MEDIENSPIEGEL 27.11.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo, DS, GH)
- Massen-Rausch
- Thun: Alkies als "Problem"
- Winterthur: Alki-Treffpunkt
- St. Gallen: Wegweisungs-Orgie
- Neonazis vor Bundesgericht
- St. Gallen will mehr Polizei
- Langenthal: Porzellan-Hakenkreuz weg
- Grenoble: Capleton-Konzert abgesagt
- Heks: Immer noch Knatsch wegen Nestlé-Chef
- Anti-Atom: Energiewende-Initiative

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REITSCHULE
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Nov 08: Beteiligt Euch an der Vorplatz-Präsenz!!!

PROGRAMM:

Do 27.11.08
20.00 Uhr - Frauenraum - HINTERHOF-LOUNGE - Hinterhof goes Karaoke!
20.30 Uhr - Tojo - Das Geheimnis von Ali Biçer. Theater Ararat
20.30 Uhr - Kino - UNCUT - Warme Filme am Donnerstag: BANGKOK LOVE STORY (PUEN) - Paj Arnon, Thailand 2007
21.00 Uhr - Dachstock - The Dynamites feat. Charles Walker (Outta Sight/USA) > Funk & Soul!

Fr 28.11.08
20.30 Uhr - Tojo - Das Geheimnis von Ali Biçer. Theater Ararat
21.00 Uhr - Kino - Dogma und mehr: BROTHERS - Susanne Bier, Dänemark 2004
21.00 Uhr - Frauenraum - Tanz-Bar - Gesellschaftstänze und Disco für Frau + Frau, Mann + Mann & Friends mit Musik von DJ Irene (ab 19.30 Uhr Crashkurs)
22.00 Uhr - Dachstock - edIT & Glitch Mob (USA) > Elektro-Hop
22.00 Uhr - Grosse Halle - UNREAL - drum & bass festival: Bryan G (UK), Goldie (UK), Bad Company (UK), Calyx (UK), Teebee (N), MC Fearless (UK), MC Rage (UK), Deejaymf, VCA, Silent Extent, S.I.P. & MC Matt (CH); Visuals by VJmag

Sa 29.11.08
20.00 Uhr - Frauenraum - Kampagne "16 Tage" - Stop Murder Music: Homophobie und Homohass nicht nur im Dancehall-Reggae; Infoveranstaltung
20.30 Uhr - Tojo - Das Geheimnis von Ali Biçer. Theater Ararat
21.00 Uhr - Kino - Dogma und mehr: BROTHERS - Susanne Bier, Dänemark 2004
22.00 Uhr - Frauenraum - Kampagne "16 Tage" - Stop Murder Music, Party mit tightspotselection: DJ Luzius aka the ruler (ZH) & DJane Queen Horror (BE) > Rocksteady und Reggae
22.00 Uhr - Grosse Halle - presented by ammonit events: 10 YEARS AMMONIT! GusGus LIVE (ISL), 2ManyDJs (B), Round Table Knights; Visuals by Walldisplay


Infos: www.reitschule.ch

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Bund 27.11.08

Bühne: "Das Geheimnis"

Vom Märchen in die Moderne

Der in Bern lebende kurdische Autor Ali Biçer, der wegen seines politischen Engagements in der Türkei 15 Jahre inhaftiert war, hat mit "Das Geheimnis" ein Theaterstück verfasst, das Bezug nimmt auf die aktuelle Situation in Politik und Gesellschaft und zugleich an die alte Erzähltradition seiner Heimat anknüpft. Die Theatergruppe Ararat setzt das Stück, das von einem märchenhaften, ländlichen Kurdistan in die kühle, wohlhabende Moderne führt, nun in Szene. (kul)

Tojo-Theater Reitschule, heute Donnerstag, 20.30 Uhr. Weitere Vorstellungen: Freitag und Samstag.

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Bund 27.11.08

the Dynamites

Feuerwerker

"Kaboom!" heisst das jüngste Album der Dynamites, die darauf ein ansehnliches Feuerwerk im Zeichen des Funk zünden. Die Muster sind dieselben wie in den guten Siebzigern, als James Brown noch über die Bühnen wetzte - doch im Funk steht ja die Innovation häufig in der zweiten Reihe hinter dem Entertainment und der Ankurbelung von Tanzbeinen. Eine hochenergetische Auslegung des Erbes der Funk-Väter präsentieren denn auch die Dynamites aus Nashville, die den Soul-Veteranen Charles Walker fürs Mikrofon gewinnen konnten. (reg)

Reitschule Dachstock

Donnerstag, 27. November, 21 Uhr.

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Bund 27.11.08

10 Jahre Ammonit

Kleines Fossil

Ammonit, das ist in Bern ein kleines Fossil unter den Partyveranstaltern elektronischer Musik, denn heuer wird bereits das 10-Jahr-Jubiläum begangen. Das erste Dezennium feiert Ammonit standesgemäss mit zwei Grossanlässen: Am Freitag steht Drum'n'Bass auf dem Programm, etwa mit dem DnB-Urgestein Goldie. Am Samstag treten die Isländer Gus Gus live in Erscheinung, die dem Techno seit Mitte der Neunzigerjahre eine erfrischende Note geben. Nach einigen Personalwechseln sind Gus Gus zurzeit zu dritt unterwegs. (reg)

Reitschule Grosse Halle

Freitag, 28. Nov. (Drum'n'Bass), Samstag, 29. Nov. (Gus Gus), ab 22 Uhr.

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BZ 27.11.08

Event-Agentur Ammonit

Jubiläum der Superlative

Das 10-jährige Bestehen der Eventagentur Ammonit wird in Bern mit den Elektrostars 2ManyDJs und der isländischen Gruppe GusGus gefeiert.

Es gibt nur wenige Menschen in Bern, welche die elektronische Musikszene über die letzten Jahre hinweg so nachhaltig geprägt haben wie Simon Ragaz. Der Gründer der Eventagentur Ammonit Events startete seine Karriere in der Clubszene 1993, als er die Geschäftsführung des Clubs Via Felsenau übernahm und diesen innerhalb kurzer Zeit zu einem der angesagtesten Lokale in Bern machte. Woche für Woche begeisterte er die Partygänger mit Szenestars und jungen Talenten aus der Region. Er lancierte zum Beispiel die Karrieren der DJ-Frau Girl und der beiden Plattenleger Franctone und Mastra und trug so aktiv zur Weiterentwicklung der elektronischen Musikszene in Bern bei.

Erfolg mit Via Felsenau

Doch da hörte Simon Ragaz' Engagement nicht auf. Mit einer gehörigen Portion Charme und Überzeugungskraft holte der Berner vermehrt grosse Künstler der Szene in die Schweiz, die anderen Clubs im Lande eine Abfuhr erteilt hatten. So traten auf der kleinen Bühne der Via Felsenau bereits Acts wie der Technoproduzent Anthony Rother, das Elektrorockduo Märtini Brös und der US-Produzent Roger Sanchez auf, der 2001 mit seinem Titel "Another Chance" einen internationalen Hit landete.

Die Popularität des Clubs brachte für Veranstalter Simon Ragaz ganz neue Freiheiten mit sich, was die Programmierung der Via Felsenau anging. Dabei interessierten ihn aber vermehrt Künstler, die auf Grund ihrer Berühmtheit die Kapazitäten des Clubs überstiegen.

