MEDIENSPIEGEL 5.1.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Progamm
- Schwimmsport in der Reitschule
- Police BE: Versagen im Fall Rosengarte
- Streit um Zukunft von Progr
- Sans-Papiers ZH: Härtefall-Praxis ZH & Umzug
- Privatschnüffler gegen "Scheinehen"
- Jürg Scherrer tritt ab
- Datenbunker im Berner Oberland
- Nazi-Rocker bei Hells Angels BRD
- Personalsuche AKWs & Abwrackung Stade
- WEF goes Youtube
- Griechenland: Polizist lebensgefährlich verletzt
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REITSCHULE
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- Jan 09: Beteiligt Euch an der
Vorplatz-Präsenz!!!
- Restaurant Sous Le Pont vom
1.-12.1.09 geschlossen
PROGRAMM:
Do 8.1.09
20.30 Uhr - Kino - Wunschfilm: Adam's
Apples, Anders Thomas Jensen, Dänemark 2005
Fr 9.1.09
20.30 Uhr - Tojo - Bloup von
Duo Luna-tic. Judith Bach & Stéfanie Lang
21.00 Uhr - Kino - Wunschfilm: Adam's
Apples, Anders Thomas Jensen, Dänemark 2005
22.00 Uhr - Dachstock - Steady Beat Service: Doreen Shaffer (JAM/Skatalites) & The
Moon Invaders (BEL)
Sa 10.1.09
14.30 Uhr- Schützenmatte - Gaza-Demo
(Infos: www.gsoa.ch)
21.00 Uhr - Kino - Wunschfilm: Down
by Law, Jim Jarmusch, USA/ Deutschland 1986
23.00 Uhr - Dachstock - Liquid Session:
Zero Tolerance (UK), Utah Jazz (UK), Ayah MC (UK) Support: TS Zodiac.
Infos: www.reitschule.ch
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SCHWIMMSPORT
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Bund 5.1.09
Leserbriefe
"Baden auf der Schützenmatte"
"Hallenbad einsturzgefährdet", "Bund" vom 22. November 2008
und "Neubau wäre günstiger", "Bund" vom 19. Dezember 2008
Der grosse Bedarf nach einem neuen Hallenbad in der Stadt ist bekannt.
Aus technischen Gründen ist ein Neubau günstiger als eine
Renovation.
Aber wo?
Unsere Vision ist die Weiterführung des ursprünglichen
Sportzwecks der
Reithalle auf der Schützenmatte - aber nicht mehr für den
Reitsport,
sondern für den Schwimmsport. Baden in historischer Umgebung!
Die neue Schützenmattehalle ist sehr zentral und kann von Leuten
aus
der ganzen Stadt benützt werden. Das bisherige Hallenbad "Mubeeri"
könnte hingegen im Baurecht abgegeben werden. Und den daraus
resultierenden, laufenden Erlös könnte man für den
Betrieb einer neuen,
gut erreichbaren Tageskinderkrippe im historischen Gebäude neben
der
neuen Schwimmhalle verwenden.
Eine Win-win-Situation also: für die Schwimmbegeisterten, für
die Eltern, für die Kinder und - ja - sogar für die
Stadtkasse!
Fred Moser
Bern
Präsident des Vereins "Bern Sicher und Sauber"
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POLICE BE
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bernerzeitung.ch 5.1.09
Polizei half nicht - Video aufgetaucht
Die Opfer einer Schlägerei im Rosengarten fühlen sich von der
Polizei
im Stich gelassen und suchen die Täter via Facebook. Ein Video von
der
Tatnacht zeigt: Um das Opfer kümmerte sich niemand.
An Silvester kam es im Rosengarten zu einer Auseinandersetzung zwischen
jungen Männern, die für vier Personen im Spital endete: Sie
mussten
sich wegen Schnittwunden, Quetschungen und einem Kieferbruch behandeln
lassen. Sie werfen der Polizei vor, dass die Beamten die Täter
nicht
gestellt hätten, als diese noch vor Ort waren (wir berichteten).
Gemäss eines der Opfer zeigte sich die Polizei ihnen
gegenüber völlig
desinteressiert: "Sie nahmen in der Tatnacht keine Personalien auf,
informierten uns nicht über das weitere Vorgehen und sagten durch
die
Blume, dass man in diesem Fall nicht viel machen könne".
Ähnlich erging es ihm am Samstag auf dem Polizeiposten. Er erfuhr
nur,
dass er zuerst im Spital einen Unfallbericht anfordern müsse,
damit er
überhaupt Anzeige erstatten kann. X. Y.*, der in der Tatnacht von
einer
Champagnerflasche getroffen worden war, erhielt die Auskunft, dass die
Chance, einen solchen Fall aufzuklären, zwischen null und
fünf Prozent
liege.
Videoaufnahmen gesichtet
Videoaufnahmen, die von bernerzeitung.ch gesichtet wurden,
bestätigen
die Aussagen des Opfers. Das blutüberströmte Opfer schreit im
Hintergrund, aber kein Polizist sucht das Gespräch mit ihm.
Die Kollegen des Opfers schildern den Polizisten den Tathergang und
weisen darauf hin, wo sich die Täter befinden. Die Beamten lassen
sich
die Täter zwar beschreiben, unternommen wird aber nichts.
Stattdessen
erklären die Polizisten den Betroffenen, dass Alkohol eine
blutverdünnende Wirkung habe. Personalien wurden keine aufgenommen.
Die Polizei hat die gegen sie gerichteten Vorwürfe zur Kenntnis
genommen und will "alles daran setzen, den Sachverhalt im Detail zu
klären", wie sie auf Anfrage von bernerzeitung.ch mitteilt.
Als Reaktion haben die Opfer nun auf facebook.com
die Gruppe
"Tätersuche Messerstecherei Rosengarten 31.12.08 / 01.01.09"
eröffnet,
mit dem Ziel, die Angreifer doch noch zu identifizieren. Bereits sind
über 1000 Personen der Gruppe beigetreten.
Kopfgeld ausgesetzt
Für Hinweise, die zur Überführung der Täter
führen, haben die Opfer
3000 Franken "Kopfgeld" ausgesetzt. Gesucht werde ein Mann zwischen 18
und 24 Jahren, der vermutlich dunkelblondes Haar habe. Er sei in der
Tatnacht "HipHop-mässig" gekleidet gewesen.
Wie eines der Opfer gegenüber bernerzeitung.ch verdeutlichte, geht
es
den Initianten nicht um Rache. "Wir wollen bloss die Identität des
Täters herausfinden und dafür sorgen, dass er vor Gericht
kommt.
Anzeigen gegen Unbekannt verfehlen sowieso ihre Wirkung."
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http://de-de.facebook.com/group.php?gid=42589432668
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PROGR
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Telebärn 4.1.09
Streit um Progr
Wie soll es weitergehen mit dem Progr? Die jetztigen Nutzer und die
zukünftig vorgesehenen Mieter sind sich nicht einig.
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Streit-um-Progr/story/10636465
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SANS-PAPIERS ZH
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a-films.blogspot.com
5.1.09
Video: "Bleiberecht für alle" in Zürich
Am 3. Januar 2009 protestierten mehr als 1000 Leute mit den
KirchenbesetzerInnen gegen die Asylpolitik der Schweiz und vor allem
des Kantons Zürich.
Der Kurzfilm bietet einige Impressionen von der Demo.
Der 3-minütige Film kann hier angeschaut/heruntergeladen werden:
http://a-films.blogspot.com/2009/01/030109de.html
Mehr Infos zur Besetzung: http://www.bleiberecht.ch
http://www.youtube.com/watch?v=nrDg5wBA9p0
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Tagesanzeiger 5.1.09
Harte Vorwürfe an Zürcher Regierung
Staubli René
Zürich. - Regierungsrat Hans Hollenstein (CVP) nehme seine
politische
Verantwortung nicht wahr. Er lasse zu, dass das kantonale Migrationsamt
die Härtefallbestimmungen des Asyl- und Ausländerrechts nicht
sachgerecht anwende - mit dem Ergebnis, dass kaum je ein Ausländer
das
Bleiberecht erhalte. In Zürich scheiterten so Gesuche, die in
andern
Kantonen bewilligt würden, was inakzeptabel sei, sagt der
Rechtsanwalt
Marc Spescha, Koautor des neuen Kommentars zum Ausländerrecht.
Spescha
gehört zur Delegation unter Kirchenratspräsident Ruedi Reich,
die sich
in Sachen Sans-papiers heute um 11 Uhr mit Hollenstein zu einem
Gespräch trifft. (res)
"Zürich setzt auf Repression", Seite 9
--
"Der Kanton Zürich setzt auf Repression"
Staubli René
Der Zürcher Rechtsanwalt Marc Spescha übt harte Kritik an
Regierungsrat
Hans Hollenstein. Dieser lasse zu, dass der Kanton das Asyl- und
Ausländerrecht nicht sachgerecht anwende.
Mit Marc Spescha* sprach René Staubli
Herr Spescha, heute diskutiert Regierungsrat Hans Hollenstein mit
Vertretern der evangelischen Landeskirche und der Kirchenbesetzer
über
den umstrittenen Umgang des Kantons Zürich mit so genannten
"Härtefällen". Welches Ergebnis würden Sie als
Koteilnehmer als Erfolg
werten?
Minimalziel ist, dass sich Regierungsrat Hollenstein endlich bereit
erklärt, Härtefälle auf der Basis der bundesrechtlichen
Vorgaben
ernsthaft zu prüfen. Er wäre auch gut beraten, sich für
eine
antragsberechtigte Härtefallkommission einzusetzen, die solche
Schicksale sachgerechter beurteilen könnte als das Migrationsamt.
Gemäss den aktuellsten Zahlen haben die Kantone im Jahr 2007 beim
Bundesamt für Migration 944 Härtefallgesuche eingereicht, von
denen 813
bewilligt wurden. Aus dem Kanton Zürich trafen lediglich 4 Gesuche
ein.
Wie viele hätten Sie erwartet?
Im Verhältnis zur Wohnbevölkerung und dem
Ausländeranteil hätte der
Kanton Zürich auf der zurückhaltenden St. Galler Linie gegen
300
Anträge in Bern stellen müssen, auf der grosszügigeren
Linie des
Kantons Waadt sogar gegen 1000.
Für die Weiterleitung der Gesuche um die Aufnahme von
Härtefällen an
den Bund ist in Zürich das kantonale Migrationsamt zuständig.
Im Jahr
2007 hat es von 281 Gesuchen 277 in eigener Regie abgelehnt . . .
. . . der Kanton Zürich setzt auf Repression, um unerwünschte
Ausländer
zur Ausreise zu zwingen. Trotz Anwendung von Zwangsmassnahmen und einer
menschenunwürdigen Nothilfepraxis lassen sich aber nicht alle
Personen
ausschaffen. Um auch solchen Menschen gerecht zu werden, wurden
Härtefallklauseln ins Asyl- und Ausländergesetz aufgenommen.
Das Migrationsamt halte sich "konsequent an die Vorgaben des
eidgenössischen Ausländerrechts", sagt Amtschef Adrian
Baumann. Wie
sehen Sie das?
Gesetzlich ist der Kanton nicht verpflichtet,
Härtefallbewilligungen zu
erteilen, wohl aber, solche Gesuche seriös zu prüfen. Der
Kanton Zürich
tut etwas anderes: Er schraubt die Anforderungen an die
Härtefallkriterien derart hoch, dass sie praktisch nicht
erfüllt werden
können.
Kann denn jeder Kanton das Gesetz so auslegen, wie er will?
