MEDIENSPIEGEL 28.1.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipp (DS)
- Voodoo Rhythm in Suisa-Finanznöten
- Wegweisungsboom in Bern
- Demo gegen WEF-Mauer; Tibet-Demo-Eklat
- Arbeitskampf bei Schweizer Robocops
- Farbe gegen UBS Zug + Anschlag-Tipps
- Fake the WEF: die alljährliche 20 Minuten-Beilage ist da
- Anti-WEF-Demo Basel: Widmer-Schlumpf ist auch in der Stadt
- Anti-WEF-Demo Genf: Petition + Gewerbe-Barrikaden
- Anti-WEF-Demo Davos: 2 Demos
- Das andere Davos in Zürich
- Nestlé-Präsident Brabeck am Menschenrechtsforum Luzern
- Antisemitismus: Historisches, Aktuelles Inti, Stellungsnahme aus
Ecône
- Fonds für Erhalt von Auschwitz
- PNOS vor Bezirksgericht Aarau
- Squat-Skandal Baden: Juso- und SP-Lampenputzer distanzieren sich
- Big Brother Nokia: GPS-Überwachung
- Anti-Atom: Tschüss Atel - Sälü Alpiq; Atomfürst
Sarkozy
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REITSCHULE
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- Jan 09: Beteiligt Euch an der
Vorplatz-Präsenz!!!
PROGRAMM:
Mi 28.01.09
19.00 Uhr - SousLePont - USA/Kanada
Spezialitäten
22.00 Uhr - SousLePont - Offene
Bühne #109
Do 29.01.09
18.00 Uhr - Heiliggeistkirche - Spontankundgebung
für die Wahrung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit
20.30 Uhr - Kino - UNCUT: Was
am Ende zählt, Julia von Heinz, D, 104 Min.
Fr 30.01.09
21.00 Uhr - Frauenraum - Words are
not enough. Sister`s Funky Tounge feat. Die Rosastunde mit Rosa
& Munde.
21.00 Uhr - Kino - Gemeinsam verändern, alles gewinnen: Grundeinkommen, Daniel Häni und
Enno Schmidt, Schweiz 2008. Anschliessend
Diskussion mit den Autoren Daniel Häni, Enno Schmidt sowie
Therese Wüthrich Gewerkschafssekretärin Comedia
Sa 31.01.09
21.00 Uhr - Kino - Gemeinsam verändern, alles gewinnen: La Estrategia del caracól,
Sergio Cabrera, Kolumbien 1993.
22.00 Uhr - SousLePont - Esperanto
#2: Conchez Connected No-Stars: Direct Raption, Collie Herb,
Mer2we, DJ Jango, King Killa SoundBoy Squad (Rap, Hip-Hop, Ragga,
Reggae)
23.00 Uhr - Dachstock - Diskoquake:
Radioclit (UK/SWE) & Round Table Knights (BE)
So 1.2.09
08.00 - Grosse Halle/Vorplatz - Flohmarkt
09.00 - Sous le Pont - Café
& Brunch
Infos: www.reitschule.ch
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Kulturagenda.be 29.1.09
Diskoquake im Dachstock
Sie pflegen einen breiten Stilmix aus Baile Funk, Reggaeton, Urban
African Styles und Electro Rave Pop aufzulegen: Radioclit (Bild) aus
London. Neben dem Duo, das sich auch schon als M.I.A-Produzententeam
hervorgetan hat, legen die Round Table Knights ihre Platten auf die
Teller. Dass die Berner wissen, wie man eine Party rockt, ist
hinlänglich bekannt. Dachstock der Reitschule, Bern. Sa., 31.1.,
23 Uhr
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kulturstattbern.derbund.ch
26.1.09
Frau Feuz empfiehlt
am Samstag die Tanzschuhe aus dem Schrank zu klauben und in den
Dachstock zu stiefeln. Dort legt Radioclit auf, ein DJ- und
Produktions-Team aus London, welches unter anderem M.I.A. und Santogold
produziert hat. Stilistisch bewegt sich das Ganze irgendwo zwischen
"Ghettopop, Bongo Dance oder Tropical World Clash". Mit von der Partie:
Die unverwüstlichen Round Table Knights.
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VOODOO RHYTHM
voodoorhythm.com
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Bund 28.1.09
"Voodoo Rhythm" in Bedrängnis
Stadt Bern Das kleine Berner Musiklabel Voodoo Rhythm Records von Beat
"Beat-Man" Zeller kämpft gegen das unfreiwillige Ende. Der Grund:
Die
Musik-Urheberrechts-Gesellschaft Suisa fordert 42500 Franken von der
Firma, zahlbar innert 30 Tagen. Dies schreibt Zeller auf der
Voodoo-Rhythm-Homepage und in einem Mail an die Kundschaft. Zeller:
"Ich habe über die Jahre hinweg zu sehr fairen Bedingungen
produziert
und den Bands die Produktionen, die sie machten, zum Selbstkostenpreis
verkauft." Dies habe den Bands ermöglicht, auf ihren Touren trotz
kleinen Gagen ein Plus zu erzielen. Leider habe er dies nicht
schriftlich mit der Suisa geregelt. Die Gesellschaft fordere nun
rückwirkend Gebühren auf alle Produktionen von Voodoo Rhythm.
Geld, das
den Bands zukommen soll, das diese, so Zeller, aber gar nicht wollten.
Mit dieser Argumentation komme Voodoo Rhythm bei der Suisa aber "leider
nicht durch". Da es dem Label unmöglich sei, den Betrag aus der
eigenen
Kasse zu begleichen, ruft Zeller zu einer Spendenaktion auf. "Ansonsten
müssen wir in Erwägung ziehen, Voodoo Rhythm zu schliessen."
(ige)
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WEGWEISUNG BE
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Bund 28.1.09
Nur kurze Entspannung
Seit Juli 2008 wurden in Bern über 300 Wegweisungen ausgesprochen,
im Halbjahr zuvor waren es nur 76
2008 wurden in der Stadt Bern knapp 400 Fernhalteverfügungen
ausgesprochen - meistens gegen Drogenabhängige.
Im letzten Sommer hatte es danach ausgesehen, als könne sich die
Hauptstadt auf die Schultern klopfen. 76 Wegweisungen hatte die Polizei
bis Mitte Jahr nur verfügt - so wenig wie noch nie, seit in Bern
Personen weggewiesen werden können, die andere erheblich
belästigen,
gefährden oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung
stören. Der
zusätzliche Einsatz von Pinto, das neue Alkistübli auf dem
Kurzparking
des Bahnhofs und die Öffnung der Drogenanlaufstelle sonntags
hätten zum
Rückgang beigetragen, erklärte Sven Baumann,
Generalsekretär der
Sozialdirektion, im Juli 2008 auf Anfrage.
Ein halbes Jahr sieht sich Baumann mit Zahlen konfrontiert, die ihn
nicht wirklich erfreuen. Über 300 Wegweisungen sind im zweiten
Halbjahr
verfügt worden. Insgesamt seien in der Stadt Bern 2008 knapp 400
Fernhalteverfügungen ausgesprochen worden, sagte Polizeisprecher
Jürg
Mosimann. In der Mehrzahl seien Drogenabhängige von diesen
Massnahmen
betroffen gewesen. Laut Mosimann intervenierte die Polizei vor allem
rund um die Schützenmatte häufiger. Dies auf Geheiss des
Gemeinderates,
dem die offene Drogenszene ein Dorn im Auge ist. Keine Angaben konnte
Mosimann zur Zahl der angezeigten Personen machen.
Baumann wollte gestern "keine Zahlen kommentieren, ohne sie im Detail
zu kennen". Weiter sagt er, ihm seien keine Sachverhalte bekannt, die
grössere Wegweisungsaktionen notwendig gemacht hätten. Auf
der
Schützenmatte habe sich die Situation stabilisiert, seit die
Polizei
und Pinto ihre Präsenz erhöht hätten. Die stark
rückläufige Zahl von
Wegweisungen in der ersten Jahreshälfte führt die Polizei auf
den Umbau
des Bahnhofplatzes zurück. Die Drogenkonsumierenden hätten
sich während
der Umgestaltung anderweitig getroffen, sagte Mosimann. Einen Einfluss
hatte auch die Euro08, die rund 200000 ausländische Besucher nach
Bern
lockte. Während des dreiwöchigen Grossanlasses war die
Polizeipräsenz
markant höher. Zudem seien drogenabhängige Personen
während der
Fussball-EM weniger aufgefallen, was zu deutlich weniger Meldungen aus
der Bevölkerung geführt habe, so Mosimann.
Bern ist nicht die einzige Stadt, in der Wegweisungen möglich
sind. Die
Städte Winterthur und Chur kennen diese Praxis auch. Am 8. Februar
wird
in Basel und Luzern über die Einführung von
Wegweisungsartikeln
abgestimmt. (ruk)
--
Wegweisungen
Die Stadt Bern nimmt eine Vorreiterrolle ein punkto Wegweisungen. Laut
Artikel 29 des bernischen Polizeigesetzes ist es Personen, deren
Verhalten zur Wegweisung geführt hat, während der Dauer von
drei
Monaten verboten, sich an einem bestimmten öffentlichen Ort in
Gruppen
aufzuhalten.1999-2003 waren jeweils rund 800 Personen von Wegweisungen
betroffen. 2004 meldete die Polizei 560 Wegweisungen, ein Jahr
später
waren es noch 420, 2006 gar nur 297 Verfügungen. 2007
verfügte die
Polizei 487 Wegweisungen. (ruk)
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DIE (CHINESISCHE) WEF-MAUER MUSS WEG
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Für die Wahrung der Meinungsfreiheit - auch während dem WEF!
Spontankundgebung Donnerstag, 29.1.09 um 18.00 Uhr bei der
Heiligeistkirche in Bern
Wir sind empört über das völlig
unverhältnismässige Vorgehen der
Polizei gegen tibetische DemonstrantInnen, die heute beim Bundesplatz
gegen den Arbeitsbesuch des chinesischen Premierministers protestieren
wollten. Die etwa 30 Demonstrierenden, darunter viele Kinder,
verhielten sich absolut friedlich, dennoch wurden mehrere Menschen
unter spontanem Protest von PassantInnen von der Polizei
abgeführt.
Einige von ihnen wurden in Polizeihaft genommen, andere erhielten eine
24stündige Wegweisung unter Androhung einer Busse.
Die grossflächige Absperrung der Innenstadt rund um
Bundesgasse/-platz,
das riesige Polizeiaufgebot und der Einsatz der Polizeikräfte
zeigen,
dass der Bundesrat seine wirtschaftlichen Interessen höher
gewichtet
als die Versammlungsfreiheit.
Eine ähnliche Situation präsentiert sich in anderen Schweizer
Städten:
Einmal mehr wurde den OrganisatorInnen einer Anti-WEF-Demonstration
kurzfristig die Bewilligung verwehrt (Genf) und WEF-KritikerInnen,
welche sich in Solothurn versammelt haben, wurden letzten Samstag mit
Gummischrot an der Durchführung einer Kundgebung gehindert.
Es ist skandalös, dass in unserem Land, welches sich Demokratie
und
Meinungsfreiheit auf die Fahnen schreibt, die genannten Werte nicht
mehr viel gelten, sobald wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel
stehen.
Wir fordern:
- Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit muss zu
jeder Zeit gewährleistet werden.
- Wirtschaftliche Interessen dürfen nicht
über demokratische Rechte gestellt werden.
