MEDIENSPIEGEL 5.11.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, tojo, queersicht)
- Schützenmatte: BDP will Parkaus
- Drogenpolitik: Heroinabgabe & offizielle Ansichten
- Stop Murder Music: Capleton-Konzert abgesagt
- Progr: Absage an KünstlerInnen
- Arbeitskampf Lindt & Sprüngli
- Fussball-Repression St. Gallen
- Christiania vs Dänemark
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REITSCHULE
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Nov 08: Beteiligt Euch an der
Vorplatz-Präsenz!!!
PROGRAMM:
Mi 05.11.08
19.00 Uhr - SousLePont - Peru-Spezialitäten
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain
von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
Do 06.11.08
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain
von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
Fr 07.11.08
15.30 Uhr - Kino - Queersicht
(weitere Vorstellungen um: 18.00 Uhr, 20.30 Uhr und 23.00 Uhr)
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain
von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
22.00 Uhr - Frauenraum - Popshop:
Frauendisco POPSHOP mit Djane Lonny und DJ StrAngie > women only
22.00 Uhr - Dachstock - Spectrum
& Band (Ex-Spacemen 3/UK), Support: Roy & the Devil's Motorcycle (BE),
Papiro (BS) >
Indie/Psychedelic/Experimental/Rock
Sa 08.11.08
13.30 Uhr - Kino - Queersicht
(weitere Vorstellungen um: 15.30 Uhr, 18.00 Uhr und 20.30 Uhr)
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain
von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
22.00 Uhr - SousLePont - Thee
Irma&Luise (BE), Confused (DE), Jokari (FR) - 60's, Noisy
HC-Punk & eh Noise...
23.00 Uhr - Dachstock - Elektrostubete & Dachstock present: Format B (Highgrade/D) & Jens Bond
(Highgrade/D), Support: Little Lu (elektrostubete) &
Subwalker (elektrostubete). Visuals by VJ?s Mag & Dario >
Techno/Elekro/House
So 09.11.08
15.30 Uhr - Kino - Queersicht
(weitere Vorstellung um: 18.00 Uhr)
Infos: www.reitschule.ch
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kulturagenda.be
6.11.08
Queersicht-Festival
In den Kinos:
CineABC, Cinématte, Kellerkino, Kino Kunstmuseum und Kino
Reitschule.
www.queersicht.ch
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Format B und Jens Bond aus Berlin im Dachstock
Die gute, warme Stube ist der Inbegriff von heimeliger Idylle. Die
Nächte des Burgdorfer Partylabels Elektrostubete sind alles andere
als
ruhig und friedlich. Vertreten durch DJ's Little Lu & Subwalker
feiern die lokalen Elektro-Missionare ihren zweiten Geburtstag. Dazu
kommt renommierter Besuch aus Berlin: Das Format B-Duo und ihr
Labelpartner Jens Bond.
Visuals von VJ Mag & Dario. Dachstock der Reitschule, Bern. Sa.,
8.11. 23 Uhr
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"Theater ist unser Lieblingsfilm"
Ein beklemmendes Psychogramm zeichnet die Formation poe:son in ihrer
neusten Produktion nach Motiven des Romans "Die Glut" von Sándor
Márai.
"Bullet Rain" ist ein Trip in das Dickicht des Gefühlsdschungels.
Körper, Stimme, Ton und Raum verschmelzen im Tojo Theater zu
vielschichtigen Seelenbildern.
Es gibt Kunstschaffende, die sich schwer damit tun, über ihre
Schöpfungen zu sprechen und sich an Gesprächen mit
Pressevertretern um
Antworten winden. Sarah-Maria Bürgin gehört definitiv nicht
dazu. Die
Theaterregisseurin spricht leidenschaftlich, schnell und viel über
"Bullet Rain", das neuste Projekt ihrer Formation poe:son. Anstoss dazu
gab ihr der Roman "die Glut" des ungarischen Schriftstellers
Sándor
Márai. "Ich habe es gefressen", sagt die Mitdreissigerin. Das
Buch, das
1942 erschien, aber erst 1999 bei seiner Neuauflage zum Bestseller
wurde, erzählt die dramatische Begegnung zweier alter
Jugendfreunde,
die sich nach 41 Jahren wiedersehen und die Wunden der Vergangenheit
aufarbeiten.
Theater wie ein Nick-Cave-Song
Der Wahl-Baslerin Sarah-Maria Bürgin war sofort klar, dass sie die
Geschichte auf die Bühne bringen wollte. "Aber mit Menschen meiner
Generation", ergänzt sie. Sie findet den Stoff, der um das
Verdrängen
von Gefühlen kreist, "sehr heutig". Wenn sie sich umschaue, werde
sie
traurig: "Ich kenne so viele Menschen, die depressiv sind, oder andere,
die wegen zu viel Energie gedämpft werden." Mit poe:son versucht
sie,
das Theater zu machen, das sie selbst so vermisst: "Direkt wie Musik" -
sie greift sich an den Bauch - "Theater, das hier ankommt. Wie Musik
von Nick Cave oder von The Thindersticks." Sie sagt es noch plakativer:
"Theater ist unser Lieblingsfilm."
Trip in den Seelen-Dschungel
"Bullet Rain" ist eine Nahaufnahme von Konrad (Kurt Grünenfelder),
jener Figur, die im Roman "Die Glut" wenig zu Wort kommt. Er ist in den
Regenwald geflüchtet und sucht dort Trost in seiner Musik. Eines
Nachts
wird er von zwei ungebetenen Gästen überrascht: Sein
früherer Freund
Henrik (Kenneth Huber) und dessen Frau Krisztina (Patricia
Noçon)
tauchen auf und konfrontieren ihn mit seiner Vergangenheit. Für
dieses
Beziehungsgeflecht hat das Ensemble "Seelenbilder" geschaffen, wie
Bürgin die Collagen aus Handlung, Text, Raum, Ton und Licht nennt.
Es
sind Variationen der Jagdszene, die im Roman auf zwölf Seiten in
allen
Einzelheiten geschildert wird. "Liebe-Begehren-Tod, immer wieder",
erzählt die Regisseurin. Das Stück beschäftigt sich mit
der
Innenansicht von Konrad, stehen die beiden Besucher doch symbolisch
für
seine inneren Stimmen.
Beklemmender Bühnenraum
Die Bühne von "Bullet Rain" ist abstrakt gehalten: Neonröhren
hinter
gross- en grünen Quadern prägen das düstere Szenenbild.
"Ich habe
Sehnsucht nach dem Puren", kommentiert Bürgin das Bühnenbild.