Soweit mir bekannt ist, fordert nur Zürich für den
Identitätsnachweis
eines Gesuchstellers einen Reisepass. Die andern Kantone akzeptieren
auch Identitätskarten, denn der Bund verlangt lediglich die
Offenlegung
der Identität. So scheitern im Kanton Zürich Gesuche, die
andernorts
bewilligt würden. Diese Ungleichbehandlung ist inakzeptabel.
Sie werfen Regierungsrat Hollenstein vor, er nehme seine politische
Verantwortung nicht wahr und es mangle ihm am nötigen Fachwissen.
In
Wahrheit bestimme nicht er die Politik des Kantons, sondern sein
Chefbeamter Baumann vom Migrationsamt. Wie begründen Sie diese
Behauptung?
Wenn man mit ihm redet, hört Herr Hollenstein zwar freundlich zu,
ist
aber nicht in der Lage, zur Detailkritik sachlich Stellung zu nehmen.
Jüngst liess er im Radio gar verlauten, der Kanton Zürich
bewillige
fast die Hälfte der Härtefallgesuche. Davon kann keine Rede
sein. Herr
Hollenstein hatte anscheinend die Umwandlung von vorläufigen
Aufnahmen
in eine Aufenthaltsbewilligung im Auge.
Welche Menschen müssten Ihrer Meinung nach als
Härtefälle aufgenommen werden?
Im Regelfall zum Beispiel jene, die nicht delinquiert haben, mehr als
fünf Jahre in der Schweiz leben, arbeitswillig sind und in
Länder mit
extrem hoher Arbeitslosigkeit, niedrigen rechtsstaatlichen Standards
und angespannter politischer Situation zurückkehren müssten.
Erst recht
ist eine Härtefallbewilligung an Personen mit hier geborenen
Kindern zu
erteilen.
Wie setzt sich die Gruppe der Kirchenbesetzer eigentlich zusammen?
Das sind grösstenteils abgewiesene Asylbewerber. Dazu Leute, die
nie
eine Bewilligung in der Schweiz hatten oder keine Verlängerung
ihrer
Aufenthaltsbewilligung bekommen haben, etwa nach einer Scheidung. Sie
leben zum Teil in Asylunterkünften, in untervermieteten Zimmern
oder
bei Privatpersonen.
Es fällt auf, dass Betroffene insbesondere die Gewährung von
Nothilfe in Form von Migros-Gutscheinen vehement kritisieren.
Ein Gutschein im Wert von 8 Franken pro Tag sichert kaum ein
menschenwürdiges Dasein. Ausserdem nützt er nichts, wenn
jemand ein
Trambillett kaufen oder eine kulturelle Veranstaltung besuchen
möchte.
Auf Kritik stösst aber auch der menschenunwürdige Zwang,
wöchentlich
den Aufenthaltsort zu wechseln.
Für den Fall, dass die Gespräche scheitern, drohen die
Sans-papiers mit weiteren Kirchenbesetzungen. Sehen Sie Lösungen?
Als Sofortmassnahme müsste der Kanton Bereitschaft signalisieren,
seine
Praxis bei Härtefällen zu revidieren. Mittelfristig muss das
Justizdepartement eine einheitlichere, humanere Härtefallpraxis
nach
dem Vorbild der Kantone Bern und Waadt durchsetzen. Es geht nicht an,
dass einzelne Kantone die Anwendung von gesetzlichen Kann-Bestimmungen
verweigern.
* Der Zürcher Rechtsanwalt Marc Spescha ist Spezialist für
Migrationsrecht, Mitglied in der Fachgruppe Asyl- und Migrationsrecht
des Kantons Zürich und Koautor des neuen Kommentars zum
Ausländergesetz. Er berät die in Zürich demonstrierenden
Sans-papiers
und die sie unterstützenden Organisationen. Spescha gehört
zur
Verhandlungsdelegation, die heute Montag mit Regierungsrat Hans
Hollenstein zusammentrifft.
--
Abgewiesene Asylbewerber sind umgezogen
Zürich. - Am Sonntag haben die rund 150 Besetzer die
Predigerkirche
nach 17-tägigem Protest geräumt. Etwa 60 bis 70 Personen
zogen in die
Kirche St. Jakob am Stauffacher, wo sie bis Mittwochabend das Gastrecht
von Pfarrer Anselm Burr geniessen.
Die Räumung der Predigerkirche hatte Regierungsrat Hans
Hollenstein
(CVP) zur Bedingung für ein Gespräch mit den Betroffenen
über die
Härtefallpraxis des Kantons gemacht (siehe "Stichwort"). Bei ihnen
handelt es sich überwiegend um abgewiesene Asylbewerber. Heute
Montag
um 11 Uhr will sich Hollenstein mit einer achtköpfigen Delegation
unter
der Leitung von Kirchenratspräsident Ruedi Reich treffen. Ob das
Gespräch im Kaspar-Escher-Haus oder an einem neutralen Ort
stattfinden
wird, war gestern Abend noch nicht klar. Am Samstag hatten die Besetzer
und ihre Sympathisanten mit einer Demonstration in der Zürcher
Innenstadt auf ihre Anliegen aufmerksam gemacht. Laut Polizei
demonstrierten 1000 Personen, laut Veranstaltern 2500. (res)
--
STICHWORT
"Härtefälle"
Seit Anfang 2007 können die kantonalen Migrationsämter
abgewiesenen
Asylbewerbern, die seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz
leben, in
"schwerwiegenden persönlichen Härtefällen" eine
Aufenthaltsbewilligung
erteilen (Asylgesetz, Art. 14). Die Kantone bedürfen dabei der
Zustimmung des Bundes.
Die Kantone können aber auch Personen ein Bleiberecht erteilen,
die
keine Aufenthaltsbewilligung haben und nie ein Asylverfahren
durchlaufen haben. Laut Ausländergesetz (Art. 30) muss es sich
auch
hier um "schwerwiegende persönliche Härtefälle" handeln.
Kriterien sind
laut einer Verordnung des Bundes die bisherige Aufenthaltsdauer, die
allgemeine Integration, die Möglichkeit der Wiedereingliederung im
Herkunftsstaat, die Respektierung der Rechtsordnung, die
Familienverhältnisse und der nachgewiesene Wille, zu arbeiten.
Gesuchsteller müssen ihre Identität offenlegen. Auch in
diesen Fällen
benötigen die Kantone die Zustimmung des Bundes.
"Sans-papiers" ist der Oberbegriff für alle Personen, die ohne
Bewilligung in der Schweiz leben. (res)
---
NZZ 5.1.09
Aus Besetzern werden Gäste
Umzug der Sans-Papiers von der Prediger- in die St.-Jakob-Kirche
Die Besetzer der Predigerkirche sind am Sonntag in die
St.-Jakob-Kirche umgezogen, wo ihnen ein dreitägiges Gastrecht
gewährt
wird. Heute empfängt Polizeidirektor Hollenstein die Sans-Papiers.
yr. Nach etwas mehr als zwei Wochen haben am Sonntag die rund 60
übrig
gebliebenen Sans-Papiers und ihre Schweizer Helfer die Predigerkirche
am Zürcher Zähringerplatz verlassen. Sie haben ein Angebot
der Kirche
St. Jakob angenommen und sind an den Stauffacher umgezogen. Dort wird
ihnen bis am Mittwochabend ein dreitägiges, schriftlich
vereinbartes
Gastrecht gewährt, wie Pfarrer Anselm Burr von der Kirchgemeinde
Zürich
Aussersihl festhält. Dieser Kniff macht heute Montag ein Treffen
zwischen Regierungsrat Hans Hollenstein sowie einer Delegation von acht
Personen aus dem Kreis der Sans-Papiers und dem Bleiberecht-Kollektiv
möglich. Die Delegation steht unter der Schutzherrschaft der
reformierten Landeskirche, die als Vermittlerin auftritt. Den
abgewiesenen Asylbewerbern ist zugesichert worden, dass beim Empfang im
Kaspar-Escher-Haus keine Ausweiskontrolle durchgeführt wird.
Zum Schluss sei die Besetzung in Minne beendet worden, hat Daniel
Lienhard, der Präsident der Kirchgemeinde zu Predigern, am Sonntag
berichtet. Eine Putzequipe der Besetzer habe die Kirche so gut wie
möglich gereinigt, ihm selber sei ein Blumenstrauss
überreicht worden.
Trotzdem müsse die Kirche diese Woche geschlossen bleiben, weil
die
Beanspruchung der letzten Tage eine professionelle Reinigung des
empfindlichen Sandsteinbodens erforderlich mache.
Kein Hehl macht Kirchenratspräsident Ruedi Reich aus seiner
Einschätzung, wonach er den temporären Umzug in die
St.-Jakob-Kirche
als wenig sinnvoll erachtet. Im Gespräch stört er sich auch
daran, dass
die Bedingung, die Predigerkirche freizugeben, erst im
letztmöglichen
Moment erfüllt worden ist. Es sei keine gute Gesprächsbasis,
wenn jedes
Schlupfloch bis zum Letzten ausgereizt werde. Aber
selbstverständlich
werde er sein Versprechen einhalten und eine Delegation der ehemaligen
Besetzer zu Regierungsrat Hollenstein führen. Der Polizeidirektor
hat
am Wochenende bestätigt, die Sans-Papiers zu empfangen. Dabei
wolle er
nicht in eigentliche Verhandlungen treten, sondern sich in erster Linie
einmal die Anliegen anhören. In der "Sonntagszeitung" bezeichnete
Regierungsrat Hollenstein die geforderte Wiedereinführung einer
Härtefallkommission als "sinnvolle Sache".
Am Samstagnachmittag waren gemäss Polizeiangaben rund 1000
Personen
durch Zürichs Innenstadt gezogen, um für die Anliegen der
Sans-Papiers
zu demonstrieren. Die Kundgebung verlief ohne grössere
Zwischenfälle.
---
Aargauer Zeitung 5.1.09
Die Sans-Papiers sind umgezogen
Kirche St. Jakob Gespräch mit Regierungsrat Hans Hollenstein am
Montag geplant
Die Besetzung der Zürcher Predigerkirche ist vorbei. Die
Sans-Papiers
haben das Gotteshaus am Sonntagnachmittag wie angekündigt
verlassen und
sind in die Kirche St. Jakob umgezogen.
Daniel Lienhard, Präsident der Kirchgemeinde zu Predigern, zeigte
sich
am Sonntag erleichtert über den Umzug der Sans-Papiers: "Ich bin
froh
für uns, aber auch für die Sache." Am Ende sei man in
"mittlerem
Frieden" auseinandergegangen. Die Besetzer hätten die Kirche
unaufgefordert geputzt, und er habe einen Blumenstrauss erhalten.
Es drohte "ein Fiasko"
Wären die Aktivisten weiter stur geblieben, hätte das aus
Lienhards
Sicht in einem Fiasko geendet. Auch wenn ihr Anliegen verständlich
sei,
hätten sie mit der langen Besetzung der Predigerkirche den
falschen Weg
eingeschlagen, sagte der Kirchgemeindepräsident.
Mit der Räumung der Predigerkirche kommen die Sans-Papiers
einer
Bedingung nach, die von Behördenseite für die Bereitschaft zu
einem
Gespräch gestellt worden war. Das Treffen mit Regierungsrat Hans
Hollenstein (CVP), dem Vorsteher der kantonalen Sicherheitsdirektion,
war auf Montag angesetzt.
Der Entscheid, die Besetzung nach rund zwei Wochen aufzugeben und
das
angebotene Kirchenasyl in der Kirche St. Jakob am Stauffacher in
Anspruch zu nehmen, war am Samstag an einer Vollversammlung gefallen.
