MEDIENSPIEGEL 14.11.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, Tojo)
- Wahlk(RH)ampf: Vollversammlungs-Romantik
- Erich J. Hess: Habemus Bundesrats-Kandidat!
- Kein Asyl für Guantanamo
- PNOS gegen Lumengo
- Antisemitismus: Kauft nicht bei Juden-Plakat in BS
- Polizeigewalthochburg Genf
- Big Brother Sport: Referendum in LU
- Gipfel-Soli: nur wenige Polizeischläger von Genua verurteilt

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REITSCHULE
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Nov 08: Beteiligt Euch an der Vorplatz-Präsenz!!!

PROGRAMM:

Fr 14.11.08
20.30 Uhr - Tojo - Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus von label beiruth. Mit Ruth Schwegler und Paed Conca.
20.30 Uhr - Frauenraum - Deseo de Tango
21.00 Uhr - Kino - Dogma und mehr: OPEN HEARTS - Susanne Bier, Dänemark 2002
22.00 Uhr - Dachstock - Kano (UK) Support: Greis (chlyklass/CH), DJ's Kermit & Blade > Hiphop & Grime

Sa 15.11.08     
20.30 Uhr - Tojo - Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus von label beiruth. Mit Ruth Schwegler und Paed Conca.
21.00 Uhr - Kino - Dogma und mehr: OPEN HEARTS - Susanne Bier, Dänemark 2002
22.00 Uhr - Dachstock - DJ Vadim (Ninja Tune/UK) & Paco Mendoza (Raggabund/Caramelo Criminal/ARG) feat. Caramelo Criminal & Elijah (CH) > Reggae/Hiphop/Latin


Infos: www.reitschule.ch

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20 Minuten 14.11.08

Nightfever

Subbässe und schnelle Rhymes

Sa, 15.11., 22 Uhr, Kano, Dachstock.

Grime. Der Dachstock veranstaltet das erste grosse Grime-Konzert in Bern. Grime ist in London schon eine ganze Weile das grosse Ding. Vor allem bei den jungen schwarzen Kids aus Londons Ghettos sind die superschnellen Rhymes und die fetten Subbässe äusserst beliebt. In Kontinentaleuropa hat der Nachfolger von UK-Garage noch nicht richtig Fuss gefasst. Diesseits des Ärmelkanals scharten erst M.I.A. oder Lady Sovereign eine grosse Fangemeinschaft um sich. Morgen wird ein Grime-Superstar für diesen explosiven Sound in Bern weibeln: Kano.

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punkt.ch 14.11.08

Timmermahn: "Kunst ist, die Bilder zu verkaufen"

Timmermann gibt Gas. In Münsingen öffnet eine grosse Retrospektive. Ab Dienstag ist "Walterli" im Tojo zu sehen.

So viel Timmermahn aufs Mal gabs noch nie. 130 Bilder des Autors, Malers und Musikers aus Rueggisberg sind ab Sonntag im Wohnform Münsingen ausgestellt. "Es ist leer hier im Atelier", sagt Timu, wie sie ihn nennen. Dabei hält der 66-Jährige auf seine Kunst gar nicht so viel. "Malen kannst du was du willst", sagt er. "Kunst ist, die Bilder zu verkaufen." Er tut es mit Erfolg. "Manchmal male ich auch Brotbilder", sagt er. "Zum Brotverdienen halt."

Wenn man glaubt, wirds wahr

Timmermahn zieht es hinaus. Mit den "Los Hobos" in die Konzertsäle und ab Dienstag ins Tojo der Reitschule, wo er mit Marco Morelli und Ursula Stäubli den "Walterli" gibt. Und der ist Beweis, "dass, wenn man etwas genügend fest glaubt, es ebenso gut wahr sein kann wie alles andere in dieser Welt", schreibt Polo Hofer. peter.camenzind@punkt.ch

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WAHLK(rh)AMPF
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Bund 14.11.08

Der Streit um Berns Zukunft

Braucht die Stadt einen Wechsel? Stadtpräsident Alexander Tschäppät (sp) und Herausforderin Barbara Hayoz (fdp) kreuzen die Klingen

Interview: Bernhard Ott

Vernachlässigt der rot-grüne Gemeinderat die Wirtschaft und den Kampf gegen die Drogenszene? "Nein", sagt Stadtpräsident Alexander Tschäppät. Bern sei attraktiv und sicher. "Ja", sagt Gemeinderätin Barbara Hayoz: "Rot-Grün ist träge geworden."