- Stopp der wirtschaftlichen Beziehungen mit Staaten,
welche die Menschenrechte missachten
Folgende Organisationen unterstützen die Spontankundgebung (Stand
28.1.09, 11.25): Junge Alternative JA!, attac Bern, Grünes
Bündnis,
grundrechte.ch, Grüne Partei Bern GPB-DA, PdA Bern
---
BZ 28.1.09
Besuch des chinesischen Premierministers
Der hohe Gast sah nichts vom Protest
Jürg Spori
Tibetische Aktivisten versuchten gestern, den Besuch des chinesischen
Premiers zu stören. Der Gast bemerkte davon nichts.
Die Eisbahn auf dem Bundesplatz ist zu. Nachdem am Mittag die letzten
Marktfahrer abgezogen sind, stellen Polizisten Absperrgitter auf. Auch
die Kochergasse vor dem Hotel Bellevue Palace, wo der Chinesische
Premierminister Wen Jiabao logiert, ist bereits abgesperrt. Im
Münzgraben stehen Aargauer Polizisten in Bereitstellung.
Hundeführer
der Kantonspolizei Bern bewachen mit ihren Tieren den Zugang zum
Fünfsternehotel vom Casino-Parking her.
Um 13 Uhr kreuzen die ersten tibetischen Demonstranten vor dem
Café
Fédéral auf; angeführt vom Musiker Loten Namling.
Die Männer, Frauen
und Kinder schwenken die tibetische Flagge und rufen "Free Tibet!" Zwei
Meter hinter den Gittern lächelt eine Polizistin den Exil-Tibetern
zu.
Die Polizisten lassen die Aktivisten gewähren, obwohl diese keine
Bewilligung für eine Kundgebung auf dem Bundesplatz bekommen haben.
Angebot ausgeschlagen
Und jetzt macht die Polizei den Tibetern sogar das Angebot, auf dem
belebten unteren Waisenhausplatz zu demonstrieren. Doch die Aktivisten
schlagen das Angebot aus. Sie schreien immer lauter "Free Tibet!".
Um 14.30 Uhr stellt die Polizei den Exil-Tibeter das Ultimatum, bis um
15 Uhr abzuziehen. Dieser Aufforderung kommen sie jedoch nicht nach.
Als Wen Jiabao auf der Autobahn von Kriegstetten Richtung Bern braust,
müssen die Polizisten auf dem Bundesplatz handeln. Noch einmal
fordern
sie den Anführer Loten Namling auf, den Platz zu verlassen. Ohne
Erfolg.
Zwei Polizisten halten den Anführer fest und führen ihn
bei der
Kantonalbank vorbei zur Bundesgasse ab. Innert einer Stunde nimmt die
Polizei 21 Frauen und Männer fest.
Zahlreiche Schaulustige verfolgen die Festnahmen. Die Mütter mit
ihren
Kleinkindern lässt die Polizei gewähren. Doch plötzlich
fahren fünf
Polizei-Mannschaftswagen vor das Grüppchen und schirmt so die
Sicht vom
Bundeshaus zu den Aktivisten ab. Minuten später fährt der
Konvoi mit
dem hohen chinesischen Gast am Bundeshaus vorbei zum Bernerhof.
"Wir haben die Aktivisten nicht nur wegen Ungehorsam gegen amtliche
Verfügungen festnehmen müssen, sondern auch weil sie sich
nicht
ausweisen konnten oder wollten", argumentiert Polizeimediensprecher
Jürg Mosimann. Gegen Abend werden alle 21 Angehaltenen
freigelassen;
sie müssen mit einer Anzeige rechnen. Eingeschritten ist die
Polizei
wegen des hohen Gefährdungsgrads des ausländischen Gasts.
--
Die Gespräche
Freihandel prüfen
Die Schweiz und China wollen die Finanzkrise gemeinsam überwinden
und
deshalb die Wirtschaftsbeziehungen vertiefen. Dies sagten
Bundespräsident Hans-Rudolf Merz und Chinas Premierminister Wen
Jiabao
gestern nach ihrem Treffen in Bern.
"Stabile Wirtschaftsbeziehungen setzen stabile Finanzmärkte
voraus",
sagte Merz. Der Wunsch nach einer Verstärkung der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit sei eine logische Folge.
China erklärte sich beim Arbeitstreffen bereit, noch in
diesem Jahr
eine Machbarkeitsstudie für ein Freihandelsabkommen mit der
Schweiz
abzuschliessen. Dies begrüsse die Schweiz sehr, sagte Merz.
Zudem unterzeichneten Bundesrätin Doris Leuthard und der
chinesische
Handelsminister Chen Deming ein Investitionsschutzabkommen.
Die Schweiz sei für China "ein alter Freund und ein guter
Partner",
sagte Wen. Sie zeichne sich aus durch strategische Weitsicht und
Unternehmergeist. "China und die Schweiz sollten die Krise Hand in Hand
überwinden", sagte Wen weiter.
Die Menschenrechte wurden beim Gespräch angesprochen. China und
die
Schweiz hätten beschlossen, den Menschenrechtsdialog zwischen den
beiden Ländern in diesem Sommer fortzusetzen, sagte Merz.
sda
---
Bund 28.1.09
Demonstration verhindert
Besuch des chinesischen Premiers: Schweiz und China wollen
Handelsbeziehungen vertiefen
Von den Protesten auf dem Bundesplatz bekam der chinesische Premier
dank hohem Polizeiaufgebot nichts mit.
Die Schweiz und China wollen die aktuelle Finanzkrise gemeinsam
überwinden und deshalb die Wirtschaftsbeziehungen vertiefen. Dies
sagten Bundespräsident Hans-Rudolf Merz und Chinas Premierminister
Wen
Jiabao am Dienstag nach einem Treffen in Bern.
"Stabile Wirtschaftsbeziehungen setzen stabile Finanzmärkte
voraus",
sagte Merz an einer Medienorientierung, bei der Journalisten keine
Fragen stellen durften.
China erklärte sich bei dem Arbeitstreffen bereit, noch in diesem
Jahr
eine Machbarkeitsstudie für ein Freihandelsabkommen mit der
Schweiz
abzuschliessen.
Die Schweiz sei für China "ein alter Freund und ein guter
Partner",
sagte Wen. Er dankte Bundespräsident Merz für das "offene,
tief gehende
und fruchtbare Gespräch".
Auch die Menschenrechte wurden bei dem gemeinsamen Gespräch
angesprochen. China und die Schweiz hätten beschlossen, den
Menschenrechtsdialog zwischen den beiden Ländern in diesem Sommer
fortzusetzen, sagte Merz. Die Lage in Tibet kam nicht zur Sprache.
21 Festgenommene
Von den Protesten auf dem Bundesplatz bekam der chinesische Premier
nichts mit - dank einem Grosseinsatz der Polizei. Sie löste eine
unbewilligte, aber friedliche Demonstration von 50 Exiltibetern auf. 21
Personen wurden festgenommen. (sda/srg)
--
Tibet-Demonstration auf dem Bundesplatz
Grossaufgebot gegen Kleindemo
Simon Jäggi, Christoph Lenz
Fünfzig Tibeter trafen sich gestern auf dem Bundesplatz, um
für ein
freies Tibet zu demonstrieren. Die Polizei machte kurzen Prozess: Die
Männer wurden abgeführt, die Frauen wurden durch einen
Wagenkordon vom
Blickfeld des chinesischen Premiers ferngehalten.
"Wann kommt nun dieser König?", fragt ein alter Mann, der aus der
Berner Kantonalbank kommt, einen Polizisten. Der Polizeibeamte mit dem
Aargauer Wappen auf dem Oberarm antwortet nur: "Das dauert noch etwas,
die werden wohl einiges zu diskutieren haben."
Es ist 14.30 Uhr am gestrigen Dienstag. Der Bundesplatz ist abgesperrt.
An den Gittergeländern haben sich rund 40 Tibeter versammelt,
darunter
viele Frauen und Kinder. Eigentlich dürften sie schon nicht mehr
hier
sein: Vor fünfzehn Minuten hat ein Polizeibeamter den
Demonstranten
erklärt, sie müssten ihre Demonstration auf den
Waisenhausplatz
verlegen. "In Ordnung", hat der tibetische Musiker Loten Namling
geantwortet. "Aber nur, wenn Wen Jiabao auch auf den Waisenhausplatz
kommt." Man wolle ihm sagen, dass die Folter in Tibet ein Ende haben
müsse, sofort. "Deswegen bin ich hier", so Namling. Nun kommt der
Polizeibeamte bereits wieder. Er gibt den Demonstranten eine neue
Frist: "Um 15 Uhr müsst ihr definitiv weg sein."
Zwischen der Absperrung und dem Bundeshaus bilden zwanzig Aargauer
Polizisten einen Kordon. Zwanzig weitere Ordnungshüter stehen
bereit.
Das Polizeiaufgebot ist beeindruckend. In den Seitengassen stehen
weitere Trupps. Es ist offensichtlich: Einen diplomatischen Super-GAU
wie vor zehn Jahren wollen die Schweizer Behörden beim Besuch des
chinesischen Premiers Wen Jiabao unbedingt verhindern. Bei Jiang Zemins
Besuch 1999 gelang es Tibet-Aktivisten, auf das Dach der UBS zu steigen
und dort Fahnen zu hissen. Der damalige Premierminister Jiang Zemin
soll darob so verärgert gewesen sein, dass er sagte: "Die Schweiz
hat
einen Freund verloren." Wann Wen Jiabao auf dem Bundesplatz eintrifft,
weiss unter den Demonstranten niemand. Um die Zeit totzuschlagen,
lernen sie Parolen auswendig. "China raus aus Tibet!" heisst eine, eine
andere: "Uno, we want justice!"
Kurz nach 15 Uhr, die zweite Frist ist verstrichen, klingt ein
exotischer Singsang über den Bundesplatz. Loten Namling hat zu
einem
buddhistischen Gebet angehoben, die übrigen Demonstranten stimmen
sofort ein. "Frieden und Harmonie für alle Lebewesen auf der
Welt",
übersetzt Namling das Gebet. Wieder nähert sich der Polizist.
"Nun ist
auch die zweite Frist abgelaufen", sagt er. "Ab jetzt finden hier
Polizeikontrollen statt." Die Demonstranten hören zu und beginnen
wieder zu singen. Dann geht alles sehr schnell. Ein Eingreiftrupp von
rund 15 Polizisten nähert sich der Demo. Vier Polizisten ergreifen
Loten Namling und zerren ihn Richtung Bundesgasse. Namling lässt
sich
zu Boden fallen, wird aber sofort aufgehoben und durch die Polizisten
vom Bundesplatz gestossen, gerissen und schliesslich getragen. Zwei
weitere Demonstranten und eine Frau werden ebenfalls gewaltsam
wegspediert. Einige der Zaungäste sind empört. "Eine
Riesensauerei",
schimpft ein älterer Herr, "und so etwas in der Schweiz."
Ein kleines Grüppchen von Frauen und Kindern - das ist alles, was
von
der Tibet-Demo um 16.15 Uhr übrig ist. Sämtliche Männer
wurden in den
letzten 60 Minuten sukzessive von der Polizei herausgegriffen und
abgeführt. Zuerst die jungen und kräftigen, dann die
älteren. Auch die
Frauen wurden kontrolliert, gebüsst und weggewiesen. Zum Beispiel
Erne
Tsewang aus Bern. "Ich verstehe das nicht", sagt Tsewang. Sie habe doch
nur gebetet. Aber nach Hause gehen, nein, das wolle sie nicht, trotz
Wegweisung. "Die Busse habe ich ja schon. Da kann ich geradeso gut
hierbleiben und weiterbeten."
Immer noch hat es beim Bärenplatz und vor dem Café
Fédéral viele
Schaulustige. Es ist mucksmäuschenstill auf dem Bundesplatz.