Das Zürcher Bleiberecht-Kollektiv teilte mit, dass die rund 150
Sans-Papiers kein Interesse an einem anhaltenden Konflikt mit der
Kirche hätten. Sie seien jedoch enttäuscht, dass sie in der
Predigerkirche nur widerwillig geduldet worden und benachteiligte
Menschen offenbar auch an diesem Ort "nicht willkommen" seien. Die
Vermittlungstätigkeit von Kirchenratspräsident Ruedi Reich
wurde
hingegen ausdrücklich begrüsst.
Bleiberecht verlangt
An einer Demonstration zugunsten der Kirchenbesetzer durch die
Zürcher
Innenstadt nahmen am Samstagnachmittag nach Angaben der Organisatoren
rund 2500 Personen teil. Sie verlangten unter anderem ein Bleiberecht
für Flüchtlinge und eine humanere Umsetzung der im Gesetz
verankerten
Härtefallregelung. Zudem wurden auch Anpassungen bei der
Ausgestaltung
der Nothilfe verlangt. (ap)
---
Basler Zeitung 5.1.09
"Besetzung" der Predigerkirche in Zürich beendet
Sans-Papiers bleiben bis Mittwoch in der Kirche St. Jakob
Rund zwei Wochen hielten Sans-Papiers die Zürcher Predigerkirche
besetzt. Nun haben sie die Kirche geräumt - das war die Bedingung
für
ein Gespräch mit dem Zürcher Regierungsrat Hans Hollenstein,
das heute
stattfindet.
Papiere für alle und die Aufhebung des Arbeitsverbots für
Menschen ohne
Papiere forderten die 150 Papierlosen und Aktivisten, die am 19.
Dezember in die Predigerkirche in Zürich eingezogen waren. Die
Besetzung der Predigerkirche ist gestern Mittag zu Ende gegangen.
Zwischen 60 und 70 Personen sind in die Kirche St. Jakob umgezogen.
Dort können sie bis Mittwochabend bleiben.
Sans-Papiers oder Papierlose nennt man Menschen, die ohne gültige
Dokumente in der Schweiz leben. Heute wird eine Delegation der
Sans-Papiers unter der Leitung von Kirchenratspräsident Ruedi
Reich den
Zürcher Regierungsrat Hans Hollenstein (CVP) zu einer Aussprache
treffen. Hollenstein hatte sich unter der Bedingung zu Gesprächen
bereit erklärt, dass die Predigerkirche geräumt werde.
Forderungen
Am Samstag hatten Papierlose und ihre Sympathisanten ihren
Anliegen
mit einer Demonstration durch die Zürcher Innenstadt Nachdruck
verliehen. Mit ihrer Aktion wollen die Sans-Papiers konkrete Zusagen
für bessere Lebensbedingungen durchsetzen. Vor allem fordern sie
eine
"humane und unbürokratische Umsetzung der gesetzlich verankerten
Härtefallregelung", dazu die Aufhebung des Arbeitsverbotes.
An einer Medienkonferenz hatte der auf Asylrecht spezialisierte
Rechtsanwalt Marc Spescha darauf hingewiesen, dass der Kanton
Zürich im
Gegensatz zu anderen Kantonen bisher auf die Möglichkeit
verzichtet
habe, beim Bund Härtefall-Gesuche zu stellen. Kantone wie St.
Gallen
oder die Waadt hätten im letzten Jahr 85 beziehungsweise 300
solcher
Gesuche nach Bern geschickt, Zürich dagegen kein einziges.
SDA
---
Le Temps 5.1.09
ZURICH. Les occupants ont quitté la Predigerkirche pour migrer
vers
l'église Saint-Jacques. Une délégation rencontre
aujourd'hui le Conseil
d'Etat.
Les sans-papiers zurichois déménagent dans une autre
église
ATS
Les sans-papiers qui occupaient une église en ville de Zurich
ont
déménagé dimanche dans une autre église.
Ils pourront y rester jusqu'à
mercredi soir. Quelque 60 à 70 sans-papiers ont migré
vers l'église
Saint-Jacques, a indiqué dimanche le collectif de soutien. Cela
correspond à une petite moitié des 150 personnes qui
avaient pris leurs
quartiers dans la Predigerkirche le 19 décembre. Avant de
partir, les
occupants ont nettoyé le sol et les toilettes, a
précisé le collectif.
Lundi, une délégation des sans-papiers, emmenée
par le président du
conseil de paroisse Ruedi Reich, rencontrera le conseiller d'Etat Hans
Hollenstein (PDC) pour une discussion. Celui-ci avait posé comme
condition pour cette rencontre que la Predigerkirche soit
évacuée.
Samedi après-midi, les sans-papiers et leurs sympathisants ont
manifesté à travers la vieille ville de Zurich.
D'après le collectif de
soutien, le défilé a rassemblé 2500 participants.
La police les a quant
à elle estimés à un millier.
Par leur action, les sans-papiers et leurs sympathisants entendent
attirer l'attention sur leur situation précaire et revendiquer
de
meilleures conditions de vie. Ils demandent notamment "une pratique
plus humaine et non bureaucratique pour les cas de rigueur" ainsi
qu'une levée de l'interdiction de travailler. Le collectif de
soutien
se dit convaincu que le conseiller d'Etat Hollenstein peut
procéder à
des améliorations rapides.
Lors d'une conférence de presse du collectif, l'avocat Marc
Spescha,
spécialiste du droit d'asile, avait souligné samedi que
le canton de
Zurich avait renoncé jusqu'à présent à
soumettre à la Confédération des
demandes concernant des cas de rigueur. Des cantons comme Vaud ou
Saint-Gall ont transmis l'année passée 300,
respectivement 85 demandes
de ce type, contre aucune pour le canton de Zurich.
--
A Lausanne, une action similaire avait porté ses fruits
Des requérants avaient occupé l'église de
Bellevaux en 2001 durant 125
jours. L'association qui les avait soutenus s'est dissoute
récemment.
Laurent Caspary
A Zurich, environ 150 sans-papiers ont occupé jusqu'à ce
dimanche le
Predigerkirche depuis le 19 décembre. Ils voulaient attirer
l'attention
du public sur leur situation précaire en occupant ainsi un lieu
symbolique où l'on imagine mal la police entrer en force. La
méthode
est connue et a fait ses preuves, dans le canton de Vaud notamment. A
Lausanne, sympathisants, militants et anciens requérants d'asile
se
sont d'ailleurs récemment réunis dans l'église de
Bellevaux, théâtre
d'une "occupation" de 125 jours en 2001 qui a donné une
visibilité
importante à un mouvement tout en marquant profondément
la politique
vaudoise plusieurs années durant. Mais cette réunion
était en réalité
une ultime fête. Celle de la dissolution de l'association En
quatre ans
on prend racine, sur le constat d'une victoire importante: la
régularisation de l'immense majorité des
requérants concernés par
l'occupation.
En se dissolvant, les membres d'En quatre ans on prend racine ont ainsi
tourné une page de l'histoire politique et sociale du canton du
Vaud.
L'association a joué sans le savoir alors le rôle de
détonateur qui
allait déboucher sur plusieurs années de crise dans les
relations entre
Berne et le Conseil d'Etat à travers ce qui était petit
à petit et de
facto devenu "l'exception vaudoise".
"Sans En quatre ans on prend racine, il n'y aurait pas eu le mouvement
dit des "523" (nombre de requérants déboutés en
2004 suite à la
tentative du socialiste Pierre Chiffelle de régler la situation,
ndlr),
c'était une continuité qui a permis de donner naissance
au mouvement de
soutien aux sans-papiers", dit Yves Sancey, un des piliers de
l'association désormais dissoute. "Notre force, c'était
d'avoir
l'émotion. Nous avons mis des visages sur les dossiers des
requérants,
notamment grâce à une très forte
médiatisation de l'occupation de
l'église de Bellevaux."
Constat partagé par celui qui était de l'autre
côté de la barrière.
Henri Rothen, chef du Service de la population (SPOP) a traversé
avec
ses collaborateurs toutes ces années de crise en endossant bien
malgré
lui le costume du fonctionnaire qui refuse les dossiers. "Ils ont
gagné
une partie de la guerre de la communication, c'est sûr, dit-il
aujourd'hui. C'était des périodes difficiles car avec des
arguments
émotionnels ils ont eu une partie de l'opinion publique de leur
côté,
même si leurs slogans étaient parfois simplistes et leurs
arguments pas
toujours corrects. De notre côté, on ne jouait pas sur le
même terrain;
nous étions les garants de l'Etat de droit et devions rester
très
institutionnels dans notre communication. Nous avons été
traités de
tous les noms alors qu'au final, nous sommes tout de même le
canton de
Suisse qui a obtenu le plus de régularisations."
En se dissolvant, En quatre ans on prend racine donne-t-elle le signal
que la question de l'asile est désormais pacifiée? Bien
au contraire,
rétorque Yves Sancey. La lutte continue via la Coordination
asile-migration qui tente de "décloisonner" le monde des
requérants
d'asile et celui des sans-papiers. "Ces gens subissent les mêmes
violences d'Etat."
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SCHNÜFFELSTAAT
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Basler Zeitung 5.1.09
Schnüffelei in Basel empört
Scheinehen. Mindestens zweimal wurden in den Jahren 2007 und 2008
binationale Paare im Auftrag des Kantons Basel-Stadt von einer privaten
Firma ausspioniert. Bei den Paaren bestand der Verdacht auf eine
Scheinehe. Mit welcher gesetzlichen Grundlage die private
Schnüffelei
legitimiert wurde, ist unklar - bisher waren ausschliesslich das Amt
für Migration und die Polizei berechtigt, entsprechende
Untersuchungen
anzustellen. Wird bei einem binationalen Paar eine Scheinehe
nachgewiesen, drohen Ausweisung und hohe Geldstrafen.
Aufgedeckt wurde die Arbeit der privaten Detektive von
SP-Grossrätin
Brigitte Hollinger. Sie verlangt in einem Vorstoss von der Regierung
eine Klärung. "Es ist stossend, wenn der Staat solche Aufgaben an
Privatdetektive abgibt", sagt Hollinger. Bei den Beteiligten war trotz
mehrmaligem Nachfragen nichts zu erfahren. Das Sicherheitsdepartement
bestätigt die beiden Fälle, verweist aber auf die
Interpellationsantwort, die im Februar erwartet wird. los/reb
>
Seite 17
--
Private Schnüffler gegen Scheinehen
Basel. Gesetzliche Grundlage ist unklar - Sicherheitsdepartement
muss sich erklären
PHILIPP LOSER, RENATO BECK
Eine Firma aus dem Baselbiet hat vom Basler Amt für Migration
mindestens zweimal den Auftrag erhalten, potenzielle Scheinehen
auszukundschaften. Aufgedeckt hat die private Schnüffelei eine
linke
Parlamentarierin.
Der Schnüffler von nebenan klingelt an der Haustüre und
hält einem ein
Formular unter die Nase. "Einmal unterschreiben, bitte. Wo geht es zum
Schlafzimmer?" Die Szene könnte aus den "Schweizermachern"
stammen, aus
längst vergangenen Zeiten des Schweizer Films und der Schweizer
Schnüffelei. Sie ist aber aktuell. Wie einer im Januar
eingereichten
Interpellation der SP-Grossrätin Brigitte Hollinger zu entnehmen
ist,
beauftragt das Amt für Migration bei Verdacht auf eine Scheinehe
seit
Kurzem eine private Firma mit Nachforschungen.
