MEDIENSPIEGEL 20.12.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Sans-Papiers ZH besetzen Predigerkirche
- Vatikan-Präventionstheologie
- IG Profisport gegen Sportgewalt
- Amok-Sänger vor Gericht in GL
- Nazi-Opfer Mannichl aus dem Spital entlassen
- UNO: Entkriminalisierung Homosexuelle
- Knastspaziergang 21.12.08
- Griechenland: soziale Revolte
- Neuer Energieriese Alpiq
- Stadtratssitzung 13.+20.11.08: Drogenanlaufstelle-Kosten, Kleinplakate, Rotes WC-Häuschen, Demobündnis 1. Mai, Antifaabendspaziergang, RTS 2008

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REITSCHULE
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Dez 08: Beteiligt Euch an der Vorplatz-Präsenz!!!

PROGRAMM:

Sa 20.12.08
19.30 Uhr - Kino - Leningrad Cowboys Go America, Aki Kaurismäki, SF/S 1989
21.30 Uhr - Kino - Leningrad Cowboys Meet Moses, Aki Kaurismäki, SF/D/F 1994
23.00 Uhr - Frauenraum - Eisschmelze Vol. 2 mit SCANDAL! (ZH), DJ`s Anne Air, Eli Verveine und Nat und DJ ELfERich (BE). Visuals: Die Taucherin (LU)
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: Ed Rush (Virus Rec/UK), Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Rec/CH), Silent Extent (Close to Death Rec/CH), Kenobi (drumandbass.ch)

So 21.12.08
19.00 Uhr - Tojo - Öffentliche Probe: Missing Pieces von Nachtregentrommler. Regie: Christian Valerius.

Infos: www.reitschule.ch

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Blick am Abend 19.12.08

Zurück unters Dach

DRUM'N'BASS

Er gilt als Papst der Drum'n'Bass-Szene. Ed Rush hat weltweit viele Fans, und seine Anhänger pilgern gerne zu seinen Gigs.

Mitte der Neunziger-Jahre: Eurodance-Acts wie Dr. Alban und Rednex beherrschen die Hitparaden und Clubs auf dem Lande. Düsteres aber wabert in den britischen Underground-Clubs. In hektisch flackerndes Stroboskop-Licht getaucht, zucken Tanzende zu irrwitzig schnellen Bässen. Nächtelang. Oftmals unter Zuhilfenahme illegaler Substanzen.

Was war da los? Drum'n'Bass heisst das Zauberwort. Von England aus eroberte der Musikstil die urbanen Zentren des Kontinents im Sturm.

Treue Anhänger

Zu den Anführern der Bewegung gehörten Ben Settle alias Ed Rush und Matt Quinn alias Optical. Gemeinsam produzierten sie 1996 das Album Torque, welches mit Technology und Mothership zwei Songs enthält, die bei Drum'n'Bass-Fans noch heute hoch im Kurs stehen. Mit diesem Album machte sich Ed Rush zur Ikone des Drum'n'Bass. Mit den folgenden Veröffentlichungen bei bekannten Labels wie Metalheadz und Prototype festigte er seinen exzellenten Ruf.

Mittlerweile ist der Drum'n'Bass zwar längst wieder an den Rand des Interesses gerückt und musste die zentrale Position House, Minimal und Elektro überlassen, doch er verfügt noch immer über eine treue Anhängerschaft. Und so erhält Ed Rush auch heute noch weltweit Bookings. Sein Gig im Dachstock der Reitschule morgen Abend dürfte für ihn etwas ganz Besonderes sein: Seine ersten Gehversuche als Produzent hat er nämlich seinerzeit ebenfalls in einem Dachstock unternommen - und zwar ganz bescheiden bei sich zu Hause im heimatlichen London.

Alex Flach


Partyfacts

Dachstock Darkside

Wo: Reitschule Dachstock Neubrückstrasse 8 3001 Bern.

Wann: Samstag, 20. Dezember, 23 Uhr.

Sound: Drum'n'Bass.

Lineup: Ed Rush (GB), Deejaymf, VCA, Silent Extent, Kenobi.

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SANS PAPIERS
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Indymedia 19.12.08

Sans-Papier besetzen die Predigerkirche in Zürich ::

AutorIn : Bleiberecht für Alle - www.bleiberecht.ch
        
Heute Freitag, 19.12.2008 haben rund 150 Sans-Papiers und Schweizer AktivistInnen die Predigerkirche in Zürich besetzt. Es ist auf den Tag genau ein Jahr her, seit die Grossmünster-Kirche symbolisch besetzt wurde, um gegen die Verschärfungen im Asyl- und Ausländerrecht zu protestieren. Ein Jahr danach stellen wir ernüchtert fest, dass das Migrationsamt Zürich weiterhin an seiner unmenschlichen und irrationalen Migrationspolitik festhält.     
    
Da wir nicht länger bereit sind diese Haltung seitens der Behörden und der Zürcher Regierung stillschweigend zu akzeptieren, haben wir Sans-Papiers und Schweizer AktivistInnen uns entschlossen, mit der Besetzung der Predigerkirche auf unsere unerträgliche Situation aufmerksam zu machen und auf unsere Rechte zu pochen. In allen anderen Kantonen hätte der Grossteil von uns längst ein Bleiberecht erhalten!

Anscheinend gilt für den Kanton Zürich das Schweizer Recht aber nicht. Oder wie kommt es, dass der Kanton Zürich unterdessen der einzige Kanton ist, wo keine Härtefallgesuche behandelt werden? Wie kommt es, dass eine Behörde uns zwingt, strafbare Handlungen zu begehen und uns so zu Kriminellen stigmatisiert? Zum Beispiel müssen viele von uns Sans-Papiers, welche in den Notunterkünften leben, wöchentlich einmal auf dem Migrationsamt erscheinen, wo wir eine neue Unterkunft zugeteilt bekommen. Die Nothilfe wird jedoch in Form von Migros-Gutscheinen ausbezahlt und uns bleibt nichts anderes übrig, als schwarz zu fahren!

Die Härtefallregelung wäre ein probates Mittel an diesen Missständen etwas zu ändern, wovon letztendlich Alle profitieren würden. Die Gesellschaft, weil dadurch Menschen, welche seit Jahren hier leben, sich endlich nachhaltig integrieren und arbeiten könnten. Die Arbeitgeber, weil sie uns nicht mehr illegal beschäftigen müssten. Wir, weil wir nach jahrelanger Flucht und auf der Suche nach Schutz und einem menschenwürdigen Leben, endlich die Sicherheit hätten, die wir zum Leben benötigen.

Wir, die 6-Campers, 7-Day'lers und das Zürcher Bleiberecht-Kollektiv haben uns deshalb entschlossen, für unsere Rechte zu kämpfen. Wir lassen uns nicht mehr länger so behandeln und zu den "schwarzen Schafen" dieser Gesellschaft machen. Auch wir sind Menschen, auch wir haben Rechte. Wir haben genug und es reicht. Die Zeit ist gekommen aufzustehen und sich zu wehren. Wir sind hier und wir bleiben hier.

Wir wollen mit der Kirchenbesetzung auf folgende Forderungen aufmerksam machen:

- Humane und unbürokratische Umsetzung der gesetzlich verankerten Härtefallregelung!
- Papiere für alle! - Schluss mit der Kriminalisierung und Inhaftierung von Sans-Papiers!
- Aufhebung des Arbeitsverbotes - Arbeit statt Nothilfe!

JETZT BRAUCHEN WIR EURE SOLIDARITÄT! KOMMT ALLE ZUR PREDIGERKIRCHE UND KÄMPFT MIT UNS.

EINIGE SCHLAFPLÄTZE IN DER KIRCHE SIND NOCH VORHANDEN...     

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Radio RaBe 19.12.08

In Zürich besetzt das Blieberecht-Kollektiv die Prediger-Kirche
rtsp://212.103.67.35:554/20081219.rm?start=18:10:45&cloakport=8080,554,7070

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20min.ch 19.12.08

Sans-Papiers

Zürcher Prediger-Kirche besetzt

150 Sans-Papiers und Aktivisten haben nach eigenen Angaben die Prediger-Kirche besetzt. Sie wollen gegen die Verschärfung im Asyl- und Ausländerrecht protestieren.

Im Moment verhandeln die Besetzer mit dem Präsidenten der Kirchgemeinde. Polizei sei noch keine vor Ort, wie ein Sprecher der Aktivisten auf Anfrage von 20 Minuten Online erklärte. Es sei aber klar, dass sie bleiben, "bis die Forderungen erfüllt sind".

Sie fordern die Anwendung der gesetzlich vorgesehenen Härtefallregelung, Papiere für alle und die Aufhebung des Arbeitsverbotes für Menschen ohne Papiere. Damit wäre dann auch die Ausrichtung von Nothilfe nicht mehr nötig.

Die Kritik richtet sich vor allem gegen den Kanton Zürich, da hier keine Härtefallgesuche behandelt würden. Sie wehren sich dagegen, dass die Nothilfe in Form von Migros-Gutscheinen ausbezahlt wird, schreiben die Besetzer in ihrem Communiqué.

Den Kirchenbetrieb nicht stören

Der zuständige Kirchenpflegepräsident, Daniel Lienhard, zeigte auf Anfrage Verständnis dafür, dass die Besetzerinnen und Besetzer die Aufmerksamkeit der Medien suchten. Sie hätten zugesichert, den Kirchenbetrieb nicht stören zu wollen.

Auch die Pfarrerin zu Predigern störe es nicht, wenn etwa beim Weihnachtsgottesdienst die Sans-Papiers anwesend und Transparente aufgehängt seien, sagte Lienhard.

Etwas beunruhigt ist er allerdings darüber, dass die Besetzung eine "open end"-Aktion sei soll. Vor allem, dass die Leute so lange bleiben wollten, bis vom Kanton Bescheid komme, mache ihm Sorgen. Denn "die kantonale Verwaltung hat jetzt zwei Wochen Ferien".

"Wir sind eine offene Kirche, aber eine Kirche mit Öffnungszeiten", gab Lienhard zu bedenken. Eigentlich toleriere man Übernachtungen nicht.

Gespräche aufgenommen

Man wolle aber auch nicht "die harte Tour". Kirchenvertreter haben deshalb das Gespräch mit den Besetzern aufgenommen. Und es zeichne sich eine Option ab: Die reformierte Kirche verfüge nämlich über ein Haus ganz in der Nähe, das über die Ferienzeit nicht genutzt werde.

Hier könnten die Besetzer jeweils die Nacht verbringen und dann tagsüber in der Kirche sein. Das Angebot werde nun von den Besetzern diskutiert.

(whr/sda)

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VATIKAN-NEWS
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Zweierleier/Zytlupe vom Sa, 20.12.2008, 13.00 Uhr

Präventionstheologie

Es weihnachtet sehr! Landauf landab glänzen die Weihnachtsbäume, erklingen Weihnachtslieder und floriert das Weihnachtsgeschäft. Ausnahmsweise winkt sogar die Aussicht auf weisse Weihnachten. Ideale Voraussetzungen also für die Kirche, das von ihr ins Leben gerufene Fest der Liebe mitzufeiern. Doch aus Rom, genauer gesagt aus New York, vom Repräsentanten des Vatikans bei der UNO kommen ganz andere Töne. Ferruccio Cainero hat Erzbischof Celestino Migliore sehr genau zugehört und bietet dem Monsignore in einer "Zytlupe" Paroli, die eines mit Sicherheit nicht ist: besinnlich.
rtsp://audio.drs.ch/drs1/satire/081219_zytlupe_praeventionstheologie.MP3

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IG PROFISPORT
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be.ch 19.12.08

Medienmitteilung des Kantons Bern

Vertreter der "IG Profisport" Kanton Bern bei Regierungsrat Käser: Jede Form von Gewalt wird verurteilt (19.12.2008)

Die Geschäftsführer der vier grossen Profivereine im Eishockey und im Fussball im Kanton Bern verurteilen mit Regierungsrat Hans-Jürg Käser einhellig jede Form von Gewalt vor, während und nach den Spielen. An einer gemeinsamen Aussprache im Beisein des Polizeikommandanten ist zum Ausdruck gekommen, dass die Gewaltbereiten gezielt aus der Anonymität geholt und ins Recht gefasst werden sollen.

Auf Intitiative von Marc Lüthi (SC Bern) und Regierungsrat Hans-Jürg Käser, Polizei- und Militärdirektor des Kantons Bern, haben die Geschäftsführer der IG Profisport Kanton Bern (SCB, EHC Biel, SCL Tigers, YB) die Problematik des Hooliganismus, der Ultra-Szene, der in den letzten Monaten festgestellten zunehmenden Gewaltbereitschaft und die sich daraus ergebenden Konsequenzen diskutiert. Das Gespräch hat im Beisein des Polizeikommandanten Dr. Stefan Blättler stattgefunden. Dabei ist einhellig zum Ausdruck gekommen, dass in enger Zusammenarbeit alles unternommen werden muss, um den friedlichen Rahmen des Sports zu gewährleisten. Alle am Gespräch Beteiligten verurteilen jede Form von Gewalt vor, während und nach den Spielen. Die Sicherheitsdispositive sind nach den Vorkommnissen der letzten Wochen überall überprüft worden. Ausdrücklich begrüsst wird die Strategie der Kantonspolizei Bern, nicht nur präventiv und repressiv im Umfeld der Stadien tätig zu sein, sondern noch gezielter gegen Gewaltbereite vorzugehen. Sie sollen aus der Anonymität geholt und ins Recht gefasst werden. Schliesslich ist vereinbart worden, dass weitere derartige Aussprachen auch künftig bei Bedarf stattfinden werden.

