MEDIENSPIEGEL 6.12.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Drogenanlaufstelle: Kritik am Stadtrat
- Überzeit-Bewilligungs-Frage
- Klaustrophobia-Squatters AG
- Stop Murder Music Bern: Inti auf LoRa
- Anti-Atom-Widerstand überregional

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REITSCHULE
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Dez 08: Beteiligt Euch an der Vorplatz-Präsenz!!!

PROGRAMM:

Sa 06.12.08
19.30 Uhr - Kino - Der freie Wille, Matthias Glasner, D 2006
22.00 Uhr - SousLePont - One Love Jam mit Ras Romano and the Rockers (Live Reggae, CH); Angel Byfall (SEN), Side By Cide (BE), DJ Ganja (BE)
23.00 Uhr - Frauenraum - Tonvision - Die LETZTE mit S-BIENE (BS), HERZSCHWESTER (BS), PEEL (BS), AJELE (ZH), MASAYA (VD), MANON (ZH). Visuals by ANNE STREHL (BE)
23.00 Uhr - Dachstock - Diskoquake: Arnaud Rebotini (Black Strobe/FRA) live! Support: Wildfang (Festmacher/BE) live! DJ's Mastra & Alex Like

So 07.12.08
09.00 Uhr - Grosse Halle - Flohmarkt und Brunch im SousLePont

Infos: www.reitschule.ch

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Bund 6.12.08

Dancefloor: Arnaud Rebotini

Vintage-Techno

Techno analog - was wie ein Widerspruch klingt, ist die jüngste musikalische Erfindung des Franzosen Arnaud Rebotini. Der Mann ist die eine Hälfte des Electro-Noir-Duos Black Strobe, das sich an die düstere Gegenwelt des 80er-Jahre-Pop anlehnt. Rebotini wandte sich in seinem Soloprojekt wieder dem guten alten Synthesizer zu - sein Equipment in Bern besteht aus zwei Beatboxes und drei Synthesizern; einen Laptop sucht man bei seinen Live-Auftritten vergebens. (kul)

Reitschule Dachstock, heute Samstag, 23 Uhr.

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DROGENANLAUFSTELLE(N)
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BZ 6.12.08

Reitschule

Heftige Kritik am Stadtrat

"Naiv und verantwortungslos" bezeichnete die Reitschule Bern den Stadtrat. Dieser hatte am Donnerstag beschlossen, die Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle nicht zu verlängern. Die Errichtung einer zweiten Anlaufstelle dürfte auf sich warten lassen, sodass die Reitschule von diesem Entscheid besonders betroffen sei.

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Bund 6.12.08

Drogenanlaufstelle bleibt abends geschlossen

Stadt Bern Der Berner Stadtrat verzichtet auf eine Verlängerung der Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse. Die GB/JA-Fraktion hatte eine zwischenzeitliche Verlängerung der Öffnungszeiten der Anlaufstelle am Abend bis um Mitternacht gefordert. Die Wartezeiten für die Benutzerinnen und Benutzer seien zu lang. Es könne nicht auf die Eröffnung der zweiten Anlaufstelle gewartet werden, die an der Murtenstrasse eingerichtet werden soll. Der Rat wies das Begehren indes mit 57 zu 12 Stimmen ab. Sozialdirektorin Edith Olibet bezeichnete die aktuelle Lage als gut. Sie erwarte im Januar den Finanzierungsentscheid der kantonalen Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF). (sda/pas)

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bernerzeitung.ch 5.12.08

Reitschule fordert längere Öffnungszeit der Drogenanlaufstelle

Von pd/fz.

Die Reitschule kritisiert den Stadtratsentscheid, die Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle Hodlerstrasse nicht zu verlängern. In einem Brief fordert sie zudem einmal mehr eine zweite Drogenanlaufstelle.
Vorplatz der Berner Reitschule.

"Die Haltung der Stadtratsmehrheit ist naiv, sachpolitisch katastrophal und gesundheits- und sozialpolitisch verantwortungslos", schreiben die Verantwortlichen der Reitschule in einem Brief an die Adresse von Stadt- und Gemeinderat Bern.

Die Erfahrung der letzten sechs Jahre hätten gezeigt, dass sich die Drogenszene immer wieder wegen Repressionsdruck in der Innenstadt ins Gebiet Schützenmatte/Bollwerk und somit zur Reithalle verlege, ist weiter zu lesen. Besonders im Frühling und Sommer werde sich dies wieder zeigen.

Gefordert wird im Brief, in einem ersten Schritt die Öffnungszeit an der Hodlerstrasse bis Mitternacht zu verlängern. In einem zweiten Schritt müsse eine Drogenanlaufstelle mit sinnvollen Öffnungszeiten eingerichtet werden. (Bernerzeitung.ch/Newsnetz)

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reitschule.ch 5.12.08

Kritik an Drogenanlaufstelle-Entscheid Stadtrat

Medienmitteilung Reitschule Bern

Bern, 5.12.08

Naiv und verantwortungslos

Die Reitschule Bern kritisiert den Entscheid des Stadtrates, die Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle Hodlerstrasse nicht zu verlängern. Die Haltung der Stadtratsmehrheit ist naiv, sachpolitisch katastrophal und gesundheits- und sozialpolitisch verantwortungslos.

