MEDIENSPIEGEL 14.12.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Stop the Game-Demo Bern
- LU: Stadt ohne Ausgrenzung
- Nestlé: Bulcke im Interview
- WEF: Chäs und Brot statt Kaviar
- RAF: NZZ(-Hetze) zu Klar und Shopville 1979
- Miese AKW-Ökobilanz & Geldsegen
- Mumia Abu-Jamal

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REITSCHULE
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Dez 08: Beteiligt Euch an der Vorplatz-Präsenz!!!

PROGRAMM:

Mi 17.12.08  
19.00 Uhr - SousLePont   - Weltweite Weihnachts-Spezialitäten
20.00 Uhr - Infoladen - (anti-atom.ch) Schrott-Reaktor AKW Mühleberg - Der Stand der Dinge: Infoveranstaltung mit Jürg Joss von Fokus Anti-Atom (vormals "Aktion Mühleberg stilllegen" AMüs)

Do 18.12.08
20.30 Uhr - Kino - Nueve reinas, Fabian Bielinsky, Argentinien 2001
Fr 19.12.08
20.30 Uhr - Tojo - TITTANIC V Lesung: Tania Kummer, Frances Belser, Sandra Küenzi. Musik Aeberli/Zahnd
21.00 Uhr - Kino - Nueve reinas, Fabian Bielinsky, Argentinien 2001
22.00 Uhr - SousLePont - Pornolé und Electric Hellessence

Sa 20.12.08
19.30 Uhr - Kino - Leningrad Cowboys Go America, Aki Kaurismäki, SF/S 1989
21.30 Uhr - Kino - Leningrad Cowboys Meet Moses, Aki Kaurismäki, SF/D/F 1994
23.00 Uhr - Frauenraum - Eisschmelze Vol. 2 mit SCANDAL! (ZH), DJ`s Anne Air, Eli Verveine und Nat und DJ ELfERich (BE). Visuals: Die Taucherin (LU)
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: Ed Rush (Virus Rec/UK), Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Rec/CH), Silent Extent (Close to Death Rec/CH), Kenobi (drumandbass.ch)

So 21.12.08
19.00 Uhr - Tojo - Öffentliche Probe: Missing Pieces von Nachtregentrommler. Regie: Christian Valerius.

Infos: www.reitschule.ch

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STOP THE GAME
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20min.ch 13.12.08

Schneebälle gegen Polizei

Scharmützel bei zwei Kundgebungen

Bei einer bewilligten Kundgebung und einer unbewilligten Nachdemonstration des Bündnisses "Stop the Game" kam es in Bern zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Rund 200 Personen nahmen gemäss Mitteilung der Kantonspolizei Bern an der Kundgebung unter dem Namen "Stop the Game -Finanzkrise" am Samstagnachmittag teil. Nachdem sich die Demonstranten auf dem Bundesplatz versammelt hatten, zogen sie wie angekündigt vor die US-amerikanische Botschaft an der Sulgeneckstrasse weiter.

Dort hätten die Demonstranten Flaschen, Petarden und Schneebälle gegen die Ordnungshüter geworfen, schreibt die Polizei. Nach der Rückkehr auf den Bundesplatz habe sich die Kundgebung aufgelöst.

Allerdings zogen gemäss Mitteilung danach rund 80 Leute im Rahmen einer unbewilligten Nachdemonstration vor die griechische Botschaft weiter. Auf dem Weg dorthin wurden Aufkleber verteilt, ein Tram wurde versprayt und Baustellenabschrankungen umgeworfen. Gegen 18 Uhr löste sich auch diese Kundgebung auf.

Die Polizei kontrollierte mehrere Demonstranten. Eine Eskalation sei durch eine starke Polizeipräsenz an beiden Kundgebungen verhindert worden, heisst es im Communiqué.

Das Bündnis "Stop the Game" hatte zur Demonstration gegen das kapitalistische System aufgerufen. Die derzeitige Finanzkrise sei "nichts Neues", schreibt das Bündnis auf seiner Homepage. Die kapitalistische Wirtschaftsform bringe zwangsläufig immer wieder Krisen hervor.

Die Kundgebung sollte auch zum "Mitdenken und -wirken einladen". Wohlstand müsse "basisdemokratisch geplant und umgesetzt werden" und könne nicht einfach einer "unsichtbaren Hand überlassen werden", so die Organisatoren.

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bernerzeitung.ch 13.12.08

Anti-Kapitalisten machen in Bern Krawall

Bei einer bewilligten Kundgebung und einer unbewilligten Nachdemonstration flogen Flaschen und Rauchbomben gegen die Polizei. Die Jugendlichen zogen vor die griechische Botschaft.

Rund 200 Personen nahmen gemäss Mitteilung der Kantonspolizei Bern an der Kundgebung unter dem Namen "Stop the Game - Finanzkrise" teil. Nachdem sich die Demonstranten auf dem Bundesplatz versammelt hatten, zogen sie wie angekündigt vor die amerikanische Botschaft an der Sulgeneckstrasse weiter.

Dort hätten die Demonstranten Flaschen, Petarden und Schneebälle gegen die Ordnungshüter geworfen, schreibt die Polizei. Nach der Rückkehr auf den Bundesplatz habe sich die Kundgebung aufgelöst.

Gegen die unsichtbare Hand des Marktes

Allerdings zogen gemäss Mitteilung danach rund 80 Leute im Rahmen einer unbewilligten Nachdemonstration vor die griechische Botschaft weiter. Auf dem Weg dorthin wurden Aufkleber verteilt, ein Tram wurde versprayt und Baustellenabschrankungen umgeworfen. Gegen 18 Uhr löste sich auch diese Kundgebung auf.

Das Bündnis "Stop the Game" hatte zur Demonstration gegen das kapitalistische System aufgerufen. Die derzeitige Finanzkrise sei "nichts Neues", schreibt das Bündnis auf seiner Homepage. Die kapitalistische Wirtschaftsform bringe zwangsläufig immer wieder Krisen hervor.

Die Kundgebung sollte auch zum "Mitdenken einladen". Wohlstand müsse "basisdemokratisch geplant und umgesetzt werden" und könne nicht einfach einer "unsichtbaren Hand überlassen werden", so die Organisatoren. (oku/sda)

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police.be.ch 13.12.08

Demonstrationen in der Stadt Bern

pkb. Bei einer Demonstration und einer Nachdemonstration kam es am Samstagnachmittag in der Stadt Bern zu Provokationen der Demonstrierenden gegenüber der Polizei.

Auf Samstag, 13. Dezember 2008, 1500 Uhr, war in Bern eine von der Stadt Bern bewilligte Demonstration unter dem Namen "Stop the Game - Finanzkrise" und "Mumia Abu-Jamal" angesagt. Nach dem sich rund 200 Demonstrierende auf dem Bundesplatz versammelt hatten, zogen diese gemeinsam vor die US-amerikanische Botschaft an der Sulgeneckstrasse. Vor Ort kam es zu Flaschen-, Petarden- und Schneeballwürfen gegen die im Einsatz stehende Polizei. Danach setzte sich der Zug der Demonstrierenden wieder in Gang Richtung Bundesplatz. Dort löste sich die offizielle Kundgebung auf.

Bei einer anschliessenden unbewilligten Nachdemonstration, an der sich rund 80 Leute beteiligten, zogen Demonstrierende vor die griechische Botschaft an der Weltpoststrasse. Auf dem Weg zur Botschaft wurden bei verschiedenen Örtlichkeiten Aufkleber angebracht, ein Tram von BernMobil versprayt und Baustellenabschrankungen umgeworfen. Gegen 1800 Uhr löste sich auch die Nachdemonstration auf.

Eine starke Polizeipräsenz hat eine Eskalation sowohl bei der Demonstration wie auch bei der Nachdemonstration verhindert. Durch die Polizei wurden mehrere Demonstrierende einer Kontrolle unterzogen.

(tj)

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STOP AUSGRENZUNG LU
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Indymedia 14.12.08

Hunderte an Abschlusskundgebung gegen Ausgrenzung in Luzern! ::

AutorIn : Komitee für eine Stadt ohne Ausgrenzung:
http://www.aktionsmonat.ch.vu     
    
200-300 Personen haben am Samstag in Luzern lautstark für eine respektvolle Gesellschaft demonstriert. Damit wurde ein Zeichen gesetzt gegen die repressive Sicherheitspolitik von Stadt und Kanton Luzern und die Angriffe auf Personen und Einrichtungen mit alternativen und sozialen Zielen mit aller Deutlichkeit verurteilt. Die Demonstration stellt zugleich den Höhepunkt und Abschluss des "Aktionsmonates gegen Ausgrenzung" dar.     
    
