MEDIENSPIEGEL 10.12.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipp (DS)
- Bettelverbot Thun?
- Busse für Nazi-Video
- Christen gegen Euro Pride 09
- BE will AKW-Ausstieg
- Taser für LU-Luchse
- Gipfel-Soli-News 9.12.08
- Griechenland
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REITSCHULE
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Dez 08: Beteiligt Euch an der
Vorplatz-Präsenz!!!
PROGRAMM:
Mi
10.12.08
19.00 Uhr - SousLePont - Pazifische-Inseln
Spezialitäten
Do 11.12.08
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter
special - a farewell kiss: elektronische Leckerbissen zu
lesbisch-schwulem Chillen mit DJ FRATZ, DJ GEISHA & DJ ELfERich
20.30 Uhr - Tojo - Pamplona von
Jobert und Pancetta. Mit Eveline Dietrich & Robert Stofer
20.30 Uhr - Kino - UNCUT: Finn's Girl,
Kanada 2007, Dominique Cardona, Laurie Cobert,
Fr 12.12.08
20.30 Uhr - Tojo - Pamplona von
Jobert und Pancetta. Mit Eveline Dietrich & Robert Stofer
21.00 Uhr - Kino - Volver,
Pedro Almodóvar, E 2006
22.00 Uhr - Dachstock - A Dachstock-HipHop-Weekender: Prinz Pi (D) Neopunk Tour 2008 mit Casper & Maeckes
& Plan B
Sa 13.12.08
14.00 Uhr - Frauenraum - AMIE
Frauenkleidertauschbörse
20.30 Uhr - Tojo - Pamplona von
Jobert und Pancetta. Mit Eveline Dietrich & Robert Stofer
21.00 Uhr - Kino - Volver,
Pedro Almodóvar, E 2006
22.00 Uhr - Dachstock - A Dachstock-HipHop-Weekender: J-Live (USA) & Mr. Thing (UK), Blu Rum
13 & Band (USA), Support: DJ Kermit
Infos: www.reitschule.ch
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kulturagenda.be
11.12.08
Prinz Pi und J-Live im Dachstock
Das Wochenende steht im Zeichen des Hip-Hop. Prinz Pi aus Berlin
(Bild), früher bekannt als Prinz Porno, ist mit seinem neuen
Album,
"Neopunk", auf Tour. Tags darauf beschallt der berühmteste
Ex-Ghetto-Englischlehrer von New-York das Reitschule-Gebälk:
J-Live
tritt mit Mr. Thing auf. Blu Rum 13 (USA) gibt einen drauf. (mfe)
Dachstock der Reitschule, Bern. Fr., 12.12., und Sa., 13.12., 22 Uhr
Rene Richter
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RANDSTAND THUN
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Thuner Tagblatt 10.12.08
Wird der Stadtrat ein generelles Bettelverbot in Thun fordern?
Die SVP hätte gerne das Betteln in Thun verboten. Doch der
Gemeinderat
sieht kaum Möglichkeiten, solche Gesetze umzusetzen. Er will die
Motion
allerdings annehmen, entscheiden darüber wird übermorgen der
Stadtrat.
Am liebsten wäre der SVP, wenn in Thun niemand mehr betteln
würde.
Deshalb hat sie einen Vorstoss eingereicht, der ein Bettelverbot
fordert und nun an der Sitzung des Stadtrats vom Freitag behandelt
wird. "Wir fordern den Gemeinderat auf, in der Stadt Thun die
gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen", schreibt die
SVP-Fraktion. Bis ein solcher Entwurf vorliege, sollen "ab sofort"
strenge Kontrollen durchgeführt und die Bettelnden weggewiesen
werden.
In der Stellungnahme des Gemeinderates schreibt dieser, dass eine
Umsetzung einer solchen Forderung schwierig sei. So seien einerseits
Fragen offen, welche Formen des Bettelns ein solches Verbot umfassen
solle. Und andererseits erachtet der Gemeinderat es als schwierig, ein
allfälliges Bettelverbot konsequent durchzusetzen.
Zusätzliche Stellenprozente
Im Weiteren steht in der Antwort: "Die nötigen Kapazitäten,
um ein
konsequentes und zeitgerechtes Einschreiten zu gewährleisten, sind
nicht vorhanden und dürfen nicht unterschätzt werden. Trotz
Aufgabenverzichtsplanung müssten zusätzliche Stellenprozente
zur
Verfügung gestellt werden." Bereits heute würden sowohl das
Gewerbeinspektorat wie auch die Polizei einschreiten, wenn die Bettelei
nach objektivem Massstab als Störung der öffentlichen Ordnung
qualifiziert werde. "Dies geschieht bei bandenmässig organisiertem
Betteln, bei aggressivem Auftreten, bei abstossender Zurschaustellung
amputierter Glieder oder Ähnlichem", steht in der
gemeinderätlichen
Antwort.
Trotzdem ist der Gemeinderat bereit, die Motion (ein verbindlicher
Auftrag) anzunehmen. Der Ball liegt nun übermorgen beim Stadtrat.
Franziska Streun
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NEONAZIS
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Nidwaldner Zeitung 10.12.08
Schüler wegen Drohung verurteilt
ur. Das Stanser Kantonsgericht verurteilte gestern einen ehemaligen
Schüler aus Buochs zu 30 Tagessätzen à 80 Franken und
einer Busse von
1000 Franken. Angeklagt war dieser der Sachbeschädigung, der
Drohung
und des unerlaubten Tragens von Waffen.
Im Zentrum der Gerichtsverhandlung stand ein Videoclip, das der
Verurteilte gedreht hatte. Darauf zu sehen ist eine gespielte Szene,
wie der damals 18-Jährige seinen ungeliebten Lehrer mit einem
Gewehr
hinrichtet. Über Kollegen gelangte das Video auf den Pausenplatz
der
Schule und wurde dort herumgezeigt. Frappant ist zudem, dass der
Verurteilte zu dieser Zeit Kontakte zu Rechtsextremen pflegte.
Die Verteidigerin Myrjana Niederist legte das Video als "Jux und
Bubenstreich" aus. Noch ist offen, ob der Fall vors Obergericht
weitergezogen wird.
Seite 23
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Drohvideo endet mit Geldstrafe
Ein einstiger Schüler aus Buochs drehte ein Video, auf dem er
seinen
Lehrer gleichsam hinrichtet. Der Schüler war in den Dunstkreis
Rechtsextremer geraten.
Von Urs Rüttimann
"Das Gericht hofft, dass Sie daraus gelernt haben", sagt Marcus
Schenker, Kantonsgerichtspräsident des Kantons Nidwalden. "Wir
hoffen,
dass Sie ein guter Demokrat im schweizerischen Sinn werden und nicht an
das glauben, was Ihnen rechtsextreme Kreise aus Deutschland weismachen
wollen." Dabei ist das Gericht dem Strafantrag des Staatsanwaltes weit
gehend gefolgt: 30 Tagessätze (statt der geforderten 40) zu 80
Franken,
eine Busse von 1000 Franken und die Übernahme der
Verfahrenskosten.
Überführt worden ist der Angeklagte der
Sachbeschädigung, der Drohung
und der Widerhandlung gegen das Waffengesetz durch mehrfaches Tragen
einer Waffe ohne Tragbewilligung.
Hinrichtungsvideo von Lehrer
Ihren Anfang nahm die Straftat im Bouchserwald: Im Dezember 2006 schoss
dort der damals 18-jährige Verurteilte aus Buochs, der heute als
Metzger arbeitet, sein neu gekauftes (kleinkalibriges) Flobertgewehr
ein. Zusammen mit seinem Kollegen habe er mit dem Mobiltelefon zuerst
ein kurzes Filmchen zu einer Fuchsjagd gedreht, gab er im Verhör
zu
Protokoll. Danach wurde eine Szene simuliert, auf welcher der
Verurteilte symbolisch seinen "linken" Lehrer abknallt, mit dem er
öfters Meinungsunterschiede aufgrund seiner rassistisch und
nationalsozialistisch orientierten Meinung ausgetragen hatte. "Geh
(Lehrer), lauf noch ein bisschen, ich erwisch dich schon noch",
hört
man den Verurteilten mit angelegtem Gewehr auf dem Videoclip rufen.
Anschliessend schiesst er dem Opfer quasi hinterher.
Dieses Hinrichtungsvideo gelangte über Kollegen des Verurteilten
auf
das Schulareal, wo es sich rasch verbreitete. Im Mai 2007 erfuhr der
betroffene Lehrer von Berufskollegen davon und meldete den Vorfall der
Polizei. Die Polizei verhaftete den Beschuldigten sofort. Bei ihm zu
Hause fand diese, nebst Waffen und Munition, rechtsradikale Musik und
Embleme. Weiter konnte sie aus gelöschten Datenfragmenten ein
Schreiben
eruieren, auf dem sich der Verurteilte als Mitglied der Pnos (Partei
national orientierter Schweizer) bezeichnet, sowie eine
"Platzkundgebung", die Personen beim Hitlergruss zeigt.
