MEDIENSPIEGEL 24.12.08
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipp (DS, Tojo)
- Hausgeister Thun: Erfolg trotz Auszug
- Burgergemeinde bespitzelt
- Videoüberwachung Biel
- Sans-Papiers ZH: Besetzung geht weiter
- Winterthur: Communiqué
- Bahnpolizei vs Bahnhofgangs
- Neonazis CH: vom Rechten zum Linken
- Neonazis BRD: Fall Passau - auch "Gothics" verdächtig
- Homophobie: Papst am Abdrehen
- Griechenland: Demos und Schüsse auf Polizei
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REITSCHULE
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Dez 08: Beteiligt Euch an der
Vorplatz-Präsenz!!!
PROGRAMM:
Mo 22.12.08
20.30 Uhr - Tojo - Missing Pieces
von Nachtregentrommler. Regie: Christian Valerius.
Mi 24.12.08
22.00 Uhr - SousLePont - Beizenbetrieb
Do 25.12.08
22.00 Uhr - SousLePont - Beizenbetrieb
23.00 Uhr - Tojo - Völlig
losgelöst Tojo-Disko
Fr 26.12.08
23.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild
East: Max Pashm (Elektrikos/Organikos Rec/UK), Support: DJ Sunny
Icecream
Sa 27.12.08
23.00 Uhr - Dachstock - Famous when
Dead Tour: Roman Flügel (Alter Ego/Playhouse/D), Heiko
M/S/O (Playhouse/Ongaku/D), Support: J. Sanders aka Smat
Mi 31.12.08
21.00-05.00 - Kino/Frauenraum - UNCUT
FILM (21.00 Breakfast on Pluto; 01.30 Itty Bitty Titty
Committee) & 23.00 Frauenraum-PARTY
NACHT mit Anouk Amok
23.00 Uhr - SousLePont - A Bad-Taste-Silvester Party mit DJ-Set
von Copy&Paste
Infos: www.reitschule.ch
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kulturagenda.be
25.12.08
Völlig losgelöst im Tojo
Fern vom Aufwärmen von familiären Weihnachstraditionen am
Christbaum
wärmt das Tojo die 80er-Jahre auf und kocht schwerelos durch das
80er-Universum. Längst totgeglaubte Songs und solche, die es nie
sein
werden, treffen auf die Visuals der
Finn-Damaged-Factory-Videokünstler.
Tojo in der Reitschule, Bern. Do., 25.12.08, 22 Uhr
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Bund 24.12.08
Sounds/Dancefloor: Balkan-Beats mit Palkomuski und Max Pashm
Scharf gezielte Polka-Attacken
Das Festtagsmenü fürs Berner Ausgehpublikum ist dieses Jahr
rassig: ein
pikantes Balkan-Allerlei von Palkomuski, eine etwas dezentere
Osteuropa-Mélange von Max Pashm.
Regula Fuchs
Balkan-Beats, das ist eine Musik des Hochdosierten: Alles ist ein wenig
rassiger, schärfer, hochprozentiger, verrückter,
schweisstreibender.
Genau diesem Schema entspricht das Schaffen des Schweizer Quintetts
Palkomuski, das von Zigeunerpunk bis Blaskapellenirrsinn alles
zusammenrührt, was den Stallgeruch osteuropäischer Musik
trägt. Hinter
den Keyboards singt - oder besser: röhrt - die Kühlerfigur
Baptiste
Beleffi mit rotem Wuschelkopf und nacktem Oberkörper. Sein
primäres
Ziel: die Menge zum Schwofen zu bringen. Was auch meistens gelingen
dürfte, mit den wild hüpfenden Offbeats, den
überschwänglichen
Akkordeonläufen und scharf gezielten Polka-Attacken. Über den
künstlerischen Wert eines solchen Balkan-Allerleis kann spekuliert
werden, die Partytauglichkeit jedoch ist unbestritten. Ums Dezente geht
es Palkomuski wahrlich nicht: Unterfüttert wird das Ganze auch
schon
mal mit Billig-Trance aus dem Heimcomputer.
Griechisch-unorthodox
Eine Spur gemässigter agiert der Brite Max Pashm, der schon Ende
der
Neunzigerjahre Balkan-Melodien über elektronische Beats
schichtete. Mit
seiner Max Pashm Band eifert er den Shantels und Gogol Bordellos dieser
Welt nach und schart zu diesem Zweck gestandene Musikerinnen und
Musiker um sich, die seinem griechisch-unorthodoxen
Klezmer-Punk-Gypsy-Gemisch eine solide musikalische Basis verleihen. Da
hat auch mal eine zarte Lyra oder eine sanfte Bouzouki ihren Platz. Max
Pashm lässt für den Auftritt in Bern seine Band allerdings zu
Hause und
tritt als DJ auf - in seinem CD-Koffer mit dabei: World- und
Balkan-Beats.
Dampfzentrale
Palkomuski live: Donnerstag, 25. Dezember, 22 Uhr.
Reitschule Dachstock
Max Pashm: Freitag, 26. Dezember, 23 Uhr.
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HAUSGEISTER THUN
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BZ 24.12.08
"Hausgeister" zogen gestern wieder ab
Die Gruppe "Aktion Hausgeist" hat das Gebäude am Hopfenweg
geräumt. Für
die Jugendlichen war die Aktion ein Erfolg, weil der Eigentümer
das
Einverständnis gab, dort vorübergehend ein Jugendzentrum
einzurichten.
Die anonyme Gruppe "Aktion Hausgeist" hat die Liegenschaft am Hopfenweg
19 A in Thun gestern verlassen. "Ich schaute vorbei, sie waren nicht
mehr dort", sagte der Eigentümer der Liegenschaft, Thomas Helmle,
auf
Anfrage. "Sie haben auch ihre Plakate entfernt und aufgeräumt."
Die
Jugendlichen hielten das leerstehende Haus seit der Nacht auf Sonntag
besetzt. Sie möchten dort ein alternatives Jugendzentrums
einrichten.
Am vergangenen Montag führte die Gruppe Gespräche mit
Eigentümer Thomas
Helmle und Vertretern der Stadt Thun: Gemeinderat Peter Siegenthaler
und Sicherheitschef Erwin Rohrbach. Letztere stellten der Gruppe das
Ultimatum, bis am Dienstag das Haus zu verlassen.
Thema im Gemeinderat
Die Besetzer sehen die Aktion als Erfolg. Eigentümer und Stadt
hätten
Bereitschaft signalisierten, das Gebäude zur Verfügung zu
stellen. "Die
Gespräche verliefen gut", sagte auch Erwin Rohrbach. Nun will der
Gemeinderat darüber beraten, ob und wie ein solches Jugendzentrum
umgesetzt werden könnte. Das Thema ist laut Rohrbach für die
erste
Gemeinderatssitzung im neuen Jahr traktandiert. Zuvor müssten die
Jugendlichen ein Konzept erarbeiten. Rohrbach schätzt die Chancen
für
das Vorhaben als gut ein: "Die Ausgangslage ist günstig, weil der
Eigentümer bereit ist, das Haus zur Verfügung zu stellen.
Bislang war
ein solches Zentrum immer daran gescheitert." Ein Jungendzentrum an
diesem Standort wäre aber nur temporär möglich, da der
Eigentümer im
nächsten Sommer dort ein Mehrfamilienhaus bauen will.
chk
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BURGERGEMEINDE
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Beobachter 26/08
Burgergemeinde
Schnüffeleien einer Berner Zunft
Dominique Strebel
Tomas Wüthrich
Die Bernburger-Gesellschaften üben noch heute staatliche Gewalt
aus.
Eine Zunft bespitzelte gar als Vormundschaftsbehörde jahrelang
eine
Zunftangehörige und beriet sie in finanziellen Fragen falsch.
Es klingt wie Mittelalter, ist aber Gegenwart: Adele Stamm (Name
geändert) wurde jahrelang von der Berner Zunft zur Schmieden
überwacht.
"Erst bei der Akteneinsicht vor einem Jahr realisierte ich, dass eine
Nachbarin, eine Bekannte und Lehrer meines Sohnes über Jahre
hinweg
intimste Details aus unserem Familienleben rapportierten", erzählt
sie.
Die Überwachung hatte handfeste Konsequenzen, denn die
49-Jährige ist
als gebürtige Zunftangehörige deren Gewalt unterstellt, wenn
es um
Sozialhilfe und Vormundschaftsfragen geht (siehe nachfolgender
Abschnitt "Bernburger: Ein Staat im Staat"). "Eigentlich sind diese
Behörden dazu da, Bernburgern zu helfen", sagt Adele Stamm.
"Stattdessen legten sie meinem Partner, meinem Kind und mir Steine in
den Weg und versuchten wiederholt, uns das Kind wegzunehmen."
Ein ganzes Netz von Spitzeln
Das Ganze kam so: Adele Stamm war früh schon aufmüpfig und
schwänzte
die Schule. Sie lernte Goldschmiedin, lebte mit ihrem
ausländischen
Freund ohne Eheschein zusammen und wurde 1981 mit 22 Jahren Mutter. Das
alles missfiel ihren Eltern.
Als Stamms Sohn Lucca (Name geändert) fünfjährig war,
machte die
Familie eine Krise durch. Stamms Partner versuchte sich das Leben zu
nehmen. Unter dieser Last brach sie zusammen und begab sich zur
Behandlung für wenige Tage in eine psychiatrische Klinik. Lucca
war bei
Freunden untergebracht. Da griff Stamms Vater ein, ein angesehener
Professor: Er setzte bei der Zunft durch, dass seiner Tochter ohne
Vorabklärung vorübergehend die Obhut über ihr Kind
entzogen wurde.