(...)

Thema Sicherheit: Vor einem Jahr entdeckte der rot-grün dominierte Gemeinderat das Thema und erhöhte die Polizeipräsenz.

Tschäppät: Der Gemeinderat hat auf die Verschlechterung des subjektiven Sicherheitsgefühls reagiert. Davon sind wir nicht abgewichen.

Der Gemeinderat hat jahrelang die Aufstockung der einstigen Stadtpolizei abgeblockt.

Tschäppät: Jetzt geht es aber nicht um die Aufstockung, sondern um die Erhöhung der Polizeipräsenz. Die Stadt Bern zahlt pro Einwohner am meisten für die Sicherheit im Kanton. Wir verlangen nun, dass man uns liefert, was wir bezahlt haben.

Nichtsdestrotz war die Sicherheit für RGM lange kein Thema.

Tschäppät: Bis ich im Stadtrat gesagt habe, öffentliche Sicherheit sei ein Service Public. Ich gebe zu, die öffentliche Sicherheit war lange ein Tabuthema für die SP. Dies hatte nicht zuletzt auch damit zu tun, dass das Thema Sicherheit zu Lebzeiten von Kurt Wasserfallen lange mit dem bürgerlichen Lager identifiziert wurde. Nun haben wir gehandelt. Was will man mehr?

Hat Rot-Grün den Bürgerlichen beim Thema öffentliche Sicherheit den Wind aus den Segeln genommen?

Hayoz: Es ist wohl kein Zufall, dass RGM das Thema kurz vor den Wahlen entdeckt hat. Die Frage ist, wie nachhaltig das Einstehen für Sicherheit ist. Die SP Stadt Bern brüstet sich ja damit, dass sie dem Sicherheitspapier der SP Schweiz die Zähne gezogen hat. Wenn darin der Begriff "Ausländerkriminalität" keinen Platz haben soll, so ist das blauäugig, sind unsere Gefängnisse doch voll mit Migranten.

Tschäppät: Das Papier war und ist ein Quantensprung für die SP. Immerhin ist die Videoüberwachung immer noch darin enthalten.

Hayoz: Du sagst ja, der Stadtrat solle über das Wo und Wie der Videoüberwachung entscheiden. Wenn dem so ist, werden wir nie Videoüberwachung haben.

Tschäppät: Ich gebe zu, dass ich fichengeschädigt bin. In einem Rechtsstaat kann die Videoüberwachung nur von der Politik und nicht von der Polizei kontrolliert werden.

Ein Brennpunkt ist auch der Vorplatz der Reitschule: Herr Tschäppät, am 12. September sagten sie im Fernsehen, die Polizei sei für die Auflösung der Drogenszene zuständig. Kurz darauf beschliesst der Gemeinderat eine Erhöhung der Polizeipräsenz. Haben Sie die Situation unterschätzt?

Tschäppät: Die Reitschul-Betreiber müssen auf die Stadt zukommen. Wir brauchen eine andere Gesprächskultur mit ihnen. Den Drogenhandel schieben wir aber nicht der Reitschule in die Schuhe. Drogenhandel ist ein Verbrechen und ist Aufgabe der Polizei.

Frau Hayoz, wie beurteilen Sie die Situation auf dem Vorplatz?

Hayoz: Man hat zu lange zugeschaut und die Situation eskalieren lassen. Das hat mit der Beisshemmung von Rot-Grün gegenüber den Reitschul-Betreibern zu tun. Man kann nicht jahrelang dulden, dass sich die Antifa nach gewalttätigen Demos in die Reitschule zurückzieht und dann erstaunt sein, dass ein rechtsfreier Raum entsteht.