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NEONAZIS CH
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Tagesanzeiger 20.12.08

Rechtsextremer angeklagt

Schanz Petra

Der Hombrechtiker Sänger der Neonazi-Band Amok wurde wegen einer Schlägerei vor dem Kantonsgericht Glarus angeklagt.

Hombrechtikon. - Die rechtsradikale Musikgruppe Amok hatte schon im September Schlagzeilen gemacht. Sie hatte in einem Lied dem Luzerner Politiker und Journalisten Hans Stutz mit dem Tod gedroht und konnten überführt werden (TA vom 26. 9.). Der Sänger der Band ist Hombrechtiker.

Ein paar Monate zuvor waren zwei Bandmitglieder dabei, als in Glarus Rechtsextreme eine Demonstration von Jungsozialisten angriffen. Bei der Schlägerei gab es Verletzte, darunter auch Zivilpolizisten. Vergangenen Mittwoch standen die Schläger vor dem Glarner Kantonsgericht, wie die "Zürichsee-Zeitung" berichtet. Der Sänger behauptete, er sei "rein zufällig" in die Gruppe der Neonazis geraten. Der zweite Angeklagte - er ist der Schlagzeuger der Band und stammt aus dem Zürcher Oberland - gab zu, dass er gezielt an die Demonstration gegangen sei. Bei einer Hausdurchsuchung fand die Polizei bei ihm Hakenkreuzfahnen.

Der Staatsanwalt war der Meinung, dass die geplante Zusammenrottung und die Gewalt gegenüber den Demonstranten den Tatbestand des Landfriedensbruchs erfülle. Er forderte zwölf Wochen Freiheitsstrafe bedingt und 1000 Franken Busse. Der Verteidiger bestritt, dass seine Mandanten jemanden angegriffen oder verletzt oder an einer geplanten Aktion teilgenommen hätten. Er forderte 42 Tagessätze à 40 Franken, bedingt auf zwei Jahre. Das Urteil soll im Januar vorliegen. Die anderen 13 beteiligten Rechtsextremen haben eine Verurteilung per Strafmandat akzeptiert. Sie sind zu einer Busse sowie einer Geldstrafe von rund 150 bis 180 Tagessätzen verurteilt worden. (ps)

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NEONAZIS BRD
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Landbote 20.12.08

Polizeichef: "Nicht einschüchtern lassen"

Der Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl hat gestern bei seiner Entlassung aus dem Spital zu Zivilcourage gegen Neonazis aufgerufen.

Passau - Sechs Tage nach dem Mordanschlag sagte der 52-jährige Mannichl, es sei wichtig, zu zeigen, "dass wir uns von diesen Rechtsextremisten nicht einschüchtern lassen". Mannichl war heute vor einer Woche vor seinem Wohnhaus im Passauer Vorort Fürstenzell vermutlich von einem Neonazi niedergestochen worden.

An der Hand seiner Frau und gestützt von einem Polizisten verliess er gestern das Klinikum Passau und dankte mit schwacher Stimme für den Zuspruch aus der ganzen Republik, den er nach dem "feigen Anschlag" erhalten habe. Das habe ihn bestärkt: "Wir dürfen uns von Einzelnen nicht in Angst und Schrecken versetzen lassen." Er gehe weiter aufrecht durchs Leben und werde im Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht nachlassen. Ohne seine Familie hätte er die letzten Tage nicht durchgestanden, fügte er unter Tränen hinzu.

Täter mit Tattoo

Wegen versuchten Mordes fahndet die Polizei nach einem glatzköpfigen, 1,90 Meter grossen Mann mit Tätowierung oder Muttermal am Hals. Die Ermittler veröffentlichten gestern die Zeichnung eines grossen grünen Schlangen-Tattoos hinter dem Ohr eines glatzköpfigen Mannes, der am vergangenen Samstag in Füstenzell gesehen wurde. Ob er mit dem Täter identisch ist, ist offen. Ausserdem wurde eine weitere Person mit einem grossen Kreuz-Tattoo auf der Wange gesucht, die ebenfalls in Fürstenzell gesehen wurde.

Unter dem Verdacht der Beihilfe zum Mordversuch wurde bereits ein Ehepaar verhaftet, das der Neonazi-Gruppe Freie Nationalisten in München zugerechnet wird. Die 22-jährige Sabrina H. und ihr 33-jähriger Mann Manuel sollen am letzten Samstag in Fürstenzell mit einem Mann, auf den die Täterbeschreibung passt, gesprochen haben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel rief dazu auf, "den Rechtsextremismus überall da zu bekämpfen, wo er sich im öffentlichen Raum zeigt". Der "Passauer Neuen Presse" sagte sie: "Wenn hier ein Vertreter unseres Staates, aber auch wenn andere Menschen durch Rechtsextreme angegriffen werden, dann ist das ein Angriff auf uns alle." Bund und Länder müssten rechtsextremistische Strukturen entschieden bekämpfen, aber die gesamte Gesellschaft müsse ihnen mit Zivilcourage entgegentreten.

Innenminister Wolfgang Schäuble sagte, ein neuer NPD-Verbotsantrag würde gestellt, wenn der Erfolg sicher wäre. Derzeit sehe er aber keine Chance beim Verfassungsgericht. (ap)

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HOMOPHOBIE
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Tribune de Génve 20.12.08

La dépénalisation de l'homosexualité divise l'ONU

HISTORIQUEUn tiers des pays du monde se sont prononcés en faveur de la dépénalisation universelle de l'homosexualité. Un autre tiers s'y oppose.

Soixante-six Etats ont lancé jeudi à New York un appel historique à la dépénalisation de l'homosexualité. Invoquant l'universalité des droits de l'homme, les 66 signataires invitent les 126 autres membres des Nations Unies à mettre un terme aux violations des droits de la personne sur la base de l'orientation sexuelle. Mais cette initiative, signée par l'ensemble de l'Union européenne, le Brésil, Israël et le Japon notamment, est loin de faire l'unanimité.

La peine de mort

Cette déclaration politique, conçue par la France et les Pays-Bas et présentée dans le cadre de la 63e Assemblée générale de l'ONU, réaffirme "le principe de non-discrimination" quelles que soient "l'orientation sexuelle et l'identité de genre". Elle dénonce tout particulièrement "le recours à la peine de mort sur ce fondement, les exécutions extrajudiciaires, sommaires ou arbitraires, la pratique de la torture et autres traitements cruels, inhumains" infligés aux homosexuels.

"En ce XXIe siècle, comment accepter que des personnes soient pourchassées, emprisonnées, torturées et exécutées en raison de leur orientation sexuelle?" a lancé Rama Yade, secrétaire d'Etat française aux Droits de l'homme, à l'issue de la lecture de l'appel. "Les bûchers de l'intolérance sont partout et de toujours", a ajouté Rama Yade, l'une des initiatrices de ce texte. Effectivement, l'homosexualité est encore illégale et donc pénalisée dans 77 pays. Quant aux gays et lesbiennes d'Arabie saoudite, des Emirats arabes unis, d'Iran, de Mauritanie, du Nigeria, du Soudan ou encore du Yémen, ils encourent tout simplement la peine de mort.

Le Vatican et les pays arabes contre-attaquent

Face à l'appel des "66", les pays de l'Organisation de la conférence islamique - soutenus par le Vatican - ont fait signer à 60 Etats un contre-texte qui continue à confondre homosexualité et pédophilie. Par ailleurs, aux yeux du Saint-Siège, la condamnation des discriminations et des préjugés sur les homosexuels risque de favoriser le mariage gay, l'adoption par des couples du même sexe ou la procréation assistée pour les homos.

D'autres pays, comme les Etats-Unis, la Chine et la Russie, ont préféré ne pas entrer dans le débat en refusant de signer les deux déclarations.

Yannick Van der Schueren

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KNASTSPAZIERGANG
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Indymedia 19.12.08

21. dezember aktionstag und knastspaziergang ::

AutorIn : abas les prisons         

anlässlich des vom 19.-22.12.08 in wien stattfindenden 7. internationalen symposiums gegen isolation rufen wir für den 21.12.08 zu einem aktionstag auf
- gegen den gefängnis-industriellen komplex
- und in solidarität mit den kämpfenden gefangenen weltweit.
    
    
am sonntag dem 21.12. werden wir in regensdorf/zh ein knastspaziergang zum grössten schweizer knast "pöschwies" durchführen (mit dem zug 14.00 ab hb zürich, s6 richtung baden - 14.20 bahnhof regensdorf).

dort sitzt neben einigen hundert knackis auch unser genosse marco camenisch, der sich vom 1. bis 22.12. im hungerstreik befindet. ( http://ch.indymedia.org/de/2008/12/65055.shtml)

die situation in "pöschwies" ist geprägt von einem rigiden sparprogramm und der ständigen überbelegung. üble schikanen ihm rahmen eines irritierenden disziplinierungsregimes sind an der tagesordnung.

in den letzen monaten wurden vermehrt happige arreststrafen - so wurde ein häftling 27 tage isoliert, dann in einen anderen knast verlegt - und empfindliche geldbussen verteilt. dies, weil einige häftlinge lange unterhosen unter kurzen sporthosen trugen, um sich beim sport gegen nässe und kälte zu schützen. diese seit den 1990er jahren gängige praxis wurde von heute auf morgen ohne ersichtlichen grund verboten, den knackis zudem die üblichen beschwerdemöglichkeiten verwehrt.

in der selben zeit stand in zürich ein häftling vor gericht, weil er letztes jahr seinen zellengenossen erschlagen hatte - in einer doppelbelegten einerzelle. beide hatten offen streit, beide verlangten deshalb ihre verlegung. die schliesser ignorierten den wunsch. die staatsanwaltschaft stellte die strafuntersuchung gegen die knastangestellten ein.

dieses jahr gab es wieder einen toten in einer doppelbelegten einerzelle. ein knacki vergewaltigte und erwürgte seinen zellengenossen, der kurz vor seiner entlassung stand. wiederum zwei, die besser nicht hätten zusammengelegt werden sollen. die knastleitung wurde vorsorglich von einer strafuntersuchung ausgenommen.

im jahresbericht 07 schrieb ein knastangestellter, dass "das thema sterben im strafvollzug nicht einfach aufhört, sondern uns weiter beschäftigen wird". nicht etwa die einkalkulierten kollateralschäden der doppelbelegung waren damit gemeint. sondern all die alten häftlinge, die man nicht mehr lebend rauslassen will. ein menschenleben ist im knast nichts wert - allenfalls noch als billigstarbeitskraft. die knastleitung und ihre schliesser sind ihrer sache sicher. ein toter knacki ist für diese menschenverwalter bloss ein knastplatz, der frei wird.

der aktionstag soll nicht nur an die totgeschwiegene realität der hiesigen knäste, flüchtlingsbunkern und psychiatrien erinnern. auch wollen wir an die weltweite kämpfe von gefangenen anknüpfen und unsere solidarität ausdrücken mit jenen, die derzeit für ihre politische überzeugung und revolutionäre praxis vor gericht stehen, wie z.b. die angeklagten im mailänder pc/pm-verfahren oder im berliner mg-prozess. solidarität ist eine waffe!


im folgenden eine (sehr unvollständige) auswahl derzeit anstehender knastkämfpe und soli-kampagnen:

- seit mitte november befinden sich in chile und in argentinien mehrere gefangene anarchist/innen und ehemalige militante des FPMR, MJL und MIR im hunger- und z.t. durststreik. ( http://presospoliticosexpropiadores.entodaspartes.net)

- ab dem 1.12. befinden sich die "ergastolani" ("zuchthäusler") in italien, und mit ihnen solidarische gefangene aus ganz europa, im hungerstreik gegen das italienische system der lebenslänglichen strafe. im gegensatz zur üblichen praxis in den meisten europäischen länder ist die lebenslänglich strafe in italien tatsächlich unbefristet. vor einem jahr haben die knackis mit ihrer kampagne begonnen und auf ihre lage aufmerksam gemacht mit der forderung, man solle doch anstelle des langsamen todes der lebensänglichen strafe lieber wieder die todesstrafe einführen. (infos:  http://www.informa-azione.infohttp://www.autprol.org)

- in der woche vom 6. zum 13.12. findet eine internationale aktionswoche in solidarität mit dem afroamerikanischen journalisten und ex-black panther mumia abu-jamal statt. seit 1981 wird er beschuldigt, einen bullen getötet zu haben. und seither kämpft er für die wiederaufnahme seines verfahrens und einen fairen prozess, was man ihm bisher verweigert hat. mumia ist akut von der exekution bedroht. (infos:  http://www.das-mumia-hoerbuch.de)

- am 11.12. findet um 19.00 im volkshaus zürich eine informationsveranstaltung statt zur aktuellen repression gegen den kommunistischen widerstand in deutschland (verfahren gegen dhkp/c in stuttgart-stammheim, mg-verfahren in berlin), in italien (prozess gegen militante des pc-pm in mailand) und im spanischen staat (seit dem 17.11. befinden sich gefangene der pce/r und der grapo im hungerstreik). (infos:  http://www.rhi-sri.org)

- am 13.12. findet ein internationaler aktionstag in solidarität mit den angeklagten im berliner mg-prozess statt. den angeklagten wird u.a. vorgeworfen, sie hätten im rahmen einer aktion gegen die deutsche kriegsbeteiligung in afghanistan armeefahrzeuge anzünden wollen. (infos:  http://www.einstellung.so36.net)

- wie eingangs erwähnt, findet in wien vom 19. bis 22.12. das 7. internationale symposium gegen isolation statt, an dem vertreter/innen verschiedener linker und antiimperialistischer bewegungen teilnehmen und über die situation der politischen gefangenen weltweit berichten. (infos:  http://www.ipai-isolation.info)

- vor einigen tagen haben in griechenland einige tausend gefangene einen hungerstreik zu ende geführt, mit dem sie gegen die miserablen haftbedingungen protestierten. aufgrund ihres erfolgreichen kampfes sollen nun gegen 6'000 gefangene freigelassen werden.

