MEDIENSPIEGEL 15.12.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Drogenpolitik: Thun & Bern
- BernCity will Protectas für Innenstadt
- Sicherheitsdienste-Aufsicht
- Stop The Game
- Kontrolle Schnüffelstaat in Basel & Terrorismusdebatte
- Holocaust-Leugner verlinkt
- Neonazi-Treffen in Kradolf TG
- Neonazi-Messerattacke auf Polizeichef von Passau (BRD)
- Griechenland (& Türkei)
- Demo gegen Versammlungsgesetz in Freiburg i.B.
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REITSCHULE
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Dez 08: Beteiligt Euch an der
Vorplatz-Präsenz!!!
PROGRAMM:
Mi 17.12.08
19.00 Uhr - SousLePont - Weltweite
Weihnachts-Spezialitäten
20.00 Uhr - Infoladen - (anti-atom.ch) Schrott-Reaktor
AKW Mühleberg - Der Stand der Dinge: Infoveranstaltung mit
Jürg Joss von Fokus Anti-Atom (vormals "Aktion Mühleberg
stilllegen" AMüs)
Do 18.12.08
20.30 Uhr - Kino - Nueve reinas,
Fabian Bielinsky, Argentinien 2001
Fr 19.12.08
20.30 Uhr - Tojo - TITTANIC V
Lesung: Tania Kummer, Frances Belser, Sandra Küenzi. Musik
Aeberli/Zahnd
21.00 Uhr - Kino - Nueve reinas,
Fabian Bielinsky, Argentinien 2001
22.00 Uhr - SousLePont - Pornolé
und Electric Hellessence
Sa 20.12.08
19.30 Uhr - Kino - Leningrad Cowboys
Go America, Aki Kaurismäki, SF/S 1989
21.30 Uhr - Kino - Leningrad Cowboys
Meet Moses, Aki Kaurismäki, SF/D/F 1994
23.00 Uhr - Frauenraum - Eisschmelze
Vol. 2 mit SCANDAL! (ZH), DJ`s Anne Air, Eli Verveine und Nat
und DJ ELfERich (BE). Visuals: Die Taucherin (LU)
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock
Darkside:
Ed Rush (Virus Rec/UK), Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Rec/CH), Silent
Extent (Close to Death Rec/CH), Kenobi (drumandbass.ch)
So 21.12.08
19.00 Uhr - Tojo - Öffentliche Probe: Missing Pieces von
Nachtregentrommler. Regie: Christian Valerius.
Infos: www.reitschule.ch
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DROGENPOLITIK
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Berner Rundschau 15.12.08
Berner Nein für Thun kein Problem
Drogenanlaufstelle Alpenstadt-Szene geriet nicht ausser Kontrolle -
keine Probleme auch in Bern
Toni Rütti/Samuel Thomi
In Bern sind Thuner Drogensüchtige seit dem 1. November nicht mehr
willkommen. Wie geht Thun mit der neuen Ausgangslage um? Was geschah
seither in Bern?
Seit gut einem Monat werden Suchtkranke aus Thun und dem Berner
Oberland an der Drogenanlaufstelle in der Stadt Bern an der
Hodlerstrasse abgewiesen (wir berichteten). Die von der Thuner
Bevölkerung im Vorfeld oft geäusserte Befürchtung, die
Alpenstadt werde
danach von Drögelern überlaufen, scheint nicht einzutreffen.
Sollte es
dennoch so weit kommen, würden repressive Massnahmen
"unvermeidbar",
versichert Gemeinderat Andreas Lüscher (SVP). Als Vorsteher der
Direktion Soziales verfolgten er und sein Fachpersonal die
Entwicklungen an der "Drogenfront" genau, "um notfalls Gegensteuer zu
geben".
Problem verschwindet nicht
Vorerst gehe es aber darum, die Folgen der neuen Ausgangslage mit einem
Massnahmenpaket aufzufangen. Ziel müsse sein, dass keine neuen
Probleme
im Umfeld der Szene entstünden. Welchen Erfolg zeigten die
schadenmindernden Massnahmen in den letzten Wochen? Lüscher
möchte
lieber nicht von Erfolg oder Misserfolg sprechen: "Trotz unseren
Bemühungen und den weiteren Angeboten für eine abstinenz- und
ausstiegsorientierte Betreuung und Begleitung, wird unsere Arbeit nicht
vom gänzlichen Verschwinden der Drogenproblematik in Thun
gekrönt",
sagt er. Die Ergebnisse liessen sich daher kaum quantifizieren.
Trotzdem: Statt einer Kontakt- und Anlaufstelle wurde in Thun das
bestehende Angebot ausgebaut.
Beispielsweise wurde der Spritzentausch durch längere
Öffnungszeiten
erleichtert und Aufenthaltsmöglichkeiten eingerichtet. Auch das
Angebot
an geschützten Arbeitsplätzen wurde ausgebaut. Länger
offen hat neu die
Notschlafstelle. Auch wenn dort neu ein hygienischer Konsumationsraum
für Drogen eingerichtete wurde: "Drogendealen bleibt strikt
verboten."
Optimiert wurde auch das Angebot für teilbetreutes Wohnen in der
Villa
Schlossberg. Dies habe den Vorteil, dass der Drogenkonsum nicht
unkontrolliert in öffentlichen Toilettenanlagen oder
Hauseingängen
geschieht: "Dies ermöglicht uns eine Kontrolle und erlaubt uns,
nötigenfalls rasch eingreifen zu können", so Lüscher.
Positive Reaktionen auch in Bern
Welche erste Bilanz zieht die Stadt Bern vom Zulassungsstopp für
Drogenabhängige aus Thun? "Die Befürchtung, dass es zu langen
Wartezeiten wegen der Kontrollen beim Einlass kommen werde, trat nicht
ein", kommentiert Regula Müller auf Anfrage. Bis jetzt habe man
auch
"keine zusätzlichen Szenenbildungen" beobachten können,
kommentiert die
Leiterin Koordinationsstelle Sucht der Stadt Bern.
Was die Entwicklung der Besucherzahlen an der Hodlerstrasse betrifft,
kann sie noch nichts sagen. Ein Vergleich sei nicht zuletzt wegen der
kalten Jahreszeit noch nicht möglich.
--
Update
Die Öffnungszeiten der Berner Drogenanlaufstelle an der
Hodlerstrasse
werden nicht verlängert - so will es Berns Stadtrat.
Unverständnis über
den klaren Entscheid meldete besonders die Reitschule an, deren
Vorplatz - ist die Anlaufstelle zu - von Drögelern stark
frequentiert
wird. Ob Bern eine zweite Drogenanlaufstelle erhält, entscheidet
der
Kanton Ende Januar. Davon erhofften sich die Stadt und Gewerbler eine
Entlastung der Innenstadt durch eine bessere Verteilung. (sat)
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INNENSTADT
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Bund 15.12.08
Protectas für die Innenstadt?
Das Innenstadtgewerbe will private Sicherheitsleute engagieren
Pascal Schwendener
Gewerbler greifen zur Selbsthilfe: Der versuchsweise Einsatz von
Protectas in der Aarbergergasse war erfolgreich. Nun soll der
Sicherheitsdienst die ganze City überwachen.
Die Stadt unternehme zu wenig, um die City vor Vandalismus, Dreck und
Drogenszenen zu schützen, monieren Gewerbetreibende und Anwohner
seit
Jahren. Entnervt griffen sie dann im Oktober vergangenen Jahres zur
Selbsthilfe, organisierten sich in der Interessengemeinschaft
Aarbergergasse (IGA) und engagierten eine Patrouille des
Sicherheitsdienstes Protectas, die während eines Monats für
Ruhe und
Sicherheit in der Strasse sorgte. Kostenpunkt: 6000 Franken. "Die
Investition hat sich gelohnt", bilanziert IGA-Präsident und
Moléson-Wirt Bernhard Hüsser. Es sei in dieser Zeit kaum
noch zu
Szenebildung oder Sachbeschädigungen gekommen, das subjektive
Sicherheitsgefühl sei merklich gestiegen.
Rund 250 000 Franken pro Jahr
Der Protectas-Einsatz in der Aarbergergasse hatte allerdings auch eine
Kehrseite, gesteht Hüsser ein: "Die Problematik hat sich einfach
in die
umliegenden Gassen verlagert." Aus dieser Einsicht sei die Idee
geboren, die Protectas-Patrouillen auf das ganze Innenstadtgebiet
auszuweiten. Die Federführung für dieses Projekt hat die
Innenstadtorganisation Berncity übernommen. "Wir haben in den
letzten
Wochen überschlagen, wie eine flächendeckende
Überwachung zu
bewerkstelligen wäre", sagt Geschäftsführer Martin
Bühler. Rechne man
mit zwei Patrouillen zwischen Bahnhof und Nydeggbrücke, so
würde der
Einsatz zwischen 250000 und 500000 Franken pro Jahr kosten. "Die
Gewerbler allein können so eine Summe nicht aufbringen", sagt
Bühler.
Man hoffe darum auf die Beteiligung von Gönnern, Sponsoren - und
der
Stadt.
Letzteres dürfte schwierig zu erreichen sein. Der künftige
Sicherheitsdirektor Reto Nause (cvp) bekundet zwar "Verständnis
für das
Anliegen", bleibt aber dem Einsatz privater Sicherheitsdienste
gegenüber skeptisch. Zum einen, weil die städtischen Finanzen
ein
solches Engagement kaum erlauben würden, zum anderen, "weil die
Sicherheit eine staatliche Kernaufgabe ist, die man nicht privatisieren
sollte".
---
Grenchner Tagblatt 15.12.08
Bald "dealerfreie Innenstadt"?
"BernCity" Berner Innenstadtvereinigung will mit Protectas für
Ruhe und Ordnung sorgen
Geht es nach dem Willen der Innenstadtvereinigung "BernCity", soll der
private Sicherheitsanbieter Protectas schon bald in der ganzen Altstadt
für eine "dealerfreie Innenstadt" sorgen. Gesucht werden jetzt
Sponsoren - auch die Stadt soll zur Kasse gebeten werden.
Samuel Thomi
Im September beauftragte die Interessengemeinschaft Aarbergergasse
einen Monat lang die private Sicherheitsfirma Protectas, um in der
Gasse für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Gut ein Dutzend Gewerbler
und
Wirte teilten sich die Kosten für diesen Testlauf. Ein Grossteil
des
Auftrages bestand darin, die Drogenabhängigen und den Drogendeal
aus
der Gasse zu vertreiben (wir berichteten).