Strengere Bestimmungen
Seit Anfang dieses Jahres sind die Bestimmungen bei binationalen
Eheschliessungen verschärft worden. Nur wer ein Bleiberecht in der
Schweiz besitzt, darf hier auch heiraten. Bereits der Zivilstandsbeamte
darf Zweifel an einer Heirat den Behörden melden. Diese
Behörden - in
den meisten Kantonen die Polizei im Auftrag des Amts für Migration
-
stellen Nachforschungen an. Bei einem dringenden Verdacht auf eine
Scheinehe, bei zu grossem Altersabstand der Ehepartner beispielsweise
oder terminlich auffälliger Heirat vor einer möglichen
Ausweisung,
drohen den Erwischten eine Freiheitsstrafe oder Bussen von bis zu 20
000 Franken.
Das ist alles nicht neu. Neu ist, dass auch private Firmen
Nachforschungen über vermutete Scheinehen anstellen. Mit einer
"Einwilligungserklärung" verschaffen sich die privaten
Kontrolleure
Zutritt zur Wohnung, befragen Eheleute und Nachbarn und erstellen
danach einen Bericht zuhanden des Amts für Migration - inklusive
einer
Empfehlung, ob die Aufenthaltsbewilligung der Untersuchten
verlängert
werden soll oder nicht.
Hollinger will von der Regierung nun wissen, auf welchen gesetzlichen
Grundlagen diese Kontrollen durchgeführt werden, wie die
Kontrolleure
ausgebildet sind, wer die Aufträge exakt erteilt und wie sie
vergütet
werden. Alles offene Fragen, die auch nach mehrmaligen Nachfragen der
BaZ bei den Beteiligten nicht beantwortet werden. Die private Firma -
die ABS Betreuungsservice AG aus Pratteln - verweist ans kantonale Amt
für Migration und das Amt weiter an den Sprecher der
Sicherheitsdirektion, Klaus Mannhart. Dieser bestätigt, dass
ingesamt
zweimal private Ermittler Nachforschungen angestellt hätten,
einmal
2007, einmal 2008. Für alles Weitere verweist er aber auf die
Interpellationsantwort, die im Februar erwartet wird.
"Einzelfälle".
Nur noch so viel sagt Mannhart: "Bei den beiden Einsätzen handelte
es
sich um Einzelfälle." Ein Studium der Akten hat laut Mannhart
keine
Hinweise darauf gegeben, dass die private Firma systematisch zur
Untersuchung von möglichen Scheinehen eingesetzt wurde. "Das kann
ich
kaum glauben", sagt Brigitte Hollinger, die eines von den privaten
Ermittlern der ABS ausgefüllten Formulare einsehen konnte. "Das
sieht
eher nach Routine aus." Solche Untersuchungen seien für die
Betroffenen
extrem störend, sagt Hollinger. "Die ständige Beobachtung
setzt diesen
Menschen zu. Sie haben Angst." Dass die Untersuchung dann noch von
einer privaten Firma ausgeführt wird, sei mehr als
fragwürdig: "Es kann
doch nicht sein, dass der Staat solche Detektivaufgaben an Private
delegiert."
Sozialhilfemissbrauch
Für die ABS Betreuungsservice AG sind Schnüffeleien im
privaten Umfeld
nichts Neues. Seit Oktober 2005 gehen ihre Sozialdetektive im Auftrag
des Kantons Basel-Stadt auf die Suche nach Sozialhilfebezügern,
die im
Verdacht stehen, ihre Gelder zu erschleichen. Gleiches tut die Firma
seit März 2007 für drei Baselbieter Gemeinden. Die Angst vor
dem
Schnüffelstaat sei unbegründet, sagte damals Niggi
Rechsteiner,
stellvertretender Geschäftsführer von ABS, der BaZ: "Wir
ermitteln nur
gezielt - auf Verdacht und nur auf Antrag." Wie die Firma das bei ihren
Untersuchungen zu Scheinehen macht, bleibt offen. Niemand von der Firma
wollte gegenüber der BaZ Stellung nehmen.
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JÜRG SCHERRER
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BZ 5.1.09
Jürg Scherrer
Der Bieler Provokateur tritt ab
Mit Jürg Scherrer tritt ein Mann zurück, der stets
polarisiert hat. 16
Jahre lang war der Rechtsaussen-Politiker Gemeinderat der Stadt Biel.
Seine Kritiker werfen ihm vor, dass er wenig Bleibendes hinterlassen
habe.
16 Jahre lang hätten alle versucht, ihn aus dem Amt zu
drängen. "Da
würde es mich wundern, wenn jemand jetzt auch nur ein gutes Haar
an mir
liesse", sagt Jürg Scherrer von der Freiheitspartei Schweiz (FPS).
Scherrer in der Defensive - da läuft er zur Hochform auf.
Das ist auch noch mit 61 Jahren so, obschon er am Ende seiner
politischen Karriere steht und als Gemeinderat und Bieler
Sicherheitsdirektor abtritt. Tatsächlich war er, der seine
Feindbilder
pflegte, stets auch das Lieblingsfeindbild seiner Gegner, der
"Sozialisten", der Grünen und jener, "welche die Einwanderung
konsequent fördern". Wer immer sich mit dem Nationalrat,
FPS-Präsidenten und Gemeinderat anlegte, musste sich warm anziehen.
Nur einmal blieb Jürg Scherrer erstaunlich still, im Frühjahr
2002: In
einem Radio-Interview hatte er die Gaskammern der Nazis als "un
détail
de l'histoire" bezeichnet. Die Entrüstung darüber war riesig.
Scherrer
stand isoliert da und verstummte. Aber nur, um später umso mehr zu
triumphieren, als die Justiz verzichtete, ein Strafverfahren wegen
Verletzung der Rassismusstrafnorm einzuleiten. "Teil der Geschichte"
habe er sagen wollen, und nicht Detail im verharmlosenden Sinn, konnte
Scherrer glaubhaft machen.
Haarscharf an der Grenze
Der Vorfall war durchaus typisch für Scherrer. Immer wieder
provozierte
er mit forschen Statements gegen politisch Andersdenkende, vor allem
aber gegen Ausländer, die er auch mal als "Pack einer gewissen
Herkunft" titulierte (gemeint waren gewalttätige Jugendliche aus
dem
Balkan). Solche Worte brachten seine Gegner zwar auf die Palme,
Scherrers Fans hingegen applaudierten im Stillen oder in
Leserbriefspalten. Mehrmals musste er vor Gerichte erscheinen,
letztinstanzlich verurteilt wurde er aber nicht.
Sein Brot verdiente sich Jürg Scherrer in den letzten 16 Jahren
nicht
als unüberhörbares Sprachrohr der Freiheitspartei Schweiz,
die er lange
präsidierte, sondern als Bieler Gemeinderat. "Seine Ausrutscher
sind
auf dem nationalen Parkett passiert", sagt Stadtpräsident Hans
Stöckli
(SP). Scherrer habe sich "menschlich immer korrekt" verhalten und auch
das Kollegialitätsprinzip respektiert.
"Keine kreativen Beiträge"
Da gilt es doch zu differenzieren. Jeweils vor den Wahlen zog Jürg
Scherrer nämlich stets gegen Ausländer, Sprayer, Linke und
Nette vom
Leder. Dann wurde es aber wieder drei Jahre ruhig um ihn. Hans
Stöckli,
ironisch: "Seine Stärke war, dass er nicht umsetzte, was er immer
sagte." Zum Beispiel Sprayer bei Wasser und Brot einsperren. Scherrer
habe seine Direktion zwar "am Laufen gehalten", habe aber keine
"kreativen Beiträge geliefert". SP-Stadtrat Erich Fehr wird noch
deutlicher: "Erstaunlich, wie wenig man als Direktor leisten kann und
trotzdem immer wiedergewählt wird." Im "Kernbereich Sicherheit"
habe er
nichts gemacht. Die Reorganisation der Stadtpolizei sei das Werk des
Polizeikommandanten und eines externen Beraters, wobei Stöckli
"der
Souffleur" gewesen sei. Fehr: "Schlicht nichts hat er gemacht."
Angesprochen auf den Vorwurf, er habe nichts bewegt, meint Scherrer:
"Ein Gemeinderat, der sich ins Operative einmischt, liegt falsch.
Dafür
haben wir die Fachleute in der Verwaltung." Doch welches sind denn nun
seine Leistungen in 16 Jahren? "Möglicherweise nur
Einzelgeschäfte",
räumt Scherrer ein. In seinen vier Jahren als Baudirektor sei der
Bielerhof abgerissen, der Autobahn-A5-Variantenentscheid gefällt
und
die Möglichkeit zum Ausbau von Dachgeschossen geschaffen worden.
Als
Sicherheitsdirektor habe er Aktionen gegen schwarze Kokainhändler,
Taschendiebe und gewaltbereite Jugendliche initiiert.
"Mein Chef ist das Volk"
Schliesslich erinnert sich Jürg Scherrer dann doch an ein
strategisches
Geschäft, "das ich für mich in Anspruch nehme": Die
Professionalisierung der Feuerwehr vor etwa acht Jahren. Das habe im
Gemeinderat ziemlich "gräblet", erinnert er sich. Dass das vor
einem
Jahr verabschiedete städtische Sicherheitskonzept nicht seine
Handschrift trage, lässt er hingegen so stehen. Und beim Vorwurf
von
SP-Politiker Erich Fehr, die Ausgliederung des Energieservice (ESB) aus
der Verwaltung sei seinerzeit am "dilettantischen Auftreten" von
Scherrer und seinem ESB-Direktor gescheitert, kommt er wieder in Fahrt:
"So sind die Sozialisten…" Ein Diplomat sei er zwar tatsächlich
nicht:
"Ich sage, was ich denke." Er orientiere sich nur an seiner
Wählerschaft, jenen Rechtsbürgerlichen, die von der "classe
politique"
ignoriert würden: "Vor Jahren wurde ich heruntergemacht, weil ich
Überwachungskameras forderte. Und heute sind Kameras sogar bei der
SP
salonfähig."
"Zuerst den Kopf lüften"
Über zukünftige Aktivitäten lässt sich Jürg
Scherrer nicht viel
entlocken: "Zuerst will ich mal den Kopf lüften." Ob er sein
Grossratsmandat bei den nächsten Kantonswahlen noch einmal
verteidigen
werde, wisse er noch nicht. Die Bieler Politik jedenfalls werde er
weiter beobachten: "Wenn es zum Beispiel mit den Verkehrsschikanen so
weitergeht, könnte es sein, dass ich mal wieder aufstehe." Das
darf
durchaus als Drohung verstanden werden
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DATENBUNKER
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Bund 5.1.09
Das Fort Knox der Daten
Im Berner Oberland bunkert ein Zuger Unternehmen Daten im Berg - deren
Inhalt ist geheim
Sarah Nowotny
Die Sicherung eines Gigabytes an Daten kostet bei der Firma Siag neun
Franken pro Monat. Dafür kann selbst ein atomarer Angriff
wichtigen
Informationen nichts anhaben.
"Zum Schutz unserer Kunden dürfen Sie nicht schreiben, wie unsere
Sicherheitssysteme im Detail aussehen", sagt Christoph Oschwald, Chef
der Zuger Secure Infostore AG (Siag). Der Militärbunker, dessen
Sicherheit ihm am Herzen liegt, soll gegen Feuer, Wasser, Hacker sowie
chemische und biologische Waffen immun sein. Ein wenig ausserhalb von
Saanen wurde er in den Felsen gesprengt. Vor der Tür steht
breitbeinig
ein bewaffneter Sicherheitsmann - ehemalige Festungswächter der
Armee
werden hier beschäftigt. Hinein darf nur, wer eine Einladung
mitbringt.