Medienmitteilung "Komitee für eine Stadt ohne Ausgrenzung"

Luzern, 13. Dezember 2008

Die Demonstration startete um 15 Uhr auf dem Theaterplatz und endete nach einem grossen Umzug durch die Altstadt mit einer Abschlusskundgebung auf dem Bahnhofplatz.
Die Teilnehmer riefen Parolen wie "Stop, stop, Ausgrenzung - stop!", 1500 Flyer wurden an die zahlreichen Passanten verteilt und die laute Musik wurde immer wieder durch Redebeiträge (u.a. von Grossstadtrat Hans Stutz) unterbrochen. Auf dem Bahnhofplatz wurde zudem gratis Suppe und Punsch ausgeschöpft, und eine Feuer-Jonglageshow präsentiert.

Dem Aufruf, den das Komitee für eine Stadt ohne Ausgrenzung als Reaktion auf die teilweise lebensbedrohlichen Anschläge auf sogenannte randständige Gruppen gestartet hatte, haben sich zahlreiche Gruppen angeschlossen. Kritisiert und mitverantwortlich gemacht wird auch die Sicherheits- und Sozialpolitik. Sie bildet den Nährboden für das gewalttätige, ausgrenzende Klima:
Luzerner PolitikerInnen wollen mit Videoüberwachung, Wegweisungsartikel oder Strassenmusikverbot Menschen aus der Stadt vertreiben. Alternative Kulturhäuser werden geschlossen, die KulturaktivistInnen auf der Strasse umzingelt, teilweise brutal festgenommen und eine ganze Nacht lang eingesperrt. Freiräume wie Wagenplätze oder besetzte Häuser werden vertrieben, beziehungsweise geräumt. Die restriktive Praxis des Luzerner Amtes für Migration macht auch vor der Ausschaffung irakischer Flüchtlinge in ein Bürgerkriegsgebiet nicht halt...

Der Aktionsmonat war ein starkes Zeichen für eine respektvolle Gesellschaft. Es ist gelungen, dem Schweigen der Politik und Medien entgegenzuwirken und eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Das positive Echo aus der Bevölkerung bestätigt den Erfolg.

Zum Abschluss präsentieren wir nochmals eine Auswahl von Aktivitäten im Rahmen des Aktionsmonates:

• 05.11.08: Auftakt zum Aktionsmonat:
Am Bahnhofplatz Luzern werden am Abend Punsch & Essen für alle gratis abgegeben, dazu spielt eine Live-Band und es gibt eine Feuer-Jonglage-Show.

• 13.11.08: HipHop gegen Ausgrenzung:
Rapper Oli Second präsentiert den politischen Clip zu seiner ersten Soloplatte - eine Coproduktion mit Kunst-StudentInnen.
(Clip sehen:  http://second-style.ch/index.php?cap=aktuell&aktuell=20081119)

• 21.11.08: Mit Mahlzeiten für eine fortschrittliche Drogenpolitik
Den ganzen Tag werden am Bahnhof von der Unia Jugend gratis Suppe und Tee verteilt, dazu gibt es Hanfbrot - eine fortschrittliche Drogenpolitik basiert auf Integration und Prävention, nicht auf Kriminalisierung ( http://www.koopera.ch).

• 22.11.08: Ballonwettbewerb sendet Zeichen in die Welt
Das "Bündnis Luzern für alle!" lässt hunderte Ballone fliegen und sendet damit Zeichen gegen den menschenverachtenden Wegweisungartikel in alle Welt. Den Gewinnern winkt ein Exemplar der "Compilation gegen Wegweisung", eine dreifach CD mit über 70 Luzerner Bands die sich gegen den Wegweisungsartikel aussprechen ( http://www.luzernfueralle.ch/?page_id=96).

• 01.12.08: Jahrestag der Massenverhaftungsaktion
Ein Jahr nachdem die Polizei ein friedliches Strassenfest der Aktion Freiraum überfallen und 245 Personen gefangen genommen hat, verteilen die Betroffenen Schlagstöcke aus Grittibänzteig und demonstrieren damit gegen Repression und für eine längst fällige externe Untersuchung des Einsatzes.
(Film:  http://www.youtube.com/watch?v=X39olCEIuvM)

• 06.12.08: Aktion Grenzgänger
Theatralisch werden in Luzerns Shoppinggasse Zonen und damit Passanten aus- und eingegrenzt. Die Aktion zeigte auf, wie wichtig für die BürgerInnen und Bürger die Bewegungsfreiheit und eine willkürfreier Umgang in der Gesellschaft ist.
(Film:  http://www.youtube.com/watch?v=oaApglIoThM)

• 11.12.2008: Stellwand-Aktion
KunststudentInnen stellen an neuralgischen Plätzen in der Stadt Stellwände auf. Die Sprüche auf den Stellwänden regen Passantinnen und Passanten zum Nachdenken über das gesellschaftliche Klima an.

Der Aufruf für den Aktionsmonat und die Demo des "Komitee für eine Stadt ohne Ausgrenzung" wird von folgenden ausserparlamentarischen Organisationen unterstützt:
Wagenburg Sous-le-Pont, Kultur- und Wohnsquat H3, StudentInnen für Grundrechte, Gewerkschaft Unia Jugend Luzern, Komitee gegen Videoüberwachung, Info- und Plattenladen ROMP, IKU Boa, Aktion Freiraum, Bündnis Luzern für alle!, Luzerner Asylnetz, diverse Einzelpersonen.

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20min.ch 13.12.08

Demo gegen Ausgrenzung
Rund 100 Personen haben in Luzern gegen Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen demonstriert. Der Anlass verlief nach Polizeiangaben friedlich und ohne Zwischenfälle.

Die Demonstranten hätten sich am Samstagnachmittag auf der bewilligten Route vom Theaterplatz durch die Altstadt zum Bahnhofplatz bewegt. Alle Auflagen seien eingehalten worden, teilte die Luzerner Stadtpolizei mit. Das Komitee für eine Stadt ohne Ausgrenzung hatte die bewilligte Demonstration organisiert.

Quelle: SDA/ATS

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NESTLÉ
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NZZ am Sonntag 14.12.08

"Wir trotzen den Stürmen"

Nestlé-Chef Paul Bulcke zu den Auswirkungen der Finanzkrise auf den Konzern, zur Forcierung der Luxusprodukte sowie zu den Problemen im Wassergeschäft

NZZ am Sonntag: Paul Bulcke, Sie stehen seit April an der Spitze des grössten Nahrungsmittelkonzerns der Welt. Wie sieht die erste Bilanz bei Nestlé aus?

Paul Bulcke: Für mich war es entscheidend, dass der Übergang von Peter Brabeck zu mir reibungslos abgelaufen ist. Ich identifiziere mich mit dem Unternehmen und seiner Strategie. Unser Ziel ist klar: Wir wollen unsere Position als führender Konzern der Welt für Nutrition, Gesundheit und Wellness verteidigen. Ebenso wichtig ist der Umstand, dass uns alle Anspruchsgruppen vertrauen, also Konsumenten, Aktionäre und Mitarbeiter. Überdies soll Nestlé Jahr für Jahr profitabel wachsen.

In allen Bereichen?

Jede Sparte muss Wachstum liefern. Wir sind in einer vorteilhaften Ausgangslage: Nestlé besitzt 28 starke Marken, die alle mindestens eine Milliarde Franken pro Jahr umsetzen. Damit erzielen wir über 70% aller Verkäufe in der Sparte Lebensmittel und Getränke. Der zweite Vorteil sind unsere Forschungs- und Entwicklungskapazitäten. Am Forschungszentrum in Lausanne arbeiten rund 600 Mitarbeitende. Dazu kommen 23 weitere Zentren, die weltweit verteilt sind. Der dritte Wettbewerbsvorteil ist die globale Präsenz.

Machen Ihnen die weltweite Finanzkrise und die drohende Rezession in vielen Ländern nicht einen Strich durch die Rechnung?

Nestlé ist Teil der Welt. Wir können die Turbulenzen nicht ignorieren. Es ist wie auf einem Segeltörn: Nestlé ist in einem gut gebauten Boot unterwegs, mit einem motivierten Team. Wir sind jedoch Wind und Gegenwind ausgesetzt, werden aber den Stürmen trotzen. Unsere Richtung stimmt: Die Menschen müssen sich auch in schwierigeren Zeiten ernähren.

Nestlé will den Umsatz - ohne Zukäufe - jährlich um 5 bis 6% steigern. Bleibt es dabei?

Unsere langfristige Strategie sieht einen solchen Durchschnittswert vor, einmal ist es etwas mehr, einmal etwas weniger. In den ersten neun Monaten 2008 lag das organische Wachstum bei 8,9%. Wir wollen nachhaltig profitabel wachsen.

Aber wie sind die konkreten Aussichten für 2009?

Ich verfüge über keine Kristallkugel, die mir sagt, wie 2009 aussieht. Aber wir werden die richtigen Antworten auf die nicht einfache wirtschaftliche Situation finden.

