MEDIENSPIEGEL 25.11.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Reitschule: Achse GFL-Ott krebst zurück
- Karrieregei(GF)l: Mosza for Grossrat
- Zaffaraya 3.0 im Café Kairo
- Sicherheits-Rückblick auf Telebärn
- Keine neue Drogenszene in Thun
- Neonazis Sempach
- RAF: Christian Klar kommt frei

------------------------
REITSCHULE
------------------------

Nov 08: Beteiligt Euch an der Vorplatz-Präsenz!!!

PROGRAMM:

Di 25.11.08  
19.00 Uhr - Kino   - Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen. Vernissage Kalender: '1001 Grund, den Kopf zu bedecken' mit Apéro (für Frauen)
20.00 Uhr - Kino - Football under Cover
20.30 Uhr - Tojo - Lustiger Dienstag 37 - Mehr als Variété. LuDi-Crew und Gäste

Mi 26.11.08
19.00 Uhr - SousLePont - Bangladesh Spezialitäten
22.00 Uhr - SousLePont - Offene Bühne

Do 27.11.08
20.00 Uhr - Frauenraum - HINTERHOF-LOUNGE - Hinterhof goes Karaoke!
20.30 Uhr - Tojo - Das Geheimnis von Ali Biçer. Theater Ararat
20.30 Uhr - Kino - UNCUT - Warme Filme am Donnerstag: BANGKOK LOVE STORY (PUEN) - Paj Arnon, Thailand 2007
21.00 Uhr - Dachstock - The Dynamites feat. Charles Walker (Outta Sight/USA) > Funk & Soul!

Fr 28.11.08
20.30 Uhr - Tojo - Das Geheimnis von Ali Biçer. Theater Ararat
21.00 Uhr - Kino - Dogma und mehr: BROTHERS - Susanne Bier, Dänemark 2004
21.00 Uhr - Frauenraum - Tanz-Bar - Gesellschaftstänze und Disco für Frau + Frau, Mann + Mann & Friends mit Musik von DJ Irene (ab 19.30 Uhr Crashkurs)
22.00 Uhr - Dachstock - edIT & Glitch Mob (USA) > Elektro-Hop
22.00 Uhr - Grosse Halle - UNREAL - drum & bass festival: Bryan G (UK), Goldie (UK), Bad Company (UK), Calyx (UK), Teebee (N), MC Fearless (UK), MC Rage (UK), Deejaymf, VCA, Silent Extent, S.I.P. & MC Matt (CH); Visuals by VJmag

Sa 29.11.08
20.00 Uhr - Frauenraum - Kampagne "16 Tage" - Stop Murder Music: Homophobie und Homohass nicht nur im Dancehall-Reggae; Infoveranstaltung
20.30 Uhr - Tojo - Das Geheimnis von Ali Biçer. Theater Ararat
21.00 Uhr - Kino - Dogma und mehr: BROTHERS - Susanne Bier, Dänemark 2004
22.00 Uhr - Frauenraum - Kampagne "16 Tage" - Stop Murder Music, Party mit tightspotselection: DJ Luzius aka the ruler (ZH) & DJane Queen Horror (BE) > Rocksteady und Reggae
22.00 Uhr - Grosse Halle - presented by ammonit events: 10 YEARS AMMONIT! GusGus LIVE (ISL), 2ManyDJs (B), Round Table Knights; Visuals by Walldisplay


Infos: www.reitschule.ch

----------------------------
ACHSE GFL-OTT
----------------------------

Bund 25.11.08

Gespräche RGM-Reitschule

Vereinsstrukturen sind kein Thema mehr, dafür "verbindlichere Strukturen"

Die GFL/EVP-Fraktion hat sich heuer in der Reitschule keine Freunde gemacht. "Die Reitschule kann auf Gewalt nicht richtig reagieren, basisdemokratische Mechanismen sind dafür viel zu langsam", sagte GFL-Stadtrat Erik Mozsa und reichte eine Motion ein, die unter anderem die Abschaffung der Basisdemokratie und verbindliche Strukturen in der Form eines Vereins verlangte. Die erste Reaktion aus der Reitschule war heftig: Mozsa wurde im Kulturzentrum angerempelt und trat schliesslich aus dem Förderverein aus. In einem offenen Brief sprachen die Reitschul-Betreiber von einem "ernsthaften Versuch" der GFL, die Reitschule "in ihrer Eigenständigkeit und Kreativität zu zerstören". Der Gemeinderat wiederum beantragte dem Stadtrat zwar, die Motion für erheblich zu erklären - inhaltlich nahm er jedoch nicht Stellung dazu.