- zum schluss sei an die mittlerweile über 750 baskischen politischen gefangenen erinnert, die für ihren kampf für ein unabhängiges und sozialistisches baskenland systematischer folter ausgesetzt waren/sind und in mehr als 80 spanischen und französischen knästen verteilt sitzen. auch die irischen gefangenen dürfen nicht vergessen werden, die gegen die britische besetzung nordirlands kämpfen. trotz angeblichem "friedensprozess" und regierungsbeteiligung der provisional sinn féin im norden sitzen immer an die 50 republikanische gefangene in irischen und britischen knästen, unter teilweise erbärmlichen bedingungen.

es brodelt in vielen knästen, auch wenn das selten nach draussen dringt. die hiesigen medien berichten nur dann darüber, wenn es sich nicht vermeiden lässt. oder wenn irgendeine partei wieder mal die verschärfung des knastregimes fordert oder gegen gefangene hetzt.

wir laden euch zur teilnahme am aktionstag ein. kommt an den knastspaziergang oder lasst euch was einfallen.

für eine gesellschaft ohne knäste!
solidarische grüsse,
freund/innen und unterstützer/innen von marco camenisch, 5.12.08


weitere infos:
 http://ch.indymedia.org/de/2008/12/65145.shtml (zum knastspaziergang)
 http://ch.indymedia.org/de/2008/12/65055.shtml (marcos hs-erklärung)
 http://ch.indymedia.org/de/2008/11/64429.shtml (situation in pöschwies)

seit kurzem wird für den 20.12. zu einem internationalen aktionstag in solidarität mit dem aufstand in griechenland aufgerufen:
 http://ch.indymedia.org/de/2008/12/65484.shtml (fr)
 http://ch.indymedia.org/de/2008/12/65487.shtml (it)
 http://ch.indymedia.org/de/2008/12/65380.shtml (d)

solidarität ist unsere waffe, verbinden wir die kämpfe weltweit!

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GRIECHENLAND
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Basler Zeitung 20.12.08

Die Jugend in Athen traut weder der Regierung noch der Opposition - die Proteste gehen weiter

Viele Griechen sehen die Krawalle als soziale Revolte

Jan Keetman, Istanbul

Nach derartigen tagelangen Strassenschlachten würde wohl überall sonst der Ruf nach dem starken Staat, mit anderen Worten nach Abbau von Grundrechten, die Tagesordnung prägen. Inzwischen haben vermummte Jugendliche das Französische Institut in Athen mit Brandsätzen angegriffen. Am Freitagnachmittag fand ein Open-Air-Konzert als Zeichen der Solidarität mit den Forderungen der griechischen Jugend statt. Nach einer Umfrage der konservativen Zeitung "I Kathimerini" sehen jedoch 60 Prozent der Griechen diese Ausschreitungen nicht einfach als "Krawall", sondern als soziale Revolte. Mehr Angst als vor den Bränden im Zentrum der Hauptstadt Athen haben viele Griechen noch immer vor einem starken Staat.

Man könnte sagen, dass dieser Staat auch nicht in der Lage oder willens war, die Brandstifter zu finden, die im Sommer 2007 für drei Dutzend Tote und neues Bauland gesorgt haben. Im Grossen wie im Kleinen werden beide Augen zugedrückt. Jeder kritisiert das, und die meisten machen mit. Die zwei Millionen Schwarzbauten gehören schliesslich nicht alleine der Edelfäule des Establishments.  gegen polizeistaat. Doch steht das alles auf dem gleichen Blatt? Schauen wir uns ein Beispiel um die Ecke an. Das hochgradig erdbebengefährdete Istanbul besteht zu 40 Prozent aus Schwarzbauten. Gelegentlich räumt die Polizei mit Mühe ein paar Dutzend ab, wobei sie ihre Samthandschuhe anlegt. Doch wenn es gilt, die offizielle Gewerkschaftsdemonstration am 1. Mai auseinanderzuprügeln, dann sind plötzlich ein ganz anderer Staat und eine ganz andere Polizei da.

In Griechenland hingegen hemmt nicht nur ein Mangel an Verantwortungsbewusstsein den Staat, es gibt auch eine Antipathie gegen alles, was nach Polizeistaat aussieht.

Um diese Haltung zu verstehen, muss man die Geschichte um 35 Jahre zurückverfolgen. Im November 1973 stürmte das griechische Militär mit Panzern das Tor des Athener Polytechnikums. Mindestens 22 Studenten wurden von den Soldaten getötet. Es war eine der letzten Zuckungen der griechischen Militärdiktatur von 1967 bis 1974. Die Studenten, die damals gegen die Diktatur kämpften oder sich zumindest mit ihrem Ende identifizierten, bilden heute den grössten Teil der Führungselite dieses Landes. Als Lehrer, Journalisten und Autoren haben sie das Land geprägt. Die griechischen Autonomen setzen den Kampf gegen die Diktatur, für den sie zu spät geboren sind, nun stellvertretend gegen die Polizei fort. direkter schuss. Der Protest lässt sich auch leicht über seinen Kern hinaus auf weitere Bereiche ausdehnen. "Kugeln für die Jugend, Geld für eure Banken!" war eine Parole in den Strassen Athens. Manchem Jugendlichen, der keinen Job findet, weil Griechenland trotz 13 Jahren Wirtschaftsbooms die zweithöchste Jugendarbeitslosigkeit unter den 27 EU-Staaten hat, mag das aus der Seele gerufen sein. Einfach abgeschrieben müssen sich auch diejenigen fühlen, die keine Chance in ihrem Beruf haben, weil sie nicht über die nötigen Beziehungen zu einer der beiden grossen Parteien verfügen.

Man kann auch schwerlich behaupten, dass der Protest von Anfang an unberechtigt war. Das gerichtsmedizinische Gutachten kam eindeutig zu dem Schluss, dass der 15-jährige Schüler Alexandros Grigoropoulos durch einen direkten Schuss aus einer Polizeiwaffe starb. Die Zeugen, die den Schuss als Folge verbaler Auseinandersetzung geschildert haben, werden damit zumindest im wichtigsten Punkt ihrer Schilderung bestätigt.

Spontane Wut ist eine Sache, doch irgendwann sollte auch die Einsicht reifen, dass die Wut vor allem Unschuldige trifft, inklusive der griechischen Polizisten, die den Mord ja nicht kollektiv begangen haben. Doch da ist eben nichts, worauf die Jugendlichen irgendwie vertrauen könnten. Der Regierung, die vor einem Jahr weder die Brände löschen noch die Brandstifter finden konnte, traut man nicht. Ebensowenig der Opposition, die das Land lange Zeit in gleicher Weise regiert hat. Daher kommt das Gefühl, diesmal müsse man dem Establishment eine längere Lektion verpassen.

Anstatt dass einfach nach dickeren Polizeiknüppeln gerufen wird, breitet sich immerhin zunehmend die Einsicht aus, dass alles anders werden sollte. Das ist auch schon etwas. Vielleicht noch nicht der Anfang von mehr Demokratie, aber gewiss das Gegenteil von ihrem Ende. Warum fällt das eigentlich so wenigen auf? korrespondenten@baz.ch

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ANTI-ATOM
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Tagesanzeiger 20.12.08

Der neue Schweizer Energieriese trägt den Namen Alpiq

Die 2005 eingefädelte Fusion von Atel und EOS ist unter Dach. Mit Alpiq entsteht der grösste Schweizer Stromkonzern. Die Electricité de France redet jedoch ein gewichtiges Wort mit.

Von Richard Diethelm, Neuenburg

Der Direktionspräsident der EOS, Hans Schweickardt, konnte gestern in Neuenburg seinen Stolz kaum verbergen, als er die am Donnerstag vertraglich bereinigte Fusion der Westschweizer Stromholding und der Atel zur Alpiq Holding vorstellte. Denn im Konzert der Grossen spielte Schweickardt bisher nur die zweite Geige. Vom nächsten Februar an wird der Ostschweizer jedoch den Verwaltungsrat der Alpiq präsidieren, die dank des Zusammenschlusses die Nummer 6 unter Europas Stromkonzernen und das grösste Schweizer Energieunternehmen wird.

AKW-Pläne noch nicht offen gelegt

Bezüglich Umsatz und Mitarbeiterzahl (siehe Tabelle) wird die Alpiq die Axpo, den bisherigen Leader in der Schweizer Strombranche, klar überflügeln. Nur bei der Jahresproduktion liegt die Axpo mit ihren 23,4 gegenüber 20 Terawattstunden (TWh) noch vorn. "Jetzt können wir auf Augenhöhe mit unseren Konkurrenten verhandeln", freute sich Schweickardt. Der Alpiq-Präsident wird im Poker, wer unter den Stromkonzernen ein oder zwei Atomkraftwerke der nächsten Generation bauen soll, auf diese Karte setzen. Ein entsprechendes Gesuch haben die Axpo für Beznau, die BKW für Mühleberg und die Atel für Gösgen beim Bund ja bereits eingereicht. In Neuenburg liess sich Atel-Chef Giovanni Leonardi allerdings nicht in die AKW-Karten blicken. Als designierter Direktionspräsident der Alpiq sagte er nur, er sei "zuversichtlich, dass wir 2009 in dieser Frage eine Lösung finden".

Die Weichen für die Fusion der EOS mit der Atel wurden 2005 gestellt, als die Grossbank UBS ihre Mehrheitsbeteiligung an der Motor-Columbus AG an die EOS, ein Konsortium von Elektrizitätsgesellschaften und industriellen Betrieben, die Atel und die Electricité de France (EDF) verkaufte. Die Vorbereitung des Zusammenschlusses brauchte Zeit. Nicht zuletzt, weil die marktmächtigere Atel Befürchtungen in der Westschweiz zerstreuen musste, die kleinere EOS werde von ihrer Deutschschweizer Schwester dominiert.

Das ist zumindest auf dem Papier der Verträge, die in Neuenburg, dem künftigen Sitz der Alpiq Holding, unterzeichnet wurden, nicht der Fall. Die EOS und das Konsortium bisheriger Atel-Minderheitsaktionäre aus der Nordwestschweiz und dem Tessin sind an der Alpiq zu je 31 Prozent beteiligt. Lausanne und Olten als bisherige Hauptsitze von EOS und Atel bleiben die wichtigsten Standorte. Die Alpiq wird von der Waadtländer Hauptstadt aus den Geschäftsbereich Energie Schweiz leiten. In Olten sind die operative Leitung des Konzerns sowie die Führung des Energiegeschäfts in West- und in Zentraleuropa konzentriert. Entlassungen werde es wegen der Fusion keine geben, versicherte Schweickardt.

EDF investiert eine Milliarde

Die Transaktion ist mit erheblichen Kapitalströmen verbunden. So investiert die EDF, die bisher 23,5 Prozent an der Atel gehalten hat, eine Milliarde Franken für ein Minderheitspaket von 25 Prozent an der grösseren Alpiq. Der grösste Stromproduzent der Welt muss vor der ausserordentlichen Generalversammlung am 27. Januar zur Fusion entscheiden, ob er das Geld über eine Kapitalerhöhung oder in Form von Energiebezugsrechten am Unterwalliser Kraftwerk Emosson einschiesst. Neben der Atel und den SBB nutzt die EDF die Wasserkraft dieser Anlage, weil deren Einzugsgebiet bis nach Frankreich reicht.