Nestlé hat in diesem Jahr die Preise im Schnitt um 5,5% erhöht. Inzwischen sind die Rohwaren deutlich billiger geworden. Werden Sie nun die Preise für Ihre Produkte reduzieren?

Die Rohstoffpreise waren in den letzten Monaten stark gestiegen und hatten teilweise unrealistische Höhen erreicht. Wir richten unsere Preise nicht nach kurzfristigen Ausschlägen aus, sondern streben eine kontinuierliche Entwicklung an. Ich denke, dass sich die Lage bald beruhigt. Wir können unsere Preise nicht täglich anpassen und versuchen, eine bestimmte Linie einzuhalten. Es mag in Einzelfällen zu Preissenkungen kommen.

Schokolade ist ein Schweizer Traditionsprodukt. Jetzt lanciert Nestlé eine neue Luxus-Schokolade unter der Marke Nespresso, die jedoch in Belgien hergestellt wird. Weshalb?

Wir stecken erst in einer Testphase, welche die Märkte in der Schweiz und Frankreich umfasst. Der Edel-Chocolatier Pierre Marcolini hat die Schokolade kreiert. Daher wird sie vorläufig in Belgien hergestellt. Die Schweiz ist jedoch als Produktionsland vorgesehen, sobald die Nespresso-Schokolade definitiv lanciert wird.

Kenner sagen, die belgische Schokolade sei gar besser als die schweizerische.

Sie ist anders. Marcolini jedenfalls verfolgt sehr kreative Ideen. Und wir glauben, dass zu einem guten Kaffee ein gutes Stück Schokolade gehört.

Welche Umsatzziele haben Sie sich mit der Luxus-Schokolade gesetzt?

Wir haben noch keine Vorstellungen, weil die Testphase erst angelaufen ist.

Der Preis der Schokolade liegt mit 10 Franken für 70 Gramm sehr hoch.

Es handelt sich um ein Luxusprodukt, weil wir die besten Kakaobohnen verwenden und die Schokolade aufwendig und sorgfältig produzieren.

Nestlé setzt offenbar verstärkt auf Luxus-Nahrungsmittel. Nespresso soll in diesem Jahr die Umsatzschwelle von 2 Milliarden Franken überschreiten.

Die Premium-Produkte werden künftig zu einem der vier Kernbereiche zählen. Zum Luxussegment gehört neben Nespresso beispielsweise die Mövenpick-Glace.

Damit planen Sie eine grössere Offensive in Europa. Mövenpick soll eine strategische Marke werden. Welche Märkte hat Nestlé im Visier?

Mövenpick ist schon heute eine strategische Marke, die in mehreren Ländern der Welt erhältlich ist und eine zweistellige Wachstumsrate aufweist. Die Hälfte des Umsatzes erzielt Nestlé in der Schweiz. Wir wollen die Schweizer Qualität und Natürlichkeit, die mit Mövenpick verbunden ist, um die Welt tragen. So ist die Marke etwa bereits seit längerem erfolgreich in Russland und Ägypten präsent.

Welche anderen Bereiche geniessen bei Nestlé Priorität?

Wichtig sind die drei Plattformen Nutrition, das Ausser-Haus-Geschäft in Restaurants, Kantinen oder unterwegs sowie Angebote für die Konsumenten in den aufstrebenden Ländern. Ich gehe davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren rund eine Milliarde neuer Konsumenten über entsprechende Möglichkeiten verfügen, Nestlé-Produkte zu erwerben.

Nestlé hat Mühe im Wassergeschäft: In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres gingen die Verkäufe um 1% zurück. Was wollen Sie dagegen unternehmen?

Es ist nicht wegzudiskutieren, dass unsere Ambitionen höher liegen. Viele Dinge sind zusammengekommen, die zu diesem Resultat geführt haben. Der Umsatz schwächte sich vor allem in Nordamerika und Westeuropa wegen der schlechteren Konjunktur ab.

In schlechten Zeiten trinkt man weniger Champagner und mehr Wasser, da müssten Sie doch profitieren.

Auch die wachsende Kritik an abgefülltem Wasser oder an der Verwendung von Kunststoffflaschen beeinflusste das Geschäft negativ. Es existieren aber für Mineralwasser in Flaschen starke Argumente.

Welche?

Ich bin nicht dagegen, wenn jemand Leitungswasser trinken will. Mineralwasser verfügt jedoch über einige Vorteile. Es enthält wertvolle Mineralien, weist eine beständige Qualität auf und hat einen gleichbleibenden Geschmack. Wir wollen nun eine Imagekampagne für Wasser als Teil einer gesunden Ernährung lancieren. In den aufstrebenden Märkten ist Nestlé Waters erfolgreich, etwa mit "Nestlé Pure Life", der grössten Wasser-Marke der Welt.

Nestlé ist unter Beschuss geraten: Securitas-Leute haben im Auftrag von Nestlé die globalisierungskritische Organisation Attac ausspioniert und Informationen über einen brasilianischen Aktivisten geliefert, der gegen die Privatisierung des Wassers kämpft. Was unternimmt Nestlé, um das Vertrauen wiederherzustellen?

Die Anstiftung zur Infiltrierung von NGOs ist nicht Nestlé-Politik. Attac hat gegen Nestlé Klage erhoben. Derzeit laufen verschiedene Gerichtsverfahren. Wir können uns deshalb dazu nicht im Detail äussern.

Wird sich Nestlé für die Vorfälle entschuldigen, die passiert sind?

Wie gesagt, die Anstiftung zur Infiltrierung von NGOs ist nicht unsere Politik. Warten wir ab, wie das Gericht diesen Fall beurteilen wird.

Interview: Daniel Hug/Peter Keller

Vera Hartmann

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Paul Bulcke

Der 54-jährige Paul Bulcke steht seit April dieses Jahres an der Spitze von Nestlé. Die Wahl fiel eher unerwartet auf den Belgier. Bulckes Karriere beim Nahrungsmittelkonzern begann mit Marketing-Positionen in der Schweiz, Spanien und Belgien. Von 1980 bis 1996 arbeitete der Manager, der sechs Sprachen beherrscht, in Lateinamerika. Nachher wurde er zum Marktchef in Portugal, Tschechien, der Slowakei und Deutschland berufen. Zuletzt leitete Bulcke die Region Nord- und Südamerika, die er zum grössten und ertragsstärksten Pfeiler von Nestlé ausbaute. Nestlé erzielte in den ersten neun Monaten 2008 einen um 3,4% höheren Umsatz von 81,4 Mrd. Fr. Der Multi beschäftigt rund 280 000 Mitarbeitende. (kep.)

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WEF
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Sonntagszeitung 14.12.08

Elite gibt sich bescheiden

Die verschwenderischen WEF-Partys gehören vorerst der Vergangenheit an

Von Beat Schmid

Davos GR Das World Economic Forum (WEF) wird 2009 den Gürtel enger schnallen müssen. Den Firmen ist die Lust vergangen, sich gross und glamourös in Szene zu setzen. Massiv gespart wird bei den zahlreichen Partys: "Die Budgets wurden um 30 Prozent gestrichen", sagt Hotelier Ernst Wyrsch vom Steigenberger Grandhotel Belvédère in Davos, der zum jetzigen Zeitpunkt vier Fünftel aller Events in seinem Haus unter Dach und Fach hat. "Statt Kaviar und Hummer stehen Käse und Schinken auf dem Menüplan", sagt er. Produkte regionaler Produzenten würden bevorzugt. Auch beim Flüssigen schaltet das WEF einen Gang herunter: "An exklusiven Events fliesst gewöhnlicher Champagner statt Dom Pérignon - an weniger exklusiven Weisswein statt Champagner." In guten WEF-Jahren entkorkt der Hotelier gerne "ein paar Tausend Flaschen" des französischen Schaumweins.

Das Belvédère ist nach dem Kongresszentrum der zweitwichtigste Veranstaltungsort des Weltwirtschaftsforums. Am Abend und in der Nacht verwandelt es sich zur grossen Schaubühne der Reichen und Mächtigen. Bekannt für ihre rauschenden Partys sind der deutsche Verleger Hubert Burda, die US-Beratungsfirma McKinsey und der Zurich-Versicherungskonzern, der Opernstars für einen Kurzauftritt nach Davos holt. Legendär sind auch die Partys des Suchmaschinengiganten Google. Vor drei Jahren mieteten die Firmengründer Sergey Brin und Larry Page das Kirchnermuseum, wo sie literweise Krug-Champagner und Spitzenbordeaux aus den Fünfzigerjahren ausschenkten, als wäre es Coca-Cola. Die Flasche 59er Cheval Blanc kostete 1550 Franken.