Vorher
haben die Frauen noch Parolen gerufen. Auch das Schluchzen einer dieser
Frauen war zu hören. Nun sind sie verstummt.
Das Grüppchen harrt auch eine Viertelstunde später noch auf
dem
Bundesplatz aus. Schweigend zwar, aber entschlossen. So entschlossen,
dass die Frauen noch nicht einmal dann die Segel streichen, als ihnen
Polizeibusse unmittelbar vor die Nase gesetzt werden. Ein Polizist
bestätigt: "Das gibt einen Sichtschutz." Sechs Kastenwagen, ein
Feuerwehrauto und 25 Polizisten riegeln schliesslich den Bundesplatz
ab. Gegen sechs Frauen, acht Kinder und ungefähr hundert
Schaulustige.
Zwischen zwei Wagen hindurch ist später zu sehen, wie einige
Kleinbusse
am Bundeshaus vorbeirollen. Kaum zehn Sekunden braucht der Kordon
dafür. Kein Ruf erklingt von den Demonstrantinnen, keine Fahne
wird
geschwenkt. Die Frauen glauben, dass das erst der Auftakt zur
Empfangsprozedur gewesen ist. Später werden sie erfahren, dass der
chinesische Gast längst bei Hans-Rudolf Merz eingetroffen ist. Wen
Jiabao soll sich sehr gefreut haben über den freundlichen Empfang
in
Bern.
--
"Hoher Gefährdungsgrad"
Weil sie der Aufforderung der Polizei, den Bundesplatz zu verlassen,
nicht Folge leisteten, wurden gestern 21 Demonstranten
vorübergehend
festgenommen, meldete die Kantonspolizei gestern am frühen Abend
in
einem Communiqué. Die Personen hätten wenig später
wieder entlassen
werden können und müssten mit einer Anzeige rechnen. Wegen
Verstoss
einer polizeilichen Verfügung wurden fast alle anwesenden
Demonstranten
angezeigt, wie man vor Ort feststellen konnte. Wie viele Anzeigen aber
ausgesprochen wurden, konnte der kantonale Polizeikommandant Stefan
Blättler auf Anfrage nicht angeben.
--
Verhältnismässiger Einsatz?
Die Frage nach der Verhältnis-mässigkeit des Einsatzes sei im
Nachhinein gerechtfertigt, räumte Blättler ein. Zu beachten
sei aber,
dass ein hoher Gefährdungsgrad der chinesischen Gäste
bestanden habe.
So hätten sich die Demonstranten in den Sicherheitsperimeter
"durchzuschlängeln" versucht - also auf den abgesperrten
Bundesplatz.
Wie viele Polizisten gestern im Einsatz standen, wollte Blättler
nicht
beziffern. Es sei ein der Gefährdung angemessenes Aufgebot
gewesen. Der
Kantonspolizei sei eine "kleine Verstärkung" aus den Korps des
Polizeikonkordats Nordwestschweiz zur Seite gestanden. (jäg)
--
Kommentar
Gastfreundschaft
Artur K. Vogel
Das Trauma sitzt tief: Im März 1999 kam es beim Besuch des
damaligen
chinesischen Präsidenten Jiang Zemin zum Eklat, weil dieser auf
dem
Bundesplatz von Demonstranten empfangen worden war, die auf umliegenden
Dächern Transparente schwenkten und Parolen skandierten. "Die
Schweiz
hat einen Freund verloren", raunzte Jiang Bundespräsidentin Ruth
Dreifuss an; Adolf Ogis Beschwichtigungsversuche fruchteten nicht.
Diesmal, zehn Jahre später, beim Arbeitsbesuch einer
130-köpfigen
Delegation aus der Volksrepublik mit Premier Wen Jiabao an der Spitze,
sollten solche Zwischenfälle unbedingt vermieden werden.
Trotzdem demonstrierten einige Tibeterinnen und Tibeter und ihre
Sympathisanten auf dem Bärenplatz, und zwar ohne Bewilligung. Hat
die
Polizei folglich korrekt und verhältnismässig gehandelt, als
sie
Demonstranten abführte und die Kundgebung auflöste?
Die Beamten wendeten keine exzessive Gewalt an, und formaljuristisch
war ihr Eingriff korrekt. Doch verhältnismässig war er nicht.
Die Manifestation war friedlich: weit und breit keine Spur von
gewaltbereiten Chaoten wie an der ominösen Anti-SVP-Demonstration
vom
6. Oktober 2007 in Bern, kaum Transparente und Sprechchöre wie
1999,
nur ein paar Tibet-Flaggen. Einige Tibeterinnen hatten sogar ihre Babys
dabei; Ausschreitungen zeichneten sich zu keinem Zeitpunkt ab. Der
"hohe Gefährdungsgrad", den der Kommandant der Berner
Kantonspolizei
als Grund für den Polizeieinsatz nannte, war für Umstehende
jedenfalls
nicht auszumachen.
Premier Wen hätte die Anwesenheit dieses Häufleins von
Tibet-Manifestanten zudem kaum entdeckt, als er vorfuhr: Das Bundeshaus
war durch Polizei-Kastenwagen vom Geschehen am Rand des Bundesplatzes
abgeschirmt.
Gastfreundschaft in Ehren, vor allem, wenn die Gäste aus einem
wirtschaftlich so bedeutenden Land kommen wie China. Doch
Meinungsäusserungsfreiheit ist ein Grundrecht. Mehr noch: Sie ist
eine
Voraussetzung für das Funktionieren jeder Demokratie und darf
nicht
leichtfertig preisgegeben werden.
Als selbstbewusste Demokratie hätte die Schweiz gestern gerade
einer
Delegation aus einem Land, wo Grundrechte noch nicht gewährleistet
sind, eine Demonstration in homöopathischer Dosis durchaus zumuten
können.
---
Punkt.ch 28.1.09
Bern
Polizei ging gegen Kinder vor
Die Polizei ging gestern rigoros gegen Tibet-Aktivisten vor - betroffen
waren auch Kinder
seiten 4 + 11
--
Nur kein Eklat mehr!
Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao besucht die Schweiz
Mit
Wer gestern in Bern war, traute seinen Augen nicht: Der Bundesplatz war
abgeriegelt. Seit keine Autos mehr vor dem Bundeshaus parkieren,
flanieren dort Menschen - selbst während der Bundesratswahl. Was
ist
geschehen? Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao ist in
Bern.
Und weil die diplomatischen Beziehungen beider Länder nach dem
letzten
China- Besuch 1999 ins Stocken gerieten, will man nun alles richtig
machen. Damals hatten tibetische Aktivisten Chinas Präsidenten
erschreckt. (mbo)
--
Besuch aus China - sogar Kinder sind zu gefährlich
Das gab es noch nie - beim Besuch von Chinas Ministerpräsident
kesselte die Polizei Kinder ein
Schon kurz nach Mittag steht eine Hand voll Tibet-Aktivisten vor dem
Bundesplatz. Pablo Cherpillod und Loten Namling fragen sich, wann der
chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao in Bern eintreffen wird.
Später kommen einige Tibetanerinnen mit ihren Kindern dazu. So
sieht
also die Bedrohung aus, vor der sich die Grossmacht China und der
Bundessicherheitsdienst fürchten.
Die Last der Bundesstadt
Auch Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause ist vor Ort. Auf die rigiden
Sicherheitsmassnahmen angesprochen, meint er: "Das ist die Last der
Bundesstadt." Er könne nichts tun. Nause verspricht Cherpillod
aber,
sich für eine Aussprache bei Bundesrätin Doris Leuthard
einzusetzen.
Kurz bevor die 130-köpfige chinesische Delegation im Hotel
Bellevue
eintrifft, beginnt die Polizei Wegweisungen auszusprechen. "Free Tibet"
skandierend wird Namling abgeführt, auch Cherpillod wird
ergriffen.
Keine freie Meinungsäusserung
Sogar eine Gruppe Frauen mit Kleinkindern wird eingekesselt. Das
erhitzt die Gemüter der Passanten. "Eine Sauerei sei das, die
freie
Meinungsäusserung zu verhindern ", schimpft einer. Eine Frau sagt:
"Ich
dachte, wir sind hier in der Schweiz."
Als die chinesische Delegation ins Bundeshaus kommt, sieht Wen Jiabao
statt der Berner Altstadt und einigen Demonstranten bloss grüne
Kastenwagen, die als Sichtschutz dienen. peter.camenzind@punkt.ch
---
Regionaljournal 28.1.09
Polizei rechtfertigt rigoroses Durchgreifen gegen Tibet-Aktivisten in
Bern (1:56)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe7v728012009.rm?start=00:01:27.599&end=00:03:24.004
---
Regionaljournal 27.1.09
Besuch des Chinesischen Premiers löst grosses Polizeiaufgebot aus
und die Abführung von 21 Tibet-Aktivisten (3:56)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe1727012009.rm?start=00:02:37.005&end=00:06:33.794
---
Telebärn 27.1.09
Tibet Demonstranten abgeführt.
http://www.kyte.tv/ch/84713-telebaern/328320-tibetdemonstranten-abgefuhrt
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ARBEITSKAMPF
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BZ 28.1.09
Polizisten machen Ansprüche geltend
Unzufriedene Polizisten: Der Verband der Schweizer Polizisten fordert
landesweit einheitliche Minimalstandards für Unterkünfte,
Abgeltungen
und Ruhezeiten bei Auswärtseinsätzen wie jenem fürs WEF.
Ein Projekt
ist lanciert.
Ab heute sorgen Hunderte von Polizisten aus der ganzen Schweiz am World
Economic Forum in Davos für Ruhe und Ordnung. Zuweilen bedeuten
solche
Sonderkommandos für die Beamten lange Einsätze in bitterer
Kälte und
Übernachtungen in nicht gerade luxuriösen Unterkünften.
Polizisten wehren sich
Viele Polizisten sind nicht mehr zufrieden mit den Arbeitsbedingungen
an interkantonalen Grosseinsätzen. Der Verband Schweizerischer
Polizeibeamter VSPB fordert deshalb jetzt verbindliche
Minimalstandards. Dies bestätigt VSPB-Generalsekretär Max
Hofmann.
Hofmann erläutert: "Wir wollen in Sachen Unterkunft, Verpflegung
und
Mindestruhezeit Minimalstandards, wie sie die Deutsche
Bereitschaftspolizei auch hat." Einheitliche Mindestregelungen will der
VSPB insbesondere auch für die Abgeltungen solcher
Auswärtseinsätze.
Der 26-köpfige Zentralvorstand des VSPB hat deshalb beschlossen,
eine
Arbeitsgruppe ins Leben zu rufen. Sie soll, so Hofmann, "so rasch als
möglich Abklärungen treffen, und den Kantonen ausgearbeitete
Standards
als Forderung unterbreiten".
Oft müssen die Polizeibeamten laut Hofmann in engen
Mehrbettzimmern
übernachten. Ein Berner Polizist, der nicht namentlich genannt
werden
will, bestätigt dies. "Zum Beispiel an der Euro 08, aber auch bei
Einsätzen für andere Anlässe mussten viele Polizisten
mehrere Tage in
zum Teil unterirdischen Massenlagern oder Zivilschutzanlagen
übernachten." Für den Generalsekretär des VSPB ist klar:
"Polizeibeamte
sind nicht Rekruten, sie haben Anspruch auf mehr. So wie dies
Aussendienstmitarbeiter in der Privatwirtschaft auch haben."
