauptbahnhofs Unterschriften. Nachdem die GSOA-Mitglieder von der Securitrans auf das vermeintlich falsche Verhalten aufmerksam gemacht worden waren, nahm die Kantonspolizei Bern deren Personalien auf. Die GSOA-Mitarbeitenden wurden anschliessend aufgefordert, die Unterführung zu verlassen.

Mit einer Medienmitteilung gelangt nun die GSOA an die Öffentlichkeit und kritisiert das Vorgehen der Securitrans und der Kantonspolizei Bern.

Zu den Vorwürfen nimmt die Kantonspolizei Bern wie folgt Stellung:

Die rechtliche Beurteilung in der Medienmitteilung der GSOA ist für die Kantonspolizei grundsätzlich nachvollziehbar. Was die konkrete Situation betrifft, sind noch Abklärungen nötig. Sollte sich aber zeigen, dass bei den Mitarbeitenden der Kantonspolizei diesbezüglich eine Unsicherheit besteht, würde sie umgehend korrigiert.

(fm)

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gosa.ch 3.11.08

Securitrans verhindert Unterschriftensammeln

Medienmitteilung der GSoA vom 3.11.2008

Securitrans verhindert Unterschriftensammeln im städtischen Teil des Berner Bahnhofs

Am Donnerstagabend, 30. Oktober 2008 sammelten AktivistInnen der GSoA-Regionalgruppe Bern Unterschriften für die Initiative "Gegen neue Kampfflugzeuge" im städtischen Teil des Berner Bahnhofs. Gegen 19:30 Uhr erschienen zwei Mitarbeiter der Securitrans AG, welche mit der Durchsetzung des neuen Bahnhofreglements beauftragt ist, und verwiesen die AktivistInnen der GSoA unter Beizug zweier Beamten von Police Bern aus dem städtischen Teil des Berner Bahnhofs. Begründung: Das Sammeln von Unterschriften sei im Berner Bahnhof generell nicht erlaubt. Die Securitrans-Mitarbeiter drohten gar damit, dass die AktivistInnen verzeigt würden. Das widerspricht klar den Bestimmungen des "Reglements betreffend die Benützung des städtischen Teils des Bahnhofs Bern" (kurz: Bahnhofreglement), welches seit dem 1. Oktober 2008 in Kraft ist.

Die GSoA hat heute die Berner Behörden und die Securitrans mit einem Brief über den Vorfall informiert. Sie verlangt darin von den Behörden und der Securitrans, dass die Bestimmungen des Berner Bahnhofreglements durch die Securitrans künftig korrekt angewendet werden, so dass mobile Unterschriftensammlungen nicht mehr behindert resp. verunmöglicht werden.

Für GSoA ist das Vorgehen von Securitrans und Police Bern unhaltbar.

1. Während der Beratung des neuen Bahnhofreglements im Berner Stadtrat und im Vorfeld der Abstimmung wurde von den BehördenvertreterInnen immer wieder versichert, dass das Sammeln von Unterschriften auch nach Annahme des Bahnhofreglements weiterhin bewilligungsfrei möglich sei. Vgl. dazu exemplarisch die Aussage von Stadtpräsident Alexander Tschäppät in der Berner Zeitung vom 29. April 2008.

2. Die GSoA-Regionalgruppe Bern sammelt nun seit bald 3 Jahren ununterbrochen zweimal wöchentlich mobil Unterschriften im öffentlichen Raum der Stadt Bern. Nie in diesen drei Jahren verlangte die (Gewerbe-)Polizei für unsere Unterschriftensammlung eine Bewilligung. Dasselbe muss auch im städtischen Teil des Berner Bahnhofs gelten.

3. Die Mitarbeitenden der Securitrans AG sind über die rechtliche Situation im Berner Bahnhof ungenügend ausgebildet. Die Securitrans-Mitarbeitenden versicherten, sie seien von ihren Vorgesetzten dahingehend instruiert worden, dass auch im städtischen Teil des Bahnhofs die private Bahnhofordnung der RailCity gelte. Das ist schlicht und einfach falsch (vgl. dazu die Ausführungen im angehängten Factsshet)

4. Die GSoA ist erstaunt darüber, dass auch die Beamten von Police Bern die im städtischen Teil des Bahnhofs gültigen Regeln offenbar nicht kennen.