Umgekehrt werden Ausgleichszahlungen von rund 1,8 Milliarden Franken in die Kassen der EOS-Besitzer fliessen. Die Forces Motrices Valaisannes wollen dieses Geld in eigene Wasserkraftprojekte stecken, die Groupe E, Romande Energie sowie die Industrielle Betriebe von Lausanne und Genf vornehmlich in ein verbessertes Angebot an "grüner Energie".

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Oltener Tagblatt 20.12.08

Absolut positive Bilanz für den Kanton"

Strom-Fusion Finanzdirektor Christian Wanner bleibt VR-Vize und sieht den Standort Olten gestärkt

Regierungsrat Christian Wanner, der den Kanton Solothurn im Atel- und neu im Alpiq-Verwaltungsrat vertritt, sieht die Interessen des Kantons durch die Fusion nicht beeinträchtigt: Weder seien Arbeitsplätze oder Steuereinnahmen gefährdet, noch werde der Einfluss Solothurns in der Alpiq geringer sein.

Christian von Arx

Der Kanton Solothurn ist Aktionär der Atel Holding. Wie verändert sich sein Anteil durch die Fusion mit EOS zur neuen Alpiq Holding AG?

Christian Wanner: Aktuell beträgt Solothurns Aktienanteil an der Atel Holding 7,42 Prozent. Nach Vollzug aller vereinbarten Transaktionen wird der Kanton an der neuen, wesentlich grösseren und stärkeren Alpiq Holding AG 5,6 Prozent des Kapitals halten.

Nimmt der Einfluss des Kantons als Aktionär auf die neue Gesellschaft also ab?

Wanner: Überhaupt nicht. Der Kanton Solothurn hat weiterhin einen garantierten Sitz im Verwaltungsrat. Ich bleibe wie bisher einer von zwei Vizepräsidenten, und zwar der geschäftsführende. Mit der Fusion zur Alpiq wird der Verwaltungsrat durch Vertreter der neuen Aktionäre ergänzt. Zusammen mit Hans Büttiker (Dornach), Alex Stebler (Nunningen) und Urs Steiner (Laufen) vertrete ich weiterhin das Konsortium der Schweizer Minderheitsaktionäre, die zusammen 31 Prozent der Alpiq-Aktien halten. Der Einfluss ist gleich gross wie bisher.

Die Atel ist ein wichtiger Arbeitgeber in Olten und im Kanton Solothurn. Sind diese Arbeitsplätze gefährdet?

Wanner: Nein. Lediglich der Sitz der Holding geht nach Neuenburg, die Geschäftsleitung und das Trading bleiben in Olten. Soweit ich orientiert bin, ist kein Abbau von Arbeitsplätzen vorgesehen. Und wenn die neue Gesellschaft erfolgreich ist, woran ich nicht zweifle, wird das auch längerfristig nicht der Fall sein. Die Alpiq bleibt auch mit der neuen ausländischen Beteiligung ein Unternehmen mit einer soliden schweizerischen Mehrheit.

Werden der Kanton Solothurn und die Stadt Olten aufgrund der Sitzverlegung der Holding nach Neuenburg Steuereinnahmen verlieren?

Wanner: Nein. Wir haben einen Standortvertrag auf 15 Jahre abgeschlossen und mit dem Kanton Neuenburg eine Steuervereinbarung erzielt. Darin ist schriftlich festgelegt, dass der Anteil des Kantons Solothurn und der Stadt Olten am Steueraufkommen nicht geschmälert werden. Das wurde von allen Beteiligten akzeptiert. In dieser Frage erhielten wir übrigens auch gute Unterstützung von- seiten der französischen EDF.

Diese Garantie gilt 15 Jahre ab dem Start der neuen Gesellschaft, also bis Ende 2023. Müssen sich Kanton und Stadt heute schon darauf einstellen, dass die Steuern der Alpiq in der Zeit danach wegfallen werden?

Wanner: Niemand kann heute alle Entwicklungen auf 15 Jahre hinaus voraussagen. Ich bin überzeugt, dass sich der Standort Olten für die Alpiq so gut bewähren wird, dass daran überhaupt nichts geändert werden muss.

Die Atel hat dieses Jahr ein Rahmenbewilligungsgesuch für ein neues Kernkraftwerk Niederamt eingereicht. Was ändert sich durch die Fusion zur Alpiq für dieses Projekt?

Wanner: Nichts. Die Projektverantwortlichen bleiben die gleichen wie bisher. Ich habe grossen Wert darauf gelegt, dass es Leute sind, die unsere Region kennen.

Wie beurteilen Sie aus Sicht des Kantons Solothurn die Fusion der Atel mit der EOS zur neuen Alpiq?

Wanner: Man muss sich den Ausgangspunkt in Erinnerung rufen: Die UBS wollte sich 2005 von ihrer Beteiligung an Motor-Columbus trennen, welche die Atel kontrollierte. Unter allen für diesen Verkauf diskutierten Optionen ist die jetzt realisierte die beste. Aus heutiger Sicht ist der rechtzeitige Verkauf durch die UBS zudem ein riesiger Glücksfall für uns. Würde Motor-Columbus heute noch der UBS gehören, würde dem Kanton Solothurn keinesfalls mehr der Vorzugspreis zugestanden, den er als bisheriger Atel-Aktionär erhielt. Heute würde die UBS ihren Anteil zweifellos mit einer internationalen Auktion an den Meistbietenden vergeben. Auch unter Berücksichtigung aller anderen Aspekte kann der Kanton Solothurn eine absolut positive Bilanz ziehen.

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Alpiq: Alpen und Intelligenz

Wenn Personen heiraten, ändern sie in den meisten Fällen ihren Namen. Auch in der Wirtschaftswelt wird dies praktiziert, wobei es klare Spielregeln gibt. Übernimmt ein Unternehmen ein anderes, bleibt vom schwächeren im Firmennamen häufig nichts übrig, ausser es handelt sich um ein sehr renommiertes Unternehmen (zum Beispiel blieb der Name des Bierbrauers Feldschlösschen auch nach der Übernahme durch Carlsberg bestehen). Bei einer Fusion auf Augenhöhe, wie dies bei Atel und EOS zur Alpiq der Fall ist, gelten andere Regeln. Entweder setzt sich der neue Name aus den beiden alten zusammen, oder man kreiert einen gänzlich anderen (Sandoz und Ciba-Geigy vereinten sich zur Novartis). Bei Alpiq handelt es sich laut Auskunft von Beate Kehrberger, Verantwortliche für Sponsoring, Branding und Corporate Publishing der Atel, um eine Neukreation. Weil es sich, so Kehrberger, um eine neue Firma handelt, wollte man sich auch einen neuen Namen verpassen. Der erste Teil (Alp-) soll an unser mächtiges Massiv erinnern, während der zweite (-iq) auf die intelligenten Lösungen der Firma verweist. Zusammen mit einer auf Branding spezialisierten Agentur wurde der Name in einem mehrwöchigen Verfahren erarbeitet, wobei umfangreiche Abklärungen bezüglich Rechtssicherheit getroffen werden mussten. Zuerst findet die Umfirmierung der Holding statt, während ab Mitte des nächsten Jahres bis Ende 2010 die rund 200 Tochterunternehmen mit dem neuen Branding versehen werden. (tst)

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Zingg gratuliert

Mit der Geschäftsleitung und einem wesentlichen Teil des Stromhandels blieben sehr wichtige Unternehmensteile der neuen Alpiq in Olten, stellte Stadtpräsident Ernst Zingg fest. Das trage dazu bei, dass das Steueraufkommen in Stadt und Kanton verbleibe. Und: "Die Führungskräfte in der Geschäftsleitung, die für den Standort Olten wichtig sind, bleiben alle in Olten - allen voran CEO Giovanni Leonardi, der ein hervorragender Partner für Stadt und Region ist." Er könne nur gratulieren, dass die schwierige Geburt der neuen Gesellschaft in zwei Jahren gelungen sei, so Zingg. (cva)

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Basler Zeitung 20.12.08

Alpiq setzt Europa unter Strom

Atel und EOS fusionieren und gehören zu den Grossen auf dem europäischen Energiemarkt
Winfried Kösters (SDA)

Die Atel-EOS-Fusion zur Alpiq ist weit über die Schweiz hinaus von Bedeutung. Im Visier haben die Alpiq und der Konkurrent Axpo Europas Topliga der Stromkonzerne. Der Standortvorteil tiefer Strompreise schwindet aber.

"Der Schulterschluss von Atel und EOS ist die Antwort auf die Öffnung der Strommärkte in Europa", sagt Matthias Finger, Professor für das Management von Netzwerk-Industrien an der ETH Lausanne und Mitglied der Regulierungsbehörde Elcom.

In Europa zeichne sich ab, dass eine kleine Zahl grosser Elektrizitätskonzerne künftig den Ton angebe. Die Electricité de France (EDF), die mit 25 Prozent an Alpiq beteiligt ist, sei schon heute der grösste Elektrizitätskonzern der Welt.

Schweiz. Die Schweiz sei als Stromerzeuger und als Strom-transitland für Europa wichtig. Entsprechend drängten die europäischen Staaten auf starke Partner und einen offenen Schweizer Markt. Die Fusion von Atel und EOS sei gut für die Schweiz und für Europa, sagt Finger.

Im Binnenmarkt Schweiz dürfte der Zusammenschluss zu einem härteren Wettbewerb führen. Ein Preiskampf sei dennoch nicht zu erwarten, denn die Marktöffnung komme nur langsam voran. Die Stromnachfrage nehme in den nächsten Jahren weiter zu. Die Produktion stagniere hingegen, was zu einer wachsenden Stromlücke führe.

Strompreis. Ausserdem wird im Zuge der Liberalisierung nur der Markt für die Strom-produktion geöffnet. Einen Wettbewerb der Netze wie in der Telekommunikation gebe es dagegen nicht. Der Strompreis werde aber nur zu etwa 40 Prozent von der Produktion bestimmt. Der Rest entfalle auf den Transport und andere Kosten etwa für die Einspeisung und Steuern.

Der Strompreis dürfte sich so in den nächsten Jahren dem höheren Niveau in Europa angleichen, ist Finger überzeugt. Die Schweiz verliere damit zwar einen Standortvorteil für stromintensive Branchen wie Stahl oder Aluminium. Dank ihrer hervorragenden Position im europäischen Strommarkt böten sich aber auch Chancen, die zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen dürften.

Der Staat hat dies noch nicht erkannt. Er tritt im Strommarkt derzeit eher als Bremser auf, hat er die Stromkonzerne bei der massiven Erhöhung der Strompreise doch zurückgepfiffen. Seine Rolle bleibt jedoch zwiespältig.

Auf der einen Seite hat er ein Interesse daran, dass der Markt spielt und so für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sorgt. Als Eigentümer auf kantonaler und lokaler Ebene ist er andererseits nicht unbedingt an einer raschen Liberalisierung interessiert.

Markt. Dass der Markt trotz der Atel-EOS-Fusion spielt, davon ist der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) überzeugt. Nach wie vor gebe es schweizweit 900 Elektrizitätsgesellschaften, sagt VSE-Sprecherin Dorothea Tiefenauer. Es sei positiv, dass mit Alpiq ein neuer starker Player im Markt entstehe.

Keine Probleme erwartet die nationale Netzgesellschaft Swissgrid, die unlängst starkem Druck durch die grossen Stromversorger ausgesetzt war. Nach dem Machtwort von Bundesrat und Wettbewerbskommission ist dieses Thema aber erledigt: "Alles ist auf guten Wegen", liess Swissgrid-Sprecherin Monika Walser verlauten.

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Alpiq kommt auch aus Basel

Teilhaber. Alpiq ist mit 16 Milliarden Franken Umsatz und 10 000 Mitarbeitern in 29 Ländern unter den 15 grössten in Europa und die Nummer eins auf dem Schweizer Strommarkt. Mit dabei sind zwei Stromversorger aus der Region: Elektra Birseck und Elektra Baselland. Die beiden Firmen hatten sich im Jahr 2005 an der Atel beteiligt, als die UBS ihre Beteiligung an der Finanzgesellschaft Motor-Columbus veräusserte. Zusammen mit vier weiteren Partnern halten die beiden Versorger aus der Region nun 31 Prozent des fusionierten Grosskonzerns.  mic

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St. Galler Tagblatt 20.12.08

Atel und EOS fusionieren

Der Energiekonzern Alpiq bildet als neue Nummer eins im Schweizer Markt den Westblock. Diesem gegenüber steht der Axpo-Ostblock. Im Sandwich ist die BKW.

Neuenburg. Was vor viereinhalb Jahren, am 6. April 2004, angekündigt worden war, wird nun umgesetzt. Aus den beiden Schweizer Stromkonzernen Atel und EOS wird der Energieriese Alpiq. Die neue Schweizer Nummer eins ist in 29 Ländern tätig und hat gut 10 000 Angestellte, die Hälfte davon in der Schweiz. Hauptaktionäre der Alpiq sind zu je 31% die EOS Holding und ein Konsortium Schweizer Minderheitsaktionäre sowie als internationaler Partner die mächtige Electricité de France (EDF) mit 25%.