Mindestens bezüglich Truppenunterkunft haben es die Polizisten
beim
diesjährigen Einsatz in Davos aber offenbar nicht so schlecht. Die
Davoser Zentrale lässt auf Anfrage verlauten, dass alle Polizisten
in
Herbergen untergebracht würden. Allerdings sagen Polizisten, dass
sie
in anderen Jahren auch während des WEF-Einsatzes in Massenlagern
einquartiert worden seien.
Ungleiches für Gleiches
Unter Polizisten für Zündstoff sorgen alle Jahre wieder die
unterschiedlichen Abgeltungen für den Sondereinsatz am WEF.
Schulter an
Schulter patrouillieren in Davos Polizisten verschiedener Kantone.
Einige Kantone bezahlen ihren entsendeten Beamten spezielle Abgeltungen
für den Aussendienst im Bündnerland. Andere Kantone kennen
solche
Zahlungen nicht. So bekommen Berner Polizisten bei
Auswärtseinsätzen
allenfalls Überstunden und gegebenenfalls
Pikettentschädigungen. Wenn
es der Kommandant bewilligt, erhalten die Beamten überdies 100
Franken,
für besonders gefährliche Demoeinsätze. Das sind
allerdings alles
Abgeltungen, welche die Polizisten auch bei Einsätzen im
Heimkanton
bekommen, wo sie zu Hause übernachten können.
Diese ungleichen Zulagen sind auch Markus Meyer, Präsident des
Polizeiverbandes Bern, ein Dorn im Auge. Allerdings müsse man sich
bewusst sein, dass die Sonderabgeltungen allein nicht entscheidend
seien. Entscheidend sei das Gesamtpaket aus Lohn, allgemeinen Zulagen,
Ferien und dergleichen. Zu berücksichtigen sei zudem, dass es auch
in
anderen Berufen kantonale Lohnunterschiede gebe.
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DIE FARBE DES GELDES
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NLZ 28.1.09
"Revolutionäre" werfen Farbbomben
Unbekannte haben am Montagabend auf den Hauptsitz der UBS einen
Anschlag verübt. Die Täter hinterliessen eine Botschaft.
Kurz nach 22.30 Uhr beschmierten die noch unbekannten Täter die
westliche Fassade des UBS-Gebäudes an der Baarerstrasse in Zug.
Dabei
warfen sie rund 20 mit schwarzer und roter Farbe gefüllte
Glasgefässe
auf die Steinfront der Bank. Der angerichtete Schaden beläuft sich
auf
mehr als 10 000 Franken.
Linkes Bekennerschreiben
Wenige Stunden später, gegen ein Uhr morgens, wurde im Internet
unter
indymedia.org ein
Bekennerschreiben
veröffentlicht. Unter dem Titel
"Smash Capitalism" ist zu lesen: "In der Nacht auf den 27. Januar 2009
haben wir, in einer gemeinsamen Aktion verschiedener
revolutionärer
Kräfte, die Fassade der UBS beim Metalli in Zug eingefärbt."
Begründet
wird der Farbanschlag mit dem "Kampf für eine befreite
Gesellschaft".
Die UBS und ihre Adresse seien Symbole der Krise des Kapitalismus, aus
der es nur einen revolutionären Ausweg geben könne. Das
Schreiben endet
mit: "Der Kapitalismus hat keinen Fehler er ist der Fehler!"
Die Zuger Polizei vermutet, dass es sich bei der Täterschaft um
WEF-Gegner handelt. Es wurde eine Untersuchung eingeleitet. Die Polizei
sucht deshalb Zeugen, die das "action painting" beobachtet haben. "Wir
gehen nicht davon aus, dass der Farbanschlag etwas mit den
Schmierereien in Luzern zu tun hat", so Joe Müller,
stellvertretender
Kommunikationsbeauftragter der Zuger Strafverfolgungsbehörden, mit
Blick auf das verunstaltete Löwendenkmal. Und was meint die
Grossbank
zu den Schmierereien? "Dazu nehmen wir keine Stellung", meint
UBS-Mediensprecher Andreas Kern lapidar.
Wolfgang Holz
---
St. Galler Tagblatt 28.1.09
Bunte Proteste im Alltag
Farbanschläge sind wieder in, seit die Finanzwelt bachab geht.
Nicht
nur die UBS weiss davon ein Lied zu singen. Dabei gäbe es
originellere
Formen des Protestes.
Roger Berhalter
Die Grossbank UBS muss im Moment für alles herhalten, was in der
Finanzwelt schiefläuft. Beziehungsweise in der Welt allgemein. Vor
zehn
Tagen wüteten erklärte WEF-Gegner mit Farbbeuteln und
Bierflaschen am
Zürcher Hauptsitz der Bank. Und am Montagabend warfen Unbekannte
erneut
Farbe, diesmal gegen die Fassade der UBS-Filiale in Zug.
Nur giftfrei gegen Menschen
Farbanschläge? Da zückt der Journalist jenes Ringbuch aus dem
Regal,
das ihm an einem Seminar der Gewerkschaft Unia in die Hände
gefallen
ist. "Jugendrevolte 2004 - Proteste im Alltag" heisst es, und es
versammelt unzählige Tips und Tricks für effektives
Protestieren.
Farbbeutel, so lernen wir auf Seite 44, werden "an Gebäuden/Orten
eingesetzt, wo etwas markiert werden soll". Also bei
Arbeitsämtern, die
"besonders hart mit den Stellensuchenden umgehen". Oder bei staatlichen
Institutionen, die "wieder einmal beweisen, wie unsozial sie mit
<ihren Bewohnern>, den Randständigen, umgehen".
Natürlich könne
man auch gezielt Personen bewerfen. Aber Achtung: "Beim Einsatz gegen
Menschen ist es wichtig, eine Farbe zu nehmen, welche keine Giftstoffe,
Säuren enthält!!!"
Schliesslich wird "ohne Pressecommuniqué kaum jemand begreifen,
weshalb
eine Fassade <verschönert> wurde". Also sei es wichtig, die
Öffentlichkeit zu informieren. Oder ein Filmchen für YouTube
zu drehen,
wie beim Zürcher UBS-Anschlag geschehen.
Mit Torten, Plakaten und Dosen
Die gewerkschaftliche Protestbibel lehrt uns weiter, dass ein
Farbanschlag eine "direkte Aktion" sei und dass es davon weitere
Varianten gebe. Besonders einfach: die Tortenattacke. "Informiert euch,
wann und wo die gewünschte Person in der Öffentlichkeit
auftritt und
dann nix wie los." Aufwendiger ist es, Werbe- und Wahlplakate zu
verändern. "Man nehme Kleister, Kleber, Buchstaben, Sprechblasen.
Bei
Nacht kann man bequem eine Plakattour machen." Noch kreativer ist das
Besprühen von Hausmauern. Entweder man bastelt mit Karton und
Teppichmesser eine Sprühschablone ("Der Aufwand wird sich
lohnen!")
oder zieht los, um Graffiti zu malen ("Vorher Lage abchecken").
Illegal? Klar. Doch aus Sicht ihrer Macher ist Strassenkunst kein
Verbrechen: "Es ist viel geiler, ein schönes Bild zu sehen, als
noch so
eine hässliche Reklame."
Widerstand bis zur Atombombe
Die Protestbibel zeigt noch viele weitere Widerstandsformen, bis zur
nicht ganz ernst gemeinten Checkliste "Wir bauen eine Atombombe" auf
Seite 102. Ab heute werden wir in Davos und anderswo sehen, welche
"direkten Aktionen" die WEF-Gegner diesmal vorbereitet haben.
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FAKE THE WEF
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20min.ch 28.1.09
We are not amused
WEF-Gegner verbreiten gefälschtes 20 Minuten
Seit heute morgen ist in der Deutschschweiz eine getürktes
WEF-Spezial
als Beilage im 20 Minuten im Umlauf. 20 Minuten distanziert sich davon.
Wie die Webseite der linken Politorganisation Revolutionärer
Aufbaus
meldet, wurden in Zürich, Bern, Basel und Winterthur 50 000
Exemplare
des gefälschten WEF-Blattes in die Pendlerzeitung gelegt. "Die
fetten
Jahre sind vorbei", titelt die vierseitige Beilage, die im
20-Minuten-Layout aufgemacht ist.
"Wir distanzieren uns in aller Form von der gefälschten Beilage",
sagt
Marco Boselli, Chefredaktor von 20 Minuten. Man behalte sich rechtliche
Schritte vor. Es ist nicht das erste Mal, dass mit 20 Minuten für
politische Propaganda missbraucht wird.
Auch für Hacker scheint 20 Minuten zurzeit die ultimative
Plattform für
Aktionen zu sein. In den vergangenen Tagen flitzten Spam-Mails mit dem
Absender von 20 Minuten im Internet herum.
(job)
---
aufbau.org 28.1.09
20min-Fake zum WEF
Fälschung der Gratis-Zeitung 20min
In einer Aktion wurden heute in Zürich, Basel, Bern und Winterthur
diese Fälschungen in einer Auflage von 50'000 Exemplaren über
die
offizielle Ausgabe der 20Minuten gestülpt. Die
"Extra-Blätter" zur
Eröffnung des WEF 09 könnt ihr hier anschauen, indem ihr auf
die Bilder
klickt.
http://www.aufbau.org/index.php?option=com_content&task=view&id=514&Itemid=3
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ANTI-WEF-DEMO BASEL
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Baslerstab 28.1.09
Widmer-Schlumpf und Anti-WEF-Demo
Grosskampftag für die Basler Polizei
Basel - Während Bundesrätin Widmer-Schlumpf an der Uni einen
Vortrag
hält, demonstrieren WEF-Gegner in der Stadt. Die Polizei ist
gerüstet.
Es ist einiges los heute in der Stadt: Bundesrätin Eveline
Widmer-Schlumpf äussert sich um 18.15 Uhr an der Universität
Basel zur
Personenfreizügigkeit. Gleichzeitig findet die
Anti-WEF-Demonstration
durch die Innerstadt statt.
Die Organisatoren rechnen mit rund 500 Demonstranten. Trotzdem sieht
die Basler Polizei dem Ganzen gelassen entgegen. Rolf Meyer,
Polizeikommandant ad interim: "Es ist keine grosse Herausforderung. Der
Besuch von Bundesrätin Widmer-Schlumpf ist nichts
Aussergewöhnliches.
Und die Demonstration ist bewilligt. Wir sind vorbereitet - eine gute
Ausgangslage." Und Polizei-Mediensprecher Klaus Mannhart fügt an:
"Das
eine Ereignis hat auf das andere keinen Einfluss." Zahlen zum
Polizeiaufgebot wollte Mannhart aber keine nennen. Und Philippe Piatti,
Pressesprecher des Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartementes,
will nur soviel verraten: "Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf
wird in
Basel Personenschutz haben."
Gelassen sieht man auch an der Uni dem Event entgegen. Doris Robert
(47), Sekretärin der Statistisch-Volkswirtschaftliche
Gesellschaft:
"Wir haben die Sicherheitsfragen mit der Polizei angeschaut und keine
speziellen zusätzlichen Massnahmen getroffen. Die Polizei wird mit
erhöhter Aufmerksamkeit vor Ort sein."
Als Vermittler zwischen den Behörden und den Demo-Organisatoren
steht
BastA-Grossrat Urs Müller: "Alle Abklärungen zwischen der
Polizei und
den Demonstranten haben in einem konstruktiven Klima stattgefunden. Die
äusseren Umstände lassen auf keine bevorstehende Eskalation
schliessen." Auch Arthur Marti, Präsident der IG Kleinbasel,
rechnet
nicht mit Ausschreitungen: "Trotzdem werde ich persönlich die
Clarastrasse auf- und abgehen, damit wir nicht unangenehm
überrascht
werden." Und sein Kollege Urs Welten, Präsident Pro Innerstadt,
fügt
hinzu: "Zum Glück schliessen die meisten Läden um 18.30 Uhr.