Verbindung zu Rechtsradikalen
Der Lehrer beschrieb den verurteilten ehemaligen Schüler als
jemanden ,
der sich sehr respektlos gegenüber Tieren und Menschen anderer
Kulturen
gezeigt hatte. In seiner 30-jährigen Lehrtätigkeit habe er
noch nie so
viel mit einem Schüler diskutiert wie mit dem Verurteilten. Auch
wusste
der Lehrer, dass sein Schüler in der Pnos verkehrte, die damals
auf dem
Schulareal aktiv wurde. Zur Anzeige bewegt hat ihn "der Respekt vor der
Situation", die ihn nicht mehr gut schlafen liess, aber auch weil
Eltern und Drittpersonen sich mit der Familie des Verurteilten
solidarisierten und er nicht einmal von der Schulleitung Rückhalt
bekam. Ausserdem spielte Angst um seine Familie mit.
Dass der junge Verurteilte durchwegs über "kriminelle Energien"
verfügt, wie es der Staatsanwalt André Wolf formuliert,
zeigt eine
weitere Tat, die ihm nachgewiesen werden konnte. Im April 2007
zerkratzte er einem anderen Lehrer in der Nacht unter Alkoholeinfluss
das Auto und schlug die Heckscheibe ein. Dies, weil ihn zwei Kollegen
ohne grosse Überredungskünste dazu angestachelt hatten.
War Video bloss ein "Jux"?
Für die Verteidigerin Myrjana Niederist haben "Übermut und
Freude am
Drehen" zum Video mit der simulierten Tötung geführt.
Für die Anklage
einer "vorsätzlichen Drohung" fehlten ihr aber klare Motive. "Das
Video
war ein Jux, ein Bubenstreich." Weiter argumentierte sie, der Lehrer
sei nie richtig von Angst gepackt worden. Auch habe er aufgrund seiner
Haltung in der Schule seine Integrität bei Eltern und
Lehrerkollegen
verloren. Deshalb sei ihm das Video als Racheakt gegen den unliebsamen
Schüler sehr willkommen gewesen.
Für den Staatsanwalt André Wolf indessen stand fest, dass
der
Verurteilte mit seinem Video bewusst seinen Lehrer bedroht hatte, vor
allem wenn sein "nationalistisch orientierter Hintergrund"
mitbetrachtet werde. "Der Angeklagte hegte starke negative Gefühle
gegen seinen linken Lehrer und bezeichnete ihn als "inkompetenten
Siech"", sagte Wolf während der Verhandlung. Ausserdem hat der
Verurteilte beim Verhör ausgesagt, sein Lehrer habe ihn mehrmals
des
Rechtsextremismus beschuldigt, weil gelegentlich an den Wänden des
Schulhauses Hakenkreuze aufgezeichnet gewesen seien.
Mildes Strafurteil
An der Verhandlung wurde der Verurteilte gefragt, ob er die
beschlagnahmten Musik-CDs und Embleme der rechtsextremen Szene von der
Polizei vernichten lassen wolle. Nur zögerlich ging er darauf ein.
Weiter liess der Richter Marcus Schenker durchblicken, dass die Strafe
härter ausgefallen wäre, wenn der Lehrer klar gesagt
hätte, dass ihn
das Hinrichtungsvideo in "Angst und Schrecken" versetzt hätte.
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HOMOPHOBIE
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Landbote 10.12.08
Petition soll "Euro Pride" verhindern
zürich - Die christlich-fundamentalistische Gruppierung
"Familienlobby"
will das Homosexuellen-Festival "Euro Pride 09" vom nächsten
Frühling
in Zürich verhindern. Gestern hat sie im Rathaus eine Petition mit
5000
Unterschriften eingereicht. Wie die Gruppierung mitteilt, werde sie
sich weiterhin gegen die Homoparade einsetzen. Zu den
angekündigten
Massnahmen zählt auch das Gebet, auf dass Gott es im Mai 2009
stark
regnen lasse. Die "Euro Pride" findet vom 2. Mai bis am 7. Juni statt
und wird Zürich in dieser Zeit zum europaweiten Anziehungspunkt
für
Schwule und Lesben machen. Das Festival wird jedes Jahr in einer
anderen Stadt ausgetragen, 2009 zum ersten Mal in der Schweiz. (sda)
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20 Minuten 10.12.08
Petition gegen Euro Pride 09
ZÜrich. Heftiger Widerstand gegen die Euro Pride 09: Die
christlich-fundamentale Gruppierung Familienlobby hat gestern im
Rathaus eine Petition mit 5000 Unterschriften eingereicht, um das
Homosexuellen-Festival zu verhindern. Die Euro Pride findet vom 2. Mai
bis am 7. Juni statt und wird Zürich zum europaweiten
Anziehungspunkt
für Schwule und Lesben machen. Geplant sind zahlreiche politische,
sportliche und kulturelle Veranstaltungen. Zudem gibt es eine Parade
durch die Innenstadt - falls die Familienlobby mit ihren
Protestenerfolglos ist. Vorläufig will die Gruppe dafür
beten, "dass
Gott es im Mai stark regnen lasse".
Die Euro Pride wird jedes Jahr in einer anderen europäischen Stadt
organisiert. Im kommenden Jahr findet das Festival erstmals in der
Schweiz statt. SDA /ram
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Aargauer Zeitung 10.12.08
In den Farben des Regenbogens
Europride 09 Das grösste lesbischwule Festival Europas steigt im
Mai und Juni in Zürich
Sidonia Küpfer
Zürich wird im Sommer zum Festzelt von Lesben und Schwulen aus
ganz
Europa. Als Höhepunkt steigt auf dem Stadthaus-Areal eine grosse
Party.
Für Michael Rüegg ist die Vergabe des Anlasses an Zürich
eine grosse
Ehre.
Das grösste lesbischwule Festival Europas, die Europride, findet
2009 in Zürich statt › was wird da in der Stadt los sein?
Michael Rüegg: Zürich wird während etwas mehr als eines
Monats in die
Farben des Regenbogens getaucht. Unter dem Dach "Europride" wird eine
Vielzahl von Veranstaltungen durchgeführt: Angefangen bei den
offiziellen Anlässen über die Parties bis hin zu den Kultur-
und
Sportprogrammen. Den Höhepunkt bilden das Stadtfest und die grosse
Parade am letzten Wochenende.
Wo findet dieser Höhepunkt denn statt?
Rüegg: Mit dem Stadtfest gehen wir ins Zentrum von Zürich.
Der
Münsterhof wird zum Kulturplatz, das Stadthaus-Areal zur
Party-Zone.
Wir sind offen für alle, die Lust haben vorbeizukommen und sich
das
anzusehen.
Wie wichtig ist es für Sie, dass dieses Fest an so zentraler Lage
über die Bühne geht?
Rüegg: Das hat für uns grossen symbolischen Charakter. Wir
waren lange
genug am Rand der Gesellschaft, jetzt feiern wir mitten in der Stadt.
Wie hat Zürich dieses Festival zugesprochen bekommen?
Rüegg: Das läuft ähnlich wie bei den Olympischen
Spielen: Man bewirbt
sich als Stadt. Die European Pride Organisers Association (EPOA) hat
die Rechte am Titel "Europride" und vergibt den Event jährlich.
Zürich
trat gegen Mannheim und Tel Aviv an und bekam schliesslich die Zusage.
Was bedeutet es für Zürich, dass die Europride diesmal hier
stattfindet?
Rüegg: Zürich war schon immer eine sehr schwulenfreundliche
Stadt und
hat eine lange Tradition darin, Menschen mit offenen Armen zu
empfangen, die sonst kein Zuhause mehr hatten. Für mich ist die
Vergabe
der Europride auch eine Würdigung Zürichs als
langjähriger Zufluchtsort.
Auf der Homepage der Europride gibt es ein Inserat, auf dem mit dem
Slogan geworben wird "Zürich the Gay Capital of Switzerland".
Stimmen
Sie der Aussage, dass Zürich die schwule Hauptstadt der Schweiz
sei, zu?
Rüegg: Zürich hat sich in den vergangenen Jahren erfolgreich
für schwule und lesbische Touristen positioniert.
. . . und kann während der Europride möglicherweise mit der
ersten
lesbischen Stadtpräsidentin aufwarten, falls Corine Mauch
gewählt wird.
Rüegg: Unser Verein ist politisch neutral. Aber wenn Zürich
zur Zeit
der Europride eine lesbische Stadtpräsidentin hätte,
wäre das für uns
natürlich grossartig.