Nummer sechs in Europa

Der EOS-Chef und designierte Alpiq-Verwaltungsratspräsident Hans Schweickardt sprach vor den Medien von einem "historischen Moment für den Schweizer Strommarkt". Alpiq werde unter den europäischen Energiekonzernen bezüglich Umsatz die Nummer sechs. Atel und EOS setzten 2007 zusammen gut 16 Mrd. Fr. um. In der Schweiz ist Alpiq mit Sitz in Neuenburg für ein Drittel der Stromversorgung verantwortlich. Zudem ist der Konzern der grösste Schweizer Netzbesitzer: 2671 km Höchstspannungsnetz werden von Alpiq betrieben.

Den Weg ebnete die UBS

In ganz Europa betreibt Alpiq Atom-, Gas-, Kohle- und Wasserkraftwerke sowie Anlagen für die Erzeugung erneuerbarer Energie. Die Gesamtleistung aller Kraftwerke beträgt 5270 Megawatt, ihre Jahresproduktion liegt bei 20 Terrawattstunden. Laut Schweickardt soll die Fusion keine Entlassungen zur Folge haben. Geführt wird das neue Unternehmen von Atel-Chef Giovanni Leonardi.

Der operative Start der Alpiq Holding ist für den kommenden 1. Februar geplant. Die Fusion war möglich geworden, nachdem die UBS im Jahr 2005 ihr Aktienpaket von 55,6% an der Energie-Holding Motor Columbus verkaufte, die ihrerseits die Mehrheit der Atel kontrollierte. Das UBS-Paket ging für 1,3 Mrd. Fr. an ein Konsortium aus Atel-Minderheitsaktionären, EOS und EDF sowie Atel selbst.

Oligopol prägt den Strommarkt

Die Fusion, die von der Wettbewerbskommission bereits 2006 genehmigt wurde, war komplizierter als erwartet und kommt deshalb nun verspätet. Eigentlich wollten die beiden Unternehmen schon dieses Jahr gemeinsam operativ starten. Neu prägt ein Oligopol den Schweizer Strommarkt, mit der Alpiq als Westblock sowie der Axpo zusammen mit der CKW und der Handelsfirma EGL als Ostblock. Im Sandwich steckt nun die mehrheitlich staatliche BKW, an der der deutsche Stromkonzern Eon beteiligt ist. Es ist zu erwarten, dass die BKW irgendwann näher an den Ostblock rückt, was sich auch in der Kooperation bezüglich Planung neuer AKW abzeichnet. (sda/red.)

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STADTRAT
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SITZUNG 13.11.08

10 Kleine Anfrage Roland Jakob (SVP): Drogenanlaufstelle im Abbruchhaus, was kostet das?
Geschäftsnummer 08.000309 / 08/348

Wie wir alle wissen, wird an der Murtenstrasse durch den Gemeinderat eine zweite Drogenan-laufstelle geplant. Dies obwohl die Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Gewerbebetrei-benden im Quartier diese klar ablehnen. Nun stellt sich die Frage, wie wichtig dem Gemeinde-rat die Meinung der Betroffenen ist! Aus gegebenem Anlass stelle ich folgende Fragen:

1. Was kostet den Steuerzahler die baulichen Massnahmen, um das Haus benutzbar zu ma-chen (Bitte Frankenbetrag angeben!)?
2. Was kostet dem Steuerzahler den Unterhalt der Drogenanlaufstelle (Bitte Frankenbetrag angeben!)?
3. Welche flankierenden Massnahmen werden durch den Gemeinderat getroffen, um den Drogenhandel und das zu erwartende Gewaltaufkommen im Quartier zu unterbinden?

Bern, 16. Oktober 2008

Direktorin BSS Edith Olibet beantwortet die Kleine Anfrage im Namen des Gemeinderats wie folgt:

Zu Frage 1: Die baulichen Massnahmen an der Murtenstrasse kosten ungefähr 70 000 Franken.
Zu Frage 2: Die Kosten für den Betrieb des zweiten Standorts der Anlaufstelle sind von ver-schiedenen Faktoren wie beispielsweise den Öffnungszeiten abhängig. Als Schätzung für den zweiten Standort können 0.4 bis 0.7 Mio. Franken genannt werden. Verhandlungen zur Finan-zierung des 2. Standorts mit der kantonalen Gesundheits- und Fürsorgedirektion sind im Gange. Die Finanzierung des Betriebs von Anlaufstellen ist grundsätzlich Sache des Kantons.
Zu Frage 3: Wie auch an der Hodlerstrasse sind für die Murtenstrasse Sicherheitsmassnah-men vorgesehen. Nebst der Securitaspräsenz bei der Anlaufstelle selber werden PINTO und auch die Polizei regelmässig bei der Anlaufstelle und in der Umgebung präsent sein und Kon-trollen durchführen. Dem Gemeinderat ist es ein Anliegen, die Nachbarschaft miteinzubezie-hen, anzuhören und allenfalls Anpassungen einzuleiten. Dafür sind periodische Nachbar-schaftsversammlungen bzw. Sitzungen mit Institutionen und Anwohnenden vorgesehen.

Roland Jakob (SVP): Ich möchte eine Zusatzfrage stellen: Am 6. November 2008 fand im BSS eine Aussprache statt. Gemeinderätin Edith Olibet hat den Anwesenden scheinbar mitgeteilt, dass der Gemeinderat entschieden hat, die Drogenanlaufstelle zu betreiben, unabhängig von einer etwaigen finanziellen Unterstützung durch den Kanton. Haben Sie diese Äusserung tat-sächlich so vorgenommen? Wenn ja: Ist der Gemeinderat zum Souverän geworden?

Direktorin BSS Edith Olibet: Der Gemeinderat ist der Ansicht, dass ein zweiter Standort an der Murtenstrasse notwendig ist. Dabei handelt es sich um eine Zwischennutzung. Die letzte Frage verstehe ich nicht; weswegen sollte der Gemeinderat zum Volk geworden sein?

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SITZUNG 20.11.08

16 Postulat Fraktion SP/JUSO (Christof Berger, SP): Eine pragmatische städtische Regelung für den Aushang von Kleinplakaten
Geschäftsnummer 08.000096 / 08/283

Dass es beim Aushang von Kleinplakaten einen Wildwuchs gibt, ist nicht zu bestreiten. Doch ist ebenso wenig von der Hand zu weisen, dass Kleinplakate eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit der Öffentlichkeitsarbeit darstellen. Sie sind insbesondere ein wichtiges Informa-tionsmedium für kleine Kulturveranstalter, welche sich andere Werbekanäle nicht leisten kön-nen. Auch finanzschwache politische Gruppierungen greifen gerne auf dieses Medium zurück. Die Kleinplakate stehen somit für Vielfalt und Demokratie.
Wie man den Zeitungen ".ch" vom 6. Februar 2008 und der "Berner Zeitung" vom 14. Februar 2008 entnehmen konnte, plant die Stadt im Rahmen des Massnahmenplans "Subers Bärn - zäme geit's" eine rigorose Einschränkung des Aushangs von Kleinplakaten. Die Eindämmung des Wildwuchses ist hierbei sicher sinnvoll und erwünscht. Die neuen Massnahmen dürfen aber nicht zum Kahlschlag führen.
Für grossformatige Plakate besteht in Bern ein Vertrag mit der Allgemeinen Plakatgesellschaft (APG). In anderen Schweizer Städten (z.B. Zürich) gibt es Regelungen, die neben der APG auch Anbietende von Kleinplakataushängen berücksichtigen. Die Stadt Bern könnte sich dar-an orientieren. Und sie muss ausserdem ihr eigenes Reglement über die Reklame in der Stadt Bern (Reklamereglement; RR Art. 16 Anschlagstellen für die Allgemeinheit) einhalten. Dieser Artikel besagt, dass die Stadt bei Wartehallen und Haltestellen des öffentlichen Verkehrs, auf Quartierplätzen und weiteren geeigneten Standorten Anschlagstellen für den nichtkommer-ziellen Aushang von Gelegenheitsinseraten und Veranstaltungshinweisen zur Verfügung stelle und dass der Gemeinderat diese bezeichne oder benenne. Dieser Punkt ist nicht oder nur partiell erfüllt. Weiter wurden die bunten kleinformatigen Werbeträger bisher an Bauabschran-kungen toleriert. Das Reklamereglement; RR Art. 17 Temporäre Reklamen Punkt d.) besagt, dass diese dort bewilligungsfrei seien.
Es wäre wünschenswert, dass eine Regelung in der Stadt Bern primär kulturelle und nicht-kommerzielle Kleinplakatwerbung, die in kausalem Zusammenhang mit Aktivitäten in der Ge-meinde Bern steht, berücksichtigen würde. Sekundär müsste z.B. auch Werbung für kulturelle Veranstaltungen in den Nachbargemeinden möglich sein.
Kleinplakate werden in Bern neben Privaten seit 1998 auch von der Promotionsfirma "Passive Attack" ausgehängt. Diese Firma steht mit der Stadt seit dem Jahr 2001 im Dialog und hat auch eigene Konzeptvorschläge unterbreitet. Leider führte dies bisher zu wenig konkreten Ergebnissen. Das ist bedauerlich. Eine rigorose Verbannung der Kleinplakate für nichtkom-merzielle Veranstaltungen und Aktivitäten würde in Bern zu einer kulturellen Verarmung füh-ren.
Wir bitten daher den Gemeinderat, im Hinblick auf die bevorstehenden Verhandlungen mit der APG, ein Konzept für einen geregelten und ausreichenden Aushang von nichtkommerziellen und kulturellen Kleinplakaten im öffentlichen Raum zu prüfen und zu erstellen.

Bern, 21. Februar 2008

Antwort des Gemeinderats
Der Gemeinderat hat am 30. März 2008 der Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün den Auftrag erteilt, die Erneuerung der Sondernutzungskonzession für die Plakatierung im öffentli-chen Raum auszulösen. Folgende Aspekte werden bearbeitet:
- Erarbeitung eines Vorschlags für die Neuorganisation der Plakatierung auf öffentlichem Grund der Stadt Bern;
- Erarbeitung eines Gestaltungskonzepts und einer Vollzugsordnung für die Plakatierung auf öffentlichem Grund;
- Erarbeitung der Grundlagen für die Handhabung der Kulturplakatierung;
- Inventarisierung der Plakatstandorte in der Stadt Bern;
- Überprüfung der Standorte nach den Grundsätzen des neuen Reklamereglements (in Zu-sammenarbeit mit dem Bauinspektorat);
- Ausschreibung der Sondernutzungskonzession Plakatierung auf öffentlichem Grund für eine Gültigkeit ab 1. Januar 2010.

Die Federführung für diese Arbeiten liegt beim Tiefbauamt, das für die Bewirtschaftung der Sondernutzungskonzession zuständig ist. Die genannten Themengebiete werden im Rahmen einer städtischen Arbeitsgruppe bearbeitet. Ziel ist es, die Grundlagen für eine konsistente Sondernutzungskonzession zu schaffen, welche heutige Unklarheiten und Lücken (inkl. Kul-turplakatierung und kulturelle Kleinplakatierung) beseitigt.
Im Rahmen dieser Arbeiten soll auch geklärt werden, welche Plakate als kommerziell und nicht kommerziell zu bezeichnen sind.
Parallel zur laufenden Projektarbeit wurden im Zusammenhang mit dem vom Stadtrat am 28. Februar 2008 beschlossenen Massnahmenplan "Subers Bärn - zäme geits" erste Sofort-massnahmen zur Verbesserung des Angebots für die Kulturplakatierung umgesetzt. Im Rah-men eines Pilotversuchs werden den Kulturveranstaltern seit Juli 2008 ein Jahr lang zu-sätzliche Flächen für die Kleinplakatierung zur Verfügung gestellt. Anfang Juli wurde die in der Kulturplakatierung stark engagierte Firma "passive attack" über dieses Angebot informiert.

Auswirkungen auf das Personal und die Finanzen der Stadt Bern
Die Auswirkungen auf das Personal und die Finanzen werden sich erst nach Abschluss der Projektarbeiten und nach durchgeführter Submission für die neue Plakatierungskonzession abschätzen lassen.

Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, das Postulat erheblich zu erklären.
Bern, 20. August 2008

Beschluss
Der Stadtrat erklärt das Postulat erheblich.