Halbe Million für die Vertreibung?
Die Auswertung habe nun gezeigt, dass die "City-Patrol"-Patrouillen der
Protectas "ihre Wirkung nicht verfehlt haben", kommentiert Martin
Bühler. Der Geschäftsführer der Innenstadtvereinigung
"BernCity"
bestätigt auf Anfrage, nun ein ähnliches Angebot für die
ganze Altstadt
auf die Beine stellen zu wollen. Damit würden die Dealer und
Drogenabhängigen "nicht einfach aus der Aarberger- in die
Neuengasse
vertrieben, was das Problem ja auch nicht wirklich löse". Das
Ganze
trägt derzeit noch den Arbeitstitel "Dealerfreie Innenstadt" und
soll
zwischen einer Viertel- und einer halben Million Franken pro Jahr
kosten. Noch sei das Projekt "allerdings nicht wirklich spruchreif";
die Details seien noch nicht alle definitiv geregelt. Man sei dennoch
bereits auf Sponsorensuche und auch erste Gespräche mit Gewerblern
und
Wirten hätten stattgefunden.
Protectas-Pressesprecher Roman Lehmann sagt, der Hauptgedanke von
"City-Patrol" sei, dass sich mehrere Geschäfte die Kosten für
die
Sicherheitsleistungen der Einer- oder Zweierpatrouillen teilten: "Ein
Nebeneffekt" könne sein, dass Drogenabhängige oder Dealer
dadurch die
Gegend stärker meiden; "den genauen Auftrag muss man jedoch
jeweils
individuell definieren."
Bühler rechnet damit, "dass sich auch die Stadt an den Kosten
beteiligen wird", würden teilweise doch auch Polizeiaufgaben
übernommen. Entsprechend enttäuscht zeigt sich Bühler
über das Nein des
Stadtrates (auch von Bürgerlichen) zu verlängerten
Öffnungszeiten für
die Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse.
"Kapo gewährleistet Sicherheit"
Keine Kenntnis vom Projekt "Dealerfreie Innenstadt" haben auf Anfrage
der städtische Sicherheitsdirektor Stephan Hügli (Die Mitte)
und Manuel
Willi, Chef Region Bern der Kantonspolizei (Kapo). Hügli teilt
mit, ein
allfälliger Einsatz von Protectas in der Aarbergergasse sei noch
nicht
mit der Stadt koordiniert: "Die Sicherheit im öffentlichen Raum
ist
durch die Kantonspolizei gewährleistet", so Stephan Hügli.
Als
"ergänzende Massnahme durchaus möglich" sei das Projekt
allerdings;
wenn es mit Behörden und Kapo abgesprochen werde.
Manuel Willi betont, dass es "staatspolitisch wichtig ist, dass das
Gewaltmonopol bei der Polizei bleibt". Entsprechend sei es "wichtig,
dass solche Aufträge nur an Firmen vergeben werden, die ihre
Pflichten
und Rechte kennen". Ob ein solcher Einsatz in Bern nötig sei,
müsse die
Politik entscheiden.
Bauten beeinflussen Gefühle
Auf Anfrage erachtet Willi das Projekt "Dealerfreie Innenstadt" denn
auch nicht als Kritik an der Polizeiarbeit: "Wir erreichen das Maximum
mit unseren Ressourcen." Für Willi ist das Thema vielmehr eine
politische Frage; "inwiefern die Stadt Bern Privaten Aufträge
erteilen
will". Bei all dem dürfe man aber nicht vergessen, dass mehrere
(auch
internationale) Studien belegten, dass die Bundeshauptstadt objektiv
gesehen sicher sei. "Das subjektive Sicherheitsgefühl hängt
dabei aber
nicht nur mit der Polizeiarbeit zusammen", so Willi, sondern etwa auch
mit baulichen Massnahmen.
--
Protectas "ist völlig unnötig"
Kein Verständnis für das "BernCity"-Projekt gibt es
erwartungsgemäss
von Seiten der rot-grünen Parteien: "Ich finde das Projekt
völlig
unnötig und auch problematisch", so Beatrice Stucki. "Die
Gewalthoheit
liegt bei der Polizei, daher ist es gefährlich, wenn private
Organisationen im städtischen Alltag für Sicherheit sorgen",
kommentiert die Stadtberner Co-Präsidentin der SP.
Natalie Imboden, Präsidentin des Grünen Bündnisses,
hält fest: "Die
öffentliche Sicherheit ist eine öffentliche Aufgabe."
Entsprechend sei
es "der falsche Weg", diese mit privaten Securitys sicherzustellen.
Weiter sei es keine Lösung, Randständige "herumzujagen".
Wolle sich
"BernCity" engagieren, solle sie beim Kanton für eine zweite
Berner
Drogenanlaufstelle lobbyieren. (sat)
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City- und Area Patrol - Protectas SA
http://www.securitas.com/ch/de-CH/Dienstleistungen/City-PATROL/
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SICHERHEITSDIENSTE
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Aargauer Zeitung 15.12.08
Keine Bespitzelungen
Private Sicherheitsdienste Aufsicht liegt bei der Kantonspolizei
Zwar gab es im Kanton Aargau seit Januar 2007 bis Oktober dieses Jahres
insgesamt 10 Anzeigen gegen private Sicherheitsunternehmen.
Bespitzelungen von politischen Bewegungen oder andere Verstösse
gegen
den Datenschutz gehörten indessen nie zu den Gründen, die zu
einer
Anzeige führten.
Eine Mitarbeiterin des privaten Sicherheitsdienstes Securitas hatte im
Kanton Waadt während rund eines Jahres eine Gruppe der
globalisierungskritischen Bewegung Attac bespitzelt. Aufmerksam
geworden durch diesen Bespitzelungsfall, der im Sommer bekannt geworden
war, wollte SP-Grossrat Max Chopard-Acklin von der Regierung Auskunft
darüber, ob Ähnliches auch im Kanton Aargau möglich sein
könnte. In der
Antwort auf Chopards Interpella- tion erklärt der Regierungsrat,
es
gebe keine Hinweise darauf, dass im Kanton Aargau politisch aktive
Bewegungen von privaten Sicherheitsfirmen "ausgehorcht oder infiltriert
werden oder wurden". "Auch der beauftragten Person für
Öffentlichkeit
und Datenschutz liegen keine diesbezüglichen Hinweise vor."
Periodische Kontrollen
Konkret wollte Max Chopard-Acklin auch wissen, wie sichergestellt
werden könne, dass im Aargau private Sicherheitsdienste nicht
"selbst
definierte Staatsschutzaufgaben" im Auftrage Dritter ausführen.
"Durch
die Aufsichtstätigkeit der Kantonspolizei und die
Möglichkeit,
gesetzeswidrig handelnden Sicherheitsdiensten die Bewilligung zu
entziehen, können fehlbare Sicherheitsdienste sanktioniert
werden",
hält der Regierungsrat fest. Hinzu komme eine allfällige
strafrechtliche Verfolgung. Die Kantonspolizei nimmt periodisch
spezifische Kontrollen vor. Grundsätzlich fallen private
Sicherheitsdienste unter den Geltungsbereich des Gesetzes über die
Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das
Archivwesen
(Idag). Ausser sie handeln im Auftrag von Privaten.
Kantonale Bewilligungspflicht
Gemäss Polizeigesetz unterstehen Sicherheitsdienste einer
kantonalen
Bewilligungspflicht und alle im Aargau bekannten Sicherheitsdienste
verfügen über ein solche Bewilligung, die jeweils auf maximal
vier
Jahre erteilt wird. Dazu werden von der Kantonspolizei der Leumund und
die Handlungsfähigkeit der geschäftsführenden Person
unter die Lupe
genommen. (zi)
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STOP THE GAME
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Bund 15.12.08
Mit Schnee gegen das System
In Bern wurde protestiert: Gegen das Finanz-"Game" und den "Mord" in
Athen
Ursprünglich stand das Wort Schnee für gefrorene
Niederschläge,
mittlerweile wird es auch als Synonym für die Modedroge Kokain
verwendet. Für manch jungen Demonstranten ist Schnee aber einfach
ein
praktisches Wurfgeschoss gegen Polizisten. Ein Wurfgeschoss, das er zum
Einsatz bringen kann, ohne eine hohe Hemmschwelle überwinden zu
müssen.
Unbewilligte Nachdemonstration
Gut eine Stunde nach Kundgebungsbeginn ist es an diesem
Samstagnachmittag im winterlichen Bern so weit: Bei der US-Botschaft
fliegen die ersten weissen Wurfgeschosse - und eine Handvoll
bengalischer Fackeln - in Richtung Polizei. Diese ist mit einem
Grossaufgebot präsent und riegelt die Strasse ab, um zu
verhindern,
dass die 300 Protestierenden direkt vor die Botschaft gelangen
können.
Der Soundwagen leitet bald darauf mit einem Drehmanöver den
Rückzug
ein, zum Ausgangspunkt der Demonstration, dem Bundesplatz.
Rückblick: Hier fanden sich die vorwiegend jugendlichen
Demonstrierenden unter dem Titel "Stop the Game" um 15 Uhr ein.
Radikallinke Gruppierungen hatten die Finanzkrise zum Anlass genommen,
zu einer Kundgebung aufzurufen. Der Kapitalismus befriedige lediglich
die Bedürfnisse weniger, war die Kernaussage der verschiedenen
Redner,
unter ihnen auch PdA-Stadtrat Rolf Zbinden.
Und hier beim Bundesplatz versammeln sich die Protestierenden auch
wieder nach dem Ausflug zur US-Botschaft. "Die Demo ist damit offiziell
beendet", tönts aus dem Soundwagen. Ein Drittel der
Manifestierenden
hält dies nicht davon ab, sich unbewilligterweise neu zu formieren
-
das Ziel: die diplomatische Vertretung Athens beim Weltpostverein.
Denn: "Griechenland, das war Mord - Widerstand an jedem Ort." So lautet
der Schlachtruf, der auf den Tod eines 15-Jährigen durch
Polizeischüsse
in Athen anspielt. Auf dem Weg zur Botschaft wird Baustellenmaterial
umgeworfen und ein Tram vollgesprayt.