Der Gemeinderat nahm jüngst einen GFL-Vorstoss entgegen, ohne zu den zentralen Forderungen nach festen Strukturen in der Reitschule und allfälligen Sanktionsmöglichkeiten Stellung zu nehmen.

Tschäppät: Dazu nehmen wir bei der Behandlung Stellung. Man kann uns dann an der Umsetzung des Vorstosses messen.

Wieso kann man die Reitschule nicht behandeln wie alle anderen Klubs auch?

Tschäppät: Die Reitschule ist eben nicht ein Kulturzentrum wie andere. Sie funktioniert nun mal nicht wie eine Bank oder wie ein Turnverein. Die Reitschule basiert auf dem vielleicht romantischen, vielleicht überholten Gedanken der Vollversammlung. Es liegt in der Natur der Sache, dass es da schwierig ist, verlässliche Ansprechpartner zu finden. Daher haben wir die GFL-Motion ja entgegen genommen.

Hayoz: Ich habe Mühe mit der Glorifizierung der Reitschule. Für mich ist das ein Kulturzentrum wie jedes andere auch. Es ist natürlich bequem, sich hinter der Basisdemokratie zu verstecken. Es gibt ja nicht einmal Ansprechpersonen, sondern bloss ein Postfach. Im neuen Leistungsvertrag braucht es Sanktionen, wenn die Betreiber sich nicht an den Vertrag halten.

Herr Tschäppät, Sie scheuen sich vor Sanktionen?

Tschäppät: Nein. Mir wäre es auch lieber, wir hätten dieselben Ansprechpartner und könnten den Hebel über Subventionen ansetzen. Ich sage nur: Die Reitschule braucht ein anderes Verständnis als ein kommerzieller Discobetrieb in der Aarbergergasse.

Liegt die Beisshemmung gegenüber der Reitschule nicht auch darin begründet, dass viele Rot-Grüne eine romantisch-nostalgische Beziehung zur Institution Vollversammlung haben?

Tschäppät: Es gibt ein Verständnis für eine nichtkommerzielle Jugendkultur, die in Bern fast nur noch in der Reitschule stattfindet.

Hayoz: Ganz ohne Kommerz geht es ja auch in der Reitschule nicht. Es wird auch Eintritt verlangt.Im Unterschied zu herkömmlichen Discos bietet die Reitschule aber Unterschlupf für gewaltbereite Gruppierungen.

Tschäppät: Ich lehne jeden rechtsfreien Raum ab. Wenn Antifa dort ein Büro hat, so ist das aber noch kein rechtsfreier Raum.

Erhöht die fünfte Anti-Reitschul-Initiative nicht den Druck auf den Gemeinderat, für geregelte Beziehungen zur Reitschule zu sorgen?

Tschäppät: Wenn es uns nicht gelingt, in Sachen Reitschule für Ordnung zu sorgen, fördern wir indirekt den Erfolg der Initiative von Erich Hess. Es ist aber nicht so einfach, mit gewissen jugendlichen Romantikern in der Reitschule den Dialog zu pflegen.

Hayoz: Primär sollten ja die Reitschul-Betreiber ein Interesse an einer Verbesserung der Lage haben. Sie kamen ja diesen Sommer und jammerten, sie hätten weniger Besucher und Einnahmen wegen der Drogenszene und forderten vom Gemeinderat Massnahmen.

"Change" ist momentan ein Schlagwort, von den USA bis Bolligen. Braucht die Stadt Bern auch einen Wechsel?

Hayoz: Was in den USA und in Bolligen geschieht, ist ein Signal für Bern. 16 Jahre haben Rot-Grün-Mitte (RGM) träge und selbstgefällig werden lassen. Aus der Position der Macht werden die Argumente der politischen Gegner nicht mehr gehört und verhöhnt. Deshalb braucht Bern einen Wechsel.