Denn in den Tiefen des Bergs lagert in der "Bank der Zukunft das Gold
der heutigen Zeit", wie Oschwald sagt: Terabytes von Daten. Swiss Fort
Knox heisst dazu passend die Datenfestung - in Anlehnung an den
amerikanischen Militärstützpunkt, in dem sich die
Goldreserven der USA
stapeln.
Tausende Liter Dieseltreibstoff
Überdruck verhindert, dass Gase in das elektronische
Gedächtnis im
Felsen eindringen. Den Zutritt erschweren Metalldetektoren, Kameras und
ein persönlicher Zugangscode. Gänge, Windungen und Schleusen
tiefer im
Berg surren Server in abgeschlossenen Räumen. "Hier befinden sich
Hunderte von Terabytes an Daten", sagt Oschwald. Wer für seine
Server
noch mehr Privatsphäre möchte, kann eine sprengsichere Kammer
mit
blickdichter Tür mieten. Auf Wunsch wird dort nur dem Besitzer der
Daten Einlass gewährt.
"Wir haben einen unterirdischen See entdeckt", erzählt Oschwald.
Dies
sei ein Glücksfall, da die dicht gepackten Server ohne das vom
Wasser
gespeiste Kühlsystem heiss liefen. Energie werde durch die
Kühlung
nicht verschwendet. "Ökologisch ist es sinnvoller, Daten
konzentriert
zu lagern als verstreut." Sollte die unterirdische Stromversorgung
ausfallen, springt Batteriestrom für mehrere Stunden ein. Danach
übernehmen mächtige Generatoren, für deren Betrieb
Tausende Liter
Dieseltreibstoff im Berg gebunkert werden.
Geheimer Standort
Und sollte ihn eine Katastrophe ungeahnten Ausmasses heimsuchen,
erwartet den glücklichen Besitzer der Daten im Berg ein Hotel mit
Konferenzräumen. Beruhigt sich die Lage, kann er den Heimflug
direkt
vor dem Bunker antreten - der Flugpiste mit Zollabfertigung sei Dank.
"Wir haben in Saanen 40 Millionen Franken investiert", sagt Oschwald.
Damit aber noch nicht genug des Verwöhnprogramms für Daten:
Zehn
Kilometer entfernt betreibt die Siag an einem geheimen Standort bei
Zweisimmen ein zweites Fort Knox.
Dieses gehört - anders als der Bunker in Saanen - ganz dem
eidgenössischen Departement für Verteidigung,
Bevölkerungsschutz und
Sport (VBS). Im Falle eines atomaren Angriffs ist der zweite
Datenbunker sicher vor dem elektromagnetischen Puls (EMP), der Computer
zerstört. "Nur wenige Rechenzentren in der Schweiz verfügen
über diesen
Schutz - er kostet Millionen", sagt der Siag-Chef. Die Festungen sind
über eine Glasfaserleitung miteinander verbunden. Und reissen alle
Stricke, bleiben die Daten noch per Satellit abrufbar.
Kunden auch aus der Region
Doch vermögen die Datenbunker mehr also bloss die Paranoia
superreicher
Gstaader Feriengäste zu kitzeln? "Der Verlust von Daten kann
Firmen
töten", sagt Oschwald. Und es sei nicht nur sicherer, sondern auch
billiger, Daten dem Berg anzuvertrauen. "Unser Produkt ,Swissvault'
erlaubt es allen - auch Studenten - wichtige Daten zu sichern." Es sei
schon passiert, dass Firmendaten - zum Beispiel nach einem Brand - nur
noch im Fort Knox vorhanden gewesen seien.
Für 108 Franken pro Jahr ist ein Gigabyte in Sicherheit. Grosse
Firmen,
die Terabytes benötigen, verhandeln individuell. Per Internet
landen
die Informationen über eine 448-Bit-Verschlüsselung im Berg.
Zum
Vergleich: Bei elektronischen Bankgeschäften beträgt die
Verschlüsselung bloss 128 Bit.
Das Geschäft laufe gut, gerade in unsicheren Zeiten, sagt
Oschwald.
"Bei den kleinen und mittleren Unternehmen sind wir Marktführer."
Viele
Kunden kämen aus der Region. "Wir konnten zum Beispiel
Fünfsternehotels
wie das ,Palace' in Gstaad gewinnen." Seine Firmendaten im Berg sichere
unter anderem auch SVP-Nationalrat Hansruedi Wandfluh. Insgesamt habe
die Siag Zehntausende Kunden aus rund 30 Ländern. "Allerdings
nicht aus
den USA, denn unsere hohen Verschlüsselungsstandards könnten
dort dem
Staat missfallen." Ob auch Staaten die Dienste in Anspruch nähmen,
gebe
er nicht preis.
Massnahmen gegen Kriminelle
Daten von Terroristen, Pädophilen und anderen Kriminellen wolle
die
Siag natürlich nicht sichern - allerdings kennt sie den Inhalt der
Informationen im Berg nicht. "Wie die Schweizer Banken kommen wir
unserer Sorgfaltspflicht nach", sagt Oschwald. Zudem spitze man die
Ohren, wenn etwa plötzlich x-fach auf einen Server zugegriffen
werde.
"Wir kennen unsere Kunden und ihre Bedürfnisse." Abweichungen von
typischen Mustern würden bemerkt und untersucht.
Nicht immer konnte die Firma selbstbewusst auftreten. 1995, als noch
die staatliche PTT grösste Aktionärin war, fehlte das
Breitband-Internet für den schnellen Datenverkehr. Die
"SonntagsZeitung" schrieb damals, die Siag plane eine brisante
Goldgrube im ehemaligen Bunker der aufgelösten Schweizer
Geheimarmee P
26, und brachte Oschwald mit dem ehemaligen Nachrichtendienst P 27 in
Verbindung. Später büsste die Firma für die
Zusammenarbeit mit der
Informatikfirma Mount 10 AG: Als die Internet-Blase an den Börsen
platzte, ging diese Konkurs. "Damals war die Zeit nicht reif für
unsere
Ideen, aber heute sind wir finanziell unabhängig", sagt Oschwald.
Noch
dieses Jahr wolle die Siag dem VBS den Bunker in Saanen ganz abkaufen.
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NEONAZIS BRD
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Spiegel 5.1.09
Rechte Engel
Kriminalität: Die Liaison von Rockern und Rechtsextremen
Bislang hielten Rockerbanden die Polizei mit Gewalt, Drogen und Waffen
in Atem. Nun alarmiert die Fahnder eine neue Bedrohung: Bei deutschen
Hells Angels machen militante Neonazis Karriere.
Der Mann, den alle nur Maxe nennen, wollte ein Musterknabe werden,
wenigstens nach der Haftentlassung. Markus W. hatte vor gut zehn Jahren
für Schlagzeilen gesorgt und für internationales Entsetzen:
Damals
gehörte er zu jenen deutschen Hooligans, die während der
Fußball-Weltmeisterschaft in Frankreich den Polizisten Daniel
Nivel zum
Krüppel schlugen. Vier Jahre lang saß er für die
"gemeinschaftliche
schwere Körperverletzung" in einem französischen
Gefängnis.
Nach seiner vorzeitigen Entlassung 2002 gelobte er einen Wandel vom
rechten Schläger zum Sozialarbeiter: Er wolle Sozialwissenschaften
studieren, in Kontakt treten mit Menschen, "die Probleme mit der
Gesellschaft haben". Jugendliche sollten von seinen Erfahrungen
profitieren: "Ich kann ihnen sagen: Jungs, Gewalt lohnt sich nicht."
Doch Maxe war gerade zehn Wochen in Freiheit, da ermittelte die Polizei
erneut gegen ihn wegen gefährlicher Körperverletzung - wenn
auch ohne
Ergebnis. Nach der Übertragung des Fußball-WM-Finales
Deutschland gegen
Brasilien im Sommer 2002 war er auf dem Schützenfest im
heimatlichen
Hannover in eine Schlägerei verwickelt. Seitdem musste Maxe
wiederholt
vor Richtern erscheinen, mal wegen der Beleidigung eines Türken,
mal
wegen eines Angriffs auf einen Algerier.
Sozialarbeiter wird er nun nicht mehr werden, eine Art
gesellschaftlicher Aufstieg ist ihm dennoch gelungen: In Hannover hat
sich Maxe zu einem führenden Mitglied der Rockerbande Hells Angels
hochgearbeitet.
Markus W. alias Maxe ist im Visier von Polizei und Verfassungsschutz,
auch weil er für eine besorgniserregende Entwicklung steht. Denn
bundesweit konstatieren die Fahnder Kontakte deutscher Rocker zu
militanten Neonazis. Bei der "Beobachtung der rechtsextremistischen
Szene fallen bei den Verfassungsschutzbehörden Erkenntnisse
über
Verbindungen zu Rockern an", heißt es in einer Antwort der
Bundesregierung auf eine kleine Anfrage. Man habe "gelegentlich"
Hinweise auf "gemeinsame Aktivitäten und Treffpunkte sowie
einzelfallbezogene Kooperationen von Rechtsextremisten (insbesondere
Skinheads) und Rockern, vor allem auf lokaler Ebene".
Solche "gemeinsamen Aktivitäten" auf "lokaler Ebene" gibt es in
Berlin,
Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Baden-Württemberg. Am
weitesten fortgeschritten ist nach Einschätzung von Ermittlern die
Verflechtung zwischen Rockern und Rechtsextremen aber im
Hannover-"Charter", wie Hells Angels regionale Unterorganisationen
nennen.
Beim Hannover-Boss der Angels, Frank H., ist Markus W. inzwischen
"Secretary". Als rechte Hand des Chefs gehört er damit neben dem
"Treasurer" (Schatzmeister) und dem "Sergeant at Arms"
(Sicherheitschef) zum inneren Zirkel des streng hierarchischen Clubs.
Für die Fahnder vom Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen eine
beunruhigende Entwicklung. Denn das Charter Hannover ist nicht
irgendeins: Es gilt als größtes und zählt zu den
einflussreichsten
weltweit im Bund der Hells Angels.
Der Club in Hannover wird vom niedersächsischen LKA dem Dunstkreis
der
Organisierten Kriminalität zugerechnet. Eine achtköpfige
Ermittlungsgruppe "EG 1 Prozent" kümmert sich um die Rocker. Der
Name
geht auf eine Selbsteinschätzung der Angels zurück, die gern
darauf
hinweisen, dass 99 Prozent ihrer Mitglieder gesetzestreu seien - es
aber das eine Prozent der "Outlaws" gebe, der selbsternannten
"Gesetzlosen".
Mögen die Hells Angels gern den Mythos eines friedlichen Clubs von
Pfadfindern auf Motorrädern pflegen: Für die Ermittler der
"EG 1
Prozent" arbeiten viele "Engel" wie eine kriminelle Bande, die
"arbeitsteilig, gezielt und systematisch vorgeht", wie Frank Federau
vom LKA erklärt. Sie bediene sich der Hilfe von PR-Profis und
hochkarätiger Rechtsbeistände. In Teilen seien sie "wie ein
Wirtschaftsunternehmen aufgestellt".
Die Ermittler sind auf ein unübersichtliches Geflecht mit rechten
Querverbindungen gestoßen, von harmlos erscheinenden
Tattoo-Studios bis
hin zu paramilitärischen Sektionen. Und sie gehen davon aus, dass
illegale Einnahmen durch legale Aktivitäten wie
Sicherheitsdienste,
Merchandising oder Events getarnt werden.