Die gravierenden Fehlleistungen der Zunft begannen, als das Kind wieder
bei den Eltern lebte und sie den Fall einem Laien anvertaute. Obwohl
jetzt keinerlei vormundschaftliche Massnahmen mehr bestanden, erteilte
der Zunftrat ihm den Auftrag, den Kontakt mit Nachbarn der Familie
Stamm zu pflegen.
Jahrelang meldeten eine Nachbarin, eine Bekannte und verschiedene
Lehrer der Zunft persönliche Details über das Leben der
Familie - ohne
dass die Betroffenen etwas davon wussten. Am 22. Mai 1989, 17.15 Uhr,
berichtete etwa eine "Bekannte", dass sie "die hochtrabende Art sehr
verstimmt habe", mit der Stamm sie empfangen habe. Sie meldete weiter,
"sie habe eine Sauordnung vorgefunden", oder suggerierte, die Eltern
seien drogensüchtig. Eine Lehrerin berichtete: "Letzten Samstag
traf
ich Lucca vor dem Kiosk an, wo er ein Znüni kaufen wollte. Das
Geld
dafür (Fr. 2.50) hatte er im Socken versteckt. Da die Familie
Stamm im
Moment finanziell sicher nicht sehr gut steht, drängt sich
für mich die
Frage auf, woher er das Geld hat." Adele Stamm: "Ich war entsetzt, als
ich bei der Akteneinsicht merkte, dass mich diese Leute so hintergangen
haben."
Die Behörde bereitete auch immer wieder die Wegnahme des Kindes
vor.
Ein Platz im burgerlichen Waisenhaus war reserviert, später fasste
man
sogar ein geschlossenes Schulheim ins Auge. Zudem informierte sich die
Zunft noch in den neunziger Jahren bei den Arbeitgebern Stamms, ob sie
ihre Arbeit gut mache. Grundloses Misstrauen: Stamm arbeitet seit 17
Jahren beim gleichen Arbeitgeber - der Stadt Bern. Sohn Lucca hat
erfolgreich seine Lehre abgeschlossen und einen Job gefunden.
"Völlig unprofessionell"
"Das Vorgehen der Zunft war widerrechtlich", kritisiert Professor
Christoph Häfeli, Experte im Sozialhilfe- und Vormundschaftsrecht.
"Wenn eine Beistandschaft aufgehoben wird, besteht auch kein Anlass,
Eltern und Kind zu überwachen." Falls neue Hinweise darauf
hindeuten
würden, dass die Behörde einzugreifen habe, müsste sie
den Betroffenen
mitteilen, dass man nun weitere Abklärungen vornehme. "Es geht
doch
nicht an, dass eine Sozialbehörde quasi vorsorglich verdeckt
ermittelt", empört sich Häfeli. "Und dafür Nachbarn
einzusetzen ist
völlig unprofessionell." Aber vielleicht nicht erstaunlich, wenn
eine
mittelalterliche Zunft in der heutigen Zeit für so sensible Fragen
zuständig ist.
Die Zunft zur Schmieden zeigt sich heute teilweise einsichtig. So meint
Andreas Lutstorf, Obmann der Zunft, es sei nicht einfach, zu
beurteilen, ob mit den vor knapp 20 Jahren angewandten Methoden die
damaligen Gesetze missachtet worden seien. "Auch wenn allfällige
Ungereimtheiten keineswegs beschönigt werden sollen, darf deshalb
nicht
einfach ein früheres, damals unter Umständen übliches
Verhalten ohne
weiteres an heutigen Massstäben gemessen werden."
Adele Stamm wurde von der Bernburger Zunft aber nicht nur bespitzelt,
sondern auch falsch beraten. So teilte ihr die Zunft wiederholt mit,
sie habe keine Chance, für ihr Kind Alimente zu erhalten. Nur
durch
Zufall erfuhr Stamm von einer staatlichen Stelle, dass sie sehr wohl
Anspruch auf monatlich 500 Franken habe. So seien ihr mehr als 50'000
Franken entgangen, meint Stamm.
Wiedergutmachung und Geldforderung
Zunftobmann Lutstorf entgegnet, man habe der Frau 1982 empfohlen, einen
Unterhaltsvertrag abzuschliessen. Eine allfällige Wiedergutmachung
sei
aber nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn die Zunftgesellschaft
tatsächlich einen Fehler begangen haben sollte. Deshalb habe man
mit
Stamm das Gespräch gesucht - bisher leider vergeblich.
Hingegen behauptete die Zunft vor rund einem Jahr, Stamm schulde ihr
noch 54000 Franken. Dafür konnte die Behörde aber keinen
detaillierten
Kontoauszug über allfällige Darlehen oder bezogene
Sozialhilfe
vorweisen. "Dies erfordert einen unverhältnismässigen
Aufwand, weil die
Abrechnungen in der interessierenden Periode jeweils noch für
ganze
Familien und nicht für einzelne Personen gemacht wurden",
erklärt der
Obmann. Doch die Abrechnung war nicht nur zu wenig detailliert, sondern
schlicht falsch. Adele Stamm konnte der Zunft beweisen - notabene mit
einem älteren Brief der Zunft selbst -, dass sie kein Geld mehr
schuldet.
Ein Auslaufmodell? Nicht fürs Parlament
Die Zunft zur Schmieden war zumindest im Fall Stamm offensichtlich
überfordert. Stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch
zeitgemäss
ist, ihr die staatliche Gewalt in Sozialhilfe- und Vormundschaftsfragen
zu belassen. Das neue Vormundschaftsrecht, das letzte Woche vom
Parlament verabschiedet wurde, meint ja: Es gewährt den
Bernburgern und
Zünften auch in Zukunft das Privileg, eigene
Erwachsenenschutzbehörden
zu führen. "Die Experten wollten diesen alten Zopf abschneiden",
sagt
Experte Häfeli. "Aber die Bernburger haben beim Bundesrat
erfolgreich
lobbyiert." Immerhin wird unter dem neuen Recht für den
Kindesschutz
eine staatliche Behörde zuständig sein.
--
Bernburger: Ein Staat im Staat
Die Berner Burgergemeinde und ihre 13 Zünfte sind im 19.
Jahrhundert
aus den ehemaligen Berner Patrizierfamilien entstanden. Die 17'000
Bernburger sind mächtig und reich: 2007 wies alleine die
Burgergemeinde ein Vermögen von total 1,64 Milliarden Franken aus.
Den
Bernburgern gehören Wälder wie der Bremgartenwald und
Liegenschaften
wie das Berner Casino. Sie führen das Naturhistorische Museum, das
Burgerspital, das Burgerheim und die Burgerbibliothek. Die Berner
Zünfte üben aber auch staatliche Gewalt aus. Sie sind
zuständig für
Sozialhilfe und Vormundschaftsmassnahmen gegenüber allen
Bernburgern,
die im Kanton Bern leben. Will man sich gegen Zunftbeschlüsse
wehren,
kann man nicht sofort an die normalen staatlichen Instanzen gelangen,
sondern muss seine Beschwerde an die Oberwaisenkammer der
Burgergemeinde richten. Für Datenschutzverletzungen der
Zünfte ist
nicht Stadt oder Kanton Bern, sondern eine Zunftkommission
zuständig.
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BIG BROTHER VIDEO
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BZ 24.12.08
Biel
Stadt nimmt einen neuen Anlauf
Der Gemeinderat hat festgehalten, wie die Videoüberwachung
politisch aufgegleist werden soll. Der Ball liegt nun beim Stadtrat.
"Jetzt sind wir wieder da, wo wir schon einmal waren", sagt Gross- und
Stadtrat Peter Moser (FDP). Drei Jahre lang war das Thema
Videoüberwachung blockiert, weil auf kantonaler Ebene zuerst eine
gesetzliche Grundlage geschaffen werden musste. Kaum hatte der Grosse
Rat diese vor drei Monaten verabschiedet, drückte Peter Moser
erneut
aufs Gaspedal und lancierte eine weitere Motion. Darin forderte er, das
Thema Videoüberwachung rasch anzupacken und bis im Sommer 2009 ein
Reglement auszuarbeiten.
Legislative fällt Entscheid
Der Gemeinderat ist bereit, den Forderungen von Moser zu folgen, wie
der Antwort auf den Vorstoss zu entnehmen ist. Auch deshalb, weil es
nicht mehr darum geht, im Sinne von Big Brother konstant
öffentliche
Plätze zu überwachen, sondern die Videos lediglich
nachträglich als
Beweissicherung einzusetzen, wenn etwas vorgefallen ist. So sieht es
das revidierte Polizeigesetz vor. Laut Gemeinderat soll das Parlament
den Grundsatzentscheid über die Videoüberwachung fällen
- im Rahmen der
Revision des kommunalen Polizeireglements.
Wann folgt die Umsetzung?
Wenn sich der Stadtrat für die Videoüberwachung aussprechen
sollte,
würde der Gemeinderat anschliessend die Details regeln und ein
Konzept
erarbeiten. Also insbesondere auch entscheiden, wie viele Kameras zum
Einsatz kommen sollen und wo.
Die grösste Differenz zwischen dem Gemeinderat und der Forderung
von
Peter Moser besteht bei der zeitlichen Umsetzung. Hier drückt der
Gemeinderat auf die Bremse und erachtet es als nicht realistisch, dass
die Videoüberwachung schon im nächsten Sommer starten kann.
"Das wird
nicht möglich sein", bestätigt Stadtpräsident Hans
Stöckli. Zumal das
Polizeireglement erst im Verlaufe des nächsten Jahres in den
Stadtrat
kommt. Moser hätte es gern gesehen, mit der Überwachung zu
beginnen,
wenn das Polizeigesetz am 1.Juli in Kraft tritt.