WEF-Gründer Klaus Schwab geisselt die Vergnügungssucht

"Es findet eine Kehrtwende im Denken und Handeln statt", sagt Wyrsch, der seit zwölf Jahren eng mit dem WEF zusammenarbeitet. Die Partys hätten in den letzten Jahren einen zu hohen Stellenwert erlangt. Jetzt werde wieder mehr diskutiert und verhandelt. Das WEF komme so dem Kern der Veranstaltung wieder näher. Der Hotelier rechnet damit, dass sein Haus trotz Rezession wie letztes Jahr in fünf Tagen auf 220 Veranstaltungen kommen wird. Mit einer effizienteren Planung will er die Umsatzausfälle bei Essen und Getränken kompensieren.

Die neue Bescheidenheit im Belvédère ist ganz im Sinn von WEF-Gründer Klaus Schwab, der in einem Interview die Dekadenz der Finanzelite geisselte: "Für die Topbanker war es wichtiger, sich den grössten Partyraum zu sichern, als an Diskussionen teilzunehmen."

Auch eine Kritik am Belvédère mit seinen glamourösen Partys? "Selbstverständlich nehmen wir seine Worte ernst", sagt Wyrsch und bricht eine Lanze für den honorigen Professor: "Mich erstaunt, dass er in der Schweiz nicht die Anerkennung bekommen hat, die er sollte. Warum wurde Schwab noch nie für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen?" So viel wie Al Gore habe Schwab allemal geleistet.

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RAF
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NZZ am Sonntag 14.12.08

Mörder ohne Reue

Er ist einer der letzten Terroristen der Rote-Armee-Fraktion, die noch in Haft sind: Christian Klar, ein eiskalter Killer, 1985 wegen neunfachen Mordes und elffachen Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt, wird in den kommenden Wochen nach 26 Jahren im Gefängnis entlassen. Reue zeigt er bis heute keine.

Von Gerd Kolbe

Er gilt als Mann, bei dem die Waffe stets locker sass, und er hat den Medien, vor allem in den letzten Jahren, viel Stoff geliefert. Doch eine Schlüsselfigur, gar eine Kultfigur der linksextremistischen Rote-Armee-Fraktion (RAF) war Christian Klar nie. Als "Helden" gelten am äussersten linken Rand Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan Carl Raspe und Holger Meins.

Die Baader-Meinhof-Bande agierte noch spontan und aus dem Bauch heraus. Ihre Nachfolger wie Klar oder die Anführerin Brigitte Mohnhaupt hingegen setzten sich die Befreiung ihrer Idole aus dem Gefängnis in Stuttgart-Stammheim zum Ziel - und handelten eiskalt und wohlüberlegt.

Die einzigen Beweise für Klars Schiesswut stammen allerdings aus der Schweiz (siehe Text unten). Der deutschen Justiz ist es bis heute nicht gelungen, herauszufinden, wer wirklich Mörder und Mordhelfer war. Wer auch immer zu einem Verhör erschien und vor einem Gericht stand - Schweigen war Pflicht. Dennoch wurde Christian Klar - heute 56 Jahre alt - 1985 wegen neunfachen Mordes und elffachen Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der Terrorist - davon gingen die Gerichte aus - war an allen Mordanschlägen der Rote-Armee-Fraktion im Terrorjahr 1977 beteiligt, an der Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback, dessen Fahrer und dessen Leibwächter, am Mord am Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto und natürlich an der Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer. Wenn er Anfang Januar ein freier Mann sein wird, verdankt er dies keinem Gnadenakt und erst recht nicht eigener Einsicht. Er ist, auch wenn er heute der Gewalt abschwört, noch heute von der Richtigkeit des "antikapitalistischen Kampfes" überzeugt.

Der Unbelehrbare

Selbst seine Komplizin und Rädelsführerin Brigitte Mohnhaupt kam schon vor anderthalb Jahren frei. Klar, der Unbelehrbare, zeigte hingegen keine Reue und dokumentierte dies auch. 2001 am Fernsehen nach Schuldbewusstsein und Reuegefühlen befragt, antwortete er nur, im politischen Raum, "vor dem Hintergrund unseres Kampfes", seien dies keine Begriffe. Und kühl fuhr er fort: "Ich überlasse der anderen Seite ihre Gefühle und respektiere sie, aber ich mache mir sie nicht zu eigen."

Klar kommt jetzt auf Bewährung frei, weil das Stuttgarter Oberlandesgericht keine andere Wahl hatte. Zwei Sachverständige hatten dem Gericht in ihren Gutachten bestätigt, dass von Klar, einem gebrochenen Mann, psychisch und physisch keine Gefahr mehr ausgehe. Extrem sozialkritische Ansichten, mit denen der Ex-Terrorist wiederholt aufgefallen war, hatten nach Ansicht der Richter keine Rolle zu spielen. Wegen der besonderen Schwere der Straftaten Klars bestand das Gericht seinerzeit darauf, dass er mindestens 26 Jahre verbüssen muss. Er hat sie inzwischen abgesessen. Seine Freilassung war also aus rechtsstaatlichen Gründen nicht länger zu verhindern, auch wenn sich viele, vor allem aber die Angehörigen der Opfer, in ihrem Rechtsempfinden verletzt fühlen. Mit völligem Unverständnis reagierten etwa die unmittelbar Betroffenen, Hanns Martin Schleyers Witwe Waltrude und Generalbundesanwalt Bubacks Sohn Michael. Auch Juristen und Politikern hat es der Mann aus einer bürgerlichen Familie aus dem badischen Freiburg nicht leicht gemacht. Zwei Bundespräsidenten, Johannes Rau und Horst Köhler, lehnten Klars Gnadengesuche ab. Sie vermissten ein deutliches Bekenntnis, Unrechtsbewusstsein und Reue. Köhler traf sich mit Klar sogar, was für das Staatsoberhaupt ungewöhnlich ist, zu einem längeren Gespräch. Er sah trotzdem keinen Grund für einen Gnadenakt.

Noch im Januar 2007 hatte Klar eine Grussbotschaft an die Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin geschickt, in der er dazu aufrief, die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden. In der verworrenen Sprache der RAF forderte er, "die in Europa ökonomisch gerade abstürzenden grossen Gesellschaftsbereiche den chauvinistischen Rettern" zu entreissen.

Eisernes Schweigen

Für den Stuttgarter Justizminister Ulrich Goll war dies ein zusätzlicher Grund, Klar Hafterleichterungen und freien Ausgang zu verweigern. Claus Peymann, der Intendant des Berliner Ensembles am Schiffbauerdamm, bot Klar 2005 einen Praktikumsplatz als Bühnentechniker an. Die dazu erforderliche Verlegung des Strafgefangenen von Bruchsal nach Berlin wurde aber abgelehnt.

Die Angehörigen der Opfer stört inzwischen nichts so sehr wie die Ungewissheit 31 Jahre nach der Mordserie. Michael Buback fordert die Ex-Terroristen schon seit langem auf, ihre Schweigegelübde zu brechen und endlich den Namen des Mörders seines Vaters preiszugeben. Der Aufruf blieb bis heute erfolglos. Der Bundesgerichtshof hatte über Christian Klar und seine Mittäter bereits Beugehaft verhängt, um sie zum Reden zu bringen. Doch eine höhere Instanz billigte den Ex-Terroristen erneut das Zeugnisverweigerungsrecht zu.

Sabine Reichel, die Tochter eines der ermordeten Begleiter Bubacks, wünscht sich nichts mehr als ein Ende der öffentlichen Diskussion um Christian Klar. "Es wäre gut, nichts mehr von ihm zu hören." Ihr Wunsch könnte in Erfüllung gehen, wenn der Theatermann Peymann nicht noch auf die Idee kommt, seinen neuen Bühnentechniker im Programmheft zu verewigen.

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Schiesserei im Zürcher Shopville

Christian Klars Spuren führten auch in die Schweiz. 1979 raubte die Rote-Armee-Fraktion in Zürich eine Bank aus. Ein Mensch starb, mehrere wurden verletzt.

Von Willi Wottreng

Einer Schweizer Zollpatrouille fallen sie auf. Am 5. Januar 1977. Zwei Männer schreiten bei Basel von der deutschen Grenze her Richtung Riehen. Kontrollieren!, sagt der Chef. Offensichtlich sind sie über die grüne Grenze gekommen. Ein Gefreiter nimmt ihnen die Pässe ab. Als einer der Verdächtigen schon gezogen hat. Und mindestens drei Schüsse abgibt aus anderthalb Metern Distanz. Der Zöllner bricht verletzt zusammen, während die beiden Kontrollierten losrennen. Eine Grossfahndung wird kein Resultat erbringen.

Es war der erste aktenkundige Auftritt des RAF-Mitglieds Christian Klar hierzulande. Der deutsche Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer lebte noch. In der Schweiz wurden Waffen gekauft. Hier traf man sich mit Gesinnungsgenossen.