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17 Postulat Luzius Theiler (GPB): Realisierung der Aushangstellen für nichtkom-merzielle Anzeigen bei den Wartehallen und Haltestellen des öffentlichen Ver-kehrs und an anderen geeigneten Orten gemäss Art. 16 des Reklamereglements
Geschäftsnummer 08.000097 / 08/284

Gemäss Art. 16 des städtischen Reklamereglementes vom 16. Mai 2004 werden bei "Warte-hallen und Haltestellen des öffentlichen Verkehrs, auf Quartierplätzen und an weiteren geeig-neten Standorten Anschlagbretter für den nicht kommerziellen Aushang von Gelegenheitsin-seraten und Veranstaltungshinweisen zur Verfügung gestellt".
Obwohl das Reklamereglement seit dem 1. November 2006 in Kraft ist wurde diese zwingen-de Bestimmung noch nicht umgesetzt.
Der Gemeinderat wird beauftragt, Art. 16 des Reklamereglementes nach folgenden Richtlinien umzusetzen:

1. Es seien in allen Wartehallen und bei einer möglichst grossen Zahl der übrigen Haltestel-len des öffentlichen Verkehrs solche Aushangstellen in genügender Grösse zu realisieren;
2. es sei eine möglichst grosse Vielzahl der Anzeigen pro Aushangstelle zu gewährleisten. Pro Aushangstelle soll das gleiche Plakat nur einmal aufgehängt werden dürfen. Dazu sind, wenn nötig, die Grösse der Plakätchen und die Aushangdauer zu beschränken;
3. es sei zu untersagen, dass Anzeigen von Konkurrenten willkürlich entfernt werden;
4. es sei auf den nichtkommerziellen Charakter zu achten, wobei dieser bei kulturellen Ver-anstaltungen grosszügig ausgelegt werden kann.

Bern, 21. Februar 2008

Antwort des Gemeinderats
Gemäss Artikel 16 Absatz 2 des Reklamereglements bezeichnet der Gemeinderat die An-schlagstellen, die sich zur Umsetzung von Artikel 16 Absatz 1 des Reklamereglements eig-nen. In diesem Sinne bestehen bereits seit längerem bei verschiedenen Quartierplätzen, an einzelnen ÖV-Haltestellen und an weiteren Standorten (z.B. bei Quartierzentren) Anschlag-bretter für den nicht kommerziellen Aushang von Gelegenheitsinseraten und Veranstaltungs-hinweisen.
Der Gemeinderat ist sich allerdings bewusst, dass dieses Angebot an nichtkommerziellen Anschlagstellen der Nachfrage nicht entspricht. Auf der anderen Seite sind den Anschlag-stellen im öffentlichen Raum zudem von der Nutzung, der Bewirtschaftung und der Gestaltung her klare Grenzen gesetzt.
Um die Situation grundsätzlich zu klären, hat der Gemeinderat am 30. März 2008 der Direk-tion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün den Auftrag erteilt, die Erneuerung der Sondernut-zungskonzession für die Plakatierung im öffentlichen Raum auszulösen. Folgende Aspekte werden bearbeitet:
- Erarbeitung eines Vorschlags für die Neuorganisation der Plakatierung auf öffentlichem Grund der Stadt Bern;
- Erarbeitung eines Gestaltungskonzepts und einer Vollzugsordnung für die Plakatierung auf öffentlichem Grund;
- Erarbeitung der Grundlagen für die Handhabung der Kulturplakatierung;
- Inventarisierung der Plakatstandorte in der Stadt Bern;
- Überprüfung der Standorte nach den Grundsätzen des neuen Reklamereglements (in Zu-sammenarbeit mit dem Bauinspektorat);
- Ausschreibung der Sondernutzungskonzession Plakatierung auf öffentlichem Grund für eine Gültigkeit ab 1. Januar 2010.

Die Federführung für diese Arbeiten liegt beim Tiefbauamt, das für die Bewirtschaftung der Sondernutzungskonzession zuständig ist. Die genannten Themengebiete werden im Rahmen einer städtischen Arbeitsgruppe bearbeitet. Ziel ist es, die Grundlagen für eine konsistente Sondernutzungskonzession zu schaffen, welche heutige Unklarheiten und Lücken (inkl. Kul-turplakatierung und kulturelle Kleinplakatierung) beseitigt. Die Fertigstellung der Sondernut-zungskonzession ist für das Frühjahr 2009 geplant und wird die Thematik der kulturellen Kleinplakatierung inkl. die Anschlagstellen im Bereich der Haltestellen des öffentlichen Ver-kehrs aufnehmen.
Parallel zur laufenden Projektarbeit wurden im Zusammenhang mit dem vom Stadtrat am 28. Februar 2008 beschlossenen Massnahmenplan "Subers Bärn - zäme geits" zudem erste Sofortmassnahmen zur Verbesserung des Angebots für die Kulturplakatierung umgesetzt. Im Rahmen eines mit der Allgemeinen Plakatgesellschaft APG abgesprochenen Pilotversuchs werden den Kulturveranstaltern seit Juli 2008 ein Jahr lang zusätzliche Flächen für die Klein-plakatierung zur Verfügung gestellt.

Zu den im Postulat erhobenen konkreten Forderungen nimmt der Gemeinderat im Einzelnen wie folgt Stellung:
Zu Punkt 1:
Die Anschlagstellen im Bereich der Wartehallen des öffentlichen Verkehrs werden im Rahmen des Gesamtkonzepts evaluiert. Für die Bewirtschaftung dieser Flächen wird ein geeignetes Konzept erarbeitet.
Zu Punkt 2 und 3:
Die Bewirtschaftung muss im Rahmen der Neuerarbeitung der Konzession festgelegt werden. Diese ist in Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der Plakatflächen für Kulturplakatierung und der kommerziellen Plakatierung zu regeln; entsprechend sind die Vorgaben zu definieren. Die erwähnten Punkte sind nur ein Bestandteil des Bewirtschaftungskonzepts und der not-wendigen Festlegungen.
Zu Punkt 4:
Im Rahmen der Erarbeitung der Sondernutzungskonzession wird die Thematik der kommer-ziellen und nichtkommerziellen Plakatierung juristisch untersucht. Auf der Basis dieser Prü-fung werden die Freiheitsgrade der Auslegungsmöglichkeiten und die Klassifizierung der ver-schiedenen Arten der Plakatierung festgelegt.
Aus der Sicht des Gemeinderats ist eine Regelung der Bestimmungen gemäss Artikel 16 des Reklamereglements im Rahmen des Gesamtkonzepts zu treffen, da sonst wieder ein Teilas-pekt, welcher in engem Zusammenhang mit einer Gesamtlösung steht, separat behandelt werden muss. Dies ist im Hinblick auf die Gesamtlösung nicht sinnvoll. Dabei berücksichtigt der Gemeinderat, dass mit den seit Juli 2008 zur Verfügung gestellten zusätzlichen Flächen für die Kleinplakatierung eine deutliche Verbesserung der Situation erzielt werden konnte.

Auswirkungen auf das Personal und die Finanzen der Stadt Bern
Die Auswirkungen auf das Personal und die Finanzen werden sich erst nach Abschluss der Projektarbeiten und nach durchgeführter Submission für die neue Plakatierungskonzession abschätzen lassen.

Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, das Postulat erheblich zu erklären.
Bern, 20. August 2008

Beschluss
Der Stadtrat erklärt das Postulat erheblich.

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19 Interpellation Fraktion FDP (Bernhard Eicher, JF): Rotes WC-Häuschen vor Kir-che und Geschäften
Geschäftsnummer 08.000161 / 08/285

Mit erstaunen haben wir festgestellt, dass zwischen dem ehemaligen Schweizerhof und der Heiliggeistkirche ein rotes Toilettenhäuschen steht und offensichtlich auch nach der Sanie-rung des Bahnhofsplatzes bestehen bleiben soll.
Das Häuschen wurde ohne Rücksprache mit dem umliegenden Gewerbe aufgestellt. Es drängt sich somit die Frage auf, ob Mitspracherechte nur für Quartierorganisationen und Um-weltschutzverbände gelten, Gewerbebetreibenden aber nicht zugestanden wird. Bereits weh-ren sich aktiv verschiedene Geschäfte gegen das Häuschen.
Fraglich ist auch, wie sich das Toilettenhäuschen mit verschiedenen Absichtserklärungen des Gemeinderates vereinbaren lässt. So möchte die Stadtregierung Bettelei und die Sammlung von alkohol- und drogenkranken Menschen rund um den Bahnhof verhindern. Ein Toiletten-häuschen wird diese Bestrebungen kaum begünstigen. Auch widerspricht das Häuschen dem gemeinderätlichen Ansinnen, bei der Liegenschaft des ehemaligen Schweizerhofs ein zweites 5-Stern Hotel unterzubringen.
Momentan steht das Häuschen hinter den Zäunen der Baustelle und fällt den meisten Pas-santen noch gar nicht auf. Trotzdem wurde es bereits besprayt.

Der Gemeinderat wird deshalb gebeten, folgende Fragen zu beantworten:
1. Wie ist das Toilettenhäuschen mit der gemeinderätlichen Absichtserklärung, für einen sicheren und sauberen Bahnhof zu sorgen, vereinbar? Wie stellt sich die Stadt vor, eine Ansammlung von alkohol- und drogenkranken Menschen zu verhindern?
2. Wie stellt sich die Stadt vor, die Toilette sauber zu halten und vor Sprayereien zu schüt-zen?
3. Warum wurde das Häuschen am aktuellen Standort aufgestellt? Offensichtlich war zuerst ein Standort in der Nähe des UBS-Gebäudes (Bushaltestelle) geplant. Was hat den Ge-meinderat zum Umdenken bewogen?
4. Widerspricht das Häuschen nicht den Bestrebungen für ein zweites 5-Stern Hotel? Wie stellt sich der Gemeinderat dazu?
5. Wie ist das Toilettenhäuschen mit dem UNESCO-Weltkulturerbe - insbesondere mit der Heiliggeistkirche - vereinbar?

Begründung der Dringlichkeit:
Bevor das Toilettenhäuschen zu einem Provisorium wird, müssen oben stehende Fragen ge-klärt werden. Zudem steht die EURO 08 vor der Türe: Hier soll sich Bern von der schönsten Seite zeigen.

Bern, 24. April 2008

Antwort des Gemeinderats
Der Gemeinderat weist vorab darauf hin, dass die WC-Anlage bei der Heiliggeistkirche in ei-nem ordentlichen Baubewilligungsverfahren öffentlich aufgelegt wurde und im Rahmen dieses Verfahrens angefochten werden konnte; die Publikation erfolgte am 6. und am 11. Januar 2006. Gegen das Vorhaben ist keine Einsprache eingegangen, daher konnte die Anlage an diesem Standort bewilligt werden. Dieser Sachverhalt wurde auch von der Bewilligungsin-stanz, dem Regierungsstatthalteramt Bern, nach Einsprachen verschiedener Gewerbetreiben-der am 25. April 2008 bestätigt.

Die konkreten Fragen beantwortet der Gemeinderat wie folgt:
Zu Frage 1: Öffentliche WC-Anlagen waren und sind politisch gesehen ein Dauerthema und beschäftigen die Stadt Bern seit vielen Jahren. Auch im Stadtrat wurden dazu zahlreiche Vor-stösse eingebracht. Schliesslich verabschiedete der Gemeinderat im Mai 2004 das Konzept Öffentliche WC-Anlagen in der Stadt Bern, das nun bis ins Jahr 2010 schrittweise umgesetzt wird. Dieses Konzept schuf die Voraussetzung für ein zeitgemässes Angebot an öffentlichen Toilettenanlagen nach der Devise "Qualität vor Quantität". Ferner wurde im Konzept unter anderem festgeschrieben, dass die Innenstadt prioritär behandelt wird, dass für die Bevölke-rung und für die Gäste der Stadt Bern saubere und sichere Toilettenanlagen in ausreichender Anzahl bereitgestellt werden und dass mit den geplanten neuen Anlagen ein Beitrag zu einer sauberen Stadt geleistet wird. Von Anfang an war im Konzept deshalb auch die Errichtung einer öffentlichen WC-Anlage auf dem Bahnhofplatz vorgesehen.
WC-Anlagen des Typs, wie sie nun bei der Heiliggeistkirche steht, sind in der Stadt Bern be-reits mehrfach realisiert worden. Die Stadt machte mit diesen Einrichtungen durchwegs posi-tive Erfahrungen, namentlich auch in Bezug auf die Vandalensicherheit.
Der zweite Teil der Frage betrifft den Umgang mit randständigen Menschen und hat mit der WC-Anlage und ihrem Standort keinen unmittelbaren Zusammenhang. Im Rahmen verschie-dener Projekte (Pinto, Essensabgabe am Sonntag, Aufenthaltsraum für alkoholkranke Perso-nen) hat der Gemeinderat diesbezüglich geeignete Massnahmen getroffen und Lösungen an-geboten. Im Übrigen hat der Gemeinderat schon vor Beginn der Umbauarbeiten klar fest-gehalten, dass der neue Bahnhofplatz als Mobilitätsdrehscheibe primär den Passagieren des öffentlichen Verkehrs zur Verfügung stehen und allen Passantinnen und Passanten ein stressfreies Flanieren ermöglichen soll. An dieser Haltung hat sich nichts geändert.
Zu Frage 2: Die WC-Anlage wird laufend gereinigt. Sie besteht aus pflegeleichten Materialien und ist vandalensicher angelegt. Die äussere Oberfläche ist mit einem Graffitischutz behan-delt, damit allfällige Sprayereien leicht entfernt werden können.
Zu Frage 3: Im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens sind anlässlich der ersten öffentlichen Auflage (Publikation vom 1. bzw. 5. Juli 2005) Einsprachen gegen den Standort der WC-Anlage vor der UBS eingegangen. Die Bedenken der Einsprechenden wurden aufgenommen und in der Folge nach einer neuen Lösung gesucht. Wichtig für die Wahl des heutigen Stand-orts war, dass die Heiliggeistkirche im Interesse ihrer Besucherinnen und Besucher eine WC-Anlage in unmittelbarer Nähe der Kirche befürwortete.
Zu Frage 4: Nach Ansicht des Gemeinderats stellt die WC-Anlage keine Beeinträchtigung für ein 5-Sterne-Hotel dar. Die Anlage ist ansprechend gestaltet und korrespondiert mit dem Ge-samtgestaltungskonzept des neuen Bahnhofplatzes. Zudem steht sie nicht im Eingangsbe-reich des Hotels Schweizerhof.
Zu Frage 5: Weder seitens der Denkmalpflege noch seitens der Heiliggeistkirche sind Beden-ken angemeldet oder gar Einsprachen erhoben worden. Die Frage der Verträglichkeit mit dem UNESCO-Weltkulturerbe stellt sich demnach nicht.