So
tangiert uns die Demonstration nicht allzu stark."
Zwischen 18.30 und 20 Uhr muss man aber mit starken
Einschränkungen im BVB-Netz rechnen.
---
Basellandschaftliche Zeitung 28.1.09
Demo gegen das WEF
Anti-WEF Bewilligte Kundgebung in Basel
Die unbewilligte Anti-WEF-Demo vor einem Jahr hatte Konsequenzen
für
die Basler Polizei. Nach einem übertriebenen Einsatz hat sie ihre
Einsatzregeln angepasst (bz berichtete). Ein Jahr später kommt es
heute
zu Beginn des Anti-WEF-Forums 2009 erneut zu einer Demonstration in
Basel. Diesmal liegt aber eine Bewilligung vor. Zudem hat sich
Basta-Grossrat Urs Müller bereit erklärt, zwischen der
Polizei und dem
Revolutionären Anti-WEF-Bündnis, das zur Demo aufruft, zu
vermitteln.
Die Kundgebung beginnt um 18 Uhr auf dem Barfüsserplatz und endet
am
Claraplatz. Die Basler Verkehrsbetriebe rechnen laut einer
Medienmitteilung mit starken Einschränkungen des BVB-Betriebes und
empfehlen, Durchsagen und Anzeigetafeln zu beachten. (daw)
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ANTI-WEF-DEMO GENF
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Genfer Staatsrat verbietet Anti-WEF Demo - Petition
Petition gegen die Verletzung der demokratischen Rechte
Am Mittwoch, 21. Januar 2009 hat der Genfer Staatsrat entschieden, die
Demonstration gegen das Weltwirtschaftsforum (WEF) zu verbieten. Diese
Demonstration, organisiert durch verschiedene Organisationen des linken
und globalisierungskritischen Umfelds, soll am Samstag, dem 31. Januar
2009 in Genf stattfinden.
Die unterstützenden Organisationen rufen dazu auf, die Petition
gegen
die Verletzung der demokratischen Rechte zu unterschreiben. Wir fordern
den Genfer Staatsrat dazu auf, seinen Entscheid zu überdenken und
die
Demonstration vom 31. Januar 2009 definitiv zu bewilligen.
Link zur Petition
Petition gegen die Verletzung der demokratischen Rechte
http://www.suisse.attac.org/phpPetitions/index.php?petition=4
Aufruf zur Demonstration in Genf
http://www.suisse.attac.org/spip.php?article=1982
Unterstützende Organisationen (Stand 10.12.): Action Autonome,
ATTAC
Suisse, Gauche anticapitaliste, Organisation socialiste libertaire
(OSL) Lausanne, Parti du Travail Genève, Parti suisse du
travail, POP
& Gauche en mouvement, Revolutionärer Aufbau Schweiz,
Revolutionäres Bündnis Region Zürich,
Révolutionnaire contre le WEF
---
Tribune de Genève 28.1.09
Manifestation anti-WEF: les commerçants sereins
Défilé Alors que Solidarités a protesté
hier contre l'interdiction, peu d'arcades vont se barricader samedi.
Ils ne sont pas nombreux à avoir répondu à l'appel
de Solidarités.
Hier, à 17 h 30, une trentaine de personnes se sont
réunies au
Bourg-de-Four pour protester contre l'interdiction du rassemblement
anti-Davos prévu samedi à Genève. Il faut dire
qu'en se distanciant de
celui-ci, Solidarités s'est mis à dos une partie de la
gauche ainsi que
les organisateurs de la manifestation contre le Forum économique
de
Davos (WEF), lequel débute aujourd'hui. Mais la formation
politique
tenait à dénoncer cette suspension d'un droit fondamental.
Un droit dont les organisateurs de la manifestation ont bien
l'intention de faire usage samedi, malgré l'interdiction du
Conseil
d'Etat. A moins que la police ne les en empêche, ils vont donc
défiler
le long du parcours qui était prévu: rue du Mont-Blanc,
quai des
Bergues, Bel-Air, rue de la Corraterie, rue de l'Athénée,
ex-squat
Rhino, Plainpalais. Et si manifester n'est pas possible, certains ont
appelé à des actions décentralisées dans
les rues commerçantes, comme
des sit-in ou des blocages.
Pourtant, les commerces se trouvant sur le parcours ne sont pas
vraiment inquiets. A la rue de la Corraterie, on a l'habitude de voir
passer des manifestations. "Il y a encore dix jours, il y en avait une
contre la guerre à Gaza, il n'y a pas eu de problème",
note Valérie
Chabord, de l'armurerie Ernest Mayor. "D'ordinaire, quand il y a un
risque, la police nous avertit, d'autant que nous vendons des armes.
Mais là, rien. " Même sérénité
à la papeterie Brachard: "Nous n'allons
pas barricader nos vitrines, confie le patron Pascal Vuarnier, cela
pourrait être perçu comme une provocation. " Le joaillier
Gilbert
Albert, lui, fera des heures supplémentaires: "Lors du G8, mes
vitrines
avaient été complètement taguées. Samedi,
je serai là, avec tous mes
employés. Si nécessaire, nous baisserons les grilles. "
Les Accords de Schengen suspendus?
Les associations de commerçants, qui avaient
réclamé l'interdiction du
défilé, ne recommandent pas à leurs membres de
barricader leurs arcades
comme lors du G8 en 2003. Elles leur demandent seulement d'être
vigilants. Même son de cloche de la part de la police, qui leur a
envoyé une circulaire allant dans ce sens. Quoi qu'il se passe
samedi,
Olivier Zbinden, horloger et bijoutier à la rue du Mont-Blanc,
fermera
boutique: "Nous allons protéger nos vitrines avec des panneaux
en bois.
Je ne peux pas prendre de risques. L'assurance ne couvre pas ce genre
de dégâts. "
Selon l'ATS, la police genevoise a de son côté
demandé à la
Confédération de suspendre les Accords de Schengen le
temps du Forum de
Davos, afin de pouvoir rétablir les contrôles
systématiques à la
frontière. Une mesure dont l'Autriche avait fait usage pendant
l'Euro
08. La Confédération n'a pas encore répondu.
Antoine Grosjea
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ANTI-WEF-DEMO DAVOS
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Südostschweiz 28.1.09
Tibeter-Protest in Davos bewilligt
Die Tibeter-Gemeinschaft kann heute während des Besuchs des
chinesischen Ministerpräsidenten in Davos eine Kundgebung
durchführen.
Zudem hat der Davoser Kleine Landrat die WEF-Demo der Grünen
Partei am
nächsten Samstag bewilligt.
Von Béla Zier
Davos. - Die Tibeter-Gemeinschaft in der Schweiz und Liechtenstein kann
heute von 14 bis 16 Uhr auf einem Areal beim Bahnhof Davos Platz eine
Protestkundgebung durchführen. Der Davoser Kleine Landrat hat
gestern
ihr entsprechendes Gesuch bewilligt. Dass der chinesische
Ministerpräsident Wen Jiabao beim Besuch des World Economic Forum
(WEF)
von ihrem Protest etwas mitbekommen wird, ist allerdings
unwahrscheinlich: Unbestätigten Quellen zufolge will Jiabao zwar
mit
dem Zug anreisen. Doch werde er bereits in Davos Dorf aussteigen,
heisst es. Wie viele Personen zur Tibet-Kundgebung erwartet werden,
wissen die Davoser Behörden nicht.
Aktionstag der Grünen Partei
Wie bereits in den Vorjahren hat die Davoser Exekutive auch das
WEF-Demonstrationsgesuch der Grünen Partei Davos bewilligt. Der
Protestmarsch samt Aktionstag findet am kommenden Samstag statt. Die
Demonstrationsroute beginnt beim Bahnhof in Davos Dorf und führt
über
die Talstrasse bis zum Bahnhof in Davos Platz. Schlusskundgebung findet
keine statt. Der Protestmarsch beginnt um 12 Uhr. Nach der
Demonstration - erwartet werden etwa 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
- organisieren die Grünen im Evangelischen Kirchgemeindehaus in
Davos
Platz einen Abend mit Referaten und Diskussionen. Daran teilnehmen
werden unter anderen Cédric Wermuth, Vizepräsident der SP
Schweiz, und
Jo Lang, Nationalrat der Grünen Partei.
An Demo in Genf wird festgehalten
Der wahrscheinlich grösste Anti-WEF-Protest soll in diesem Jahr in
Genf
stattfinden. Die Genfer Regierung hat zwar die für nächsten
Samstag
angesetzte Demonstration verboten, doch ihre Organisatoren halten
weiterhin an der Mobilisierung fest. In Genf hat auch das World
Economic Forum seinen Hauptsitz.
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DAS ANDERE DAVOS
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Limmattaler Tagblatt 28.1.09
Auf der Suche nach Alternativen von unten
Das andere Davos Globalisierungskritiker tagen auf Einladung von Attac
Schweiz im Zürcher Kongresshaus
Bereits zum neunten Mal findet am kommenden Freitag die
WEF-Gegenveranstaltung "Das andere Davos" statt. Im Zürcher
Kongresshaus wollen Globalisierungskritiker Alternativen zum
"neoliberalen Desaster" diskutieren.
Im Zentrum der diesjährigen Gegenveranstaltung zum
Weltwirtschaftsforum
(WEF) unter der Federführung der globalisierungskritischen
Organisation
Attac Schweiz steht die Frage, ob in Zeiten der Krise eine Reparatur
des Systems reiche oder ein grundlegender Wechsel nötig sei. In
diesem
Jahr sei zudem die Frage nach der Legitimität des WEF berechtigter
denn
je, hält Attac fest. Nach der Zunahme des weltweiten Hungers sei
auch
die Finanzkrise ein interessanter "Erfolg". Das WEF sei schlicht nicht
interessiert, die Spielregeln der Wirtschaft und des Sozialen zu
ändern, um Ungleichheiten zu bekämpfen. Deshalb habe das
Forum auch
keine Legitimität.
Mit der Konferenz im Kongress-haus Zürich wollen die Organisatoren
eine
Plattform bieten, um Alternativen "von unten" zu debattieren. Neben der
Finanzkrise steht der Nahrungsmittelmulti Nestle im Fokus. Dies nicht
nur wegen der im vergangenen Sommer bekannt gewordenen Affäre,
wonach
Securitas-Angestellte im Auftrag von Nestle Attac ausspioniert haben
sollen. Auch wird die Tätigkeit Nestles in Kolumbien unter die
Lupe
genommen.
Protest auch in Genf und Basel
In Genf wollen die WEF-Gegner trotz Demonstrationsverbot am kommenden
Samstag auf die Strasse gehen. "Die widrigen Umstände der
Repression
werden uns nicht den Mut nehmen, in Genfs Strassen unsere Kritik zu
äussern", teilte ein Anti-WEF-Bündnis mit und drohte mit
dezentralen
Aktionen in den Einkaufsstrassen, falls die Polizei die Demonstration
zu verhindern versuche. Das Kundgebungsverbot sei absurd und unhaltbar.