Mit Eis gegen Zivilpolizisten
Seit der ersten "Schlacht" vor der US-Botschaft greifen einige
Demonstranten immer wieder zum weissen Wurfgeschoss: Vor allem ein
anscheinend weithin bekannter Zivilpolizist wird immer wieder mit
Schnee eingedeckt - und auch mit Eis. Verletzt wird niemand. (phi)
---
punkt.ch 15.12.08
Mit nackten Hintern gegen den Kapitalismus
Bei einer Demo flogen Flaschen und Petarden gegen die Polizei - es kam
zu Sachbeschädigungen
Bei einer Demonstration von Kapitalismusgegnern kam es am Samstag zu
Auseinadersetzungen mit der Polizei. Einige der rund 200 Demonstranten
warfen Flaschen, Petarden und Schneebälle gegen Polizisten. "Ich
will
zeigen, dass die Leute mit dem Getue der UBS nicht einverstanden sind",
sagte Alice Galizia aus Bern. Auf dem Bundesplatz verteilten die
Demonstranten Flyer und Aufkleber.
Grossaufgebot der Polizei
Danach zogen die meist jungen und teilweise maskierten Demoteilnehmer
vor die Botschaft der USA. Dort flogen Flaschen, Schneebälle und
brennende Petarden gegen die Ordnungshüter. Einige Militante
präsentierten gar ihr nacktes Hinterteil. Die Polizei markierte
massiv
Präsenz, hielt sich aber zurück. Das starke Aufgebot habe
Ausschreitungen verhindert, hiess es in einer Mitteilung der Polizei.
Nachdemo im Kirchenfeld
Nach der Rückkehr auf den Bundesplatz und dem Ende der bewilligten
Demo, marschierten rund 80 Personen vor die griechische Botschaft an
der Weltpoststrasse, wie der Sprecher der Polizei, Thomas Jauch,
erklärte. Die Demoteilnehmer hätten Bauabschrankungen
demoliert und ein
Tram versprayt. Die unbewilligte Nachdemonstration löste sich
gemäss
der Polizei gegen 18 Uhr auf. Mehrere Personen seien kontrolliert
worden. (geb/czd)
---
Solothurner Zeitung 15.12.08
Bern Demonstranten warfen Petarden
Bei zwei Demonstrationen in der Stadt Bern kam es am Samstag zu
Provokationen der Demonstranten gegenüber der Polizei. Eine
Demonstration war bewilligt und startete um 15 Uhr unter dem Namen
"Stop the Game - Finanzkrise" und "Mumia-Abu-Jamal". Rund 200
Demonstranten zogen vor die US-amerikanische Botschaft. Dort warfen sie
Flaschen, Petarden und Schneebälle gegen die Polizei. Kurz darauf
wurde
die Kundgebung aufgelöst. Am Abend kam es zu einer unbewilligten
Demonstration, an der sich rund 80 Leute beteiligten. Diese zogen vor
die griechische Botschaft und brachten auf dem Weg dorthin an diversen
Örtlichkeiten Aufkleber an und versprayten ein Tram. Gegen 18 Uhr
löste
sich die Demonstration auf. (pkb)
sks
---
stopthegame.ch 14.12.08
Medienmitteilung und Reden zum nachlesen
Am Samstag, 13.12.2008 fand in Bern eine Demonstration von "STOP THE
GAME!" statt, an der sich rund 300 Personen beteiligten und von Rappern
musikalisch begleitet wurde. Das Bündnis versteht sich als
Plattform
zur Entwicklung von selbstbestimmten und solidarischen Gesellschafts-
und Wirtschaftsformen jenseits des Kapitalismus. Mit der Demonstration
sollte zum aktiven Mitdenken und -wirken eingeladen werden. Ein Teil
der diversen Bündnis-Beteiligten hat sich an der Demonstration in
Form
von Reden (vgl. Comments zu diesem Posting) zur Wirtschaftskrise
geäussert. In den nächsten Wochen organisiert "STOP THE
GAME!" mehrere
Veranstaltungen (weitere Infos folgen bald auf dieser Hompage) zu
Kritiken am Kapitalismus und zu einer Vielfalt an Alternativen.
Wohlstand für alle kann nach Meinung des Bündnisses nicht
einer
unsichtbaren Hand überlassen werden, sondern muss von der
Gesellschaft
bewusst und aktiv angestrebt und basisdemokratisch geplant und
umgesetzt werden. Die ersten Schritte dahin sieht "STOP THE GAME!" in
der Bildung von Genossenschaften und Kollektiven. Gelebte
Solidarität
solle an die Stelle von egoistischem Konkurrenz-Hick-Hack treten.
Medienmitteilung und Redebeiträge:
http://stopthegame.ch/?p=66
---
Stellungnahme zu Medienberichten anlässlich der Demonstration vom
13.12.2008
Die Mediengruppe des Bündnisses "STOP THE GAME!" appelliert nicht
nur
aber vor allem an die Adresse der Medienschaffenden, in Zukunft
entweder sich selbst vor Ort ein Bild der Geschehnisse zu machen und
dann darüber frei zu schreiben oder sonst bei der Verwendung von
Mitteilungen von Agenturen und Behörden, diese genauer zu lesen
und
korrekter wiederzugeben. Konkret wird die Verwertung der Agenturmeldung
der SDA und der Mitteilung der Kantonspolizei durch diverse, an der
Demonstration nicht anwesende Medien als realitätsverzerrend und
rufschädigend kritisiert. Die Begriffe "Randale" (Blick online),
"Krawall" (Tages-Anzeiger online) und "gewalttätige"
(SF-Tagesschau
online) treffen auf das tatsächlich Vorgefallene in keiner Weise
zu.
Selbst "Aufruhr" (Tages-Anzeiger online in einer Bildlegende) ist
zumindest übertrieben. Dass es zu "Provokationen" (Mitteilung
Kantonspolizei Bern) und "Scharmützel" (diverse Berichte) kam,
wird im
Grundsatz nicht bestritten. Was hingegen auch an der Polizeimeldung
kritisiert wird, ist, dass mit der Formulierung "Provokationen der
Demonstrierenden" suggeriert wird, dass die Demonstrierenden als
Gesamtheit die Ordnungshüter provoziert hätten. Diese
Formulierung
schliesst ungerechtfertigterweise auch diejenige grosse Mehrheit der
anwesenden Demonstrierenden mit ein, die sich an den genannten
Provokationen nicht beteiligt haben. Formulierungen, welche die
Realität korrekt wiedergeben würden, wären z.B.
"Provokationen von
einigen Demonstrierenden" oder "…von wenigen Demonstrierenden" oder
"…einer handvoll Demonstrierender" oder ähnliche.
Links zu den beanstandeten Artikeln:
http://www.blick.ch/news/sda?newsid=20081213brd041
http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/AntiKapitalisten-machen-in-Bern-Krawall/story/26767286
http://tagesschau.sf.tv/nachrichten/archiv/2008/12/13/schweiz/scharmuetzel_bei_demo_in_bern
http://www.police.be.ch/site/index/pom_kapo_news/pom_kapo_aktuell_medienmitteilungen/pom_kapo_aktuell_mm-detail.html?newsid=28952&cat=mm
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SCHNÜFFELSTAAT
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Basler Zeitung 15.12.08
Fichen: Lob für Basel
In anderen Kantonen ist Kontrolle des Staatsschutzes kein Thema
Philipp Loser
Basels Wille, den kantonalen Ableger des Inlandgeheimdiensts besser zu
kontrollieren, wird von allen Seiten gelobt. In anderen Kantonen ist
eine verstärkte Aufsicht kein Thema, auf Bundesebene schon.
Der Baselbieter Ständerat Claude Janiak (SP) braucht deutliche
Worte:
"Anscheinend braucht es einen Knall wie in Basel mit der Anti-WEF-Demo
und den fichierten Grossräten, damit etwas geschieht." Janiak ist
Präsident der Geschäftsprüfungsdelegation, welche die
Oberaufsicht über
sämtliche Geheimdienste hat. Er begrüsst die vergangene Woche
erneut
bekräftigte Absicht der Basler Regierung, den kantonalen Ableger
des
Inlandgeheimdienstes besser zu überwachen und verbindliche
Kriterien
über die Weitergabe von Daten aufzustellen. In den meisten anderen
Kantonen werde das Thema noch stiefmütterlich behandelt, sagt der
Ständerat.
Kein Anlass
Im Baselbiet beispielsweise, wo Polizeikommandant Daniel Blumer jedes
Gesuch um Datenweitergabe an den Geheimdienst eigenhändig
prüft, wird
keine stärkere Kontrolle diskutiert. "Es gibt auch keinen Anlass
dazu.
Wir hatten noch nie Beanstandungen", sagt Dieter Leutwyler, Sprecher
der Sicherheitsdirektion.
Im Justizdepartement der Stadt werden dagegen die nächsten
Schritte
unternommen. Bis Ende Jahr wird die erste Version der Verordung
über
den Vollzug des Bundesgesetz zur Wahrung der Inneren Sicherheit (BWIS)
fertiggestellt und zur Vernehmlassung ans Bundesamt für Justiz
geschickt. Diesem Vorgehen zollen Politiker, Juristen und Betroffene
Lob. "Basel sendet ein starkes Signal nach Bern", sagt FDP-Nationalrat
Peter Malama.
In Bern selber wird das Thema unabhängig davon wieder aktuell. "Es
bewegt sich einiges", sagt SP-Ständerätin Anita Fetz. Zwar
wurden zwei
Vorstösse von Fetz und Malama kürzlich abgelehnt,
gleichzeitig drückte
der Bundesrat aber seinen Willen aus, bei der Revision des BWIS die
offenen Fragen zu klären. Fetz erklärt sich diese
Bereitschaft mit den
Erfahrungen aus Basel und auch damit, dass das Justizdepartement mit
Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) eine neue Vorsteherin
habe.
> Seite 21
--
Basler Impulse gegen Schnüfflerei
Neue Verordnung geht Ende Jahr nach Bern
Philipp Loser
Die Basler Regierung will den Inlandgeheimdienst künftig besser
überwachen und erhält dafür Lob von allen Seiten.
Ständerätin Anita
Fetz (SP) hofft auf einen Domino-Effekt.
Die Betroffene, der Datenschützer, der Jurist, die Politikerin.
Die
Ankündigung der Basler Regierung, den Inlandgeheimdienst bei
Aktivitäten auf Kantonsgebiet künftig besser zu
kontrollieren, erhält
Applaus von allen Seiten. "Das tönt gut", sagt SP-Grossrätin
Tanja
Soland, die fichiert wurde; "Initiativen wie jene der Basler Regierung
arbeiten unserem Ziel entgegen", so Bruno Baeriswyl, Präsident von
"privatim", der Vereinigung der schweizerischen
Datenschutzbeauftragten; "es geht in eine positive Richtung", meint
Staatsrechtsprofessor Markus Schefer, und SP-Ständerätin
Anita Fetz
sagt schlicht: "Endlich!"