Der Gemeinderat hält auch mit dem Argument dagegen, dass zuerst
die
kantonale Verordnung vorliegen müsse, bevor der Stadtrat
entscheiden
könne. Laut Peter Moser verhält sich der Gemeinderat bei
dieser Frage
etwas gar defensiv. Allerdings ist sich auch Moser bewusst, dass im
Polizeireglement nebst der Videoüberwachung eine Reihe weiterer
Sachverhalte geregelt werden muss und dies Zeit braucht. Laut Jean
François Jöhr, dem stellvertretenden Generalsekretär
der kantonalen
Polizei- und Militärdirektion, bestünde grundsätzlich
aber tatsächlich
die Möglichkeit, die Ausarbeitung eines Überwachungskonzeptes
schon
jetzt an die Hand zu nehmen. "Dieses kann eine Gemeinde losgelöst
von
der Verordnung machen", sagt Jöhr. Die kantonale Verordnung
befindet
sich noch in der internen Vernehmlassung. Im April will sie der
Regierungsrat verabschieden und gleichzeitig mit dem Gesetz auf den
1.Juli in Kraft setzen lassen.
me/bt
--
Videoüberwachung
Auch in Lyss ein Thema
Die Gemeinde Lyss muss sich im neuen Jahr ebenfalls mit der
Möglichkeit
von einer Videoüberwachung auseinandersetzen. Die FDP-Fraktion des
Grossen Gemeinderats hat an der letzten Sitzung im Dezember ein
Postulat zum Thema eingereicht. Darin beauftragt sie den Gemeinderat,
die Handhabung einer Videoüberwachung zu prüfen. Die Lysser
FDP
befürwortet den Einsatz einer Videoüberwachung: Ein
angemessener
Einsatz in Lyss sei ein effizientes Mittel, um die Sicherheit der
Bevölkerung zu gewährleisten, hält sie in der
Begründung fest. Auch die
SVP begrüsst diese Form von Überwachung: "Wenn damit der
Kriminalität
vorgebeugt werden kann, ist diese Massnahme durchaus sinnvoll und
angebracht", sagt deren Präsident Beat Jakob.
SP-Co-Präsidentin Katrin
Meister gibt sich eher skeptisch: "Es bedarf vieler Abklärungen,
bevor
man diese Massnahme ergreifen könnte." Für
VGP-Fraktionspräsidentin
Erika Briner macht der Einsatz der Überwachung nur Sinn, wenn sie
in
ein Massnahmenpaket eingebaut wird. Markus Minder,
EVP-Co-Präsident,
sagt, er habe keine andere Idee für eine bessere Sicherheit der
Bevölkerung.
irl
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SANS-PAPIERS ZH
www.bleiberecht.ch
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bleiberecht.ch 24.12.08
Sans-Papiers Weihnachten
Seit sechs Tagen besetzen wir Sans-Papiers nun die Predigerkirche, um
auf unsere unmenschliche Behandlung im Kanton Zürich aufmerksam zu
machen. In anderen Kantonen hätten viele von uns längst
Papiere
erhalten, doch Regierungsrat Hollenstein weigert sich beharrlich, die
Härtefallregelung in Zürich zur Anwendung zu bringen. Die
Stimmung ist
kämpferisch, und wir werden hier bleiben, bis Herr Hollenstein zu
uns
kommt und konkrete Lösungen vorschlägt.
Heute Heiligabend laden wir alle solidarischen Menschen und
KirchgängerInnen herzlich zu einem Apéro ein, der
anschliessend an den
offiziellen Gottesdienst stattfindet (ca. 23.15 Uhr).
Wir stellen uns darauf ein, dass wir noch länger hier bleiben
müssen,
denn Regierungsrat Hollenstein zieht es offenbar vor, seine Ferien zu
geniessen, statt sich um unsere Probleme zu kümmern.
Auch in den nächsten Tagen freuen wir uns über jeden Besuch!
Es wird
weitere Veranstaltungen geben, ausserdem gibt es den ganzen Tag die
Gelegenheit, bei einem Kaffee oder Tee ins Gespräch zu kommen.
Natürlich sind wir auch für helfende Hände, selbst
organisierte
Mahlzeiten, Sach- und Geldspenden dankbar.
Für die Solidarität aus der Bevölkerung, die uns bisher
entgegengebracht wurde, möchten wir uns herzlich bedanken!
Die Sans-Papiers aus der Predigerkirche
---
Tagesanzeiger 24.12.08
Kirchenbesetzer als Gäste am Gottesdienst
Zürich. - Die Papierlosen halten die Predigerkirche im Niederdorf
bis
auf weiteres in Beschlag. Angebote von Seiten der reformierten
Landeskirche, auf benachbarte Gebäude auszuweichen, die nicht
durch
weihnächtliche Veranstaltungen belegt sind, lehnten die Besetzer
ab.
Wie Kirchenpflegepräsident Daniel Lienhard auf Anfrage sagt,
findet der
Weihnachtsgottesdienst statt - mit den Besetzerinnen und Besetzern als
Gästen. Eine Räumung der Kirche sei momentan tabu. Die
Sans-papiers,
die seit Freitag in der Kirche weilen, forden vom Kanton konkrete
Zugeständnisse. Beispielsweise sollten zur Feststellung der
Identität
nicht nur Reisedokumente anerkannt werden, sondern auch ein Taufschein,
eine Heiratsurkunde oder ein Führerschein.
Kirchenratspräsident Ruedi Reich hat mit dem zuständigen
Regierungsrat
Hans Hollenstein (CVP) Kontakt aufgenommen. Hollenstein habe sich dabei
bereit erklärt, am 5. Januar eine von der Landeskirche
geführte
Delegation der Sans-papiers zu empfangen und die Situation zu
erörtern.
Vor einer Vertretung der Sans-papiers betonte Reich allerdings, dass er
sich ein persönliches Engagement im Januar vor dem Hintergrund
einer
besetzten Kirche nicht vorstellen könne.
Zur Aktion haben sich mehrere Parteien geäussert. Die PdA
appelliert an
linke und grüne Kantonsparlamentarier, stärkeren Druck auf
die
Regierung auszuüben. Die SVP lobt das vorbildliche,
rechtsstaatliche
Verfahren im Umgang mit Asylgesuchen. Die Schweizer Demokraten pochen
auf eine sofortige polizeiliche Räumung der Kirche und die
umgehende
Ausschaffung der illegalen Aufenthalter. (hoh/sth)
Fürsprecher der Papierlosen, Seite 7
--
Michael Stegmaier, Fürsprecher der Papierlosen in der Zürcher
Predigerkirche
Ohne Wenn und Aber
Von Stefan Häne
Dieser Mann will sich partout kein Etikett umhängen lassen. Er sei
weder Pressesprecher noch Funktionär noch Anführer, sagt
Michael
Stegmaier. Und lässt anklingen, was er vom "medial inszenierten
Personenkult" hält: nichts. Seine Stimme ist so fein wie seine
Statur,
das Gesprochene dafür umso bestimmter: "Es zählt einzig die
Bewegung.
Nur die Bewegung." Und deren Ziel: die "würdelose Situation" der
schätzungsweise 20 000 Sans-papiers im Kanton Zürich zu
verbessern.
Die Bewegung - das ist das Bleiberecht-Kollektiv, eine Basisbewegung
ohne feste Organisationsstruktur und Angaben zu ihrer Mitgliederzahl,
verwurzelt im peripheren linken Milieu, beheimatet in Zürich,
Lausanne,
Freiburg und Bern, unterstützt von mehreren
Flüchtlingsverbänden, unter
anderem der Demokratischen Vereinigung der Flüchtlinge. Seit
Freitag
hält die Gruppierung die Predigerkirche im Niederdorf besetzt. Ein
Ende
des Protests ist nicht in Sicht.
Stegmaier war von Beginn weg mit dabei, er hat zum zivilen Ungehorsam
aufgerufen. Zusammen mit rund 150 Menschen - abgewiesenen Asylbewerbern
und Papierlosen aus Afrika und dem Nahen Osten - hat er das Gotteshaus
am Zähringerplatz in eine Trutzburg verwandelt. Hier verhandelt er
mit
Kirchenvertretern, den Hoffnungslosen macht er Mut, allen anderen
ebenfalls. Die Besetzung, so sagt er, soll keinesfalls in einem
Hungerstreik gipfeln. Wild Entschlossene versucht er zu bremsen.
Neben der Überzeugungsarbeit gibt es viel Profanes zu tun: Er
koordiniert Versammlungen, organisiert Schlafsäcke und Matten,
stellt
Essen und Trinken bereit. Das Geld dafür stammt aus Spenden, rund
500
Franken pro Tag. Stegmaier selber arbeitet ehrenamtlich.
Seine persönliche Leistung will er, ganz der Sozialist, nicht
herausgestrichen haben. Alle gäben sich genauso Mühe wie er,
sagt
Stegmaier. Seine Person will er im Hintergrund halten. Die Angaben sind
karg: 39 Jahre, wohnhaft im Kreis 4, Sozialarbeiter, Redaktor bei der
kleinen sozialistischen Zeitung "Vorwärts", zudem tätig bei
der Gruppe
für eine Schweiz ohne Armee GSoA. Dort hat er den Ruf eines
bienenfleissigen, aber zuweilen chaotischen Basisaktivisten mit
stupendem Feingespür für die Menschen; entsprechend gut
könne er mit
ihnen umgehen und sie mobilisieren, heisst es.
Rechtskonservativen Kreisen sind solche Widerspenstige ein Gräuel.