Die Folgen des Entscheids sind bekannt: Die Drogenabhängigen konsumieren nach Schliessung der Drogenanlaufstelle um 21.30 Uhr wie bis anhin unter hektischen, unhygienischen und gesundheitsgefährdenden Bedingungen. Sie tun dies beim Bollwerk, am Aarehang, am Troxlerrain, im Engeried, in der Lorraine, in Innenstadtgassen - und immer wieder mal unter der Eisenbahnbrücke vor der Reitschule.

Zwar ist das Problem für die Reitschule im Moment für einmal nicht akut. Die Erfahrungen der letzten 6 Jahre! haben aber gezeigt, dass sich die Drogenszene immer wieder wegen dem Repressionsdruck in der Innenstadt auf das Gebiet Schützenmatte/Bollwerk und somit in Reitschul-Nähe zurückzieht - vor allem nach Schliessung der Drogenanlaufstelle Hodlerstrasse um 21.30 Uhr. Dies wird voraussichtlich trotz der obrigkeitlich vielgelobten Uniformpräsenz im Frühling und Sommer 2009 wieder der Fall sein - besonders, wenn es bis dahin keine 2. Drogenanlaufstelle gibt.

Die Einsicht, dass Bern dringend eine 2. Drogenanlaufstelle braucht, war zumindest während dem städtischen Wahlkampf bei vielen PolitikerInnen da. Doch ist es angesichts der Verweigerungshaltung des Kantons und dessen faulen (Thun-)Ausreden* eine Illusion zu glauben, die 2. Drogenanlaufstelle werde innert nützlicher Frist aus dem Boden gestampft. Selbst wenn der Kanton im Januar einen positiven Finanzierungsentscheid sprechen würde, wäre aufgrund der Vorbereitungsarbeiten w! ohl frühestens im Juni mit der Eröffnung der 2. Drogenanlaufstelle Murtenstrasse zu rechnen. Sofern das Contact dann die Murtenstrasse wegen der kurzen Betriebsdauer von 1,5 Jahren überhaupt noch in Erwägung zieht (Baubeginn Überbauung Murtenstrasse ca. 2011).

Wer anstatt mit leeren Versprechungen die Betroffenen zu vertrösten wirklich etwas für die Gesundheit der Drogenabhängigen und die Entlastung der Reitschule sowie des öffentlichen Raums tun will, kommt nicht umhin, in einem ersten Schritt die Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle Hodlerstrasse mindestens bis Mitternacht zu verlängern. Und in einem zweiten unmittelbaren Schritt eine 2. Drogenanlaufstelle mit sinnvollen Öffnungzeiten einzurichten. Notfalls auch im Alleingang, ohne das Einverständnis und die Finanzierung des Kantons.

Alles andere ist Augenwischerei und grobfahrlässige Gefährdung der Gesundheit der Betroffenen ! und des Betriebs der Reitschule.

Wir hoffen auf die Vernunft der neuen Legislatur.

Mediengruppe Reitschule Bern
www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe


Kopie an:
- GemeinderätInnen und StadträtInnen Legislatur 2008-2012


* Wir verweisen ein weiteres Mal auf den im Auftrag der Stiftung Contact verfassten Evaluationsbericht (siehe auch www.infodrog.ch/txt/brr/EvalKuABern.pdf), der schon im Dezember 2003 feststellte, dass in Bern punkto Platzverhältnissen und Öffnungszeiten dringender Handlungsbedarf besteht und u.a. verlängerte Öffungszeiten sowie eine 2. Drogenanlaufstelle empfahl.

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ÜBERZEIT
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Bund 6.12.08

Ausgehlokale sollen vorläufig nur noch befristete Überzeitbewilligungen erhalten

Überzeit gilt nur auf Zeit

Zahlreiche Bars beantragen gestützt auf das neue Gastgewerbegesetz Öffnungszeiten bis fünf Uhr morgens. Doch die gibts nur auf Bewährung.
pascal Schwendener

Nachtschwärmer schwärmen immer später aus; Partys beginnen erst um Mitternacht. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand Rechnung getragen und erlaubt Gastgewerbebetrieben neuerdings einen 24-Stunden-Betrieb im Sinne des Gastgewerbegesetzes. Konkret haben Wirte seit dem 1. Juli die Möglichkeit, ihre Öffnungszeiten bis 5 Uhr morgens zu verlängern. Und viele wollen davon Gebrauch machen. "Allein in der Stadt Bern sind bislang 14 Gesuche um eine generelle Überzeit eingegangen", sagt Marc Heeb von der städtischen Gewerbepolizei.

Regierungsstatthalterin Regula Mader (sp), die über die Gesuche zu entscheiden hat, ist allerdings in vielen Fällen unentschieden. "In jedem Einzelfall muss eine Interessenabwägung zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen der Gastgewerbebetriebe und deren Gästen sowie den Nachbarinnen und Nachbarn getroffen werden", sagt sie. "Und zusätzlich muss ich auch eine Gesamtbeurteilung über die betroffenen Quartiere fällen." So müsse etwa abgeschätzt werden, wie sich durch das neue Ausgehregime die Besucherströme und mit ihnen die Lärmbelastung in den Strassen entwickeln werde.