In dieser
alptraumartigen Kulisse irrlichtern die drei Figuren. Sie suchen sich,
halten sich, schlagen sich, jagen sich. Sie kommen sich zu nahe,
heulen, beissen, schreien, tanzen, schwitzen. Die rhythmische
Inszenierung wird verstärkt durch eine verstörende
Klangkulisse,
Sprachverzerrer und den Akkorden des Liebeslieds, das Konrad am Klavier
komponiert. Die Monologe, Dialoge und Gesprächsfetzen verschmelzen
mit
Tanz, Musik und Gesang. Mit dem Regen, der wie Kugelhagel (auf Englisch
bullet rain) auf die Haut der innerlich glühenden Figuren
prasselt. An
der Generalprobe wirken die drei überzeugenden Schauspieler noch
ein
wenig zurückhaltend. "Sie schonen sich noch vor der Berner
Premiere",
erklärt Bürgin. Wenn an den Vorstellungen Emotion und Form
noch mehr
zusammenwachsen, gelingt der Formation vielleicht das Kunststück,
das
Bürgin vorschwebt: "Theater machen, das einen weghaut." Nadine
Guldimann
Tojo Theater, Bern
Mi., 5.11., bis Sa., 8.11., 20.30 Uhr
www.tojo.ch
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SCHÜTZENMATTE
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Bund 5.11.08
BDP strebt vier Sitze an im Stadtrat
Ambitionierte Wahlziele der BDP Stadt Bern
Die Stadt-BDP will ein Parkhaus auf der Schützenmatte als
Kompensation für einen autofreien Bahnhofplatz.
Die Bürgerlich-Demokratische Partei Bern (BDP) will mit ihren zehn
Kandidierenden für den Stadtrat "ein Zeichen für Anstand und
Respekt"
setzen. "Stil ist nicht bedeutungslose Form, sondern Ausdruck einer
Haltung", sagte gestern Regierungsrat Urs Gasche vor den Medien. Als
Vertreter der Kantonalpartei gratulierte Gasche den in corpore
anwesenden Kandidierenden der Stadtsektion "zu ihrem Mut, kurz nach der
Parteigründung bei Wahlen anzutreten". In seinem Grundsatzreferat
äusserte Gasche zahlreiche verbale Spitzen gegen die SVP, ohne
diese
beim Namen zu nennen. So betreibe die BDP keine "chronische
Oppositionspolitik", dafür eine offene Familienpolitik. "Das
traditionelle Familienbild darf nicht derart glorifiziert werden, dass
für andere Lebensformen kein Platz mehr ist", sagte Gasche.
Parkhaus auf der Schützenmatte
Die zehn Kandidierenden sprachen sich für einen konsequenten
Schuldenabbau, bessere Bedingungen fürs Gewerbe, mehr
Polizeipräsenz,
einen freien Verkehrsfluss auf den Hauptachsen und die Beachtung des
Grundsatzes "Hilfe zur Selbsthilfe" bei der Sozialhilfe aus. Die BDP
Stadt Bern setzt sich nach den Worten von Stadtratskandidat Thomas
Begert aber auch für ökologische Anliegen ein. Begert sprach
sich für
eine bessere Isolation bei Stadtbauten und die baurechtliche
Erleichterung für den Einbau von Fotovoltaik-Anlagen aus. Der
Verkehr
auf lokaler Ebene hingegen sei aus ökologischer Sicht nicht mehr
relevant. "Hier geschieht das Wichtigste auf Bundesebene", sagte Begert
unter Verweis auf die Schwerverkehrsabgabe und die Förderung
ökologischer Fahrzeugkategorien. Ein weiterer Kandidat, Martin
Mäder,
sprach sich für den Bau eines Parkhauses auf der
Schützenmatte aus.
Damit könnte der Verkehr aus dem Neufeldtunnel "aufgefangen" und
das
Gebiet belebt werden. Das Parkhaus würde es auch ermöglichen,
den
Bahnhofplatz autofrei zu gestalten, sagte Mäder.
"Nicht noch mehr zersplittern"
Die BDP will laut Parteipräsident Vinzenz Bartlome bei den
Stadtratswahlen mehr Stimmen holen als jene 2,2 Prozent, die ihr
landesweit attestiert werden. "Wir streben drei oder vier Sitze an",
sagte Stadtratskandidat Kurt Hirsbrunner, der einst für die SVP im
Stadtparlament sass. Bei den Wahlen ins Stadtpräsidium
unterstützt die
BDP die bürgerliche Kandidatin Barbara Hayoz (fdp). Für die
Gemeinderatswahlen hat die Partei Stimmfreigabe beschlossen. "Wir
wollen die Bürgerlichen nicht noch mehr zersplittern oder die
einen
gegen die andern ausspielen", sagte Bartlome. (bob)
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DROGENPOLITIK
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Bund 5.11.08
"So können wir normal leben"
Am 30. November stimmt die Schweiz über die ärztliche
Heroinverschreibung ab: Für Marcus und Carla B. ist das ein
Schicksalsentscheid
Die seit vielen Jahren drogenabhängigen Marcus und Carla B. sagen,
warum die Heroinabgabe im Koda-2 für sie überlebenswichtig
ist. "Seit
wir sauberen Stoff erhalten", sagt er, "können wir ein normales
Leben
führen, sind nicht mehr auf der Gasse. Ich bin Hausmann, meine
Frau
betreut behinderte Kinder."
Die Wege der heute 39-jährigen gebürtigen Portugiesin Carla
und des
46-jährigen Marcus kreuzten sich 1991 in einer Berner
Aussenstation der
umstrittenen Drogenentzugseinrichtung "Le Patriarche". Beide hatten
schon eine lange Drogenkarriere hinter sich; immer und immer wieder
hatten sie vergeblich versucht, den Ausstieg zu schaffen. Und nun
hofften sie, gemeinsam vorwärtszukommen, der Drogensucht zu
entrinnen.
1994 heirateten sie. Doch die Hoffnung, nach der "Le
Patriarche"-Therapie "clean" zu sein, zerschlug sich. Die Sucht war
stärker. Nachdem Marcus in der Einzelzelle des Interlakner
Regionalgefängnisses eine dreimonatige Reststrafe verbüsst
hatte, waren
alle Ausstiegsbemühungen wieder dahin.
"Mit Heroin zuputzen"
Marcus war als 18-Jähriger mit Drogen in Kontakt gekommen: Er war
Lehrling für Lebensmitteltechnologie, als er in seinem
Freundeskreis
"zum Probieren" einmal Kokain konsumierte. Später versuchte er,
"Liebeskummer und andere Probleme mit Heroin zuzuputzen" - und kam
nicht mehr davon los.
So wurde er zwangsläufig zum Dealer - um die horrenden Kosten
für den
Eigengebrauch aufzubringen. "Das war in einer Zeit", wie er sagt, "als
das Gramm noch 600 Franken kostete - bei einem täglichen Bedarf
von
einem bis zweieinhalb Gramm".