An einem jüngst erfolgten Treffen zwischen den Parteien von Rot-Grün-Mitte (RGM) und der Interessengemeinschaft Reitschule (Ikur) war die Abschaffung der Basisdemokratie kein Thema mehr. "Wir haben zwar über eine stärkere Verbindlichkeit, aber nicht über die Rechtsform der Reitschule gesprochen", sagt GFL-Fraktionschef Peter Künzler. Probleme bei der Kommunikation im Konfliktfall gebe es genug. "Wir haben ihnen gesagt, wo für uns die heiklen Punkte in Sachen Vorplatz-Szene, Bar und Polizei-Einsätze sind", sagt Künzler.

Wer ist wofür zuständig?

SP und GB drücken sich vorsichtiger aus. SP-Fraktionschefin Giovanna Battagliero spricht von einem "Informationsaustausch", der künftig regelmässig erfolgen soll. Und GB-Kofraktionschef Hasim Sancar lobt den "fruchtbaren Austausch", welcher der Verbesserung des Informationsflusses zwischen Reitschule, Verwaltung und RGM diene. Die SVP-Initiative zum Verkauf der Reitschule, die demnächst zustande kommen dürfte, sei kein grosses Thema gewesen, betonen Battagliero und Sancar unisono.

Um die Kommunikation zwischen Reitschule, Stadt und Polizei war es in den letzten Monaten nicht zum Besten bestellt, wie auch Giorgio Andreoli vom Trägerverein Grosse Halle sagt. Die Strukturen innerhalb der Reitschule müssten klarer gegen aussen kommuniziert werden. "Für die Öffentlichkeit muss klarer werden, wer wofür zuständig ist", sagt Andreoli. Bei Veranstaltungen sei das klar, im Konfliktfall jedoch weniger.

Andreoli weist darauf hin, dass bis Mitte dieses Jahres regelmässig Gespräche zwischen Stadt, Polizei und Reitschule zur Einhaltung von Leistungsvertrag und Sicherheitsvereinbarung stattgefunden hätten. Diese Gespräche müssten fortgeführt werden, sagt Andreoli. Die Stadt sucht derzeit einen Nachfolger für den einstigen Kultursekretär Christoph Reichenau, der diese Gespräche leitete. (bob)

-----------------------------------
KARRIEREGEI(gf)L
-----------------------------------

Bund 25.11.08

Erik Mozsa wird Grossrat

Stadt Bern Eigentlich war alles so schön aufgegleist: Für die zurücktretende Grossrätin Anna Coninx (grüne), die nach Zürich zieht, hätte Johanna Dürst-Lindt in den Grossen Rat nachrutschen sollen. Ende September wurde jedoch publik, dass Dürst-Lindt Anfang Dezember die Leitung der heilpädagogischen Schule Bern übernimmt. Wer sollte also den Sitz von Anna Coninx übernehmen? Die GFL Stadt Bern, die für die Besetzung des Sitzes zuständig ist, fand zunächst keinen Ersatz. Dabei ist der Rücktritt des Zugpferdes Coninx für die Partei schon Verlust genug. Obwohl nicht mehr im Stadtrat ziert das Konterfei der Juristin den Stadtrats-Wahlprospekt der GFL. Coninx sass vier Jahre im Stadtrat und zweieinhalb Jahre im Kantonsparlament. Die Juristin will nun ihre wissenschaftliche Karriere vorantreiben.

Grünliberalen Sitz verhindern

Die Situation für die GFL wurde aber noch delikater: Weil die Stadtratsmitglieder Erik Mozsa und Anna-Magdalena Linder ursprünglich abgesagt hatten und Matthias Vatter ebenfalls nach Zürich gezogen ist, wäre Daniel Weber ins Kantonsparlament nachgerutscht. Weber politisiert heute aber für die Grünliberalen und kandidiert für den Stadtrat. Der einstige GFL-Präsident trat im Januar 2007 unter Protest aus der Partei aus, nachdem ihn die Parteileitung bei der Nomination der Nationalratskandidaten übergangen hatte. Angesichts dieser Ausgangslage hat sich Erik Mozsa doch noch entschlossen, Coninx' Sitz zu erben. Im Doppelmandat Stadtrat/Grossrat sieht Mozsa kein Problem. "Ganz im Gegenteil. So habe ich die Möglichkeit, Synergien zu nutzen", sagt Mozsa.