Es regt sich Widerstand aus christlichen Kreisen. Die Familienlobby
reichte gestern eine Petition für ein Verbot der Europride ein.
Wie
gehen Sie damit um?
Rüegg: Relativ gelassen. Uns wurde viel Unterstützung
zugesagt, sei es
vonseiten der Stadt oder vom Kanton. Zahlreiche Politiker finden gut,
was wir tun. Dass es ein paar Leute gibt, die es nicht gut finden,
damit muss man leben. Persönlich ist es natürlich verletzend,
wenn man
liest, was da geschrieben wird. Aber als Verein sagen wir, die
Exponenten der Familienlobby äussern ihre Meinung, das ist ihr
gutes
Recht. Wir wollen nur, dass sie uns eben dieses Recht auf freie
Meinungsäusserung auch zugestehen.
Hierzulande kennt man den Christopher-Street-Day (CSD) als
lesbischwulen Grossanlass. Von seinen Wurzeln her ist er ein
politischer Event. Welche Rolle spielt das politische Statement bei der
Europride?
Rüegg: Vor kurzem fragte mich jemand: Warum macht ihr das
eigentlich,
ihr habt doch jetzt alles. Es stimmt, dass wir in den vergangenen
Jahren in Westeuropa und auch in der Schweiz rechtlich grosse
Fortschritte gemacht haben. Aber die Welt besteht nicht nur aus
Westeuropa. In den USA, wo die Pride-Bewegung entstanden ist, gab es
zuletzt gewaltige Rückschritte, für die Gleichstellung von
Homosexuellen. Auch in Afrika, Asien oder nur schon in Osteuropa gibt
es noch viel zu tun.
Und deshalb gibt es die Europride?
Rüegg: Fokus und Ausstrahlung der Europride sind international.
Wir
müssen schauen, dass es nicht zu Rückschritten kommt. Die
rechtliche
Seite ist das eine, die gesellschaftliche Seite etwas anderes.
2009 ist es 40 Jahre her seit den Ausschreitungen zwischen
Homosexuellen und der New Yorker Polizei, an die der CSD erinnert ›
welche Rolle spielt der Jahrestag in Ihren Planungen?
Rüegg: Es ist ein Grund zurückzuschauen. Vor 40 Jahren gab es
noch kein
Frauenstimmrecht, Schwarze waren in den USA massiv benachteiligt › wir
sind nicht die Einzigen, die in dieser Zeit viel erreicht haben. Heute
ist klar: Rechte für Schwule und Lesben sind Menschenrechte und
etwas
ganz Zentrales.
Die Veranstaltung dauert einen ganzen Monat › kann man so lange feiern?
Rüegg: Das ist tatsächlich eine Herausforderung. Ich denke
nicht, dass
wir den Anspruch haben, dass das Publikum über vier Wochen im
absoluten
Festfieber ist › das war ja auch an der Euro 08 dieses Jahr nicht der
Fall. Wir werden an der Parade und am Stadtfest mehr Leute haben als je
zuvor, weil das auch viele mobilisiert, die sonst nicht an einen
Christopher-Street-Day gehen würden.
Zur Person
Michael Rüegg (31) ist beim Verein Europride für die
Kommunikation zuständig.
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Petition gegen die Europride
Die Familienlobby, ein christlicher Verein, will die Europride
verhindern. Mit diesem Ziel reichte sie gestern im Zürcher Rathaus
eine
Petition gegen die Europride ein. 5000 Personen haben das Anliegen
unterstützt und die Petition unterschrieben. Wie die Gruppierung
gestern mitteilte, wird ihr Protest gegen die "grosse Homoparade"
weitergehen. Dabei hält sich die Familienlobby an die
benediktinische
Regel "ora et labora": Sie will um göttlichen Beistand beten und
darauf
hoffen, dass Gott die Parade noch verhindert. An weltliche Hilfe von
der Seite des Stadtrates glaubt der Verein hingegen weniger. Wie Daniel
Regli, Präsident der Familienlobby, gestern erklärte, geht es
seiner
Vereinigung darum, dass in den Medien "ausgewogene Informationen zum
Thema Homosexualität geboten würden". Zudem sollen wieder
vermehrt"gelingende Partnerschaften und Familien nach christlichem
Standpunkt" propagiert werden.
Die Organisatoren der Europride bedauern in einem
Pressecommuniqué,
"dass uns diese Gruppierung Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit
und die freie Meinungsäusserung entziehen" wolle. Sie weisen auch
darauf hin, dass sie keine religiösen Gefühle verletzen
wollen. Im
Gegenteil: Auch für viele Lesben und Schwule sei Religion ein
wichtiger
Teil ihres Lebens. Aus diesem Grund findet auch im Rahmen der Europride
ein gemeinsamer ökumenischer Gottesdienst statt. (ske)
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ANTI-ATOM
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BZ 10.12.08
Energiestrategie
Regierung will AKW wegsparen
Der rot-grüne Regierungsrat betont einmal mehr, dass er
"mittelfristig"
den Ausstieg aus der Atomenergie anstrebe. Er will den Energieverbrauch
pro Kopf um rund einen Drittel senken. Gelinge dies, brauche es keine
AKW mehr.
"Wie steht der Regierungsrat zur Atomenergie?", fragt FDP-Grossrat
Sylvain Astier (Moutier) die Regierung in einer Interpellation. Nachdem
der Berner Energiekonzern BKW, der mit 52,5 Prozent mehrheitlich im
Besitz des Kantons Bern ist, letzte Woche ein Rahmenbewilligungsgesuch
für den Bau eines neuen Atomkraftwerks (AKW) in Mühleberg
eingereicht
hat, ist die von Astier im Juni gestellte Frage aktueller denn je. Dies
umso mehr, als die rot-grüne Regierung letzte Woche keine Stellung
genommen hat zum Gesuch der BKW. Sie will dies erst im jetzt lancierten
Bewilligungsverfahren tun. Gestern nun hat die Regierung ihre Antwort
auf Astiers Vorstoss veröffentlicht. Sie bestätigt darin ihre
bekannte
Haltung: "Das in der Energiestrategie 2006 gesetzte Ziel, dass
mittelfristig Elektrizität im Kanton Bern ohne Kernkraft erzeugt
werden
soll, gilt unverändert."
Der Regierungsrat habe sich bei dieser Zielsetzung auf eine
"sorgfältige Lagebeurteilung des Energiesektors" abgestützt,
die der
langfristigen Verfügbarkeit, den Kosten und den Risiken der
verschiedenen Energieträger Rechnung trage, schreibt er. Der
Anteil der
Kernenergie am gesamten Energieverbrauch sei bereits heute "relativ
klein". Er betrage rund 10 Prozent. Wie kommt die Regierung auf diese
Zahl? Der Anteil der Elektrizität am gesamten Energieverbrauch in
der
Schweiz betrage 24 Prozent. Und davon mache die Kernkraft 40 Prozent
aus.
Ein Drittel weniger Energie
Mit ihrer Energiestrategie verfolgt die Regierung das Ziel, den
Energieverbrauch im Kanton Bern so weit zu reduzieren, "dass er zu
einem massgebenden Teil durch erneuerbare Energieträger (inklusive
der
bestehenden Wasserkraft) gedeckt werden kann". Das Hauptziel sei die
Verwirklichung der 4000-Watt-Gesellschaft bis im Jahr 2035, schreibt
die Regierung. Gegenüber heute bedeute das eine Reduktion des
Energieverbrauchs pro Kopf im Kanton Bern um rund einen Drittel.
Atomstrom einsparen
Auf Grund dieses Ziels und des laut Regierung "relativ kleinen" Anteils
der Atomenergie am gesamten Energieverbrauch ist der Regierungsrat
überzeugt, dass es in Zukunft keine AKW mehr braucht: "Der heutige
Verbrauch von Strom aus Kernenergie soll demnach künftig nicht
durch
einen anderen Energieträger gedeckt werden müssen, sondern
infolge der
Verminderung des Energiebedarfs wegfallen", schreibt er. Mit anderen
Worten: Die Regierung will den Atomstrom einsparen.
Die Regierung will aber nicht nur sparen, sondern auch die
Auslandabhängigkeit bei der Energieversorgung reduzieren. Dies sei
der
einzige, langfristig Erfolg versprechende Weg, die Versorgung des
Kantons Bern mit bezahlbarer Energie sicherzustellen, schreibt sie.
Und: "Kernkraftwerke können dazu keinen wesentlichen Beitrag
leisten."
Heute ist die Energieversorgung im Kanton Bern zu über 80 Prozent
von
ausländischen Energieträgern abhängig.