Höher hinaus

Davon liess sich Ragaz jedoch nicht abhalten und beschloss stattdessen, grössere Events in der Grossen Halle der Reitschule zu organisieren. Im Mai 2004 zum Beispiel schaffte er es, Kraftwerk, die Urväter der elektronischen Musik, nach Bern zu holen. Zwei Jahre später überredete er die Technolegende Sven Väth, auf seiner Welttournee in Bern Halt zu machen, wo dieser dann nach seinem Auftritt selber mitfeierte. In beiden Fällen reisten Musikliebhaber aus der ganzen Schweiz nach Bern.

Das dürfte auch am Samstag geschehen, wenn in der Grossen Halle der Reitschule das 10-Jahr-Jubiläum der Agentur gefeiert wird. Um dieses Ereignis gebührend zu zelebrieren, hat Simon Ragaz nämlich niemand Geringeren als die beiden belgischen Brüder Stephen und David Dewaele, die zusammen als 2ManyDJs auftreten und in den letzten Jahren einen internationalen Erfolg nach dem anderen gefeiert hatten, eingeladen. Im Interview mit dieser Zeitung haben sie vor zwei Monaten noch gesagt, dass sie sich ein Jahr lang zurückziehen und keine Auftritte annehmen würden. Die beiden haben nämlich erst gerade ihre eineinhalbjährige Welttournee abgeschlossen, während der sie mit ihrer Band Soulwax rockten und als DJs mit ihrer Mischung aus neuen Elektrotracks und alten Rock- und Soulklassikern begeisterten. Ragaz hat es aber dank seinen ausgeprägten Überredungskünsten geschafft, die beiden Stars zu einem Auftritt an der Geburtstagsfete seiner Agentur zu überreden.

Überraschung aus Island

Doch 2ManyDJs werden am kommenden Samstag nicht der einzige Höhepunkt sein. Die isländische Gruppe GusGus wird nämlich live auftreten. Das Trio um die Sängerin Urdur Hákonardottir alias Lola Be Nice ist für seine fulminanten und visuellen Shows bekannt. Ihr aktuelles Album "Forever", das 2007 erschienen ist, war in der Schweiz nur schwer erhältlich. Trotzdem - oder vielleicht gerade deswegen - wurde die Platte dank mitreissenden Dancefloorbeats und unkonventionellen Songlines innerhalb kurzer Zeit zum Undergroundhit. Wer GusGus noch nie live gesehen hat, der darf sich auf die eine oder andere Überraschung gefasst machen - und auf die eine oder andere Blase an den Fersen.
Sarah Elena Schwerzmann

Event: "10 Years Ammonit", Samstag, 29.11. Grosse Halle, Reitschule, Bern, 22 bis 6 Uhr. Infos: www.ammonit.ch, Vorverkauf: www.starticket.ch.

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punkt.ch 27.11.08

Simon Ragaz rührt in Berns Party-Szene

Ragaz verwandelt die Halle in Märlilandschaft

Die Eventagentur Ammonit feiert heuer ihr zehnjähriges Bestehen. Am Wochenende gibt es deshalb in der Reitschule eine grosse Geburtstagssause.

Der Einstieg war eine Achterbahn

Hinter dem Namen Ammonit steht Simon Ragaz. Der Berner hat sich vor zehn Jahren, nach längerer Tätigkeit als Koch, selbstständig gemacht. "Es wurde Zeit, dem Kochen Ade zu sagen", erzählt er. Er habe in seiner Freizeit bereits Partys organisiert und sein Hobby zum Beruf gemacht. "Es war kein Zuckerlecken", betont Ragaz. "Es war eine Achterbahnfahrt. " 1998 gründete Ragaz Ammonit Productions und den Club Via Felsenau, den er bis 2007 führte. Er veranstaltete immer wieder Events, die sich in Berns Party-Szene etablierten. Ragaz' Erfolgsrezept ist seine Professionalität. "Ammonit ist ein Gütesiegel. Es steht für guten Ton und schöne Deko", so Ragaz.
manuela.weber@punkt.ch

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Zu gewinnen: 2x2 Tickets
Für die "Ammonit"-Geburtstagsparty in der Reithalle, Sa 29.11.

So nehmen Sie teil: Senden Sie eine SMS mit dem Keyword AMMONIT inkl. Ihrem Namen und Ihrer Adresse an 970 (CHF 1.50/SMS). Oder nehmen Sie per WAP teil: http://wapteilnahme-online.vpch.ch/PCH52692 (nur mit Mobiltelefon möglich). Teilnahmeschluss: Donnerstag 27. November 2008, 24.00 Uhr.

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MASSEN-RAUSCH
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20min.ch 27.11.08

Massen-Kiffen in Bern bei einem Ja zum Hanf

von Sarah Jordi

Am Sonntag entscheidet sich, ob die Hanfinitiative angenommen wird. Ein Berner ruft nun online zum Kiffen oder Saufen auf dem Bundesplatz auf.

Am Tag nach der Abstimmung über die Initiative soll der Berner Bundesplatz von Hanf-Befürwortern in Beschlag genommen werden. Je nach Resultat gibts dort ein Massen-Kiffen oder Massenbesäufnis. So jedenfalls stellt sich das Pascal  F.* vor, der auf Facebook zur Party aufruft. Bei einem Ja an der Urne fordert er die User auf, ein "THC-haltiges Produkt mitzunehmen und dieses in einer friedvollen, gemütlichen Atmosphäre in der Gruppe zu konsumieren". Nichtkiffer seien auch willkommen, schreibt er.

Wenn jedoch das Gegenteil eintrifft und der Cannabis-Konsum illegal bleibt, sollen die Facebook-Gruppenmitglieder "als Protest gegen die repressive Drogenpolitik die Widersprüche der aktuellen Gesetzeslage aufzeigen": Anstelle des friedlichen Massen-Kiffens ruft Pascal  F. in diesem Fall zum grossen Besäufnis auf: "Johlen ist erwünscht, sich nackt ausziehen ist okay, kotzen ist vorteilhaft."

Bisher sind 219 Leute der Gruppe "Dec. 1st Day of the Truth Party Bundesplatz Bern" beigetreten; Tendenz steigend. Die Kapo Bern wusste bis gestern nichts von der Party. "Wir schauen nun, wie sich das Ganze entwickelt", sagte Sprecher Olivier Cochet.

*Name der Redaktion bekannt

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RANDSTAND THUN
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Thuner Tagblatt 27.11.08

Probleme mit Randständigen vor dem Coop Kyburg in Thun

Alkiszene sorgt bei Passanten für Ärger

Sie sorgen bei Passanten immer wieder für Unmut: Randständige, die vor dem Thuner Coop Kyburg herumlungern. Gemeinderat Peter Siegenthaler nimmt Coop in die Verantwortung. Der Detaillist wehrt sich: Es sei an der Stadt zu handeln.

"Es ist kein schöner Anblick", sagt Thuns Gemeinderat und Sicherheitsvorsteher Peter Siegenthaler (SP). Die Rede ist von der Situation vor dem Coop Kyburg in Thun: Randständige belegen immer wieder die Sitzbänke vor dem Warenhaus, betrinken sich und stören die Passanten. Belästigt fühlt sich auch ein TT-Leser, der sich über die Szenenbildung vor dem Coop Kyburg ärgert: "Man fühlt sich dort nicht mehr sicher", so der Leser, der anonym bleiben will.

