MEDIENSPIEGEL 5.11.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, tojo, queersicht)
- Schützenmatte: BDP will Parkaus
- Drogenpolitik: Heroinabgabe & offizielle Ansichten
- Stop Murder Music: Capleton-Konzert abgesagt
- Progr: Absage an KünstlerInnen
- Arbeitskampf Lindt & Sprüngli
- Fussball-Repression St. Gallen
- Christiania vs Dänemark

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REITSCHULE
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Nov 08: Beteiligt Euch an der Vorplatz-Präsenz!!!

PROGRAMM:

Mi 05.11.08
19.00 Uhr - SousLePont - Peru-Spezialitäten
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.

Do 06.11.08
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.

Fr 07.11.08
15.30 Uhr - Kino - Queersicht (weitere Vorstellungen um: 18.00 Uhr, 20.30 Uhr und 23.00 Uhr)
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
22.00 Uhr - Frauenraum - Popshop: Frauendisco POPSHOP mit Djane Lonny und DJ StrAngie > women only
22.00 Uhr - Dachstock - Spectrum & Band (Ex-Spacemen 3/UK), Support: Roy & the Devil's Motorcycle (BE), Papiro (BS) > Indie/Psychedelic/Experimental/Rock

Sa 08.11.08
13.30 Uhr - Kino - Queersicht (weitere Vorstellungen um: 15.30 Uhr, 18.00 Uhr und 20.30 Uhr)
20.30 Uhr - Tojo - Bullet Rain von formation poe:son. Regie: Sarah-Maria Bürgin.
22.00 Uhr - SousLePont - Thee Irma&Luise (BE), Confused (DE), Jokari (FR) - 60's, Noisy HC-Punk & eh Noise...
23.00 Uhr - Dachstock - Elektrostubete & Dachstock present: Format B (Highgrade/D) & Jens Bond (Highgrade/D), Support: Little Lu (elektrostubete) & Subwalker (elektrostubete). Visuals by VJ?s Mag & Dario > Techno/Elekro/House

So 09.11.08
15.30 Uhr - Kino - Queersicht (weitere Vorstellung um: 18.00 Uhr)


Infos: www.reitschule.ch


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kulturagenda.be 6.11.08

Queersicht-Festival

In den Kinos:
CineABC, Cinématte, Kellerkino, Kino Kunstmuseum und Kino Reitschule.
www.queersicht.ch

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Format B und Jens Bond aus Berlin im Dachstock

Die gute, warme Stube ist der Inbegriff von heimeliger Idylle. Die Nächte des Burgdorfer Partylabels Elektrostubete sind alles andere als ruhig und friedlich. Vertreten durch DJ's Little Lu & Subwalker feiern die lokalen Elektro-Missionare ihren zweiten Geburtstag. Dazu kommt renommierter Besuch aus Berlin: Das Format B-Duo und ihr Labelpartner Jens Bond.
Visuals von VJ Mag & Dario. Dachstock der Reitschule, Bern. Sa., 8.11. 23 Uhr

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"Theater ist unser Lieblingsfilm"

Ein beklemmendes Psychogramm zeichnet die Formation poe:son in ihrer neusten Produktion nach Motiven des Romans "Die Glut" von Sándor Márai. "Bullet Rain" ist ein Trip in das Dickicht des Gefühlsdschungels. Körper, Stimme, Ton und Raum verschmelzen im Tojo Theater zu vielschichtigen Seelenbildern.

Es gibt Kunstschaffende, die sich schwer damit tun, über ihre Schöpfungen zu sprechen und sich an Gesprächen mit Pressevertretern um Antworten winden. Sarah-Maria Bürgin gehört definitiv nicht dazu. Die Theaterregisseurin spricht leidenschaftlich, schnell und viel über "Bullet Rain", das neuste Projekt ihrer Formation poe:son. Anstoss dazu gab ihr der Roman "die Glut" des ungarischen Schriftstellers Sándor Márai. "Ich habe es gefressen", sagt die Mitdreissigerin. Das Buch, das 1942 erschien, aber erst 1999 bei seiner Neuauflage zum Bestseller wurde, erzählt die dramatische Begegnung zweier alter Jugendfreunde, die sich nach 41 Jahren wiedersehen und die Wunden der Vergangenheit aufarbeiten.

Theater wie ein Nick-Cave-Song

Der Wahl-Baslerin Sarah-Maria Bürgin war sofort klar, dass sie die Geschichte auf die Bühne bringen wollte. "Aber mit Menschen meiner Generation", ergänzt sie. Sie findet den Stoff, der um das Verdrängen von Gefühlen kreist, "sehr heutig". Wenn sie sich umschaue, werde sie traurig: "Ich kenne so viele Menschen, die depressiv sind, oder andere, die wegen zu viel Energie gedämpft werden." Mit poe:son versucht sie, das Theater zu machen, das sie selbst so vermisst: "Direkt wie Musik" - sie greift sich an den Bauch - "Theater, das hier ankommt. Wie Musik von Nick Cave oder von The Thindersticks." Sie sagt es noch plakativer: "Theater ist unser Lieblingsfilm."

Trip in den Seelen-Dschungel

"Bullet Rain" ist eine Nahaufnahme von Konrad (Kurt Grünenfelder), jener Figur, die im Roman "Die Glut" wenig zu Wort kommt. Er ist in den Regenwald geflüchtet und sucht dort Trost in seiner Musik. Eines Nachts wird er von zwei ungebetenen Gästen überrascht: Sein früherer Freund Henrik (Kenneth Huber) und dessen Frau Krisztina (Patricia Noçon) tauchen auf und konfrontieren ihn mit seiner Vergangenheit. Für dieses Beziehungsgeflecht hat das Ensemble "Seelenbilder" geschaffen, wie Bürgin die Collagen aus Handlung, Text, Raum, Ton und Licht nennt. Es sind Variationen der Jagdszene, die im Roman auf zwölf Seiten in allen Einzelheiten geschildert wird. "Liebe-Begehren-Tod, immer wieder", erzählt die Regisseurin. Das Stück beschäftigt sich mit der Innenansicht von Konrad, stehen die beiden Besucher doch symbolisch für seine inneren Stimmen.
Beklemmender Bühnenraum