Zu solchen Events der Rocker gehörte im vergangenen Jahr die
"Tattoo-Convention" (Tätowiermesse) in Hannover - organisiert von
Secretary Markus W. alias Maxe. Er sorgte dafür, dass rechte
Szeneläden
ihr Angebot freizügig präsentieren konnten, darunter auch ein
Tattoo-
und Piercingladen aus einem Ort im Kreis Soltau-Fallingbostel. Das
Studio leiten Hannes F. und Marcel U., zwei Kampfsportler mit
langjährigen Verbindungen in die militante Neonazi-Szene. Bei den
Hells
Angels des Charters Hannover haben sie es ebenfalls weit gebracht: von
"Hangarounds" (Anhängern) zu "Prospects" (Anwärtern) - der
letzten
Stufe vor ihrer Aufnahme in die Bande als "Member" (Mitglied).
In ihrem Geschäft berät Inhaber Hannes F. freundlich die
Besucher, der
"Piercer" Marcel U. heißt besonders "experimentierfreudige
Kunden"
willkommen. Zur Inspiration legen sie Muster vor, die bei
Rechtsextremen sehr beliebt sind: Wehrmachtsoldaten und die Runenkunde
einer Kameradschaft. In den Fotoalben zeigen sie stolz das Bild eines
Tattoos, das deutlich an den einstigen Hitler-Stellvertreter Rudolf
Heß
erinnert.
Hannes F. soll nach den Recherchen der Fahnder sowohl in der
rassistischen Sekte "Artgemeinschaft" als auch in der "Kameradschaft
Hildesheim" mitgewirkt haben. Im März vorigen Jahres musste er
sich vor
dem Landgericht in Halle (Sachsen-Anhalt) verantworten. Ihm wurde
vorgeworfen, für die "Sektion Niedersachsen" von "Blood and
Honour"
(Blut und Ehre) gearbeitet zu haben. Das internationale Netzwerk, das
rechtsextreme Bands vermarktet, ist in Deutschland seit dem Jahr 2000
verboten. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Hannes F. auch nach
dem Verbot noch im Geiste von "Blood and Honour" rechtsextreme Events
organisierte - und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe.
Neben Hannes F. saß in Halle Johannes K. auf der Anklagebank.
Auch er
hat Verbindungen zu den Hells Angels aufgebaut, die beiden kennen sich
aus gemeinsamen Zeiten bei "Blood and Honour". K. führt ein
Tattoo-Studio in Hildesheim; in dem Laden wird für die
Geschäfte der
Rocker im Rotlichtmilieu geworben, zudem werden deren
Merchandising-Artikel verhökert.
Der Fall Johannes K. zeigt, dass die Übergänge zwischen
Rockern und
Rechten fließend sind. Denn neben dem Tattoo-Studio betreibt K.
einen
Army-Shop: einen Laden für spezielle Ausrüstung "von
Soldaten, für
Soldaten". Als "Combat and Survival School" (Kampf- und
Überlebenstraining) bietet der Militärfan unter anderem eine
Ausbildung
zum "Scharfschützen" an.
An den paramilitärischen Übungen von Johannes K., so die
Ermittler,
soll auch ein Mitglied des "Selbstschutzes Sachsen-Anhalt" teilgenommen
haben. Die militante "Kameradschaft", die mit ihrem Kürzel "SS-SA"
unverhohlen auf die NS-Zeit anspielt, arbeitet als "nationaler
Sicherheitsdienst" und stellt bei rechtsextremen Veranstaltungen die
Ordner.
Ordner brauchen die Angels viele, sie sollen vor fremden Blicken
schützen. Auch ihr Clubheim "Angels Place" wird von stämmigen
Burschen
bewacht. Es liegt gut geschützt am Ende einer Sackgasse in
Hannover.
Besucher ohne Einladung werden von muskulösen Wächtern
aufgehalten.
Hells-Angels-Chef Frank H. hält hier Hof, ein hünenhafter,
einschlägig
bekannter Ex-Boxer. Erst Mitte Dezember wünschte er als Gastgeber
einer
Party den aus ganz Deutschland angereisten Engeln "viel Spaß".
Stripperinnen mühten sich um Stimmung, das Bier der hauseigenen
Marke
"81" tat sein Übriges. "81" steht für den achten und ersten
Buchstaben
des Alphabets: "HA" wie Hells Angels.
Unter den Besuchern tummelten sich indes auch einige, die sich eher an
der Ziffernfolge 18 berauschen: "AH" wie Adolf Hitler. Das Logo "Max
H8" war gleich an der Kleidung von mehreren zu entdecken: "H8"
verschlüsselt die Zahl "88", die in der rechtsextremen Szene
für den
verbotenen Gruß "Heil Hitler" steht. Zugleich symbolisiert "Max
H8"
auch "Maximum Hate" (maximaler Hass).
Obwohl die Polizei die Szene ständig beobachtet, ist sie schwer zu
fassen. Offiziell sagen die Rocker in Hannover, sie seien vollkommen
unpolitisch. So erklärt es ihr Pressesprecher Django. Symbole mit
Nazi-Bezug seien kein politisches Statement, sondern dienten bei
einigen nur als Provokation. Dass mancher ein langes Vorstrafenregister
hat, räumen die Rocker ein. Es sei aber kein Hinderungsgrund,
Mitglied
zu werden. Entscheidend sei allein, dass man die Regeln der Angels
einhalte.
Zu diesen Regeln gehört auch das Gebot, keine Kooperation mit der
Staatsgewalt einzugehen. Unter Rockern gilt, wie bei der Mafia, die
Omertà - das Gesetz des Schweigens. So mussten die Fahnder in
Niedersachsen erst vor wenigen Wochen zähneknirschend mit ansehen,
wie
die Bruderschaft wieder glimpflich davonkam. 14 Hells Angels aus Bremen
standen im Dezember in Hannover wegen eines brutalen Überfalls auf
Mitglieder der konkurrierenden Gang Bandidos vor Gericht. Schon nach
zwei Verhandlungstagen einigten sich Richter, Staatsanwaltschaft und
Verteidigung auf einen Deal: auch weil der Kronzeuge, ein ehemaliger
Angel, plötzlich nicht mehr aussagen mochte. Elf der Rocker kamen
mit
Bewährungsstrafen sofort frei.
"Meine Herren, bleiben Sie sauber", rief Richter Jürgen Seifert
unter
dem Gejohle der Rocker. Ein frommer Wunsch. Demonstrativ klatschten die
angereisten Bandenmitglieder. In der letzten Zuschauerreihe
applaudierte ein lächelnder Angel im Sweatshirt der Marke
Lonsdale,
einem Erkennungszeichen der Rechtsextremen.
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Spiegel 5.1.09
Ermittlungen gegen NPD weiten sich aus
Die Finanzaffäre der rechtsextremistischen NPD, die die Partei in
eine
tiefe Krise gestürzt hat, weitet sich aus. Die Staatsanwaltschaft
in
Münster ermittelt nach Angaben von Oberstaatsanwalt Wolfgang
Schweer
nicht nur gegen den inzwischen abgelösten NPD-Schatzmeister Erwin
Kemna, sondern auch gegen zwei Wirtschaftsprüfer wegen des
Verdachts
auf Verstoß gegen das Parteiengesetz. Die Steuerexperten Eberhard
Müller und Werner Linn hatten jahrelang Kemnas - offenbar
manipulierte
- Rechenschaftsberichte an die Bundestagsverwaltung testiert. Die
Ermittler prüfen nun, ob auch die NPD-Spitze Kenntnis von den
Machenschaften hatte. Laut Staatsanwaltschaft wurden bereits Ende
November mehrere Wirtschaftsprüfungskanzleien in
Süddeutschland
durchsucht sowie die Zentrale der NPD-nahen Deutsche Stimme Verlags
GmbH im sächsischen Riesa. Die Staatsanwälte haben nach
eigenen Angaben
Indizien dafür, dass die NPD jahrelang über
Treuhandkonstruktionen
Parteigelder in den Verlag geschleust und ihre Beteiligung an dem
rechtsextremen Druckhaus gegenüber der Bundestagsverwaltung
verschleiert hat. Unternehmensbeteiligungen von Parteien müssen
nach
dem Gesetz offengelegt werden, andernfalls drohen Sanktionen. "Deutsche
Stimme"-Verlagsleiter Jens Pühse räumt ein, dass ein Teil der
Gesellschaftsanteile des Verlags durch den Wirtschaftsprüfer
Müller
"treuhänderisch für dritte Personen" gehalten würden. Um
wen es sich
handle, sei "lediglich Herrn Müller bekannt". Die Ermittler gehen
dem
Verdacht nach, dass diese Konstruktion im Auftrag oder mit Wissen der
Partei gewählt wurde. Der Wirtschaftsprüfer selbst mochte
sich - wie
sein Kollege Linn, der bereits inhaftierte Ex-Schatzmeister Kemna und
NPD-Sprecher Klaus Beier - nicht zu den Vorwürfen
äußern.
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ANTI-ATOM
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Tagesanzeiger 5.1.09
Den Atomkraftwerken fehlt für die Zukunft das Personal
AKW sind für die Industrie und für die Stromkonzerne
plötzlich wieder
aktuell. Doch zeichnet sich bereits ein Personalengpass ab, denn die
Pioniere gehen jetzt in Pension.
Von Walter Jäggi
Nach zwei oder drei Jahrzehnten, während derer kaum ein
Atomkraftwerk
gebaut wurde, lancieren die Hersteller und die Stromerzeuger jetzt
wieder neue Projekte. Auch in der Schweiz wird am Ersatz für die
heutigen AKW gearbeitet. Dabei zeigt sich jetzt, dass in der
Nuklearbranche der Nachwuchs fehlt.
Der weltgrösste Betreiber von Atomkraftwerken, die
französische EDF,
braucht jährlich Hunderte von neuen Ingenieuren. Die deutsche
Industrie
rechnet - obschon die dortige Politik der Atomkraft abgeschworen hat -
mit einem Bedarf von Tausenden von Ingenieuren und Technikern im
nächsten Jahr. Und die US-Industrie hofft, dass nicht alle
Fachleute
vom Recht auf Pensionierung im Jahr 2012 Gebrauch machen werden.
Die Weitergabe von Knowhow steht auf dem Spiel, wenn jetzt eine ganze
Generation von Fachleuten in Pension geht, die beim Bau der heutigen
Anlagen dabei waren und diese während eines ganzen Berufslebens
betreut
haben.
In der Schweiz, die längst keine eigene Nuklearindustrie mehr hat,
stellt sich das Problem in geringerem Ausmass ebenfalls. Alle
Kraftwerkbetreiber sind daran, ihre Equipen abzulösen, und haben
die
Rekrutierung und Ausbildung von Nachwuchskräften intensiviert. An
der
ETH ist ein neuer Master-Lehrgang für Nuclear Engineering
gestartet:
Statt 20 fand man allerdings nur 12 Studentinnen und Studenten, 3 davon
aus der Schweiz. Noch scheint das Image der Branche bei der Jugend
beschädigt zu sein.
AKW auf Talentjagd, Seite 17
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AKW gehen auf die Jagd nach Talenten
Die Pioniere der Atomkraft sind mit ihren Kraftwerken alt geworden und
gehen in Pension. Die Branche braucht jetzt dringend Nachwuchs. Erst
recht, wenn sie neue AKW bauen will.