File : Factssheet.pdf (170 KB) [Datei herunterladen]
http://gsoa.ch/phpcms/linkbase/file.php?id=798&index=0&dl=true

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ZBINDEN-BASHING
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Bund 4.11.08

Zbinden ficht Kündigung an

Stadt Bern Stadtrat Rolf Zbinden (pda) hat gestern die Kündigung seines 20-Prozent-Pensums an der Gewerblich-industriellen Berufsschule (GIBB) erhalten. GIBB-Direktor Herbert Binggeli hatte diese nach der Verurteilung Zbindens durch das Strafeinzelgericht angekündigt. "Ich werde auf jeden Fall Rekurs einlegen", sagt Zbinden. Er unterrichtet an der GIBB Allgemeinbildung.

Zbinden ist letzte Woche wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte sowie Nötigung und Landfriedensbruch zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 190 Franken und einer Busse von 1900 Franken verurteilt worden. Das Gericht hielt es für erwiesen, dass der Lehrer im März 2007 einen Polizisten geschlagen hatte und am 6. Oktober desselben Jahres an der Blockade gegen den SVP-Umzug beteiligt war. Sein Anwalt Willi Egloff kündigte noch im Gerichtshof Appellation an ("Bund" vom 29. Oktober).

Egloff wird Zbinden auch bei der Kündigung beistehen. "Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig", begründete der Anwalt. Zudem habe die Kündigung keinen Zusammenhang mit der beruflichen Qualifikation Zbindens, der "nicht erst seit gestern Lehrer ist", sagte Egloff. Direktor Binggeli begründete die Kündigung unter anderem damit, dass die Vorfälle rund um mehrere gewalttätige Demonstrationen, an denen Zbinden teilnahm, nicht mehr mit seiner Anstellung als Lehrkraft zu vereinbaren seien. Zbinden sei bereits nach Bekanntwerden seiner Teilnahme an der Anti-SVP-Kundgebung vom 6. Oktober 2007 von der Schule verwarnt worden. (bob)

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STOP MURDER MUSIC
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bazonline.ch 4.11.08

Capleton-Konzert abgesagt

Der umstrittene jamaikanische Reggae-Sänger Capleton wird am Donnerstag nicht in der Kaserne Basel auftreten: Das Konzert wurde abgesagt wegen homophoben Äusserungen von Capleton in einem "Youtube"-Video.

Das Video lege nahe, dass Capleton im Dezemeber 2007 in Jamaica erneut homophobe Aussagen gemacht habe, teilte die Kaserne Basel am Dienstag mit. Damit habe Capleton gegen den "Reggae Compassionate Act" verstossen. Mit dessen Unterzeichnung hat sich der umstrittene Musiker zum Verzicht auf homophobe, rassistische und sexistische Äusserungen verpflichtet.

Auf das Video aufmerksam gemacht wurden die Verantwortlichen der Kaserne Basel von der Organisation "Stop Murder Music" und den "Homosexuellen Arbeitsgruppen Basel" (habs). Diese wehren sich seit längerem gegen das Konzert.

Kaserne war sensibilisiert

Die Kasernen-Leitung war sich nach eigenen Angaben von Anfang an der Problematik des Capleton-Auftritts bewusst. Die Buchung sei indes erst nach umfassenden Recherchen vorgenommen worden. Wichtige internationale Homosexuellenorganisationen hätten offiziell bestätigt, dass Capleton seine umstrittenen Texte seit Jahren nicht mehr vorgetragen habe.