Mit Hunden und Kindern

Die Probleme vor dem Coop Kyburg sind auch der Stadt Thun ein Dorn im Auge. "Wir stellen die Szenenbildung seit rund drei Jahren fest", sagt Sicherheitsvorsteher Peter Siegenthaler. Die Gruppe, die sich zwischen Warenhaus und Bushaltestelle aufhalte, umfasse jeweils zwischen sechs und zwölf Personen. Zum Teil sind auch Hunde und sogar Kinder dabei. Ein Wachstum der Szene konnte die Stadt in den vergangenen Jahren aber nicht feststellen. "Manchmal verteilen sich die Randständigen vorübergehend auf andere Plätze", so Siegenthaler. Wenn sie sich dann wieder, wie im Moment, vermehrt vor dem Coop Kyburg aufhalten, würden Passanten dies als Zunahme der Szene wahrnehmen.

Passanten fürchten sich

Doch ob Zunahme oder nicht; Vielen Passanten und Kunden machen die Randständigen vor dem Kyburg Angst - besonders wenn es sich um grössere Gruppierungen handelt. Das stellt auch Coop fest. Die Warenhauskette zeigt sich beim Thema allerdings nicht sehr auskunftsfreudig. Antworten sind nur nach schriftlicher Anfrage an die PR-Abteilung in Lenzburg erhältlich. Auf Anfrage des "Thuner Tagblatts" heisst es: "Die Kunden empfinden die Präsenz der Randständigen als unangenehm." Gerade ältere Menschen hätten Angst. Coop erhält deshalb laut eigenen Angaben auch immer wieder Kundenreklamationen. "Da sich die Randständigen jedoch mehrheitlich auf öffentlichem Grund befinden, kann Coop nur beschränkt eingreifen", heisst es in der schriftlichen Antwort weiter.

Problem nur schwer lösbar

Das Eingreifen ist deshalb momentan vor allem Sache der Stadt, respektive der Polizei. "Wir führen immer wieder Kontrollen durch und haben bereits mehrere Personen wegweisen lassen", sagt Gemeinderat Siegenthaler. Mit solchen Massnahmen sei das Problem allerdings nicht gänzlich zu lösen, betont Siegenthaler. Für Thuns Sicherheitsvorsteher ist klar, dass Coop für die Probleme zum Teil mitverantwortlich ist. Bei den Randständigen vor dem Kyburg handle es sich in erster Linie um Alkoholiker. "Diese halten sich immer dort auf, wo es günstigen Alkohol zu kaufen gibt", sagt Siegenthaler. Das lasse sich auch bei den Dennerfilialen an der Frutigenstrasse und im Burgzentrum beobachten. "Wenn Coop Bier für 60 Rappen verkauft, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Randständigen sich dort gerne aufhalten", sagt Siegenthaler. Zumal die Probleme dann am grössten seien, wenn das Warenhaus geöffnet ist.

Coop weist Schuld von sich

Bei Coop heisst es dazu: Man lege grundsätzlich grossen Wert auf die Einhaltung des Alkoholgesetzes. Diesbezüglich seien alle Mitarbeitenden ausgebildet. "Es gibt jedoch keine rechtliche Grundlage, welche die Alkoholabgabe an Randständige regelt oder diese gar verbietet. Die Beurteilung der Abgabe wäre zudem willkürlich und kann den Mitarbeitenden nicht zugemutet werden." Coop schiebt den Ball deshalb an die Stadt zurück: "Die Erfahrungen von anderen Standorten zeigen, dass die Probleme erst durch Massnahmen der Stadt gelöst werden konnten."

Lilly Toriola

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RANDSTAND WINTERTHUR
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Tagesanzeiger 27.11.08

"Angst ist unbegründet. Wir sind ja nur Alkis"

Seit einer Woche ist der Treffpunkt "R.a.u.m." für Randständige in Winterthur offen. Betrieben wird er von einem Team aus der Szene. "Die Polizei ist überrascht, wie gut es hier funktioniert", sagt der Leiter des Treffs.

Raffaele Troisi, sie sind selbst Alkoholiker und nun im Leiterteam des Treffpunkts im Rosenberg. Wie funktioniert der Betrieb bisher?

Bis jetzt hatten wir keine Probleme. Im Vorfeld haben wir viele Sitzungen gemacht, wo wir die Rahmenbedingungen festlegten. Dabei besuchten wir auch andere vergleichbare Einrichtungen und haben uns dort beispielsweise die Regeln für die Hausordnung abgeschaut. Für uns ist es wichtig, dass wir einen sozialen Treffpunkt haben, der uns auch Strukturen in den Tag gibt.

Wie kam der neue Standort bei Ihren Kollegen an?

Eigentlich sind wir sehr zufrieden. Es ist traumhaft hier, wirklich schön. Bis jetzt kommen einfach noch nicht so viele Leute hier raus. Aber es ist noch etwas zu früh, um zu beurteilen, ob es hier gut läuft. Über Mittag zum Beispiel, wenn wir auch selbst kochen und die Mahlzeiten anbieten, sind wir jeweils bis zu 15 Leute. Wenn sich herumspricht, dass man hier an der Wärme für vier Stutz essen kann, kommen wahrscheinlich bald mehr. Die Distanz zum Zentrum ist einfach noch für viele eine Hemmschwelle. Ich denke aber, wer einmal hier war, wird gerne wiederkommen.

Und wer kommt zu euch in den Treffpunkt?

Bei uns sind grundsätzlich alle willkommen. Wir nennen den Treffpunkt darum auch "R.a.u.m.", was für "Randständige, andere und mir" steht. Wir kontrollieren aber genau, dass sich die Leute hier anständig benehmen. Harte Drogen sind tabu, exzessives Trinken beispielsweise auch.

Von den Anwohnern wird der "R.a.u.m." trotzdem sehr kritisch beobachtet. Wie gestaltet sich der Kontakt mit ihnen?

Ich habe schon mehrmals mit Leuten aus der Nachbarschaft interessante Gespräche geführt - zum Beispiel wenn man sich mit den Hunden trifft. Ich verstehe, dass die Leute Angst haben wegen Junkies. Aber wir sind hier ja eigentlich nur Alkoholiker, da ist die Angst vor Drogendealern unbegründet. Hinzu kommt, dass die Polizei auch regelmässig hier vorbeischaut. Mit den Beamten haben wir es gut, denn sie zeigen sich interessiert und sind oft überrascht, wie es hier funktioniert.

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Ein Platz für die Randständigen

Durch die vom Stadtrat Winterthur im Frühjahr beschlossene Aufewertung des Stadtparks fiel der Musikpavillon als Treffpunkt für Randständige weg. Um ein Ausweichen der Szene in angrenzende Quartiere zu vermeiden, suchte das Departement Soziales nach einem alternativen Standort. Das alte Schützenhaus Rosenberg, welches seit einiger Zeit leer stand, bot sich für das Projekt an. Den Treffpunkt betreiben die Randständigen mit einem selbst gebildeten Leiterteam. Bei Bedarf werden sie dabei vom Departement Soziales unterstützt. Zusammen mit der Gassenarbeit und der Stadtpolizei wurde der Treffpunkt "für die Nachbarschaft verträglich" gestaltet. Das Projekt ist bis im Frühling 2009 befristet.