17 Monate in Einzelhaft
Zusammen mit seiner damaligen Freundin dealte er auch grosse Mengen. Er
wurde verhaftet, bei "kaltem Entzug" 17 Monate in Untersuchungshaft
gesteckt ("23 Stunden pro Tag in der Einerzelle") und dann zu 43
Monaten Gefängnis verurteilt. Die nächsten Stationen waren
Witzwil,
dann Halbgefangenschaft in Olten - tagsüber Arbeit in einer
Malerei,
nachts Unterkunft im Männerheim. Und prompt wieder Rückfall
in die
Drogen. "Schlimm", sagt er, "war vor allem die Einzelhaft. Ich
verbrachte insgesamt 17 Monate in Einzelzellen von
Regionalgefängnissen. Das haut den Stärksten um. Als ich nach
Witzwil
kam, verliess ich die Zelle während dreier Monate nicht - aus
Angst,
unter Leuten zu sein. Und in dieser Zeit vernahm ich, dass sich meine
damalige Freundin das Leben genommen hatte."
Die 14-jährige Dealerin
Carla war als Kind mit ihrer Familie aus den Kriegswirren Angolas nach
Portugal geflüchtet. Ihr Vater war Alkoholiker, die Eltern
trennten
sich, ihre Mutter musste sie und ihre beiden Schwestern allein
durchbringen. Carla half mit, indem sie schon als 14-jähriges
Mädchen
begann, mit dem Dealen von Cannabis und Heroin Geld zu verdienen.
"Klar", sagt sie heute, "dass dann auch das Konsumieren kam." Mit
verheerenden Folgen. Sie wurde schwer drogenabhängig, stürzte
immer
wieder ab, rappelte sich immer wieder auf - doch von den Drogen kam sie
nicht mehr los. Und verlor deswegen ihre Sekretariatsstelle in der
Verwaltung Lissabons.
"Schliesslich war es nur noch das Heroin, das mir so etwas wie
Selbstvertrauen gab", sagt sie. Doch das war fatal: Sie verschuldete
sich, suchte in einem "Le Patriarche"-Zentrum in Südfrankreich
Hilfe,
blieb dort drei Jahre - und traf später, in Bern, Marcus.
Nach 14 Ehejahren
Hier sind sie, nach vierzehn Ehejahren, noch immer gemeinsam unterwegs
- mit vielen Hochs und Tiefs. Zuerst war es ein unstetes und
"himmeltrauriges" Leben auf der Gasse, mit erneuten Abstürzen und
vergeblichen Ausstiegs- und Therapieversuchen. Marcus hatte als
Epileptiker zunehmend gesundheitliche Probleme, weil die Medikamente
und der unreine Drogenmix der Gasse ("zu 90 Prozent Dreck") zu
Nebenwirkungen führten. Und schmerzlich mussten sie immer wieder
erfahren, dass "eine einzige Dosis Heroin ausreicht, um wieder voll
drin zu sein". Als Rettungsanker blieb schliesslich nur die
kontrollierte Heroinverschreibung im Koda Bern. "Nach sehr strenger
Aufnahmeprüfung", sagt Marcus, ist er seit 2003 dabei, Carla seit
2004.
Inzwischen sind beide vom Koda-1 ins Koda-2 "aufgestiegen", wie sie
nicht ohne Stolz bemerken: ins Angebot für jene Süchtigen,
die neben
dem Heroin keine relevanten Mengen anderer Drogen wie Kokain, Alkohol
oder Medikamente konsumieren und sich gut ins Abgabeprogramm
eingegliedert haben.
"Ein normales Leben führen"
Zweimal pro Tag kommen sie hier vorbei und spritzen sich ihr Heroin:
Marcus noch 550 Milligramm (am Anfang waren es 800), Carla noch 500
Milligramm (gegenüber 700 vor vier Jahren). "Das ermöglicht
uns ein
normales Leben", sagen sie, "wir haben unsere Tagesstruktur." Carla hat
als Betreuerin behinderter Kinder ein regelmässiges Einkommen, der
nun
IV-abhängige Marcus macht sich als Hausmann und auch als
engagiertes
Mitglied seines Fischereivereins nützlich. "Es läuft
tipptopp", sagt
er, "wir haben unsere Finanzen im Griff, unsere Schulden
zurückbezahlt.
Ich habe sogar mit Rauchen aufgehört." Ihr Ziel sei und bleibe
zwar
immer noch die totale Abstinenz, doch nach 27 Drogenjahren, mit
ungezählten vergeblichen Ausstiegsversuchen, gehe das "halt nicht
so
schnell".
Hoffnung nicht aufgegeben
"Wir geben die Hoffnung nicht auf", sagt Carla, "doch im Moment sind
wir schon froh, nicht mehr wie Junkies auszusehen - und nicht
zurück
ins Drogenelend auf der Gasse gedrängt zu werden." Und Marcus
ergänzt:
"Wenn es die kontrollierte Heroinverschreibung nicht mehr gäbe,
wären
wir am Ende."
Walter Däpp
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Bund 5.11.08
"Nicht zurück ins drogenpolitische Mittelalter"
Revision des Betäubungsmittelgesetzes
Erfolgreichere Suchtpolitik, schlagkräftigere Repression: Gestern
warb
Regierungsrat Philippe Perrenoud gemeinsam mit Vertretern der
Suchthilfeorganisationen Koda und Contact sowie mit Polizeichef
Christof Kipfer für ein Ja zur Betäubungsmittelrevision.
Regierungsrat Philippe Perrenoud blickte in die Vergangenheit
zurück,
um die Wirksamkeit der drogenpolitischen Vier-Säulen-Strategie zu
illustrieren: "Die Situation am Kocherpark in Bern ist uns allen noch
in Erinnerung", sagte der Vorsteher der bernischen Gesundheits- und
Fürsorgedirektion gestern an der Medienkonferenz im Kino
Cinématte in
Bern, die moderiert wurde vom Journalisten und Filmemacher Bernhard
Giger.
Im Kocherpark hatte sich Anfangs der 1990er-Jahre eine offene
Drogenszene mit bis zu 500 Süchtigen gebildet. Nur mit einem
mehrdimensionalen Vorgehen hätten die Missstände damals
bewältigt
werden können: mit den vier Säulen Prävention, Therapie,
Schadensminderung und Repression, sagte Perrenoud. Es sei darum "von
zentraler Bedeutung", die Politik der vier Säulen mit einem Ja zur
Revision des Betäubungsmittelgesetzes nun national zu verankern.
Mit einigem Stolz wies der Regierungsrat darauf hin, dass der Kanton
Bern Mitbegründer dieser Drogenpolitik ist: "Wir haben als erster
Kanton die Schaffung eines Fixerraumes bereits 1986 unterstützt,
und
wir haben Spritzentausch, HIV-Prävention und
Heroinverschreibungsprogramme eingeführt", sagte Perrenoud.