Die Bühne von "Bullet Rain" ist abstrakt gehalten: Neonröhren hinter gross- en grünen Quadern prägen das düstere Szenenbild. "Ich habe Sehnsucht nach dem Puren", kommentiert Bürgin das Bühnenbild. In dieser alptraumartigen Kulisse irrlichtern die drei Figuren. Sie suchen sich, halten sich, schlagen sich, jagen sich. Sie kommen sich zu nahe, heulen, beissen, schreien, tanzen, schwitzen. Die rhythmische Inszenierung wird verstärkt durch eine verstörende Klangkulisse, Sprachverzerrer und den Akkorden des Liebeslieds, das Konrad am Klavier komponiert. Die Monologe, Dialoge und Gesprächsfetzen verschmelzen mit Tanz, Musik und Gesang. Mit dem Regen, der wie Kugelhagel (auf Englisch bullet rain) auf die Haut der innerlich glühenden Figuren prasselt. An der Generalprobe wirken die drei überzeugenden Schauspieler noch ein wenig zurückhaltend. "Sie schonen sich noch vor der Berner Premiere", erklärt Bürgin. Wenn an den Vorstellungen Emotion und Form noch mehr zusammenwachsen, gelingt der Formation vielleicht das Kunststück, das Bürgin vorschwebt: "Theater machen, das einen weghaut." Nadine Guldimann

Tojo Theater, Bern
Mi., 5.11., bis Sa., 8.11., 20.30 Uhr
www.tojo.ch

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SCHÜTZENMATTE
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Bund 5.11.08

BDP strebt vier Sitze an im Stadtrat

Ambitionierte Wahlziele der BDP Stadt Bern

Die Stadt-BDP will ein Parkhaus auf der Schützenmatte als Kompensation für einen autofreien Bahnhofplatz.

Die Bürgerlich-Demokratische Partei Bern (BDP) will mit ihren zehn Kandidierenden für den Stadtrat "ein Zeichen für Anstand und Respekt" setzen. "Stil ist nicht bedeutungslose Form, sondern Ausdruck einer Haltung", sagte gestern Regierungsrat Urs Gasche vor den Medien. Als Vertreter der Kantonalpartei gratulierte Gasche den in corpore anwesenden Kandidierenden der Stadtsektion "zu ihrem Mut, kurz nach der Parteigründung bei Wahlen anzutreten". In seinem Grundsatzreferat äusserte Gasche zahlreiche verbale Spitzen gegen die SVP, ohne diese beim Namen zu nennen. So betreibe die BDP keine "chronische Oppositionspolitik", dafür eine offene Familienpolitik. "Das traditionelle Familienbild darf nicht derart glorifiziert werden, dass für andere Lebensformen kein Platz mehr ist", sagte Gasche.

Parkhaus auf der Schützenmatte

Die zehn Kandidierenden sprachen sich für einen konsequenten Schuldenabbau, bessere Bedingungen fürs Gewerbe, mehr Polizeipräsenz, einen freien Verkehrsfluss auf den Hauptachsen und die Beachtung des Grundsatzes "Hilfe zur Selbsthilfe" bei der Sozialhilfe aus. Die BDP Stadt Bern setzt sich nach den Worten von Stadtratskandidat Thomas Begert aber auch für ökologische Anliegen ein. Begert sprach sich für eine bessere Isolation bei Stadtbauten und die baurechtliche Erleichterung für den Einbau von Fotovoltaik-Anlagen aus. Der Verkehr auf lokaler Ebene hingegen sei aus ökologischer Sicht nicht mehr relevant. "Hier geschieht das Wichtigste auf Bundesebene", sagte Begert unter Verweis auf die Schwerverkehrsabgabe und die Förderung ökologischer Fahrzeugkategorien. Ein weiterer Kandidat, Martin Mäder, sprach sich für den Bau eines Parkhauses auf der Schützenmatte aus. Damit könnte der Verkehr aus dem Neufeldtunnel "aufgefangen" und das Gebiet belebt werden. Das Parkhaus würde es auch ermöglichen, den Bahnhofplatz autofrei zu gestalten, sagte Mäder.

"Nicht noch mehr zersplittern"

Die BDP will laut Parteipräsident Vinzenz Bartlome bei den Stadtratswahlen mehr Stimmen holen als jene 2,2 Prozent, die ihr landesweit attestiert werden. "Wir streben drei oder vier Sitze an", sagte Stadtratskandidat Kurt Hirsbrunner, der einst für die SVP im Stadtparlament sass. Bei den Wahlen ins Stadtpräsidium unterstützt die BDP die bürgerliche Kandidatin Barbara Hayoz (fdp). Für die Gemeinderatswahlen hat die Partei Stimmfreigabe beschlossen. "Wir wollen die Bürgerlichen nicht noch mehr zersplittern oder die einen gegen die andern ausspielen", sagte Bartlome. (bob)

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DROGENPOLITIK
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Bund 5.11.08

"So können wir normal leben"

Am 30. November stimmt die Schweiz über die ärztliche Heroinverschreibung ab: Für Marcus und Carla B. ist das ein Schicksalsentscheid

Die seit vielen Jahren drogenabhängigen Marcus und Carla B. sagen, warum die Heroinabgabe im Koda-2 für sie überlebenswichtig ist. "Seit wir sauberen Stoff erhalten", sagt er, "können wir ein normales Leben führen, sind nicht mehr auf der Gasse. Ich bin Hausmann, meine Frau betreut behinderte Kinder."

Die Wege der heute 39-jährigen gebürtigen Portugiesin Carla und des 46-jährigen Marcus kreuzten sich 1991 in einer Berner Aussenstation der umstrittenen Drogenentzugseinrichtung "Le Patriarche". Beide hatten schon eine lange Drogenkarriere hinter sich; immer und immer wieder hatten sie vergeblich versucht, den Ausstieg zu schaffen. Und nun hofften sie, gemeinsam vorwärtszukommen, der Drogensucht zu entrinnen. 1994 heirateten sie. Doch die Hoffnung, nach der "Le Patriarche"-Therapie "clean" zu sein, zerschlug sich. Die Sucht war stärker. Nachdem Marcus in der Einzelzelle des Interlakner Regionalgefängnisses eine dreimonatige Reststrafe verbüsst hatte, waren alle Ausstiegsbemühungen wieder dahin.

"Mit Heroin zuputzen"

Marcus war als 18-Jähriger mit Drogen in Kontakt gekommen: Er war Lehrling für Lebensmitteltechnologie, als er in seinem Freundeskreis "zum Probieren" einmal Kokain konsumierte. Später versuchte er, "Liebeskummer und andere Probleme mit Heroin zuzuputzen" - und kam nicht mehr davon los.