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RANDSTAND ST. GALLEN
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St. Galler Tagblatt 27.11.08

Drogenszene verhindern

St. Gallen. 2007 hat die St. Galler Stadtpolizei doppelt so viele Wegweisungen und Fernhaltungen verfügt wie im Jahr davor. Von diesen Massnahmen betroffen waren hauptsächlich Randständige, die sich im Park der Kantonsschule am Burggraben aufhalten. Wegen eines Vorstosses im St. Galler Stadtparlament hat der Stadtrat dieses Vorgehen erklären müssen. Die Wegweisungen seien gerechtfertigt, weil mit diesem Instrument die Bildung einer offenen Drogenszene im Kantipark verhindert werde. (sg) S. 25

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Stadtrat rechtfertigt Wegweisung

2007 hat die St. Galler Stadtpolizei mehr als doppelt so viele Wegweisungen verfügt wie 2006. Der Stadtrat hält dieses Vorgehen für gerechtfertigt. Man habe damit verhindern wollen, dass sich im Kantipark einen offene Drogenszene bilde.

Sarah Gerteis

St. Gallen. 118 Wegweisungen und 51 Fernhaltungen hat die St. Galler Stadtpolizei im vergangenen Jahr ausgesprochen. Damit haben sich die Wegweisungen im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt (2006: 49). Bei den Fernhaltungen war die Zunahme gar um ein Vielfaches grösser: 2007 wurde das Instrument 51mal angewendet, 2006 nur einmal.

Die massive Zunahme liess Mitte dieses Jahres die politische Linke aufhorchen. Sie hatte den sogenannten Wegweisungsartikel bereits im Abstimmungskampf um das neue St. Galler Polizeireglement abgelehnt. Jedoch ohne Erfolg: Das Polizeireglement wurde samt dem umstrittenen Artikel angenommen und am 1. Januar 2006 in Kraft gesetzt. Seither hat die Stadtpolizei die Möglichkeit, Personen nicht nur aus dem öffentlichen Raum wegzuweisen oder fernzuhalten, wenn sie im Rauschzustand öffentliches Ärgernis erregen. Die Massnahme kann auch dann angewendet werden, wenn Personen im Verdacht stehen, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören. Allerdings werde man den Artikel zurückhaltend einsetzen, hiess es von den Befürwortern.

Offene Drogenszene geortet

Der Anstieg der verfügten Wegweisungen hingegen sagt für die Gegner etwas anderes aus. Bettina Surber, SP-Stadtparlamentarierin und Mitglied des Netzwerks Stadt ohne Willkür, reichte deshalb im September eine Einfache Anfrage mit dem Titel "Massive Zunahme der Wegweisungen und Fernhaltungen wirft Fragen auf" ein. Sie wollte vom Stadtrat wissen, womit er die Zunahme begründe und ob allenfalls die Gassenarbeit intensiviert werden müsste.

Nun liegt die Antwort des Stadtrates vor. "Wegweisung und Fernhaltung werden verhältnismässig eingesetzt", schreibt er. Ursache für die Zunahme sei denn auch nicht eine Praxisänderung bei der Stadtpolizei gewesen, sondern "Ansätze zur Bildung einer offenen Drogenszene". Damit spricht der Stadtrat die Situation im Park der Kantonsschule am Burggraben an, wo 97 der insgesamt 169 Wegweisungen und Fernhaltungen ausgesprochen wurden.

Gassenarbeit nicht verstärken

Seit der Schliessung des Schellenackers im Jahr 1993 habe nur durch den täglichen Einsatz von besonderen Patrouillen verhindert werden können, dass sich eine neue offene Drogenszene bilde, schreibt der Stadtrat. Wegweisungen und Fernhaltungen erachte man deshalb als sinnvolles repressives Element der Drogenpolitik.

Trotz der Probleme im Kantipark sieht der Stadtrat jedoch von einem Ausbau der Gassenarbeit, die heute als aufsuchende Sozialarbeit bezeichnet wird, ab. Die Lage werde an regelmässigen Treffen beurteilt. Gegenwärtig bestehe jedoch kein Handlungsbedarf, die aufsuchende Sozialarbeit zu intensivieren.

Stadtparlamentarierin Bettina Surber ist mit dieser Antwort "überhaupt nicht zufrieden". Wenn es im Park der Kantonsschule diese Probleme gebe, wäre der Ausbau der Gassenarbeit sicher besser als das Verfügen von Wegweisungen.

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NEONAZIS
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20min.ch 27.11.08

Razzia bei Neonazis auch ohne Durchsuchungsbefehl

Zwei Neonazis sind zu Recht wegen Hinderung einer Amtshandlung verurteilt worden, weil sie der Polizei 2006 den Zugang zu einer Skinhead-Party in Beinwil AG verwehrt haben.

Sie hatten sich vor Bundesgericht vergeblich auf einen Irrtum berufen. Am Abend des 24. Juni 2006 hatte in Beinwil im aargauischen Freiamt ein als "Geburtstagsfest" getarnter Anlass von Neonazis stattgefunden. Als die Polizei eine Kontrolle durchführen wollte, wurde ihnen der Zugang zum gemieteten Partyraum von rund 20 Skinheads verwehrt.

35 Minuten Wartezeit

Erst als der Vermieter die Kontrolle billigte, wurden zwei Beamte nach rund 35 Minuten Wartezeit eingelassen. Die Polizisten räumten das Lokal anschliessend, wobei sie einzelne der über hundert Teilnehmer hinaustragen mussten und auch bedroht wurden.

Das Aargauer Obergericht verurteilte im vergangenen März zwei an der Blockade-Aktion Beteiligte wegen Hinderung einer Amtshandlung zu Geldstrafen von zwei und drei Tagessätzen à 80 beziehungsweise 100 Franken. Das Bundesgericht hat diese Urteile nun bestätigt.

Die Beiden hatten erfolglos argumentiert, dass die Polizei keinen Durchsuchungsbefehl gehabt habe. Ihr passiver Widerstand sei deshalb gerechtfertigt gewesen. Zumindest sei ihnen zuzugestehen, dass sie sich in einem Rechtsirrtum befunden hätten.

Fragwürdiger Rat vom Vater

Einer von ihnen habe nämlich vor Ort seinen Vater, einen Rechtsanwalt, angerufen. Dieser habe ihm gesagt, dass sie die Polizisten ohne Durchsuchungsbefehl nicht einlassen müssten. Das Bundesgericht hält ihnen entgegen, dass die Polizei in dringenden Fällen auch ohne Durchsuchungsbefehl Zutritt verlangen darf.

Auch ein Rechtsirrtum liege nicht vor. Sie seien selber von Anfang an keineswegs überzeugt gewesen, dass sie der Polizei den Eintritt verwehren dürften. Dies zeige gerade der Umstand, dass sie bei einem Anwalt nachgefragt hätten. Sie hätten sich deshalb auch nicht blind nicht auf dessen fragwürdige Auskunft verlassen dürfen.


Quelle: SDA/ATS

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bger.ch 27.11.08

http://jumpcgi.bger.ch/cgi-bin/JumpCGI?id=08.11.2008_6B_393/2008

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
 
{T 0/2}
6B_393/2008, 6B_395/2008/sst
 
Urteil vom 8. November 2008
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiber Störi.
 