Neben dem Konzert vom Donnerstag hat die Kaserne Basel auch eine für Freitag geplante Podiumsdiskussion abgesagt. An dieser wäre es im Zusammenhanmg mit Capleton um Gewalt, Drogen und Sexismus in der Popmusik gegangen. (jg/sda)

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Beweise gegen Capleton (Verletzung des RCA am 25.12.07)
http://www.bermuda.ch/reitschule/stopmurdermusic/Texte/CapletonbreaksRCA-Video.pdf

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habs.ch 4.11.08

Pressemitteilung, Basel, 04.11.2008
- Capleton hat den Reggae Compassionate Act gebrochen
- Aufruf an die Fangemeinde

Kaserne hält Wort
Capleton tritt nicht in Basel auf


Basel, 4.11.08

Am gestrigen Podium der habs kam von der musikalischen Leiterin der Kaserne, Laurence Desarzens, das klare Statement, dass das für den 6.11. in Basel geplante Konzert mit Capleton dann abgesagt wird, wenn sich bestätigt, dass der jamaikanische Reggae-Star im Dezember 2007 schwulenfeindliche Parolen an sein Publikum richtete.

Im Mai 2007 unterzeichnete Capleton den Reggae Compassionate Act (RCA), mit dem er sich verpflichtete, von solchen homophoben Parolen Abstand zu nehmen. Stopmurdermusic in Bern machte am letzten Wochenende auf Filmdokumente aufmerksam, aus denen hervorgeht, dass Capleton am 25.12.2007 den RCA gebrochen hat. Hinsichtlich Zeitpunkt und Inhalt der Aufnahme hat sich die Wortbrüchigkeit Capletons ergeben. Die Aussagen wurden in Jamaika von Patois-Sprachkundigen überprüft.

Da bei der Auswahl des Künstlers für die Kaserne wesentlich war, ob er sich von seinen über Jahre hinweg verbreiteten Schwulenhass-Parolen distanzierte, war die jetzige Absage der folgerichtige Schritt.

Die habs hat bereits seit Kenntnisnahme des geplanten Auftritts betont, dass allein die Unterschrift unter den RCA nicht ausreichend ist. Vielmehr gehört der RCA mit Leben gefüllt. Denn dem, was Schwulenhass-Sänger durch jahrelanges Auftreten an Verantwortung übernommen haben, ist mit blossem Schweigen oder Nicht-Aussprechen von homophoben Ansichten nicht genüge getan. Darum formulierte die habs gegenüber der Kaserne wie in einem offenen Brief an Capleton, was ihrer Ansicht nach Bedingung für ein Auftreten ist: ein öffentliches Entschuldigen und Zurücknehmen der schwulenfeindlichen Positionen und ein Bekennen, das auch Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle das Recht auf körperliche und psychische Unversehrtheit und Integrität haben. Ein solches Bekenntnis ist von jedem Menschen zu erwarten und dabei Voraussetzung für jeglichen Dialog.

Mit der Absage durch die Kaserne wird dem Reggae Compassionate Act ein wesentlicher Nachdruck verliehen, indem an Capleton ein klares Zeichen gesetzt wird, dass schwulenfeindliche Äusserungen nicht hinzunehmen sind.

Dabei ist speziell der Kontext von Schwulenrechtlern in Jamaika zu sehen: sie können sich solange nicht wirksam für ihre Rechte einsetzen, wie sie davon ausgehen müssen, gejagt und umgebracht zu werden. Solange aber in Jamaika immer wieder Homophobie schürende Signale von Reggae-Idolen an ihr Publikum gerichtet werden, solange wird sich dort auch die Situation von Aktivisten, die sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzen, nicht verbessern können.

Appell an die Fangemeinde

An die Fangemeinde, die über die Absage verständlicherweise enttäuscht sein wird, richtet die habs den Appell, sich per E-mail direkt an Capleton zu wenden. "Sagt ihm, dass ihr Euch auf das Konzert gefreut habt, sagt ihm, dass ihr es nicht versteht, warum er erneut zum Schwulenhass aufgerufen hat und macht ihm klar, dass homophobe Parolen für die Musik, die ihr hören wollt, nicht erforderlich sind!", so die habs. Die Fangemeinde hat diesbezüglich wohl ein viel gewichtigeres Wort, als es eine Homosexuellenorganisation gegenüber einem Sänger wie Capleton haben kann. "Gebt eurem Wort eine Stimme, indem ihr es an Capleton richtet", fordert die habs von der Fangemeinde, die hierzulande zum allergrössten Teil nicht homophob ist.


offener Brief an Capleton:
http://www.habs.ch/aktuell.html#open-letter_capleton



Axel Schubert
Sprecher habs

Presseanfragen an:
info@habs.ch
habs, Postfach 1519
CH 4001 Basel
www.habs.ch

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kaserne-basel.ch 4.11.08

ABGESAGt!!! CAPLETON

Das Capleton-Konzert an der Kaserne ist ABGESAGT!