Tschäppät: Im Bundeshaus sind seit 150 Jahren die Bürgerlichen an der Macht. Der Wechsel war dort nie ein Thema. Es braucht keinen Wechsel, es braucht noch mehr RGM. Wenn die Bürgerlichen es wirklich ernst meinten mit dem Wechsel, müssten sie ein Programm haben und nicht einfach sagen, 16 Jahre Rot-Grün seien genug.

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BUNDESRATSWAHL
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20min.ch 14.11.08

27-Jähriger soll Bundesrat werden

Die Junge SVP Schweiz will mit einem eigenen Kandidaten an der Bundesratswahl am 10. Dezember teilnehmen. Sie schlägt der Bundeshausfraktion den 27-jährigen Berner Stadtparlamentarier Erich J. Hess zur Nomination vor.

Es sei Zeit, dass die junge Generation die Verantwortung für die Zukunft in die Hand nehme, begründete die Junge SVP ihren Entscheid in einer Mitteilung vom Freitagmorgen. Hess ist Präsident der JSVP Schweiz und Mitglied des Zentralvorstandes der SVP Schweiz.

Eine Doppelkandidatur von Hess und alt Bundesrat Christoph Blocher würde die JSVP nicht ausschliessen. Die Parteileitung habe Hess zu Handen der Bundeshausfraktion nominiert, sagte Bernhard Zahner, Vizepräsident der JSVP Schweiz.

Die JSVP ist laut ihrer Mitteilung der Auffassung, dass es "der Schweiz gut anstehen würde, mit der Wahl eines jungen Mitbürgers ein Zeichen zu setzen".

Das habe das Land 1875 mit der Wahl von Numa Droz getan. Der Neuenburger war im Alter von 31 Jahren in den Bundesrat gewählt worden. Numa Droz gehörte der Landesregierung bis 1892 an und gilt als jüngster Bundesrat überhaupt.

Quelle: SDA/ATS

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GUANTANAMO
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20min.ch 13.11.08

Schweiz verweigert Guantánamo-Häftlingen Asyl

Das Bundesamt für Migration (BFM) hat laut Amnesty International die Asylgesuche von drei Guantánamo-Häftlingen abgewiesen.

Das Bundesamt selber bestätigte am Donnerstag auf Anfrage lediglich, dass drei Personen, die sich zurzeit im US-Gefangenenlager Guantánamo befinden, ein Asylgesuch gestellt hätten. Die Entscheide seien gefällt und den Parteien mitgeteilt worden.

Gemäss Amnesty International handelt es sich um je einen Mann aus Libyen, Algerien und China. Die USA wolle diese frei lassen, da sie kein Sicherheitsrisiko darstellten und keine Anklage erhoben werde. Ohne einen aufnahmewilligen Drittstaat blieben sie aber weiterhin in Haft, da ihnen in ihren Herkunftsländern wegen des Stigmas als Terrorismusverdächtige erneut Gefängnis und Folter drohten. Amnesty International fordert den Bundesrat auf, für die Personen eine kollektive Aufnahme zu ermöglichen und damit den Misshandlungen der drei Männer ein Ende zu setzen.

Auf Einladung der Organisation besucht kommende Woche eine Gruppe von US-Anwältinnen die Schweiz, um Vertreter der Schweizer Regierung zu treffen und eine politische Lösung zu suchen.


Quelle: AP

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PNOS
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BZ 14.11.08

Pnos gegen Lumengo

Ein Spiezer Pnos-Aktivist soll Nationalrat Ricardo Lumengo rassistisch beleidigt haben. Ob ein Verfahren eröffnet wird, ist offen.