Weniger Tote und Kriminalität
Die Vier-Säulen-Politik sei eine "Erfolgsgeschichte", doppelte
Jakob
Huber, Geschäftsleiter der auf Suchtfragen spezialisierten
Stiftung
Contact Netz, nach. Die Anzahl Todesfälle wegen Heroinkonsums habe
sich
seit 1992 halbiert, diejenige wegen Aids sei gar um 80 Prozent
gesunken, ausserdem gebe es heute einen Viertel weniger
Heroinabhängige
und die Beschaffungskriminalität habe sich um ganze 70 Prozent
reduziert.
"Auch die Zahl der herumhängenden Junkies im öffentlichen
Raum konnte
massiv reduziert werden", so Huber. Erreicht worden sei dies etwa durch
Drogenanlaufstellen, die Abgabe von Methadon oder Heroin,
Arbeitsprojekte und betreute Wohnangebote. In den Anlaufstellen von
Bern und Biel würden täglich bis zu 500 Abhängige
betreut.
Für die Revision des Betäubungsmittelgesetzes ausgesprochen
hat sich
auch der schweizerische Polizeibeamtenverband. Christof Kipfer, Chef
der Kriminalpolizei Bern, erklärte gestern vor den Medien, warum:
"Auch
die Säule der Repression wird durch die Revision gestärkt",
sagte er.
Die Strafverfolgungsbehörden erhielten zusätzliche
Möglichkeiten in der
Bekämpfung des Drogenhandels. Insbesondere werde so der
Jugendschutz
verstärkt: Neu soll besonders streng bestraft werden, wer Drogen
in der
Nähe von Schulen anbietet, zudem soll Drogenhandel unter Kindern
und
Jugendlichen in jedem Fall bestraft werden, auch wenn es sich nur um
geringe Mengen zum Eigenkonsum handelt.
"Auch die Spezialbehandlung des Hanfs soll wegfallen - und das ist ein
altes Anliegen der Polizei", sagte Kipfer. Denn die Polizei soll
künftig angebauten Hanf sofort vernichten dürfen, wenn dessen
THC-Gehalt zu hoch ist. Bisher musste sie erst beweisen, dass der Hanf
als Droge angebaut wurde.
"Pragmatische Antworten"
Barbara Mühlheim, Betriebsleiterin der kontrollierten
Drogenverschreibung und Drogenabgabe (Koda), kam schliesslich auf die
Vorteile der heroingestützten Behandlung zu sprechen. Die heute
210
Schwerstabhängigen in der Behandlung hätten so weit
stabilisiert werden
können, dass die meisten von ihnen nicht mehr in der offenen
Drogenszene verkehrten und über die Hälfte einer geregelten
Arbeit
nachgingen. Für Schwerstsüchtige oder notorische Abbrecher
von
abstinenzorientierten Therapien brauche es die Betreuungsoption Koda,
sagte Mühlheim.
Die heroingestützte Behandlung sei zwar nicht die Antwort zur
Lösung
des Drogenproblems - "so vermessen sind wir nicht, dass wir dies
behaupten würden". Doch sie sei eine gute Möglichkeit in
einer ganzen
Behandlungskette. Es brauche "pragmatische und sich in der Praxis
bewährende Antworten" in der Drogenpolitik. Ein Nein zur Revision
des
Betäubungsmittelgesetzes würde die Schweiz laut Mühlheim
"ins
drogenpolitische Mittelalter" zurückwerfen. Über die Revision
wird am
30. November abgestimmt.
Patricia Götti
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BZ 5.11.08
Betäubungsmittelgesetz
Polizei warnt vor einem Nein
Ein Nein des Schweizervolks zum Betäubungsmittelgesetz hätte
negative Folgen für Bern. Dies betont auch die Polizei.
"Die Revision des Betäubungsmittelgesetzes bringt den
Strafverfolgungsbehörden in der Bekämpfung des Drogenhandels
zusätzliche Möglichkeiten und trägt dabei insbesondere
dem zentralen
Anliegen des Jugendschutzes Rechnung", sagt der Kripochef der
Kantonspolizei Bern, Christof Kipfer. Aus der Sicht der Polizei sei die
Revision, über die das Schweizervolk am 30.November abstimmen
wird,
deshalb zu begrüssen. Kipfer warnte an der gestrigen Orientierung
von
Kanton, Stiftung Contact Netz und Polizei vor einem Nein zur Revision.
Eine offene Szene, Drogenkonsumenten auf der Gasse und illegale
Beschaffung drohten, falls das Gesetz bachab geschickt werde. Folglich
müssten wieder vermehrt Polizisten für Ruhe und Ordnung
sorgen.
"Die Situation im Kocherpark in den 90er-Jahren ist uns allen noch in
Erinnerung", sinnierte der bernische Gesundheitsdirektor Philippe
Perrenoud. Nur dank der 4-Säulen-Politik (Prävention,
Therapie,
Schadenminderung und Repression) sei der Ausstieg aus dieser Misere
gelungen. "Die Beschaffungskriminalität konnte in einem
beispiellosen
Ausmass gesenkt werden", betonte Perrenoud. Zudem habe die Ausbreitung
von Aids "faktisch gestoppt" werden können.
Jakob Huber, Geschäftsleiter Contact Netz Bern, warnte ebenso vor
einem
Nein zur Revision. Offene Drogenszenen wie Kocherpark und Platzspitz
könnten wieder Realität werden. Fakt sei, dass sich die Zahl
der
Todesfälle wegen Heroinkonsum zwischen 1992 und 2005 halbiert
hätte.
Im Gegensatz zu den einst über 500 Drogenabhängigen gebe es
heute in
Bern in der heroingestützten Behandlung 210
Schwerstabhängige, die sich
so stabilisiert hätten, dass mehr als die Hälfte der
Patienten wieder
einer Arbeit nachgehen könnten, sagte Barbara Mühlheim,
Leiterin der
heroingestützten Behandlung Koda.
ue
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Bund 5.11.08
Neuer Koda-Film
"Nachtgift" - so heisst der neue Dokumentarfilm von Remo Legnazzi
über
ehemalige und aktuelle Koda-1-Bezüger. Gezeigt wurde er gestern
als
Vorpremiere im Berner Kino Cinématte vor der Pressekonferenz zur
Revision des Betäubungsmittelgesetzes - um "auf das Thema
einzustimmen", wie Contact und Koda schreiben.
"Nachtgift" ist der Nachfolgefilm von "Abschied von der Gasse",
Legnazzis erstem Dokumentarstreifen über die heroingestützte
Behandlung
in Bern. Darin begleitete er zwischen 1996 und 1997 vier Teilnehmer am
Koda-Projekt filmisch, zwei Frauen und zwei Männer. Zehn Jahre
später
hat Remo Legnazzi die vier damals Porträtierten wieder aufgesucht.