Entsprechend schroff fällt ihre Kritik aus: Stegmaier sei ein
Gutmensch, der - missionarisch aufgeladen - seine Moralvorstellungen
verabsolutiert haben wolle. Er untergrabe den Schweizer Rechtsstaat,
indem er sich zum Komplizen von Menschen mache, die sich illegal in der
Schweiz aufhielten und ausgeschafft gehörten.
Derlei Kritik prallt an Stegmaier ab. Die Gerechtigkeit, die er in
Trümmern liegen sieht, fordert er ein - ohne Wenn und Aber. Nur
von
Gewalt distanziert er sich ausdrücklich. Austeilen tut er
trotzdem,
verbal. Mit harten Worten kritisiert Stegmaier die "unmenschliche
Härtefallpraxis" des Zürcher Migrationsamtes, versucht er,
dem
Regierungsrat Zugeständnisse abzupressen, unter anderem Papiere
für
alle Papierlosen - eine Forderung, die im Kanton Zürich politisch
bislang chancenlos ist. Michael Stegmaier zeigt sich davon wenig
beeindruckt. "Wir werden kämpfen, bis wir unser Ziel erreicht
haben",
versichert er. Wobei kämpfen derzeit vor allem eines für ihn
bedeutet:
ausharren, bis die Regierung sich bewegt.
---
Landbote 24.12.08
Predigerkirche: Kein Kompromiss
sda
Zürich - Bei der Besetzung der Predigerkirche im Zürcher
Niederdorf ist
vorderhand kein Ende absehbar. Die Sans-Papiers, die seit Freitag in
der Kirche weilen, pochen auf konkrete Zugeständnisse seitens des
Kantons. Sie wollen die Kirche erst dann räumen, wenn ihre
Forderungen
erfüllt sind. Die Kirchenverantwortlichen zeigen nach wie vor
Verständnis für die Anliegen der Papierlosen, wenn sie auch
eine
Weiterführung der Besetzung nicht für den richtigen Weg
halten. Sie
haben den Besetzern aber ihre künftige Unterstützung zugesagt.
Kirchenratspräsident Ruedi Reich hat mit Regierungsrat Hans
Hollenstein
Kontakt aufgenommen. Der Sicherheitsdirektor habe sich bereit
erklärt,
am 5. Januar eine von der Landeskirche geführte Delegation der
Sans-Papiers zu empfangen. Die Besetzer halten davon wenig.
Gespräche
mit Hollenstein seien letztes Jahr erfolglos gewesen. Man wolle jetzt
konkrete Ergebnisse sehen. (sda) lSeite 31
--
"Ich bleibe, ich habe keine andere Wahl"
Anna Wepfer
In der besetzten Predigerkirche gehen die Verhandlungen nur harzig
voran. Zwar bieten Kirchenratspräsident Ruedi Reich und
Regierungsrat
Hans Hollenstein den Besetzern ein Gespräch an. Die Kirche
freigeben
wollen diese trotzdem nicht.
Zürich - Im Innern der Predigerkirche herrscht fast gespenstische
Ruhe.
Vereinzelt liegen Männer und Frauen auf den schmalen
Kirchenbänken und
dösen vor sich hin. An der Wand stapeln sich Wolldecken und
Schlafsäcke. Ein paar Stimmen klingen gedämpft durch den
kühlen Raum.
Die rund 100 Sans-Papiers, die am letzten Freitag in die Kirche
eingezogen sind, halten sich im Freien auf. In Gruppen stehen sie auf
dem Zähringerplatz. Es ist Mittagszeit. Viele halten
Plastikschalen mit
dampfendem Gemüse und Couscous in der Hand.
Irgendwo im Gewühl steht Haji Said. Der Iraker lebt seit sechs
Jahren
in der Schweiz, weil ihn eine Familienfehde aus seiner Heimat
vertrieben hat. "Ich habe grosse Probleme mit der Familie meiner
Ex-Freundin", sagt er. Sähe ihn jemand aus diesem Clan im Irak
wieder,
würden sie ihn kaum am Leben lassen, so Said. "Ich bin kein
politischer
Flüchtling. Aber es gibt für mich im Irak kein Leben mehr."
Leben auf Pump
Die Schweizer Behörden haben Saids Asylgesuch abgelehnt. Seither
lebt
er illegal in der Schweiz. Ohne Arbeitsbewilligung findet der ehemalige
Hilfskoch keine Stelle mehr. Deshalb wohnt er bei Kollegen - "eine
Nacht da, eine Nacht dort" - und lebt auf Pump. Sozialhilfe habe er nie
beansprucht, betont er. Nun hofft er, dass ihm die Besetzungsaktion
doch noch eine Aufenthaltsbewilligung verschafft. "Ich bleibe, bis eine
Lösung da ist. Ich habe ja keine andere, bessere Wahl."
Das will auch Bashiya Clément. Der 45-Jährige stammt aus
der
Demokratischen Republik Kongo und kam vor sieben Jahren in die Schweiz.
Im Kongo sei das Leben gefährlich, weil jederzeit Krieg ausbrechen
könne. Seine provisorische Aufenthaltsbewilligung ist vor ein paar
Monaten abgelaufen. Ohne Verlängerung. "Wir alle wissen genau,
dass wir
Ausländer sind", sagt Clément und weist mit einer vagen
Geste in die
Runde. "Aber wir suchen hier Schutz, Sicherheit und Stabilität."
Hollenstein gesprächsbereit
Gestern hat eine Delegation der Besetzer fast drei Stunden lang mit
Vertretern der Kirche verhandelt. Die Diskussionen seien intensiv, aber
respektvoll gewesen, eröffnete Christoph Sigrist, Pfarrer des
Grossmünsters, seiner internationalen Zuhörerschaft.
Kirchenratspräsident Ruedi Reich habe im Namen der Landeskirche
und des
Regierungsrats Hans Hollenstein angeboten, am 5. Januar eine Delegation
der Besetzer zu einem Gespräch zu empfangen. Weiter habe man sich
darauf einigen können, die Weihnachtsfeier wie geplant in der
Predigerkirche durchzuführen - mit den Sans-Papiers als
Gästen.
"Die Kirche als Ort des Schutzes soll weiterhin zur Verfügung
stehen",
so Sigrist. Er wies aber darauf hin, dass die Kräfte bei den
Verantwortlichen der Predigerkirche "sehr verbraucht" seien. "Die
anderen Kirchgemeinden müssen ihnen unter die Arme greifen." Von
einer
Räumung der Kirche war nicht die Rede.
Die Besetzer ihrerseits waren nicht kompromissbereit. "Wir bleiben, bis
unsere Forderungen erfüllt sind", so Michael Stegmeier vom
BleiberechtKollektiv. Sie verlangen in erster Linie eine humanere
Härtefallpraxis. Auch soll Nothilfe nicht mehr in Form von
Migros-Gutscheinen ausgerichtet werden. Das schränke die
Betroffenen
stark ein, weil sie beispielsweise keine Billette für den
öffentlichen
Verkehr erwerben könnten. Ins Gespräch mit Hollenstein setzen
die
Sans-Papiers wenig Hoffnung: "Wir haben schon letztes Jahr leere
Versprechungen bekommen." Auf keinen Fall würden sie eine
Delegation
zum Regierungsrat schicken. "Wenn schon, soll er hier vor allen
erklären, warum diese Menschen die Schweiz verlassen müssen."
Von der Sicherheitsdirektion war gestern niemand für eine
Stellungnahme erreichbar.
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Parteien sind geteilter Meinung
Auch politische Parteien haben sich zur Aktion geäussert. Die SP
anerkennt die Notwendigkeit, unter gewissen Umständen Ausweisungen
vorzunehmen. Es gehe aber nicht, dass man "Asylsuchende und
Sans-Papiers, die man nicht ausweisen kann, schikaniert und vergrault".
Die PdA versichert den Besetzern ihre Solidarität und appelliert
an
linke und grüne Kantonsparlamentarier, stärkeren Druck auf
die
Regierung auszuüben. Die SVP lobt das vorbildliche,
rechtsstaatliche
Verfahren im Umgang mit Asylgesuchen. "Abgewiesene Asylbewerber haben
deshalb unser Land zu verlassen." Wer Änderungen der Bestimmungen
wolle, könne dazu "den politischen Weg beschreiten" und habe nicht
"eine Kirchgemeinde (...) in Geiselhaft zu nehmen". Die SD schliesslich
fordert eine sofortige polizeiliche Räumung der Kirche und die
umgehende Ausschaffung der illegalen Aufenthalter.
---
Aargauer Zeitung 24.12.08
"Eine Kirche räumen ist sehr heikel"
Sans-Papiers Der zuständige Kirchgemeindepräsident Daniel
Lienhard setzt weiterhin auf Gespräche
Roman Hodel
Zähneknirschend gewähren die Kirchenvertreter den
Sans-Papiers bis auf
weiteres Gastrecht. Derweil fordern die Schweizer Demokraten einen
"sofortigen Polizeieinsatz".
Auch die x-te Aussprache gestern Nachmittag brachte keine Wende: Die
rund 100 Sans-Papiers, die seit letztem Freitag zusammen mit der
Bürgerrechtsbewegung Bleiberecht die Predigerkirche in der
Zürcher City
besetzen, verlassen das Gotteshaus nicht. "Wir bleiben über
Weihnachten", sagte Stephan Schlegel von "Bleiberecht" im Anschluss an
eine "engagierte Diskussion" mit den Kirchenvertretern.
Diese sind weiterhin alles andere als begeistert von der Situation:
"Doch die Räumung einer Kirche ist heikel und kommt für uns
nicht in
Frage", sagte der zuständige Kirchgemeindepräsident Daniel
Lienhard.