Medienmitteilung der Kaserne Basel

Die Kaserne Basel sagt das für diesen Donnerstag geplante Konzert des Reggae-Sängers Capleton sowie die darauf folgende Podiumsdiskussion am Freitag ab.

Die Kaserne war sich von Anfang an der Problematik eines Auftrittes des Künstlers, dem Homophobie vorgeworfen wird, bewusst. Vor dem Booking haben die Programmverantwortlichen umfassende Recherchen durchgeführt. Capleton hat sich mit dem Unterschreiben des Reggae Compassionate Act's verpflichtet, keine homophoben, rassistischen oder sexistischen Aussagen zu machen. Wichtige internationale Homosexuellenorganisationen haben offiziell bestätigt, dass Capleton seine umstrittenen Texte seit Jahren nicht mehr vorgetragen hat. In der Folge wurde der Künstler von diversen europäischen Veranstaltern gebucht, zuletzt in Amsterdam und am Freitag in Lausanne.

Aufgrund dieser Informationen hat die Kaserne beschlossen, den Reggae-Sänger zu buchen und das Konzert als Chance für eine breit angelegte Diskussion über Popkultur und Political Correctness zu nutzen. In der Folgezeit führte die Kaserne Diskussionen mit der HABS, Stop Murder Music und GayBasel.ch und setzte sich mit deren divergierenden Positionen auseinander.

Letztes Wochenende haben nun Stop Murder Music und HABS ein YouTube-Video an die Kaserne herangetragen, das nahe legt, dass Capleton im Dezember 2007 in Jamaica erneut homophobe Aussagen gemacht habe und sich somit nicht an den Reggae Compassionate Act halte. Aufgrund dieser neuen Situation hat sich die Kaserne nun entschieden, den Künstler nicht auftreten zu lassen. Grundsätzlich aber sehen die Programmverantwortlichen die Kaserne als Ort der Auseinandersetzung über gesellschaftliche und kulturelle Themen und sind der Überzeugung, dass das Stattfinden des Konzertes, eingebettet in eine offene und engagierte Diskussion, fruchtbarer wäre als eine Absage.

Die Kaserne wird am Donnerstag an Stelle des Konzertes ab 21 Uhr eine Reggae-Party mit On Fire Sound veranstalten. Bei Roxy Records gekaufte Tickets werden vom Betriebsbüro der Kaserne Basel (Tel 061 66 66 000), bei Starticket gekaufte Tickets von den Vorverkaufsstellen zurückerstattet. Bei weiteren Fragen wenden sie sich an Starticket 0900 325 325.

Weitere Auskünfte:

Laurence Desarzens, Musikverantwortliche  Kaserne
Thomas Keller, Geschäftsführer Kaserne

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bazonline.ch 3.11.08

Podium: "Schwulenhetze, Homophobie und öffentliche Verantwortung"

Von Joël Gernet

Am Donnerstag tritt der umstrittene Reggae-Sänger Capleton in der Kaserne auf. Dagegen kämpft die "habs" (homosexuelle Arbeitsgruppen Basel) seit Wochen. Grund des Protests sind homophobe Äusserungen Capletons. Heute Abend treffen die "habs" und die Kasernen-Leitung an einer Podiumsdiskussion aufeinander.

Seit Wochen liefern sich die "habs" und die Kasernen-Leitung einen öffentlichen Briefwechsel zum bevorstehenden Capleton-Konzert. Für die "habs" ist es indiskutabel, dass ein Sänger in Basel auftritt, der wesentlich zur homophoben Grundstimmung in Jamaika beigetragen habe. Die Kasernen-Leitung verweist diesbezüglich auf den "Reggae Compassionate Act" (RCA), welcher von Capleton unterschrieben wurde. Darin bekennt er sich dazu, keine homophoben Aussagen mehr anzustimmen.