Vom Tisch aus lässt sich eine solche Gesamtschau kaum bewerkstelligen. Mader hat sich darum für eine "Versuchsphase" entschieden. Sie will sämtlichen Gesuchstellern eine generelle Überzeitbewilligung erteilen, die jedoch nur provisorisch bis am 31. Oktober 2009 Gültigkeit hat. Während dieser Zeit soll die Lärmfachstelle der Kantonspolizei die Lärmbelastung im Umfeld der Ausgehlokale messen und die Personenbewegungen genau erfassen. "So können wir feststellen, in welchem Rahmen sich die Mehrbelastungen bewegen und ob sie mit den Vorgaben der Lärmschutzverordnung und des Umweltschutzgesetzes vereinbar sind", erklärt Mader. Erst wenn diese Daten vorlägen, wolle sie im Herbst 2009 entscheiden, wer eine definitive Überzeitbewilligung erhält und wer nicht.

Die Statthalterin unterbreitet ihre Idee nun den Gesuchstellern und Einsprechern zur Stellungnahme. Sind alle mit dem Vorgehen einverstanden, erhalten die Wirte auf Anfang nächsten Jahres die provisorische Bewilligung, um bis 5 Uhr morgens ausschenken zu können.

Befürchtete Rechtsungleichheit

Doch vor dem Gastgewerbegesetz sind nicht alle gleich. Drei Betriebe haben bereits vor geraumer Zeit ein Gesuch um längere Öffnungszeiten gestellt und das Verfahren nun hinter sich. Das "Leopard" in der Zeughausgasse, das "Pronto" in der Aarbergergasse wie auch die Gastrobetriebe in der Postfinance-Arena sind baubewilligt und werden schon in absehbarer Zeit von der verschobenen Polizeistunde profitieren können. "Ich bedaure das", sagt Regula Mader. Leider sei ihr die Idee der provisorischen Bewilligungen zu spät gekommen, um auch diese drei Betriebe involvieren zu können. "Die lassen wir jetzt laufen", sagt sie.

Liberalisierung sorgt für Unmut

Marc Heeb von der Gewerbepolizei begrüsst den kreativen Ansatz Maders. Er könne dazu beitragen, grösseren Unmut bei Wirten und Anwohnern zu vermeiden. Heeb erinnert daran, dass die Liberalisierung im Bereich der Überzeiten schon in anderen Städten zu ungewünschten Effekten führte. So etwa in Basel. Als erster Kanton der Schweiz schaffte Basel-Stadt die Polizeistunde 1996 ab.Doch die Liberalisierung war nicht von Dauer. "Die Bevölkerung fühlte sich zu wenig geschützt, es gab viele Reklamationen wegen Nachtruhestörungen", sagt Luzia Wigger Stein, Leiterin Bauinspektorat Basel. Darum sei die Polizeistunde 2005 wieder eingeführt worden. Wer nun länger öffnen wolle, müsse ähnlich wie in Bern ein entsprechendes Gesuch stellen.

Auch in Chur wurde die Polizeistundenregelung jüngst revidiert und erlaubt Ausnahmen nicht mehr im gewohnten flexiblen Rahmen. "Angesichts dieser Erfahrungen ist ein vorsichtiges Vorgehen angezeigt", sagt Heeb. In Bern sei ein Wildwuchs von 24-Stunden-Betrieben jedoch kaum zu befürchten. Chancen auf eine Bewilligung hätten ohnehin nur Betriebe ausserhalb von Wohnzonen. Und Betriebe in der unteren Altstadt dürfen mit keiner Bewilligung rechnen.
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SQUAT AARAU
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Aargauer Zeitung 6.12.08

Hausbesetzer erklären sich

Aarau "Leerstand ist kein Zustand", findet die Gruppe Klaustrophobia.

Daniel Vizentini

Letzten Freitag veranstalteten Aktivisten der Gruppe Klaustrophobia eine Party mit Konzerten in einem leerstehenden Haus in Aarau. Die AZ fragte nach, wie es dazu kam.

"Diese Besetzung ist ein erneuter Versuch, alternative Kultur im Raum Aarau durchzusetzen", schreibt die Gruppe Klaustrophobia in einer Medienmitteilung. Rund 30 Personen hätten sich am vergangenen Freitag gegen 21 Uhr bei einem leerstehenden Haus an der Buchserstrasse 16 in Aarau getroffen. Die Tür sei offen gewesen. Noch vor 22 Uhr sei die Polizei vor Ort gewesen und habe erste Personenkontrollen durchgeführt. Zur gleichen Zeit hätten sich andere Besetzer mit zwei der drei Hauseigentümer verhandelt. Diese hätten den Besetzer zugestanden, bis am nächsten Morgen um 7 Uhr im Haus bleiben zu dürfen.

Die Hausbesetzer waren gut organisiert. Wie ein Beteiligter erzählt, seien rasch Stromgeneratoren aufgeschaltet, die Musikanlage installiert, die Bar eingerichtet und bald mit dem ersten Konzert begonnen worden. Insgesamt hätten drei Bands gespielt, je eine aus den Bereichen Reggae/Hip-Hop, Punk und Hardcore. Im Keller des Hauses hätten DJs Musik bis in die frühen Morgenstunden gespielt. An der Bar seien Getränke und vegane Sandwiches zu Spottpreisen verkauft worden.

Lange Party ohne Zwischenfälle

Wie mit dem Hauseigentümer abgemacht, verliessen alle rechtzeitig um 7 Uhr das Haus. Die Besetzung sogte für Aufsehen in der Nachbarschaft. Die Kantonspolizei marschierte mit einem grösseren Aufgebot auf und nahm zwischenzeitlich Einzelne in Handschellen fest, liess sie aber wieder frei, wie ein weiterer Beteiligter erzählt (alle Namen der Redaktion bekannt). Nach dem Abkommen mit den Hauseigentümern sei die Polizei noch einige Mal vorbeigefahren. Sie hätten das Fest aber weiterlaufen lassen.