Neues Energiegesetz
Was die Bürgerlichen von diesen Einschätzungen der
rot-grünen Regierung
halten, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Morgen wird
Energiedirektorin Barbara Egger (SP) das revidierte Energiegesetz
vorstellen und in die Vernehmlassung schicken. Mit diesem will die
Regierung ihre Energiestrategie umsetzen.
Dominic Ramel
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Vorstoss
BKW-Aktien verkaufen?
FDP-Grossrat Ruedi Sutter (Grosshöchstetten) fordert zusammen mit
anderen bürgerlichen Politikern den Regierungsrat dazu auf, die
2006
eingestellten Arbeiten zum Abbau der Kantonsbeteiligung am
Energiekonzern BKW wieder aufzunehmen. Der Kanton ist mit 52,5 Prozent
Mehrheitsaktionär der BKW. Die Regierung wehrt sich dagegen nicht
a
priori, will aber zuerst prüfen, wie sich die eingeleitete
Strommarktliberalisierung auf eine Reduktion des BKW-Anteils auswirken
würde. Sie will deshalb den Vorstoss nur als unverbindliches
Postulat
entgegennehmen. Der Grosse Rat wird darüber im Januar befinden.
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TASER LU
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NLZ 10.12.08
Luzerner Luchse erhalten Taser
Die Sondereinheit Luchs darf ab Januar Taser einsetzen. Dieser mache
den Halunken mehr Angst als eine Pistole, sagt Beat Hensler.
von Luzia Mattmann
Ein Selbstmordgefährdeter will sich umbringen oder ein
Bankräuber hält
der Geisel ein Messer an den Hals: In solchen Situationen könnte
in
Luzern ab Januar ein Taser eingesetzt werden.
"Die Verletzungen, die mit dem Taser entstehen, sind viel geringer als
die einer Dienstwaffe", sagt Beat Hensler, Kommandant der
Kantonspolizei Luzern. "Und es werden keine Drittpersonen
gefährdet."
Anders als bei Schusswaffen werden nicht Projektile abgeschossen,
sondern mit Drähten verbundene Pfeile, die in die Haut eindringen
und
im Körper des Getroffenen einen Elektroschock auslösen (siehe
Box). Die
Reichweite der Waffen beträgt 5 bis 7 Meter. "Wir werden rund ein
Dutzend Taser anschaffen, die sich dann in den Einsatzfahrzeugen der
Sondergruppe Luchs befinden", sagt Hensler. Ein Gerät kostet rund
1500
Franken.
Wo es möglich ist, will die Polizei zuerst den Taser einsetzen,
statt
sofort zur Schusswaffe zu greifen. "Erfahrungen aus Frankreich zeigen,
dass die Taser häufig gar nicht abgefeuert werden mussten, weil
die
Täter schon bei deren Anblick aufgaben." Der Taser macht also mehr
Angst als eine Schusswaffe? "Es sieht so aus", sagt Hensler.
Warum erst jetzt?
In allen anderen Deutschschweizer Polizeikorps ausser Uri sind bereits
solche Elektroschockgeräte zugelassen. Warum hat Justiz- und
Polizeidirektorin Yvonne Schärli den Taser erst jetzt in Luzern
zugelassen? "Ich will, dass der Taser nur unter strengen Richtlinien
eingesetzt werden darf", sagt Schärli, die dieses Anliegen in der
Kantonalen Polizeidirektorenkonferenz aufs Tapet brachte. Jetzt sind
die Taser da und die Richtlinien auch. Gemäss diesen Richtlinien
gelten
nun für alle Kantone die gleichen Regeln beim Einsatz von Tasern:
So
dürfen nur speziell ausgebildete Polizisten die Waffe einsetzen,
und
das nur in bedrohlichen oder gefährlichen Situationen. Für
die
ausführenden Polizisten wird ein Selbsttest mit dem Gerät
empfohlen.
Im Ausland haben Elektroschockgeräte durch Todesfälle
Aufsehen erregt.
"Amnesty International konnte keine Fälle dokumentieren, bei denen
der
Einsatz der von uns verwendeten Geräte zu nachhaltigen
Schäden oder gar
zum Tod geführt hätten", sagt Hensler. Dass die Taser in
nächster Zeit
überhaupt eingesetzt werden, sei ohnehin fraglich: Die Luzerner
Luchse
hatten in den letzten paar Jahren laut Hensler keinen Einsatz, bei dem
Schusswaffen verwendet wurden. Auch in den anderen Zentralschweizer
Kantonen, in denen Taser erlaubt sind, ist es noch zu keinem Einsatz
der Taser gekommen.
---
Taser
Vier Widerhaken
Der Taser ist eine pistolenähnliche Waffe, die zwei oder vier mit
Widerhaken versehene Projektile gegen den Körper der Zielperson
schiesst. Danach schickt sie kurze Elektroschocks von 17 500 bis 50 000
Volt durch die mit den Projektilen verbundenen Drähte. Das Opfer
sackt
zusammen, sodass es festgenommen werden kann. Mit einem Taser
können
Angreifer, fliehende oder mit Suizid drohende Personen
handlungsunfähig
gemacht werden, ohne dass eine Schusswaffe eingesetzt werden muss. In
der Schweiz dürfen Taser nur von speziell ausgebildeten Polizisten
eingesetzt werden.
Gemäss Amnesty International sind in den USA seit 2001 insgesamt
280
Menschen an den Folgen eines Taser-Schocks gestorben, in Kanada seit
Juli 2003 insgesamt 18. Die UNO-Kommission gegen Folter verurteilt den
Einsatz von Tasern als "eine Form von Folter".
bem
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20min.ch 9.12.08
Kapo Luzern bekommt Taser
Als zweitletzte Kantonspolizei der Deutschschweiz wird die Luzerner
Kapo 2009 mit Tasern ausgerüstet. Das so genannte
Destabilisierungsgerät wird nach einer internen Ausbildung
ausschliesslich von der Sondertruppe "Luchs" benutzt.
Ein Taser verschiesst auf kurze Distanz zwei Elektroden, welche der
getroffenen Person in der Skelettmuskulatur einen elektrischen Impuls
versetzt und sie vorübergehend bewegungsunfähig macht. Neben
Luzern hat
bis jetzt auch die Urner Kapo auf Taser verzichtet. Auch in der
Westschweiz ist der Taser nicht im Einsatz.
Mit dem Taser erhalte man ein wirkungsvolles Gerät für
bedrohliche und
gefährliche Ausnahmesituationen, wird der Luzerner Kapo-Kommandant
Beat
Henseler zitiert. Laut Mitteilung der Justiz- und Sicherheitsdirektion
vom Dienstag wird der Taser in Situationen benutzt, in denen auch die
Schusswaffe eingesetzt werden kann.
Erfahrungen anderer Polizeikorps zeigten, dass mit dem Taser vermehrt
auf Schusswaffeneinsatz verzichtet werden könne, heisst es weiter.
So
könnten Verletzungen oder gar Todesfälle bei Festnahmen
vermindert
werden.
Quelle: SDA/ATS
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GIPFEL-SOLI-NEWS 9.12.08
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gipfelsoli.org/Newsletter
9.12.08
9.12.2008 Griechenland -- Berlin -- Freiburg -- Strasbourg/ Baden-Baden
-- Heiligendamm -- Genua
- Erklärung der Vollversammlung der besetzten Theaterschule von
Thessaloniki
- Vorbereitung einer bundesweiten Demonstration
- Freiheit stirbt mit Sicherheit — Für unkontrollierte
Versammlungen
- Schlampige Arbeit beim Verfassungsschutz Baden-Württemberg
- Kehler müssen beim NATO-Gipfel mit vielen Einschränkungen
rechnen
- Vertrauensbonus für Polizei in Agenturmeldungen
- Italien: Freispruch von G8-Gegnern angefochten
Mehr: http://gipfelsoli.org/Newsletter/5843.html
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GRIECHENLAND
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Tagesanzeiger 10.12.08
"Mein kleiner Alex, für dich brennen wir Athen nieder"
Seit dem Tod des 15-jährigen Andreas Alexis Grigoropoulos
entlädt sich
die Wut der Jugend auf den griechischen Staat. Die Eltern schauen zu,
weil sie selber gegen den Staat sind.
Von Kai Strittmatter, Athen
Am Morgen danach, als die Sonne aufgeht, liegt ein rosa Schimmer
über der Akropolis, der allein der Morgenröte geschuldet ist.
Vom Lycabettus-Hügel aus betrachtet liegt die Stadt unter einem,
als
trage sie ein weisses Laken, als habe sie alle Asche abgeschüttelt.
Gestern Nacht, war von hier oben aus ein unwirkliches Lodern und
Flackern zu beobachten in der Schneise, die die Strasse vom Hügel
hinunter in die Stadt schlägt - als wollten riesige Fackeln den
Weg zur
Akropolis festlich erleuchten. Es war nach Mitternacht, als sich die
Tür eines Lokals öffnete, ein junger Mann herausgelaufen kam
und uns am
Arm griff. "Gehen Sie von der Strasse, mein Freund", sagte er, und
dann, kopfschüttelnd: "Athen brennt."