Diese positive Resonanz ist Ausdruck eines Unbehagens dem Staatsschutz
gegenüber, das nicht zuletzt durch die "Basler Fichenaffäre"
und die
missglückte Polizeiaktion nach der Anti-WEF-Demonstration im
Januar
noch grösser wurde.
Unbehagen
Der Basler Geschichtsprofessor Georg Kreis hat vor rund 15 Jahren die
Arbeitsgruppe geleitet, in der die Fichenaffäre der 80er-Jahre
historisch aufgearbeitet wurde. Er sagt: "Man muss gerade heute sehr
genau auf den Staatsschutz aufpassen. Ich spüre tendenziell einen
Rückfall in alte Zeiten. Undifferenzierte Terrorprävention
seit den
Anschlägen von 2001 sind ein Einfallstor für unangemessenes
Verhalten."
Kreis liegt damit auf einer Linie mit Rechtsprofessor Schefer, der bei
der Präsentation des Datenschutzgutachtens vor einer Woche gesagt
hatte, es gebe "ein Problem mit dem Staatsschutz".
Dieses Problem konzentriert sich auf die mangelnde Überwachung der
Staatsschützer, die direkt in den Kantonen Daten für den
"Dienst für
Prävention und Analyse (DAP)" sammeln. Mit einer Verordnung zum
Vollzug
des Bundesgesetzes zur Wahrung der Inneren Sicherheit (BWIS) will das
Basler Justizdepartement die Aufsicht über die Fachgruppe 9 (den
kantonalen Ableger des Staatsschutzes) konkretisieren und Kriterien
aufstellen, nach denen über die Weitergabe von Daten entschieden
werden
soll. Eine erste Version der Verordnung wird laut Auskunft des
Departements bis Ende Jahr vorliegen und soll danach in die
Vernehmlassung ans Bundesamt für Justiz in Bern geschickt werden.
In
die Verordnung werden grosse Erwartungen gesteckt. FDP-Nationalrat
Peter Malama erhofft sich ein "starkes Signal" nach Bern und
SP-Ständerätin Fetz einen Domino-Effekt in den übrigen
Kantonen.
Unterstützt werden die Basler Bemühungen von der
Arbeitsgruppe "Innere
Sicherheit" innerhalb der "privatim", der Vereinigung aller
Datenschutzbeauftragter. Heute sei die Situation so, dass die
Datenschutzbeauftragten zwar die rechtliche Möglichkeit
hätten,
Kontrollen durchzuführen, ihnen aber die konkrete Vorgehensweise
und
Methoden dazu noch fehlten, sagt "privatim"-Präsident Baeriswyl.
Im
ersten Quartal des nächsten Jahres will die Arbeitsgruppe erste
Resultate präsentieren. Für Baeriswyl ist das Engagement der
Basler
Regierung wichtig: Es müsse nicht nur die Rechtslage abschliessend
geklärt werden, es brauche zusätzlich auch politische
Unterstützung:
"Sollen die Staatsschützer in den Kantonen richtig überwacht
werden,
ist das nicht zuletzt auch eine Frage der Ressourcen."
Bundesrat reagiert
Während die "privatim" und die Basler Regierung das
Staatsschutzthema
auf kantonaler Ebene vorantreiben, bewegt sich auch bei den
Bundesbehörden einiges. Zwar hat der Bundesrat Vorstösse von
Fetz und
Malama abgelehnt, sagt aber gleichzeitig, dass das Problem erkannt sei:
"Eine Bereinigung wird im Rahmen der Teilrevision des BWIS angegangen",
heisst es in der Antwort auf den Vorstoss von Malama.
Bei der Revision sollen Themen wie das mangelhafte Einsichtsrecht und
die künftige Gestaltung des Kontrollsystems behandelt werden.
Heute hat
die Geschäftsprüfungsdelegation die Oberaufsicht über
die Geheimdienste
- theoretisch auch über die kantonalen Behörden, die im
Auftrag des DAP
Daten bearbeiten. "Es ist aber undenkbar, dass sechs
Milizparlamentarier die Oberaufsicht in allen Kantonen wahrnehmen
könnten. Wir müssen uns auf Stichproben beschränken",
sagt Claude
Janiak, Präsident der Delegation und Baselbieter Ständerat
(SP). Auch
unter diesem Gesichtspunkt sei es zu begrüssen, dass Basel-Stadt
nun
etwas unternehme. In den meisten anderen Kantonen werde das Thema noch
stiefmütterlich behandelt. Leider, meint Janiak: "Anscheinend
braucht
es einen Knall wie in Basel mit der Anti-WEF-Demo und den fichierten
Grossräten, damit etwas geschieht."
---
Aarauer Zeitung 15.12.08
Wie weit darf Staatsschutz gehen?
Innere Sicherheit
Am Mittwoch befasst sich der Nationalrat mit der
Terrorismusbekämpfung
Beat Rechsteiner
Der Bundesrat will im Kampf gegen den Terror die Zügel anziehen
und
begibt sich dabei auf ein heikles Terrain: Datenschutz und Politiker
melden Bedenken an.
Wie man die Sache auch dreht und wendet, am Ende bleibt immer dasselbe
Dilemma: Sicherheit des Staates und der Bevölkerung versus
Freiheit und
Privatsphäre eines jeden Bürgers. Oder ganz konkret: Wie weit
darf der
Dienst für Analyse und Prävention (DAP), dessen zentrale
Aufgabe es
ist, die Gefahr durch Terrorismus frühzeitig zu erkennen und zu
bannen,
bei der Personenüberwachung gehen?
Der Bundesrat will die Kompetenzen des DAP ausweiten, weil er die
Schweiz in Gefahr sieht: "Die Sicherheitslage hat sich in den letzten
Jahren namentlich durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit von
islamistisch
motivierten Terroranschlägen sukzessive verschlechtert", schreibt
er in
seiner Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über
Massnahmen zur
Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS). Im Mittelpunkt stehen dabei
griffigere Massnahmen zur Informationsbeschaffung: Der DAP soll bei
Verdacht Telefonate abhören, Postsendungen kontrollieren, Computer
durchleuchten und Privatwohnungen mit technischem Gerät
überwachen
dürfen. Die Erlaubnis für ein solches Eingreifen sollen im
Einzelfall
die Vorsteher des EJPD und des VBS auf der einen und das
Bundesverwaltungsgericht auf der anderen Seite geben.
"Eingriff in die Grundrechte"
Dass dies Datenschützer Hanspeter Thür auf den Plan ruft,
liegt auf der
Hand. Er meldet generelle Bedenken an, dass es richtig ist, ausserhalb
eines Strafverfahrens solche Ermittlungsmöglichkeiten freizugeben,
zumal sich der Betroffene nicht wehren könne. In einer offiziellen
Stellungnahme spricht er von einem "schweren Eingriff in die
Grundrechte, insbesondere in den Schutz der Privatsphäre". Der
Bundesrat sieht durch die richterliche und die politische Prüfung
den
Rechtsschutz ausreichend gestärkt, Thür empfindet dies
anders, wie er
gegenüber der MZ betont. Er befürchtet, dass die Kontrolle zu
einer
"Alibi-Geschichte" verkommen könnte. Denn: "Zum Zeitpunkt, in dem
die
Ermittlungen ausgelöst werden, ist noch sehr wenig bekannt. Also
kann
der Fall kaum angemessen beurteilt werden, wenn das Gesuch auf dem
Tisch liegt." Eigentlich aber sieht der Datenschutzbeauftragte gar
keinen Handlungsbedarf. Er bezweifelt, dass die Revision des BWIS
verhältnismässig bzw. überhaupt erforderlich ist. Man
habe ihm bis
jetzt keinen schlüssigen Beweis dafür liefern können,
dass die derzeit
gegebenen Instrumente für die Terrorismusbekämpfung nicht
ausreichten,
sagt er.
Obwohl der SP-Nationalrat und Rechtsgelehrte Daniel Jositsch (ZH)
Thürs
Bedenken grundsätzlich teilt, bezweifelt er die Notwendigkeit
einer
Revision des BWIS nicht an. Jositsch sitzt in der Rechtskommission der
grossen Kammer, die dem Rat beantragt, das Geschäft am
nächsten
Mittwoch an den Bundesrat zur Überarbeitung zurückzuschicken.
Es ist
davon auszugehen, dass es dafür eine Mehrheit geben wird. Zwei
Anliegen
stehen für ihn im Einklang mit der Kommissionsmehrheit (16:9) im
Vordergrund: Zum einen soll die Regierung Schlüsselbegriffe wie
wie
etwa denjenigen der inneren Sicherheit und insbesondere die
Verdachtsmomente klar definieren und konkretisieren, damit die
Rahmenbedingungen eindeutig werden und Willkür möglichst
ausgeschlossen
bleibt. "In diesem Bereich müssen wir das Maximum herausholen",
sagt
Jositsch und hat dabei die unselige Fichenaffäre im Hinterkopf.
Zum
anderen plädiert er für eine parlamentarische
Kontrollinstanz, die
Akteneinsicht haben und somit Missbrauch verhindern soll.
"Muss erst etwas passieren?"
Eine Kommissionsminderheit, der auch FDP-Nationalrätin Christa
Markwalder Bär (BE) angehört, geht mit dem Bundesrat weniger
hart ins
Gericht. Sie stuft die Massnahmen angesichts der Bedrohungslage nicht
nur als gerechtfertigt ein, sondern sieht in der doppelten Beurteilung
durch Gericht und Regierung auch eine institutionelle Verbesserung. Und
sie stellt die Frage, die die Diskussion zurückwirft auf das
Grunddilemma: "Muss denn erst etwas Schlimmes passieren, damit
entschlossen gehandelt wird?"
Änderung des BWIS
BWIS ist die Abkürzung für das Bundesgesetz über
Massnahmen zur Wahrung
der inneren Sicherheit. Dieses soll verschärft werden, sprich: Die
Ermittlungsbehörden sollen mehr Kompetenzen erhalten. Auch die
Zusammenarbeit mit Informanten, deren Schutz und Entschädigung
sollen
neu geregelt werden. In der Vernehmlassung erwuchs der Vorlage vor
allem vonseiten der SVP, der SP und der Grünen Widerstand, die
übrigen
Parteien begrüssen zumindest die Stossrichtung. (bre)
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HOLOCAUST-LEUGNER
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20min.ch 15.12.08
Bund linkt auf Website von Holocaust-Leugnern
von Deborah Rast
In den Unterlagen zur Abstimmung über die
Personenfreizügigkeit
verweist der Bund auf den Presseclub Schweiz: Auf dessen Internetseite
wird der Holocaust relativiert.