Mit dem Transparent "Leerstand ist kein Zustand", welches zeitweise am Fenster in Richtung Buchserstrasse hing, machten die Besetzer auf ihre Anliegen aufmerksam. Sie stehen ein für die Nutzung von leerstehenden Häusern. Ziel sei es, ein autonomes Zentrum in der Region Aarau zu bilden. Ein Ort, "an dem man selbst Konzerte planen kann, ohne überteuerte Mieten bezahlen zu müssen", heisst es in der Medienmitteilung der Klaustrophobia.

Im Haus an der Buchserstrasse wird dies nicht mehr möglich, da es in den nächsten Wochen abgerissen werden soll. In Aarau wurde letzten Monat noch ein Haus an der Erlinsbacherstrasse besetzt.

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STOP MURDER MUSIC
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Radio Lora 4.12.08

Interview mit Stop Murder Music Bern

rtsp://195.210.0.134:554/lora/archiv/20081204.rm?start=12:18:41&end=13:00:00&title=Info Lora&author=Donnerstag, 04.12.2008&copyright=©2008 Radio LoRa 97,5&cloakport=8080,554,707

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ANTI-ATOM
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BZ 6.12.08

Rot-Grün erwartet ein klares Njet

Der Regierungsrat stellt sich bisher nicht offen gegen die AKW-Pläne der BKW. SP und Grüne sind aber zuversichtlich, dass er dies noch nachholen wird. Verzwickt ist die Situation, weil der Kanton Hauptaktionär der BKW ist.

Die Angelegenheit ist "heikel", sagt die Präsidentin der Berner SP, Irène Marti. Sie spricht damit die Konstellation rund um die BKW an. Das Unternehmen ist mit 52,5 Prozent mehrheitlich im Besitz des Kantons; dieser wird durch den Regierungsrat vertreten, der seit 2006 rot-grün dominiert ist. Allerdings besetzt der Hauptaktionär nur zwei Sitze im Verwaltungsrat: mit den Regierungsmitgliedern Barbara Egger (SP) und Urs Gasche (BDP).

Die Regierung wortkarg

Nachdem die BKW diese Woche das Gesuch für den Ersatz des Atomkraftwerks Mühleberg eingereicht hat (Ausgabe von gestern), beginnt eine neue Runde im Eiertanz. Normalerweise kann man annehmen, dass ohne den Segen des Hauptaktionärs ein solcher Schritt nicht gemacht wird; hier liegt der Fall wohl anders. Der Regierungsrat - bekanntermassen atomkritisch - nahm das Gesuch der BKW wortkarg "zur Kenntnis" und will sich erst im formellen Verfahren äussern.

Eine klare Intervention

Auffällig ist der Unterschied zum Fall des Kohlekraftwerks, das die BKW im deutschen Dörpen plant. Dieses Werk ist noch in der Projektphase. Trotzdem bezog der Regierungsrat bereits im Frühjahr klar Stellung: Er erklärte der BKW, dass er keine "CO2-Dreckschleudern im Ausland" (Barbara Egger) will. Die BKW erhielt den Auftrag, aufzuzeigen, ob und wie der Ausstieg aus dem Projekt möglich sei.

Im Fall des AKW hält sich die Regierung offenbar zurück. Energiedirektorin Egger erklärt den Unterschied so: Beim "Rahmenbewilligungsgesuch" für das AKW handle es sich nicht um ein "konkretes Baubewilligungsgesuch". Der Bund prüfe nun grundsätzliche Fragen, unter anderem zu Standort, Betriebskonzept und Umweltverträglichkeit. In Dörpen dagegen sei es um die Frage gegangen, ob das Kohlekraftwerk gebaut werden soll oder nicht. Im Weiteren betont Egger, die Regierung habe sich in der Energiestrategie 2006 für einen mittel- bis langfristigen Ausstieg aus der Kernenergie entschieden und diese Haltung wiederholt bestätigt.

Man vertraut der Regierung

Bei den rot-grünen Parteien ist man ob der Zurückhaltung der Regierung nicht enttäuscht. SP-Präsidentin Marti findet es taktisch gut, sorgfältig vorzugehen. Sie zweifelt ebenso wenig wie Blaise Kropf, Co-Präsident der Grünen, daran, dass sich die Regierung in der Vernehmlassung negativ zum AKW äussern wird - vorausgesetzt, die Regierung ist dannzumal nach wie vor mehrheitlich rot-grün.

Kropf verweist zudem wie Egger auf das Ziel des Atomausstiegs in der Energiestrategie. Für Kropf ist der aktuelle Fall ein Argument dafür, die Energieunternehmen möglichst nahe am Staat zu führen. Sobald sie eine gewisse Distanz und Eigenständigkeit hätten, sei die Einflussnahme durch den Staat stark eingeschränkt.

Eine grosse Frage wird sein: Muss die BKW ihre Pläne in Mühleberg beerdigen, wenn der Regierungsrat dereinst negativ zu ihrem Gesuch Stellung nimmt? Für Irène Marti ist der Fall klar: "Das erwarte ich von der BKW."