Von Walter Jäggi
Die Experten haben ein hübsches Wort für das Problem
gefunden:
Fadenriss. Der Atomkraftbranche drohe ein Fadenriss, sagen sie, wenn
nicht sofort Massnahmen getroffen würden, um Forschung,
Entwicklung und
Ausbildung weiterzuführen. Der "politisch bewusst
herbeigeführte
Fadenriss bei Forschung und Entwicklung" habe Deutschland "weitgehend
von der internationalen Entwicklung abgekoppelt", klagt der
Bundesverband der Deutschen Industrie. Sinkende Studentenzahlen und das
altersbedingte Ausscheiden von Professoren werden dazu führen,
dass das
Lehrangebot 2010 nur noch halb so gross sei wie im Jahr 2000. Die Zahl
der Wissenschaftler, die sich in Deutschland mit der Nuklearenergie
befassen, habe allein von 2005 bis 2007 um 15 Prozent abgenommen. Bis
2010 würden 6000 Ingenieure und Naturwissenschafter für
Aufgaben in der
Kerntechnik gesucht.
Es müsse unbedingt das Knowhow im Umgang mit den Atomkraftwerken
erhalten werden, heisst es nicht nur in Deutschland. Schon vor zwei
Jahren schlugen Experten der OECD Alarm, wenn nichts unternommen werde,
laufe die Branche weltweit in einen Personalengpass hinein. Die Zeitung
"Le Monde" zitierte kürzlich einen Experten der Beratungsfirma
Capgemini, die Überalterung des Personals beginne den Managern der
Kraftwerke schlaflose Nächte zu bereiten, denn "die Babyboomer
gehen
jetzt in Pension". Die französische EDF, grösste
AKW-Betreiberin, muss
in den nächsten sieben Jahren40 Prozent ihres Fachpersonals
ersetzen.
In den USA könnte 2012 ein Drittel der Angestellten der Kraftwerke
vom
Recht auf Pensionierung Gebrauch machen.
Abgesehen davon, dass die Anlagen noch längere Zeit betrieben
werden
sollen, braucht es auch Fachleute für deren Demontage und - darauf
hoffen Hersteller und Betreiber - für Planung und Bau von neuen
Kraftwerken. In Ländern, die keine AKW oder lange keine mehr
gebaut
haben, könnte der Mangel an Ingenieuren für eine Renaissance
der
Atomkraft kritisch werden. Laut Capgemini hat weltweit die Hälfte
der
Fachinstitute, die Ingenieure und Operateure ausgebildet haben,
geschlossen.
In den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten sind kaum Atomkraftwerke
gebaut worden. Kein Wunder, haben sich viele Ingenieure, Techniker und
Fachhandwerker anderen Sparten zugewandt. Und kein Wunder, haben junge
Leute gezögert, einen Beruf dieser Branche zu studieren oder zu
erlernen. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete im Sommer über
einen
Kernkraftkongress, bei dem das Motto zu sein schien "Der Letzte macht
das Licht aus". Der Unterhalt betagter Reaktoren, deren Stilllegung und
die mühsame Entsorgung der strahlenden Überreste seien die
Themen
gewesen - nicht gerade inspirierend für den Nachwuchs.
Die Reaktoren werden heute meist noch von den Pionieren bedient, die
schon beim Bau dabei waren. In der Schweiz sind die AKW in den Jahren
1969 bis 1984 in Betrieb genommen worden, die Generation der Fachleute
erreicht jetzt das Pensionsalter. Die Operateure, welche das Kraftwerk
im 365-mal-24-Stunden-Betrieb bedienen, müssen speziell
ausgebildet und
offiziell lizenziert werden. Bis jemand als Schichtleiter quasi der
Kapitän an Bord ist, dauert es volle sieben Jahre.
Den Kraftwerkbetreibern ist die Entwicklung nicht verborgen geblieben.
Beim Kernkraftwerk Gösgen heisst es im Geschäftsbericht 2007:
"Im
Hinblick auf den kommenden Generationenwechsel wurden die
Personaleinstellungen und die Aus- und Weiterbildung intensiviert."
Mehr als 10 Prozent der Belegschaft sei 2008 abgelöst worden, sagt
Pressesprecher Konstantin Bachmann. Damit das Knowhow korrekt
weitergegeben werden könne, würden viele Funktionen
während eines
Übergangsjahres doppelt besetzt.
Auch bei den BKW, die das Kernkraftwerk Mühleberg betreiben, hat
man
rechtzeitig nach Nachwuchs Ausschau gehalten. Die Kraftwerkunternehmen
hoffen, dass unter den Jungen die Einstellung zur Atomkraft wieder
offener sei als auch schon - und dass die schwierigere Wirtschaftslage
die Berufsanfänger etwas weniger wählerisch machen
könnte. Doch "die
Lage ist angespannt", räumt Erwin Schärer, Mediensprecher des
Stromkonzerns Axpo (AKW Beznau) ein. Wie in anderen Bereichen kommen in
der Nukleartechnik viele qualifizierte Fachleute aus Deutschland, wo
sie aber knapp werden.
Die Unterstützung durch die Lieferanten, so versichern die
Schweizer
AKW-Besitzer, habe man weiterhin, auch wenn die Herstellerfirmen nicht
mehr als solche bestehen. Siemens/KWU ist in der französischen
Areva
aufgegangen, der US-Produzent Westinghouse gehört zum japanischen
Toshiba-Konzern.
Planung mit langem Atem
Hat die Schweizer Stromwirtschaft die personellen Kapazitäten
für die
Planung und den Bau neuer Anlagen? Philipp Hänggi,
Geschäftsführer der
Fachorganisation Swissnuclear, ist zuversichtlich: "Bis dann, wenn wir
sie brauchen, werden wir sie haben." Die AKW-Industrie rechnet in
langen Zeiträumen, das gibt auch Zeit, Fachleute zu finden und
auszubilden. Für die ersten Planungsarbeiten werden der dafür
gegründeten Firma Resun Ingenieure der Muttergesellschaften zur
Verfügung gestellt. Einen grossen Teil der Projektarbeiten sollen
die
Lieferanten übernehmen. Die Schweizer Stromkonzerne betonen: Es
wird
nichts für die Schweiz oder in der Schweiz entwickelt, es kommt
nur der
Kauf erprobter Technik in Frage. Aber natürlich erfordern solche
Projekte bei den Bestellern und bei den Bewilligungs- und
Aufsichtsbehörden zahlreiche hochqualifizierte Experten.
Ein grosser Teil eines AKW hat nichts mit Nukleartechnik zu tun.
Effektive Atomexperten mit Hochschulausbildung braucht es vielleicht
ein halbes Dutzend pro Anlage. Um sie auszubilden, ist an der ETH
letztes Jahr ein neuer Kurs geschaffen worden. Studierende mit einem
Bachelor in Chemie, Physik, Maschineningenieurwesen oder Ähnlichem
können den Master of Science in Nuclear Engineering erwerben.
Studiert
wird je ein Semester in Zürich und in Lausanne, die Masterarbeit
wird
am Paul-Scherrer-Institut gemacht.
Nicht nur der Titel ist englisch, auch die Unterrichtssprache des sehr
internationalen Studiengangs. Von den 12 Studentinnen und Studenten
kommen ganze drei aus der Schweiz. Ausgebucht ist der Lehrgang nicht,
doch Professor Horst-Michael Prasser ist "angesichts der kurzen
Einschreibefrist und der minimen Werbung" zufrieden mit dem Start.
Seine Argumente klingen verlockend: interessanter,
multidiszi-plinärer
Beruf, exzellente Jobaussichten, zwei berühmte Hochschulen, ein
international anerkannter Abschluss. Die Teilnehmer sind optimistisch,
einen zukunftsträchtigen Beruf zu erlernen. Ausüben werden
sie ihn
irgendwo auf der Welt, kaum in der Schweiz.
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NZZ 5.1.09
Vom Atomreaktor zurück zur grünen Wiese
In minuziöser Kleinarbeit wird das AKW Stade bei Hamburg abgewrackt
Von Knut Henkel*
In Stade bei Hamburg steht der erste Atommeiler, der in
Deutschland
vom Netz genommen wurde. Der Rückbau läuft auf vollen Touren.
Turbinen
und Dampferzeuger wurden schon abtransportiert, und derzeit wird die
Zerlegung des Reaktorbehälters vorbereitet.
Grün ist der Helm von Harry Niemeyer, und die Farbe
Grün ist im
Atomkraftwerk Stade für die Strahlenschützer reserviert.
Niemeyer, ein
hagerer Ostfriese, steht an der Sicherheitsschleuse und verweigert
lächelnd den Handschlag zur Begrüssung. "So etwas machen wir
hier
nicht", sagt der Strahlenschutztechniker vom Dienst lapidar. Niemeyer
ist im nuklearen Kontrollbereich des Kernkraftwerks Stade dafür
verantwortlich, dass Besucher wie Mitarbeiter keine Strahlung
"verschleppen". Nichts darf rein- und schon gar nichts rausgelangen,
und deshalb kann jeder Händedruck hinter der Schleuse einer zu
viel
sein. Dort beginnt der nukleare Kontroll bereich. Aus diesem haben die
Kollegen von Niemeyer schon etliche Tonnen Material abtransportiert.
Vor fünf Jahren, am 14. November 2003, wurde das Kernkraftwerk vom
Betreiber, dem Stromkonzern E.On, per Knopfdruck abgeschaltet. Gegen
acht Uhr morgens endete der Neutronenbeschuss der Uranbrennstäbe
und
damit auch die Kernspaltung, wie sich Pressesprecher Detlef Hubert
erinnert. So wurde das Kernkraftwerk Stade (KKS) zum Symbol des
deutschen Atomausstiegs.
Nicht mehr rentabel
Dies sei aus rein wirtschaftlichen Gründen geschehen,
erklärt Hubert.
Mit der 1998 erfolgten Liberalisierung des Strommarktes sei das
Kraftwerk mit seinen 630 Megawatt Leistung nicht mehr wirtschaftlich
gewesen. Spätestens 2004, so Hubert, wäre die vereinbarte
Reststrommenge ausgeschöpft gewesen, und dann hätte man den
Meiler
ohnehin vom Netz nehmen müssen. Also entschied man sich für
die
Abschaltung und stellte 2001 die ersten Anträge für den
Abbruch.
Der direkte Rückbau, wie die Demontage im Fachjargon heisst,
war laut
der Kalkulation der Betreiber billiger als die zweite Option, der
"sichere Einschluss". Bei dieser Methode hätte man das Kraftwerk
mit
einem Betonmantel umgeben, die Radioaktivität im Laufe der Jahre
etwas
abklingen lassen, um dann mit dem Abbruch zu beginnen. In Stade machte
man sich gleich an den Rückbau, und bisher ist man im Zeitplan.
Auch
der Finanzrahmen von 500 Millionen Euro sollte ausreichen, erklärt
der
Pressesprecher, und weist den Weg durch die riesige Turbinenhalle in
Richtung Reaktorkuppel. Nur noch die Betonsockel und die
Stahl-Halterungen lassen erahnen, wo die Turbine einst stand.
Die zweite Phase praktisch abgeschlossen
Die Turbine ist längst auf dem Schrottplatz gelandet, denn
rund um die
aus Stahlplatten gefertigte Reaktorkuppel sollte Platz geschaffen
werden. Die Kuppel gleicht einem aufgeschnittenen Fussball, und die 2,5
Zentimeter dicken, zur Kugel verschweissten Platten erinnern an die
Lederflicken, aus denen ein Ball zusammengesetzt ist. An der Aussenhaut
der Kuppel lassen die mächtigen Halterungen noch erahnen, wo die
70
Zentimeter dicken Dampfrohre verliefen. Die 16 Meter grossen
Stahl-Ungetüme wurden letztes Jahr ausgeschleust, wie es im
Fachjargon
heisst, und einer schwedischen Spezialfirma zur Entsorgung
überantwortet.