Bern, 20. August 2008

Interpellant Bernhard Eicher (FDP): Es bringt nicht viel, noch weiter zu insistieren. Einmal mehr zeigt sich hier die gewerbefeindliche Haltung des Gemeinderates, aber über dieses Thema haben wir ja bereits ausführlich diskutiert.

Beschluss
Die Interpellantin Fraktion FDP ist mit der Antwort nicht zufrieden.

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20 Interpellation Beat Gubser (EDU): Wilde Plakatierung: "Demobündnis 1. Mai" zur Rechenschaft ziehen
Geschäftsnummer 08.000163 / 08/286

Bezüglich Sauberkeit ist die Stadt Bern wirklich ein trauriges Beispiel. Kaum wird etwas neu erstellt oder renoviert, wird es verunstaltet oder zweckentfremdet. Jüngstes Beispiel: An der Polygonstrasse wurden im März/April durch Energie Wasser Bern (ewb) neue Stromverteil-kästen installiert. Es ging nicht lange und diese Kästen werden bereits für die wilde Plakatie-rung missbraucht:
Das linke "Demobündnis 1. Mai" ruft zur "1. Mai Demo" auf. Weiter ist dem illegalen Plakat die Information "Bewilligung eingereicht!" zu entnehmen. Die Organisatoren müssen der Polizei also bekannt sein. Das Plakat befindet sich an verschiedenen illegalen Standorten im Wyler-gut, in der Lorraine und sehr wahrscheinlich auch in anderen Stadtteilen.

In diesem Zusammenhang stelle ich dem Gemeinderat folgende Fragen:
1. Wer gehört zum "Demobündnis 1. Mai"?
2. Gibt es Verbindungen zu politischen Parteien?
3. Gibt es Verbindungen zur Reitschule?
4. Wurde die Bewilligung erteilt?
5. Werden die illegalen Plakate entfernt und die betroffenen Objekte gereinigt?
6. Wird das "Demobündnis 1. Mai" zur Rechenschaft gezogen (Strafanzeige, Schadenersatz Reinigungskosten....)?

Bern, 24. April 2008

Antwort des Gemeinderats
Der Gemeinderat ist sich der Wichtigkeit einer sauberen Stadt bewusst. Auch er ist der Mei-nung, dass auf diesem Gebiet Handlungsbedarf besteht. Deshalb hat er im Frühling 2008 die Kampagne "Subers Bärn - zäme geit's!" lanciert. Das Konzept basiert auf drei Säulen:
Prävention und Sensibilisierung: Damit wird ein Philosophiewechsel hin zu mehr Eigenverant-wortung von Bevölkerung, Gewerbe sowie Veranstalterinnen und Veranstaltern angestrebt;
Reinigung: Das Dienstleistungsangebot wird gezielt und punktuell optimiert und ausgebaut (Pilotphase 2008);
Repression: Die Möglichkeiten des kantonalen Rechts zum Erteilen von Abfallbussen sollen ausgeschöpft werden, da ein Teil der Bevölkerung als präventionsresistent eingeschätzt wer-den muss (Pilotphase ab 11. August bis Herbstferien 2008).
Im Rahmen des Projekts "Subers Bärn - zäme geit's" wird auch verstärkt gegen die Wild-plakatierung vorgegangen. Ziel ist, die Innenstadt täglich von illegalen Plakaten zu säubern. In den Aussenquartieren soll dies ein bis zweimal pro Woche geschehen. Ausserdem ist eine grundsätzliche Neukonzipierung der Plakatierung auf Stadtgebiet in Arbeit. Bis das Konzept vorliegt, stehen auf Stadtgebiet insgesamt 49 neue Standorte für die kostenlose Klein- und Kulturplakatierung zur Verfügung. Die Bewirtschaftung folgt klaren Spielregeln, welche unter www.bern.ch (beim Veranstaltungsmanagement) sowie unter www.bern-baut.ch einsehbar sind. Mit dieser Lösung werden die politischen Forderungen des Stadtrats erfüllt. Zudem er-hofft sich der Gemeinderat dadurch eine spürbare Eindämmung der illegalen Wildplakatierung im öffentlichen Raum.

Zu den einzelnen Fragen nimmt der Gemeinderat wie folgt Stellung:
Zu Frage 1: Das Gesuch für die "1. Mai-Veranstaltung" wurde von der Partei der Arbeit der Schweiz (PdA) gestellt.
Zu Frage 2: Vergleiche Antwort zu Frage 1.
Zu Frage 3: Dem Gemeinderat wie auch der Bewilligungsbehörde ist nicht bekannt, ob eine Verbindung zur Reitschule besteht. Dies ist auch aus dem eingegangenen Gesuch nicht er-sichtlich.
Zu Frage 4: Nein, es wurde keine Bewilligung für die "1. Mai-Veranstaltung" erteilt.
Zu Frage 5: Die Mitarbeitenden der Reinigung sowie des Polizeiinspektorats (Orts- und Ge-werbepolizei) entfernen die illegalen Plakate, soweit es die personellen Ressourcen zulassen. Wie einleitend dargelegt, wird in einer Pilotphase zur Kampagne "Subers Bärn - zäme geit's!" konsequent und flächendeckend gegen die Wildplakatierung vorgegangen.
Zu Frage 6: Werden Personen beim Aufhängen von Plakaten in flagranti erwischt, so werden diese gemäss Reglement vom 16. Mai 2004 über die Reklame in der Stadt Bern (Reklamereg-lement; RR; SSSB 722.51) angezeigt und gebüsst.

Bern, 20. August 2008

Interpellant Beat Gubser (EDU): Die Veranstalter hinter den illegalen Plakaten sind bekannt, aber wer konkret sie aufgehängt hat, weiss man natürlich nicht. Es stellt sich für mich noch die Frage, ob man mit den Strafbestimmungen auch gegen die Veranstalter vorgehen kann oder ob dies nur gegen die Personen möglich ist, die die Plakate angebracht haben. Ich wäre froh, wenn der Gemeinderat dazu Stellung nehmen könnte. Falls man gegen die Veranstalter nicht vorgehen kann, fehlt uns eine rechtliche Handhabung gegen wilde Plakatierung. Und falls man gegen die Veranstalter vorgehen könnte: Warum wird es nicht gemacht?
Die Auskunft des Gemeinderats wird dem Interpellanten direkt erteilt.

Beschluss
Der Interpellant ist mit der Antwort nicht zufrieden.

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21 Interpellation Fraktion FDP (Mario Imhof, FDP): Unbewilligte Antifa Demonstrati-onen erlaubt?
Geschäftsnummer 08.000210 / 08/335

Die Antifa-Demonstration vom 31. Mai 2008 wurde vom Gemeinderat nicht bewilligt, wie in den Medien vorgängig kommuniziert, trotzdem wurde sie "laufen" gelassen. Der Gemeinderat hätte nach geltendem Demoreglement die unbewilligte Demonstration verhindern müssen, ansonsten macht die ganze Bewilligungspflicht keinen Sinn mehr. Die eingesetzten Polizisten wurden jedoch zurückgepfiffen und ein weiteres Mal der Lächerlichkeit ausgesetzt.
Die Organisatoren dieser anarchistischen Gruppierung werden unverständlicherweise nach-träglich vom verantwortlichen Sicherheitsdirektor für ihr kooperatives Verhalten in den Medien sogar noch gelobt!
Das Gedankengut der Demonstranten (schwarzer Block) basiert auf Anarchie. Siehe dazu www.aufbau.org, www.fauch.ch usw. Der Gemeinderat unterstützt somit indirekt die Ideologien gegen unsere Gesellschaftsordnung. Ideologisch werden diese Chaoten auch von JA!, den Grünen sowie Teilen der SP unterstützt zum Schaden der "normalen" Bernerbevölkerung und des Wirtschaftsstandorts. Das Ansehen der Stadt Bern wird somit unter den Augen des Gemeinderats einmal mehr geschädigt.
Dass einige pubertierende Demonstranten das Gewerbe und den öffentlichen Verkehr für die arbeitende, steuerzahlende Bevölkerung lahm legen, scheint den Gemeinderat nicht beson-ders zu stören. Das Wohl der Demonstranten wird über das Recht auf Ordnung und Sicherheit der Bevölkerung gestellt.
Es ist die Aufgabe der Polizei, die im Auftrag des Gemeinderats agiert, Recht und Ordnung durchzusetzen und zwar nicht nur wenn es sich um Parksünder handelt. Das Kundgebungs-reglement verlangt ausdrücklich die Bewilligung von Demonstrationen. Für die Antifa-Demonstranten scheint dies nicht zu gelten - deren Demos finden statt, mit oder ohne Bewil-ligung.
Die Bereitschaft des Gemeinderats Verletzung von Recht und Ordnung zu akzeptieren ist nicht verständlich und fördert das allgemeine Misstrauen gegenüber der Stadt und den Be-hörden.
Der Gemeinderat wird aufgefordert, Demonstrationen nur nach Reglement zuzulassen und unbewilligte Demonstrationen zu verhindern.

Wir richten folgende Fragen an den Gemeinderat:
1. Warum wurde die unbewilligte Antifa-Demo nicht wie vorausgesagt verhindert?
2. Wer hat die Polizisten zurückgepfiffen? Warum?
3. Wieso brauchen andere Demos überhaupt noch eine Bewilligung?
4. Wieso wird der Betrieb des öffentlichen Verkehrs nicht geschützt?
5. Wieso lässt sich der Gemeinderat von Anarchisten erpressen und warum wird dem Demo-reglement nicht die absolute Priorität eingeräumt?
6. Warum wird die Reitschule als Hauptquartier der Chaoten während solcher Demos nicht abgeriegelt oder geschlossen?
7. Ab welcher Schadenssumme spricht der Gemeinderat/Sicherheitsdirektor nicht mehr von "friedlicher" Demo?

Begründung der Dringlichkeit:
Die nächste Demo kommt bald.

Bern, 5. Juni 2008

Antwort des Gemeinderats
Der Gemeinderat der Stadt Bern hat im Vorfeld der unbewilligten Kundgebung der Antifa fest-gehalten, dass er diese nicht akzeptiert. Dementsprechend hat er die Kantonspolizei beauf-tragt, eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit im Rahmen der Verhältnismässigkeit zu verhindern. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit ergibt sich aus Artikel 23 Polizeige-setz vom 8. Juni 1997 (PolG, BSG 551.1). Die Polizei muss im Falle von unbewilligten Kund-gebungen stets berücksichtigen, welche Folgen eine allfällige Intervention für die öffentliche Sicherheit und Ordnung hat und ob bei einer Eskalation mit Personen- oder Sachschäden gerechnet werden muss.