Auf der Website "Nationaler Beobachter Berner Oberland" wurde der dunkelhäutige Bieler Nationalrat Ricardo Lumengo wegen seiner Herkunft beleidigt, wie "20 Minuten" gestern berichtete. Verantwortlich für die von Lumengo als "rassistischer Angriff" bezeichneten Äusserungen ist der Spiezer Mario Friso. Er ist der Präsident der Oberländer Sektion der Partei National orientierter Schweizer (Pnos). Ricardo Lumengo fordert eine Reaktion seitens der Behörden, sprich eine Ahndung des allfälligen Verstosses gegen das Antirassismusgesetz. Ein solcher Verstoss ist ein Offizialdelikt, womit Polizei und Justiz verpflichtet sind, ein Verfahren einzuleiten, sobald sie vom Delikt erfahren. Barbara Baumgartner, Geschäftsleiterin des Untersuchungsrich-teramtes Berner Oberland, sagt, dass sie vom Artikel bisher keine Kenntnis gehabt habe. "Da der Artikel im Internet erschienen ist, muss zuerst abgeklärt werden, wo die allfällige Straftat begangen wurde und welche Behörde somit dafür zuständig ist", sagt sie. Zur Frage, ob gegen Friso Strafverfahren wegen ähnlicher Vergehen laufen, nahm die Untersuchungsrichterin keine Stellung.
Fabian von Allmen

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ANTISEMITISMUS
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20min.ch 13.11.08

"Kauft nicht bei Juden"-Plakat in Basel

Unbekannte haben am Montag an einem Lebensmittelgeschäft mit Koscher-Produkten in Basel ein Plakat mit der Aufschrift "Kauft nicht bei Juden" angebracht. Der Vorfall ereignete sich am 70. Jahrestag der Reichspogromnacht.

Das ganze Plakat lautet "Schweizer wehrt euch - Kauft nicht bei Juden", wie DAVID, das Zentrum gegen Antisemitismus und Verleumdung am Donnerstagabend mitteilte. Das Machwerk verbreite in bekannter Manier die gängigen wie üblen antisemitischen Klischees der Rechtsextremen und Neonazis.

Der Inhaber des Geschäfts habe die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet, die in solchen Fällen sowieso von Amtes wegen ermitteln müssen. In Zusammenarbeit mit der Israelitischen Gemeinde Basel suchten die Behörden den möglichen Täterkreis einzugrenzen.

Mit der von den deutschen Nationalsozialisten so genannten "Reichskristallnacht" begann in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 der organisierte Massenmord an sechs Millionen Juden.

Weltweit gedachten die Menschen dieser Nacht. Vielerorts wurde konstatiert, dass die Welt ihre Lektion aus den damaligen Greueln nichts gelernt hat, was nicht zuletzt der Basler Vorfall beweist.

Bei den von den Nazis organisierten Pogromen gegen Juden in Deutschland und Österreich wurden innerhalb weniger Stunden tausende Synagogen und jüdische Geschäfte beschädigt oder zerstört. Dutzende Juden wurden getötet und tausende in Konzentrationslager verschleppt.


Quelle: SDA/ATS

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POLIZEIGEWALT
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NZZ 14.11.08

Europarat rügt Übergriffe der Genfer Polizei

Bund und Kantone antworten auf Kritik des Anti-Folter-Ausschusses

sig

Die Schweizer Polizeikorps und die Gefängnisse erhalten vom Anti-Folter- Ausschuss des Europarats generell gute Noten. Eine Ausnahme ist wie schon bei früheren Untersuchungen die Genfer Polizei. Das Gremium befasste sich auch mit der neuen Strafprozessordnung.

sig. Der Europarats-Ausschuss "zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe" besuchte letzten Herbst zahlreiche Hafteinrichtungen in den Kantonen Aargau, Bern, Genf, Solothurn, Wallis und Zürich. Schwerwiegende und "besorgniserregende" Verstösse gegen die Europäische Anti-Folter-Konvention machte die Delegation nur im Kanton Genf aus. Der Abschlussbericht enthält mehrere Beispiele von Fällen, in denen Verhaftete in Genf nach Einschätzung des Komitees und von Schweizer Ärzten eindeutig misshandelt wurden.