So wurde er zwangsläufig zum Dealer - um die horrenden Kosten für den Eigengebrauch aufzubringen. "Das war in einer Zeit", wie er sagt, "als das Gramm noch 600 Franken kostete - bei einem täglichen Bedarf von einem bis zweieinhalb Gramm".

17 Monate in Einzelhaft

Zusammen mit seiner damaligen Freundin dealte er auch grosse Mengen. Er wurde verhaftet, bei "kaltem Entzug" 17 Monate in Untersuchungshaft gesteckt ("23 Stunden pro Tag in der Einerzelle") und dann zu 43 Monaten Gefängnis verurteilt. Die nächsten Stationen waren Witzwil, dann Halbgefangenschaft in Olten - tagsüber Arbeit in einer Malerei, nachts Unterkunft im Männerheim. Und prompt wieder Rückfall in die Drogen. "Schlimm", sagt er, "war vor allem die Einzelhaft. Ich verbrachte insgesamt 17 Monate in Einzelzellen von Regionalgefängnissen. Das haut den Stärksten um. Als ich nach Witzwil kam, verliess ich die Zelle während dreier Monate nicht - aus Angst, unter Leuten zu sein. Und in dieser Zeit vernahm ich, dass sich meine damalige Freundin das Leben genommen hatte."

Die 14-jährige Dealerin

Carla war als Kind mit ihrer Familie aus den Kriegswirren Angolas nach Portugal geflüchtet. Ihr Vater war Alkoholiker, die Eltern trennten sich, ihre Mutter musste sie und ihre beiden Schwestern allein durchbringen. Carla half mit, indem sie schon als 14-jähriges Mädchen begann, mit dem Dealen von Cannabis und Heroin Geld zu verdienen. "Klar", sagt sie heute, "dass dann auch das Konsumieren kam." Mit verheerenden Folgen. Sie wurde schwer drogenabhängig, stürzte immer wieder ab, rappelte sich immer wieder auf - doch von den Drogen kam sie nicht mehr los. Und verlor deswegen ihre Sekretariatsstelle in der Verwaltung Lissabons.

"Schliesslich war es nur noch das Heroin, das mir so etwas wie Selbstvertrauen gab", sagt sie. Doch das war fatal: Sie verschuldete sich, suchte in einem "Le Patriarche"-Zentrum in Südfrankreich Hilfe, blieb dort drei Jahre - und traf später, in Bern, Marcus.

Nach 14 Ehejahren

Hier sind sie, nach vierzehn Ehejahren, noch immer gemeinsam unterwegs - mit vielen Hochs und Tiefs. Zuerst war es ein unstetes und "himmeltrauriges" Leben auf der Gasse, mit erneuten Abstürzen und vergeblichen Ausstiegs- und Therapieversuchen. Marcus hatte als Epileptiker zunehmend gesundheitliche Probleme, weil die Medikamente und der unreine Drogenmix der Gasse ("zu 90 Prozent Dreck") zu Nebenwirkungen führten. Und schmerzlich mussten sie immer wieder erfahren, dass "eine einzige Dosis Heroin ausreicht, um wieder voll drin zu sein". Als Rettungsanker blieb schliesslich nur die kontrollierte Heroinverschreibung im Koda Bern. "Nach sehr strenger Aufnahmeprüfung", sagt Marcus, ist er seit 2003 dabei, Carla seit 2004. Inzwischen sind beide vom Koda-1 ins Koda-2 "aufgestiegen", wie sie nicht ohne Stolz bemerken: ins Angebot für jene Süchtigen, die neben dem Heroin keine relevanten Mengen anderer Drogen wie Kokain, Alkohol oder Medikamente konsumieren und sich gut ins Abgabeprogramm eingegliedert haben.

"Ein normales Leben führen"

Zweimal pro Tag kommen sie hier vorbei und spritzen sich ihr Heroin: Marcus noch 550 Milligramm (am Anfang waren es 800), Carla noch 500 Milligramm (gegenüber 700 vor vier Jahren). "Das ermöglicht uns ein normales Leben", sagen sie, "wir haben unsere Tagesstruktur." Carla hat als Betreuerin behinderter Kinder ein regelmässiges Einkommen, der nun IV-abhängige Marcus macht sich als Hausmann und auch als engagiertes Mitglied seines Fischereivereins nützlich. "Es läuft tipptopp", sagt er, "wir haben unsere Finanzen im Griff, unsere Schulden zurückbezahlt. Ich habe sogar mit Rauchen aufgehört." Ihr Ziel sei und bleibe zwar immer noch die totale Abstinenz, doch nach 27 Drogenjahren, mit ungezählten vergeblichen Ausstiegsversuchen, gehe das "halt nicht so schnell".

Hoffnung nicht aufgegeben

"Wir geben die Hoffnung nicht auf", sagt Carla, "doch im Moment sind wir schon froh, nicht mehr wie Junkies auszusehen - und nicht zurück ins Drogenelend auf der Gasse gedrängt zu werden." Und Marcus ergänzt: "Wenn es die kontrollierte Heroinverschreibung nicht mehr gäbe, wären wir am Ende."

Walter Däpp

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Bund 5.11.08

"Nicht zurück ins drogenpolitische Mittelalter"

Revision des Betäubungsmittelgesetzes

Erfolgreichere Suchtpolitik, schlagkräftigere Repression: Gestern warb Regierungsrat Philippe Perrenoud gemeinsam mit Vertretern der Suchthilfeorganisationen Koda und Contact sowie mit Polizeichef Christof Kipfer für ein Ja zur Betäubungsmittelrevision.

Regierungsrat Philippe Perrenoud blickte in die Vergangenheit zurück, um die Wirksamkeit der drogenpolitischen Vier-Säulen-Strategie zu illustrieren: "Die Situation am Kocherpark in Bern ist uns allen noch in Erinnerung", sagte der Vorsteher der bernischen Gesundheits- und Fürsorgedirektion gestern an der Medienkonferenz im Kino Cinématte in Bern, die moderiert wurde vom Journalisten und Filmemacher Bernhard Giger.

Im Kocherpark hatte sich Anfangs der 1990er-Jahre eine offene Drogenszene mit bis zu 500 Süchtigen gebildet. Nur mit einem mehrdimensionalen Vorgehen hätten die Missstände damals bewältigt werden können: mit den vier Säulen Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression, sagte Perrenoud. Es sei darum "von zentraler Bedeutung", die Politik der vier Säulen mit einem Ja zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes nun national zu verankern.