Morgendlicher Abstieg vom Hügel hinab in eine versehrte Stadt, die
auch
im Aufwachen nicht begreifen will, was da geschehen ist. Hie und da
kokeln noch kleine Häuflein Asche, die die Taxifahrer im Slalom
nehmen.
Polizisten mit Trillerpfeifen an den Kreuzungen: Viele Ampeln wurden
zerschlagen. Gebeugte Ladenbesitzer kehren ihre zu Eissplittern
zerschlagenen Glastüren weg, in einem Geschäft liegt die mit
Hämmern
bearbeitete Türe noch als aus Millionen Kristallen geformter
Glasteppich im Eingang. "Niemals", sagt einer, der im Türrahmen
seines
zerstörten Geschäfts steht. "Niemals hätte ich gedacht .
. ." Seine
Stimme bricht ab.
Wenn man die feine Skoufa nur eine Viertelstunde nach Nordwesten geht,
gelangt man an den Ort, an dem alles begonnen hat: Exarchia. Das
Viertel der Intellektuellen und Künstler. Das Viertel der vielen
Buch-
und Bioläden. Das Viertel der zornigen Jugend. Wandmalereien,
Hammer
und Sichel, das eingekreiste "A" der Anarchisten oder jener, die sich
dafür halten. Hier hängt noch Tränengas in der Luft,
hier haben sich
Randalierer und Polizei bis in die Morgenstunden bekämpft. Hier
ist, in
einer kleinen Fussgängerzone, der Ort, an dem der 15-jährige
Andreas
Alexis Grigoropoulos von einer Polizeikugel in die Brust getroffen
wurde.
Rund um einen kugelförmigen Poller ist eine Gedenkstätte
entstanden:
Töpfe mit Weihnachtssternen, Rosensträusse, brennende Kerzen.
Oben auf
dem Poller, wie zum Zeichen, ein umgedrehter Vorschlaghammer.
Vorbeilaufende bekreuzigen sich. "Wir werden dich nicht vergessen",
steht auf einem der zwischen die Blumen gelegten Brieflein: "Und wir
werden dafür sorgen, dass sie dich nie vergessen."
An einer Plakatwand noch mehr Briefe: "Rache ist unser Glück" -
"Mein
kleiner Alex. Für dich brennen wir Athen nieder. Für dich
brennen wir
alle nieder, die nicht verstehen wollen." Dieser letzte Brief datiert
vom Montag. In den Abendstunden dieses Tages gingen sie daran, ihre
Versprechen wahr zu machen. "Griechenland ist in der grössten
Krise
seit dem Obristenregime 1974", glaubt der Schriftsteller Petros
Markaris.
Tränengas und Schweldämpfe
Schon die Ankunft am Flughafen war Einstimmung. Taxifahrer, die sich
weigerten, einen ins Stadtzentrum zu fahren. Polizisten, die mit der
Achsel zuckten: "Zahlen Sie ihm ein neues Auto, wenn es ausbrennt?" Zu
dem Zeitpunkt, abends um halb sieben, war eigentlich lediglich eine
reguläre Demonstration der Linken angesetzt. Aber in Athen
marschieren
heute Wut und Gewalt stets mit. Die Randalierer nahmen die friedlichen
Demonstranten als Deckung. Die Polizei reagierte. Bald lag eine Decke
von Tränengas über dem Stadtzentrum, eine Decke, die im
Verein mit den
Schweldämpfen der schmelzenden Müllcontainer an jeder Ecke
dafür
sorgten, dass bald die halbe Stadt vermummt durch die Strassen lief.
Ecke Kolonaki-Platz und Skoufa-Strasse. Eine vornehme Wohngegend, eine
edle Einkaufsstrasse, ein perfektes Ziel. Der erste Angriff. Zuerst
hört man sie - anschwellende Schläge gegen Türen und
Fenster kündigen
ihr Kommen an, dann liefen sie über den Platz. Junge Leute, die
ältesten Mitte zwanzig. Motorradhelm, Skimütze oder
Palästinensertuch
vor dem Gesicht trägt nicht einmal die Hälfte, dem Rest ist
es egal, ob
man sie sieht. Diese Nacht würde ihnen gehören.
Dann beginnt das Konzert der Hämmer und Stöcke: rhythmische
Schläge,
klirrendes Glas, die hysterisch heulenden Alarmanlagen der
angegriffenen Autos, schnell überlagert von den kräftigeren,
langsameren Sirenen der Geschäfte. Ein Konzert, das schnell in
einen
sich fortpflanzenden Kanon überging, mit immer neuen Wagen, immer
neuen
Ladentüren, die im Minutentakt zertrümmert wurden. Einer
streckte
seinen Arm durch das Loch in der Scheibe eines Ladens namens Celestino
und nahm der Schaufensterpuppe die Tasche weg. Zurück blieb eine
Modepuppe, die unter Perlenkette und Pelzjäckchen ein
Che-Guevara-T-Shirt trug. Kolonaki-Schick.
Bald brennt Athen. Angesteckt werden dabei allerdings nur selten
Läden
und Gebäude. Die grösste Fackel ist der Weihnachtsbaum der
Stadt Athen:
Opfer der Schlacht, die sich die Autonomen dort mit der Polizei
lieferten (nicht ohne zwischen zwei Steinwürfen das Feuerwerk mit
der
griechischen Version von "O Tannenbaum" zu begleiten.) Ansonsten trifft
es vor allem die Müllcontainer: Sie brennen gut und sind als
Barrikade
zu gebrauchen.
Vor Vermummten läuft keiner weg
Bald rieselt es vielerorts von oben: Ganze Strassenzüge verwandeln
sich
in Sprinkleranlagen, weil die Anwohner versuchen, mit Schläuchen
aus
dem zweiten und dritten Stock auf eigene Faust die Feuer zu
löschen.
Von der Feuerwehr war oft so wenig zu sehen wie von der Polizei, die in
der Skoufa-Strasse erst eine halbe Stunde nach dem Verwüstungszug
eintraf.
"Der Anarchie ausgeliefert", wird am nächsten Tag eine Zeitung
titeln,
"Staat ohne Regierung", eine andere. Die Polizei entschuldigt ihre
Zurückhaltung damit, dass man nicht weitere Todesfälle habe
riskieren
wollen. Viele Passanten streifen durch die Strassen: Schaulustige,
Anwohner, friedliche Demonstranten. Wenn eine Gruppe Vermummter
hammerschwingend heranprescht, läuft keiner weg. Sie wissen, nicht
sie
sind das Ziel, sondern die Schaufenster, vor denen sie stehen. Und wenn
die dann eingeschlagen sind, ist das für nicht wenige der erste
Moment
in dieser Nacht, da sie das Handy vom Ohr nehmen - um ein Foto zu
machen.
Xenia und Maria sind zwei Studentinnen, die mitmarschierten in der
friedlichen Demonstration. Jetzt stehen sie in der Skoufa und schauen
gebannt auf die brennenden Container. Eigentlich, sagt Xenia, möge
sie
keine Gewalt. "Doch ich bin glücklich. Etwas musste passieren. Die
Gesellschaft musste aufwachen."
"Die Wut", sagt Petros Markaris, der grosse alte Mann der griechischen
Kriminalliteratur und scharfzüngige Gesellschaftskritiker, "die
Wut ist
gross." Er glaubt nicht an das "Märchen" von 300 Linksradikalen
aus dem
Viertel Exarchia, die allein die Stadt in Brand gesetzt haben sollen.
"Die Wut sitzt mittlerweile tiefer in diesem Land." Er spricht von der
Wut auf einen Staat, der einen ersticke mit Bürokratie und den
Cliquen
untereinander aufgeteilt haben: "Griechenland ist eine Gesellschaft
geschlossener Kreise geworden. Jeder Kreis verteilt die Ressourcen nur
an seine Leute. Und jeder Kreis hält das Land für sein
Ebenbild."
Korruption gab es immer im Land. "Aber nun werden die Zahlen ein paar
Nummern zu gross. Und nie wird einer bestraft." Hinzu kommen
Wirtschaftskrise und wachsende Armut. Ein Zweitjob ist in Griechenland
nicht die Ausnahme, sondern die Regel.
Der Zorn der Jugend. "Das war schon lange ein Topf, der kocht", sagt
Andreas Delenikas von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Athen: "Da
brauchte es nur einen Funken." Als Schüler leben junge Griechen
jahrelang alle in der Furcht vor den
Universitäts-Aufnahmeprüfungen,
die über ihre Zukunft entscheiden. "Es ist deine Pflicht, Erfolg
zu
haben mit 18 Jahren", sagt Delenikas: "Den meisten gelingt es nicht.