Misshandlungen in Genf

Die Experten untersuchten und verglichen Hunderte von ärztlichen Bescheinigungen und Polizeirapporten und führten Gespräche mit dem medizinischen Personal. Die Rede ist vor allem von Schlägen, Fusstritten in den Genitalbereich oder "Würgetechniken", um an Drogen zu kommen, die im Mund versteckt sind. Berichtet wird auch von Polizeihunden, die am Boden liegende Häftlinge einschüchtern. Keine Beweise fand der Anti-Folter-Ausschuss für die Anwendung der sogenannten U-Boot-Folter, bei der das Opfer so lange unter Wasser getaucht wird, dass es fast erstickt. Ein Bericht des Grossen Rats hatte dem Europarats-Ausschuss entsprechende Hinweise gegeben.

Der am Donnerstag veröffentlichte Bericht enthält auch die Stellungnahmen der schweizerischen Behörden zu den einzelnen Kritikpunkten. So schreibt das Genfer Polizeidepartement, es habe 2007 zwei Rundschreiben, die jede Misshandlung von Verhafteten untersagten, dem Polizeikorps zugestellt. Das Komitee hatte die Genfer Regierung aufgefordert, das Polizeipersonal detailliert über die Bestimmungen der Folterkonvention zu informieren.

Was die "Würgetechniken" bei Drogendealern betrifft, gehen die Meinungen in Bundesbern und in Genf auseinander. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement schreibt, es habe den Kantonen empfohlen, diese zu verbieten. Das Genfer Polizeidepartement hingegen lässt nur das Würgen mit angewinkeltem Ellbogen nicht zu. Mit dem Unterarm sei die gleiche Technik aber nicht lebensgefährlich und daher in Genf erlaubt. Das Polizeidepartement will auch von einer unabhängigen Kommission, welche regelmässig die Beschwerden von inhaftierten Personen kontrolliert, nichts wissen. Es sei "vorgesehen, von Fall zu Fall auch externe Experten beizuziehen", schreibt es zu einer entsprechenden Empfehlung.

Sofort vor den Haftrichter?

Der Anti-Folter-Ausschuss äussert sich in allgemeiner Form auch zur schweizerischen Gesetzgebung. Die neue Strafprozessordnung bringe Verbesserungen, heisst es im Bericht, doch es sei immer noch möglich, dass ein Inhaftierter (zuerst als Angehaltener, dann als vorläufig Festgenommener) unter Umständen nach 96 Stunden zum ersten Mal einen Haftrichter sehe. Die Experten des Europarats kritisieren auch, dass man auf den Termin beim Haftrichter verzichten kann. Im Sinne der Folterprävention müssten alle Inhaftierten ausnahmslos vor dem Haftrichter erscheinen, damit man sie nicht zu einem Verzicht zwingen könne. Der Bundesrat hält eine sofortige Zusammenkunft mit dem Haftrichter nicht für nötig. Die Staatsanwaltschaft, die vor dem Haftrichter mit den Inhaftierten spreche, könne ebenfalls feststellen, ob jemand misshandelt worden sei.

Bedingungen in Gefängnissen gut

Den Schweizer Gefängnissen, im Unterschied zu den Haftanstalten der (Genfer) Polizei, stellen die Experten aufgrund von eigenen Befragungen an Ort und Stelle ein gutes Zeugnis aus. Die Haftbedingungen seien korrekt. In mehreren Kantonen bemängelte das Komitee einige Details, die aber seit der Visite von 2007 behoben worden sind, wie dem Bericht zu entnehmen ist. Der Anti-Folter-Ausschuss besuchte die Schweiz seit 1991 zum fünften Mal. Er versteht sich nicht als Ankläger, sondern will im Dialog Verbesserungen der Haftbedingungen erreichen. Der Bericht ist in diesem Sinne nüchtern und sachlich abgefasst, er enthält auch keine kommentierende Zusammenfassung.

www.cpt.coe.int (französisch)

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Basler Zeitung 14.11.08

Die Würgetechniken der Genfer Polizei

Das Antifolterkomitee des Europarates kritisiert Polizeipraktiken in der Schweiz

In einem Bericht des Europarates kommt vor allem die Genfer Polizei wegen rüder Methoden gegen Drogenhändler schlecht weg.

Die Delegation des "Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe" hatte 2007 mehrere Hafteinrichtungen in den Kantonen Aargau, Bern, Genf, Solothurn, Wallis und Zürich besucht.