Mit einigem Stolz wies der Regierungsrat darauf hin, dass der Kanton Bern Mitbegründer dieser Drogenpolitik ist: "Wir haben als erster Kanton die Schaffung eines Fixerraumes bereits 1986 unterstützt, und wir haben Spritzentausch, HIV-Prävention und Heroinverschreibungsprogramme eingeführt", sagte Perrenoud.

Weniger Tote und Kriminalität

Die Vier-Säulen-Politik sei eine "Erfolgsgeschichte", doppelte Jakob Huber, Geschäftsleiter der auf Suchtfragen spezialisierten Stiftung Contact Netz, nach. Die Anzahl Todesfälle wegen Heroinkonsums habe sich seit 1992 halbiert, diejenige wegen Aids sei gar um 80 Prozent gesunken, ausserdem gebe es heute einen Viertel weniger Heroinabhängige und die Beschaffungskriminalität habe sich um ganze 70 Prozent reduziert.

"Auch die Zahl der herumhängenden Junkies im öffentlichen Raum konnte massiv reduziert werden", so Huber. Erreicht worden sei dies etwa durch Drogenanlaufstellen, die Abgabe von Methadon oder Heroin, Arbeitsprojekte und betreute Wohnangebote. In den Anlaufstellen von Bern und Biel würden täglich bis zu 500 Abhängige betreut.

Für die Revision des Betäubungsmittelgesetzes ausgesprochen hat sich auch der schweizerische Polizeibeamtenverband. Christof Kipfer, Chef der Kriminalpolizei Bern, erklärte gestern vor den Medien, warum: "Auch die Säule der Repression wird durch die Revision gestärkt", sagte er. Die Strafverfolgungsbehörden erhielten zusätzliche Möglichkeiten in der Bekämpfung des Drogenhandels. Insbesondere werde so der Jugendschutz verstärkt: Neu soll besonders streng bestraft werden, wer Drogen in der Nähe von Schulen anbietet, zudem soll Drogenhandel unter Kindern und Jugendlichen in jedem Fall bestraft werden, auch wenn es sich nur um geringe Mengen zum Eigenkonsum handelt.

"Auch die Spezialbehandlung des Hanfs soll wegfallen - und das ist ein altes Anliegen der Polizei", sagte Kipfer. Denn die Polizei soll künftig angebauten Hanf sofort vernichten dürfen, wenn dessen THC-Gehalt zu hoch ist. Bisher musste sie erst beweisen, dass der Hanf als Droge angebaut wurde.

"Pragmatische Antworten"

Barbara Mühlheim, Betriebsleiterin der kontrollierten Drogenverschreibung und Drogenabgabe (Koda), kam schliesslich auf die Vorteile der heroingestützten Behandlung zu sprechen. Die heute 210 Schwerstabhängigen in der Behandlung hätten so weit stabilisiert werden können, dass die meisten von ihnen nicht mehr in der offenen Drogenszene verkehrten und über die Hälfte einer geregelten Arbeit nachgingen. Für Schwerstsüchtige oder notorische Abbrecher von abstinenzorientierten Therapien brauche es die Betreuungsoption Koda, sagte Mühlheim.

Die heroingestützte Behandlung sei zwar nicht die Antwort zur Lösung des Drogenproblems - "so vermessen sind wir nicht, dass wir dies behaupten würden". Doch sie sei eine gute Möglichkeit in einer ganzen Behandlungskette. Es brauche "pragmatische und sich in der Praxis bewährende Antworten" in der Drogenpolitik. Ein Nein zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes würde die Schweiz laut Mühlheim "ins drogenpolitische Mittelalter" zurückwerfen. Über die Revision wird am 30. November abgestimmt.

Patricia Götti

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BZ 5.11.08

Betäubungsmittelgesetz

Polizei warnt vor einem Nein

Ein Nein des Schweizervolks zum Betäubungsmittelgesetz hätte negative Folgen für Bern. Dies betont auch die Polizei.

"Die Revision des Betäubungsmittelgesetzes bringt den Strafverfolgungsbehörden in der Bekämpfung des Drogenhandels zusätzliche Möglichkeiten und trägt dabei insbesondere dem zentralen Anliegen des Jugendschutzes Rechnung", sagt der Kripochef der Kantonspolizei Bern, Christof Kipfer. Aus der Sicht der Polizei sei die Revision, über die das Schweizervolk am 30.November abstimmen wird, deshalb zu begrüssen. Kipfer warnte an der gestrigen Orientierung von Kanton, Stiftung Contact Netz und Polizei vor einem Nein zur Revision. Eine offene Szene, Drogenkonsumenten auf der Gasse und illegale Beschaffung drohten, falls das Gesetz bachab geschickt werde. Folglich müssten wieder vermehrt Polizisten für Ruhe und Ordnung sorgen.

"Die Situation im Kocherpark in den 90er-Jahren ist uns allen noch in Erinnerung", sinnierte der bernische Gesundheitsdirektor Philippe Perrenoud. Nur dank der 4-Säulen-Politik (Prävention, Therapie, Schadenminderung und Repression) sei der Ausstieg aus dieser Misere gelungen. "Die Beschaffungskriminalität konnte in einem beispiellosen Ausmass gesenkt werden", betonte Perrenoud. Zudem habe die Ausbreitung von Aids "faktisch gestoppt" werden können.

Jakob Huber, Geschäftsleiter Contact Netz Bern, warnte ebenso vor einem Nein zur Revision. Offene Drogenszenen wie Kocherpark und Platzspitz könnten wieder Realität werden. Fakt sei, dass sich die Zahl der Todesfälle wegen Heroinkonsum zwischen 1992 und 2005 halbiert hätte.

Im Gegensatz zu den einst über 500 Drogenabhängigen gebe es heute in Bern in der heroingestützten Behandlung 210 Schwerstabhängige, die sich so stabilisiert hätten, dass mehr als die Hälfte der Patienten wieder einer Arbeit nachgehen könnten, sagte Barbara Mühlheim, Leiterin der heroingestützten Behandlung Koda.
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Bund 5.11.08

Neuer Koda-Film

"Nachtgift" - so heisst der neue Dokumentarfilm von Remo Legnazzi über ehemalige und aktuelle Koda-1-Bezüger. Gezeigt wurde er gestern als Vorpremiere im Berner Kino Cinématte vor der Pressekonferenz zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes - um "auf das Thema einzustimmen", wie Contact und Koda schreiben.

"Nachtgift" ist der Nachfolgefilm von "Abschied von der Gasse", Legnazzis erstem Dokumentarstreifen über die heroingestützte Behandlung in Bern. Darin begleitete er zwischen 1996 und 1997 vier Teilnehmer am Koda-Projekt filmisch, zwei Frauen und zwei Männer. Zehn Jahre später hat Remo Legnazzi die vier damals Porträtierten wieder aufgesucht. Sie berichten, wie es ihnen heute geht, und blicken auf die vergangenen zehn Jahre zurück.