Parteien
6B_393/2008
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Fritz Tanner, und
 
6B_395/2008
Y.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Fritz Tanner,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
Hinderung einer Amtshandlung,
 
Beschwerden gegen die Urteile des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 31. März 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
Am Abend des 24. Juni 2006 fand in einem Partyraum des Allmendhofs in Beinwil-Freiamt ein Anlass von Rechtsradikalen statt. Um ca. 21:45 Uhr begaben sich 7 Beamte der Kantonspolizei Aargau und der Regionalpolizei Muri zum Allmendhof, um zu kontrollieren, ob dort strafbare Handlungen stattfänden. Dabei wurde ihnen der Zutritt durch rund 20 Personen, darunter X.________ und Y.________, die sich in zwei bis drei Gliedern vor der Polizei aufstellten, während rund 15 - 20 Minuten verwehrt. Erst als die Polizei den Vermieter des Lokals herbeiführte und dieser die Kontrolle billigte, liess die Gruppe nach insgesamt rund 35 Minuten zwei Polizeibeamte in den Partyraum. Als die Polizei anschliessend den Partyraum räumte, weigerte sich ein Teil der Festbesucher, unter ihnen Y.________, den Raum freiwillig zu verlassen, worauf sie von Polizeibeamten in den darunter liegenden Raum getragen wurden. Die Aktion wurde von einem der Beamten gefilmt. Dieser wurde, als er die Kamera auf Y.________ richtete, von diesem mit den Worten bedroht "ich mache Dich kaputt".
A.a 6B_393/2008
Mit Strafbefehl vom 25. Oktober 2006 verurteilte das Bezirksamt Muri X.________ wegen Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB zu einer Busse von 500 Franken.
A.b 6B_395/2008
Mit Strafbefehl vom 30. November 2006 verurteilte das Bezirksamt Muri Y.________ wegen Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB sowie Gewalt und Drohung gegen Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB zu drei Tagen Gefängnis bedingt und einer Busse von 500 Franken.
 
B.
Nachdem X.________ und Y.________ sowie weitere wegen des Vorfalls vom 24. Juni 2006 ebenfalls bestrafte Mitbeteiligte die Strafbefehle nicht akzeptiert hatten, führte der Gerichtspräsident Muri am 18. April 2007 gegen X.________, Y.________ und fünf Mitangeklagte gemeinsam die Hauptverhandlung durch.
B.a 6B_393/2008
Mit Urteil vom 18. April 2007 verurteilte der Gerichtspräsident Muri X.________ wegen Hinderung einer Amtshandlung zu einer Geldstrafe von 2 Tagessätzen à 80 Franken.
Mit Urteil vom 31. März 2008 wies das Obergericht des Kantons Aargau die Berufung von X.________ ab.
B.b 6B_395/2008
Mit Urteil vom 18. April 2007 sprach der Gerichtspräsident Muri Y.________ von den Vorwürfen der Hinderung einer Amtshandlung und der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte frei.
Mit Urteil vom 31. März 2008 hiess das Obergericht des Kantons Aargau die Berufung der Staatsanwaltschaft teilweise gut. Es sprach ihn vom Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Beamte frei und verurteilte ihn wegen Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB zu einer Geldstrafe von 3 Tagessätzen à 100 Franken.
 
C.
In getrennten, aber wörtlich gleichlautenden Eingaben erheben X.________ und Y.________ Beschwerden gegen die sie betreffenden Urteile und beantragen, sie freizusprechen.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:
 
1.
Die Beschwerdeführer anerkennen, die Polizeibeamten am Betreten des Partyraums gehindert zu haben. Sie machen geltend, dies erfülle den objektiven Tatbestand von Art. 286 StGB nicht, da die Polizeibeamten nicht über einen Hausdurchsuchungsbefehl verfügt hätten und damit nicht befugt gewesen seien, den privaten Partyraum zu kontrollieren. Der Versuch der Polizei, sich Zutritt zu verschaffen, sei daher offensichtlich rechtswidrig gewesen. Indem sie dieses Ansinnen mit passivem Widerstand verhindert hätten, hätten sie den rechtmässigen Zustand bewahrt, was nicht strafbar sei. Der subjektive Tatbestand sei auch nicht erfüllt, da sie gewusst hätten, dass es sich beim Begehren der Polizei, sich Einlass in den Partyraum zu verschaffen, um eine offensichtlich nichtige Amtshandlung gehandelt habe. Falls diese Rechtsauffassung nicht zutreffen sollte, so hätten sie sich jedenfalls in einem Rechtsirrtum befunden, da sie sich beim Eintreffen der Polizei telefonisch bei einem Rechtsanwalt erkundigt hätten, welcher ihnen bestätigt habe, dass sie nicht verpflichtet seien, die Polizei ohne schriftlichen Hausdurchsuchungsbefehl einzulassen.
 
2.
2.1 Nach Art. 286 StGB macht sich strafbar, wer einen Beamten an einer Handlung hindert, die innerhalb seiner Amtsbefugnisse liegt. Der Tatbestand der Hinderung einer Amtshandlung ist ein Erfolgsdelikt. Es macht sich strafbar, wer eine Amtshandlung verhindert, erschwert, verzögert oder behindert, ohne gegen die Amtsträger Gewalt anzuwenden oder sie zu bedrohen (BGE 133 IV 97 E. 4.2; 120 IV 136 E. 2a, je mit Hinweisen). Die Anordnung einer Amtshandlung ist einzig unbeachtlich, wenn diese nichtig ist (BGE 98 IV 41 E. 4b; Entscheid 6B_113/2007 vom 16. August 2007, E. 2.5). Nichtigkeit ist allenfalls anzunehmen, wenn der Mangel besonders schwer wiegt, ohne weiteres erkennbar ist und die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Als Nichtigkeitsgründe fallen vorab Verfahrens- und Formfehler - namentlich Unzuständigkeit - in Betracht, kaum je inhaltliche Mängel (BGE 132 II 342 E. 2.1 mit zahlreichen Hinweisen).
Die gerichtliche Polizei - die Aufdeckung von Straftaten, die Fahndung nach den Tätern und die Ermittlung und Sicherung von Spuren und Beweismitteln - wird unter der Leitung der Staatsanwaltschaft durch die Kantonspolizei ausgeübt (§ 1 Abs. 2 der Aargauer Strafprozessordnung vom 11. November 1958, StPO). Für die Vornahme einer Hausdurchsuchung, sofern sie nicht vom Staatsanwalt oder vom Untersuchungsrichter geleitet wird, muss ein schriftlicher Durchsuchungsbefehl vorliegen (§ 89 Abs. 4 StPO). In dringenden Fällen ist die Polizei allerdings berechtigt, eine solche von sich aus durchzuführen (§ 95 Abs. 2 StPO).
 
2.2 Unbestrittenermassen ging am fraglichen Samstag um 20:49 Uhr bei der Einsatzzentrale der Kantonspolizei die Meldung ein, dass in einem für eine Geburtstagsfeier angemieteten Raum des Allmendhofes in Beinwil-Freiamt ein Treffen von 80 - 100 Rechtsradikalen stattfinde, wobei Eintritt erhoben werde, eine Musikgruppe spiele und CD's verkauft würden. Auf Grund dieser Meldung kam die Kantonspolizei zum Schluss, dass im Allmendhof möglicherweise strafbare Handlungen - etwa Verstösse gegen das Verbot der Rassendiskriminierung (Art. 261bis StGB) - im Gange sein könnten. Es lag innerhalb ihrer Amtsbefugnisse, diesen Anfangsverdacht vor Ort abzuklären und gegebenenfalls weitere Ermittlungen einzuleiten.
Die Anordnung der Hausdurchsuchung durch die ausgerückten Polizeibeamten erfolgte somit im Rahmen ihrer allgemeinen polizeilichen Befugnisse und lag - für die Beschwerdeführer erkennbar - nicht ausserhalb ihrer sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit. Sie war damit von vornherein nicht nichtig und von den Beschwerdeführern zu befolgen, und zwar unabhängig davon, ob die von den Beamten festgestellten Verdachtsmomente die Anordnung der Hausdurchsuchung rechtfertigten und die zeitliche Dringlichkeit die Einholung eines schriftlichen Durchsuchungsbefehls oder den Beizug des Untersuchungsrichters ausschlossen. Der objektive Tatbestand von Art. 286 StGB ist erfüllt.
 