Im Abstimmungsbüchlein zur Personenfreizügigkeit findet sich
ein
brisanter Link: Er verbindet direkt mit der Seite "Recht und Freiheit",
deren Redaktor Ernst Indlekofer bereits mehrfach wegen Verharmlosung
des Holocausts angeklagt wurde. Beim Komitee gegen unkontrollierte
Osteinwanderung ist man über den Link sehr unglücklich.
Dazu SVP-Nationalrat Lukas Reimann, der mit Holocaustleugnern nichts zu
schaffen haben will: "Wenn wir gewusst hätten, dass diese Seite
angegeben wird, hätten wir interveniert." Der Link sei offenbar im
Nachhinein hinzugefügt worden. Rein rechtlich gesehen hat der
Presseclub Anspruch darauf, im Abstimmungsbüchlein erwähnt zu
werden.
Hat er doch immerhin etwa 1500 beglaubigte Unterschriften für das
Referendum gesammelt.
Auch bei der Bundeskanzlei, die für den Text des
Abstimmungsbüchleins
verantwortlich ist, hat der Link zu Diskussionen geführt. Oswald
Sigg,
Vizekanzler, zu "La Liberté": "Letztlich haben wir dem Bundesrat
dazu
geraten, die Internetadresse zwar zu publizieren, sich aber klar von
ihr zu distanzieren. Der Rat hat dies unterlassen, weil er glaubte, so
mehr Aufmerksamkeit auf die Seite zu ziehen."
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NEONAZIS CH
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St. Galler Tagblatt 15.12.08
Wieder Neonazi-Treffen in der "Teigi"
Rund 50 Rechtsextreme haben sich am Samstagabend auf dem "Teigi-Areal"
in Kradolf-Schönenberg versammelt. Das Lokal ist nicht zum
erstenmal
Treffpunkt der rechten Szene.
Andri Rostetter
Kradolf. Das "Teigi-Areal" in Kradolf ist ein beliebter Treffpunkt der
regionalen Kulturszene. In der ehemaligen Teigwarenfabrik arbeiten
Künstler und Musiker Tür an Tür, regelmässig finden
Ausstellungen und
Konzerte statt. Ein regelmässiger Gast in der "Teigi" ist auch die
Polizei: Alle paar Monate ist das Areal Versammlungsort von
Rechtsextremen. So auch am Wochenende.
Aus Deutschland angereist
Rund 50 Personen aus der rechten Szene versammelten sich am
Samstagabend auf dem "Teigi-Areal". Sie stammten vorwiegend aus dem
Thurgau, einzelne reisten aus anderen Kantonen sowie aus Deutschland
an, wie Daniel Meili, Sprecher der Kantonspolizei Thurgau sagte. Die
Polizei kontrollierte bei der Anreise die Teilnehmenden und ihre
Fahrzeuge. Dabei wurde kein Material festgestellt, das gegen die
Antirassismus-Strafnorm verstösst. Laut Meili gab es keine
Zwischenfälle.
Der Gemeinde ein Dorn im Auge
Das letzte Treffen von Rechtsextremen in der Kradolfer "Teigi" hatte
vergangenen Mai stattgefunden. Auch damals wurde kein strafrechtlich
relevantes Material sichergestellt.
Die Treffen sind der Gemeinde Kradolf-Schönenberg seit
längerem ein
Dorn im Auge, unternehmen kann sie aber nichts. Solange kein Gesetz
verletzt wird, sind der Behörde die Hände gebunden.
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Thurgauer Zeitung 15.12.08
Skins trafen sich erneut in Kradolf
Kradolf - Am Samstagabend haben sich rund 50 Personen aus der rechten
Szene zu einem Treffen in Kradolf eingefunden. Die Kantonspolizei
Thurgau kontrollierte bei der Anreise die Teilnehmenden und ihre
Fahrzeuge. Dabei wurde allerdings kein Material festgestellt, das gegen
die Antirassismusstrafnorm verstösst. Wie Daniel Meili von der
Kantonspolizei auf Anfrage erklärte, stammten die Besucher
überwiegend
aus dem Thurgau. Vereinzelte Skinheads seien aber auch aus anderen
Kantonen sowie aus Deutschland zu dem Treffen angereist. Es handelte
sich dabei um eine Veranstaltung der sogenannten Hammerskins. Das
Treffen, zu dem auch ein Konzert gehörte, wurde von der Polizei
überwacht. Zwischenfälle gab es keine. Laut Daniel Meili sind
die
Beamten zeitweise auch in dem Gebäude selbst gewesen. Bei dem Ort
des
Treffens handelt es sich gemäss Recherchen der "Thurgauer Zeitung"
um
Räumlichkeiten in der ehemaligen Teigwarenfabrik Robert Ernst AG.
In der "Teigi" waren in der Vergangenheit schon mehrfach ähnliche
Veranstaltungen durchgeführt worden, zuletzt im Mai dieses Jahres.
Den
Gemeindebehörden von Kradolf-Schönenberg sind diese Treffen
zwar ein
Dorn im Auge, so lange dabei aber keine Gesetze verletzt werden, lassen
sie sich nicht verbieten. (feb)
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20min.ch 14.12.08
Kradolf
Skin-Treffen im Thurgau
Im thurgauischen Kradolf hat ein Treffen von rund 50 Angehörigen
aus der rechten Szene stattgefunden.
Es sei zu keinen Zwischenfällen gekommen, teilte die Thurgauer
Kantonspolizei am Sonntag mit. Die Polizei habe am Samstagabend bei der
Anreise die Teilnehmenden und deren Fahrzeuge kontrolliert. Dabei sei
kein Material festgestellt worden, das gegen die Antirassismusstrafnorm
verstossen hätte. Das Treffen habe in einer privaten Liegenschaft
stattgefunden und sei von der Polizei überwacht worden.
Quelle: AP
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NEONAZIS BRD
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Newsnetz 15.12.08
Messerattacke auf Passauer Polizeichef - zwei Rechtsextreme gefasst
Nach der Messerattacke auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl sind
zwei Verdächtige festgenommen worden. Der Angriff war offenbar ein
Racheakt von Rechtsextremen.
Wie ein Polizeisprecher am frühen Montagmorgen in Regensburg
berichtete, wurden die beiden Personen im Raum Passau gefasst. Auf sie
treffe die Täterbeschreibung zu, die der Polizeichef nach dem
Angriff
abgegeben habe, hiess es. Die Polizei hatte eine Grossfahndung
ausgelöst und eine 20-köpfige Sonderkommission berufen.
Mannichl wurde offenbar aus Rache für seinen Einsatz gegen den
Rechtsextremismus vor seinem Wohnhaus mit einem Messer attackiert. Der
Täter verfehlte das Herz um nur zwei Zentimeter, wie die
Ermittlungsbehörden am Sonntag mitteilten. Der 52-Jährige
konnte mit
einer Notoperation gerettet werden. Die Tat löste bundesweit
Entsetzen
aus.
Mannichl ist eine Hassfigur
Mannichl ist bekannt für sein konsequentes Vorgehen gegen Neonazis
und
gilt deswegen in der Szene als Hassfigur. Er wurde am Samstag gegen
17.30 Uhr in seinem Wohnort Fürstenzell Opfer der Attacke. Der
Leitende
Oberstaatsanwalt Helmut Walch sprach auf einer Pressekonferenz in
Passau von einem heimtückischen Mordversuch, der im
Höchstfall mit
lebenslanger Haft bestraft werden könne. Der Täter, der eine
Glatze
trage, sagte nach seinen Angaben bei der Tat: "Viele Grüsse vom
nationalen Widerstand. Du linkes Bullenschwein, du trampelst nicht mehr
auf den Gräbern unserer Kameraden herum."
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stern.de 15.12.08
Anschlag auf Passauer Polizeichef: Verdächtige bestreiten die Tat
Nach der Messerattacke auf den Polizeipräsidenten von Passau haben
die
Ermittler zwei Verdächtige festgenommen. Nach Angaben des
Leitenden
Oberstaatsanwalts bestreiten beide die Vorwürfe, die Polizei
prüft
derzeit ihre Alibis. Die Ermittler wollen in Kürze entscheiden, ob
sie
gegen die beiden Verdächtigen einen Haftbefehl beantragen.
Nach dem mutmaßlichen Neonazi-Attentat auf den Passauer
Polizeichef
Alois Mannichl hat die Polizei zwei Verdächtige festgenommen. Nach
Angaben des Leitenden Passauer Oberstaatsanwalts Helmut Walch passt auf
die Männer die Täterbeschreibung, die der bei dem Attentat
schwer
verletzte Polizeidirektor geben konnte. "Sie bestreiten beide die Tat
und geben auch ein Alibi an, das muss noch überprüft werden",
sagte
Walch am Montag. Im Laufe des Montags werde entschieden, ob gegen die
zwei Verdächtigen oder einen von ihnen Haftbefehl beantragt wird.
Die beiden Verdächtigen seien im Raum Passau aufgegriffen worden.
Eine
20 Mann starke Sonderkommission der Kriminalpolizei ermittelt wegen
versuchten Mordes.
Mannichl war am Samstag vor seinem Haus in Fürstenzell bei Passau
niedergestochen worden. Die elf Zentimeter lange Klinge verfehlte das
Herz nur knapp. Die Ermittler vermuten einen Racheakt von Neonazis,
weil die Passauer Polizei in diesem Jahr immer wieder gegen die
rechtsextreme Szene vorgegangen war. Im Internet wurde Mannichl deshalb
verunglimpft.
Bei dem Überfall auf Mannichl hatte der Täter nach Angaben
Walchs
gesagt: "Viele Grüße vom nationalen Widerstand. Du linkes
Bullenschwein, du trampelst nicht mehr auf den Gräbern unserer
Kameraden herum."
Die Tat löste mittlerweile eine neue Diskussion um einen
möglichen
neuen Verbotsantrag der rechtsextremistischen NPD aus. Nachdem Bayerns
Ministerpräsident Horst Seehofer und Innenminister Joachim
Herrmann
(beide CSU) eine Initiative in diese Richtung bereits angedeutet
hatten, forderte am Montag auch der stellvertretende CSU-
Landtagsfraktionschef Karl Freller ein rasches Verbot der NPD und
anderer rechtsextremer Organisationen.