Dies geht Axel Schubert, Sprecher der "habs", jedoch zu wenig weit. Capleton habe den RCA nur auf Druck von Aussen hin unterschrieben - etwa wegen eines befürchteten Konzertboykotts. Ausserdem habe er sein Versprechen gebrochen, als er im Dezember 2007 erneut dazu aufrief, dass Schwule sterben sollen.

Gegenveranstaltung zum Kasernen-Podium

Am Freitag, 7. November, veranstaltet die Kaserne eine Podiumsdiskussion zum Thema "Grenzen in der Popmusik" - einen Tag nach dem Capleton-Konzert. Die "habs" kritisiert den Zeitpunkt des "legitimatorischen" Podiums. Anstatt am Kasernen-Podium teilzunehmen, reagiert die "habs" mit einer Gegenveranstaltung. Diese findet heute Abend unter dem Titel "Schwulenhetze, Homophobie und öffentliche Verantwortung" im Unternehmen Mitte statt. Dabei treffen zwei der Hauptakteure der Capleton-Diskussion, Axel Schubert (habs) und Laurence Desarzens (Kasernen-Musikchefin), erstmals öffentlich aufeinander. Bedauerlich ist, dass anscheinend kein Vertreter der Reggae-Szene an der Diskussion teilnehmen wird (siehe Box links).

Offener Brief an Capleton: Entschuldigung oder Konzert-Absage

Mit einem offenen Brief hat sich die "habs" am Montagmorgen zusätzlich direkt an Capleton gewendet. Sie appelliert an dessen "persönliche und ethische Verantwortung in der Gesellschaft". Diese umfasse etwa den Einsatz für "individuelle Rechte" und "Toleranz" sowie für "jedermanns Recht auf Leben" und "körperliche Unversehrtheit". Als Bedingung für einen Auftritt fordert die "habs" von Capleton, "dass Sie uns zuvor glaubhaft versichern, die Gelegenheit zu nutzen, um sich für Ihre früheren Aussagen gegen Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle öffentlich zu entschuldigen und sie zurück zu nehmen!" Ansonsten beharrt die "habs" auf einer Absage des Konzerts.

Ob Capleton sich auf eine solche Diskussion einlassen wird, ist fraglich. Selbst wenn der Reggae-Sänger seine Meinung über Homosexuelle geändert haben sollte, würde Capleton kaum seinen Ruf in der Reggae-Szene und in Jamaika riskieren. Wünschenswert und interessant wäre eine Stellungnahme seinerseits allemal - und mutig vor allem.

(Baz.ch/Newsnetz)

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Podium: Schwulenhetze, Homophobie und öffentliche Verantwortung

Datum: Mo. 3. November, 19.30h
Ort: Unternehmen Mitte, Basel

Teilnehmende:
Laurence Desarzens, Kaserne Basel (musikalische Leiterin)
Tom Locher, stopmurdermusic, Bern
Marc Flückiger, Justizdepartement BS (Leiter der Abteilung Jugend, Familie und Prävention)
Moël Volken, Pink Cross, Bern (Geschäftsführer)
Michael Koechlin, Erziehungsdepartement BS (Leiter Ressort Kultur)
Axel Schubert, habs (Sprecher)
Moderation: Frank Lorenz (Journalist, Theologe, Kommunikationsexperte)
Eintritt frei

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RANDSTAND BASEL
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Basler Zeitung 4.11.08

Ein Platz für Randständige

Polizei und SBB begrüssen Wärmestube im "Totenhüsli"

Peter Wittwer

Das Baudepartement sperrt sich gegen die Pläne, das "Soup & Chill"-Angebot für Randständige am Bahnhof provisorisch in der Elisabethenanlage unterzubringen. Das stösst nicht nur bei Gassenarbeitern auf Unverständnis.