2.3 In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich. Die Beschwerdeführer anerkennen, die Polizeibeamten bewusst an einer Amtshandlung gehindert zu haben. Sie berufen sich indessen auf Rechtsirrtum. Der Beschwerdeführer X.________ habe sich telefonisch bei seinem Vater, Rechtsanwalt A.X.________, erkundigt, ob sie die Polizei einlassen müssten. Dieser habe ihm gesagt, sie müssten dies nicht tun, wenn die Polizei keinen Hausdurchsuchungsbefehl vorweisen könne. Sie hätten auf diese rechtskundige Auskunft vertrauen dürfen.
Ein Rechtsirrtum gemäss Art. 20 der bis Ende 2006 geltenden Fassung des Strafgesetzbuches bzw. ein Verbotsirrtum nach Art. 21 StGB, in welchem die Praxis zum alten Recht kodifiziert und keine wesentlichen begrifflichen Änderungen vorgenommen wurden (BBl 1999 2008), liegt vor, wenn der Täter aus zureichenden Gründen angenommen hat, er sei zur Tat berechtigt. Vermeidbar ist ein Verbotsirrtum regelmässig, wenn der Täter selbst an der Rechtmässigkeit seines Verhaltens zweifelte oder hätte Zweifel haben müssen. Dasselbe gilt, wenn er durch die zuständige Behörde ausdrücklich auf die Rechtslage hingewiesen worden ist oder sich über behördliche Anordnungen hinwegsetzt. Falls Anlass zu Zweifeln an der Rechtmässigkeit des Verhaltens besteht, hat sich der Täter grundsätzlich bei der zuständigen Behörde zuvor näher zu informieren. Soweit die Entschuldbarkeit des geltend gemachten Verbotsirrtums zu verneinen ist, kann die Frage offen bleiben, ob der Täter sein Verhalten überhaupt für rechtmässig hielt (BGE 129 IV 6 E. 4.1 S. 18 mit zahlreichen Hinweisen).
 
2.4 Die Beschwerdeführer hielten sich nach ihren Vorbringen für berechtigt, die Polizeibeamten abzuweisen in der irrigen Annahme, die von diesen angeordnete Hausdurchsuchung sei nichtig. Sie machen damit einen Rechts- bzw. Verbots-, nicht einen Sachverhaltsirrtum geltend (zur Abgrenzung: BGE 129 IV 238 E. 3). Ein solcher kann ihnen indessen nicht zugute gehalten werden. Nach den obergerichtlichen Feststellungen, die keineswegs offensichtlich falsch und damit für das Bundesgericht verbindlich sind (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG), wussten beide Beschwerdeführer, dass die Polizei unter gewissen Umständen befugt ist, eine Hausdurchsuchung ohne schriftlichen Befehl vorzunehmen. Sie hatten daher keinen vernünftigen, nachvollziehbaren Grund zur Annahme, sie seien berechtigt, sich über die Anordnung der Polizeibeamten, ihnen Zutritt zum Partyraum zu gewähren, hinwegzusetzen. Sie waren davon auch keineswegs überzeugt, sonst hätten sie nicht - notabene nachdem den Polizisten der Zutritt verweigert worden war - bei Rechtsanwalt A.X.________ nachgefragt, ob sie dies dürften, und sie hätten sich unter diesen Umständen auch nicht blind auf dessen (fragwürdige) Rechtsauskünfte verlassen und sich über die (anderslautenden) Erklärungen der zuständigen Polizeibeamten vor Ort hinwegsetzen dürfen. Die Beschwerdeführer mussten somit von Anfang an ernsthafte Zweifel daran gehabt haben, ob sie zum Widerstand gegen die Hausdurchsuchung befugt waren, und das Telefonat mit Rechtsanwalt A.X.________ war nicht geeignet, diese völlig zu zerstreuen. Dies schliesst die Annahme eines Rechtsirrtums aus.
 
3.
Damit hat sich erwiesen, dass die Verurteilung der Beschwerdeführer kein Bundesrecht verletzt. Die Beschwerden sind unbegründet. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden sie kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
Die Beschwerden 6B_393/2008 und 6B_395/2008 von X.________ und Y.________ werden abgewiesen.
 
2.
Die Gerichtskosten der Verfahren 6B_393/2008 und 6B_395/2008 von insgesamt Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführern je zur Hälfte, unter solidarischer Haftung für den ganzen Betrag, auferlegt.
 
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 8. November 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Schneider Störi

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POLIZEI ST. GALLEN
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20min.ch 26.11.08

Hooligans und späte Events erfordern mehr Polizisten

von Felix Burch

Die wachsenden Probleme mit randalierenden Hooligans und ein neues Ausgehverhalten bringen die Polizei an den Anschlag. Nun wird mehr Personal gefordert.

Die Kapo St. Gallen musste noch nie so viele Einsätze rund um Sportveranstaltungen leisten wie dieses Jahr. "Wir haben zurzeit eine Massierung", sagt Justiz- und Polizeidirektorin Karin Keller-Sutter. Mit dem FC Vaduz, dem FCSG, dem FC Wil, dem FC Gossau sowie den Rapperswil-Jona Lakers sind es nun fünf Klubs in der Re­gion St. Gallen, die die Polizei fordern. "Hinzu kommt, dass heute auch bis in die tieferen Ligen immer öfter Polizeipräsenz nötig ist", so Keller-Sutter. Dieser Konzentration wegen müssen Polizisten unzählige Überstunden leisten, zum Teil bis zu drei Wochenendeinsätze aneinander absolvieren.

Zu den Sportanlässen kommt laut Keller-Sutter eine immer grössere Anzahl Veranstaltungen hinzu, die bis spät in die Nacht dauern. Auch dies bedeutete mehr Arbeit für die Polizei. "Die heutige 24-Stunden-Gesellschaft erfordet schlicht mehr Polizeipräsenz", sagt Keller-Sutter zusammenfassend. Deshalb will sie das Poli­zeikorps aufstocken. "Ich wünschte mir eine Art Brennpunkt-Team", so Keller-Sutter. Sie wolle deshalb nächstes Jahr mehr Personal beantragen.

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KUNST
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BZ 27.11.08

Hakenkreuz: Porzi verlangt Räumung

Das Hakenkreuz im Kunsthaus ist Geschichte: Die Porzellanfabrik verlangte, dass das Kreuz mit ihrem Geschirr entfernt wird.

Räumung noch vor der gestrigen Vernissage zur neuen Ausstellung im Kunsthaus Langenthal: Das aus Tellern und Tassen der Porzellanfabrik bestehende Hakenkreuz (Ausgabe von gestern), eine Installation des jungen Schweizer Künstlers Robin Bhattacharya, musste wieder abgebaut werden. Grund: Die Porzi hatte sich vom Verwendungszweck ihres Geschirrs vehement distanziert und die Räumung verlangt.