Sie
berichten, wie es ihnen heute geht, und blicken auf die vergangenen
zehn Jahre zurück.
Der Film wird an den Solothurner Filmtagen im kommenden Jahr gezeigt.
Zur gestrigen Vorpremiere lag "Nachtgift" erst in seiner Rohfassung
vor. (pmg)
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STOP MURDER MUSIC
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Basler Zeitung 5.11.08
Kaserne annulliert Konzert des Jamaikaners Capleton
BASEL. Die Homosexuelle Arbeitsgruppe Basel-Stadt feiert einen Erfolg:
Die Kaserne Basel beugt sich dem Protest und bläst den Auftritt
des
Jamaikaners Capleton von morgen Donnerstag ab. Ausschlaggebend
dafür
ist ein Video, das im Internet kursiert und angeblich belegt, dass
Capleton entgegen seiner Beteuerungen noch immer schwulenfeindliche
Texte verbreitet.
> Kulturmagazin 3
--
Die Kaserne beugt sich dem Druck
Das Capleton-Konzert wird kurzfristig abgesagt
Christian Gebhard
Die Kaserne verzichtet überraschend auf den Auftritt des
homophoben
Reggaesängers Capleton. Ein YouTube-Video hat den Ausschlag
dafür
gegeben.
Bekam die Kaserne kalte Füsse? "Nein", sagt ihr
Geschäftsführer Thomas
Keller, "diese Absage ist keine kurzfristige Aktion." Das stimmt
zumindest teilweise. Der angekündigte Auftritt des Reggae- und
Dancehall-Sängers Capleton entfachte in den vergangenen Wochen
eine
Debatte zwischen der Kaserne und den Homosexuellen Arbeitsgruppen Basel
(Habs).
Videobeweis. Grund für die Auseinandersetzung ist, dass der
jamaikanische Reggae-sänger in verschiedenen seiner Songs zu
Gewalt
gegen Homosexuelle aufruft. Es sind sogenannte Battyman-Tunes mit
Titeln wie "Burn Out Di Chi Chi" oder "Hang Them Up". Die
Ausdrücke
"Chi Chi" oder "Battyman" stehen im jamaikanischen Patois
abschätzig
für schwule Männer.
Auf Druck von Veranstaltern hat Capleton im Mai 2007 den "Reggae
Compassionate Act" unterschrieben - eine Charta, die ihn zum
Aufführungsverzicht von homophoben Songs verpflichtet (die BaZ
berichtete).
In den vergangenen Tagen hat die Berner Projektgruppe "Stop Murder
Music" ein YouTube-Video aufgespürt, in dem Capleton Ende 2007
erneut
schwulenfeindliche Texte gesungen hat. Homosexuellen-organisationen
sahen nun die geforderte Absage des Konzertes von morgen Donnerstag als
unausweichliche Konsequenz.
Dass die Kaserne so kurzfristig einlenkt, kommt überraschend,
zeigte
sich die musikalische Leiterin Laurence Desarzens am Montag an einer
Podiumsdiskussion im Unternehmen Mitte doch noch selbstbewusst: "Wir
werden das Konzert nicht aufgrund eines Internetlinks absagen." Erst,
wenn konkrete Beweise einer Verletzung des Compassionate Acts
vorlägen,
würde man diesen Schritt erwägen. "Aber dazu müssen wir
zuerst Datum
und Quelle des YouTube- Videos klären und den Text von
unabhängiger
Seite übersetzen lassen."
Geschehen ist dies nicht. "Der Text wurde nicht neu übersetzt",
sagt
Thomas Keller. Auch die Quelle des Videos sei schwierig zu belegen.
"Aber wenn es existiert, muss man dies akzeptieren." Die Faktenlage
blieb also in den 16 Stunden zwischen Podiumsdiskussion und Annullation
unverändert. Dies verstärkt den Eindruck, dass die Kaserne
sich dem
Druck der Homosexuellengruppen gebeugt hat.
"Ich habe Capleton programmiert, weil er ein sehr wichtiger
Reggae-Künstler ist", argumentierte Desarzens noch am Montag. Es
sei
ihr bewusst, dass die Wahl nicht unproblematisch war. "Aber ich
vertrete nicht eine Eventhalle, sondern ein Kulturzentrum - und als ein
solches müssen wir das Thema aufgreifen."
Gagenzahlung. Daran hält die Kaserne auch in ihrer gestrigen
Medienmitteilung fest: Das Stattfinden des Konzerts wäre,
eingebettet
in eine engagierte Diskussion, "fruchtbarer als eine Absage". Für
Axel
Schubert, Vertreter der Habs, ist dies eine unverständliche
Vorgehensweise: "Die Debatte muss politisch geführt werden und
nicht in
einem pop-kulturellen Rahmen."
Die Kaserne hat zudem eine für Freitag geplante Diskussion
annulliert,
da sich Vertreter der Reggae- und Gayszene zurückgezogen haben. Am
Donnerstag wird eine Reggaeparty stattfinden, wer eines der 200
Konzerttickets erworben hat, kann das Geld zurückverlangen.
Capletons
Gage aber muss die Kaserne voll berappen - ein weiterer finanzieller
Rückschlag für den Betrieb.
---
Basellandschaftliche Zeitung 5.11.08
Kaserne sagt das Capleton-Konzert ab
Proteste Dem Reggae-Sänger Capleton wird Homophobie vorgeworfen:
Morgen wird er nicht mehr in Basel auftreten
Die Kaserne Basel hat das morgige Konzert des Reggae-Sängers
Capleton
abgesagt. In einer Medienmitteilung betonen die Verantwortlichen zwar,
sich von Anfang an der Problematik eines Auftrittes des Künstlers,
dem
Homophobie vorgeworfen wird, bewusst gewesen zu sein. Sie hätten
im
Vorfeld umfassende Recherchen durchgeführt. Capleton habe sich mit
dem
Unterschreiben des Reggae Compassionate Act's (RCA) verpflichtet, keine
homophoben, rassistischen oder sexistischen Aussagen zu machen. Die
Programmverantwortlichen entschlossen sich, Capleton zu buchen, "und
das Konzert als Chance für eine breit angelegte Diskussion
über
Popkultur und Political Correctness zu nutzen".
Die Kehrtwende kam, nachdem stopmurdermusic und die Homosexuellen
Arbeitsgruppen Basel (HABS) ein YouTube-Video vorlegten, das nahelegt,
dass Capleton im Dezember 2007 in Jamaica erneut homophobe Aussagen
gemacht habe und sich somit nicht an den RCA halte. "Aufgrund dieser
neuen Situation hat sich die Kaserne entschieden, den Künstler
nicht
auftreten zu lassen", heisst es in der Mitteilung.