Im Zentrum der Kritik steht die Genfer Polizei. "Wir sind über diese Befunde überrascht und besorgt. Derartige Beschwerden haben wir in der Schweiz noch nicht erlebt", sagte der belgische Delegationsleiter des Antifolterkomitees, Marc Nève.

In über zehn Fällen hätten Festgenommene über "Würgetechniken" geklagt, die angewendet würden, um im Mund versteckte oder gerade verschluckte Drogen freizulegen. Auch seien Personen in unerlaubter Weise mit Polizeihunden bedroht worden, obwohl sie bereits in Handschellen wehrlos am Boden lagen.

Besorgt äusserte sich das Komitee auch über die Inhaftierung geistig gestörter Häftlinge in Einzelhaft oder Hochsicherheitstrakten, "manchmal monate- oder sogar jahrelang". Es fehlten geeignete Institutionen, um Häftlinge mit psychischen Problemen angemessen zu behandeln, sagte Nève.

Inakzeptabel. Festgenommene in Genf hätten wiederholt geklagt, dass sie auch nach ihrer Festnahme vorsätzlich mit Fusstritten und Faustschlägen misshandelt worden seien. "Derartige Verhaltensweisen sind inakzeptabel", hält das Komitee fest. "Die Schweizer Behörden sollten diese Gewalttaten der Polizei entschieden verurteilen." Dagegen wurden in Gefängnissen der Kantone Aarau, Bern und Zürich keine Klagen über körperliche Misshandlungen registriert.

Der Bundesrat weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass die hiesigen Behörden nach dem Besuch des Komitees bereits verschiedene Empfehlungen umgesetzt haben, um den Schutz der Personen in Polizeigefängnissen, Ausschaffungszentren, Strafanstalten und Erziehungsheimen zu verbessern. Zudem werde an der Polizeischule und im Rahmen der Weiterbildung bereits seit drei Jahren darauf hingewiesen, dass der Würgegriff mit der Armbeuge untersagt sei. SDA

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BIG BROTHER SPORT
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Neue Luzerner Zeitung 14.11.08

Hooligan-Konkordat

Fans befürchten Polizeiwillkür

Organisierte Fussballfans im Kanton Luzern wollen nicht, dass die Polizei bei Spielen Sofortmassnahmen treffen kann. Dafür haben sie 3112 Unterschriften gesammelt.
von Roger Rüegger

Im Kampf gegen Hooligans kann die Polizei seit der Euro 08 bei Sportveranstaltungen sofort eingreifen. Sie kann nicht nur Rayonverbote aussprechen, sondern auch Personen für maximal 24 Stunden in Gewahrsam nehmen. Nun geht die Dachorganisation United Supporters der Fans des FC Luzern auf die Barrikaden. "Es ist bedenklich, dass gegen Leute auf blossen Verdacht hin Sanktionen verhängt werden können", sagt René Schwarzentruber, Präsident der Fanvereinigung. Das Prinzip der Unschuldsvermutung werde ausgehebelt. Die Justizdirektorin und der FCL sind sich jedoch einig, dass die Polizei bei Bedarf sofort eingreifen muss.

Stimmvolk wird entscheiden

Für das Referendum "Nein zu Polizeiwillkür" haben die Fans 3112 beglaubigte Unterschriften eingereicht. Somit hat das Stimmvolk das letzte Wort. Die Kantone Schwyz, Zug, Obwalden und Nidwalden sind dem Konkordat beigetreten, in Uri behandelt der Landrat das Thema voraussichtlich im Frühling.

Seite 21, Kommentar 5. Spalte

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Fans sind gegen Rayonverbote

Gewaltbereiten Chaoten kann die Polizei ein Rayonverbot auferlegen oder sie in Gewahrsam nehmen. Dies stösst den organisierten FCL-Fans sauer auf.
Von Roger Rüegger

Um Krawalle bei Fussballspielen zu vermeiden, kann die Polizei seit der Euro 08 Massnahmen gegen Chaoten verhängen. So kann sie Rayonverbote aussprechen, Meldeauflagen auferlegen, Leute für 24 Stunden in Polizeigewahrsam nehmen oder eine Ausreisebeschränkung verfügen. Diese Praxis wird heute schweizweit angewendet und soll auch in Zukunft gelten in den Kantonen, die dem Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen beitreten.