"Ein Affront"

Zwar hatte der Künstler zuvor noch den Porzi-Geschäftsführer Peter Joss kontaktiert. "Er versuchte, mich umzustimmen", so Joss gestern. Der Künstler hatte erklärt, mit dem Hakenkreuz beweisen zu wollen, dass die Porzi nichts mit den Nazis zu tun gehabt habe.

Doch er, Joss, sehe andere Beweggründe. Ihm habe Bhattacharya nicht gesagt, wofür er das Geschirr benutzen wollte. Joss: "Ich bin gegen alles allergisch, was mit Hakenkreuzen zu tun hat. Das reisst alte Wunden auf und ist ein Affront gegenüber den Opfern."

Kuratorin bedauert

Fanni Fetzer, Kuratorin des Langenthaler Kunsthauses, bedauert den Entscheid. "Das Material gehört aber der Porzi. Deshalb haben wir das Werk geräumt." Sie gibt allerdings zu bedenken, dass das Hakenkreuz im Kontext mit den anderen Installationen von Künstler Robin Bhattacharya gestanden habe.

Herbert Rentsch

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STOP MURDER MUSIC
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swissgay.ch 27.11.08

Concert de Capleton annulé

Connu pour ses textes homophobes et ses appels au meurtre d'homosexuels, le chanteur de dancehall reggae Jamaïcain Capleton a été interdit de Summum, "La Nuit du reggae" de Grenoble, ce samedi 29 novembre 2008. Comme en 2005.

Un courrier envoyé par une association gay de Grenoble, A Jeu égal, a demandé au maire de la Ville de s'opposer à la venue de l'artiste. Des propos homophobes chantés sur scène par le Jamaïcain sont à nouveau en cause. L'association anglaise Outrage! a traduit certains de ses textes : "Brûle un pédé, saigne un pédé à blanc... Les sodomites et les pédés, je les bute avec mon flingue... Tu dois savoir que Capleton crame les pédés... Et les lesbiennes, je les crame pareil... Je dis que je crame les pédés et les sodomites dès que je sais qu'ils sont pédés... Tous les pédés et les sodomites doivent être butés... Allez, pendez-les avec une chaîne... Tous ces pédés qui rôdent, Mère-Nature nous dit qu'aucun ne peut survivre...".

"Il s'était engagé à ne plus recommencer. Mais il l'a fait, comme le prouve une vidéo datant de fin 2007" (vidéo et traduction), ajoute Bernard Blanchet d'A Jeu égal.

L'organisateur de la soirée, Rémi Perrier, s'étonne de cette polémique. En 2005, "c'est moi qui avais alerté la mairie sur le problème que posait le concert". Pourquoi alors l'avoir reprogrammé trois ans plus tard ? "Capleton a chanté au Printemps de Bourges et dans d'autres villes, sans problème, il a fait des gestes d'apaisement vers la communauté homosexuelle. Et la justice lui a donné raison face à une salle qui avait annulé l'un de ses concerts".

La position de la Ville de Grenoble est cependant claire : "Nous ne souhaitons pas que ce concert ait lieu. Les problèmes qu'il poserait sont trop importants à gérer", tranche le premier adjoint grenoblois Jérôme Safar. "Ce que véhicule cet artiste est à l'opposé de ce que nous pensons".

Swissgay.ch

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SCHNÜFFELMULTI
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reformiert.info 28.11.08

Kirchliche Intoleranz gegenüber Nestlé?

Heks/ Roland Decorvet kritisiert die Kritiker seiner Wahl in den Heks-Stiftungsrat - und propagiert den Schulterschluss von Nestlé mit dem Hilfswerk.

Roland Decorvet, Generaldirektor Nestlé Schweiz, hat gesagt, was zu sagen ist: Um "eine sterile Polemik zu vermeiden", wolle er sich zur Kritik an seiner umstrittenen Wahl in den Stiftungsrat des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz (Heks) jetzt nicht mehr äussern, lässt er gegenüber "reformiert." ausrichten. Und schiebt bloss nach, er habe keinerlei Absichten zu demissionieren, er sei ja ohne Gegenstimme in den Stiftungsrat gewählt worden.

Kritik an Kritikern

Geäussert hat sich Decorvet zuletzt in einem Interview mit der kirchlichen Mitarbeiterzeitung "Reformierte Presse" (7. November). Darin zeigt er sich "etwas verletzt" wegen der Kritik an seiner Wahl. Denn obwohl er viel arbeite, nehme er sich jährlich etwa zwölf Tage Zeit für das Hilfswerk. "Es gäbe schliesslich auch andere Organisationen, die mit mir arbeiten möchten." Hart geht Decorvet mit seinen Kritikern ins Gericht: "eine kleine Gruppe von Kirchenleuten, die politisch extrem links sind und viel Lärm machen".
Die Kirchen seien zwar zunehmend tolerant gegenüber Andersgläubigen oder Homosexuellen. "Aber wo bleibt die Toleranz gegenüber Industriellen? Gegenüber Nestlé?" Gewisse Nichtregierungsorganisationen (NGO) seien aus Prinzip gegen den Nahrungsmittelkonzern. "Wenn wir in einem Land die Landwirtschaft entwickeln, sind wir böse. Wenn wir nichts machen, sind wir auch böse." Und wenn eine Zeitung etwas Positives schreibe, "fragen sich die NGO, wie viel Nestlé dafür bezahlt hat".
"Nestlé ist die beste Entwicklungsorganisation, die es gibt. Denn private Hilfe ist immer besser als Regierungshilfe", fasst Decorvet sein entwicklungspolitisches Credo zusammen. Nestlé produziere immer vor Ort und mit lokalen Rohstoffen. In Pakistan etwa würde die Milch von 150 000 Bauern gekauft und bar bezahlt. "Wer sagt, dass Nestlé die Bauern ausnützt, hat keine Ahnung. Es ist einfach falsch."

Schulterschluss

Decorvets zweite zentrale Aussage zur Entwicklungspolitik: "Heks und Nestlé haben die gleichen Werte. Vom Elend in der Welt profitieren beide nicht, im Gegenteil. Wir wollen doch alle die Armut bekämpfen. Nur sind die Mittel zum Ziel andere." Gelten die gleichen Werte auch bei der Wassernutzung in der Dritten Welt? Das Hilfswerk verteidigt doch das Wasser als öffentliches Gut, während der Nahrungsmittelmulti es vermarkten und daran verdienen will. Zwar meint auch Decorvet, jeder Mensch solle Zugang zu sauberem Trinkwasser haben - "aber Wasser ist für uns wie Wein: Es gibt trinkbaren Wein in verschiedensten Qualitäten und Geschmacksrichtungen. Wer etwas Spezielles haben möchte, soll dafür bezahlen."
Fazit: Roland Decorvet hält mit seiner entwicklungspolitischen Position nicht hinterm Berg. Nur: Darf sie auch kritisiert werden? "Ich bin allergisch auf politische Ratschläge aus kirchlichen Kreisen. Dafür hätten wir die Reformation nicht nötig gehabt", so Decorvet auf die Frage, ob sich die Kirchen in die Politik einmischen sollen.