Fabian Schäfer

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Tagesanzeiger 6.12.08

Politiker drängen Strombranche, sich in der AKW-Frage zu einigen

Bürgerliche Energiepolitiker kritisieren das Gezerre der Stromkonzerne um neue Atomkraftwerke. Drei Gesuche statt nur eines zu prüfen, braucht acht Monate mehr Zeit.
Von Christina Leutwyler

Energiepolitiker aus der SVP, FDP und CVP goutieren es gar nicht, dass die Stromkonzerne Atel, Axpo und BKW drei Gesuche für neue Atomkraftwerke eingereicht haben, obwohl sie gar nicht so viele bauen wollen. "Die Branche muss sich auf eine Lösung einigen, die eines oder allenfalls zwei Werke umfasst. Und zwar schnellstmöglich", fordert SVP-Präsident Toni Brunner, der die nationalrätliche Energiekommission präsidiert. Auch der Präsident der ständerätlichen Energiekommission, CVP-Ständerat Filippo Lombardi, drängt die Branche, rasch ein einziges nationales Konsortium für ein oder zwei Atomkraftwerke auf die Beine zu stellen.

FDP-Ständerätin Erika Forster-Vannini und CVP-Nationalrat Ruedi Lustenberger, die beide ebenfalls in der Energiekommission politisieren, gehen noch einen Schritt weiter. Sie teilen die Meinung der bei-den massgebenden Atomstrombefürworter Michael Kohn und Rolf Schweiger, die vorerst nur ein AKW für politisch realisierbar halten (TA vom 5. 12.). "Das Volk soll sich endlich konkret äussern können, ob es ein Kernkraftwerk akzeptiert oder nicht", sagt Forster. Sie erwartet von der Strombranche, dass sich diese 2009 auf einen einzigen Standort einigt. "Wir müssen allerdings das Volk ehrlich informieren, dass es einige Jahre später vielleicht ein zweites Werk brauchen wird", hält Lustenberger fest.

Economiesuisse für breite Diskussion

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse und Atel halten es hingegen für erfolgversprechender, die drei Gesuche und Standorte Beznau AG, Gösgen SO und Mühleberg BE breit zu diskutieren. "Mit den drei gleichwertigen Projekten beginnt der Auswahlprozess erst", sagt Urs Näf, Energiespezialist von Economiesuisse. Erst in der Diskussion auf lokaler, kantonaler und nationaler Ebene werde sich zeigen, welches Projekt sich am besten umsetzen lasse. Näf geht davon aus, dass der Bundesrat dem Parlament - etwa 2012 - nur eine Rahmenbewilligung unterbrei-ten wird. Auch Atel-Cheflobbyist StefanAeschimann plädiert für eine Klärung im Verlaufe der nächsten zwei bis drei Jahre. Die Branche müsse die beiden chancenreichsten Projekte auswählen, bevor das Parlament zu konkreten Projekten Ja oder Nein sagen wolle. Diese könnten dann gestaffelt vors Volk kommen.

Diese Auswahlstrategie hat ihren Preis. Jedes Rahmenbewilligungsgesuch koste einen tiefen zweistelligen Millionenbetrag, schätzt Aeschimann. Und die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK), welche die Gesuche nun prüfen muss, braucht mehr Zeit. Für das erste Gesuch benötige sie 9 Monate, für jedes weitere nochmals 4 Monate, sagt HSK-Sprecher Anton Treier.

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Bund 6.12.08

Deutsche Kritik an AKW-Plänen

Energiezukunft Die von Axpo und BKW eingereichten Rahmenbewilligungsgesuche für neue Atomkraftwerke in Beznau und Mühleberg stossen im grenznahen Deutschland auf Widerstand.

Die Waldshuter SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter bemängelte, "dass die Neubauten wieder in direkter Nähe zur deutschen Grenze entstehen sollen". Der Waldshuter Landrat Tilmann Bollacher sagte, man erwarte von den Schweizer Nachbarn, "dass sie nach anderen Standorten suchen". Weniger als 10 Kilometer von der Grenze befänden sich neben den zwei Kraftwerksblöcken von Beznau das AKW Leibstadt und das Schweizer Zwischenlager für radioaktive Abfälle. Ausserdem sei ein Schweizer Endlager für hochradioaktive Abfälle in dem Gebiet möglich.

Schwarzelühr-Sutter verlangte Mitsprachemöglichkeiten der deutschen Seite und forderte die deutsche Regierung auf, sich dafür einzusetzen. Die SPD lehnt die Nutzung der Atomenergie generell ab. (sda)

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Solothurner Tagblatt 6.12.08

Atomares Endlager

Protest aus dem Niederamt

An einer Informationsveranstaltung im Solothurner Niederamt zeigte sich: Ein Endlager für radioaktiven Abfall ist kaum mehrheitsfähig. Vor der Mehrzweckhalle in Niedergösgen protestierten am Donnerstagabend Mitglieder der Juso Region Olten gegen die Pläne des Bundes (siehe Bild).

Erstmals wehrte sich auch Regierungsrat Walter Straumann mit deutlichen Worten: "Eine breite Front lehnt ein Endlager ab." Die Gesamtregierung habe absolut kein Verständnis dafür, dass das Niederamt als Standort vorgeschlagen werde. phm

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Infoveranstaltung zu Geologischen Tiefenlagern

Keine Entwarnung fürs Niederamt

Die Juso protestierte, Regierungsrat Walter Straumann wehrte sich und das Publikum zeigte sich empört. All dies ändert vorerst nichts an den Plänen des Bundes: Das Niederamt bleibt im Gespräch als Standort eines geologischen Tiefenlagers.