Das nächste Mal hallen Klars Schüsse wider am 19. November 1979. Über Funk werden die Streifenwagen orientiert. Überfall in der Schweizerischen Volksbank an der Zürcher Bahnhofstrasse. Vier Männer sind durch den Haupteingang an der Bahnhofstrasse 53 in die Bank gestürmt. Morgens bei Schalteröffnung, kurz nach acht Uhr. In der Vorhalle hat einer, der wie ein Bauarbeiter gekleidet ist, mit einem eisernen Gitterrost die Eingangstür blockiert und hält mit der Waffe den Portier in Schach. Die anderen drei sind in den Kassaraum gestürmt. Man hört "Überfall, goh weg!".

Ach was, eine interne Übung, denken die Bankangestellten zuerst.

Der Anführer steht imposant auf dem Korpus von Kasse 1. In der einen Hand hält er einen Colt, in der anderen eine Stoppuhr. Die beiden Komplizen haben sich hinüber geschwungen bei Kasse 3 und 4, haben mit Waffendrohung die Bankbeamten zur Seite gedrängt, haben die Notenbündel aus den Schubladen genommen, haben das Zeug in eine Segeltuchtasche gestopft. Und ein Angestellter findet endlich den richtigen Knopf; das Geheul der Sirene hallt im Raum.

Wilde Verfolgung

Es waren keine gewöhnlichen Kriminellen, wie man zuerst geglaubt hatte. Es waren Mitglieder der Rote-Armee-Fraktion RAF. Revolutionäre, wie sie sich selber nannten.

Sie erbeuteten in den Kassen der "Volksbank" 548 068 Franken.

Nun flüchten sie. Durch die belebte Bahnhofstrasse zuerst. Schwingen sich auf vier bereitstehende Velos. Weiter geht's Richtung Hauptbahnhof. Einer gibt einen Schuss ab auf das Auto, das sie verfolgt. Dann hinab in die Bahnhofspassage Shopville, wo es von Menschen wimmelt. Polizisten aus den Streifenwagen hinterher.

Was in der unterirdischen Ladenpassage genau geschah, werden die Gerichte nicht mit letzter Sicherheit rekonstruieren können. Es wurde geschossen, gerannt und wieder geschossen. Welcher Polizist erkennt mit Sicherheit, welcher Passant ein Terrorist ist? Welcher Bankräuber weiss, wohin seine Kugeln fliegen?

Beim Hinterausgang des Bahnhofs - auf der Seite Landesmuseum - wird eine Blumenverkäuferin mit ihrer Tochter von einem Flüchtigen aus einem Auto gezerrt, damit diese sich selber hineinsetzen können. Wieder soll ein Täter - als er die Tür aufreisst - Schweizerdeutsch gesprochen haben. Die Frau sagt noch, "Spinnsch eigentlich!", als der andere ihr aus nächster Nähe in die Brust schiesst. Es ist Christian Klar. Die Frau wird schwer verletzt. Das Auto rast davon. Kugeln treffen noch einen Polizisten.

Auch im Shopville bleibt ein Polizist liegen: Oberarmknochen zertrümmert von einem Durchschuss, Schussverletzung im Fuss, Steckschuss in der Schulter. Und eine Passantin ist tot. Sie hatte am Kiosk Zeitschriften für ihren Mann einkaufen wollen und war in die Schusslinie geraten. Das Projektil durchbohrte ihren Hals. Vermutlich hatte es dem Polizeibeamten gegolten.

Ein einziger Beteiligter konnte verhaftet werden. Er schwieg. Da er nicht einmal seine Personalien nannte, wurden seine Fingerabdrücke nach Deutschland geschickt. Dann der Bescheid. In Zürich sass ein Mann, der auf der Liste "Dringend gesuchte deutsche Terroristen" des Bundeskriminalamtes Wiesbaden figurierte. Rolf Clemens Wagner. Dass einer der Täter Schweizerdeutsch geredet hatte, war ein weiterer Hinweis. Das könnte Christian Klar sein, er hat in Lörrach an der Schweizer Grenze das Gymnasium besucht und kann gewiss etwas Schweizerdeutsch. Doch erst Jahre danach klärte sich einigermassen, was geschehen war, als das RAF-Mitglied Henning Beer in der DDR verhaftet worden war und zu reden begann. Mit dabei gewesen waren auch Beer und Peter-Jürgen Boock. Aktivisten der zweiten RAF-Generation, die zu den Waffen griff, nachdem die Gründerfiguren der Gruppe Baader-Meinhof im Stuttgarter Gefängnis Stammheim Selbstmord begangen hatten.

Wagner wurde vom Schwurgericht in Winterthur wegen Mordes zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt.

Der Überfall kam 1992 auch in Stuttgart zur Verhandlung. Das Gesamturteil des Oberlandesgerichtes gegen Christian Klar - er war schon zu fünfmal lebenslänglich verurteilt wegen anderer Taten - lautete auf lebenslänglich. Das Gericht sah es für erwiesen an, dass Klar auf die Blumenhändlerin geschossen hatte. Die Schussabgaben am Zollposten Riehen wurden als versuchter Mord gewertet.

Die Tötung der Passantin im Zürcher Shopville blieb umstritten. Die Ballistikexperten schlossen aufgrund von Kalibern, Abläufen, Standorten, dass ein Terrorist den tödlichen Schuss abgegeben habe. - "Nein. Die Kugel stammte von der Polizei", beharrte noch 2007 Peter-Jürgen Boock, der als Waffenspezialist der RAF galt.

Der Anschlag auf die Volksbank war minuziös geplant. Eine geraume Zeit vorher war die Bank schon ausgekundschaftet worden. Zeugen hatten jedenfalls zwei Personen im Raum Film- oder Videoaufnahmen machen sehen. Was nicht weiter auffiel, weil der Filmemacher - wie ein Behinderter oder wie ein echter Regisseur - in einem Rollstuhl mit vier kleinen Rädchen herumgeschoben worden war von einem hochgewachsenen hageren Mann. Christian Klar war 182 cm gross. Seelenruhig hatten sie die Räume gefilmt.

Geld für die Revolution

Offensichtlich ist, was die RAF im Bankenzentrum Zürich gesucht hatte. Geld. Schmiermittel, ohne die auch eine Revolution nicht läuft. "Ich war bei mindestens zwanzig anderen Banküberfällen dabei", erzählte Boock später in einem Interview.

In Winterthur sollte der Angeklagte Wagner behaupten, es sei erst zu Toten gekommen, nachdem die Polizei eingegriffen habe. Erst da sei die Aktion aus dem Ruder gelaufen. Und er rechtfertigte den Banküberfall in einer Prozesserklärung als "partielle Enteignung des Finanzkapitals". Das sei zwar "keine politische Aktion per se", aber derartige Unternehmen seien ein Mittel zum Zweck, "weil sie den bewaffneten Kampf ermöglichen".

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ANTI-ATOM
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Sonntag 14.12.08

Ökobilanz von AKW: Massiv schlechter

Die Kernenergie belastet die Umwelt 2,5-mal stärker als bisher angenommen. Das ergibt eine Neubewertung

Die Folgen der Urangewinnung wurden unterschätzt. Dennoch bleibt die Windenergie umweltbelastender als Kernenergie. Allerdings könnte sich dies in Zukunft ändern.

Von Marcel Hänggi

Normalerweise ist es ein Routinevorgang, der ausser Fachleuten niemanden zu interessieren braucht: Periodisch passt die weltweit umfassendste Datenbank zur Erstellung von Ökobilanzen, Ecoinvent, ihre Daten den neuesten Erkenntnissen der Forschung an, so auch per Anfang 2009. Doch diesmal birgt der Routinevorgang Brisantes: Die Kernenergie schneidet nach den neuen Daten massiv schlechter ab als bisher.

Der Grund liegt darin, dass Ecoinvent neu auch die Belastung mit Umweltgiften ausweist, die von den Abfallstoffen der Urangewinnung, so genannten Tailings (siehe Kasten), ausgehen. Bislang wurde von der Urangewinnung lediglich die radioaktive Belastung der Umwelt durch austretendes Radon-Gas berücksichtigt.

Wie gross die Korrektur der gesamten Umweltbilanz von Kernenergie ausfällt, hänge von der Bewertungsmethode ab, sagt Christian Bauer vom Projekt Ganzheitliche Betrachtung von Energiesystemen am Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Villigen AG. Das PSI gibt die Datenbank Ecoinvent zusammen mit den beiden ETH, der Empa und der Forschungsanstalt Agroscope heraus. Nimmt man eine der gängigen Bewertungsmethoden (Eco-Indicator 99), so gilt Kernenergie neu als zweieinhalbmal so umweltbelastend wie bisher. Dabei handle es sich um eine Schätzung, sagt Bauer; definitive Resultate lägen noch nicht vor.

Ökobilanzen versuchen, möglichst alle Umweltbelastungen zu erfassen und zu bewerten - also etwa Klimabelastung, Umweltgifte, Strahlenbelastung oder Versauerung von Gewässern und Böden. Bei der Kernenergie macht die Urangewinnung etwa drei Viertel der gesamten Umweltbelastung aus.