Der Film wird an den Solothurner Filmtagen im kommenden Jahr gezeigt. Zur gestrigen Vorpremiere lag "Nachtgift" erst in seiner Rohfassung vor. (pmg)

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STOP MURDER MUSIC
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Basler Zeitung 5.11.08

Kaserne annulliert Konzert des Jamaikaners Capleton

BASEL. Die Homosexuelle Arbeitsgruppe Basel-Stadt feiert einen Erfolg: Die Kaserne Basel beugt sich dem Protest und bläst den Auftritt des Jamaikaners Capleton von morgen Donnerstag ab. Ausschlaggebend dafür ist ein Video, das im Internet kursiert und angeblich belegt, dass Capleton entgegen seiner Beteuerungen noch immer schwulenfeindliche Texte verbreitet.
> Kulturmagazin 3

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Die Kaserne beugt sich dem Druck

Das Capleton-Konzert wird kurzfristig abgesagt

Christian Gebhard

Die Kaserne verzichtet überraschend auf den Auftritt des homophoben Reggaesängers Capleton. Ein YouTube-Video hat den Ausschlag dafür gegeben.

Bekam die Kaserne kalte Füsse? "Nein", sagt ihr Geschäftsführer Thomas Keller, "diese Absage ist keine kurzfristige Aktion." Das stimmt zumindest teilweise. Der angekündigte Auftritt des Reggae- und Dancehall-Sängers Capleton entfachte in den vergangenen Wochen eine Debatte zwischen der Kaserne und den Homosexuellen Arbeitsgruppen Basel (Habs).

Videobeweis. Grund für die Auseinandersetzung ist, dass der jamaikanische Reggae-sänger in verschiedenen seiner Songs zu Gewalt gegen Homosexuelle aufruft. Es sind sogenannte Battyman-Tunes mit Titeln wie "Burn Out Di Chi Chi" oder "Hang Them Up". Die Ausdrücke "Chi Chi" oder "Battyman" stehen im jamaikanischen Patois abschätzig für schwule Männer.

Auf Druck von Veranstaltern hat Capleton im Mai 2007 den "Reggae Compassionate Act" unterschrieben - eine Charta, die ihn zum Aufführungsverzicht von homophoben Songs verpflichtet (die BaZ berichtete).

In den vergangenen Tagen hat die Berner Projektgruppe "Stop Murder Music" ein YouTube-Video aufgespürt, in dem Capleton Ende 2007 erneut schwulenfeindliche Texte gesungen hat. Homosexuellen-organisationen sahen nun die geforderte Absage des Konzertes von morgen Donnerstag als unausweichliche Konsequenz.

Dass die Kaserne so kurzfristig einlenkt, kommt überraschend, zeigte sich die musikalische Leiterin Laurence Desarzens am Montag an einer Podiumsdiskussion im Unternehmen Mitte doch noch selbstbewusst: "Wir werden das Konzert nicht aufgrund eines Internetlinks absagen." Erst, wenn konkrete Beweise einer Verletzung des Compassionate Acts vorlägen, würde man diesen Schritt erwägen. "Aber dazu müssen wir zuerst Datum und Quelle des YouTube- Videos klären und den Text von unabhängiger Seite übersetzen lassen."

Geschehen ist dies nicht. "Der Text wurde nicht neu übersetzt", sagt Thomas Keller. Auch die Quelle des Videos sei schwierig zu belegen. "Aber wenn es existiert, muss man dies akzeptieren." Die Faktenlage blieb also in den 16 Stunden zwischen Podiumsdiskussion und Annullation unverändert. Dies verstärkt den Eindruck, dass die Kaserne sich dem Druck der Homosexuellengruppen gebeugt hat.

"Ich habe Capleton programmiert, weil er ein sehr wichtiger Reggae-Künstler ist", argumentierte Desarzens noch am Montag. Es sei ihr bewusst, dass die Wahl nicht unproblematisch war. "Aber ich vertrete nicht eine Eventhalle, sondern ein Kulturzentrum - und als ein solches müssen wir das Thema aufgreifen."

Gagenzahlung. Daran hält die Kaserne auch in ihrer gestrigen Medienmitteilung fest: Das Stattfinden des Konzerts wäre, eingebettet in eine engagierte Diskussion, "fruchtbarer als eine Absage". Für Axel Schubert, Vertreter der Habs, ist dies eine unverständliche Vorgehensweise: "Die Debatte muss politisch geführt werden und nicht in einem pop-kulturellen Rahmen."

Die Kaserne hat zudem eine für Freitag geplante Diskussion annulliert, da sich Vertreter der Reggae- und Gayszene zurückgezogen haben. Am Donnerstag wird eine Reggaeparty stattfinden, wer eines der 200 Konzerttickets erworben hat, kann das Geld zurückverlangen. Capletons Gage aber muss die Kaserne voll berappen - ein weiterer finanzieller Rückschlag für den Betrieb.

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Basellandschaftliche Zeitung 5.11.08

Kaserne sagt das Capleton-Konzert ab

Proteste Dem Reggae-Sänger Capleton wird Homophobie vorgeworfen: Morgen wird er nicht mehr in Basel auftreten

Die Kaserne Basel hat das morgige Konzert des Reggae-Sängers Capleton abgesagt. In einer Medienmitteilung betonen die Verantwortlichen zwar, sich von Anfang an der Problematik eines Auftrittes des Künstlers, dem Homophobie vorgeworfen wird, bewusst gewesen zu sein. Sie hätten im Vorfeld umfassende Recherchen durchgeführt. Capleton habe sich mit dem Unterschreiben des Reggae Compassionate Act's (RCA) verpflichtet, keine homophoben, rassistischen oder sexistischen Aussagen zu machen. Die Programmverantwortlichen entschlossen sich, Capleton zu buchen, "und das Konzert als Chance für eine breit angelegte Diskussion über Popkultur und Political Correctness zu nutzen".

Die Kehrtwende kam, nachdem stopmurdermusic und die Homosexuellen Arbeitsgruppen Basel (HABS) ein YouTube-Video vorlegten, das nahelegt, dass Capleton im Dezember 2007 in Jamaica erneut homophobe Aussagen gemacht habe und sich somit nicht an den RCA halte. "Aufgrund dieser neuen Situation hat sich die Kaserne entschieden, den Künstler nicht auftreten zu lassen", heisst es in der Mitteilung.