Für GFL-Präsident Manuel Widmer wäre ein Nachrutschen Webers undenkbar gewesen. "So wären die Grünliberalen auf Kosten der Grünen gratis im Kantonsparlament gelandet." Von einer dünnen Personaldecke bei der GFL Stadt Bern will Widmer nichts wissen. (bob)

---------------------------
ZAFFARAYA 3.0
---------------------------

Bund 25.11.08

Film: "Zaffaraya 3.0" von Andreas Berger

Gespräche statt Gewalt

In Bern verteidigen AJZ-Veteranen die in den 1980er-Jahren eroberten Nischen. Anders als früher setzen Behörden und Polizei heute mehr auf Dialog als auf Gewalt. Der Berner Filmemacher Andreas Berger machte sich mit seinen Filmen "Berner Beben" (1987-1990) und "Ruhe und Unordnung" (1993) einen Namen als Chronist der Berner Jugendbewegung. In "Zaffaraya 3.0" porträtiert er sechs Autonome aus verschiedenen Generationen und einen Polizisten. Entlang der Reibungsflächen zwischen den Aktivisten und der Polizei lädt der Film ein zu einer Reise in die Innenräume der anarchistischen Subkultur. Der Dokumentarfilm kommt im Herbst 2009 in die Kinos. Andreas Berger stellt exklusiv erste Ausschnitte vor und erzählt von schwierigen Produktionsbedingungen und mitunter turbulenten Dreharbeiten. (kul)

Café Kairo, Dienstag 25. November, 20.30 Uhr

---

http://www.rectv.ch/filme/fi_zaffaraya.html

----------------------
SICHERHEIT
---------------------

Telebärn 24.11.08

Stadt Bern kämpft mit Sicherheitsproblem

Die Hemmschwelle für Gewalttaten sinkt: In Bern gibt es immer häufiger Gewalt-Verbrechen.
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Stadt-Bern-kaempft-mit-Sicherheitsproblem/story/13572517

--------------------------
DROGENSZENE
--------------------------

Thuner Tagblatt 25.11.08

Trotz Abweisung von Oberländer Junkies in Bern:

Keine neue Drogenszene in der Thuner Innenstadt

Oberländer Junkies werden im Berner Fixerstübli abgewiesen. Das hat in Thun nicht zu einer neuen offenen Drogenszene geführt.

Seit dem 1.November haben Oberländer Drogensüchtige im Fixerstübli der Stadt Bern keinen Zutritt mehr. Diese Massnahme wird nach Auskunft der Verantwortlichen konsequent umgesetzt: Alle Junkies müssen sich ausweisen; täglich werden noch immer zwei bis drei Personen aus dem Oberland abgewiesen. Trotzdem hat die Polizei in Thun seither keine neue offene Drogenszene festgestellt. Sie musste auch nicht mehr Wegweisungen aussprechen.

Dafür wird das erweiterte Angebot für Süchtige in Thun beansprucht: So werden etwa mehr Spritzen umgetauscht. Und täglich benutzen mehrere Personen den neuen Konsumraum in der Notschlafstelle. "Offensichtlich sind wir in der Lage, mit den getroffenen Massnahmen in Thun die Abweisungen in Bern aufzufangen", zieht Gemeinderat Andreas Lüscher (SVP) eine erste Bilanz nach rund drei Wochen. Der Thuner Sozialvorsteher will die Entwicklung weiterhin genau beobachten. Er erhält regelmässige Berichte jener Institutionen, welche die Drogensüchtigen betreuen - und will reagieren, sollte sich die Situation verändern.
mik

Seite 23

--

Polizei muss nicht öfter eingreifen

"Wir setzen die Massnahme seit dem 1. November konsequent um", sagt Ines Bürge, Leiterin der von Contact Netz betriebenen Stadtberner Kontakt- und Anlaufstelle für Drogensüchtige. Das bedeutet: Am Eingang stehen Securitas-Mitarbeiter, bei denen sich alle Junkies ausweisen müssen. Wer aus dem Oberland kommt, wird abgewiesen.

Diese vom Kanton verfügte Massnahme wurde ergriffen, weil das Fixerstübli überlastet ist (wir berichteten). Bürge spricht von zwei bis drei Personen, die pro Tag abgewiesen werden. "Die Leute waren gut informiert, deshalb kommt es nicht zu Ansammlungen von Süchtigen aus dem Oberland." Ob sich die erhoffte Erleichterung einstellt, sei noch schwierig zu sagen. "Wir erheben die Zahlen und sind daran, sie auszuwerten", sagt Ines Bürge. Ganz allgemein stelle sie immer wieder Wellenbewegungen fest - Einflüsse hätten etwa auch externe Faktoren wie die kürzlich aufgehobene Szene auf dem Vorplatz der Reitschule. Und: "Mit den Ausweiskontrollen haben wir einen Mehraufwand." Wer keine entsprechenden Papiere auf sich trage, habe die Möglichkeit, sich von der Anlaufstelle einen Ausweis ausstellen zu lassen. Ist die Person noch nicht registriert, braucht es dazu aber eine Wohnortbestätigung.