Einen symbolträchtigeren Ort hätte man für eine Informationsveranstaltung zu geologischen Tiefenlagern nicht wählen können: Unweit der Mehrzweckhalle Niedergösgen ragt der Kühlturm des Atomkraftwerks Gösgen I in die Höhe. Daran haben sich die meisten Bewohner der Region inzwischen zwar gewöhnt. Das heisst aber noch lange nicht, dass sie ein zweites AKW, geschweige denn ein Endlager für radioaktive Abfälle wollen.

So erstaunte es nicht, dass am Donnerstagabend vor dem Eingang der Halle Mitglieder der Juso Region Olten gegen das Endlager protestierten. Ein Wortakrobat - oder ein Poetry Slammer, wie es im Fachjargon heisst - machte Stimmung gegen die Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle). Diese hatte das Solothurner Niederamt Anfang November zu einem möglichen Standort für ein geologisches Tiefenlager erklärt. Im Gespräch sind die 14 Gemeinden Däniken, Dulliken, Eppenberg-Wöschnau, Erlinsbach, Gretzenbach, Lostorf, Niedergösgen, Obergösgen, Olten, Schönenwerd, Starrkirch-Wil, Stüsslingen, Trimbach und Winznau .

"Und die Panne in Asse?"

In der Halle versuchten derweil Vertreter der Nagra und des Bundesamtes für Energie den spärlich erschienenen Zuhörern - anstelle der erwarteten 300 kamen nur knapp 150 Interessierte - Sinn und Nutzen eines Endlagers zu erklären. Die Schweiz komme nicht umhin, den produzierten Abfall selber zu entsorgen, wurde beispielsweise argumentiert. Und tief unter der Erde könne der radioaktive Abfall kaum Schaden anrichten.

Die Zuhörer liessen sich nicht beirren. Bald einmal wurde klar, dass die Gegner im Saal klar in der Überzahl waren. Eine Kritikerin wollte von der "höchst möglichen Sicherheit", die ein Endlager biete, nichts wissen. "Und was ist mit der Panne in Asse?", wollte sie wissen und sprach damit das ehemalige Salzbergwerk in Deutschland an, das seit 1967 als Endlager für Atommüll dient. Obwohl von der deutschen Regierung als "absolut sicher" eingestuft, ist es undicht und läuft seit Jahren mit Lauge voll. Es wird befürchtet, dass der Atommüll dadurch früher oder später ins Grundwasser gelangen könnte.

Regierung distanziert sich

Nicht nur aus linken politischen Kreisen wurde Kritik laut. Auch Regierungsrat Walter Straumann (CVP) fand am Donnerstag ungewöhnlich deutliche Worte. Die Solothurner Bevölkerung sei sehr beunruhigt. "Eine breite Front lehnt ein Endlager ab." Auch die Regierung habe absolut kein Verständnis dafür, dass das Niederamt als Standort vorgeschlagen werde, entsprechend skeptisch sei sie auch eingestellt. "Im Gegensatz zum Zürcher Weinland wird unsere Region ja nur als ‹geeignet› und nicht als ‹sehr geeignet› eingestuft." Das heisse doch, dass das Niederamt als Standort eines Tiefenlagers zu wenig sicher sei, so Straumann.

Anders sah dies Nagra-Chef Thomas Ernst: "Was die Sicherheit betrifft, sind alle ausgewählten Regionen gleich gut geeignet. Unterschiede bestehen lediglich in der Bauweise." Mit anderen Worten: Die Nagra lässt das Niederamt nicht fallen, die Region bleibt vorerst im Evaluationsverfahren drin.

"Nun ist es genug"

Auch Oltens Stadtpräsident Ernst Zingg (FdP) spricht sich gegen ein Endlager aus: "Allein die Tatsache, dass dies ein Thema ist, hält viele Menschen davon ab, in der Region zu wohnen", ärgert er sich.

Den Aufstand probt auch die Kantonsratsfraktion SP/Grüne: Sie beauftragt die Regierung mittels Vorstoss, sich mit allen Mitteln gegen die Endlager-Pläne zu wehren. Zum einen sei das Niederamt von allen diskutierten Standorten der bevölkerungsreichste, heisst es in einer Mitteilung. "Zudem ist die Region bereits Standort eines Atomkraftwerks und eines Nasslagers. Nun ist es genug."
Philippe Müller

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Oltener Tagblatt 6.12.08

"Dachtet ihr, wir schreien <Jura, Jura>?"

Protestaktion Juso Region Olten mit Poetry Slam gegen Nagra-Lager

In Niedergösgen gab es wohl nicht die grösste oder lautstärkste Protestaktion aller Informationsveranstaltungen, aber vielleicht die originellste und sicher die sprachlich ausgefeilteste. Eine Gruppe der Juso Region Olten hatte sich am Eingang der Mehrzweckhalle mit zwei Plakaten aufgestellt und verteilte Handzettel nicht nur gegen ein Endlager, sondern auch gegen ein AKW Gösgen II.