Kontroverses Podium

Am Montag noch hatten die Verantwortlichen der Kaserne an einer Podiumsdiskussion im Unternehmen Mitte begründet, weshalb sie sich für ein Konzert mit Capleton entschieden hatten. Die Podiumsdiskussion mit dem Titel "Schwulenhetze, Homophobie und öffentliche Verantwortung" war von den Homosexuellen Arbeitsgruppen Basel (HABS) initiiert worden. Sie hatten auch von Anfang an gegen das geplante Konzert mit dem als homophob bekannten Sänger protestiert und verlangt, dass das Konzert abzusagen sei.

Teilnehmende des Podiums waren die musikalische Leiterin der Kaserne Laurence Desarzens, Tom Locher von stopmurdermusic, Marc Flückiger vom Justizdepartement BS, Moël Volken, Geschäftsführer des Pink Cross, Michael Koechlin vom Erziehungsdepartement und Axel Schubert, der Sprecher der HABS. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Journalisten, Theologen und Kommunikationsexperten Frank Lorenz.

Schon lange in der Kritik

Der jamaikanische Reggae und Dancehall-Star Capleton steht schon länger für seine homophoben Texte in der Kritik. Schwulenhass ist gerade in der jamaikanischen Reggaeszene ein weit verbreitetes Phänomen. In der Vergangenheit kam es auf Grund von Gewaltaufrufen gegen Schwule zu zahlreichen Konzertabsagen und Einreiseverboten in den Schengenraum für Künstler wie Sizzla. In Jamaika kommt es immer wieder zu Gewalttaten gegen Schwule.

Marc Flückiger gab zu bedenken: "Gewaltprävention sollte optimaler Weise nicht durch Verbote, sondern durch Sensibilisierung und Auseinandersetzung stattfinden." Eben diese Auseinandersetzung mit dem Thema sei auch das Ziel der Kaserne gewesen, so Laurence Desarzens. Daher habe man auch als Begleitung zum Konzert Diskussionen eingeplant und eine Kolumne zu dem Thema veröffentlicht.

Die Strategie, das Konzert als Basis für eine Diskussion über Schwulenhass im Reggae zu nutzen, hält Axel Schubert jedoch für wenig sinnvoll: "Die homophoben Reggaefans nehmen an diesen Diskussionen ohnehin nicht teil." Die Unterzeichnung des RCA stelle keine ausreichende Distanzierung vom Homohass dar, so Schubert weiter.

Tom Locher von stopmurdermusic erwähnte die Videos von einem Auftritt Capletons aus dem Jahr 2007, in dem er erneut Schwulenhass propagiert und damit den RCA bricht. Daher schliesse er sich der Forderung der HABS nach einer Absage des Konzerts an. Diese ist nun nach den neuesten Ereignissen Tatsache geworden. (les/bz)


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20min.ch 5.11.08

Eklat in Basel - Konzert abgesagt

Der umstrittene Reggae-Sänger Capleton hetzte gegen Schwule auf. Und will sich gebessert haben. Nun wurde sein Gig in Basel abgesagt - weil ein brisantes Video aufgetaucht ist.

Der jamaikanische Reggae-Künstler Capleton tritt morgen nicht in der Kaserne auf. Der Sänger hatte in der Vergangenheit mit schwulenfeindlichen Äusserungen provoziert, doch die Kaserne legitimierte die Buchung damit, dass sich Capleton mit der Unterzeichnung des "Reggae Compassionate Act" von seinen Parolen distanziert habe.

Nun trugen Schwulengruppen ein Video an die Kaserne heran, das ihn letztes Jahr bei neuen homophoben Aus­sagen zeigt. "Dies veränderte die Ausgangslage um 180 Grad", so Kasernen-Geschäftsführer Thomas Keller. Für das Konzert waren schon mehrere hundert Tickets verkauft worden.

Die homosexuellen Arbeitsgruppen Basel Habs hatten für die Absage gekämpft. "Mit der Absage ist es nicht getan", sagt Sprecher Axel Schubert. In einem Brief forderten sie vom Sänger, sich öffentlich für seine schwulenfeindlichen Äusserungen zu entschuldigen.

Johannes Sieber von GayBasel.ch hingegen findet, dass die Absage nichts bringt: Nur weil man Capleton den Mund verbiete, werde sich nichts ändern. "Alle, die ihn sehen wollten, werden auf die Schwulenszene wütend sein", so Sieber. Das müsse nun die Habs ausbaden.

lua/dd

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punkt.ch 5.11.08

Capleton singt nicht

"YouTube"-Video entlarvt Sänger

Der Reggae-Sänger Capleton geriet aufgrund seiner homosexuellenfeindlichen Songtexte in die Schlagzeilen (".ch" berichtete). Nun wird sein Konzert, das für Donnerstag in der Kaserne Basel geplant war, abgesagt. Der Event findet wegen eines Videos auf der Internetplattform "YouTube" nicht statt. Es zeige, dass Capleton im Dezember 2007 erneut homophobe Aussagen gemacht habe, teilte die Kaserne gestern mit. Damit habe Capleton gegen seinen schriftlichen Verzicht, sexistisch zu singen, verstossen. (mi/sda)

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St. Galler Tagblatt 5.11.08

Basel lädt Reggae-Sänger Capleton aus

Der unter anderem für homosexuellenfeindliche Liedtexte bekannte jamaikanische Reggae-Sänger Capleton wird morgen nicht in der Kaserne Basel auftreten: Das Konzert wurde wegen eines Videos auf YouTube abgesagt. Das Video lege nahe, dass Capleton im Dezember 2007 in Jamaika erneut homophobe Aussagen gemacht habe, teilte die Kaserne Basel mit. Damit habe Capleton gegen den Reggae Compassionate Act verstossen, mit dessen Unterzeichnung sich der umstrittene Musiker zum Verzicht auf homophobe, rassistische und sexistische Äusserungen verpflichtet hat.

Auf das Video aufmerksam gemacht hatten "Stop Murder Music" und die Homosexuellen Arbeitsgruppen Basel. Diese wehren sich seit längerem gegen das Konzert. Die Kasernen-Leitung war sich nach eigenen Angaben von Anfang an der Problematik des Capleton-Auftritts bewusst. Die Buchung sei indes erst nach umfassenden Recherchen vorgenommen worden. Die Kaserne Basel hat auch eine begleitende Podiumsdiskussion über Gewalt, Drogen und Sexismus in der Popmusik abgesagt. (sda)

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20min.ch 5.11.08

Capleton interdit à Bâle, pas à Lausanne

BÂLE. La Kaserne de Bâle a décidé d'annuler le concert de Capleton prévu demain. Des organisations homosexuelles s'étaient plaintes auprès de l'institution culturelle bâloise. Le chanteur de reggae jamaïquain est connu pour ses propos homophobes. Capleton fait actuellement une tournée européenne. Il est programmé samedi soir à Lausanne dans le cadre du Metropop Festival.