Keine Reklamationen

Und wie hat sich die Situation in Thun verändert? Gemeinderat und Sozialvorsteher Andreas Lüscher (SVP) zieht nach drei Wochen eine erste Bilanz und sagt: "Bisher habe ich keine Reklamationen erhalten, dass sich die Situation im öffentlichen Raum negativ entwickelt hat." Dies bestätigt Erwin Rohrbach, Leiter der Abteilung Sicherheit. "Von der Polizei mussten nicht mehr Wegweisungen verfügt werden. Neue Szenebildungen wurden nicht festgestellt."

Spritzen werden getauscht

Laut Lüscher ist zwar bei den optimierten bestehenden Einrichtungen in Thun - unter anderem ein ausgebauter Spritzentausch und ein neuer Konsumationsraum in der Notschlafstelle - eine Zunahme von "Kundschaft" feststellbar. "Aber nicht so, dass es aus dem Ruder läuft." Kurt Berger, Regionalleiter Contact Thun-Oberland, präzisiert: "Es werden vermehrt Spritzen umgetauscht." Auch das zweimal pro Woche durchgeführte Essen stosse auf Anklang: Es seien jeweils rund 15 Personen anwesend. Zurzeit wird erhoben, wieviele Personen das Fixer-stübli in Bern benutzt haben. "Von bisher elf Befragten haben fünf die Anlaufstelle täglich besucht, zwei weitere bis zu vier Mal pro Woche", sagt Berger.

Einige versuchten immer noch, ins Fixerstübli reinzukommen. Dass der Konsum in den Thuner Contact-Angeboten nicht möglich sei, frustriere viele Süchtige. "Sie brauchen Zeit, müssen sich neu organisieren", sagt Berger und ergänzt, dass die längeren Öffnungszeiten der geschützten Arbeitsplätze der Werkstatt 18 auf ein gutes Echo stossen.

Madeleine Rupp, Geschäftsleiterin Wohnhilfe Region Thun, sagt: "Nach so kurzer Zeit verbindliche Aussagen zu machen, ist schwierig. Was sich zu bewähren scheint, ist die Betreuung nachts in der Villa Schlossberg." Die Bewohner nutzen laut Rupp das Angebot, Nachtwachen als Ansprechpartnerinnen zu haben und sind entsprechend mehr im Haus - und nicht auf der Gasse. Hingegen scheine ein Essen für Externe mittags keinem Bedürfnis zu entsprechen.

Deal ist ein Problem

Der Konsumraum in der Notschlafstelle werde täglich von mehreren Personen genutzt. "Darunter hat es auch einige, die sich vorher mehrmals wöchentlich in Bern aufhielten", führt Madeleine Rupp aus. Und: "Wie überall, wo sich suchtmittelabhängie Personen aufhalten, ist der Deal ein Problem. Hier müssen wir genau hinschauen und mit Sanktionen reagieren."

Regelmässige Berichte

Der Gemeinderat erhält von Contact und der Wohnhilfe regelmässig Berichte. "So können wir negativen Entwicklungen wenn nötig sofort Rechnung tragen. Aber zurzeit gibt es keine Anzeichen, dass das nötig wäre", sagt Andreas Lüscher und fügt an: "Offensichtlich sind wir in der Lage, mit den getroffenen Massnahmen in Thun die Abweisungen in Bern aufzufangen." Es sei aber auch schwierig, nach drei Wochen aussagekräftige Tendenzen auszumachen. "Wir können uns jetzt sicher nicht zurücklehnen." Darum seien die regelmässigen Berichte von Contact und Wohnhilfe wichtig.

Michael Gurtner

--

Kommentar

Am selben Strick ziehen

Michael Gurtner

Geht es um Drogenpolitik, prallen Weltanschauungen aufeinander. So auch in Thun. Um festzustellen, dass ein SVP-Gemeinderat das drogenpolitische Heu nicht immer auf der selben Bühne hat, wie die "Suchtarbeiter" an der Front, braucht es keine hellseherischen Fähigkeiten. Die Konsequenz kann nun sein, dass man sich gegenseitig bekriegt und dem jeweils anderen Unfähigkeit vorwirft. Oder das Gegenteil - so, wie es in Thun geschieht: Die Beteiligten unterstützen sich gegenseitig, suchen trotz Meinungsverschiedenheiten nach einem Weg, den alle gehen können. Man kann das einen gut schweizerischen Kompromiss nennen. Oder einfach gesunden Menschenverstand.