Doch genau dies wollen Fussballfans im Kanton Luzern verhindern. Die Fan-Dachorganisation United Supporters Luzern hat für das Referendum Nein zu Polizeiwillkür 3112 beglaubigte Unterschriften eingereicht. Damit wird das Luzerner Stimmvolk über den Beitritt zum Konkordat entscheiden.

Übeltäter sofort einsperren

"Es ist bedenklich, dass gegen Leute auf blossen Verdacht hin Sanktionen verhängt werden können", begründet René Schwarzentruber, Präsident der Fanvereinigung, ihr Referendum. Das Prinzip der Unschuldsvermutung werde dadurch ausgehebelt. Problematisch sei ausserdem, dass die Sanktionen sofort in Kraft treten, was eine wirksame Beschwerde faktisch verunmögliche. "Wenn gegen jemanden ungerechtfertigt zum Beispiel ein Rayonverbot ausgesprochen wird, nützt ihm seine Unschuld im Nachhinein nichts", so Schwarzentruber. Unbestritten sei für ihn, dass man gezielt gegen wirkliche Straftäter vorgehen müsse.

Kantonsrat Guido Luternauer (SVP, Schenkon) hat Verständnis für die Bedenken der organisierten Fans. Doch: "Es darf nicht sein, dass Chaoten erst Jahre nach ihrer Tat zur Rechenschaft gezogen werden." Nur wenn man einen Übeltäter sofort einsperre, habe dies Signalwirkung. Es stelle sich die Frage, ob die Sicherheitsbehörden nicht zu lange zugewartet hätten, um gezielt gegen Chaoten vorzugehen.

Ähnlich argumentiert Kantonsrätin Marie-Theres Knüsel Kronenberg (CVP, Dagmersellen): "Es ist zwar so, dass die Sanktionen eine Einschränkung des Grundrechts bedeuten, aber es ist im öffentlichen Interesse, dass man bei Eskalationen reagieren kann."

Leute von Stadion fernhalten

Die Notwendigkeit der Sanktionen ist für FCL-Sicherheitschef Mike Hauser unbestritten. "Wir unterstützen jede Massnahme, die gegen Randale an Spielen getroffen werden kann. Die Polizei muss einfach bestimmte Leute vom Stadion fernhalten."

Gesetz sei nötig

Die Luzerner Justizdirektorin Yvonne Schärli bringt es auf den Punkt: "Solange es in den Sportstadien Probleme gibt, muss die Polizei die Möglichkeit haben, zu handeln und durchzugreifen." Das Gesetz sei nötig. "Wenn wir es nicht anwenden müssen, dann haben wir unser Ziel erreicht."

Zentralschweizer sind dabei

Die Luzerner Stimmbürger sind schweizweit die ersten, die über das so genannte Hooligan-Konkordat abstimmen können. Im Kanton Aargau wurde im Oktober ein Referendum lanciert. Die Zentralschweizer Kantone Schwyz, Zug, Obwalden und Nidwalden sind dem Konkordat bereits beigetreten, in Uri behandelt der Landrat das Thema voraussichtlich im Frühling.

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GIPFEL-SOLI-NEWS 13.11.08
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gipfelsoli.org/Newsletter 13.11.08

13.11.2008 Genua

- Genua: Urteil im Diaz-Verfahren - 35 Jahre für nur 13 Polizisten
- Presseschau zum Diaz-Urteil in Genua
- Erste Statements zu den Urteilen im Diaz-Verfahren
- La Repubblica: Die halbierte Gerechtigkeit
- G8: Diaz, die Sondereinheit VII Nucleo wird den Kassationshof anrufen
Mehr: http://info.gipfelsoli.org/Newsletter/5720.html