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L'Express/L'Impartial 5.11.08

BÂLE

Capleton déprogrammé parce qu'homophobe

La Kaserne de Bâle a annulé le concert de Capleton prévu demain. Des organisations homosexuelles s'étaient plaintes auprès de l'institution, le chanteur de reggae jamaïcain étant connu pour ses propos homophobes. La salle de concert a pris connaissance d'une vidéo montrant Capleton tenir une nouvelle fois des propos homophobes. Il est programmé vendredi à Lausanne dans le cadre du festival Metropop. /ats

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24heures 5.11.08

Pas de reggae homophobe!

BÂLE - La Kaserne de Bâle a décidé d'annuler le concert de Capleton prévu demain, suite à des plaintes d'organisations homosexuelles. Le chanteur de reggae jamaïcain est connu pour ses propos homophobes. Son concert à Lausanne, samedi, est en revanche maintenu.

ATS

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PROGR
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Bund 5.11.08

Progr-Künstler vorerst abgeblitzt

Stadt Bern Die Finanzkommission des Stadtrates steht hinter dem Projekt eines Gesundheitszentrums im Progr: Mit 6 zu 5 Stimmen lehnt die Kommission die Rückweisungsanträge der Fraktionen SP und GB/JA ab. Gemäss Kommissionpräsidentin Dolores Dana (fdp) handelt es sich aber bloss um eine Konsultativabstimmung, da Wiedererwägungsanträge nur dem Stadtrat direkt gestellt werden können. "Wir haben daher auch nicht inhaltlich über die Anträge diskutiert", sagt Dana.

SP und GB möchten den Progr-Künstlern Zeit einräumen, damit diese die Finanzierung ihres Alternativprojektes sichern können. Die Progr-Künstler haben dem Gemeinderat jüngst vorgeschlagen, das Gebäude selber zu erwerben. Dabei sprachen sie von bisher ungenannten Mäzenen, die sich sowohl am Kauf des Gebäudes für 2,4 Millionen Franken als auch an der Sanierung beteiligen würden. Die GFL/EVP-Fraktion wird morgen im Stadtrat das Zünglein an der Waage spielen. Sie hat sich mehrheitlich gegen die Rückweisungsanträge entschieden, wie es in einer Mitteilung heisst. Für die GFL/EVP obliegt ein allfälliger Rückzug des Projekts Gesundheitszentrum dem Gemeinderat, da es sich um einen operativen Entscheid handle. Dieser wolle die Verantwortung jedoch "abschieben". Die GFL/EVP hat ihrerseits Anträge beschlossen, wonach der Progr bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung durch die Künstler genutzt werden und die Stadt für einen Ersatzstandort sorgen soll. Das Risiko der Zwischennutzung trägt nun definitiv die Stadt und nicht die Allreal.

Da einzelne GFL-Mitglieder für die Rückweisungsanträge stimmen werden, dürfte es knapp werden. In einem offenen Brief an den Stadtpräsidenten, das Ratsbüro und die Fraktionspräsidien fordert eine Gruppe "Progr Rettungsaktion" dazu auf, dem Künstler-Projekt eine Chance zu geben. Bei einer Unterschriftensammlung über das Online-Netzwerk "Facebook" seien in fünf Tagen 1000 Unterschriften für den Erhalt des Progrs zustande gekommen. (bob)

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ARBEITSKAMPF
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Tagesanzeiger 5.11.08

Lindt & Sprüngli: Protest vor Hauptsitz

Gut Patrick

Kilchberg. - Das Solidaritätskomitee Zürich veranstaltet heute zwischen 14.30 Uhr und 16.30 Uhr eine Protestkundgebung vor dem Hauptsitz des Lindt&Sprüngli-Konzerns in Kilchberg.

Die Organisatoren wollen mit ihrer Aktion gegen die Vorgänge bei Lindt-Oloron im Südwesten von Frankreich protestieren und sich mit den Lindt-Mitarbeitern solidarisieren. Die Beschäftigten in Oloron haben im Februar eine Lohnerhöhung von 60 Euro pro Monat gefordert. Damit sind sie nicht durchgekommen. Im Laufe von zähen Verhandlungen haben die Arbeiter ihre Forderungen auf 25 Euro gesenkt. Als die Fabrikleitung nicht einlenkte, kam es am 21. Oktober zum Streik.

Brutales Vorgehen der Polizei

Am 22. Oktober fuhr die Gendarmerie beim Fabriktor vor. Die Arbeiterinnen und Arbeiter wurden mit Tränengas vertrieben. "Wir wehren uns in erster Linie gegen das brutale Vorgehen der Polizei, die in einen Arbeitskampf eingegriffen hat", sagt Rainer Thomann vom Solidaritätskomitee. Das Komitee stört sich aber auch am Verhalten von Lindt&Sprüngli. Während in Kilchberg Wert auf Sozialpartnerschaft gelegt werde, würden in Frankreich berechtigte Froderungen der Arbeitnehmer mit Polizeigewalt unterdrückt.

Von der Konzernleitung in Kilchberg verlange man eine öffentliche Erklärung zu den Vorfällen in Oloron. "Wir wollen der Globalisierung der Konzerne die Globalisierung der Arbeitersolidarität entgegenhalten", sagt Thomann. Er halte es für gefährlich, das Vorgehen des Lindt & Sprüngli-Konzerns in Frankreich zu akzeptieren. Es wäre dann nur noch ein kleiner Schritt, Arbeitsplätze nach Frankreich zu verschieben.

Das Solidaritätskomitee Zürich besteht aus Personen aus dem Umfeld der Gewerkschaft Unia. (pag)

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FUSSBALL
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St. Galler Tagblatt 5.11.08

Tabuzonen für gewalttätige Fans

Die Stadtpolizei hat seit 2007 über 20 Rayonverbote ausgesprochen. Derzeit sind noch deren sechs gültig. Wer mit dem Verbot belegt ist, darf nicht in die Nähe der AFG Arena und des HB.