In der Stadt Thun arbeiten Behörden, Polizei und Institutionen - Contact Thun-Oberland, Wohnhilfe Region Thun, Verein für die Integration und Behandlung suchtkranker Menschen - zusammen. Das Ziel: Den Schaden für die Süchtigen und für die Öffentlichkeit möglichst klein halten. Der Erfolg gibt ihnen recht - auch wenn "Erfolg" gerade im Bereich Drogenpolitik ein relativer Begriff ist: Die suchtfreie Gesellschaft ist und bleibt Utopie.

Umso wichtiger, dass die Verantwortlichen in Thun so weiterarbeiten können und die Bemühungen und getroffenen Massnahmen nicht torpediert werden. Dazu braucht es die Unterstützung von Politik und Gesellschaft. Und ein Ja am nächsten Wochenende in der Abstimmung über das Betäubungsmittelgesetz, wo etwa die auch in Thun breit abgestützte Heroinabgabe gesetzlich verankert wird.

m.gurtner@bom.ch

--------------------
NEONAZIS
-------------------

20min.ch 24.11.08

Sempach: Neonazis im Visier der Politik

Die Schlachtfeier in Sempach wurde in den letzten Jahren von immer mehr Rechtsextremen besucht und politisch ausgeschlachtet.

Die Fraktion der Grünen macht sich Sorgen und hat deshalb im Kantonsrat eine Anfrage eingereicht. "Die Problematik liegt darin, dass ein offizieller Anlass des Kantons Luzern missbraucht wird", sagt Kantonsrat Nino Froelicher. Er will nun unter ­anderem wissen, ob der Regierungsrat das Konzept und den Inhalt der Feier überprüfen will. "Dies ist meiner Meinung nach nötig, da mittlerweile rund ein Drittel der erwachsenen Teilnehmer die Feier politisch instrumentalisieren", so Froelicher weiter.

dag

---

gruene-luzern.ch 3.11.08

Rechtsextreme an der Sempacher Schlachtfeier

Anfrage von Nino Froelicher und Mitunterzeichnenden

Die Instrumentalisierung der mittelalterlichen Schlachttoten von Sempach ist so alt wie die schriftlichen Aufzeichnungen über ihren vermuteten Verlauf. Neueren Erkenntnissen zufolge wurde die Stätte um 1500 erstmals politisch instrumentalisiert, als die Tradition eines habsburgischen Totengedenkens von den Eidgenossen übernommen und als identifikationsstiftende Massnahme in eine eidgenössische Schlachtgedenkfeier umgewandelt wurde. Weitere politische Instrumentalisierungsbestrebungen sind in Zeiten verstärkter Nationalmythenbildung im 19. Jahrhundert oder in Zeiten der geistigen Landesverteidigung im 20. Jahrhundert zu beobachten.

Aktuell wird ein unseres Erachtens unerträglicher Versuch organisierter rechtsextremer Gruppen unternommen, die Schlachtfeier für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren. Deren Mitglieder vertreten ein Weltbild, das Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer politischen Einstellung erklärtermassen diskriminiert. Ein Weltbild, das an nationalsozialistische und faschistische Wertvorstellungen anknüpft, das die Macht des Stärkeren und die Ungleichheit der Menschen postuliert. Mit dem Aufmarsch in Sempach werden diese Wertvorstellungen zum Ausdruck gebracht und legitimiert.

Die Sempacher Schlachtfeier gehört zu den politischen Eckdaten des Kantons Luzern. An dieser vom Kanton organisierten Feier erscheint der Regierungsrat traditionellerweise in corpore, zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern kommunaler Exekutiven wie auch mit Vertretern von Kirchen und Armee. Gemeinsam marschieren sie vom Städtchen bis zum Schlachtgelände, wo dann die Feier mit Verlesen eines Schlachtbriefes und mit einer Festrede stattfindet.

Seit 2003 marschieren jeweils im Festzug auch organisierte Gruppen von Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten mit. Sie trugen dabei mehrmals auch die Parteifahne der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) mit sich. Die Zahl der mitmarschierenden Rechtsextremisten ist angestiegen. Im Jahr 2008 nahmen mindestens 240 daran teil. Sie stellten damit bereits rund ein Drittel aller erwachsenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Seit mindestens zwei Jahren legen die Rechtsextremisten kurze Zeit nach Ende der offiziellen Veranstaltung ungehindert von den Veranstaltern am Gedenkstein für Arnold Winkelried einen Kranz nieder, im Jahr 2007 mit der Aufschrift "Euer Schicksal - unser Erbe. Eidgenossen, Harus!" Bereits bei den Fröntlern der Zwischenkriegszeit war der Gruss "Harus" beliebt.