Die in der Interpellation gestellten Fragen kann der Gemeinderat wie folgt beantworten:
Zu den Fragen 1 und 2:
Die Kantonspolizei hat bei der unbewilligten Kundgebung im Rahmen des Auftrags des Ge-meinderats und unter Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit gehandelt. Dies insbeson-dere im Zusammenhang mit dem gleichzeitig stattfindenden Bahnhoffest. Dabei hat sich der Kommandant der Kantonspolizei im Interesse der öffentlichen Sicherheit in der Innenstadt entschieden, die Kundgebung laufen zu lassen, so lange keine Sachbeschädigungen began-gen werden. Der Gemeinderat selbst hat keinen direkten Einfluss auf den operativen Polizei-einsatz. Der Verlauf der beiden Anlässe vom 31. Mai 2008 hat die von der Kantonspolizei angewandte Einsatztaktik vollumfänglich bestätigt. Das Bahnhoffest konnte ohne Zwischen-fälle durchgeführt werden und es kam zu keinen Sachbeschädigungen auf der Umzugsroute. Die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher des Bahnhoffests wie auch der übrigen Be-völkerung war zu jeder Zeit gewährleistet.
Zu Frage 3: Das Kundgebungsrecht besitzt in der Stadt Bern durch ihre Funktion als Haupt- und Bundesstadt eine besondere kantonale und nationale Bedeutung. Laut Artikel 2 des Reg-lements über Kundgebungen auf öffentlichem Grund vom 20. Oktober 2005 (Kundgebungs-reglement, KgR, SSSB 143.1) sind Kundgebungen auf öffentlichem Grund nur mit vorgängiger Bewilligung der Stadt zulässig. Dies gilt auch für die Antifa. Eine Verpflichtung der Polizei, eine nicht bewilligte Kundgebung in jedem Fall und unter allen Umständen aufzulösen, unge-achtet der konkreten Lagebeurteilung vor Ort, würde jedoch den geltenden gesetzlichen Vor-schriften und Rechtsgrundsätzen widersprechen. Aus Gründen der bereits zuvor ausgeführten Verhältnismässigkeit im Sinne der öffentlichen Sicherheit wurde von Seiten der Kantonspoli-zei darauf verzichtet, gegen die unbewilligte Kundgebung einzuschreiten.
Zu Frage 4: Die Kantonspolizei arbeitet bei Grossanlässen (Demonstrationen, Feierlichkeiten, usw.) in der Stadt Bern eng mit den Verantwortlichen von BERNMOBIL zusammen, um die Behinderung des öffentlichen Verkehrs auf ein verträgliches Mass zu reduzieren. Diese Zu-sammenarbeit hat sich in der Vergangenheit bewährt.
Zu Frage 5: Siehe Antwort zu Frage 3.
Zu Frage 6: Der Gemeinderat ist sich der Problematik in Bezug auf die Reithalle bewusst. Tatsächlich kam es in der Vergangenheit mehrmals vor, dass Vandalen die Reithalle als Rückzugsort genutzt haben, was der Gemeinderat jeweils klar verurteilte. Die Verfolgung von strafbaren Handlungen ist Sache der Polizei, der Gemeinderat hat keinen Einfluss auf deren operativen Einsatz. Die Sicherheitsvereinbarung zwischen der Interessensgemeinschaft Kul-turraum Reitschule (IKUR) und dem Gemeinderat von 2006 sieht zudem ausdrücklich vor, dass die Polizei in der Reitschule interveniert. Bereits in der Antwort zur Motion Fraktion SVP/JSVP (Peter Bühler, SVP): Die Reitschule darf gewalttätigen Demonstranten keinen Un-terschlupf mehr gewähren!, hat der Gemeinderat festgehalten, dass er einer temporären Schliessung der Reithalle in Ausnahmesituationen - anlässlich problematischer Kundgebun-gen - nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber steht. Solche Massnahmen müssen jedoch von der IKUR veranlasst werden.
Zu Frage 7: Während der unbewilligten Kundgebung vom 31. Mai 2008 kam es weder zu Sachbeschädigungen noch zu körperlichen Tätlichkeiten.

Bern, 17. September 2008
Interpellant Mario Imhof (FDP): Ich bin enttäuscht von der Antwort, auch wenn ich sie so er-wartet habe. Ich bin nicht damit einverstanden, dass nicht bewilligte Sachen schlussendlich doch laufen gelassen werden.

Beschluss
Die Interpellantin Fraktion FDP ist mit der Antwort nicht zufrieden.

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22 Interpellation Fraktion GB/JA! (Lea Bill, JA!/Hasim Sancar, GB): Politische Vor-gaben des Gemeinderats für den Polizeieinsatz beim "reclaim the streets"
Geschäftsnummer 08.000191 / 08/336

Am 17. Mai 2008 hätte unter dem Motto "reclaim the streets" eine Strassenparty mit diversen Musikwagen, Live-Bands, Essen und Trinken stattfinden sollen. Die ca. 200 Leute besammel-ten sich auf der Schützenmatte und wurden schon dort von einem riesigen Polizeiaufgebot am Weiterlaufen gehindert. Die Teilnehmerinnen verschoben sich auf die Kreuzung Schützen-mattstrasse/Lorrainebrücke. Um ca. 20.45 Uhr griff die Polizei das friedliche Fest ohne Vor-warnung mit Gummigeschossen und Pfefferspray an. Es entstand eine Massenpanik und zwei Personen wurden durch Gummigeschosse verletzt - eine davon direkt unter einem Auge.
Für die Fraktion GB/JA! ist der Auslöser für einen derartigen Polizeieinsatz unklar. In den Telebärn-News vom 18. Mai 2008 begründet die Sprecherin von Police Bern, Ursula Stauffer, den Einsatz damit, dass der Verkehr wieder hätte fliessen müssen. Die Einsatzleitung vom 17. Mai selber rechtfertigte den Angriff angeblich damit, dass "die Damen und Herren Organi-satorInnen" lernen müssten, dass für jede Kundgebung eine Bewilligung eingeholt werden müsse. Beide Begründungen legitimieren keinen solchen Polizeieinsatz, insbesondere ohne Vorwarnung. Das Grüne Bündnis und die Junge Alternative, JA! sind zwar auch der Meinung dass für solche Anlässe eine Bewilligung eingeholt werden sollte, eine Bewilligung kann aber auch noch am Platz gegeben werden. Diese deeskalierende Praxis wurde in den letzten Jah-ren immer wieder vom Gemeinderat und der Polizei angewandt, indem zum Beispiel eine De-moroute durch die Quartiere statt durch die Innenstadt vereinbart wurde. Dass sich der Ge-meinderat nun vor dem Hintergrund der Verschiebung der strategischen und operativen Kom-petenz zu Police Bern auch vor seiner politischen Verantwortung drückt, beunruhigt die Frak-tion GB/JA! zutiefst und stellt die Deeskalationsstrategie in Frage.
Ein solches Vorgehen seitens der Polizei und die unklare Rolle des Gemeinderates bezüglich politischer Vorgaben werfen Fragen auf und machen eine Prüfung des Polizeieinsatzes un-umgänglich.

Deshalb bittet die Fraktion GB/JA! den Gemeinderat um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Hat der Gemeinderat mit Police Bern politische Vorgaben (z.B. bezüglich möglicher De-moroute oder dem allgemeinen Umgang mit der unbewilligten Demonstration) vereinbart? Wenn Ja, welche? Oder liess er Police Bern freie Hand, wie sie mit "reclaim the streets" umgehen wollen? Wenn Ja, warum?
2. Erachten die zuständigen Behörden den Angriff auf die friedlichen Demonstrierenden als verhältnismässig? Wie begründen der Gemeinderat und die Police Bern den plötzlichen Gummigeschosseinsatz, der ohne Vorwarnung durchgerührt wurde?
3. Warum hat die Polizei ohne Vorwarnung - wie es die Vorschrift wäre - Gummigeschosse und Pfefferspray eingesetzt? Gab es diesbezüglich politische Vorgaben vom Gemeinde-rat?
4. Am Samstag wurden bereits tagsüber Personen in der Innenstadt kontrolliert. Aus wel-chen Gründen und nach welchen Kriterien geschah dies? Und gab es diesbezüglich politi-sche Vorgaben vom Gemeinderat?
5. Gibt es eine Auswertung des Polizeieinsatzes im Auftrag des Stadt Berner Polizeidirek-tors? Und wenn nicht, warum? Welche Lehren zieht der Gemeinderat aus dem Polizeiein-satz vom 17. Mai 2008 und wie gedenkt er, diese in die politischen Vorgaben für die Ar-beit von Police Bern einfliessen zu lassen?

Bern, 22. Mai 2008

Antwort des Gemeinderats
Gemäss Artikel 2 des Reglements über Kundgebungen auf öffentlichem Grund (Kundge-bungsreglement; KgR; SSSB 143.1) sind Kundgebungen bewilligungspflichtig. Eine Bewilli-gung kann nur erteilt werden, wenn ein geordneter Ablauf der Kundgebung gesichert ist und die Beeinträchtigung der anderen Benutzenden des öffentlichen Grunds zumutbar erscheint. Um dies sicherstellen zu können, ist ein rechtzeitiger Dialog zwischen den Organisierenden von Kundgebungen und der Bewilligungsbehörde notwendig, in dem klare Abmachungen ge-troffen werden können. Der Gemeinderat hat in diesem Sinne wiederholt kommuniziert, dass er keine unbewilligten Kundgebungen akzeptiert.

Die in der Interpellation gestellten Fragen können wie folgt beantwortet werden:
Zu Frage 1: Aus den einleitend erwähnten Gründen und aufgrund der Lagebeurteilung hat der Gemeinderat entschieden, keine unbewilligte Kundgebung "reclaim the streets" zu akzeptie-ren. Ebenso hat er beschlossen, dass die Kantonspolizei nach dem Verhältnismässigkeits-prinzip entscheidet, wie sie mit einer unbewilligten Kundgebung umgeht und die öffentliche Sicherheit gewährleistet.
Zu Frage 2: Verschiedenste Kontaktversuche seitens der Bewilligungsbehörde und der Polizei mit den mutmasslichen Organisatorinnen und Organisatoren im Vorfeld und während der Kundgebung blieben erfolglos. Demzufolge konnten zu keinem Zeitpunkt Verhandlungen ge-führt oder Vereinbarungen getroffen werden. Durch gemeinsame Absprachen kann Vertrauen aufgebaut werden. Wie einleitend dargelegt helfen klare Abmachungen, einen geordneten Verlauf der Kundgebung sicherzustellen und die Beeinträchtigung Dritter auf ein vertretbares Mass zu reduzieren. Die meisten bewilligten Kundgebungen verlaufen deshalb problemlos. Dieser Dialog wurde leider von den Organisatorinnen und Organisatoren konsequent verwei-gert.
Die Kantonspolizei hat den Kundgebungsteilnehmenden bereits am Anfang der Kundgebung kommuniziert, dass es sich um eine unbewilligte Kundgebung handelt, welche nicht akzeptiert wird. Der Hinweis auf Artikel 292 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom 21. Dezember 1937 (StGB; SR 311.0) erfolgte lange vor dem Eingreifen der Polizei.
Nachdem die Polizeikräfte einen Kundgebungsumzug verhinderten, veranstalteten die Orga-nisatorinnen und Organisatoren eine Platzkundgebung auf der Schützenmatte, welche sich nach und nach Richtung Kleeplatz ausbreitete. Verschiedene vermummte Kundgebungsteil-nehmende warfen wiederholt Flaschen gegen die Polizei. Daraufhin setzte die Polizei Gummi-schrot ein. Zur Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden musste das Bollwerk wegen der Glas-scherben auf der Fahrbahn für den öffentlichen und den privaten Verkehr gesperrt werden.
Zu Frage 3: Siehe Antwort zu Frage 2.
Zu Frage 4: Aufgrund der Erfahrung mit "reclaim the streets"-Kundgebungen in der Vergan-genheit musste mit Sachbeschädigungen gerechnet werden. So beliefen sich die Sachschä-den im Jahr 2004 auf Fr. 140 000.00 und bei der letzten "reclaim the streets"-Kundgebung im Jahr 2005 auf Fr. 50 000.00. Die Kantonspolizei hat deshalb gestützt auf das Polizeigesetz bereits vorgängig Personenkontrollen durchgeführt.
Zu Frage 5: Der Gemeinderat weist darauf hin, dass die operative Zuständigkeit und Verant-wortung für die Polizeieinsätze seit 1. Januar 2008 bei der Kantonspolizei liegen. Für den Gemeinderat gibt es keinen Anlass, den Polizeieinsatz vom 17. Mai 2008 weitergehend zu analysieren. Der Auftrag, die Sicherheit im Rahmen der Verhältnismässigkeit zu gewährleis-ten, konnte von der Kantonspolizei erfüllt werden.

Bern, 17. September 2008

Interpellantin Lea Bill (JA!): Die Antwort des Gemeinderats zeigt, dass er dadurch, dass es heute Police Bern gibt, offenbar nicht mehr sehr viel zu derartigen Einsätzen auf Stadtberner Boden zu sagen hat. Sie zeigt auch, dass seine Vorgaben recht bescheiden waren. Die Frak-tion GB/JA! ist enttäuscht darüber, dass der Gemeinderat derart dürftige Vorgaben macht. Aus der Antwort auf Frage 5 wird klar, dass er sich weiterhin hinter Police Bern versteckt. Er will nicht sagen, welche Vorgaben er gemacht hat und ob er das Ganze auch evaluieren will.
Ich möchte anfügen, dass Gummischroteinsätze gefährlich sind und vom Gemeinderat nach wie vor unterschätzt werden.

Beschluss
Die Interpellantin Fraktion GB/JA! ist mit der Antwort teilweise zufrieden.