Das Rayonverbot ist eine von mehreren Massnahmen gegen Hooliganismus, die das Schweizer Recht vorsieht. Fussballfans, die mit dem Rayonverbot belegt worden sind, dürfen gewisse Zonen vier Stunden vor, während und vier Stunden nach einem Fussballspiel nicht betreten. Die Rayons werden von der Polizei festgelegt.

Die Stadtpolizei St. Gallen hat im Juli 2007 vier Rayons definiert. Zwei sind unterdessen nicht mehr aktuell: Das Gebiet ums Espenmoos, welches nur noch für Breitensportanlässe gebraucht wird, und das Gebiet um das Olma-Gelände. Dort war während der Europameisterschaft ein Rayon eingerichtet worden, da die Spiele in der UBS Arena live übertragen wurden und sich dort viele Fans aufhielten.

AFG Arena und Hauptbahnhof

Die derzeit gültigen Rayons befinden sich im Westen der Stadt bei der AFG Arena (siehe Grafik) und beim St. Galler Hauptbahnhof. Der Rayon beim Stadion reicht von Abtwil bis ins Zentrum Winkelns. Inbegriffen ist auch der Winkler Bahnhof. Mit dem Rayonverbot belegte auswärtige Fans können damit also auch nicht mit einem allfälligen Fan-Sonderzug mitreisen.

Den St. Galler Hauptbahnhof habe man als Sperr-Rayon definiert, da die Sicherheit von Zugreisenden immer wieder von provozierenden Fussballfans beeinträchtigt werde, heisst es auf der Homepage der Stadtpolizei St. Gallen.

Eintrag in Hooligan-Datenbank

Die Stadtpolizei hat seit Inkrafttreten des Gesetzes insgesamt 21 Rayonverbote ausgesprochen. Diese laufen nach spätestens einem Jahr ab. Derzeit sind noch 6 Verbote gültig. Wer ein Rayonverbot bekommt, wird automatisch auch in der zentralen Hooligan-Datenbank registriert. Diese Datenbank steht den Polizeikorps und den Stadionbetreibern in der ganzen Schweiz zur Verfügung.

Wer ein Rayonverbot missachtet, muss mit weitergehenden Massnahmen rechnen. Unter anderem ist auch Polizeigewahrsam eine Möglichkeit, gewalttätige Fussballfans vom Stadion fernzuhalten. (rst)

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CHRISTIANIA
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Basler Zeitung 5.11.08

Gerichtsfall Christiania

Staat und Bewohner kämpfen um Nutzungsrecht des "Freistaats"

Hannes Gamillscheg, Kopenhagen

Dürfen die Bewohner von Christiania dort bleiben, weil sie seit Jahrzehnten dort wohnen, oder darf der Staat das frühere Kasernengelände in Kopenhagen nutzen? Die Frage entscheidet ab jetzt das Gericht.

Letzte Woche prallten die Kampfhähne wieder in Kopenhagens Strassen aufeinander. Da hatten die Einsatztruppen der Polizei in Kampfuniform das Gelände des Freistaats Christiania gestürmt, um dort eine illegal errichtete Baracke zu schleifen. Die Christianiter und ihre Sympathisanten rächten sich, indem sie die Ordnungshüter mit Steinen bewarfen und Autos abfackelten. Seit Montag geht es im Streit um Christiania wieder gesitteter zu: Vor dem Oberlandesgericht hat die wohl letzte Etappe im Tauziehen um den legalen Status des selbst ernannten Freistaats begonnen. Die entscheidende Frage: Hat der Staat das Nutzungsrecht über das vor 37 Jahren besetzte einstige Kasernengelände? Oder haben sich dessen Bewohner inzwischen ein Gewohnheitsrecht ersessen?

In offiziellen Broschüren, die das Kopenhagener Aussenministerium vertreibt, verweisen die Autoren gerne auf Christiania als Beispiel für die angeblich typisch dänische Toleranz. Der Fremdenverkehrsverband reiht die "Hippie-Republik" als Touristenattraktion auf einer Stufe mit dem Tivoli und der Kleinen Meerjungfrau. Doch im Parlament hatte die Alternativgesellschaft mit ihrer Ablehnung des Eigentumsrechts, mit ihrem liberalen Umgang mit "weichen Drogen" und ihrer Konsensdemokratie, in der ein Beschluss erst gilt, wenn alle zugestimmt haben, von Anfang an wenig Freunde. Zwar akzeptierte die Regierung Christiania ursprünglich als "soziales Experiment". Doch schon 1975 beschloss das Parlament, dass das besetzte Gelände wieder geräumt werden müsse.

Selbstreinigungsaktionen

Anderseits wollte man nicht gerade Panzer schicken, um die Kaserne gewaltsam zurückzuerobern, und dass in Christiania soziale Aussenseiter eine Bleibe fanden, die man andernfalls mit teuren Programmen hätte versorgen müssen, trug dazu bei, dass die Drohungen nie verwirklicht wurden. Christiania blieb. Christiania wuchs mit phantasievollen Gebäuden und pfiffigen Werkstätten, mit üblen Spelunken und offenem Drogenhandel. In Selbstreinigungsaktionen befreiten sich die Bewohner von den Junkies und ihren Dealern und Rockergruppen, doch billige Hehlerwaren und eine Pfeife Haschisch blieben umstrittene Markenzeichen des Freistaats. Die einen hielten Christiania für eine notwendige Freistätte für Menschen, die sich den ausserhalb geltenden Normen nicht anpassen können, die anderen für eine "Eiterbeule" der Wohlfahrtsgesellschaft.

Erholungsgebiet

"Normalisiert" müsse Christiania werden, beschloss die bürgerliche Parlamentsmehrheit nochmals vor vier Jahren und kündigte den Bewohnern das kollektive Nutzungsrecht. Die naturschöne Anlage solle Erholungsgebiet für alle Kopenhagener werden, die Eigenart will man teilweise bewahren und einen Teil der Gebäude erhalten, andere aber will man abreissen und durch Eigentumswohnungen ersetzen. Für die Christianiter, die meinen, sie hätten ihr Bleiberecht verbürgt bekommen, als sie 1982 begannen, für ihren Verbrauch an Wasser und Strom zu zahlen, ist der Vorschlag nicht annehmbar. Sie wollen weiter bestimmen können, wer in Christiania wohnen darf, und Eigentum ist im Freistaat verpönt. So müssen nun die Richter entscheiden, ob der Staat oder die rund 2000 Bewohner den stärkeren Rechtsanspruch auf das Gelände haben. Mit einem Urteil wird im Januar gerechnet.