Dazu stieg der Trimbacher Poetry Slammer Kilian Ziegler - in Anspielung auf Diogenes in der Tonne - auf ein symbolisches Fass Atommüll und trug einen Slam an die "lieben Leute von der Nagra" vor. "Ihr leidet wohl unter Gösgenwahn!", warf er diesen vor. "Ihr habt ja wohl nicht erwartet, dass wir uns über die Standort-Nominierung freuen werden, oder etwa doch? Dachtet ihr, dass wir hier am Jurasüdfuss Freudensprünge machen und schreien werden <Jura, Jura>?", fragte Ziegler und gab die Antwort gleich selbst: "Wohl kaum, denn wir sind wahrlich dagegen. Von Kopf bis Fuss, ja von Kopf bis Süd-Fuss."

"Jeder braucht in seinem Kern Kraft, aber nicht alle brauchen Kernkraft", so der Slammer weiter. Ihm tue "das AK weh". "Wie eine riesige Zigarette pafft der Kühlturm seine Wolken aus. Das Niederamt braucht keine Raucherlunge. Und erst recht nicht den atomaren Teer ..." - Wenn der 1. Preis an einem Poetry Slam der Verzicht auf ein Endlager wäre, Kilian Ziegler hätte ihn wohl fürs Niederamt gewonnen. (cva)

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Basler Zeitung 6.12.08

Drei kleine Gemeinden rüsten zum Widerstand

Fricktaler Gemeinderäte wollen alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um ein atomares Endlager zu verhindern
Franziska Laur

Im Fricktal formiert sich der Widerstand gegen ein atomares Endlager. Effingen, Elfingen und Zeihen fordern den Regierungsrat auf, ihnen dabei zur Seite zu stehen. Zögerlich verhalten sich noch die Bözberggemeinden.

"Wir tun alles, damit uns kein Endlager aufgezwungen wird", sagt Vreni Weber, Frau Gemeindeammann von Effingen. Neben ihrer Gemeinde rüsten sich auch Zeihen und Elfingen gegen ein Tiefenlager für Atomabfälle in der Region. Die Gemeinden am Fusse des Bözbergs haben genug von den atomaren Lasten, die der Aargau heute schon trägt. Vreni Weber begreift auch die zögerliche Haltung des Aargauer Regierungsrates nicht: "Baudirektor Peter C. Beyeler gibt in der Öffentlichkeit zwar vor, er wolle kein Endlager", sagt die Gemeindevorsteherin. Bei den entscheidenden Stellen leiste er aber nur zaghaft Widerstand. Umso leichter könnte es dem Bundesrat fallen, den Bözberg als Standort für ein Endlager durchzubringen. Darum verlangen die drei Fricktaler Gemeinden vom Aargauer Regierungsrat nun eine klare Stellungnahme. Gestern hat Zeihen einen offenen Brief versandt.

schützenhilfe. Die Widerstand leistenden Gemeinden könnten nun auch von ungeahnter Seite Schützenhilfe bekommen. Der Fricktaler Alex Hürzeler (SVP) hat gute Chancen am 8. Februar in den Aargauer Regierungsrat gewählt zu werden. Und er hat eine klare Meinung zum Thema Endlager: "Wenn sich alle vorgeschlagenen Standorte als gleich sicher erweisen, sollen die atomaren Abfälle bestimmt nicht in den Aargau kommen." Sein Kanton sei führend in der Energieversorgung und nehme damit genug auf sich.

Allerdings werden das Volk und die lokalen Politiker zur Auswahl kaum viel zu sagen haben. Davon geht jedenfalls Heiner Keller, Vorstandsmitglied der Vereinigung Pro Bözberg, aus. Sein Verein hat zwar noch keine offizielle Stellungnahme beschlossen. "Wir wollen die Informationsveranstaltung vom 11. Dezember abwarten."

Zu seiner privaten Meinung steht er aber gerne: "Heute liegt der atomare Abfall oberirdisch in Würenlingen." Das sei kaum besser. "Und falls es tatsächlich zu einer Havarie kommen sollte, ist es egal, ob das Endlager im Bözberg liegt oder anderswo in der Schweiz." Die Vereinigung Pro Bözberg ist entstanden, um sich gegen einen Kalkabbau im Bözberg zu wehren. Einem Endlager steht der Vorstand um Präsident Otto H. Suhner allerdings weniger kritisch gegenüber.

Auch die Bözberggemeinden wie der Planungsverband Fricktal wollen sich erst nach der Informationsveranstaltung eine Meinung bilden: "Wir wollen das Projekt nicht im Voraus schlechtreden und vor allem keine Hysterie in der Bevölkerung auslösen", sagt Rudolf Wälti, Gemeindeammann von Oberbözberg. Ernst Obrist, Gemeindeammann von Riniken, hofft bloss, dass der Standort nach geologischen Überlegungen ausgewählt wird - und nicht nach planerischen oder politischen.

Politische Vorstösse. Mehr Widerstand leisten die Grünen und SP-Politiker in Aarau. Sie reichten in den vergangenen Wochen ein halbes Dutzend Vorstösse ein. So will ein SP-Grossrat von der Regierung per Interpellation Auskunft über das mögliche Gefahrenpotenzial eines Tiefenlagers erhalten. Zudem will er wissen, ob der Regierungsrat bereit sei, mindestens zwei unabhängige wissenschaftliche Gutachten in Auftrag zu geben. In einer weiteren Motion fordert ein Grossrat den Regierungsrat auf, mit einer Ergänzung der Kantonsverfassung oder Änderung eines Gesetzes den Kanton zu verpflichten, sich gegen Planung, Bau und Betrieb von Endlagern für radioaktive Abfälle auf dem Kantonsgebiet zur Wehr zu setzen.