Bewilligt ist hingegen eine Demonstration gegen das WEF in Basel
am
heutigen Mittwochabend. Die Route führt vom Barfüsserplatz
via
Steinenberg, Bankverein, Freie Strasse, Schifflände und Mittlere
Brücke
an den Claraplatz. Nach Angaben der Basler Verkehrs-Betriebe hat die
Kundgebung, die von 18 bis etwa 20 Uhr stattfindet, starke Auswirkungen
auf den Tram- und Busbetrieb. (ap)
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NESTLÉ
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NLZ 28.1.09
Menschenrechtsforum Luzern
Nestlé-Präsident spricht in Luzern
ff. Das Programm des 6. Internationalen Menschenrechtsforums in Luzern
steht fest: Zum Thema "Menschenrechte und Religionen" werden am 5. und
6. Mai 2009 über 70 Redner in der Swiss Life Arena auftreten.
Darunter
sind Persönlichkeiten wie Micheline Calmy-Rey, die Vorsteherin des
Eidgenössischen Departements für auswärtige
Angelegenheiten,
Nestlé-Präsident Peter Brabeck und Tariq Ramadan,
Präsident des
Europäischen Muslimischen Netzwerks. Zudem wird der Vertreter des
Dalai
Lama in der Schweiz eine Grussbotschaft des Dalai Lama vortragen.
Benefiz-Star ist noch offen
Der Co-Leiter des Internationalen Menschenrechtsforums, Peter
Kirchschläger, ist zufrieden: "Wir haben unser Ziel erreicht, dass
Vertreter aller fünf Weltreligionen teilnehmen." Das Forum ist
für
jedermann zugänglich: "Wir wollen eine breite Diskussion
anstossen",
sagt Kirchschläger.
Förderpreis
Das Forum besteht aus Vorträgen, Workshops und
Podiumsgesprächen. Zudem
wird ein Förderpreis an ein Menschenrechtsprojekt vergeben. Am 6.
Mai
findet zudem ein Benefizkonzert zu Gunsten der
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch statt. Vergangenes Jahr
spielte der Reggae-Star Jimmy Cliff wer es dieses Jahr sein wird,
steht noch nicht fest.
Weitere Informationen: www.ihrf.ch
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ANTISEMITISMUS
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Bund 28.1.09
"Leuchtendes Zeugnis für Idealismus"
Der sechste Band der Loosli-Reihe dokumentiert den Kampf des Autors
gegen den Antisemitismus in der Schweiz
Charles Cornu
Als Carl Albert Loosli (1877-1959) den Kampf aufnahm gegen den
Antisemitismus, war das nicht Ausdruck einer kurzen Empörung,
sondern
der Beginn einer jahrzehntelangen Beschäftigung mit dem Judentum
oder
genauer: mit den Feinden des Judentums.
Nachdem sein bester Freund, der in Bern lehrende - und auf
unwürdige
Weise angefeindete - polnisch-jüdische Literaturwissenschaftler
Jonas
Fränkel, Looslis Schrift "Die schlimmen Juden!" gelesen hatte,
schrieb
er dem Verfasser: "Das Buch ist ein Zeugnis, ein leuchtendes Zeugnis
für Deinen schönen Idealismus - ein nicht minder
gültiges Zeugnis wie
Deine Kampagne gegen die Erziehungsanstalten."
Jetzt hat man Gelegenheit, Looslis Kampfschrift gegen die Antisemiten
im eigenen Land und die "Hakenkreuzler" in Deutschland - der Titel "Die
schlimmen Juden!" ist ironisch gemeint - neuerlich zu lesen. Sie ist
zusammen mit andern Texten und verschiedenen Briefen zum selben Thema
als Band 6 der von Fredi Lerch und Erwin Marti betreuten Werkausgabe
neu erschienen.
Man hat sie als historisches Dokument und als Hinterlassenschaft eines
Menschen, der zeitlebens nicht mit den Wölfen heulte, zu
verstehen,
eines gesinnungsstarken Kämpfers, der im Grunde nicht angefeuert
wurde
durch eine besondere Sympathie für die Juden oder auch nur durch
vertiefte Kenntnis des Judentums, sondern vielmehr durch seine lautere
Gesinnung. Loosli wollte und konnte nicht zulassen, dass eine
Minderheit, welcher Art auch immer, verfemt und verfolgt wird. Loosli
war ein Anti-Antisemit.
Als seine Schrift 1927 erschien, löste sie unterschiedliche
Reaktionen
aus, gerade auch auf jüdischer Seite. Begreiflich: Zu unkritisch,
zu
unreflektiert verwendet er selber Ausdrücke wie "rassisch" und
"völkisch", meint sogar - doch davon hat er sich Jahre später
ausdrücklich distanziert -, es sei eine jüdische
Mitbevölkerung
"heranzuzüchten", die sich rein gar nicht von den "arischen"
Schweizern
unterscheide, und unangenehm berührt auch, dass er immer wieder
"der
Jude" sagt, wenn er die jüdische Gesamtheit meint. Sprachlich war
Loosli - jedenfalls empfindet man das heute so - ein Sohn seiner Zeit.
Seiner Tapferkeit, seinem Eifer und der gut gemeinten Streitlust tut
das indessen kaum Abbruch.
Zwei Publikationen in erster Linie haben Loosli auf die Barrikaden
gebracht. Erstens die widerliche Fälschung "Protokolle der Weisen
von
Zion" (als es 1934/35 in Bern zu einem Prozess um dieses Pamphlet kam,
amtete Loosli als Experte), und zweitens Henry Fords Buch "Der
internationale Jude": Hetzschriften beide, die von einer
jüdisch-freimaurerischen Verschwörung und einer
internationalen
Geheimregierung schwafeln. Zu einer Zeit - Ende der Zwanzigerjahre -,
als man hierzulande das aufkommende Nazitum in seiner Bedrohlichkeit
noch kaum ernst nahm, war Loosli bereits hellsichtig genug, die Gefahr
zu erkennen und mit Verve den Standpunkt zu vertreten, dass die
Bedrängung und Verfolgung der Juden nicht von den allgemeinen
Kultur-
und Menschheitsfragen herausgelöst werden dürfen. In diesem
Sinne ist
Fränkels Urteil nach wie vor gültig, das zeitgeschichtliche
Gewicht von
Looslis kämpferischem Schreiben bleibt bestehen.
[i]
Das Buch
Carl Albert Loosli: Judenhetze. Werke Band 6: Judentum und
Antisemitismus. Herausgegeben von Fredi Lerch und Erwin Marti.
Rotpunktverlag, Zürich 2008. 540 Seiten, Fr. 56.-
---
Tagblatt der Stadt Zürich 28.1.09
"Die jüdische Bevölkerung ist sehr besorgt"
Von Isabella Seemann
Yves Kugelmann, 38, ist seit 2001 Chefredaktor des jüdischen
Wochenmagazins "Tachles". Im Gespräch mit dem "Tagblatt"
äussert er
sich über Israel-Kritik, Antisemitismus und jüdisches Leben
in Zürich.
Tagblatt der Stadt Zürich: Herr Kugelmann, immer wenn Israel in
der
Kritik steht, werden Sie von Medien um Stellungnahme gebeten. Stehen
Sie unter einem Rechtfertigungsdruck?
Yves Kugelmann: Nein, ich habe grosses Verständnis, wenn die
Menschen
Fragen haben. Kein Verständnis habe ich, wenn Schweizer, die ja
eine
grosse Demokratiekompetenz besitzen, wenig Wissen mitbringen und keine
Unterschiede zwischen jüdischen Schweizern und Israeli machen.
Wie haben Sie die Kritik wahrgenommen, die Israels Krieg gegen die
radikal-islamische Hamas in Gaza ausgelöst hat?
Yves Kugelmann: Es ist ein guter Reflex, wenn man bei Ausbruch eines
Krieges zuerst einmal eine kritische Haltung einnimmt. Dies beweist
eine hohe Sensibilität für die Opfer. Leider fehlt vielen
Leuten die
Sensibilität für Ursache und Wirkung, und sie wenden
unterschiedliche
Massstäbe für die palästinensische und die israelische
Zivilbevölkerung
an. Wer sich mit diesem Konflikt befasst, muss sich mit beiden Seiten
auseinandersetzen.
In Zürichs Strassen sieht man derzeit vermehrt antisemitische
Schmierereien. Nehmen Sie Antisemitismus auch in anderer Form wahr?
Kugelmann: In Krisenzeiten gibt es immer ein Bedürfnis nach
Manifestation, einige davon sind dumm, einige intelligent. Dumm ist die
Gleichstellung zwischen Israel und Nazis oder das Verbrennen von
Israel-Fahnen. Auch wir auf der Redaktion erhalten massiv mehr
Reaktionen, darunter antisemitische und beleidigende Leserbriefe und
Telefonate. Die jüdische Bevölkerung ist sehr besorgt
über den
anschwellenden Antisemitismus.
Wie stark ist der Antisemitismus heute in Zürich?
Kugelmann: Rund 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung sind
gemäss einer
Studie "harte" Antisemiten und rund 30 Prozent haben punktuell
antijüdische Einstellungen, vor allem Menschen in ländlichen
Gebieten
oder ohne höhere Bildung. In Städten ist der
Durchschnittswert kleiner.
Während Nahostkrisen manifestiert sich dieser Antisemitismus
öffentlich. Das heisst nicht, dass die kritische Haltung
gegenüber
Israel automatisch in Antisemitismus übergeht, aber in der Regel
sind
Antisemiten antiisraelisch eingestellt.
Wie steht es um die Befindlichkeit der Juden in Zürich allgemein?
Kugelmann: Seit die Israelitische Cultusgemeinde Zürich und die
Jüdische Liberale Gemeinde vor drei Jahren staatlich anerkannt
wurden,
hat sich vieles verändert, vor allem im Selbstbewusstsein der
Juden. Es
ist ein Zeichen der Integration und eine Anerkennung dessen, dass
unsere Gemeinschaft zur zürcherischen Bevölkerung
gehört. Die
offiziellen Beziehungen verlaufen sehr positiv, und es findet reger
Austausch statt.
Wie gut ist der Kontakt zu anderen Religionsgemeinschaften?
Kugelmann: Unter den Amtsträgern ist der Kontakt sehr gut. Aber an
der
Basis gibt es Verbesserungsmöglichkeiten. Sowohl Muslime wie auch
Juden
müssen ihre Feindbilder abbauen, aber das geht nur, wenn man sich
auch
begegnet. Der Zugang zu anderen Kulturen und Religionen müsste
schon in
der Schule gelehrt werden. Grundsätzlich herrscht hierzulande eine
grosse Neugier gegenüber anderen Kulturen, kulturelle
Veranstaltungen
ziehen immer viele unterschiedliche Menschen an. Aber vor allem sollten
jüdische Stimmen auch in öffentlichen Debatten stärker
zur Geltung
kommen.
Können Sie Beispiele nennen?
Kugelmann: Wir Juden werden nur um Stellungnahmen gebeten, wenn es um
den Nahostkonflikt oder Antisemitismus geht. Aber jüdische
Stimmen, und
natürlich auch die anderer Kulturen und Religionen oder
atheistische,
sollten auch erhört werden, wenn es um kulturelle,
medizin-ethische
oder naturschützerische Fragen geht, um den Diskurs zu bereichern
und
andere Perspektiven zu ermöglichen. Heute ist es doch so, dass
beispielsweise im Fernsehen ständig die gleichen Leute das Gleiche
sagen.
Worin sehen Sie die wichtigste Herausforderung für die Juden heute
in Zürich?
Kugelmann: Wegen der Heterogenität der Juden bestehen Ängste,
dass die
jüdische Solidarität und Identität schwindet. Es gilt,
Säkulare und
Religiöse unterschiedlichster Strömungen, Progressive,
Liberale und
Konservative, Alteingesessene, Neuzuzüger und Angeheiratete unter
einen
Hut zu bringen. Es ist einfacher, gemeinsam gegen Antisemiten zu
kämpfen, als die eigene Gemeinschaft zu einen und den Zusammenhalt
zu
stärken.