Die Entsorgung der radioaktiven Abfälle aus dem Betrieb falle dagegen kaum ins Gewicht, sagt Bauer. Ökobilanzen seien nicht geeignet, Risiken von Unfällen zu bewerten. Deshalb gehe man davon aus, dass die Endlager dicht und die Kraftwerke sicher seien, so Bauer. An dieser Praxis ändern auch die gravierenden Pannen im deutschen Asse nichts - einem ehemaligen Salzbergwerk, das als Testlager für radioaktive Abfälle dient und in das schon länger Wasser eindringt, wie dieses Jahr bekannt wurde.

Trotz der massiven Korrektur ändert sich im Vergleich der Energiearten auf den ersten Blick nicht allzu viel. Die am wenigsten umweltbelastende Art der Stromerzeugung ist und bleibt die Wasserkraft, während die fossilen Energieträger - Erdöl, Erdgas, Kohle - weit abgeschlagen am umweltschädlichsten sind. Die Windenergie schnitt nach den bisherigen Daten, je nach Standort, leicht besser oder etwas schlechter ab als Kernenergie; nun dürfte die Kernenergie hinter Wind zurückfallen.

Allerdings wird die neueste Ausgabe der Ecoinvent-Datenbank weitere Neuerungen enthalten, die auch die Bilanz von Windenergie leicht verschlechtern dürften, sagt Bauer. Die Stromgewinnung mittels Solarzellen (Photovoltaik) in der Schweiz bleibt in der neuen Bewertung umweltbelastender als die Kernenergie, wenn auch der Unterschied zusammenschrumpft.

Weshalb blieben Tailings bisher unberücksichtigt? Der Ökobilanzierer Gabor Doka, der das neue Modell zu den Uran-Tailings im Auftrag des PSI errechnet hat, sagt, deren Umweltauswirkungen seien bisher wohl unterschätzt worden. Allerdings seien Ökobilanzen nie endgültig, weil für viele Aspekte das Wissen fehle. Auch kämen die Modelle, die den Ökobilanzen zugrunde liegen, nicht ohne gröbste Vereinfachungen aus. Für sein Modell nahm Doka Durchschnittswerte an und "ging von optimistischen Annahmen aus".

Für die Zukunft ist damit zu rechnen, dass sich die Uran-Tailings in der Ökobilanz von Kernenergie noch deutlicher niederschlagen werden: Es werden nämlich zunehmend Erze mit geringerer Urankonzentration abgebaut, weil die besten Erze erschöpft sind. Je schlechter das Erz, desto mehr Tailings fallen pro Tonne Uran an. Wie sehr sich das auf die Gesamtbilanz der Kernenergie auswirken wird, sei derzeit schwer zu sagen, sagt Christian Bauer. Untersuchungen zu dieser Frage seien am PSI im Gang.

Beim kernenergiefreundlichen Nuklearforum will man zu den neuen Zahlen noch keine Stellung nehmen. "Wir verfolgen mit grossem Interesse die wichtigen wissenschaftlichen Arbeiten des PSI", sagt Forum-Sprecher Michael Schorer. Da die Erkenntnisse aus der aktuellen Überarbeitung aber noch unvollständig seien, sei es "unseriös, zum jetzigen Zeitpunkt neue Schlüsse über die ökologischen Vor- und Nachteile der Stromerzeugung aus Wind-, Sonnen- oder Kernenergie zu ziehen."

Für Leo Scherer, Atomspezialist bei Greenpeace, ist es wichtig, eine langfristige Perspektive einzunehmen. "Wenn sich mit der abnehmenden Qualität der Uranerze die Ökobilanz des Atomstroms noch weiter verschlechtert, während die Solarenergie mit dem technischen Fortschritt immer umweltfreundlicher gewonnen werden kann, dann zeigt das, dass Atomstrom keine zukunftsfähige Perspektive ist."

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Tailings: Bei der Urangewinnung werden hochgiftige Stoffe freigesetzt

Metalle wie Uran, der Ausgangsstoff der Kernspaltung, kommen in der Natur im Verbund mit zahlreichen weiteren chemischen Elementen vor. Solange diese oft hochgiftigen Stoffe wie etwa Arsen, Quecksilber oder Blei im Muttergestein gebunden sind, sind sie unschädlich. Bei der Urangewinnung wird das Erz vom restlichen Gestein getrennt. Übrig bleiben die so genannten Tailings - gemahlenes, mit Wasser aufgeschlämmtes Gestein, das in Bassins gelagert ist. In dieser Form werden die Giftstoffe durch Regenwasser oder, in trockenen und heissen Gegenden wie im Niger oder in Namibia, durch verdunstendes Grundwasser mitgetragen und in die Umwelt freigesetzt. Dieser Prozess ist sehr langsam - das für die Umweltdatenbank Ecoinvent massgebende Modell berechnet die Belastungen denn auch über 80 000 Jahre hinweg.

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Sonntag 14.12.08

Geldsegen aus Beznau 3

Alle wollen davon profitieren

Wenn es nach dem Willen der Gemeinden im unteren Aaretal geht, soll die gesamte Region vom geplanten Kernkraftwerk Beznau 3 profitieren - weit über die Standortgemeinde Döttingen hinaus. Die schwierige Frage der Abgeltung ist allerdings noch weit von einer Antwort entfernt: Die Axpo findet, das sei eine Politikum, das der Kanton lösen müsse. Energiedirektor Peter C. Beyeler signalisiert denn auch Verständnis: Die Revision des Energiegesetzes bilde dafür genau den richtigen Rahmen für die Diskussion. (Lü.) > Seite 57

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Beznau 3 soll Region vergolden

Neues Kernkraftwerk

Alle Gemeinden im unteren Aaretal wollen an Entschädigung teilhaben

von Hans Lüthi

Die dank NOK-Goldregen steuergünstigste Gemeinde Döttingen dient den Nachbarn als Vorbild: Vom Kernkraftwerk Beznau 3 will die ganze Region profitieren - weit über die Standortgemeinde hinaus. Der Kanton zeigt für die Wünsche viel Verständnis.

Das Gesuch für ein neues Kernkraftwerk auf der Energieinsel Beznau hat im unteren Aaretal niemanden aufgeschreckt, die Behörden schon gar nicht. Fast alle heissen das neue KKW im Voraus mit offenen Armen willkommen - falls diese Wünsche erfüllt sind: Es darf keinen Dampf-Kühlturm haben, keinen Lärm machen und soll grössere Geldströme in die Kassen bringen. Die Steuerfüsse müssen nicht gleich auf Döttinger Rekordniveau hinunter. Aber: "Auf Dauer ist das kein Zustand, wenn die Nachbarn fast doppelt so hohe Steuern bezahlen müssen", heisst es überall.

besonders brisant ist die Situation für Böttstein-Kleindöttingen: "Wir haben das KKW Beznau direkt vor der Nase, das Thema ist wohl politisch zu lösen", sagt Gemeindeammann Agnes Canonica. Kein Zweifel, "mit einem neuen Kraftwerk muss unbedingt etwas herausschauen". Mit Bauherr Axpo habe man kein Problem, im Gegenteil, der geplante Hybrid-Kühlturm sei dampflos und fast lärmfrei. Die Axpo-Spitze informiere die Behörden stets mustergültig, "der Gemeinderat steht voll hinter den Bauplänen", betont Canonica. Keine Grundsatz-Kritik auch von Peter Bühlmann, dem Klingnauer Ammann: "Gösgen hat schon jetzt eine regionale Lösung, mit Beznau 3 muss auch bei uns die ganze Region profitieren."

Eine Fusion der Stausee-Gemeinden ist ein neues Szenario, das der Leuggemer Ammann Kurt Wyss aufs Tapet bringen will. Wenn er nach 19 Jahren sein Amt abgibt, wird er mit seinen Kollegen, "das Thema unter Pfarrers Töchtern ausgiebig diskutieren". Selbst nach zwei Senkungen zieht Leuggern noch immer 119 Steuerprozente ein. Die flächenmässig siebtgrösste Gemeinde im Kanton benötigt eine halbe Million Franken aus dem Finanzausgleich. Wählt man die Zone 1 als Entschädigungsraum, ist Leuggern bei Beznau und Leibstadt integriert. "Das ist ein neutrales Mittel zur Abgrenzung", betont Kurt Wyss. In der Zone 1 der KKW Beznau und Leibstadt liegen 13 Gemeinden von Villigen-Stilli bis Schwaderloch und von Mandach bis Würenlingen. Bei Verteilsorgen könnte auch das Zwilag Würenlingen als Muster dienen. Die Standortgemeinde bekommt 30 Prozent der jährlich 1,7 Millionen Franken. Der Rest wird nach einem Schlüssel mit Radius, Einwohnerzahl und Finanzkraft aufgeteilt.