Sie erfahren ihre erste grosse Niederlage und Enttäuschung mit
18."Und
die anderen? Stellen nach dem Uni-Abschluss fest, dass sie keine Arbeit
bekommen. Die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland liegt zwischen 25
und 30 Prozent. Und wenn sie eine bekommen, dann schlecht bezahlt, ohne
Urlaub, ohne Sozialversicherung. Man nennt sie die "700-Euro-
Generation".
Früher halfen die Eltern noch ihren Kindern. Heute sind die Eltern
selbst verschuldet oder bangen um ihre Arbeit. Mit Folgen: "Die
Erwachsenen tolerieren die Wut ihrer Kinder", glaubt Petros Markaris,
"weil sie selbst gegen den Staat sind." Egal ob Gewerkschaften,
Regierung oder Opposition, allen gehe es nur um ihre Pfründe. Wer
aber
keine Hoffnung mehr hat und keinen Ausweg mehr sieht, dem bleibt nur
die Wut. Wer zusieht, wie sich andere schamlos bereichern, schämt
sich
nicht, dort zuzuschlagen, wo der Reichtum sich zur Schau stellt.
Die Nerven der Polizei liegen blank
Der Funken. Am Samstagabend um neun Uhr schoss ein Polizist den
15-jährigen Andreas Alexis Grigoropoulos in die Brust. Der Junge
verblutete an Ort und Stelle. Mehrere Augenzeugen schildern die Tat als
kaltblütigen Mord. Der 37-jährige Polizist gehört zu den
sogenannten
Spezialwachen, die eigentlich nur zum Gebäudeschutz und nur
unbewaffnet
eingesetzt werden sollten. Er trug den Spitznamen "Rambo".
Auch Krimiautor und Polizeikenner Markaris weiss von anderen
Fällen der
Polizeigewalt, auch er ist überzeugt davon, dass es Mord war. Und
doch
will er der Polizei nicht alle Schuld geben. "Die Polizei ist nicht gut
ausgebildet und hat mittlerweile alles Selbstvertrauen verloren. Den
Polizisten wird aufgebürdet, was die Politik nicht lösen
kann. Die
Nerven liegen blank." Im Fernsehen trat ein Einsatzleiter der
Spezialeinheiten auf, die nun schon vier Nächte in Folge in die
Straßenschlacht geschickt werden: Seine Leute bekämen 600
Euro netto,
referierte der Beamte, Überstunden würden nicht bezahlt: "Was
glauben
Sie, was für eine Qualität Sie dafür bekommen?"
Im Stadtviertel Exarchia funktionierte lange Jahre eine stille
Übereinkunft zwischen Polizei und linksautonomer Szene: Man liess
sich
und die anderen in Ruhe, meist. Bis vor drei Jahren der
berüchtigte
Polizeiminister Viron Polydoras antrat und versprach, er werde
"Exarchia säubern". Der Rechtspopulist musste abtreten, doch der
Schaden blieb: Seiner Politik der Konfrontation, so Markaris, sei die
Vendetta zwischen Autonomen und Polizei entsprungen.
Dienstag in Athen. Der getötete Andreas Alexis Grigoropoulos
stammte
aus einer wohlhabenden Familie. Die Mutter war Schmuckhändlerin,
der
Vater Bauingenieur. Er besuchte eine Weile die Moraitis-Schule, eine
der vornehmsten und teuersten Schulen Athens, bis seine Leistungen
nicht mehr gut genug waren. Viele Jugendliche der autonomen Szene in
Exarchia kommen aus der Mittelschicht. Athen ist nicht Paris. In Athens
Vorstädten blieb es ruhig. In Athen brannte das Zentrum. Am
Nachmittag
wird Andreas Alexis Grigoropoulos beigesetzt. Tausende strömen auf
die
Strasse, um ihm die letzte Ehre zu erweisen.
Dienstag in Athen. 190 Brände gelegt und gelöscht. 130
Läden zerstört.
Einer davon ist Celestino am Kolonaki-Platz. Die Schaufensterpuppe mit
dem Pelz ist noch da. Vor ihrer Brust, vor ihrem T-Shirt aber ein
grosser Pappdeckel. Che Guevara sieht man nicht mehr.
Dienstag in Athen. Die einzigen Feuer, die im Moment brennen, sind die
auf dem Campus der Polytechnischen Universität. Die Polizei geht
hier
nicht rein, das Universitäts-Asyl ist ein Erbe des Widerstandes
gegen
die Obristen-Herrschaft. Ein paar Gruppen von Jugendlichen sitzen um
Lagerfeuer. Nicht alle machen sich die Mühe, sich zu vermummen.
Bald
ist wieder Nacht.
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Bund 10.12.08
Trauer in Griechenland
Die konservative Regierung steht unter Druck - Opposition fordert
Neuwahlen
Derek Gatopoulos, Athen (ap)
Die Kundgebungen und Krawalle in Griechenland gehen weiter. Die
Regierung kündigte ein härteres Vorgehen gegen die
Demonstranten an,
wurde von der Opposition jedoch zum Rücktritt aufgefordert.
Tausende Menschen haben in der Nähe von Athen an der Trauerfeier
für
den durch eine Polizeikugel getöteten 15-jährigen Jungen
teilgenommen.
Auf dem kleinen Friedhof in der Athener Vorstadt Palaio Faliro waren
ausser engen Verwandten und Freunden auch Schülervertretungen aus
vielen Athener Gymnasien zusammengekommen. Auch Schüler aus
Nordgriechenland und von der Insel Kreta hatten Blumen geschickt,
berichtete das Fernsehen. Die Polizei beobachtete aus Helikoptern und
aus diskreter Entfernung die Trauerfeier.
Auf zentralen Plätzen vieler Städte des Landes versammelten
sich
zeitgleich Zehntausende Schüler im Gedenken an den Jugendlichen,
dessen
Tod am Samstag eine Welle der Gewalt in ganz Griechenland
ausgelöst
hatte.
Polizeiquartier gestürmt
Bereits vor der Trauerfeier hatten Hunderte von Jugendlichen auf dem
Syntagma-Platz vor dem Parlamentsgebäude die Polizei mit Steinen
beworfen und sich Handgemenge mit den Beamten geliefert. Auch in
anderen Orten in Griechenland kam es zu neuen Krawallen. In der Stadt
Patras stürmten und besetzten Demonstranten das Hauptquartier der
Polizei. Rund 500 Personen drangen laut Angaben der Polizei in das
Gebäude ein und warfen dabei Steine und Molotow-Cocktails.
Drohung der Regierung
Die Regierung verschärfte gestern ihren Ton gegenüber den
Demonstranten. Ministerpräsident Kostas Karamanlis kündigte
nach einem
Treffen mit Staatschef Karolos Papoulis an, es werde nun hart
durchgegriffen. Die "Chaoten" müssten isoliert und verurteilt
werden,
sagte er. "Wir werden keine Gnade für die Verantwortlichen
zeigen."
Niemand habe das Recht, diesen tragischen Vorfall als Alibi für
Aktionen der rohen Gewalt zu missbrauchen, für Aktionen gegen
unschuldige Menschen, gegen ihr Eigentum, gegen die ganze Gesellschaft
und gegen die Demokratie, sagte der Ministerpräsident.
Unruhestifter
könnten nicht mit Nachsicht rechnen.
Opposition fordert Rücktritt
Wegen der Ausschreitungen steht Karamanlis' konservative Regierung, die
im Parlament über nur eine Stimme Mehrheit verfügt, massiv
unter Druck.
Der sozialistische Oppositionsführer Georgios Papandreou forderte
ihren
Rücktritt. "Die Regierung kann die Krise nicht bewältigen,
und sie hat
das Vertrauen des griechischen Volkes verloren", sagte Papandreou.
Politische Fehlentscheidungen und Versäumnisse der Regierung seien
für
die Unruhen verantwortlich, die einzige Lösung seien Neuwahlen.
Papandreou hatte vor der Beisetzung die Jugendlichen zu friedlichen
Protesten aufgerufen. "Auf den Strassen trauert heute eine ganze
Generation", sagte er. Die Menschen sollten "gegen die Gewalt des
Staates demonstrieren, gegen die Gewalt gegen Landsleute". Alle Schulen
und Universitäten in Griechenland blieben geschlossen. Für
heute haben
die Gewerkschaften zum Generalstreik aufgerufen.
Polizisten angeklagt
Die zwei Polizisten, die am Samstag im Athener Stadtteil Exarchia im
Streifenwagen unterwegs waren, aus dem heraus Alexandros Grigoropoulos
erschossen wurde, sind verhaftet und des Mordes sowie der Beihilfe zum
Mord angeklagt worden.