Attentat nur knapp überlebt
FDP-Innenexperte Max Stadler zweifelte dagegen den Sinn eines weiteren
Verbotsantrags beim Bundesverfassungsgericht an. Stattdessen sollten
die Aussteigerprogramme für Neonazis fortgesetzt und die
Aufklärungsarbeit an Schulen fortgesetzt werden, sagte der aus
Passau
stammende Bundestagsabgeordnete im ZDF.
Unterdessen plant Seehofer, den verletzten Polizeidirektor am
späten
Montagnachmittag im Krankenhaus zu besuchen. Der Anschlag wird an
diesem Dienstag auch Thema bei der Sitzung des bayerischen Kabinetts
sein. Ministerpräsident Seehofer betonte: "Ich will keinen Zweifel
lassen, dass wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln den
Rechtsextremismus hier in Bayern bekämpfen."
Mannichl hatte das Attentat nur knapp überlebt, befindet sich aber
auf
dem Weg der Besserung. Nach dem Angriff konnte der 52-Jährige
selbst
eine konkrete Beschreibung des Täters geben. Demnach hatte ein
etwa
1,90 Meter großer, kahlköpfiger Mann an der Haustür
Mannichls
geklingelt. Als der Beamte öffnete, wurde er mit einer Naziparole
beschimpft und niedergestochen.
Die Rechten werden immer dreister
Chefermittler Walch sagte, dass nun überprüft werden muss,
was die
beiden gefassten Männer zur Tatzeit und in den Stunden danach
gemacht
haben. Die zwei am Sonntag festgenommen Verdächtigen stammen beide
aus
dem Passauer Raum. Noch ist unklar, ob einer von ihnen oder auch beide
zusammen für das Verbrechen infrage kommen. Walch machte auch
keine
näheren Angaben darüber, ob die Männer Mitglieder einer
rechtsextremen
Organisation sind.
Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP, Konrad Freiberg, wertete
den Mordanschlag als Beleg für einen Strategiewechsel der
Rechtsextremen. "Seit Jahresbeginn ist es die neue Strategie, direkt
gegen Polizisten vorzugehen", sagte er der "Neuen Presse" in Hannover.
Dem Sender MDR Info sagte Freiberg, es gebe viele Polizisten, die von
Rechten bedroht würden. Kollegen, die häufiger im Einsatz
gegen Rechts
seien und Verantwortung trügen, würden bedroht und zu Hause
belästigt.
"Die Rechten werden immer frecher, immer dreister, immer
gewalttätiger.
Und die Polizisten geraten immer mehr ins Visier rechter Gewalt."
Freiberg forderte ein konsequentes Vorgehen gegen rechte Gewalt: "Die
Justiz muss hier richtig hinlangen. Diese Leute gehören
eingesperrt,
die gehören isoliert dabei."
Auch der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Sebastian
Edathy (SPD), forderte härtere Strafen für rechtsextreme
Gewalttäter.
"Bei Körperverletzungen mit rechtsextremer Motivation darf es
grundsätzlich keine Bewährungsstrafen mehr geben. Die
Täter gehören
sofort hinter Gitter, weil ihre Beweggründe besonders verwerflich
sind", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Damit würde
der
Rechtsstaat ein klares Signal an eine immer gewaltbereitere rechte
Szene setzen. Ein entsprechender Vorschlag des Bundesrats liege bereits
auf dem Tisch, sagte Edathy. "Damit muss sich der Bundestag jetzt
zügig
befassen."
Die Hochschulgruppen der Universität Passau haben zu einer
Solidaritäts-Kundgebung für den Polizeichef aufgerufen. Die
Demonstration unter dem Motto "Kein Platz für rechte Gewalt" soll
am
Montagmittag vom Zentrum zum Residenzplatz führen.
DPA/AP
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stern.de 14.12.08 (Video)
http://www.stern.de/video/:Video-Messer-Attacke-Passauer-Polizeichef/649117.html
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stern.de 14.12.08
Attentat mit Messer: Neonazi attackiert Passauer Polizeichef
"Viele Grüße vom nationalen Widerstand!" Die Parole wird
Alois Mannichl
kaum noch wahrgenommen haben, als er hilflos vor seinem Haus lag. Ein
mutmaßlicher Neonazi hatte den Polizeichef von Passau zuvor durch
einen
Messerstich lebensgefährlich verletzt. Bayerns Innenminister
spricht
von einer "Eskalation der Gewalt".
Der Chef der Passauer Polizei ist durch die brutale Messer-Attacke
eines mutmaßlichen Neonazis schwer verletzt worden. Nach dem
Attentat
sprach der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Sonntag
von einer neuen Dimension rechter Verbrechen in dem Bundesland.
Polizeidirektor Alois Mannichl war vor seinem Wohnhaus in
Fürstenzell
bei Passau von einem unbekannten glatzköpfigen Mann
niedergestochen
worden.
Der 52 Jahre alte Beamte war in den vergangenen Monaten mehrfach gegen
Rechtsextremisten vorgegangen. Mannichl ist deswegen insbesondere im
Internet von den Rechten scharf kritisiert worden. Trotz einer
Großfahndung in Niederbayern und dem angrenzenden Österreich
konnte der
Täter zunächst nicht gefasst werden. Sollten sich die
bisherigen
Ermittlungsergebnisse bestätigen, sei das "eine Eskalation der
Gewalt",
betonte Innenminister Herrmann.
Mannichl außer Lebensgefahr
Der etwa 1,90 Meter große Mann hatte Mannichl vor der Tür
seines
Reihenhauses in der Dunkelheit aufgelauert, ihn zunächst mit
nationalistischen Parolen beleidigt und ihm dann ein Messer in den
Bauch gerammt. Die elf Zentimeter lange Klinge verfehlte das Herz nur
knapp. "Das ist eine Sache von zwei Zentimetern gewesen", betonte
Herrmann. Nach einer Notoperation ist der Polizeichef außer
Lebensgefahr. Die Ärzte hoffen, dass Mannichl zu Weihnachten
wieder aus
dem Krankenhaus entlassen werden kann. Das Opfer wurde ebenso wie seine
Familie unter Polizeischutz gestellt.
Der Täter sagte nach Mannichls Angaben bei der Tat: "Viele
Grüße vom
nationalen Widerstand. Du linkes Bullenschwein, du trampelst nicht mehr
auf den Gräbern unserer Kameraden herum." Diese Sprüche
könnten sich
auf die Beerdigung des Neonazis Friedhelm Busse am 26. Juli beziehen.
Dabei wurde eine Hakenkreuzfahne auf den Sarg gelegt. Später wurde
das
Grab auf Anweisung der Staatsanwaltschaft geöffnet und die Fahne
sichergestellt. Der Begriff "nationaler Widerstand" ist eine Parole in
der Neonaziszene.
Die Region wird immer wieder von Neonazis heimgesucht
In Passau hatte es in diesem Jahr mehrere Polizeiaktionen gegen die
rechte Szene gegeben. Die Region wird immer wieder von Neonazis
heimgesucht: In diesem Jahr gab es den Behörden zufolge bereits 83
rechtsextremistische Straftaten in dem Bereich. Im vergangenen Jahr
waren es noch 40. Nach Angaben des bayerischen Verfassungsschutzes
veranstaltete die rechtsextremistische NPD in diesem Jahr mehrfach
Versammlungen in Mannichls Heimatort Fürstenzell im Landkreis
Passau.
Besonders aktiv ist die Szene im Landkreis Rottal-Inn. Der
NPD-Kreisverband Passau veröffentlichte am Sonntag auf seiner
Webseite
eine Erklärung, nach der er die Tat verurteilt.
Zuletzt hatte die NPD dem Polizeidirektor vorgeworfen, dass er bei
einer Gedenkveranstaltung während des Volkstrauertages am 16.
November
Mitglieder der extremistischen Partei "belästigt" habe. Konkrete
Hinweise auf eine Gefährdung des Polizeichefs hat es nach Angaben
der
Ermittler aber nicht gegeben.
Ermittlungen wegen versuchten heimtückischen Mordes
Mannichl konnte nach dem Anschlag noch selbst seinen Kollegen Hinweise
auf den Täter geben. Bisher wird nach Polizeiangaben zwar noch in
alle
Richtungen ermittelt, nach den ersten Erkenntnissen wird eine
rechtsextremistische Tat aber als die wahrscheinlichste Version
angesehen. Nach der Tat warf der Mann das Messer in der Nähe weg
und
fuhr mit einem Auto davon. Die Polizei schließt nicht aus, dass
in dem
Wagen ein Komplize wartete.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen versuchten
heimtückischen
Mordes. Die Passauer Kriminalpolizei hat eine 20- köpfige
Sonderkommission zur Aufklärung der Bluttat ins Leben gerufen,
auch das
Bayerische Landeskriminalamt ist in die Ermittlungen eingebunden.
DPA/AP
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stern.de 14.12.08
Attentat auf Polizei-Chef: Erklärter Feind der Neonazis
Sie treffen sich in "Traudls Café". Im niederbayerischen
Fürstenzell
sind Neonazis nicht gern gesehen, aber präsent. Die rechtsextremen
Straftaten nehmen in der Region zu. Nun traf es den Polizei-Chef von
Passau. Alois Mannichl lebt in Fürstenzell und ist eine Hass-Figur
der
Rechten. Alles deutet darauf hin, dass ihm seine Haltung beinahe zum
Verhängnis geworden wäre.
Die Vorfreude auf Weihnachten prägt am frühen Samstagabend
die
Wohnsiedlung am Rande der niederbayerischen Marktgemeinde
Fürstenzell.
Das Grundstück in der Ringstraße, wo der Passauer
Polizeichef Alois
Mannichl wohnt, wird von einem großen Schneemann geziert. In der
eng
bebauten Ringstraße steigt eine Adventsparty. Gegen 17.30 Uhr
läutet es
am Privathaus des Polizeidirektors. Der 52-Jährige geht an die
Tür. Er
hat keine Chance zu reagieren. Ein 1,90 Meter großer,
kräftiger Mann
mit Glatze ruft: "Viele Grüße vom Nationalen Widerstand, du
linkes
Bullenschwein. Du trampelst nicht mehr auf den Gräbern unserer
Kameraden rum." Im selben Moment rammt der Mann dem Polizeichef ein
Messer mit einer elf Zentimeter langen Klinge in die linke Bauchseite.