Auffallend im Strassenbild sind diejenigen Juden, die sich in der
osteuropäischer Tradition kleiden, zu denen die nichtjüdische
Bevölkerung aber fast keinen Kontakt hat. Gibt es von beiden
Seiten her
Berührungsängste?
Kugelmann: Ich habe dazu eine sehr dezidierte Meinung: Orthodoxe
Gruppierungen, seien diese jüdisch, muslimisch oder christlich,
stehen
in einer Bringschuld. Sie müssen sich 100 Prozent integrieren, die
hiesigen Gesetze akzeptieren und die nichtreligiöse Welt
respektieren.
Natürlich müssen sie sich nicht aufgeben, aber sie
dürfen sich auch
nicht abschotten. Jeder Bürger hat sowohl Rechte wie auch
Pflichten.
Und die staatlichen Behörden, wie auch die jüdische Gemeinde
müssen sie
in die Pflicht nehmen. In den USA beispielsweise bringen sich orthodoxe
Juden viel stärker und unverkrampfter in die Öffentlichkeit
ein. Das
halte ich für vorbildlich.
Als Lackmustest für Schweizer Juden gilt die Frage: "Falls Israel
gegen
die Schweiz Fussball spielt - für welches Land sind Sie?"
Kugelmann: Als echter Fussballkenner bin ich weder für die
Schweiz, noch für Israel, sondern für Brasilien.
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Le matin 28.1.09
Mgr Fellay demande pardon
Antisémitisme
Le supérieur d'Ecône a présenté ses excuses
au pape pour les propos négationnistes de MgrWilliamson.
La réintégration samedi par le pape Benoît XVI de
quatre évêques
intégristes excommuniés il y a vingt ans, parmi lesquels
un
négationniste, a provoqué des remous hier dans l'Eglise
catholique
tandis que les critiques des représentants juifs ne
faiblissaient pas.
Face à ce tollé, le supérieur
général de la communauté intégriste de la
Fraternité Saint Pie X à Ecône (VS), Mgr Bernard
Fellay, a demandé
pardon au pape hier soir après les propos négationnistes
de Mgr Richard
Williamson.
"Les affirmations de Mgr Williamson ne reflètent en aucun cas la
position de notre société. C'est pourquoi je lui ai
interdit, jusqu'à
nouvel ordre, toute prise de position publique sur des questions
politiques ou historiques", écrit-il dans un communiqué
transmis par le
Vatican. "Nous demandons pardon au souverain pontife et à tous
les
hommes de bonne volonté, pour les conséquences
dramatiques d'un tel
acte", ajoute-t-il.
Radio Vatican et l'Osservatore Romano, le journal du Vatican, ont aussi
fermement condamné les déclarations de Mgr Williamson,
rappelant le
pèlerinage accompli par Benoît XVI à Auschwitz en
mai 2006 et son
attachement au dialogue avec le judaïsme.
Dans la journée, les évêques suisses
s'étaient distanciés de la
décision du Vatican. Les prélats helvétiques
appellent la Fraternité
Saint Pie X à adopter une "attitude positive envers le
judaïsme". La
Fédération suisse des communautés
israélites a pris acte avec
satisfaction de cette déclaration.
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AUSCHWITZ
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Basler Zeitung 28.1.09
Wenn nicht mehr Geld fliesst, droht Auschwitz der Zerfall
Ein Fonds soll helfen, das Vernichtungslager als Museum zu erhalten und
weiterhin zugänglich zu machen
Knut Krohn, Warschau
Auschwitz ist das Synonym für den Massenmord der Nazis. 64 Jahre
nach
der Befreiung nagen Regen, Frost und Wind an dem bereits 1947 zum
Museum umgestalteten deutschen Konzentrationslager.
"Wenn wir jetzt nicht mit grundlegenden Konservierungsmassnahmen
beginnen, wird man uns vorwerfen, dieses Weltsymbol des Holocaust
zerstört zu haben", warnt Wladyslaw Bartoszewski. Er war selbst
einst
Lagerhäftling in Auschwitz und ist heute Vorsitzender des
Internationalen Auschwitzrates. Doch es fehlt das Geld. Rund 100
Millionen Euro müssten in den kommenden 20 Jahren investiert
werden,
schätzt Piotr Cywinsk, Direktor des Staatlichen Museums
Auschwitz-Birkenau. Im Moment wird das Museum vor allem vom polnischen
Staat finanziert. Über drei Millionen Euro fliessen dafür
jedes Jahr,
hinzu kommt noch einmal dieselbe Summe aus Einnahmen aus
Bücherverkäufen und Führungen.
Rund 190 Hektar misst der gesamte Komplex Auschwitz-Birkenau. Doch an
den Ruinen der Gaskammern und den Baracken nagen Regen, Frost und Wind.
Vor allem aber das Grundwasser setzt den Gebäuden zu. In Birkenau
stehen die Fundamente der dort 45 Baracken im ständig feuchten
Untergrund.
Teile schon geschlossen. Einige der Baracken des von den
Nationalsozialisten errichteten Vernichtungslagers mussten aus
Sicherheitsgründen bereits für Besucher geschlossen werden.
Zudem
greifen Überschwemmungen die Bausubstanz immer wieder an. Die
Erhöhung
und Verlängerung des Dammes zur nahen Weichsel ist seit Jahren
geplant,
scheiterte bisher allerdings vor allem an der Finanzierung.
Deutsche Unterstützung
"Wir werden das Museum weiter unterstützen", sagt Tomasz Merta,
stellvertretender polnischer Kulturminister. Aber er weist darauf hin,
dass sich in Zukunft alle Nationen für den Erhalt des Museums
engagieren müssten. Aus diesem Grund schlägt der
Internationale
Auschwitzrat die Bildung eines Fonds in Höhe von 120 Millionen
Euro
vor. Museumsdirektor Piotr Cywinsk rechnet mit Zinserträgen von
rund
fünf Millionen Euro pro Jahr. Das allein würde bereits eine
solide
Basis darstellen, um die notwendigen Renovierungsarbeiten zu
finanzieren.
Die deutsche Regierung habe dieser Initiative bereits öffentlich
ihre
Unterstützung zugesagt, erklärt Cywinsk. Den Initiatoren
schwebt vor,
dass sich neben der polnischen Regierung auch die EU-Partner an dem
Fonds beteiligen. Bartoszewski erinnert daran, dass das Lager auf der
Liste der Weltkulturerben der Unesco steht und darin Menschen aus
vielen Ländern Europas ermordet worden sind.
Die Idee eines Fonds wird auch von Michael Schudrich gutgeheissen, dem
obersten Rabbiner in Polen. "Es ist unmoralisch, dass die gesamte
Verantwortung für den Erhalt von Auschwitz auf Polen fällt."
Seiner
Meinung nach müsse sich vor allem Deutschland um die Rettung des
Museums kümmern, das jedes Jahr von rund einer Million Menschen
besucht
wird. Die können diese Stätte der Mahnung gratis betreten,
was auch so
bleiben soll.
Eklat am Gedenktag
Protest. In der Gedenkstätte Auschwitz wurde gestern der Befreiung
des
Vernichtungslagers durch Sowjettruppen vor 64 Jahren gedacht. Der
Zentralrat der Juden in Deutschland blieb jedoch demonstrativ fern.
Zentralrat-Generalsekretär Stephan J. Kramer erklärte,
Vertreter wie
die amtierende Präsidentin Charlotte Knobloch und deren
Vorgänger seien
noch nie als Überlebende des Holocaust auf der Tribüne des
Bundestags
begrüsst worden. Dieser Behandlung wolle man sich nicht mehr
aussetzen.
Er beklagte zudem wachsenden Antisemitismus in Deutschland. AP
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PNOS
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Aargauer Zeitung 28.1.09
Bekommt die Pnos-Spitze heute kalte Füsse?
Bezirksgericht Aarau Ehemalige und aktuelle Mitglieder des
Parteivorstandes wehren sich gegen Strafbefehl
Gegen einen 2007 verhängten Strafbefehl wegen Verletzung der
Antirassismus-Strafnorm führt die damalige Spitze der Partei
National
Orientierter Schweizer Beschwerde. Die Frage ist: Wird sie heute vor
Gericht wieder zurückgezogen?
Michael Spillmann
Fünf ehemalige und aktuelle Vorstandsmitglieder der Partei
National
Orientierter Schweizer (Pnos) treffen sich heute vor dem Bezirksgericht
Aarau. Grund: Sie wehren sich gegen einen Strafbefehl wegen Verletzung
der Antirassismus-Strafnorm. Das Bezirksamt Aarau hatte die Frau und
die vier Männer im Herbst 2007 zu einer Geldstrafe von 20 bis 30
Tagessätzen verknurrt.
Am heutigen Prozessausgang besonders interessiert ist der Fricktaler
"Neonazi-Jäger" Heinz Kaiser, Projektleiter der Gruppierung
Schweizer
WeltbürgerInnen. Er war es, der vor über drei Jahren
Strafanzeige gegen
die damalige Parteispitze eingereicht hatte. Vorwurf: Das
Parteiprogramm und ein von der Partei vertriebener Taschenkalender
verstossen gegen die Antirassismus-Strafnorm. Rund zwei Jahre
später
erfolgte der Entscheid des zuständigen Bezirksamts Aarau. Die
fünf
Pnos-Mitglieder reichten umgehend Beschwerde ein.
Zwei noch immer im Vorstand
Drei Personen traten bereits vor dem Urteilsspruch aus "privaten"
Gründen aus dem Vorstand aus. Zu diesem Trio gehörte auch der
Solothurner Dominic Bannholzer, der von 2005 bis zu seinem
Rücktritt
Anfang 2008 als Gemeinderat von Günsberg SO amtete. Mit der
Bernerin
Denise Friedrich und dem Freiburger André Gauch sind heute auch
zwei
aktuelle Vorstandsmitglieder beim Prozess mit von der Partie.
Fällt der Prozess ins Wasser?
Die Befürchtung von Heinz Kaiser ist nun aber: Die Pnos-Exponenten
könnten die Beschwerde zu Prozessbeginn kurzfristig
zurückziehen und
den alten Strafbefehl akzeptieren. "Bereits im Sommer 2006 fiel ein
Gerichtsprozess kurzfristig ins Wasser", erinnert sich Kaiser.
Rückblick: Der Fricktaler hatte bereits Mitte 2003 den kompletten
Pnos-Vorstand wegen des 20-Punkte-Parteiprogramms und eines Plakats
angezeigt. Gegen den Erlass des Bezirksamts Aarau führten die vier
Mitglieder Beschwerde. Angesetzt war der Gerichtstermin auf Ende Mai
2006, die vier Parteimitglieder zogen die Beschwerde einen Monat vorher
zurück. Findet der Prozess heute tatsächlich statt,
entscheidet das
Gericht über die Tatbestände und die Geldstrafen.
"Partei muss verboten werden"
Heinz Kaiser ist überzeugt: "Wenn es tatsächlich zum Prozess
kommt,
werden die Urteile durch das Bezirksgericht bestätigt. Ob die
fünf
diese dann akzeptieren oder vor das Obergericht weiterziehen: Es ist
ein deutliches Zeichen im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus."
Komme, was wolle: Den nächsten Schritt hat Projektleiter Kaiser
bereits
geplant. Er will seine langjährigen Anstrebungen, die Partei
endgültig
verbieten zu lassen, vorantreiben. "Es gibt zahlreiche verurteilte
Vorstands- und Parteimitglieder. Die Behörden müssten
erkennen können,
dass diese Partei rassistisch, volksverhetzend, extremistisch und
menschenverachtend ist."