"Schon gar nicht über Weihnachten." Die gestrige Aussprache habe
immerhin eine "Annäherung im gegenseitigen Verständnis"
gebracht. Laut
Lienhard ist die nächste Aussprache auf den kommenden Samstag
terminiert: "Wir hoffen, dass wir dann eine Lösung finden."
Denkbar
sei, dass die Aktivisten beispielsweise die Kirche wechseln. Denn der
Druck auf die Kirchgemeinde wird mit jedem Tag grösser. Unter den
Gottesdienstbesuchern finden sich gemäss Lienhard Gegner wie
Befürworter der Besetzung. "Klar ist aber, dass wir das Problem
nicht
mehr alleine bewältigen können." Deshalb kümmert sich ab
sofort der
reformierte Kirchenrat des Kantons um die Angelegenheit.
Hollenstein am 5. Januar
Bereits am Montag hatten die Kirchenvertreter die Aktivisten
aufgefordert, die Kirche freizugeben. Im Gegenzug versprachen sie mehr
Hilfe und bessere Begleitung bei Härtefällen. Doch die
Sans-Papiers
schlugen das Angebot aus. Schlegel sagt: "Wir wollen mit Regierungsrat
Hans Hollenstein sprechen › und zwar hier in der Kirche." Ein
entsprechendes Gespräch soll am 5. Januar stattfinden › der
Sicherheitsdirektor weilt derzeit in den Ferien.
Gar kein Verständnis für die Kirchenbesetzung zeigen die
Schweizer
Demokraten: In einer Mitteilung fordern sie die städtischen
Behörden
auf, diese mit einem "sofortigen" Polizeieinsatz zu beenden. Auch die
SVP ärgert sich und schreibt in einer Mitteilung von einer
"konzertierten Aktion seitens linker Kreise, welche bereits vergeblich
das neue Asyl- und Ausländergesetz bekämpft haben". Weiter
dankt die
SVP dem Migrationsamt "ausdrücklich" für die "korrekt"
geleistete
Arbeit.
Das Bleiberecht-Kollektiv will mit der Besetzung auf die gemäss
eigenen
Angaben "unerträgliche Situation" aufmerksam machen. In der Kritik
steht insbesondere die Bewilligungspraxis des Zürcher
Migrationsamts.
Laut "Bleiberecht" hätten ein Grossteil der Zürcher
Sans-Papiers in
anderen Kantonen längst eine Aufenthaltsbewilligung erhalten.
Migrationsamt-Chef Adrian Baumann hat die Vorwürfe wiederholt
zurückgewiesen.
--
Wer sind Sans-papiers?
In der Schweiz leben laut einer Studie des Bundesamts für
Migration aus
dem Jahr 2005 rund 90 000 Sans-Papiers. Andere Schätzungen kommen
gemäss der Homepage der Beratungsstelle für Sans-Papiers auf
höhere
Zahlen. Diese unterteilt die Sans-Papiers grob in folgende Kategorien:
Ehemalige Saisonniers › viele kommen aus Ex-Jugoslawien. Nachdem ihre
Saisonbewilligung abgelaufen war, schafften sie es nicht, eine
Jahresaufenthaltsbewilligung zu erhalten. Aussereuropäische
Arbeitsimmigranten › eigentlich sind nur Personen aus dem EU-Raum
für
"niedrig qualifizierte" Arbeiten zugelassen. Trotzdem wandern vor allem
Frauen ein und finden hier Arbeit ohne Bewilligung. Abgewiesene
Asylsuchende › ein grosser Teil "verschwindet" vor dem definitiven
Ausreisetermin. Weitere Sans-Papiers sind beispielsweise auch
Migranten, die wegen einer Scheidung nach weniger als fünf Jahren
Ehe
ihr Aufenthaltsrecht verlieren. (ROH)
---
20min.ch 23.12.08
Predigerkirche
Sans-Papiers pochen auf Zugeständnisse
Bei der Besetzung der Predigerkirche im Zürcher Niederdorf ist
vorderhand kein Ende absehbar. Die Sans-Papiers, die seit Freitag in
der Kirche weilen, pochen auf konkrete Zugeständnisse seitens des
Kantons.
Die Besetzerinnen und Besetzer fordern eine humanere Praxis bei der
Behandlung von Härtefällen. So könnten die Anforderungen
an die
Deutschkenntnisse der Gesuchstellenden ohne weiteres heruntergeschraubt
werden. Zur Feststellung der Identität sollten zudem auch andere
als
Reisedokumente anerkannt werden - etwa ein Taufschein, eine
Heiratsurkunde oder ein Führerschein.
Im weiteren soll der Kanton von der Praxis abrücken, die Nothilfe
in
Form von Migros-Gutscheinen auszurichten - die Sans-Papiers
verfügen
damit nicht über Bargeld. Und auch die wöchentliche Zuweisung
einer
anderen Unterkunft sei aufzuheben.
Solche Praxisänderungen wären leicht und schnell umzusetzen,
heisst es
in einer Mitteilung der Besetzer vom Dienstag. Die Sans-Papiers
verlangen eine direkte Aussprache mit dem zuständigen
Regierungsrat
Hans Hollenstein, der am Dienstag allerdings nicht erreichbar war.
Die Kirchenverantwortlichen zeigen nach wie vor Verständnis
für die
Anliegen der Papierlosen, wenn sie auch eine Weiterführung der
Besetzung nicht für den richtigen Weg halten. Sie haben den
Besetzern
ihre auch künftige Unterstützung zugesagt.
Parteien: Von Solidarität bis Ausschaffungs-Forderung
Auch politische Parteien haben sich inzwischen zur Aktion
geäussert.
Die SP anerkennt zwar die grundsätzliche Notwendigkeit, unter
gewissen
Umständen Ausweisungen vorzunehmen. Es gehe aber nicht an, dass
man
"Asylsuchende und Sans-Papiers, die man nicht ausweisen kann,
schikaniert und vergrault".
Die PdA versichert den Besetzern ihre Solidarität und appelliert
an
linke und grüne Kantonsparlamentarier, stärkeren Druck auf
die
Regierung auszuüben.
Die SVP lobt das vorbildliche, rechtsstaatliche Verfahren im Umgang mit
Asylgesuchen. "Abgewiesene Asylbewerber haben deshalb unser Land zu
verlassen". Wer Änderungen der heutigen Bestimmungen erreichen
wolle,
könne dazu "den politischen Weg beschreiten" und habe nicht "eine
Kirchgemeinde (...) in Geiselhaft zu nehmen".
Die SD schliesslich fordert eine sofortige polizeiliche Räumung
der
Kirche und die umgehende Ausschaffung der illegalen Aufenthalter.
Quelle: SDA/ATS
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Info-Box
Aus verschiedenen Gründen papierlos
Über die Anzahl Sans-Papiers in der Schweiz gibt es keine genauen
Zahlen. Eine im Auftrag des Bundesamtes für Migration erstellte
Studie
kam auf einen Stand von rund 90 000 im Jahr 2005. Andere
Schätzungen
kommen auf höhere Zahlen.
Die Gründe, weshalb jemand keine Papiere besitzt, sind
mannigfaltig,
wie die Deutschschweizer Beratungsstellen für Sans-Papiers auf
ihrer
Homepage schreiben. Es sind unter anderem frühere Saisonniers,
Arbeitsimmigranten aus aussereuropäischen Ländern oder
abgewiesene
Asylsuchende.
Saisonniers aus dem ehemaligen Jugoslawien verloren mit Einführung
des
"Dreikreisemodells" Mitte der Neunzigerjahre ihre Saisonbewilligung.
Jugoslawien gehörte nicht mehr zu den Rekrutierungsländern.
Wer keine
Jahresaufenthahlsbewilligung erlangte und nicht nach Hause
zurückkehrte, wurde zum Sans-Papier.
Eine weitere Kategorie sind Arbeitsimmigranten aus Ländern
ausserhalb
der EU. Laut Ausländergesetz sind zu "niedrig qualifizierten"
Arbeiten
nur EU-Immigranten zugelassen. Dennoch wandern viele Menschen etwa aus
Lateinamerika, Asien oder Osteuropa ein und finden Arbeit ohne eine
Bewilligung zu haben.
Auch abgewiesene Asylsuchende oder solche, auf deren Gesuch nicht
eingetreten wurde, gehören zu den Sans-Papiers. Viele von ihnen
tauchen
vor dem anberaumten Ausreisetermin unter. Nach dem Termin ist ihr
Aufenthalt in der Schweiz illegal.
Und schliesslich gibt es noch jene Ausländer, die selbst zwar
völlig
legal in der Schweiz leben, aber ohne Bewilligung
Familienangehörige
nachkommen lassen, Migrantinnen, welche nach weniger als fünf
Jahren
Ehe mit einem Schweizer geschieden wurden, oder ehemaligen Studierende,
welche nach Abschluss ihrer Ausbildung nicht ausreisten.
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WINTERTHUR
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Landbote 24.12.08
Scharmützel: Kritik an Polizei
Martin Freuler
In der Nacht auf gestern wurde zum Scharmützel vom Wochenende
("Landbote" vom Montag) eine Stellungnahme aus Kreisen der
linksalternativen Szene veröffentlicht. Die anonymen Verfasser
schreiben von einem "grundlosen und brutalen" Vorgehen der Polizei, die
von sich aus ihr Haus an der General-Guisan-Strasse 31 angegriffen
habe. Sie beklagen sich über den hohen Schaden am Gebäude,
der durch
den Beschuss mit Gummischrot entstanden sei. Ausserdem seien die
Personen, die vor der Eskalation vor ihrem Haus festgenommen wurden,
auf dem Polizeiposten nicht korrekt behandelt worden. Die Polizei
möchte dazu laut Sprecherin Alexandra Pfister erst Stellung
nehmen,
wenn eine Strafanzeige eingereicht werde.