Kontroverses Podium
Am Montag noch hatten die Verantwortlichen der Kaserne an einer
Podiumsdiskussion im Unternehmen Mitte begründet, weshalb sie sich
für
ein Konzert mit Capleton entschieden hatten. Die Podiumsdiskussion mit
dem Titel "Schwulenhetze, Homophobie und öffentliche
Verantwortung" war
von den Homosexuellen Arbeitsgruppen Basel (HABS) initiiert worden. Sie
hatten auch von Anfang an gegen das geplante Konzert mit dem als
homophob bekannten Sänger protestiert und verlangt, dass das
Konzert
abzusagen sei.
Teilnehmende des Podiums waren die musikalische Leiterin der Kaserne
Laurence Desarzens, Tom Locher von stopmurdermusic, Marc Flückiger
vom
Justizdepartement BS, Moël Volken, Geschäftsführer des
Pink Cross,
Michael Koechlin vom Erziehungsdepartement und Axel Schubert, der
Sprecher der HABS. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Journalisten,
Theologen und Kommunikationsexperten Frank Lorenz.
Schon lange in der Kritik
Der jamaikanische Reggae und Dancehall-Star Capleton steht schon
länger
für seine homophoben Texte in der Kritik. Schwulenhass ist gerade
in
der jamaikanischen Reggaeszene ein weit verbreitetes Phänomen. In
der
Vergangenheit kam es auf Grund von Gewaltaufrufen gegen Schwule zu
zahlreichen Konzertabsagen und Einreiseverboten in den Schengenraum
für
Künstler wie Sizzla. In Jamaika kommt es immer wieder zu
Gewalttaten
gegen Schwule.
Marc Flückiger gab zu bedenken: "Gewaltprävention sollte
optimaler
Weise nicht durch Verbote, sondern durch Sensibilisierung und
Auseinandersetzung stattfinden." Eben diese Auseinandersetzung mit dem
Thema sei auch das Ziel der Kaserne gewesen, so Laurence Desarzens.
Daher habe man auch als Begleitung zum Konzert Diskussionen eingeplant
und eine Kolumne zu dem Thema veröffentlicht.
Die Strategie, das Konzert als Basis für eine Diskussion über
Schwulenhass im Reggae zu nutzen, hält Axel Schubert jedoch
für wenig
sinnvoll: "Die homophoben Reggaefans nehmen an diesen Diskussionen
ohnehin nicht teil." Die Unterzeichnung des RCA stelle keine
ausreichende Distanzierung vom Homohass dar, so Schubert weiter.
Tom Locher von stopmurdermusic erwähnte die Videos von einem
Auftritt
Capletons aus dem Jahr 2007, in dem er erneut Schwulenhass propagiert
und damit den RCA bricht. Daher schliesse er sich der Forderung der
HABS nach einer Absage des Konzerts an. Diese ist nun nach den neuesten
Ereignissen Tatsache geworden. (les/bz)
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20min.ch 5.11.08
Eklat in Basel - Konzert abgesagt
Der umstrittene Reggae-Sänger Capleton hetzte gegen Schwule auf.
Und
will sich gebessert haben. Nun wurde sein Gig in Basel abgesagt - weil
ein brisantes Video aufgetaucht ist.
Der jamaikanische Reggae-Künstler Capleton tritt morgen nicht in
der
Kaserne auf. Der Sänger hatte in der Vergangenheit mit
schwulenfeindlichen Äusserungen provoziert, doch die Kaserne
legitimierte die Buchung damit, dass sich Capleton mit der
Unterzeichnung des "Reggae Compassionate Act" von seinen Parolen
distanziert habe.
Nun trugen Schwulengruppen ein Video an die Kaserne heran, das ihn
letztes Jahr bei neuen homophoben Aussagen zeigt. "Dies
veränderte die
Ausgangslage um 180 Grad", so Kasernen-Geschäftsführer Thomas
Keller.
Für das Konzert waren schon mehrere hundert Tickets verkauft
worden.
Die homosexuellen Arbeitsgruppen Basel Habs hatten für die Absage
gekämpft. "Mit der Absage ist es nicht getan", sagt Sprecher Axel
Schubert. In einem Brief forderten sie vom Sänger, sich
öffentlich für
seine schwulenfeindlichen Äusserungen zu entschuldigen.
Johannes Sieber von GayBasel.ch hingegen findet, dass die Absage nichts
bringt: Nur weil man Capleton den Mund verbiete, werde sich nichts
ändern. "Alle, die ihn sehen wollten, werden auf die Schwulenszene
wütend sein", so Sieber. Das müsse nun die Habs ausbaden.
lua/dd
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punkt.ch 5.11.08
Capleton singt nicht
"YouTube"-Video entlarvt Sänger
Der Reggae-Sänger Capleton geriet aufgrund seiner
homosexuellenfeindlichen Songtexte in die Schlagzeilen (".ch"
berichtete). Nun wird sein Konzert, das für Donnerstag in der
Kaserne
Basel geplant war, abgesagt. Der Event findet wegen eines Videos auf
der Internetplattform "YouTube" nicht statt. Es zeige, dass Capleton im
Dezember 2007 erneut homophobe Aussagen gemacht habe, teilte die
Kaserne gestern mit. Damit habe Capleton gegen seinen schriftlichen
Verzicht, sexistisch zu singen, verstossen. (mi/sda)
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St. Galler Tagblatt 5.11.08
Basel lädt Reggae-Sänger Capleton aus
Der unter anderem für homosexuellenfeindliche Liedtexte bekannte
jamaikanische Reggae-Sänger Capleton wird morgen nicht in der
Kaserne
Basel auftreten: Das Konzert wurde wegen eines Videos auf YouTube
abgesagt. Das Video lege nahe, dass Capleton im Dezember 2007 in
Jamaika erneut homophobe Aussagen gemacht habe, teilte die Kaserne
Basel mit. Damit habe Capleton gegen den Reggae Compassionate Act
verstossen, mit dessen Unterzeichnung sich der umstrittene Musiker zum
Verzicht auf homophobe, rassistische und sexistische Äusserungen
verpflichtet hat.
Auf das Video aufmerksam gemacht hatten "Stop Murder Music" und die
Homosexuellen Arbeitsgruppen Basel. Diese wehren sich seit
längerem
gegen das Konzert. Die Kasernen-Leitung war sich nach eigenen Angaben
von Anfang an der Problematik des Capleton-Auftritts bewusst. Die
Buchung sei indes erst nach umfassenden Recherchen vorgenommen worden.