Der Konflikt um die Zwischennutzung des sogenannten "Totenhüsli" spitzt sich zu (BaZ von gestern). Während Gassenarbeiter auch gestern wieder Suppe und Kaffee vor den Türen des Häuschens in der Elisabethenanlage an Obdachlose und andere Randständige abgaben, kam gestern aus dem Baudepartement das definitive "Njet" für eine sofortige Öffnung des Lokals, in dem nach einem Umbau ein Café untergebracht werden soll.

Alternativstandort. Es brauche "ziemlich sicher" auch für eine provisorische Nutzung eine Baubewilligung, verteidigte Departementssprecher Marc Keller die Weigerung, auf die Forderung des Vereins Schwarzer Peter nach einer kurzfristigen Öffnung des Lokals einzutreten. Im Zuge dieses Verfahrens gelte es sorgfältig zu prüfen, ob der sanierte Park der richtige Ort für eine solche Anlaufstelle ist. Ebenfalls zu prüfen wäre, ob durch eine Verlängerung der Öffnungszeiten für das Obdachlosenheim an der Wallstrasse die Notsituation in diesem Winter überbrückt werden könnte.

Eine solche Lösung wäre für Claudia Adrario de Roche vom Verein Schwarzer Peter prinzipiell denkbar. Sie bezweifelt allerdings, dass diese Alternative kurzfristig realisierbar wäre. Da die Betreiber der Wallstrasse ebenfalls in einem Provisorium leben, glaubt sie nicht, dass eine Verlängerung der Öffnungszeiten über 17 Uhr hinaus in nützlicher Frist möglich ist.

Die Gassenarbeiter werden deshalb ihre Suppenküche bis auf Weiteres zwischen 16 und 21 Uhr open air in der Elisabethenanlage aufschlagen. Sie können dabei auf moralische Unterstützung von SBB und Polizei zählen. Postenchef Otto Keller bestätigte gegenüber der BaZ, dass es seit der Eröffnung des "Soup & Chill"-Angebots kaum mehr zu Konflikten im Bahnhof gekommen sei, und auch RailCity-Leiter Christoph Lütolf wäre froh, wenn diesen Winter wieder eine "allseits befriedigende Winterlösung" gefunden würde.

Zusätzlichen Druck erhofft sich der Schwarze Peter von einem Podiumsgespräch, zu dem auch Regierungsmitglieder am Freitag eingeladen sind. Dabei gehe es vor allem darum, aufzuzeigen, dass die Randständigen sich ohne Wärmestube wieder wie früher unkontrolliert im öffentlichen Raum um den Bahnhof ausbreiten würden. Erste Ansätze dazu sind in der Elisabethenanlage von der Stadtgärtnerei bereits beobachtet worden.

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Kommentar

Unwürdiges "Schwarz-Peter"-Spiel

Peter Wittwer

Sie sind oft mühsam, ungepflegt und stören das Bild von einer properen Kulturstadt im reichsten Land der Welt: Dennoch gibt es sie auch in Basel, die Menschen, die an den Rand der Gesellschaft geraten sind, und ohne Obdach und regelmässigen Verdienst über die Runden zu kommen versuchen. Damit diese Leute im Winter nicht einfach während der Stosszeiten am Bahnhof herumlungern, hat der Verein Schwarzer Peter vor zwei Jahren eine Wärmestube eingerichtet. Seither hat sich die Situation um den Bahnhof nachweislich entspannt. Dass es den Gassenarbeitern trotzdem nicht gelungen ist, einen Ersatz für ihr abgerissenes "Soup & Chill"-Lokal im Gundeli zu finden, ist von daher mehr als stossend. Unverständlich ist, dass die Departemente den Schwarzen Peter im wahrsten Sinne des Wortes so lange hin und her geschoben haben, bis diesem keine andere Lösung blieb, als beim "Totenhüsli" auf Konfrontationskurs zu gehen. Der Verdacht, auch eine rot-grün dominierte Regierung könnte den neuen Wegweisungsparagrafen für "City-Pflege" missbrauchen, wird mit einer solchen Politik jedenfalls sicher nicht entkräftet. peter.wittwer@baz.ch