Der Täter verfehlt nur um zwei Zentimeter das Herz. Der schwer,
aber
nicht lebensgefährlich verletzte Beamte hört ein
Motorengeräusch. Um
17.34 Uhr verständigt seine Frau die Einsatzzentrale, sechs
Minuten
später sind zwei Polizeistreifen vor Ort. Die Spurensicherung
läuft an,
die Beamten finden das Tatmesser im Garten des Opfers. Mannichl ist zu
diesem Zeitpunkt schon im Klinikum notoperiert und außer Gefahr.
Er
steht nun unter Personenschutz, ebenso seine Frau und seine beiden
erwachsenen Kinder.
Zahl rechter Straftaten nimmt deutlich zu
Eigentlich fällt in der ländlichen Marktgemeinde mit ihren
gut 8000
Einwohnern jeder Fremde auf, der nicht bloß durch das
Straßendorf ins
Rottal will. Seit zwei Jahren ist man besonders wachsam - im ganzen
Bereich der Polizeidirektion Passau, wo sich die rechtsextremistischen
Straftaten seit dem vergangenen Jahr schon jetzt auf 83 verdoppelt
haben. Aber die Wachsamkeit ist auch in Fürstenzell stärker
geworden.
In der Universitätsstadt Passau fand sich kein Lokal für
regelmäßige
NPD-Treffen. Also wichen die Neonazis in die Marktgemeinde aus, nicht
selten attackiert von der linken Szene, abgelehnt von den Bürgern.
Im Internet zur "Antiperson" geworden
Die Rechten sitzen in "Traudls Café" beisammen. Gegenüber
haben die
Fürstenzeller ein Schild aufgestellt: "Kein Platz für
Extremismus". All
dies trägt sich zu am Wohnort des Polizeichefs. Mannichl ist
inzwischen
erklärter Feind für die Neonazis. Mannichls oberster Chef,
der
bayerische Innenminister Joachim Herrmann, zeigt sich einen Tag nach
der Gewalttat auf einer Pressekonferenz bestürzt. Der Beamte sei
aus
Sicht der Neonazis in besonderer Weise zum Symbol der aktiven
Polizeiarbeit gegen den Rechtsextremismus geworden. "Er wurde in
unflätiger Weise im Internet angegriffen und ist dort zur starken
Antiperson geworden. Es ist eine völlig neue Dimension, einen
führenden
Polizeibeamten anzugreifen, für sein Agieren gegen Rechtsextreme
zu
bestrafen oder einzuschüchtern."
Mannichl, der seit September 2004 Leiter der Polizeidirektion ist und
von 1994 bis 1997 ihr Vizechef war, ist nach Worten von
Polizeipräsident Hans Junker ein umsichtiger und professioneller
Einsatzleiter. Er sei bekannt für sein geradliniges und
konsequentes
Einschreiten gegen Extremismus von links und von rechts.
Hakenkreuzfahne im offenen Grab
Für die Anspielungen bezüglich der Gräber, die der
Attentäter machte,
gibt es zwei Anlässe. In beiden Fällen war Mannichl
präsent. So beim
Begräbnis von Neonazi Friedhelm Busse in Passau am 26. Juli.
Damals gab
es Ausschreitungen um einen linken Journalisten sowie eine
sichergestellte Hakenkreuzfahne, die NPD-Funktionär Thomas Wulff
in das
offene Grab legte. Am 16. November, dem Volkstrauertag, soll Mannichl
einen NPD-Funktionär - so der Jargon in der rechtsextremen Partei
-
"belästigt" haben. Er habe ihm die Sicht am Soldatenfriedhof
genommen,
beschweren die Rechtsextremisten sich im Internet. Aktuell allerdings
gibt sich dort die Passauer NPD lammfromm und "verurteilt diese feige
Tat aufs Schärfste und wird den Ermittlungsbehörden
behilflich sein,
den Täter ausfindig zu machen".
Kein Einwohner und kein Partygast in Fürstenzell hat am Tatabend
etwas
bemerkt. Möglicherweise waren die Attentäter zu zweit - einer
könnte
mit laufendem Motor in einem Auto gewartet haben, doch auch das fiel
offenbar niemandem auf. Der andere Täter schellte an der
Haustür, um
Mannichl zu töten. So könnte es sich abgespielt haben.
Ausreichend
Belege für einen solchen Tathergang gibt es bisher aber nicht.
Ermittlungen wegen Mordversuchs
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines heimtückischen
Mordversuches. Die Sprüche des Täters und die Vorgeschichte
legen die
Vermutung nahe, dass es ein Täter aus der rechtsextremistischen
Szene
war. Dennoch muss die Staatsanwaltschaft in alle Richtungen ermitteln.
Die Fahnder bildeten noch am Samstagabend eine 20-köpfige
Sonderkommission und überprüften einschlägig bekannte
Rechtsextremisten. Die Suche wurde auf Bayern, Österreich und
Tschechien ausgedehnt, ohne dass der oder die Täter bisher gefasst
werden konnten. Mannichl liegt im Krankenhaus und ist auf dem Weg der
Besserung. Das Weihnachtesfest kann er vielleicht zu Hause feiern.
Vorfreude auf das Fest wird in Fürstenzell nun aber kaum wieder
aufkommen.
Christine Pierach, AP
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GRIECHENLAND
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Tagsanzeiger 15.12.08
Die Athener Jugendunruhen gehen in die zweite Woche
Das griechische Feuer bedroht Europa
Von Christiane Schlötzer
"Macht kaputt, was euch kaputt macht", sang einst die deutsche
Rockgruppe Ton Steine Scherben. Bob Dylan lieferte das Vorbild für
diesen Song, 1970 war das, und damals war Krieg in Vietnam. Griechische
Jugendliche, die jetzt in Athen und Thessaloniki ganze
Strassenzüge
verwüsteten, hinterliessen im Glasbruch eines Schaufensters die
Graffiti-Zeilen: "Die Mode unterjocht das Gewissen" und "Die
Spektakel-Gesellschaft soll brennen". Das hört sich an, als
hiessen die
Gegner der wütenden Jugend Gucci und Prada. Aber in Griechenland
gingen
nicht nur Konsumtempel und Bankfilialen zu Bruch. Aufgeführt wurde
ein
europäisches Drama, das demnächst auch auf anderen
Bühnen spielen
könnte. Denn die griechische Krankheit grassiert auch andernorts,
in
Hellas ist sie nur nicht mehr zu übersehen.
Zu den Ursachen dieses Malaise gehören: ein Staat, der sich nicht
an
die eigenen Gesetze hält; eine Gesellschaft, die Regelverletzungen
aller Art duldet; eine Jugend, die das Vertrauen in einfachste
Gewissheiten des täglichen Lebens verloren hat. Mit der
Nachlässigkeit
gegenüber Recht und Gesetz lässt sich so lange gut leben, wie
viele
davon profitieren. Warum soll man einen Bauantrag stellen, wenn man
sein Haus am Meer auch illegal hochmauern kann? Im Sommer 2007 erlebte
Griechenland die schlimmsten Waldbrände seit mehr als hundert
Jahren.
Die konservative Regierung versagte als Krisenmanagerin total - und
doch wurde sie anschliessend wiedergewählt. Eine Mehrheit der
Griechen
hat sich bislang, wenn auch manchmal mit schlechtem Gewissen, mit den
allgemeinen Zuständen arrangiert.
Das ist vorbei. Denn anders als in Frankreich, wo vor allem arbeitslose
Zuwanderersöhne in den Vorstädten rebellieren, zogen in
Griechenland
die Kinder der besseren Familien Arm in Arm mit gewaltgewohnten Chaoten
durch die weihnachtlich herausgeputzten Strassen, warfen Pflastersteine
und setzten Autos in Brand. Die Jugendlichen haben sich für ihren
Wutausbruch die städtischen Zentren ausgesucht, weil sie sich dort
auskennen. Schliesslich gehören sie selbst zur Mitte der
Gesellschaft,
und auf den Luxusmeilen ordern sie an guten Tagen bei Starbucks ihren
Latte macchiato.
Unbehelligte Brandstifter
Nun werden die Scherben weggekehrt, und dabei fällt auf, mit wie
viel
Nachsicht die Randalierer behandelt werden, sowohl von Publizisten als
auch von Pädagogen - als könnten die Täter nichts
für ihre Taten, und
als spüre die Gesellschaft eine eigene Schuld. Dies lässt
ahnen, wie
tief die Erschütterungen nach dem bislang ungekannten
Gewaltausbruch
gehen, tiefer jedenfalls als die Trauer um den 15-Jährigen, der
vor
einer Woche durch eine Polizeikugel bei einem Dumme-Jungen-Streich
getötet wurde. Der konservative Premier Kostas Karamanlis
wähnt wegen
der Krawalle gar die Demokratie in Gefahr. Das ist zwar
übertrieben.
Wenn es aber eine Bedrohung für die einst in Griechenland
erfundene
Staatsform gibt, dann ist es die seit langem geübte Toleranz von
Politik und Justiz gegenüber dem kleinen und dem ganz grossen
Unrecht.
Wieso sucht und findet denn niemand die Waldbrandstifter von 2007?
Nicht nur die Zündler, die alljährlich im August mit
Gasflaschen
unterwegs sind, um Bäume für Bauland abzubrennen, sondern
auch die
Umweltfrevler, die ihre Autowracks in der Natur abstellen.
Telefonabhörskandale, die nie aufgeklärt werden, verzockte
Sozialversicherungsgelder, unheilige Kirchenmänner, die mit
Grundstücken Monopoly spielen und dann ihre Klöster wie
Konzernzentralen ausstatten, Bürokraten, die Geldgeschenke
für
gewöhnliche Dienstleistungen erwarten, Politiker, die bei
Staatsaufträgen mitkassieren - alles geht, und alle wissen es. Wer
in
dieser Klientel-Demokratie einen öffentlich besoldeten Job sucht,
der
muss die richtigen Politiker kennen, damit die Türen aufgehen. Wer
aber
draussen bleibt, verliert den Glauben an einen halbwegs gerechten Staat.
Die griechischen Zustände könnten ein Menetekel sein für
andere
EU-Staaten, weil sich zumindest in weiten Teilen Süd- und
Osteuropas
ähnliche Verhältnisse und Versäumnisse finden. Das
griechische Feuer
kann erst recht übergreifen, wenn die globale Krise immer mehr
Verlierer hinterlässt.