Ob die verhafteten Personen ebenfalls der linksalternativen Szene
angehören, will die Polizei nach wie vor nicht sagen. Das anonyme
Communiqué lässt aber diesen Schluss zu. (mf)
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BAHNPOLIZEI
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tagesanzeiger.ch 24.12.08
"Durchgreifen soll die Polizei, sonst ist das lebensgefährlich"
In Zügen kommt es vermehrt zu Übergriffen und Aggressionen.
Eigentliche
Hotspots sind aber die Bahnhöfe. Dort hat die Bahnpolizei immer
häufiger mit Bandenkriegen unter Jugendlichen zu kämpfen.
Herr Monhart, bei "Tagesanzeiger.ch" gingen zahlreiche Schilderungen
von aggressivem Verhalten im Bahnnetz rund um Zürich ein. Wie
erleben
Sie die Situation als stellvertretender Kommandant der Bahnpolizei? Bis
Mitte Jahr konnten wir tatsächlich eine Zunahme der Aggressionen
in den
Zügen feststellen. Ab Mitte Jahr haben wir mit gezielten Aktionen
und
Einsätzen reagiert. Seither haben die Übergriffe stagniert
und sind
sogar leicht rückläufig geworden. Aber der öffentliche
Verkehr wird
auch in Zukunft ein neuralgischer Punkt bleiben.
Mit welchen Übergriffen haben Sie zu kämpfen? Von
Beschimpfungen bis
Tätlichkeiten ist alles möglich. Während der Woche kommt
es vor allem
in den letzten Zügen in der Nacht zu Problemen. In den vergangenen
Jahren konnten wir insbesondere an den Wochenenden eine Verlagerung der
Übergriffe in den ersten Zügen am Morgen feststellen. Es sind
mehrheitlich betrunkene Jugendliche auf dem Heimweg vom Ausgang in
Zürich. Dann kommt die Gruppendynamik zum Tragen: Sie werden
frecher
und aggressiver. Deswegen setzen wir nun gezielt Bahnpolizisten in
diesen Randzeiten ein.
Die Aggressionen richten sich nicht nur auf Zugbegleiter. Wie sollen
Passagiere auf heikle Situationen reagieren? Ich rate den Leuten, dass
sie sich nicht einmischen und die Polizei alarmieren oder in ein
anderes Abteil wechseln. Das ist die beste Devise. Man kann
höchstens
den Dialog suchen, das Durchgreifen sollte man auf jeden Fall der
Polizei überlassen, sonst setzt man das eigene Leben aufs Spiel.
Wenn
jemand belästigt wird, kann der Zugbegleiter diesen Passagier auch
in
die erste Klasse umplatzieren. Die Situation in den Bahnen ist
allerdings nicht mehr so gefährlich, dafür hat sich das
Problem auf die
Bahnhöfe ausgeweitet.
Wie sieht denn die Situation auf den Bahnhöfen aus? Vor allem im
Raum
Zürich sind die Bahnhöfe eine Art Stadt in einer Stadt, weil
dort das
Konsumangebot ausgebaut wurde. In den Läden gibt es
Alkoholausschank,
die Leute halten sich länger dort auf und trinken. Daher kommt es
häufiger zu Belästigungen, Sachbeschädigungen und
Vandalismus. In
manchen Bahnhöfen finden regelrechte Gang-Kämpfe statt. Die
Jugendlichen kämpfen um ihre Territorien.
Seit wann besteht dieses Phänomen? Das hat vor rund zwei Jahren
begonnen. Vor allem im Raum Zürich und in der Romandie finden
richtige
Bandenkriege statt. Am vergangenen Wochenende sind 15 Jugendliche mit
Autos vorgefahren, haben im Bahnhof randaliert und Leute tätlich
angegriffen. Wenn die Bahnpolizei nicht vor Ort sein kann, dann
schalten wir die örtliche Polizei ein. Das war in Schlieren der
Fall.
Dort konnte die Stadtpolizei verdächtige Personen festnehmen. Die
enge
Zusammenarbeit mit der Polizei ist nur möglich, weil wir von der
Bahnpolizei ebenfalls Polizeistatus haben und alle ausgebildete
Polizisten sind.
Wie schnell kann die Bahnpolizei vor Ort sein? Wir streben die
üblichen
Zeiten an: Spätestens innerhalb einer halben Stunde wollen wir am
Einsatzort sein. Schwierig wird es, wenn wir gerade an einem anderen
Ort im Einsatz stehen. Bei der Bahnpolizei sind rund 150 Leute am
Fronteinsatz. Rund ein Drittel davon ist im Raum Zürich
stationiert. In
Zürich und der Romandie ist die Situation auch heute noch am
heikelsten. Dort sind die Konsumangebote am dichtesten konzentriert.
Kriminalität ist die logische Folge davon.
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NEONAZIS CH
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Basler Zeitung 24.12.08
Vom rechten Saulus zum linken Paulus
Alexander Nyffenegger arbeitete früher für die Schweizer
Demokraten, heute für SP-Nationalrat Andreas Gross
Ruedi Studer, Bern
Einst rekrutierte der Berner Alexander Nyffenegger für die
Schweizer
Demokraten in der rechtsextremen Szene neue Mitglieder. Selber versank
er dabei immer tiefer im "braunen Sumpf", bevor er den Ausstieg
schaffte. Seine Geschichte hat er nun in einem Buch aufgearbeitet.
Von "meinem kleinen Drama" spricht Alexander Nyffenegger immer wieder,
wenn er auf seine politische "Aktivzeit" zurückblickt. Ein Drama,
welches ihn immer tiefer in die rechtsextreme Szene abdriften liess.
Dabei traut man Nyffenegger die "braune Vergangenheit" gar nicht zu,
wie er da in einem Berner Café vor einem sitzt: ein ruhiger Typ,
fast
schon etwas schüchtern. Überlegt beantwortet der
37-Jährige alle Fragen.
Manchmal schüttelt er verwundert den Kopf, wenn er über seine
früheren
Aktivitäten berichtet - als Parteisekretär der Schweizer
Demokraten
(SD) und als rechter, ja gar rechtsextremer Propagandist. Blickt
Nyffenegger zurück auf die Jahre 1998 bis 2001, in denen er immer
tiefer "im braunen Sumpf versank", wie er sagt, scheint es manchmal,
als erzähle er gar nicht von sich selbst, sondern von einer ihm
fremden
Person.
SD-Parteisekretär
In seinem neuen Buch "Die Falle Opportunismus - zwischen Politik und
Panik" hat Nyffenegger seine Vergangenheit minuziös aufgearbeitet.
Seinen Anfang nahm das nyffeneggersche Drama im Bundeshaus in Bern.
Dort hatte er nach der Diplommittelschule im Hausdienst angeheuert, wo
schon sein Vater arbeitete. Sieben Jahre lang hatte er für saubere
Gänge, polierte Klinken und glänzende Leuchter gesorgt. Und
irgendwann
stellte er sich die Frage, was aus seinem Leben werden sollte. Bis 65
im Hausdienst versauern mochte er sich nicht vorstellen.
Weil er sich für Politik, einen neuen Job und vor allem für
die
damalige Parteisekretärin der Schweizer Demokraten interessierte,
suchte er 1998 den Kontakt zum damaligen Berner SD-Nationalrat Bernhard
Hess. Nyffenegger engagierte sich zuerst als Freiwilliger für die
Schweizer Demokraten, half bei Parteiversänden, schrieb
"regelmässig
sowohl hetzerische als auch sachliche Artikel" im Parteiorgan und
Leserbriefe, machte später im städtischen und kantonalen
Vorstand mit,
war Protokollführer auf nationaler Ebene und trat schliesslich
Anfang
2000 eine Teilzeitstelle als Parteisekretär an.
"Obwohl ich mit der SD-Politik und ihrem Gedankengut nichts am Hut
hatte, machte ich aus opportunistischen Gründen mit. Genauso gut
hätte
es mich in die linksextreme Szene verschlagen können",
schüttelt
Nyffenegger heute den Kopf. Dass er bei den Rechten und schliesslich
bei den Faschos gelandet sei, sei Zufall. Doch er fand dort Anerkennung
und Aufmerksamkeit. Und je länger er für die SD arbeitete, je
mehr er
sich mit deren Weltanschauung befasste und dieser
näherrückte, umso
tiefer driftete er in die rechte Szene ab. "Ich habe mich da immer mehr
hineingesteigert", analysiert Nyffenegger.
Avalon-Stammtisch
Irgendwann lud ihn Bernhard "Benno" Hess an eine Stammtischrunde in
einem Gasthof im bernischen Worblaufen ein, bei welcher Exponenten der
rechten und rechtsextremen Szene zusammensassen und über Gott und
die
Welt philosophierten, über "Überfremdung" und
"multikulturelle
Ausartung" diskutierten.
Eine illustre Runde versammelte sich da jeweils am Mittwochabend am
"Stammtisch unter dem Hakenkreuz". Und Nyffenegger nennt Namen: Roger
Wüthrich beispielsweise, den Gründer der
völkisch-heidnischen
Avalon-Gemeinschaft - eine rechtsextreme Organisation, die sich als
Teil der "Nationalen Bewegung" sieht und für ein "Europa der
Vaterländer" plädiert. Weiter den dieses Jahr verstorbenen
Holocaust-Leugner und "fanatischen Antijudaisten" Ahmed Huber. Oder
Adrian Segessenmann, den Gründer der Nationalen Offensive und
heutigen
Avalon-Anführer. "Schon am ersten Abend lernte ich sämtliche
Personen
kennen, die innerhalb der rechtsextremen Szene in Bern und darüber
hinaus eine tragende Rolle spielten", so Nyffenegger - damit waren
erste Kontakte zu dieser Szene geknüpft.