2008 hielt ein rechtsextremer Redner vor der Kranzniederlegung auch eine kurze Rede. Tage später erklärte der PNOS-Sprecher gegenüber einer Gratiszeitung: "Im Gegensatz zum Rütli können wir in Sempach ungehindert demonstrieren." Und weiter: "Die PNOS marschiert vermehrt an solchen ländlichen Heldenfeiern auf, weil die Städte unsere Kundgebungen fast immer verbieten."

Wir bitten den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Erachtet es der Regierungsrat nicht auch für problematisch, dass er zunehmend zum Mitorganisator einer rechtsextremistischen Demonstration wird und Bewegungen wie der PNOS, der "Helvetischen Jugend" oder den "Hammerskins" eine ideale Plattform bietet?

2. Ist der Regierungsrat nicht auch der Ansicht, dass eine rechtsextreme Demonstration an einer vom Kanton organisierten Feier politisch unerwünscht ist?

3. Was gedenkt der Regierungsrat zu tun, damit Rechtsextremisten in den kommenden Jahren nicht mehr an der Schlachtfeier als eigener Block auftreten, weder am Marsch zum Schlachtgelände, noch an der Gedenkfeier, noch - unmittelbar nach der Gedenkfeier - eine eigene kleine Feier samt Kranzniederlegung abhalten?

4. Ist der Regierungsrat nicht auch der Meinung, dass Konzept und Inhalt der Schlachtgedenkfeier zu überprüfen sind, wenn die politische Instrumentalisierung so weit gediehen ist, dass rund ein Drittel aller erwachsenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Kantonsanlass als ländliche Heldenfeier für ihren eigenen politische Aufmarsch und Huldigungsanlass missbraucht?

----------
RAF
----------

Bund 25.11.08

Führender Terrorist Christian Klar kommt frei

Deutschland Der ehemalige RAF-Terrorist Christian Klar kommt nach 26 Jahren im Gefängnis auf freien Fuss. Er wird am 3. Januar zur Bewährung entlassen, wie das Oberlandesgericht Stuttgart mitteilte. Klar war in den Siebzigerjahren einer der führenden Köpfe der zweiten Generation der linksterroristischen Roten Armee Fraktion (RAF). Der inzwischen 56-Jährige wurde 1985 wegen neunfachen Mordes und elffachem Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt.

Das Gericht gehe nicht davon aus, "dass von Christian Klar erneut erhebliche Straftaten zu befürchten sind", sagte eine Sprecherin des Oberlandesgerichts. Die Aussetzung der Reststrafe war auch von der Bundesanwaltschaft befürwortet worden.

Klar wurde seinerzeit im selben Prozess wie Brigitte Mohnhaupt wegen aller Taten der RAF seit 1977 für schuldig befunden. Dazu zählten die Morde an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seiner Begleiter, am Vorstandssprecher der Dresdner Bank AG, Jürgen Ponto, und am Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. (sda)

Kommentar rechts, Seite 3

--

RAF-Terrorist bald frei

Christian Klar wurde auch wegen schwerer Verbrechen in der Schweiz verurteilt

Erich Aschwanden, Berlin

Nach 26 Jahren im Gefängnis wird Christian Klar Anfang des kommenden Jahres aus der Haft entlassen. Reue hat das ehemalige Mitglied der Roten Armee Fraktion (RAF) im Gefängnis nicht gezeigt.

Nach 26 Jahren im Gefängnis wird der ehemalige RAF-Terrorist Christian Klar am 3. Januar 2009 vorzeitig entlassen. Dies hat das Oberlandesgericht Stuttgart gestern entschieden. Die Bewährungsfrist wurde auf fünf Jahre festgesetzt. Das Gericht sehe keine Anhaltspunkte dafür, dass vom 56-Jährigen eine Gefahr für die Öffentlichkeit ausgehe, erklärte Gerichtssprecherin Josefine Köblitz. Zu einer positiven Prognose war unter anderem ein Gutachten der Bundesanwaltschaft gekommen. Positiv habe sich für Klar ausgewirkt, dass die Rote Armee Fraktion (RAF) seit 1989 unter seiner aktiven Mitwirkung aufgelöst ist.

Das einstige Führungsmitglied der zweiten Generation der RAF sitzt seit 1982 in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal ein. Klar war 1985 wegen neunfachen Mordes und elffachen Mordversuches verurteilt worden. Unter anderem soll er 1977 an den Morden an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und dem Chef der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, beteiligt gewesen sein. Auch bei der Entführung und Ermordung des deutschen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer hat er eine führende Rolle gespielt.