Die Pfründen sind verteilt
In keinem Land Europas aber ist die Fallhöhe zwischen Anspruch und
Wirklichkeit so gross wie in Griechenland. Die hellenische Antike
prägt
europäisches Denken bis heute, aber den Weitblick eines Perikles
hat
das Bildungssystem schon lange verloren. Zwar wird jungen Griechen in
den Schulen immer noch erzählt, dass sie einer ganz besonderen
Kulturnation angehörten. Doch es gibt einen gewaltigen Unterschied
zwischen Selbstbild und alltäglicher Kümmerlichkeit. In den
Pisa-Studien landen die Schüler im Land von Pythagoras nicht nur
im
Rechnen auf einem der hinteren Ränge. Weil die öffentlichen
Schulen so
schlecht sind, quälen sich alle Schüler nachmittags in
privaten
Paukstudios in japanischem Stil. Nicht jeder hält das aus, aber
jeder
will nach oben.
Griechenland hat in den vergangenen 25 Jahren einen ausserordentlichen
Aufschwung erlebt. Davor war das Land vom übrigen Europa isoliert,
bis
1974 auch sieben Jahre lang durch eine Militärdiktatur.
Anschliessend
wuchs der Wohlstand, seit 1981 auch mit grosszügiger Hilfe aus
Brüssel.
Binnen einer Generation war der Zugewinn an Reichtum so gross wie nie
zuvor. Die Grossväter der rebellierenden Studenten liefen
häufig noch
barfuss auf einer Ägäisinsel in die Schule.
Doch nun sind die Pfründen verteilt, seit einem Vierteljahrhundert
wechseln sich dieselben beiden Grossparteien an der Macht ab und
bedienen die jeweilige Klientel. Jetzt geht der Boom zu Ende, die
ökonomische Entwicklung stockt, und die Jugendarbeitslosigkeit
wächst
mit grosser Geschwindigkeit. Auch an den Universitäten lohnt sich
die
Leistung nicht mehr, weil danach nur noch ein Job in einer Nachtbar
oder als Taxifahrer winkt.
Die griechische Regierung hat auf all die Krisenzeichen bislang
dickfellig, ja geradezu arrogant reagiert. Auch jetzt greift sie wieder
zu den alten Rezepten. Nach den verheerenden Waldbränden zahlte
sie für
die niedergebrannten Dörfer, jetzt verspricht der Premierminister
Geld
für die Geschäftsinhaber, deren Verluste die Versicherungen
schon auf
eine Milliarde Euro beziffern. Das wäre der grösste Schaden
in
Griechenland seit dem Zweiten Weltkrieg. Aber all das Geld wird die
griechische Misere nicht beenden. Und es wird die zornigen jungen Leute
nicht besänftigen.
Nicht radikal, nur verzweifelt
In einem Brief an Politiker, Polizei und alle, die es wissen wollen,
beklagen sich die Mitschüler des getöteten 15-jährigen
Alexandros
Grigoropoulos über eine Gesellschaft, die nur "hinter dem Geld"
her
sei, heuchlerisch und ohne Fantasie. "Helft uns", heisst es in ihrem
Appell. Das klingt nicht sehr radikal, sondern ziemlich verzweifelt.
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Basler Zeitung 15.12.08
Türkisches Lob für die Griechen
Mit Respekt verfolgen viele Türken die Auseinandersetzungen im
Nachbarland
Jan Keetman, Istanbul
In der Türkei werden die Menschenrechte gering geachtet, die
Regierung
nimmt willkürlich handelnde Polizisten in Schutz - anders als
derzeit
in Griechenland.
Während die Griechen nach einer Woche heftiger Jugendunruhen kaum
das
Gefühl haben, in der besten aller möglichen Welten zu leben,
blicken
gegenwärtig viele Türken mit Respekt auf die wenig bekannten
Nachbarn.
"Ich empfinde Achtung für die Griechen, die auf die Strasse gehen,
weil
ein Kind von einer Polizeikugel getötet wurde", schreibt der
türkische
Kolumnist Oral Calislar.
Vergleichbare Fälle
Auch die Reaktion des Staates, so wenig sie viele Griechen selbst
überzeugt hat, wird jenseits der Ägäis gepriesen. Der
Innenminister und
ein Staatssekretär boten sofort nach dem Vorfall ihren
Rücktritt an.
Der Polizist, der den tödlichen Schuss abgab, und sein Begleiter,
befinden sich in Untersuchungshaft. Der Staatspräsident und der
Regierungschef haben sich bei der Familie entschuldigt. Wenn das
gleiche in der Türkei geschehen würde, so gerieten die
verschiedenen
Staatsorgane in einen Wettstreit, um den Polizisten zu entlasten, meint
Oral Calislar.
An vergleichbaren Fällen fehlt es in der Türkei nicht. Allein
in diesem
Jahr wurden 17 Menschen von türkischen Polizisten getötet. Am
1. April
diesen Jahres wurde der zehnjährige Ramazan Dal bei
Auseinandersetzungen mit der Polizei in Van von der Polizei
getötet. Am
9. November erschoss ein Polizist den 14-jährigen Ahmet Yildirim
in
Adana, weil er trotz der Aufforderung, stehen zu bleiben, davonlief.
Dazu kommen Berichte über Schläge und Folter auf
Polizeiwachen und in
Gefängnissen. Der 29-jährige Engin Ceber wurde auf der Wache
und im
Gefängnis tagelang so geschlagen, dass er nicht mehr zu retten
war.
Sein "Verbrechen" bestand darin, dass er eine legale linke Zeitschrift
verteilt hatte. Das Thema auf der Titelseite der Zeitschrift war der
Fall des 17-jährigen Ferhat Gercek, der ein Jahr zuvor beim
Verteilen
der gleichen Zeitschrift im gleichen Istanbuler Stadtviertel von einem
Polizisten angeschossen worden war. Ferhat Gercek ist seither
querschnittsgelähmt. Der Polizist, der auf ihn geschossen hatte,
blieb
im Dienst.
Mundtot gemacht
Immerhin hat sich der türkische Justizminister Mehmet Ali Sahin
bei den
Angehörigen von Engin Ceber entschuldigt, was ein Novum in der
türkischen Politik ist. Gegen mehrere Polizisten und
Gefängniswärter
wird ermittelt. Gleichzeitig wurden aber weitere Presseberichte
über
das Verfahren von einem Gericht untersagt. So leicht lässt sich
die
kritische Öffentlichkeit mundtot machen. schlimmes jahr. Nach der
Statistik des türkischen Menschenrechtsvereins war 2008 das
schlimmste
Jahr für die Menschenrechte in der Türkei seit zehn Jahren.
Der
Koordinator für Menschenrechtsfragen im Amt des
Ministerpräsidenten,
Hasan Tahsin Fendoglu, gibt einige Menschenrechtsverletzungen zu,
bestreitet aber, dass sie schlimmer würden. Ausserdem habe die
Regierung ein schwieriges Jahr gehabt: "Wir haben uns fünf, sechs
Monate um das Verbotsverfahren gegen die Regierungspartei
gekümmert,
wir haben uns um eine Lösung der Kopftuchfrage gekümmert, und
jetzt
befinden wir uns vor Kommunalwahlen."
Der stellvertretende Ministerpräsident und Ex-Justizminister Cemil
Cicek sagte einem Vertreter der Menschenrechtsorganisation Human Rights
Watch, man müsse die Polizisten verstehen, schliesslich
stünden sie im
Kampf gegen die kurdische PKK-Guerilla. Premierminister Recep Tayyip
Erdogan äusserte Verständnis für Bürger, die
bewaffnet kurdische
Demonstranten durch das belebte Istanbuler Altstadtviertel Beyoglu
jagten.
Oral Calislar schliesst seinen Artikel mit der Bemerkung, dass
Griechenland eigentlich nicht weit weg sei. "Sie sind unsere Nachbarn."
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Polizei verteilt Blumen
Athen. Nach einer weiteren Nacht mit Ausschreitungen rund um die
Technische Universität ist am Sonntag in Athen wieder Ruhe
eingekehrt.
Bis in die frühen Morgenstunden hatten Randalierer im Stadtviertel
Exachria, das als Hochburg von "Autonomen" gilt, mit Brandflaschen und
Feuerwerkskörpern um sich geworfen. Dagegen protestierten rund
1000
meist junge Leute friedlich gegen den Tod des 15-jährigen
Alexandros
Grigoropoulos vor einer Woche. Im Stadtteil Kypseli versuchten
Polizisten, das gestörte Verhältnis zu den Bürgern
wiederherzustellen.
Sie verteilen auf der Strasse Blumen an Passanten, wie das Fernsehen
berichtete. Am Sonntag veröffentlichte Umfragen zeigten, dass die
Regierungspartei Nea Dimokratia von Premier Kostas Karamanlis bei
Wahlen eine schwere Niederlage hinnehmen müsste. DPA
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VERSAMMLUNGSGESETZ BA-WÜ
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Radio Dreyeckland (Freiburg i.B.) 15.12.08
13.12.2008 - Demonstration in Freiburg mit 2500 TeilnehmerInnen gegen
das geplante neue Versammlungsgesetz in Baden-Württemberg -
Gespräch
mit zwei Teilnehmern
Am 13.12.2008 fand in Freiburg eine unangemeldete Demonstration mit
~2500 TeilnehmerInnen gegen das geplante neue Versammlungsgesetz in
Ba-Wü. statt. Hier ein Studiogespräch mit zwei Teilnehmern im
Anschluss
an die Demo.
Thema:
1. Bericht von der Demo
2. Allgemeinverfügung der Stadt Freiburg. In dieser hatte die
Stadt am
11.12 Versammlungen am 13.12 in gesamten Innenstadt verboten.
ANMOD (Vorschlag):
Am 13.12.2008 fand in Freiburg eine unangemeldete Demonstration mit
~2500 TeilnehmerInnen gegen das geplante neue Versammlungsgesetz in
Ba-Wü. statt. Hier ein Studiogespräch von Radio Dreyeckland
mit zwei
Teilnehmern im Anschluss an die Demo.
Beitrag
http://www.freie-radios.net/mp3/20081215-13122008-25458.mp3
Abmod (Vorschlag):
Soweit das Studiogespräch von Radio Dreyeckland mit zwei
Teilnehmern
der Demonstration gegen das geplante neue Versammlungsgesetz am 13.
Dezember in Freiburg. An der Demonstration beteiligten sich nach
Angaben der Polizei, der VeranstalterInnen, wie auch des SWR bis zu
2500 TeilnehmerInnen.
In dem Gespräch wurde noch über mögliche Probleme am
Abend nach der
Demonstration gemutmaßt. Abgesehen von einigen Personenkontrollen
von
Abreisenden Demonstrierenden, blieb es jedoch nach der Demo ruhig.