Einspruch

Exakt hier setzt Pierre Bühler an, Professor für Systematische Theologie an der Universität Zürich. Mit einem offenen Brief, ebenfalls in der "Reformierten Presse" publiziert, mischt er sich in die Debatte ein. "Sie rufen zwar zur Toleranz gegenüber Industriellen auf, zeigen selbst aber wenig Toleranz für Ihre Kritiker", hält Bühler Decorvet vor: "Sie tun sie einfach ab als eine ‹kleine Gruppe von Kirchenleuten, die politisch extrem links sind und viel Lärm machen›. Sie werfen ihnen vor, dass sie gegenüber Nestlé in Vorurteilen stecken bleiben. Ihre Beschreibung dieser Kritiker ist aber auch reines, arrogantes Vorurteil!"
Natürlich dürfe Decorvet als Generaldirektor sein Unternehmen verteidigen. Aber Nestlé gleich als "die beste Entwicklungsorganisation, die es gibt", zu bezeichnen, sei "eine Provokation". Und die Ansicht, Heks und Nestlé verträten gleiche Werte, "eine unglaubliche Vereinfachung": "Ist Ihr Einsatz beim Heks so zu verstehen, dass Nestlé nun als ‹die beste Entwicklungsorganisation› für das Heks zum strategischen Vorbild werden soll?"
Der Vergleich von Trinkwasser mit Wein unterschiedlicher Qualität klinge in seinen Ohren "angesichts der Situation in der Südhemisphäre wie blanker Hohn", so Theologieprofessor Pierre Bühler. Und er möchte vom Nestlé-Chef gerne wissen: "Gibt es nicht doch ein paar Probleme, die Sie zu schnell vom Tisch wischen?"

Samuel Geiser

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Heks-Nestlé: Debatte im Berner Kirchenparlament

Hat Nestlé-Chef Roland Decorvet Platz im Stiftungsrat des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen (Heks)? Und wie soll über diese Streitfrage in der Kirche öffentlich diskutiert werden? Das Thema wird nun erstmals auch ein kantonales Kirchenparlament beschäftigen. Für die Wintersynode der reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn haben drei Synodale eine entsprechende Interpellation eingereicht. Sie wollen unter anderem wissen, ob und wie sich die Berner Kirchenregierung für den von Nestlé bespitzelten brasilianischen Wasseraktivisten "und langjährigen kirchlichen Partner" Franklin Frederik einzusetzen gedenke.

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ANTI-ATOM
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Bund 27.11.08

Komitee macht Dampf für die Energiewende

5900 Personen haben die Volksinitiative für eine Energiewende in der Stadt Bern unterzeichnet - sie fordern den Ausstieg aus der Atomwirtschaft innert 20 Jahren

Daniel Vonlanthen

Linke Parteien, WWF, Greenpeace und die Vereinigung für Sonnenenergie verlangen per Volksabstimmung die Energiewende. Gestern haben sie 5900 Unterschriften für das Begehren eingereicht.

Der Zeitplan ist ambitiös: Innert 20 Jahren nach allfälliger Inkraftsetzung des Volksbegehrens soll Energie Wasser Bern (EWB) ausschliesslich Strom aus erneuerbarer Energie produzieren, kaufen und verkaufen. Dies verlangen die Initianten der Volksinitiative "Energiewende Bern", die gestern mit rund 5900 Unterschriften auf der Stadtkanzlei eingereicht wurde. 5000 Unterschriften sind für ein Volksbegehren in der Stadt Bern nötig. Das Initiativkomitee besteht aus GB, SP, JA, GFL, Jungen Grünen sowie den Umweltorganisationen WWF, Greenpeace und Schweizerische Vereinigung für Sonnenenergie.

Unverbindliche Bekenntnisse

In der Gemeindeordnung ist der Ausstieg aus der Atomenergie bereits verankert: "Die Stadt unterstützt die dezentrale Energieerzeugung und Energieversorgung und strebt an, umweltbelastende oder umweltgefährdende Energieträger, wie die Atomenergie, durch einheimische und regenerierbare Energie zu ersetzen", lautet der Grundsatz. Eine Frist wird allerdings nicht gesetzt. In der Energiestrategie 2006 bis 2015 bekennt sich der Gemeinderat zwar zu einer markanten Reduktion des Anteils an nicht erneuerbarer Energie und zum Ersatz der Atomenergie - auch hier ohne konkrete Zielvorgabe. 70 Prozent des Stroms bezieht EWB aus Atomkraftwerken, insbesondere aus dem AKW Gösgen. Dessen technische Lebensdauer reicht bis 2040 - also weit über jene Frist hinaus, welche die Initianten vorgeben. EWB ist am AKW Gösgen mit 7,5 Prozent beteiligt.

Wie vorsichtig der Gemeinderat bei der Ausstiegsfrage agiert, zeigt seine Antwort auf eine GB/JA-Motion von Natalie Imboden und Urs Frieden. Die beiden Stadtratsmitglieder verlangen die Anpassung der EWB-Eigentümerstrategie an die Gemeindeordnung. Sie anerkennen zwar die Bestrebungen von EWB beim Bau der neuen Kehrichtverwertungsanlage KVA mit der dazugehörenden Wärmekraftkoppelungsanlage. "Damit ist ein wichtiger erster Schritt zum Ausstieg aus der Atomenergie getan", schreiben Imboden und Frieden. Um im liberalisierten Markt zu bestehen, müsse EWB sich stärker vom Energiemix der Stromriesen abgrenzen, etwa mit einem Förderprogramm für Windenergie wie zum Beispiel die Stadt Zürich dies plant. Das dortige Elektrizitätswerk EWZ hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2018 jährlich drei bis sechs Prozent des Strombedarfs aus Windkraft zu beziehen. EWB bezieht heute von der BKW einen geringfügigen Anteil Windstrom.

Der Berner Gemeinderat unterstützt die Stossrichtung in der unverbindlichen Postulatsform und verweist auf die Eigentümerstrategie, die derzeit von der Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie unter Leitung von Stephan Hügli (die Mitte) überarbeitet wird. Der Gemeinderat erachtet die Motion als ungeeignet für die "konstruktive Lösungsfindung" zusammen mit EWB. Die Eignerstrategie gilt als Richtschnur für die künftige Stromproduktion. EWB-Direktor Daniel Schafer warnte kürzlich vor den Medien, für den Umbau des Portfolios brauche es mehr Zeit. Die Initianten und Initiantinnen haben somit das Rennen gegen die Zeit eröffnet: Die Wende sei möglich, die Energiewerke in Zürich und Basel machten es vor.

Abstimmung in Zürich

Die Stimmberechtigten von Zürich entscheiden dieses Wochenende über eine entsprechende Ergänzung der Gemeindeordnung; Nachhaltigkeit und 2000-Watt-Gesellschaft sollen als Ziele festgeschrieben werden. Die Stadt Zürich "verzichtet auf neue Beteiligungen und Bezugsrechte an Kernenergieanlagen", lautet der Antrag. Zürich will sich jedoch Zeit lassen: Umsteigen sei nicht von heute auf morgen möglich. Ziel sei es, bis 2050 den Energieverbrauch auf einen Drittel des heutigen Verbrauchs zu reduzieren und die Energieproduktion so zu organisieren, "dass drei Viertel des Bedarfs aus erneuerbaren Energiequellen stammen". Das Szenario stützt sich auf eine Studie der ETH Zürich, die aufzeigt, dass die Schweizer Bevölkerung mit einem Drittel der heute verfügbaren Energie auskommen könnte.