Wie soll welches Geld von Beznau 3 an die Region ausgeschüttet werden? Konkret sind die Vorstellungen noch nicht, doch Ansätze gibt es schon: "Neue KKW, Energiepolitik und Endlager, plus die Frage der Entschädigungen wollen wir im Januar in der Geschäftsleitung ausgiebig diskutieren", erklärt Felix Binder, Präsident der Repla Zurzibiet. Axpo-CEO Heinz Karrer hat in Döttingen öffentlich signalisiert, das brisante Thema sei erkannt, eine Lösung aber in weiter Ferne. Kühl ist auch die Antwort auf eine Anfrage bei der Axpo: "Auf die Frage einer Abgeltung haben wir keinen Einfluss, das ist eine politische Frage, welche der Kanton Aargau lösen muss", betont Mediensprecherin Daniela Biedermann.

Viel Verständnis signalisiert der Aargauer Landammann Peter C. Beyeler, mit Hinweis auf die Wasserkraft. Bei dieser wird - neben Steuern und Gebühren - die Nutzung des Flussraums und des Wassers mit 1 Rappen je kWh abgegolten. "Warum soll die Standortnutzung bei Grosskraftwerken nicht auch abgegolten werden?", antwortet Beyeler. Die Revision des Energiegesetzes bilde den richtigen Rahmen für die Diskussion darüber. Allerdings: Das Geld darf aus Sicht der Standort-Region nicht in der Kantonskasse landen.

Den Döttingern verargt überhaupt niemand, dass sie dank KKW-Goldesel oder NOK-Steuersegen aus dem Vollen schöpfen können. Alle Nachbarn anerkennen die grosszügige Schaffung des Fonds, den sie mit Millionen füllen, um das Geld in der Region verteilen zu können, nach einem Reglement. Aber: Für Beznau 3 ist das nicht die Lösung.

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Die Baupläne der Axpo für das Ersatz-KKW Beznau 3

Als ältestes Schweizer Kernkraftwerk ging Beznau 1 Ende 1969 in Betrieb, Beznau 2 und Mühleberg folgten 1972. Bei 50 Jahren Betriebszeit braucht es ab 2020 ein Beznau 3 und wenig später ein Mühleberg 2, um die Energie über die Stromleitungen verteilen zu können. Für beide Standorte hat die Axpo ein Rahmenbewilligungsgesuch eingereicht. Sie rechnet mit je 1600 Megawatt (MW) elektrischer Leistung, die Reaktortypen sind noch offen. Zuerst werden die Gesuche von Bund und Kantonen geprüft. Eine öffentliche Auflage mit Einsprachemöglichkeit ist erst für 2010 geplant. Zwei Jahre später sagt das Bundesparlament Ja oder Nein zum Gesuch, bei Zustimmung ist das Referendum angekündigt. Bei einen positiven Volksentscheid 2013/2014 dauert das Verfahren für die Baubewilligung bis 2016. Erst nach der Betriebsbewilligung könnte Beznau 3 oder Mühleberg 2 in der Zeit von 2018 bis 2024 die Produktion aufnehmen. Bei Kosten von je 6 bis 7 Milliarden Franken rechnet die Axpo mit Produktionspreisen von 6 bis maximal 8 Rappen je kWh. (Lü.)

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MUMIA ABU-JAMAL
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Indymedia 14.12.08

Demo 13.12.08 in Bern "stop the game"

AutorIn : Fauch Regionalgruppe Thun: www.fauch.ch

etwa 350 personen nahmen gestern an der demo gegen den kapitalismus und für eine selbstverwaltete perspektive teil!
dabei wurde auch für die sofortige freilassung von mumia abu jamal vor der ami-botschaft demostriert! die solidemostrationen zu mumia abu jamal und zu den mg verfahren in der brd fanden gleichzeitig in hamburg und berlin statt. seit dem 6.12 finden weltweitaktionen zu mumia abu jamal und den vielen anderen gefangenen statt!     
    
Mumia Abu-Jamal und die U.S.-amerikanische Justiz

Wenn wir über die juristischen Details von Mumias knapp 27 jährigen Bemühungen um ein neues Verfahren reden, merken wir häufig, dass viele dem nicht mehr folgen können. Meistens verfestigen sich zwei völlig zutreffende Eindrücke:
1. Es gibt im US-amerikanischen Straf- und Justizsystem keine klare Linie. Die einzelnen Gerichte agieren selbstherrlich und fast ohne Kontrolle.
2. Eigentlich hat Mumia bis heute kein Verfahren gehabt, welches die Bezeichnung verdient. Jedenfalls ist ihm die Tat, für die er 1982 zum Tode verurteilt wurde, nie bewiesen worden.
Mumia wurde von Dabiel Faulkner am 9. Dez. 1981 niedergeschosen und später beschuldigt, diesen Polizisten ermordet zu haben. Bereits bei Mumias Festnahme verfällschte die Polizei den Tatort, unterliess jegliche forensische Beweissicherung und fabrizierte von den ersten Stunden der Ermittlungen Zeugenaussagen, für die sie auch bald erpressbare Opfer fanden, die damit vor das Gericht traten.
Viel schlimmer noch: die Polizei versuchte Mumia erfolglos, vor und während des Transportes in das Krankenhaus durch Schläge umzubringen.
Wenige Monate später fabrizierten sie dann zusammen mit dem Staatsanwalt ein vermeintliches Geständnis, dass Mumia angeblich im Krankenhaus gemacht haben sollte.
Richter und Staatsanwalt gaben sich danach redlich Mühe, Schwarze aus der Jury für den Prozess herauszuhalten, und dass, obwohl selbst die US-Verfassung vorschreibt, Angeklagte vor einer Jury ihresgleichen zu verhandeln.
Der Staatsanwalt verdrehte nicht nur politische Aussagen von Mumia, die er in Artikeln 10 Jahre früher gemacht hatte, um ihn als gewaltbereiten und politisch motivierten Polizistenmörder darzustellen. Er überzeugte auch völlig rechtswidrig die Jury, im Zweifel ruhig erst einmal Mumia schuldig zu sprechen. Angeblich hätte er ja noch Berufung nach Berufung. Auch der Vorsitzende Richter Sabo, Mitglied der rechtsaussen Polizeibruderschaft FOP, tat sein möglichstes, Mumia zu veruteilen. Er verweigerte ihm konstant, in eigener Sache zu sprechen, zwang ihn, mit einem Anwalt zu arbeiten, dem Mumia (zu Recht) nicht vertraute und liess ihn über die Hälfte der Prozesszeit gewaltsam aus dem Saal entfernen.
Schliesslich sagte er auch völlig offen, dass er vorhabe, ZITAT A.SABO der Staatsanwaltschaft zu helfen "den Nigger zu grillen".
Mumias Verfahren ist wie ein Handbuch dafür, was juristisch alles nicht passieren sollte.
Und genauso sieht es seit mit Mumias Bemühungen nach einem neuen Verfahren aus.
In den 90iger Jahren sass derselbe Richter Sabo den Berufungsverhandlungen vor. Er verhinderte erfolgreich, dass neue Beweise zugelassen wurden. Obwohl sogar eine der Hauptzeuginnen zugab, von der Polizei zu ihrer belastenden Aussage gezwungen worden zu sein und in Wirklichkeit nicht einmal am Tatort gewesen zu sein, sah er keinen Anlass, sein ausgesprochenes Todesurteil zu überdenken.
In dieser Zeit konnte von der weltweiten Unterstützer_innenbewegung zwar Mumias Hinrichtung erst einmal verhindert werden, aber gegen 2001 gerieten Mumias juristische Bemühungen in eine schwere Sackgasse. Bundesrichter Yohn hob zum ersten Mal das Todesurteil gegen Mumia wg. Formfehlern auf, wollte ihn aber gleichzeitig bis zu seinem physischen Lebensende im Knast begraben. Natürlich legte Mumia hiergegen Berufung ein. Er hat immer seine Unschuld behauptet und will frei gelassen werden. Aber auch die Gegenseite liess nicht locker und arbeitet bis heute daran, ihn hinzurichten.
Mehrere Anläufe wurden von Mumias inzwischen qualifizierter Verteidigung unternommen, endlich das neue Verfahren durchzusetzen.
Nachdem das 3. Bundesberufungsgericht im Sommer diesen Jahres ein neues Verfahren erneut verweigerte, liegt der Fall jetzt vor dem U.S.-Supreme Court, also der letzten und höchsten Instanz.
Die Staatsanwaltschaft fordert ohne irgendeine weitere Prüfung, Mumia umbringen zu lassen. Mumias Verteidigung fordert aufgrund von zwei Verfassungsbrüchen ein neues Verfahren. Zum einen wg. dem offensichtlichen Rassismus beider Juryauswahl, zum anderen wg. rechtswidrigen Beeinflussung der Jury bei der Urteilsfindung. Abgabetermin dafür ist der nächste Freitag, der 19. Dezember 2008.
Eines ist völlig klar: Mumias Verfahren war von der Minute seiner Festnahme an ein politisches Verfahren. Den anwesenden Polizisten war sehr wohl bekannt, dass der niedergeschossene Afroamerikaner am Strassenrand Mumia Abu-Jamal, "The Voice Of The Voiceless" war.
Mumias Verteidigung macht ganz deutlich: selbst nach geltender Rechtslage hätte Mumia schon längst ein neues Verfahren verdient. Und dieses würde er mit allergrösster Wahrscheinlichkeit auch als freier Mensch verlassen. Aber genau das soll nach Meinung der Machthabenden nicht passieren. Die Verteidigung sagt ausdrücklich, dass dieses Verfahren nicht allein im Gerichtssaal zu gewinnen ist.
Auf der Strasse muss jetzt der öffentliche Druck entstehen, der sich in öffentlicher Wahrnehmung un Initiativen niederschlägt, der dem U.S. Supreme Court deutlich macht, dass mit einer weiteren Wegsperrung oder sogar Ermordung von Mumia Abu-Jamal keine Ruhe einkehren wird.
Genau deshalb finden seit dem 6. Dezember in vielen verschiedenen Ländern Informationsveranstaltungen und Demonstrationen statt. In den nächsten Wochen - laut Verteidigung bis maximal Ende Februar - wird sich Mumias weiteres Schicksal entscheiden.
Der einzige realistsiche Weg für ihn heraus aus dieser Hölle, die der Staat Todeszelle nennt, geht über ein neues Verfahren. Obwohl wir genau wissen, wie korrupt das Justizsystem ist, haben wir uns vorgenommen, es dazu zu zwingen, sich zumindest an
seine eigenen Regeln zu halten.
Die würden in diesem Falle sogar reichen - sie haben schliesslich keine Beweise gegen Mumia Abu-Jamal.
Sollte Mumia diese Auseinandersetzung gewinnen, würde das auch grossen Einfluss auf die Tausende anderer im Todestrakt Festgehaltenen haben, die grösstenteils mit ähnlichen Methoden zum Tode veruteilt wurden.