Infoveranstaltung am 11. Dezember mit Peter C. Beyeler, Landammann Aargau; Walter Steinmann, Direktor Bundesamt für Energie; Thomas Ernst, Chef Nagra und Ulrich Schmocker, Sicherheit Kernanlagen. 19.30 in der Turnhalle Oberbözberg.

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"Wir wollen gegen das Endlager kämpfen"

Zeihen. Franz Wülser (51) erklärt, warum sich die Gemeinden um den Bözberg jetzt engagieren sollten

Interview: Franziska Laur

Gestern hat sich der Gemeinderat von Zeihen in einem offenen Brief an den Aargauer Regierungsrat und Betroffene gewandt. Der Gemeindeschreiber erwartet, dass Klartext gesprochen wird.

BaZ: Herr Wülser, Sie sind Gemeindeschreiber von Zeihen und Elfingen. Ihre Gemeinden wehren sich gegen ein Endlager für atomare Abfälle auf dem Bözberg. Weshalb?

franz wülser: Die Gemeinderäte haben entschieden, dass sie dagegen kämpfen wollen. Wir haben mit dem Zwischenlager, den AKW, dem Neat-Zubringer und dem Warteraum für den Flughafen Zürich genug Belastungen. Wir fürchten auch, unsere Standortattraktivität zu verlieren. Der Bözberg ist das einzige Gebiet zwischen Zürich und Basel, das noch eine solch grosse, intakte grüne Lunge hat.

Die Vereinigung Pro Bözberg mit rund 1700 Mitgliedern ist eine starke Organisation. Diese kämpft gegen einen Kalkabbau auf dem Bözberg. Beim Thema Endlager geben sich allerdings viele Mitglieder kulanter. Wie kommt das Ihrer Meinung nach?

Einige sagen, sie wollen im Bözberg lieber ein Tiefenlager anstatt einen Kalkabbau, weil sie Bedenken haben wegen des Verkehrs. Doch der Verkehr im Zusammenhang mit dem Kalkabbau wäre immerhin auf einen Zeitraum von etwa zehn Jahren begrenzt. Dann gibt es auch ästhetische Überlegungen. Ein Kalkabbau würde eine Wunde in den Berg reissen. Dazu ist zu sagen, dass die Immissionen eines Kalkabbaus zumindest bekannt sind. Diejenigen eines atomaren Endlagers andererseits sind diffus.

Noch gab es bis anhin weder von Gemeinden noch aus der Bevölkerung einen Aufschrei der Empörung. Folgt der noch?

Ich denke schon. Es wird sicher ein Aufwachen stattfinden.

Wer soll den Lead übernehmen?

Die Gemeinderäte von Elfingen und Zeihen erwarten vom Kanton und konkret vom Regierungsrat eine klare, bestimmende Führungsrolle sowie fachliche und juristische Unterstützung. Eine einzelne Gemeinde und die Region selbst wären hierzu alleine nicht in der Lage. Wichtig wird sein, dass man bald aktiv wird. In den nächsten zwei Jahren werden die Weichen gestellt. Daher ist auch die Sensibilisierung der Bevölkerung wichtig. Wir erwarten auch aus der Politik breite Unterstützung.

Denken Sie, dass sich die Bevölkerung schon sensibilisieren lässt?

Ja, ich kann mir vorstellen, dass die Informationsveranstaltung durch Kanton und Fachleute vom 11. Dezember etwas auslösen wird. Ich hoffe auch, dass sich die Regionalplanung Fricktal nächstens zum Thema äussert. Der Gemeinderat Zeihen hat gestern auch einen offenen Brief an den Regierungsrat wie an die betroffenen Organisationen und umliegenden Gemeinden versandt.

Was versprechen Sie sich davon?

Ich erwarte von den Politikern und Fachleuten, dass sie sich nicht hinter Juristerei verstecken. Es muss Klartext gesprochen und transparent dokumentiert werden, was läuft und was laufen wird.

Kommt euch die Wahl eines grünen und eines SP-Regierungsrats entgegen?

Tatsächlich, bis anhin haben sich die Aargauer Regierungsräte schwergetan, Position zu beziehen. Das wird nach den Wahlen und der politischen Neukonstellation sicher anders.

Wie stehen Sie selbst zu AKW?

Ich bin dagegen, zumindest solange die Endlagerung nicht gelöst ist. Ich denke, man hat die Kernenergie noch nicht im Griff; weder bei der Entsorgung noch bei der Sicherheit. Ausserdem finde ich auch, dass so Finanzen gebunden werden, die für die Entwicklung von erneuerbaren Energien genutzt werden könnten. Die Nutzung eines Prozentes der Sahara würde reichen, um den Energiebedarf von ganz Europa zu decken. Wir könnten Lösungen finden, um dieses Potenzial zu nutzen. Doch man müsste das Geld für die Forschung und Entwicklung haben.

Nun gibt es auch das Argument, dass die atomaren Abfälle endlich irgendwo versorgt werden müssen. Was sagen Sie dazu?

Gewiss, es mutet egoistisch an, wenn man sich gegen das Endlager stemmt. Doch ich bin überzeugt, dass schliesslich eine internationale Lösung gefunden werden muss, wenn der Widerstand zu gross wird. Auch wirtschaftlich rechtfertigt sich der Aufwand von Milliarden für Sicherheitsvorkehrungen kaum. Die Fixkosten für unser kleines Land dafür sind zu hoch.