Nach Polizeiangaben wurden bei den Auseinandersetzungen in der Nacht
auf Dienstag landesweit mehr als 170 Menschen festgenommen, 87 allein
in Athen. Mehr als 100 Menschen erlitten Medienberichten zufolge
Verletzungen. Über das Ausmass der Schäden gab es vorerst
noch keine
Angaben.
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BZ 10.12.08
Rebellion der "700-Euro-Generation"
Woher kommt die Wut? Aufgeschreckt durch die Gewaltexzesse, sucht die
griechische Öffentlichkeit nach den Ursachen.
Ein Land sucht nach Erklärungen. Griechenland durchlebt einen
Albtraum.
Was ist faul in unserer Gesellschaft, fragen Kommentatoren in den
Medien. Offensichtlich reicht es als Erklärung nicht, auf die
Chaotenszene zu verweisen. "Die nutzt jede friedliche Demonstration, um
ihr Unwesen zu treiben", sagen viele Bürger.
"Die Sache geht viel tiefer", wischt der Chefredaktor der linken
Zeitung "Avgi", Nikos Filis, die Stimme des Volkes beiseite. Es gebe in
der Gesellschaft viel Wut. Die sogenannte "700-Euro-Generation" mache
ihrem Protest Luft. "Sie sagt uns, dass etwas falsch läuft." Er
spricht
über Tausende junger Menschen, die nach jahrelangem
Hochschulstudium
und erstklassiger Qualifikation dennoch eine düstere Zukunft
haben.
"Sie haben mehrere Jahre lang gelernt, aber danach nur Teilzeitjobs
gefunden", sagt Filis. Mit 700 Euro könnten sie keine Familie
gründen
oder sich keine Wohnung leisten. "Jetzt gehen sie auf die Strasse und
sagen uns, was wir Älteren falsch gemacht haben", kommentiert die
linksliberale Zeitung "To Vima".
Die Zeit der Militärdiktatur
Auch der Blick zurück in die dunklen Zeiten Griechenlands soll
helfen,
diesen Ausbruch der Gewalt zu erklären. "In den 70er-Jahren
kämpften
wir für die Demokratie und gegen die Obristenjunta
(Militärdiktatur) in
Griechenland und sangen Lieder von Mikis Theodorakis", sagt ein
Psychologe im Fernsehen und erinnert an ein Lied des grossen
griechischen Sängers zu einem Text des Schriftstellers Giannis
Ritsos,
der während der Diktatur als Kommunist mehrfach eingesperrt worden
ist:
"Bald werden die Freiheitsglocken läuten." Die nachfolgenden
Generationen hätten eine völlig andere politische Welt
erlebt, sagt er.
Nach der Wiederherstellung der Demokratie 1974 bildete sich ein
2-Parteien-System bestehend aus den Konservativen der Nea Dimokratia
und der Pasok - der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung. Diese
wechseln sich an der Macht ab. Viele Menschen empfinden dennoch seit
Jahren Stillstand. Es sind Dynastien, die sich im Kampf um die Macht
ablösen: Konstantinos Karamanlis und Andreas Papandreou in den
80er-Jahren, Kostas Karamanlis (Neffe) und Giorgos Papandreou (Sohn)
heute. Beobachter verweisen darauf, das Land hänge praktisch am
Tropf
der milliardenschweren Subventionen der Europäischen Union.
Glücklich
sei vor allem, wer über die "Verbindungen" zur jeweils regierenden
Partei verfügt. "Wir stehen am Rande des Zusammenbruchs",
kommentierte
die Athener Zeitung "Kathimerini".
Wenn die Nacht kommt, zeigen Jugendliche mit aller Gewalt ihren Hass
auf diese politische Klasse und deren Günstlinge. Die Gruppe von
einigen tausend jungen Leuten komme ihm vor wie ein modernes
Lumpenproletariat, meint Nikos Maniatis, ein Gymnasiallehrer. Sie
hätten sich von der Gesellschaft entfremdet und keine Hemmungen,
brutale Gewalt anzuwenden. Und es gibt eine Verbindung zu den vielen
arbeitslosen gebildeten und vor allem frustrierten jungen Leuten.
Technisch gut vernetzt
Den überforderten Behörden wird zum ersten Mal seit Jahren
klar, dass
sich die "Chaoten" sehr gut organisiert haben. Sie sind auch technisch
gut vernetzt, um so blitzschnell neue Unruhen zu organisieren. "Wir
müssen natürlich die Gewalt beenden", schreibt die Zeitung
"Eleftherotypia" und mahnt: "Danach aber müssen wir lange
nachdenken,
wie es mit der Jugend weitergehen soll."
Takis Tsafos,
--
Weihnachtsfeier abgesagt
Der Athener Bürgermeister Nikitas Kaklamanis hat laut einem
Bericht der
deutschsprachigen "Griechenland-Zeitung" wegen der Trauer um den
15-jährigen Alexis die öffentlichen Weihnachtsfeierlichkeiten
abgesagt.
Die bereits installierte Weihnachtsbeleuchtung soll von den grossen
Plätzen der Innenstadt entfernt werden. Der Bürgermeister
sprach im
Namen des Stadtrates der Familie des getöteten Jungen sein Beileid
aus.
Er habe grosse Sorge um die sinnlose Gewalt, die in der Stadt herrsche.
Den geschädigten Ladenbesitzern und Einwohnern versprach der
Bürgermeister Unterstützung bei der Behebung der
Schäden. Ausserdem
stellte er Steuererleichterungen in Aussicht.
mh
---
NLZ 10.12.08
"Es hat schon lange gebrodelt"
Griechenland kommt nicht zur Ruhe. Laut Werner van Gent geht es bei den
Protesten jedoch längst nicht mehr nur um den Tod eines
Jugendlichen.
Interview von Stefan Waldvogel
Herr van Gent*: Gegen wen richten sich die Proteste in Griechenland:
Gegen die Polizei, den Staat oder die Korruption?
Werner von Gent: Hier in Griechenland sind der Staat und die Korruption
eigentlich identisch. Die Polizei ist ebenfalls Teil davon und
entsprechend verhasst. Der Tod des Jungen war lediglich der
Auslöser.
Es hat schon lange gebrodelt, und nun ist die Lage förmlich
explodiert.
Gibt es konkrete Forderungen?:
van Gent: Nein, die Protestbewegung ist kaum zu fassen, und sie findet
recht breite Unterstützung auch bei anderen
Bevölkerungskreisen. Ich
war gestern in der Stadt und habe Tausende von Menschen gesehen, die
den Randalierern einfach zusahen. Das allgemeine Unbehagen gegen die
Regierung ist enorm, die entlädt sich jetzt mit totaler
Frustration und
sogar Freude an der Zerstörung. Die Demonstranten machen alles
kaputt.
Ob kleine oder grössere Läden, es geht offenbar darum, einen
möglichst
grossen Schaden anzurichten, und das gelingt.
Von aussen hat man immer den Eindruck, die Griechen seien
heissblütig, aber friedlich, täuscht dies?
van Gent: Sie haben Recht: Bisher gab es keine Gewalt gegen Menschen,
ausser den Kämpfen mit der Polizei. Ich war selber auf der Strasse
und
machte mir um mich keine Sorgen. Mit den Unruhen kam es auch zu
massenhaften Plünderungen. Das sind Kriminelle, die vom Chaos
profitieren und zusätzlich zerstörerisch wirken. Mit den
ursprünglichen
Protesten, hat dies aber nichts
zu tun.
Welche Rolle spielen denn die Universitäten als Keimzelle des
Protests?
van Gent: Sie sind weniger Keimzelle als Zufluchtsort. Es gibt ein
uraltes Gesetz, welches nach dem Militärputsch von 1973
eingeführt
worden war. Demnach gelten Universitäten als Asyl. Das ist hier
schon
fast eine heilige Sache und wurde von den Demonstranten ausgenutzt.
Aber es gibt schon länger eine Szene von Autonomen, die negativ
auffiel. Wurde diese Szene unterschätzt?
van Gent: Ja. Die Probleme existieren schon länger, doch war ihre
Zahl
ziemlich begrenzt. Es waren weniger als 500, und in der Grossstadt
Athen gehen sie schnell einmal unter. Dass aus diesem kleinen Kern so
schnell eine grosse Bewegung wurde, das hat alle überrascht und
schockiert. Es ist vielleicht zu vergleichen wie damals bei den
Jugendunruhen in Zürich. Auch da gab es plötzlich eine breite
Sympathie
für ein paar Autonome. Hier ist es ähnlich, das Ausmass ist
einfach
zehnmal grösser.
Und die Regierung ist überfordert?
van Gent: Ich würde sagen, sie ist inexistent.