Die Kaserne Basel hat auch eine begleitende Podiumsdiskussion über
Gewalt, Drogen und Sexismus in der Popmusik abgesagt. (sda)
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20min.ch 5.11.08
Capleton interdit à Bâle, pas à Lausanne
BÂLE. La Kaserne de Bâle a décidé d'annuler
le concert de Capleton
prévu demain. Des organisations homosexuelles s'étaient
plaintes auprès
de l'institution culturelle bâloise. Le chanteur de reggae
jamaïquain
est connu pour ses propos homophobes. Capleton fait actuellement une
tournée européenne. Il est programmé samedi soir
à Lausanne dans le
cadre du Metropop Festival.
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L'Express/L'Impartial 5.11.08
BÂLE
Capleton déprogrammé parce qu'homophobe
La Kaserne de Bâle a annulé le concert de Capleton
prévu demain. Des
organisations homosexuelles s'étaient plaintes auprès de
l'institution,
le chanteur de reggae jamaïcain étant connu pour ses propos
homophobes.
La salle de concert a pris connaissance d'une vidéo montrant
Capleton
tenir une nouvelle fois des propos homophobes. Il est programmé
vendredi à Lausanne dans le cadre du festival Metropop. /ats
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24heures 5.11.08
Pas de reggae homophobe!
BÂLE - La Kaserne de Bâle a décidé d'annuler
le concert de Capleton
prévu demain, suite à des plaintes d'organisations
homosexuelles. Le
chanteur de reggae jamaïcain est connu pour ses propos homophobes.
Son
concert à Lausanne, samedi, est en revanche maintenu.
ATS
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PROGR
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Bund 5.11.08
Progr-Künstler vorerst abgeblitzt
Stadt Bern Die Finanzkommission des Stadtrates steht hinter dem Projekt
eines Gesundheitszentrums im Progr: Mit 6 zu 5 Stimmen lehnt die
Kommission die Rückweisungsanträge der Fraktionen SP und
GB/JA ab.
Gemäss Kommissionpräsidentin Dolores Dana (fdp) handelt es
sich aber
bloss um eine Konsultativabstimmung, da
Wiedererwägungsanträge nur dem
Stadtrat direkt gestellt werden können. "Wir haben daher auch
nicht
inhaltlich über die Anträge diskutiert", sagt Dana.
SP und GB möchten den Progr-Künstlern Zeit einräumen,
damit diese die
Finanzierung ihres Alternativprojektes sichern können. Die
Progr-Künstler haben dem Gemeinderat jüngst vorgeschlagen,
das Gebäude
selber zu erwerben. Dabei sprachen sie von bisher ungenannten
Mäzenen,
die sich sowohl am Kauf des Gebäudes für 2,4 Millionen
Franken als auch
an der Sanierung beteiligen würden. Die GFL/EVP-Fraktion wird
morgen im
Stadtrat das Zünglein an der Waage spielen. Sie hat sich
mehrheitlich
gegen die Rückweisungsanträge entschieden, wie es in einer
Mitteilung
heisst. Für die GFL/EVP obliegt ein allfälliger Rückzug
des Projekts
Gesundheitszentrum dem Gemeinderat, da es sich um einen operativen
Entscheid handle. Dieser wolle die Verantwortung jedoch "abschieben".
Die GFL/EVP hat ihrerseits Anträge beschlossen, wonach der Progr
bis
zum Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung durch die
Künstler
genutzt werden und die Stadt für einen Ersatzstandort sorgen soll.
Das
Risiko der Zwischennutzung trägt nun definitiv die Stadt und nicht
die
Allreal.
Da einzelne GFL-Mitglieder für die Rückweisungsanträge
stimmen werden,
dürfte es knapp werden. In einem offenen Brief an den
Stadtpräsidenten,
das Ratsbüro und die Fraktionspräsidien fordert eine Gruppe
"Progr
Rettungsaktion" dazu auf, dem Künstler-Projekt eine Chance zu
geben.
Bei einer Unterschriftensammlung über das Online-Netzwerk
"Facebook"
seien in fünf Tagen 1000 Unterschriften für den Erhalt des
Progrs
zustande gekommen. (bob)
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ARBEITSKAMPF
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Tagesanzeiger 5.11.08
Lindt & Sprüngli: Protest vor Hauptsitz
Gut Patrick
Kilchberg. - Das Solidaritätskomitee Zürich veranstaltet
heute zwischen
14.30 Uhr und 16.30 Uhr eine Protestkundgebung vor dem Hauptsitz des
Lindt&Sprüngli-Konzerns in Kilchberg.
Die Organisatoren wollen mit ihrer Aktion gegen die Vorgänge bei
Lindt-Oloron im Südwesten von Frankreich protestieren und sich mit
den
Lindt-Mitarbeitern solidarisieren. Die Beschäftigten in Oloron
haben im
Februar eine Lohnerhöhung von 60 Euro pro Monat gefordert. Damit
sind
sie nicht durchgekommen. Im Laufe von zähen Verhandlungen haben
die
Arbeiter ihre Forderungen auf 25 Euro gesenkt. Als die Fabrikleitung
nicht einlenkte, kam es am 21. Oktober zum Streik.
Brutales Vorgehen der Polizei
Am 22. Oktober fuhr die Gendarmerie beim Fabriktor vor. Die
Arbeiterinnen und Arbeiter wurden mit Tränengas vertrieben. "Wir
wehren
uns in erster Linie gegen das brutale Vorgehen der Polizei, die in
einen Arbeitskampf eingegriffen hat", sagt Rainer Thomann vom
Solidaritätskomitee. Das Komitee stört sich aber auch am
Verhalten von
Lindt&Sprüngli. Während in Kilchberg Wert auf
Sozialpartnerschaft
gelegt werde, würden in Frankreich berechtigte Froderungen der
Arbeitnehmer mit Polizeigewalt unterdrückt.
Von der Konzernleitung in Kilchberg verlange man eine öffentliche
Erklärung zu den Vorfällen in Oloron. "Wir wollen der
Globalisierung
der Konzerne die Globalisierung der Arbeitersolidarität
entgegenhalten", sagt Thomann. Er halte es für gefährlich,
das Vorgehen
des Lindt & Sprüngli-Konzerns in Frankreich zu akzeptieren. Es
wäre
dann nur noch ein kleiner Schritt, Arbeitsplätze nach Frankreich
zu
verschieben.
Das Solidaritätskomitee Zürich besteht aus Personen aus dem
Umfeld der Gewerkschaft Unia. (pag)
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FUSSBALL
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St. Galler Tagblatt 5.11.08
Tabuzonen für gewalttätige Fans
Die Stadtpolizei hat seit 2007 über 20 Rayonverbote ausgesprochen.
Derzeit sind noch deren sechs gültig. Wer mit dem Verbot belegt
ist,
darf nicht in die Nähe der AFG Arena und des HB.