Die blutige Spur Klars führte aber auch in die Schweiz. Am 5. Januar 1977 schoss er in Riehen (Baselland) aus kurzer Distanz mehrfach auf einen Schweizer Zöllner, der schwer verletzt überlebte. Klar schoss zudem auf einen Autofahrer, dessen Wagen er zur Flucht stehlen wollte. Am 19. November 1979 überfielen Klar und drei Mittäter eine Filiale der Schweizerischen Volksbank in Zürich. Auf der Flucht durch die Innenstadt schossen sie wild um sich. Dabei wurde im Shop-Ville unter dem Hauptbahnhof eine unbeteiligte Passantin tödlich getroffen. Zudem wurden mehrere Polizisten schwer verletzt.

Keine Zeichen von Reue

Während seiner ganzen Haftzeit bekundete Klar nie Anzeichen von Reue für die von ihm und anderen RAF-Aktivisten begangenen Morde. Zwei Gnadengesuche an die Bundespräsidenten Johannes Rau (2003) und Horst Köhler (2007) wurden von den Staatsoberhäuptern abgelehnt.

Das im letzten Jahr gestellte Gesuch löste in Deutschland eine breite Diskussion über Schuld und Sühne dreissig Jahre nach dem Höhepunkt des RAF-Terrors aus. In dieser Phase äusserte Klar in einer Grussbotschaft an die Rosa-Luxemburg-Konferenz die Hoffnung, die Zeit sei jetzt gekommen, "die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen".

Michael Buback, Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts, hielt Klar gestern in einem Interview vor, er habe sich immer noch nicht zu den Einzelheiten der Tat geäussert. "Er hat sehr wichtige Informationen. Aber ich gehe nicht davon aus, dass wir als Angehörige praktisch noch diese Gnade erwiesen bekommen, dass man uns dies endlich noch sagt", erklärte Buback. Der bayrische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach von einer unverständlichen Missachtung des Rechtsempfindens. "Solange Christian Klar kein Mitleid mit seinen Opfern und deren Familien hat, verdient er auch selbst kein Mitleid", sagte Herrmann.

Praktikum im Theater

Nach seiner Entlassung könnte Christian Klar ein Praktikum am Berliner Ensemble machen. Bereits 2003 hat Theaterintendant Claus Peymann ihm dieses Angebot gemacht. In einer Mitteilung des früheren Brecht-Theaters hiess es, man gehe davon aus, dass Klar den Praktikumsplatz in der Technik annehme. Peymanns Sympathien für die RAF gehen bis in die Siebzigerjahre zurück. 1977 stand er kurz vor dem Rauswurf beim Stuttgarter Schauspiel, weil er zu Spenden für die inhaftierte Terroristin Gudrun Ensslin aufrief. Nach der Freilassung Klars sitzt als einzige Ex-Terroristin der RAF nur noch Birgit Hogefeld im Gefängnis.

--

Kommentar

Dem Recht Genüge getan

Erich Aschwanden

Ab nächstem Januar ist der wegen neunfachen Mordes verurteilte Ex-Terrorist der Roten Armee Fraktion (RAF), Christian Klar, wieder ein freier Mann. Für die Angehörigen der Opfer, die die rücksichtslos und brutal vorgehende Terrorgruppe gezielt ermordete oder zufällig tötete, mag dies ein unerträglicher Gedanke sein. Aus rechtsstaatlicher Sicht ist diese Entlassung jedoch zwingend. Die Richter haben beim heute 56-Jährigen eine besondere Schwere der Schuld festgestellt. Die 26 Jahre, die Christian Klar hinter Gittern sass, sind deshalb das höchstmögliche Urteil. Diese sind vorbei und dem Recht ist Genüge getan.

Wenn Politiker, insbesondere der Christlich-Sozialen Union (CSU), die vorzeitige Entlassung kritisieren, dann kochen sie ein populistisches Süppchen. Es ist nicht Mitleid, wie der bayrische Innenminister Joachim Herrmann moniert, das der linksextremistische Terrorist erhält. Es ist jene Behandlung, wie sie jeder Täter verdient, der seine Strafe abgesessen hat. Eine Gesinnungsjustiz, die in Diktaturen dazu dient, Andersdenkende mundtot zu machen, kennen wir in unserer Demokratie zum Glück nicht. Das ist dem promovierten Juristen Herrmann sehr wohl bewusst.