Auch Bernhard Hess gehörte zu den Stammtisch-Teilnehmern (was
dieser
gegenüber der BaZ bestätigt), doch nach seiner Wahl in den
Nationalrat
1999 verabschiedete er sich laut Nyffenegger während des Jahres
2000
"geradezu sang- und klanglos" vom Avalon-Stammtisch. Auch über
weitere
völkische Treffen - beispielsweise Sonnwendfeiern - berichtet
Nyffenegger, wobei Hess am einen oder anderen ebenfalls auftauchte.
Sowieso ist der heutige SD-Zentralsekretär Hess einer der
Protagonisten
im Buch. Und er kommt nicht gerade gut weg: Nyffenegger wirft ihm etwa
vor, ihn zu seiner Zeit als Parteisekretär für ein Entgelt
von 30 000
Franken zu einer Scheinehe mit einer ukrainischen Animierdame
überredet
und auch Parteispenden unterschlagen zu haben - was Hess bestreitet.
Nyffenegger sei ein "Psychopath", sagt der Politiker.
Neonazis und Skinheads
Ebenso bestreitet der SD-Mann, dass er die von Nyffenegger betriebene
Öffnung der Partei Richtung rechtsextreme Szene gutgeheissen habe.
In
diesem Umfeld rekrutierte Nyffenegger nämlich erfolgreich neue
Mitglieder. Dies, um die sich im Niedergang befindliche Partei neu zu
beleben und damit seinen Arbeitsplatz zu sichern, wie Nyffenegger
erklärt. "Ich habe - wieder ganz der Opportunist - dort gesucht,
wo am
meisten zu holen war: bei den Faschos, Skinheads, Neonazis."
Gegen hundert Mitglieder habe er für die Jungen Schweizer
Demokraten
angeworben, welche er als Sammelbecken für die Bewegung sah. Seine
neue
Kundschaft fand Nyffenegger in der Skinhead- und Neonazi-Szene an
Konzerten, Festen oder Geburtstagspartys - wo er in persönlichen
Gesprächen oder mit Flyern auf die Partei aufmerksam machte. "Auf
die
Flugblattaktion gab es dann tatsächlich viele positive Resonanzen,
unter anderem erklärten sich bereits an diesem Abend ein paar
Leute
bereit, die Jungen Schweizer Demokraten in ihrer politischen Arbeit zu
unterstützen", kommentiert Nyffenegger im Buch einen solchen
Anlass,
und zieht über seine im Sommer und Herbst 2000 forcierte
Werbearbeit
Bilanz: "Die Zusagen und neuen Parteieintritte sollten sich in den
kommenden Wochen und Monaten noch erheblich vermehren." Allerdings
stoppte der damalige SD-Präsident Rudolf Keller Anfang 2001 die
Rekrutierung von Neonazis, worauf Nyffenegger verärgert und
enttäuscht
die Partei verliess und sich für kurze Zeit der rechtsextremen
Partei
national orientierter Schweizer (Pnos) anschloss.
In dieser Zeit begann auch Nyffeneggers Abkehr von der Szene.
Mitverantwortlich dafür war wieder eine Frau: Eine enge Freundin
von
Nyffenegger, die in der Szene verkehrte, hatte genug und plante den
Ausstieg. Das öffnete auch ihm die Augen. "Der exakte
Auslöser war
schliesslich die Begegnung mit einem Avalon-Angehörigen, der
ernsthaft
glaubte, er sei die Reinkarnation eines in Nürnberg gehängten
Nazi-Kriegsverbrechers." Da habe er sich schon fragen müssen: "Was
mach
ich da bloss?", so Nyffenegger.
Ausstieg
Diese Frage bezog sich nicht nur auf sein politisches Engagement,
sondern ebenso auf sich selbst - denn mittlerweile hatte er zu koksen
begonnen, und immer häufiger machte ihm eine psychische Erkrankung
zu
schaffen: Angst- und Panikattacken plagten ihn. Nyffenegger sagte sich
von der rechtsextremen Szene los, flüchtete ins Berner Oberland
und
begab sich in psychiatrische Behandlung.
"Ich habe den Ausstieg aus dem braunen Sumpf geschafft", bilanziert
Nyffenegger, der heute wegen seiner psychischen Probleme eine halbe
IV-Rente bezieht. Schon 2003 wollte er seine Erfahrungen in einem Buch
publizieren, verzichtete aber auf Anraten des Baslers Samuel Althof von
der "Aktion Kinder des Holocaust" auf die Veröffentlichung.
Stattdessen
nahm Nyffenegger an einer Studie der Uni Basel teil, welche die
Motivation von Aussteigern aus der rechtsextremen Szene untersuchte.
Abschluss
Doch seine Vergangenheit beschäftigte Nyffenegger weiterhin. Unter
dem
Pseudonym "Hans Vonhuttwyl" wollte er Anfang Jahr sein Buch zuerst
unter dem Titel "Zahltag - Meine Jahre bei den Schweizer Demokraten"
auf den Markt bringen. Doch seiner Familie zuliebe machte er einen
Rückzieher. Nur ein einziges Exemplar sei rausgegangen, so
Nyffenegger
- dieses liegt heute in der Landesbibliothek.
Ein paar Monate liess der Berner die Sache ruhen, aber nun hat er das
Buch - unter neuem Titel, in überarbeiteter Form und mit
zusätzlichen
Kapiteln über seine Zeit vor der SD-Ära - doch publiziert.
Herausgebracht hat er es auf eigene Kosten bei Books on Demand. "Ich
will mit der Geschichte endlich abschliessen. Und das kann ich nur in
dieser Form", erklärt er.
Bei den Sozialdemokraten
Nicht abgeschlossen hat Nyffenegger hingegen mit der Politik. Er, der
1995 kurz der SP angehörte, ist in seine "politische Heimat", wie
er
sagt, zurückgekehrt: Seit drei Monaten ist er eingeschriebenes
Mitglied
der SP Interlaken. "Er hat mich von Anfang an offen über seine
Vergangenheit informiert", sagt Ortsparteipräsidentin Sabina
Stör
Büschlen gegenüber der BaZ. Man behandle ihn wie jedes andere
Parteimitglied und mache keine "Gewissensprüfung". An der
kommenden
Hauptversammlung soll Nyffenegger offiziell aufgenommen werden.
Ein anderer Genosse hat ebenfalls volles Vertrauen in die
nyffeneggersche Wandlung vom rechten Saulus zum linken Paulus: der
Zürcher SP-Nationalrat Andreas Gross. Seit gut einem Jahr
beschäftigt
er Nyffenegger als Büromitarbeiter in seinem Institut für
Direkte
Demokratie in St-Ursanne. Je nach anfallenden Arbeiten zwei, drei Tage
pro Monat. Auch er kennt Nyffeneggers Geschichte. Trotzdem hat er ihn
angestellt: "Er hat einen Fehler begangen und das auch gemerkt. Man
muss jedem Menschen eine Chance geben, sich von seiner Vergangenheit zu
lösen, und darf ihn nicht lebenslang verurteilen", sagt Gross zur
BaZ.
Bereut hat er den Schritt bisher nicht: "Ich habe bisher nur gute
Erfahrungen mit ihm gemacht." So gute, dass Nyffenegger allenfalls noch
stärker in die Institutsarbeit eingebunden werden könnte.
Gross findet
es zudem gut, dass Nyffenegger seine Geschichte in einem Buch
verarbeitet hat: "Schreiben ist die beste Form des Reflektierens."
Schriftstellerei
Und Nyffenegger will weiter schreiben. Schon 2005 hat er in "Der
Scheingatte" seine Scheinehe in Romanform thematisiert.
"Belletristische Stoffe sind meine Leidenschaft", sagt Nyffenegger, der
bereits weitere Bücher plant: Im kommenden Frühling will er
bei Books
on Demand eine Romanbiografie über den Trachselwaldner Landvogt
Samuel
Trioblet herausbringen. Und im Herbst 2009 soll in der Edition Hartmann
sein Roman "Kameraden und Verbrecher" zum Thema Frontismus erscheinen.
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Alexander Nyffenegger
Die Falle Opportunismus - zwischen Politik und Panik
Verlag Books on Demand 2008, 196 Seiten, Fr. 18.90
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NEONAZIS BRD
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Newsnetz 24.12.08
Neue Neonazi-Phantombilder im Fall Mannichl
Im Fall des Passauer Polizeichefs Alois Mannichl hat die Polizei die
Phantombilder von zwei Verdächtigen veröffentlicht.
Inzwischen sucht
sie fünf Personen aus der Neonazi-Szene.
Alle fünf gesuchten Personen haben Zeugen am Tag des Attentats auf
Mannichl an seinem Wohnort Fürstenzell gesehen. Die zwei neusten
Phantombilder zeigen einen Mann um die Zwanzig, er soll mittelgross
sein und ein Abzeichen am Arm tragen. Die gesuchte Frau trägt laut
Zeugen zerzauste Haare, Springerstiefel und ein Piercing unter dem
Auge. Die Polizei sucht ausserdem nach zwei Männern mit
auffälligen
Tattoos und nach einem Mann, der zur Tatzeit mit einem Kinderwagen in
der Nähe von Mannichls Haus unterwegs war. Alle fünf
Gesuchten trugen
dunkle Kleidung.