Her mit dem neuen Verfahren für Mumia!
Abschaffung der Todestrafe weltweit!
Freiheit für Mumia Abu-Jamal!     

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weltweite aktionen zu mumia abu jamal

Während der Afroamerikanische Journalist Mumia Abu-Jamal mit seiner Verteidigung den letzten möglichen Antrag auf ein neues Verfahren beim U.S. Supreme Court vorbereitet, findet seit dem 6. Dezember in verschiedenen Ländern eine Aktionswoche für seine Freiheit statt.
Gleichzeitig hat die Staatsanwaltschaft von Pennsylvenia den Antrag auf Wiedereinsetzung des Hinrichtungsbefehls vor demselben gericht gestellt.
Eigentlich fing die weltweite Aktionswoche bereits eine Woche früher an, so z.B. mit Infoveranstaltungen in Baltimore, Detroit (USA) oder in Berlin, Hildesheim und Greifswald (BRD) sowie in Wien (Österr.).

Den "offiziellen" Anfang der Aktionswoche machten am 6. Dezember Demos für Mumia in Philadelphia und Barcelona. In Philaldephia umzingelten Hunderte von Demonstrant_innen auch das Büro des Bezirksstaatsanwaltes (District Atourney) Lynn Abraham, der als Hinrichtungsfanatiker gilt. Sein Spitzname in der Öffentlichkeit ist "the deadliest DA in the U.S."
Redner_innen wiesen darauf hin, dass die Mumia entlastenden Fotos des Fotografen Polakoff bereits zweimal dem Staatsanwalt vorgelegen haben, er aber nach wie vor davon redet, Mumia "rechtskräftig die Tat bewiesen zu haben".
Eine Grussbotschaft vom Bauernverband aus Venezuela wurde verlesen, wo zeitgleich in Caracas eine Kundgenung vor der dortigen U.S. Botschaft stattfand. Als die anschliessende Demo durch Philadelphia an einem Auftritt von Noch-Präsident Bush vorbeizog, riefen viele "Jail Bush! Free Mumia!".
Ebenfalls am 6. fanden einige Kundgebungen für Mumia statt, z.B. in Wien und Mexico City. In Cleveland, USA versammelten sich 100 Kundgebungsteilnehmer_innen trotz eines Schneesturmes, um gegen Mumias 27 jährige Inhaftierung zu protestieren.
In Buffalo NY und im US Bundestaat Montana ( Missoula und Dillon ) fanden gutbesuchte Informationsveranstaltungen statt, in deren Anschluss es auch zu Kundgebungen mit mehrern Hundert Teilnehmenden für Mumias Freiheit kam.
Politische Gefangene aus den USA, wie z.B. Mosi O. Paki (Anti-Knast-Aktivist) und der wg. einem Gefängnisaufstand lange Jahre in Isolationshaft gehaltene Greg Curry veröffentlichten am 6. Dezember den Aufruf, sich für Mumia Abu-Jamals Freiheit einzusetzen.

Im U.S. Grenzort San Diego versammmelten sich die Teilnehmer_innen der Cuba/Venezuela/Mexico/North American Labor Conference in Tijuana, um gemeinsam mit Afroamerikanischen Künstler_innen sowie Autor_innen am 7. Dezember eine grenzüberschreitende Demo für Mumia zwischen Mexico und den USA durchzuführen.

Am 8. Dezember gab es Infoveranstaltungen für Mumia in Mexico City und in Berlin, wo der Film "In Prison My Whole Life" (GB, 2007) im Babylon Kino in B-Mitte aufgeführt wurde. Am anschliessenden Filmgespräch mit Referent_innen von Amnesty International, PEN Zentrum Dt und dem Bundesweiten Mumia-Netzwerk nahmen ca. 70 Besucher_innen Teil. Im Mittelpunkt standen eher pratische Überlegungen, wie Mumia in dieser ernsten und letzten Phase seines Kampfes um Freiheit am besten zu helfen wäre.

Der 9. Dezember war Mumias 27. Haftjahrestag. In Mexico City führten Aktivist_innen eine "Kultur-Kundgebung" vor der US-Botschaft durch. In Berlin trafen sich ca. 50 Interessierte im Clash, um sich interessante Vorträge vom Bundessprecher der VVN über die Solidarität mit politischen Gefangenen, die von der Todesstrafe bedroht sind oder auch dem US-Aktivisten George Pumphrey anzuhören, welcher einen umfassenden Überblick über die Geschichte der Sklaverei und den daraus bis heute resultierenden Rassismus gegen Afroamerikaner_innen in den USA gab. Mumias Anwalt Robert R. Bryan übermittelte per Telefon seine Grüsse an Mumias Unterstützer_innen und drückte seine Hoffnung aus, dass alle Aktivitäten der Verteidigung helfen würden, ab nächste Woche ein neues Verfahren für Mumia vor dem U.S, Supreme Court zu erkämpfen. Ebenfalls am 9. Dezember übergab das Wiener Bündnis für Mumias Freiheit Protestnoten beim U.S. Botschafter und in Portland, USA kamen viele Mumia-Unterstützer_innen zu einem Soli-Konzert in die dortige Universität.

Am 10. Dezember war der 60. Jahrestag der Internationalen Erlärung der Menschenrechte seitens der UN. Während sich in den Medien viele westliche Politiker_innen darin sonnten, an irgendwelchen Beschlüssen mitgewirgt zu haben, machten verschiedentlich Anti-Todesstrafen-Aktivist_innen deutlich, dass sich in diesen Ländern viele Menschen seitens der jeweligen regerungen der Verfolgung aufgrund ihrer Herkunft, Folter, Pressezensur, politscher Repression sowie der Todesstrafe ausgesetzt sehen. Auch der Fall von Mumia Abu-Jamal wurde hierbei häufig erwähnt. Als Beispiel sei hier das Soli-Konzert im Berliner SO 36 genannt, wo ca. 250 Gäste mit dem Berlin BOOM Orchestra, ROTFRONT u.a. für die Kampagnenkosten der FREE MUMIA - Bewegung feierten. (Platz hätten aber noch deutlich mehr im SO 36 gehabt...) Ein kurzer Videobericht von der Eröffnung befindet sich hier  http://www.top-medien-berlin.de/content/view/188/2/

Für das kommende Wochenende stehen noch FREE MUMIA-Demonstrationen in Hamburg, Berlin (BRD) und Bern (Schweiz) aus. In Mexico City wird ein grösseres Solidartätskonzert stattfinden.

Es hat in den vergangenen Tagen sicherlich viel mehr Veranstaltungen und Proteste für Mumia Abu-Jamals Freiheit gegeben. Ene vollständige Chronik wird aber voraussichtlich erst in eingen Tagen z.B. auf www.mumia-hoerbuch zu finden sein.
 SPAMSTOPPER.free.mumia@gmx.net  http://www.mumia-hoerbuch.de/

AutorIn: fauch