Es liegt allein an Christian Klar, ob er nach seiner Haftentlassung die verquere RAF-Ideologie endgültig hinter sich lässt. Er muss mit seinem Gewissen ausmachen, ob er das Schweigen bricht und Licht in dieses düstere Kapitel deutscher Geschichte bringen will. Für die meisten Angehörigen der Opfer wäre es eine grosse Erleichterung, zu erfahren, warum und wie ihre Liebsten sterben mussten. Wenn sich der ehemalige Terrorist mit dem Schritt aus der Haftanstalt zu diesem Schritt entschliessen könnte, würde er Menschlichkeit zeigen, die ihm bisher abging.

---

Tagesanzeiger 25.11.08

Der Schatten einer anderen Zeit

Von Sascha Buchbinder, Berlin

Er war unterwegs zu einem Waffenlager der Roten-Armee-Fraktion, als er im November 1982 festgenommen wurde. Wegen neun Morden und elf versuchten Morden wurde Christian Klar von der deutschen Justiz zu fünfmal lebenslänglich plus 15 Jahren Haft verurteilt. Gestern hat das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden, dass er nach 26 Jahren Haft Anfang Januar 2009 freigelassen wird. Obwohl er bis heute keine Reue zeigt und sich weigert, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Die Richter begründeten die Freilassung damit, dass Klar keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit sei.

Zwischen 1977 und 1982 war das anders: Christian Klar war an fast allen Verbrechen der RAF irgendwie beteiligt. Egal ob Geiselnahme, Attentat oder Raub. Ganz konkret sah sein Kampf gegen das "Schweinesystem", wie die RAF es nannte, so aus: Christian Klar, 24-jährig, schoss am 5. Januar 1977 zum ersten Mal auf einen Menschen. Ein Schweizer Zöllner war ihm bei Riehen in die Quere gekommen. Klar feuerte mehrmals, aus nächster Nähe. Der Zöllner ging zu Boden. Klar schoss weiter. Oder am 19. November 1979. Eine Gruppe der RAF hatte in Zürich eine Bank überfallen. Auf der Flucht zerrte Klar eine Blumenhändlerin aus ihrem Auto, stiess sie zu Boden und schoss der Frau in die Brust. Beide Male überlebten die Opfer.

Später sagte ein Komplize über Klar: "Wenn er mal anfing zu schiessen, konnte er nicht mehr aufhören - bis das Magazin leer war."

Was ist das für ein Mensch, der so etwas tut? Die Öffentlichkeit kennt Klar von einem einzigen Interview. Er wirkt darin wie das unheimliche Echo aus den wütenden Terrorjahren. Das Fernsehinterview führte der Journalist Günter Gaus 2001 im Gefängnis. Zu sehen ist Klar als Häftling: Ein ausgemergeltes Gesicht, ein schlaksiger Körper im Trainingsanzug, die Augen in zwei dunkeln Höhlen, die Zunge ungelenk. Gaus meinte, er sei einem gebrochenen Mann gegenübergesessen. Doch die Sätze, die Klar damals formulierte, waren wie tiefgefroren und hinübergerettet aus den Terrorjahren. "Wenn jemand an die Wand gedrückt wird, muss er kämpfen", rechtfertigte sich Klar. Gefragt nach Schuldbewusstsein, nach Reue erwiderte er: "In dem politischen Raum, vor dem Hintergrund von unserem Kampf sind das keine Begriffe." Und fügte hinzu: "Ich überlasse der anderen Seite", also den Opfern, "ihre Gefühle", aber er mache sie sich nicht zu eigen.

Reue ist ihm fremd. Aber die Stuttgarter Richter hielten ihm zugute, dass er 1998 selbst an der Auflösung der RAF mitgewirkt habe, nachdem er sich 1997 vom bewaffneten Kampf losgesagt hatte. Dass er sich nicht von seinen Taten distanziere, sei für die überlebenden Opfer und ihre Angehörigen eine schwere Belastung, aber das sei kein Grund, ihn weiter im Gefängnis zu behalten, meinten die Richter.

Nächstes Jahr kommt Christian Klar deshalb frei, 54-jährig, vorzeitig freigelassen vom "Schweinesystem". Er kommt in Freiheit als ein Mann, der angekündigt hat, er wolle künftig in der Legalität leben. Er wird auf eine Welt treffen, die nichts mehr anzufangen weiss mit seinen Sätzen. Das wurde letztes Jahr deutlich, als Klar eine Grussbotschaft an Genossen verfasste, in der er erklärte, es gelte heute, "die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen".

Was er in der Freiheit machen soll? Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, hat ihm eine Praktikumsstelle angeboten. Weil er findet, Klar sei eine tragische Figur - ähnlich Brechts Heiliger Johanna der Schlachthöfe. Die will die Welt retten und scheitert dabei ganz furchtbar.