Letzte Woche hatte die Polizei bereits ein Ehepaar festgenommen, das
sich in einer landesweiten rechtsradikalen Szene der nationalen
Autonomen bewegt. Gestern wurden die beiden jedoch wieder freigelassen,
da nicht genügend Beweise für einen Haftbefehl vorliegen. Die
nationalen Autonomen gehören laut dem deutschen Verfassungsschutz
nicht
zur traditionellen rechtsextremistischen Szene. Mit schwarzer Kleidung,
Turnschuhen, Sonnenbrillen, Baseball-Kappen und Kapuzenpullovern sind
sie auf den ersten Blick von linken Gegendemonstranten kaum zu
unterscheiden.
Neonazis oder Gothic-Anhänger
Entsprechend erklärt die Polizei, die fünf Gesuchten
müssten "nicht
unbedingt" zur rechtsextremen Szene gehören, wie "Spiegel Online"
heute
schreibt. Sie könnten auch Gothic-Anhänger sein, also
Liebhaber dunklen
Rocks. Auch in der Gothic-Szene finden sich nationalistische Bewegungen.
In der Stadt Passau, wo Alois Mannichl Polizeichef ist, will die
rechtsextreme NPD am 3. Januar gegen die Ermittlungen demonstrieren.
Das Motto der Kundgebung laut Bewilligungsgesuch bei der
Stadtverwaltung: "Gegen polizeiliche Willkür und Medienhetze".
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HOMOPHOBIE
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News 24.12.08
Papst brüskiert Schwule
Homosexualität sei wie die Zerstörung der Umwelt eine Gefahr
für die Menschen
Vatikan. Benedikt XVI. hat seinem stockkonservativen Image alle Ehre
gemacht: An seiner Weihnachtsansprache vor der Kurie, dem
Verwaltungsapparat des Vatikans, verglich er Homo- und
Transsexualität
mit der Zerstörung der Umwelt.
Schutz vor sich selber
"Die Regenwälder haben ein Recht auf unseren Schutz. Aber der
Mensch
als Kreatur hat nicht weniger verdient", sagte Benedikt XVI. und
verurteilte - ganz im Sinn der katholischen Kirche, die nicht die
Homosexualität an sich, aber die homosexuelle Ehe als Sünde
betrachtet
- alle Beziehungen jenseits der heterosexuellen Ehe, dem "Sakrament der
Schöpfung". Sie seien eine "Zerstörung von Gottes Werk". Die
Kirche
solle die Menschen vor der Selbstzerstörung schützen und
dafür
eintreten, dass die Ordnung der Schöpfung bewahrt werde. Nur Gott
entscheide, wer Mann und wer Frau sei.
Homosexuellenverbände in Europa reagierten empört auf die
kirchliche
Diskriminierung. Sie befürchten eine drastische Verschlechterung
des
sozialen Klimas. "Die Zeichen stehen auf Konfrontation - die Leute
haben wirklich Angst", sagte Aurelio Mancuso vom italienischen
Schwulenverband Arcigay zu spiegel.de.
rg.
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GRIECHENLAND
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NZZ 24.12.08
Erneut gewaltsame Proteste in Griechenland
Die Regierung wankt
van Gent A. (it)
In Griechenland ist es auch am Dienstag zu gewaltsamen Protesten
Jugendlicher gekommen. In Umfragen liegt die Regierungspartei hinter
der Opposition zurück. Viele Bürger fühlen sich von der
Regierung im
Stich gelassen und blicken pessimistisch in die Zukunft.
it. Athen, 23. Dezember
Die griechische Hauptstadt Athen ist auch siebzehn Tage nach dem
Ausbruch der schweren Ausschreitungen nicht zur Ruhe gekommen. Am
Dienstag haben im Zentrum der Stadt erneut Schüler, Studenten,
aber
auch Lehrer demonstriert und weitere Proteste für das neue Jahr
angekündigt. Jugendliche haben den Christbaum beim Syntagma-Platz
vor
dem Parlament aus Protest mit Abfall dekoriert.
Gefühl der Demütigung
Folgenschwerer dürfte indessen die anhaltende Besetzung von
Hochschulen sein. Dutzende von Studenten sowie Personen aus dem
gewaltbereiten Spektrum halten die Technische Hochschule, die
juristische Fakultät sowie die Schule der schönen Künste
seit Tagen
besetzt. In der Nacht auf den Dienstag ist laut Angaben der Athener
Polizei eines ihrer Fahrzeuge unter Beschuss gekommen. Keiner der 19
Insassen wurde verletzt. Das Einsatzfahrzeug wurde nach Angaben der
Behörden angegriffen, als es am Universitätsgelände
vorbeifuhr.
In den besetzten Hochschulen findet kein Unterricht mehr statt,
oft
werden Hörsäle zerstört, wichtiges Material geht
verloren. Der Rektor
des Polytechnikums wollte aber auch am Montag das Gesetz des
sogenannten Asyls, welches seit der Wiederherstellung der Demokratie
1974 den Sicherheitskräften den Zugang zu den Hochschulen ohne die
ausdrückliche Erlaubnis des Rektorats verbietet, nicht brechen.
Die
Angst, dass ein Eingreifen der Polizei von der Jugend als Provokation
empfunden werden könnte, sitzt in den Athener Führungsetagen
tief. Der
Tod des 15-jährigen Schülers Alexandros Grigoropoulos, der am
6.
Dezember durch eine Kugel aus der Dienstwaffe eines Polizisten
getötet
wurde, hatte die seit Jahrzehnten schwersten sozialen Unruhen
ausgelöst. Getragen wurden sie von meist jugendlichen
Demonstranten,
die anfänglich gegen die "unverhältnismässige
Gewaltbereitschaft" der
Polizei protestiert hatten. Inzwischen richtet sich die Protestwelle
gegen die globale Finanzkrise, gegen die Bildungsmisere sowie gegen
Nepotismus und Korruption.
Die Regierung des konservativen Politikers Kostas Karamanlis
hofft,
dass in den bevorstehenden Festtagen wieder Ruhe einkehren wird und die
Besetzer der Hochschulen sich zurückziehen werden.
Zurückhaltung war
seit dem Ausbruch der Unruhen das Motto der Regierung. Dies wurde von
einem Grossteil der Bevölkerung aber als
"Handlungsunfähigkeit"
kritisiert und hat schliesslich alle gegen die regierende Partei Nea
Dimokratia (ND) aufgebracht. Die protestierenden Schüler und
Studenten
wünschen eine rasche und exemplarische Bestrafung des Täters.
Der
Polizeibeamte, der den tödlichen Schuss abgegeben hatte, wurde
zwar
festgenommen. Die Tatsache, dass die Resultate der ballistischen
Untersuchung nicht veröffentlicht worden sind, nährt aber den
Verdacht
der Jugendlichen, dass er ohne Strafe davonkommen wird.
Der Mittelstand, der traditionell die Stütze der ND ist,
musste in
diesen Tagen zusehen, wie Geschäfte, Autos und Bankfilialen in
Flammen
aufgingen und wie die Regierung weder die öffentliche Ordnung noch
den
Besitz der Bürger zu schützen fähig war. Die Polizei
hatte seit den
ersten Ausschreitungen den Befehl, defensiv vorzugehen. Viele
Polizisten wurden mit Steinen und Brandbomben beworfen, ohne reagieren
zu dürfen. Nun fühlen sich viele vom Desaster der letzten
Tage
gedemütigt und von ihrer Führung verlassen. Die
Unzufriedenheit
widerspiegelt sich in den Umfragen. Nach zwei am Sonntag
veröffentlichten repräsentativen Meinungserhebungen liegt die
Nea
Dimokratia jetzt zwischen 4,8 und 6 Prozentpunkten hinter der
oppositionellen Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok). 77
Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Regierung von Kostas
Karamanlis die Krise schlecht gehandhabt habe.
Auf dem falschen Weg
In der Nacht auf den Montag hat die Regierung dem Parlament ihren
Haushalt für das Jahr 2009 vorgelegt. Die hitzige Debatte glich
allerdings einem Dialog der Taubstummen. Während die 151
Abgeordneten
der ND geschlossen den Regierungsplan guthiessen, verwarf ihn die
gesamte Opposition. Die Abstimmung war in Wirklichkeit aber
gegenstandslos. Parteien und Wirtschaft rechnen damit, dass
Griechenland aufgrund seines hohen Schuldenbergs von der EU-Kommission
gezwungen wird, den von der Regierung vorgelegten Haushalt für das
Jahr
2009 bereits in den kommenden Wochen wieder zu verändern. So
fühlt sich
die Bevölkerung von ihren Politikern im Stich gelassen und blickt
pessimistisch in die nahe Zukunft. Eine Umfrage im Auftrag der
EU-Kommission ergab, dass 90 Prozent der Griechen die derzeitige
Wirtschaftslage in ihrem Land als schlecht bis sehr schlecht
bezeichnen. Und 86 Prozent sind davon überzeugt, dass ihr Land auf
dem
falschen Weg sei.
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Tagesanzeiger 24.12.08
Polizeibus in Athen beschossen
Schweiz. Depeschenagentur
Athen. - Griechenland kommt auch vor den Weihnachtsfeiertagen nicht zur
Ruhe. Ein Einsatzfahrzeug der Athener Polizei wurde in der Nacht zum
Dienstag unter Beschuss genommen. Keiner der 19 Beamten in dem Bus
wurde verletzt, doch wurden mindestens sieben Kugeln vom Kaliber 7,62
Millimeter sichergestellt. Der Bus wurde angegriffen, als er am
Universitätsgelände der Hauptstadt vorbeifuhr. Am
Dienstagnachmittag
zogen dann abermals gut 3000 Demonstranten durch Athen und beschimpften
die Polizei als "Schweine und Mörder". Für Mittwoch wurde ein
weiterer
Protestmarsch angekündigt. (AP)