Wie geht es nun in Griechenland weiter?
van Gent: Ehrlich gesagt: Ich habe keine Ahnung. Die Stimmung ist sehr
schlecht. Wie erwähnt ist die Bewegung nicht klar fassbar, es gibt
eine
grosse Eigendynamik und die Jungen organisieren sich dezentral via
Handy, sodass sie kaum zu berechnen sind.
Mittlerweile ist ja nicht nur Athen betroffen, sondern auch die
Touristeninseln. Was für Folgen erwarten Sie mittelfristig?
van Gent: Das war für mich ebenfalls überraschend, auch in
Rhodos oder
Kreta kam es zu heftigen Auseinandersetzungen, und es wurde sogar eine
Polizeiwache überfallen. Das ist natürlich schlecht für
die
Einheimischen, trifft aber sicher auch die Leute, die vom Tourismus
leben. Kurzfristig ist zudem das Weihnachtsgeschäft hier am Boden.
Das
belastet die angeschlagene griechische Wirtschaft zusätzlich.
Und Sie persönlich, bleiben sie trotzdem in Athen?
van Gent: Vorerst muss ich für das Fernsehen weiter berichten,
aber an Weihnachten will ich dann schon nach Hause.
* Werner van Gent ist Korrespondent des Schweizer Fernsehens.
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Krawalle Opposition fordert Neuwahlen
Während der Beisetzung des von Polizisten erschossenen
15-Jährigen und
auch am späteren Abend ist es gestern in Athen erneut zu schweren
Krawallen gekommen. Die mit dem Tod des Jugendlichen am Wochenende
ausgelöste Welle der Gewalt in ganz Griechenland bedroht
inzwischen den
Bestand der konservativen Regierung, die im Parlament nur über die
hauchdünne Mehrheit von einer Stimme verfügt. Der
sozialistische
Oppositionsführer Georgios Papandreou forderte gestern Neuwahlen.
"Die
Regierung kann die Krise nicht bewältigen, und sie hat das
Vertrauen
des griechischen Volkes verloren", erklärte er. Zugleich machte
Papandreou politische Fehlentscheidungen und Versäumnisse für
die
Unruhen verantwortlich.
Regierung will Härte zeigen
Nach drei Nächten ausufernder Gewalt kündigte die Regierung
gestern ein
hartes Vorgehen gegen die Beteiligten an. "Niemand hat das Recht,
diesen tragischen Vorfall als Alibi für Aktionen der rohen Gewalt
zu
missbrauchen, für Aktionen gegen unschuldige Menschen, gegen ihr
Eigentum, gegen die ganze Gesellschaft und gegen die Demokratie",
erklärte Ministerpräsident Konstantinos Karamanlis.
Unruhestifter
könnten nicht mit Nachsicht rechnen.
Dennoch kam es auch bei der Trauerfeier für den 15-jährigen
Alexandros
Grigoropoulos gestern Nachmittag zu Ausschreitungen.
Bereitschaftspolizisten gingen mit Tränengas gegen jugendliche
Trauergäste vor, die mit Steinen und Eisenstangen warfen und
Mülltonnen
anzündeten.
Zuvor hatten bereits Hunderte Jugendliche auf dem Syntagma-Platz vor
dem Parlamentsgebäude gewaltsam protestiert. Auch in anderen Orten
in
Griechenland von Saloniki im Norden bis zur Insel Kreta im Süden
kam es
zu neuen Krawallen.
"Wollen die Regierung stürzen"
Die Unruhen sind Ausdruck der wachsenden Unzufriedenheit mit der
konservativen Regierung. "Wir wollen den Sturz der Regierung", sagte
Petros Constantinou von der Sozialistischen Arbeiterpartei, die die
Protestkundgebungen unterstützt. Alle Schulen und
Universitäten in
Griechenland blieben gestern geschlossen. Für heute riefen die
Gewerkschaften zum Generalstreik auf.
ap
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gipfelsoli.org/Newsletter/5843.html
9.12.08
Erklärung der Vollversammlung der besetzten Theaterschule von
Thessaloniki
Alexandros war unser Freund, unser Bruder, unser Sohn, unser
Klassenkamerad und unser Genosse. Der Mord am 15jährigen
Alexandros war
der Tropfen, der das Fass all der Fälle von Morden an jungen
Menschen,
die der Polizei widersprachen, auf Aufforderung nicht an einer
Straßensperre angehalten haben oder einfach - so wie Alexandros -
zur
falschen Zeit am falschen Ort waren, zum Überlaufen gebracht hat.
Der
Mord an Alexandros mit war kein isoliertes Ereignis, wie der
Innenminister dreist behauptet. Seine Erklärung vollendet faktisch
die
Ankündigung des ehemaligen Justizministers Polydaros, wonach es
nur
eine Frage der Zeit sei, bis einem Polizisten das Temperament durchgehe
und er schießen würde.
Der Polizemord am jungen serbischen Studenten Bulatovic im Jahre 1998
in Thessaloniki, der Mord am jungen Leontidis durch einen Polizisten in
der Cassandrou Straße 2003, der Tod des 24jährigen Onohua,
nachdem er
im Sommer 2007 von einer Zivilstreife in Kalamaria gejagt worden war,
der Mord an der 45jährigen Maria in Lefkimi im Zusammenhang mit
einem
Angriff der Polizei auf Menschen, die sich gegen eine Mülldeponie
wehrten, der Mord am pakistanistischen Migranten in der Straße
Petrou
Ralli in Athen im letzten Monat, die alltägliche Erniedrigung und
Gewalt gegen jeden kleine Missetäter bei Polizeiaktionen
überall in
Griechenland, die Schüsse gegen die TeilnehmerInnen von
Studieredendemonstrationen im letzten Jahr, die gewaltsame
Unterdrückung von Demonstrationen, der Tränengas-Krieg der
Polizei, die
Gewalt gegen jeden, der protestiert ... Und natürlich der
tagtägliche
Mord an wirtschaftlichen und politischen Flüchtlingen durch die
Grenzpolizei. Selbst die Tode in den eisigen Wasser der Ägais oder
den
Minenfeldern von Evros: All dies ergibt das Bild der griechischen
Polizei.
Der Mord am Alexandros mit seinen 15 Jahren erzeugte eine Welle der Wut
und Verzweiflung bei hunderttausenden von Jugendlichen und Menschen
jeden Alters. Es ist nicht nur die Abscheu und die Trauer über den
Tod
des jungen Mannes. Es gibt ein verbreitetes Bewusstsein, dass es
für
jeden von uns oder diejenigen die wir lieben, eine Kugel gibt, die auf
ein unglückliches Zusammentreffen wartet und dieses Bewusstsein
teilen
wir alle als Brüder, Freunde und Eltern miteinander. Wir leben in
einer
sozialen Realität, die die Genauer belohnt, die uns manipulieren -
die
Politiker und den Klerus. Wir alle versuchen in einem Morgen ohne
Zukunft zu überleben.
Wir haben die Zukunft uns die Verwaltung unserer Gesellschaft an Leute
ohne Moral und Regeln übertragen, die keinen Respekt vor der
Menschheit
kennen.
In dieser Realität war der Mord am 15jährigen Alexandros der
letzte Tropfen, der das Fass unserer Wut zum Überlaufen brachte.
Aber Wut ist nicht einfach nur ein Gefühl. Sie ist ein Kampf
für
soziale Gerechtigkeit. Eine Gerechtigkeit, von der jetzt deutlich wird,
dass, solange sie in der sozialen Realität nicht existiert, es
keinen
sozialen Frieden geben wird, weil es nur Friedhöfe sind, die mit
solcher Unterordnung und solcher sozialen Ungleichheit sozialen Frieden
fordern können.
Weil wir jung sind wie Alexandros, weil wir einen Traum von Würde
träumen wollen, wo der Staat und die Autoritäten nur
Unterordnung und
Verzweiflung verbreiten, weil wir leben wollen und nicht nur über
den
nächsten Winter kommen, wegen all dem sind wir wütend und
kämpfen.
Wir werden Alexandros weder vergessen, noch wollen wir einen weiteren
toten Alexandros durch Polizeikugeln.
Es wird keinen Frieden geben mit denen, die die Zukunft der Jugend
zerstören, kein Eingreifen, keine Krokodilstränen für
die
heuchlerischen Minister. Liebe im Leben und Hoffnung für die
Menschen.
Einen täglichen sozialen Kampf mit unseren Klassenkameraden,
unseren
Freunden, unseren Familien und unseren GenossInnen für eine
Gesellschaft ohne Wächter, für eine solidarische Gesellschaft.
Wir rufen alle Bewohner, alle StudentInnen und ArbeiterInnen auf, mit
uns gegen die staatlich gedeckten Mörder auf die Straße zu
gehen.
Die Vollversammlung der besetzten Theaterschule
Source: http://www.fau.org/artikel/art_081209-141610