Das Rayonverbot ist eine von mehreren Massnahmen gegen Hooliganismus,
die das Schweizer Recht vorsieht. Fussballfans, die mit dem Rayonverbot
belegt worden sind, dürfen gewisse Zonen vier Stunden vor,
während und
vier Stunden nach einem Fussballspiel nicht betreten. Die Rayons werden
von der Polizei festgelegt.
Die Stadtpolizei St. Gallen hat im Juli 2007 vier Rayons definiert.
Zwei sind unterdessen nicht mehr aktuell: Das Gebiet ums Espenmoos,
welches nur noch für Breitensportanlässe gebraucht wird, und
das Gebiet
um das Olma-Gelände. Dort war während der Europameisterschaft
ein Rayon
eingerichtet worden, da die Spiele in der UBS Arena live
übertragen
wurden und sich dort viele Fans aufhielten.
AFG Arena und Hauptbahnhof
Die derzeit gültigen Rayons befinden sich im Westen der Stadt bei
der
AFG Arena (siehe Grafik) und beim St. Galler Hauptbahnhof. Der Rayon
beim Stadion reicht von Abtwil bis ins Zentrum Winkelns. Inbegriffen
ist auch der Winkler Bahnhof. Mit dem Rayonverbot belegte
auswärtige
Fans können damit also auch nicht mit einem allfälligen
Fan-Sonderzug
mitreisen.
Den St. Galler Hauptbahnhof habe man als Sperr-Rayon definiert, da die
Sicherheit von Zugreisenden immer wieder von provozierenden
Fussballfans beeinträchtigt werde, heisst es auf der Homepage der
Stadtpolizei St. Gallen.
Eintrag in Hooligan-Datenbank
Die Stadtpolizei hat seit Inkrafttreten des Gesetzes insgesamt 21
Rayonverbote ausgesprochen. Diese laufen nach spätestens einem
Jahr ab.
Derzeit sind noch 6 Verbote gültig. Wer ein Rayonverbot bekommt,
wird
automatisch auch in der zentralen Hooligan-Datenbank registriert. Diese
Datenbank steht den Polizeikorps und den Stadionbetreibern in der
ganzen Schweiz zur Verfügung.
Wer ein Rayonverbot missachtet, muss mit weitergehenden Massnahmen
rechnen. Unter anderem ist auch Polizeigewahrsam eine Möglichkeit,
gewalttätige Fussballfans vom Stadion fernzuhalten. (rst)
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CHRISTIANIA
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Basler Zeitung 5.11.08
Gerichtsfall Christiania
Staat und Bewohner kämpfen um Nutzungsrecht des "Freistaats"
Hannes Gamillscheg, Kopenhagen
Dürfen die Bewohner von Christiania dort bleiben, weil sie seit
Jahrzehnten dort wohnen, oder darf der Staat das frühere
Kasernengelände in Kopenhagen nutzen? Die Frage entscheidet ab
jetzt
das Gericht.
Letzte Woche prallten die Kampfhähne wieder in Kopenhagens
Strassen
aufeinander. Da hatten die Einsatztruppen der Polizei in Kampfuniform
das Gelände des Freistaats Christiania gestürmt, um dort eine
illegal
errichtete Baracke zu schleifen. Die Christianiter und ihre
Sympathisanten rächten sich, indem sie die Ordnungshüter mit
Steinen
bewarfen und Autos abfackelten. Seit Montag geht es im Streit um
Christiania wieder gesitteter zu: Vor dem Oberlandesgericht hat die
wohl letzte Etappe im Tauziehen um den legalen Status des selbst
ernannten Freistaats begonnen. Die entscheidende Frage: Hat der Staat
das Nutzungsrecht über das vor 37 Jahren besetzte einstige
Kasernengelände? Oder haben sich dessen Bewohner inzwischen ein
Gewohnheitsrecht ersessen?
In offiziellen Broschüren, die das Kopenhagener Aussenministerium
vertreibt, verweisen die Autoren gerne auf Christiania als Beispiel
für
die angeblich typisch dänische Toleranz. Der
Fremdenverkehrsverband
reiht die "Hippie-Republik" als Touristenattraktion auf einer Stufe mit
dem Tivoli und der Kleinen Meerjungfrau. Doch im Parlament hatte die
Alternativgesellschaft mit ihrer Ablehnung des Eigentumsrechts, mit
ihrem liberalen Umgang mit "weichen Drogen" und ihrer
Konsensdemokratie, in der ein Beschluss erst gilt, wenn alle zugestimmt
haben, von Anfang an wenig Freunde. Zwar akzeptierte die Regierung
Christiania ursprünglich als "soziales Experiment". Doch schon
1975
beschloss das Parlament, dass das besetzte Gelände wieder
geräumt
werden müsse.
Selbstreinigungsaktionen
Anderseits wollte man nicht gerade Panzer
schicken, um die Kaserne gewaltsam zurückzuerobern, und dass in
Christiania soziale Aussenseiter eine Bleibe fanden, die man
andernfalls mit teuren Programmen hätte versorgen müssen,
trug dazu
bei, dass die Drohungen nie verwirklicht wurden. Christiania blieb.
Christiania wuchs mit phantasievollen Gebäuden und pfiffigen
Werkstätten, mit üblen Spelunken und offenem Drogenhandel. In
Selbstreinigungsaktionen befreiten sich die Bewohner von den Junkies
und ihren Dealern und Rockergruppen, doch billige Hehlerwaren und eine
Pfeife Haschisch blieben umstrittene Markenzeichen des Freistaats. Die
einen hielten Christiania für eine notwendige Freistätte
für Menschen,
die sich den ausserhalb geltenden Normen nicht anpassen können,
die
anderen für eine "Eiterbeule" der Wohlfahrtsgesellschaft.
Erholungsgebiet
"Normalisiert" müsse Christiania werden, beschloss die
bürgerliche Parlamentsmehrheit nochmals vor vier Jahren und
kündigte
den Bewohnern das kollektive Nutzungsrecht. Die naturschöne Anlage
solle Erholungsgebiet für alle Kopenhagener werden, die Eigenart
will
man teilweise bewahren und einen Teil der Gebäude erhalten, andere
aber
will man abreissen und durch Eigentumswohnungen ersetzen. Für die
Christianiter, die meinen, sie hätten ihr Bleiberecht
verbürgt
bekommen, als sie 1982 begannen, für ihren Verbrauch an Wasser und
Strom zu zahlen, ist der Vorschlag nicht annehmbar. Sie wollen weiter
bestimmen können, wer in Christiania wohnen darf, und Eigentum ist
im
Freistaat verpönt. So müssen nun die Richter entscheiden, ob
der Staat
oder die rund 2000 Bewohner den stärkeren Rechtsanspruch auf das
Gelände haben. Mit einem Urteil wird im Januar gerechnet.