Damit wurde die Phase zwei, in der leicht strahlende Teile aus
der
Reaktorkuppel ausgebaut wurden, bereits weitgehend abgeschlossen. Alle
Teile, zumeist handelte es sich um Rohrleitungen, Pumpen und andere
Geräte, wurden dabei in handliche Stücke von maximal 80
Zentimetern
Länge zerlegt, die anschliessend sowohl chemisch als auch
mechanisch in
einem mehrstufigen Verfahren gereinigt wurden. Nach dem aufwendigen
Prozedere landen alle Teile auf dem Messtisch, wo die KKS-Techniker ihr
an ein Bügeleisen erinnerndes Messgerät in Zeitlupe über
die Oberfläche
gleiten lassen.
Leise knackt dann der Geigerzähler, doch heute sind die
Ausschläge auf
der Skala nur minimal. Das blank schimmernde Stück Metall kann
passieren und landet in der Sammelbox. Diese muss noch eine Messstation
passieren, bevor das Material endgültig für den
Schrotthändler
freigegeben wird oder als kontaminierter Sondermüll im
werkseigenen
Zwischenlager landet. Was rausgeht, kann als Bratpfanne irgendwo im
Supermarkt auftauchen. Für die Strahlenschutztechniker vom
Kernkraftwerk Stade ist das kein Problem, denn schliesslich sei das
Metall zu 100 Prozent sauber, erklärt Niemeyer.
Roboter am Werk
Ganz anders die Teile aus dem zwölf Meter tiefen, blau
schimmernden
Abklingbecken. Auf dem Grund werkelt ein Roboter, der per
Hochdruckwasserstrahl das Kerngittergerüst zerteilt. Dieses habe
früher
die Brennstäbe in ihrer Position fixiert, erklärt Hubert und
blickt auf
die drei Arbeiter in den orangefarbenen Overalls. Sie stehen auf einer
Arbeitsbühne über dem Becken und lenken den Roboter per
Joystick. Die
Wassersäule schützt sie gegen die Strahlung, und wenn diese
zu stark
wird, meldet sich das Dosimeter per Warnton. Niemand kommt ohne das
flache, etwa zigarettenschachtelgrosse Messgerät in den
Kontrollbereich, und akribisch werden die Messwerte am Ende des Tages
in den Strahlenpass eingegeben. Ein bis zwei Mikrosievert bekommen die
Arbeiter unter der Reaktorkuppel am Tag etwa ab. Schon ein Flug nach
Mallorca schlage mit rund zehn Mikrosievert zu Buche, erläutert
Niemeyer.
Niemeyer bereitet sich mit seinen Kollegen längst auf das
dicke Ende,
die Demontage des Reaktordruckbehälters, vor. Diese steht für
Ende 2009
an, und wenn das strahlende Herz des Atommeilers erst einmal entsorgt
ist, dann werde der Abriss der Kraftwerkshülle schon fast
überschaubar,
schmunzelt Niemeyer. Dann passiert er die Sicherheitsschleuse und nimmt
den grünen Helm ab - Mittagspause. Spätestens 2014, so die
Rückbaupläne, sollen da, wo die Reaktorkuppel in der Sonne
schimmert,
nämlich wieder Kühe auf grüner Weide grasen.
* Der Autor ist freier Journalist in Hamburg.
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WEF
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Blick 5.1.09
So verzweifelt ist die Wirtschaft
Von Karin Baltisberger und Adrian Schulthess
Jetzt sucht das WEF schon auf YouTube nach Ideen zur Rettung der Welt.
Und findet vor allem Spinner.
Nicht nur wirtschaftliche und politische Grössen können an
den
Diskussionen am WEF in Davos teilnehmen. Nein, jeder darf jetzt
mitreden. Schliesslich geht es um nichts Geringeres als die Lösung
der
globalen Probleme. Weltweite Aufmerksamkeit ist garantiert. Dank
YouTube.
WEF-Gründer Klaus Schwab hat aufgerufen. Und Maria Bortiromo hilft
ihm
dabei: Mit allem gebotenen Ernst trägt die Moderatorin des
US-Fernsehsenders CNBC so wichtige Fragen ans YouTube-Publikum wie:
Kehrt das globale Wachstum 2009 zurück? Oder: Wie bringt man die
Wirtschaft am besten wieder in Schwung?
Und die YouTube-Gemeinde antwortet. Zum Beispiel "Fczuardi" (Fabricio
aus Brasilien). Erst summt er lässig ein Liedchen. Dann streckt er
den
Zeigefinger in die Luft. Die Lösung scheint gefunden.
Sein Vorschlag: "Speck." Er hält eine Speckschwarte aus
Plüsch in die
Kamera. Reisst die Augen auf. Stöhnt: "Yeah." Ob die
Wirtschaftsführer
jetzt auf schnaufen?
"Blz33" (Kwai Chi aus London) dagegen hat gar keine Bedenken, dass es
klappen wird mit dem globalen Wachstum: Natürlich werde es
weitergehen.
"Die Erde ist ja wie ein Fussball. Und wenns regnet, hängt der
ganze
Dreck am Ball. Er wird immer grösser. So ist es auch mit dem
Globus.
Wird ja ständig gebaut. Immer mehr Stahl, Beton, Zement. So wird
der
Planet immer grösser - das ist globales Wachstum, Deppen."
"MistOrWiggles" (Mike aus den USA) findet: "Wenn die Leute finden, die
Wirtschaft sei schlecht, dann geht sie bachab. Wenn die Leute an Obama
glauben, fängt das Geld wieder an zu fliessen. Ein Kreislauf. Das
Geld
fliesst im Kreis."
"Budangbear", ein beleibter Bartträger aus Südkorea mit
Reggae-Mütze,
hat sein ganz spezielles Rezept zur Rettung der Weltwirtschaft: Der
selbsternannte Freiheitskämpfer hält gleich seine eigenen
zehn Gebote
für die Wirtschaftsleute fest. Darunter: "Du sollst keine
Geschäfte mit
totalitären Regierungen machen", "Du sollst keine
gesundheitsschädigenden Produkte herstellen" oder "Du sollst keine
Werbung mit Sex machen".
"Stefansalesman" dagegen ist pragmatischer. Der angebliche
Unterhosenproduzent aus Schweden sagt der Weltwirtschaft einen
Aufschwung voraus: "Die Tabakindustrie wird uns retten! Barack Obama
raucht. Deshalb fangen erstens Menschen auf der ganzen Welt mit dem
Rauchen an. Und zweitens sterben jetzt noch mehr am Rauchen. Das ist
auch gut, denn so bleibt mehr für den Rest übrig."
Ob die Polit- und Wirtschaftsgrössen am WEF damit etwas anfangen
können, wird sich zeigen. Die besten Videos sollen nämlich am
WEF in
Davos den geladenen Gästen gezeigt werden - wenn die sie
überhaupt
sehen wollen.
"Die Erde wird immer grösser - wie ein dreckiger Fussball."
Kwai Chi
"Mehr Leute sterben am Rauchen - bleibt mehr für den Rest."
Stefansalesman
"Wenn die Leute an Obama glauben, fliesst Geld wieder."
MistOrWiggles
Zusammenrottung in Davos
Am WEF wirds eng: Laut der "NZZ am Sonntag" erwartet Welt
wirt-schaftsforums-Präsident Klaus Schwab so viele Promis wie noch
nie
an seinem Treffen Ende Januar. 48 Staatschefs und zahlreiche
Spitzenvertreter der Wirtschaft seien schon angemeldet - etwa der
russische Ministerpräsident Wladimir Putin, die deutsche Kanzlerin
Angela Merkel und der chinesische Premier Wen Jiabao. Gerüchte
sagen:
Auch Ex-US-Präsident Bill Clinton und der britische Premier Gordon
Brown wollen vorbeischauen. ?
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GRIECHENLAND
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Newsnetz 5.1.09
Polizist in Athen niedergeschossen
Unbekannte haben mehrere Schüsse auf einen Polizei-Wachtposten in
Athen
abgegeben. Dabei wurde ein 21-jähriger Polizist
lebensgefährlich
verletzt.
Ein griechischer Polizist ist in der Nacht zum Montag in Athen von
Unbekannten niedergeschossen verletzt worden. Der Angriff richtete sich
nach Angaben eines Polizeisprechers gegen einen Polizeiposten vor dem
Kultusministerium in der Innenstadt. Bei der Suche nach den Tätern
seien mehrere Personen festgenommen worden. Medien berichteten von zwei
Schützen. Es seien etwa 20 Schüsse abgefeuert worden.
Über die
Hintergründe der Tat lagen zunächst keine Angaben vor. Im
Dezember war
es nach tödlichen Schüssen auf einen 15-Jährigen bei
einem
Polizeieinsatz in Athen mehr als zwei Wochen lang zu teils gewaltsamen
Protesten in ganz Griechenland gekommen.
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STADTRAT
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Sitzung 15.1.09
08.000293 (08/290)
Reg. 23/-00
9. Dringliches Postulat Henri-Charles
Beuchat (CVP): Sicherheitsprobleme spitzen sich zu - Todesfall vor der
Reithalle
In der Nacht vom Freitag 29. August 2008 war es vor der Reithalle zu
einer tätlichen Ausei-nandersetzung zwischen mehreren Personen
gekommen, bei der ein 36-jähriger Mann erheb-lich verletzt wurde.
Eine
Woche nach dem Vorfall ist der Mann am Samstag, 6. September 2008 an
den Folgen der Verletzungen im Spital verstorben.
In diesem Zusammenhang fordern wir eine lückenlose Aufklärung
des Sachverhaltes.
Der Gemeinderat wird deshalb beauftragt folgende Massnahmen zu
prüfen und darzulegen:
1. Die Verantwortlichen der Reithalle sind vorzuladen und an einer
Krisensitzung ist eine verbindliche Vereinbarung zu treffen, mit
welchen zusätzlichen zwingenden Massnahmen seitens der Reitschule
die
Situation verbessert werden kann. (Videoüberwachung,
Poli-zeipräsenz,
eigener Sicherheitsdienst usw...)
2. Da die Aussagen der Reithallen-Betreiber jene des Direktors für
Sicherheit Umwelt und Energie und jene der Kantonspolizei voneinander
abweichen prüft der Gemeinderat an-hand der Polizeiprotokolle den
einleitend erwähnten Sachverhalt und legt dem Stadtrat den
Tatsächlichen Sachverhalt vor.
3. Der Gemeinderat prüft die Möglichkeit von
unangekündigten Hausdurchsuchungen in der Reithalle.
4. Der Gemeinderat legt dem Stadtrat in einer tabellarisch
chronologischen Übersicht dar, welche Vorfälle sich in den
letzten 4
Jahren in und um die Reithalle ereignet haben. Der Bericht gibt
Auskunft über Umfang, Struktur und Entwicklung sowie die
nähere
Ortsbe-zeichnung der Vorfälle der polizeilich registrierten
Straftaten
resp. Straftatengruppen in und um die Reithalle.
Begründung der Dringlichkeit:
Der Vorfall ist aktuell, es muss raschmöglichst eine Massnahme
geprüft
werden. Die Zustän-de der Drogenszene fordern ein rasches Handeln.
Bern, 11. September 2008
Dringliches Postulat Henri-Charles Beuchat (CVP), Reto Nause, Edith
Leibundgut, Simon Glauser, Roland Jakob, Manfred Blaser, Philippe
Müller, Dolores Dana, Christoph Zimmerli, Yves Seydoux, Peter
Bernasconi, Rudolf Friedli, Jacqueline Gafner Wasem
Die Dringlichkeit wird vom Büro des Stadtrats bejaht.