Um seinen Plan umsetzen zu können, will er nun den Kontakt zu den
Anklagebehörden suchen und mit den gesammelten Fakten einen Antrag
zur
Auflösung der Partei stellen. "Ich fordere von den Behörden
härteres
Durchgreifen und von Politikern und der Bevölkerung mehr
Widerstand in
dieser Sache", erklärt Heinz Kaiser.
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Basler Zeitung 28.1.09
Pnos-Funktionäre stehen wieder vor Gericht
Heute wird in Aarau entschieden, ob das Parteiprogramm von 2007
tatsächlich ausländerfeindlich war
Franziska Laur
Fünf Funktionäre der Partei National orientierter Schweizer
(Pnos)
wurden im Herbst 2007 zu Geldstrafen verurteilt, weil Punkte in ihrem
Parteiprogramm gegen die Rassismus-Strafnorm verstiessen. Heute findet
der Berufungsprozess statt.
Rechtsextremismus- und Antirassismusexperten auf der einen Seite, ihre
Gegner auf der anderen. Dieses Bild könnte sich einem heute
früh vor
dem Bezirksgericht in Aarau bieten. Hier soll ab 8 Uhr ein
Geschworenengericht entscheiden, ob das 20-Punkte-Parteiprogramm der
Pnos aus dem Jahr 2007 tatsächlich diskriminierend und
ausländerfeindlich war.
Dieser Meinung war vor zwei Jahren der Aarauer Untersuchungsrichter und
verurteilte die fünf Angeschuldigten zu einer Geldstrafe.
Strittige
Aussage im Parteiprogramm war zum Beispiel: "Ein gesunder Staat
vertritt die Rechte des Volkes und nicht, wie heute, die Interessen von
Randgruppen oder fremden Eindringlingen." Zudem verlangte die Pnos die
"Rückführung kulturfremder Ausländer".
Abgeändert
Das Parteiprogramm wurde mittlerweile geändert und kommt heute
bieder
daher. Viel ist von Förderung der alternativen Energien und des
öffentlichen Verkehrs die Rede. Nur hin und wieder blitzen
auffällige
Positionen auf, wie etwa die Forderung, dass das Schächten streng
verfolgt und ausserfamiliäre Kindererziehung verurteilt werden
soll.
Ruedi Brassel, Baselbieter Landrat und Historiker, hat die Pnos im
Auge, seit sie im Jahr 2000 in Liestal von Jonas Gysin und Sacha Kunz
gegründet wurde. Dass sich die Pnos mit ihrem abgeänderten
Parteiprogramm inzwischen seriös gibt, beunruhigt ihn - das sei
Teil
eines strategischen Konzepts. "Dass sie sich nicht mehr derart
gewaltbereit geben, heisst, dass man ihnen umso mehr auf die Finger
schauen muss." Aber es sei nicht nur die Pnos, die ihm Sorgen mache -
sondern allgemein der sinkende Respekt, mit dem man sich auf
politischer Ebene begegne.
Neue Sektion
Vor zehn Tagen hat die Pnos in Gelterkinden eine neue Sektion Baselland
und Basel-Stadt gegründet. Wie Dieter Leutwyler, Pressesprecher
der
Baselbieter Sicherheitsdirektion, sagt, habe man die öffentlich
zugänglichen Unterlagen der Partei im Vorfeld der
Vereinsgründung
geprüft und diese seien rechtlich in Ordnung gewesen. "Doch wir
werden
ihre Tätigkeiten genau beobachten."
Fricktaler Bezug
Die Pnos hat nicht wenig Bezug zum Fricktal. So wohnt Jonas Gysin seit
Jahren in Bözen. Und auch sein Kumpel Sacha Kunz ist im Fricktal
kein
unbeschriebenes Blatt, seit er in Rheinfelden einen Laden für
Hooligankleidung aufmachen wollte. Die Behörden wussten es zu
verhindern. Beide sind mittlerweile aus der rechtsextremen Szene
ausgestiegen.
Ihr Erzfeind Heinz Kaiser aus Frick hat allerdings immer noch ein
scharfes Auge auf die Tätigkeiten der Pnos. Der ehemalige
Karatelehrer
ist in seinen Kursen immer wieder dem Rechtsextremismus begegnet und
hat sich deshalb dem Kampf gegen Rassismus und Gewalt verschrieben. Auf
seine Kappe gehen auch die Verurteilungen gegen den Pnos-Vorstand. "Ich
freue mich auf den Prozess heute. Das ist für mich als
Einzelkämpfer
ein grosser Erfolg", sagt er. Dass das Urteil heute bestätigt
wird,
daran zweifelt er keine Sekunde. Und danach geht sein Kampf weiter: Er
will bei der Staatsanwaltschaft die Auflösung der Pnos beantragen.
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SQUAT BADEN
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Tagesanzeiger 28.1.09
Polizei ermittelt gegen SP-Vize
Wegen der Hotelbesetzung in Baden droht Cédric Wermuth jetzt ein
Strafverfahren. Auch SP-Chef Christian Levrat findet, sein Vize sei zu
weit gegangen.
Von Patrick Kühnis
Baden. - Die Besetzung im Bäderquartier hat für den
Vizepräsidenten der
SP Schweiz, Cédric Wermuth, und andere Juso-Aktivisten ein
Nachspiel.
Nach ihrer Aktion in Baden, die völlig aus dem Ruder lief, hat die
Grundeigentümerin Strafanzeige eingereicht - wegen
Hausfriedensbruch,
Sachbeschädigung und Diebstahl. Die Kantonspolizei Aargau
ermittelt
seither nicht nur gegen die unbekannten Täter, die am frühen
Sonntagmorgen im Hotel gewütet und Lebensmittel gestohlen haben
(TA von
gestern). Ins Visier nimmt sie auch Wermuth und seine Mitstreiter, die
zuvor in den Hotels Bären und Verenahof mit über 70 Personen
eine
Protestparty gefeiert haben. "Die Urheber dieser Aktion sind unerlaubt
in Gebäude eingedrungen. Wir werden sie deshalb zu den
Vorfällen
befragen", bestätigt ein Polizeisprecher. Wer für eine oder
mehrere
Straftaten verantwortlich sei, müsse mit einer Verzeigung beim
Bezirksamt rechnen.
Christine Zehnder von der Verenahof AG fände es nichts als recht,
wenn
sich der Juso-Chef vor dem Untersuchungsrichter für den
Hausfriedensbruch verantworten müsste. Gerade ein Politiker sollte
wissen, was legal und was illegal sei, findet die Vertreterin der
Grundeigentümer. "Uns wurde Schaden zugefügt. Dafür soll
der Urheber
der Aktion geradestehen." Noch schärfere Töne kommen vom
politischen
Gegner: "Wermuth gehört vor den Richter und nicht in den Grossen
Rat",
liess die Aargauer FDP gestern verlauten. Der 22-Jährige denkt
aber
nicht daran, seine Kandidatur für die Wahl zurückzuziehen.
Levrat: "Das war ein Unfall"
Dass der SP-Vize eine Straftat in Kauf nahm, um politisch zu punkten,
kommt auch bei Parteipräsident Christian Levrat nicht gut an: "In
Baden
ist ein Unfall passiert - und Cédric Wermuth hat inzwischen
eingesehen,
dass die Aktion ein Fehler war." Hausbesetzungen seien der falsche Weg,
um auf das Problem der Wohnungsnot aufmerksam zu machen. Der Vorfall
werde darum im SP-Präsidium besprochen. "Als Gewerkschafter weiss
ich,
dass gerade spontane Aktionen gut abgesichert sein müssen", sagt
Levrat. Die Juso habe mehrmals mit witzigen und gelungenen Aktionen wie
der UBS-Sitzblockade für Aufsehen gesorgt. "Diesmal ging sie aber
etwas
naiv zur Sache." 100 000 Franken pro Jahr überweist die SP ihrer
Tochterpartei. Levrat: "Ich hoffe, dass sie das Geld nicht in solche
Aktionen, sondern in ihre erfolgreiche politische Arbeit investiert,
mit der wir sehr zufrieden sind."
Rückendeckung erhält der Hausbesetzer dagegen von der
Winterthurer
Vizepräsidentin der SP Schweiz, Jacqueline Fehr. Man habe gewusst,
dass
man mit Wermuth keinen "Braven" ins Vizepräsidium wähle, sagt
die
Nationalrätin. "Die Juso ist eine Jungpartei, die auf sich
aufmerksam
zu machen weiss. Und das ist gut so. Wir wollen eine Juso, die
provoziert." Dass dabei auch Fehler gemacht würden, sei normal.
22-Jährige müssten nicht gleich politisieren wie
60-Jährige. Fehr rät,
"cool zu bleiben". "Wenn ein leeres Hotel besetzt wird, um auf den
Mangel an günstigen Wohnungen hinzuweisen, gerät damit die
Gesellschaft
nicht aus den Fugen."
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NZZ 28.1.09
Neuerlicher "Wermuthstropfen" für die SP
SP-Vizepräsident Wermuth entschuldigt sich für Hausbesetzung
Am Wochenende hat eine von Jungsozialisten organisierte
Hausbesetzung
im aargauischen Baden in einem Vandalenakt geendet. Die Gruppe um
Juso-Präsident und SP-Vizepräsident Cédric Wermuth
wollte die
Wohnungsnot thematisieren. Mit der missglückten Aktion hat Wermuth
seine Genossen nicht zum ersten Mal vor den Kopf gestossen.
se. Er wird längst schon als das Enfant terrible der
Sozialdemokraten
schlechthin gehandelt, der Juso-Chef und Vizepräsident der SP
Schweiz,
Cédric Wermuth. Der 23-jährige Aargauer Politologie-Student
und
Grossratskandidat hat unter den Genossen bereits verschiedentlich
für
Irritation gesorgt - etwa, als er unlängst in einem
Zeitungsinterview
die "Dinosaurier" in seiner Partei offen zum Rückzug aus der
Politik
aufgefordert hat oder als er an vorderster Front das heikle
Sicherheitspapier seiner Parteileitung medial zerfetzt hat. Zumindest
bei welschen Sozialdemokraten sorgte Wermuth auch für
Konsternation,
als er anlässlich der SP-Parolenfassung zur Drogenpolitik am
Rednerpult
einen Joint angezündet hat; auch die Aufrufe Jugendlicher zu
"Botellón"-Massenbesäufnissen hat der Juso-Präsident
verteidigt. Als
Wermuth schliesslich im Zusammenhang mit einem Demonstrations-Sit-in am
Zürcher Paradeplatz gegenüber einer Gratiszeitung festhielt,
man möge
die UBS Bankrott gehenlassen, sah sich SP-Präsident Christian
Levrat
zur Distanzierung genötigt: Wermuth vertrete da keineswegs die
Position
der SP, stellte Levrat klar.
Zu einer echten Juso-Panne ist es nun am vergangenen Wochenende
im
Aargau gekommen. Wermuth und seine Jungsozialisten drangen in
leerstehende Hotels im Badener Bäderquartier ein, um (in
wohlwollender
Begleitung lokaler Medien) auf den "eklatanten Mangel an günstigem
Wohnraum für Familien und Junge" aufmerksam zu machen. Die Juso
haben
ihre gutgemeinten Festlichkeiten in der Früh in Minne beendet,
einige
Vandalen aber blieben und warfen mit Farbkübeln um sich.
Zerknirscht
haben sich Wermuth und seine Getreuen inzwischen bei den Besitzern
entschuldigt (vgl. Kasten), und erneut muss SP-Präsident Christian
Levrat den Jungspund in seinem Führungsteam zurechtweisen: "Ich
habe
Schwierigkeiten zu verstehen, was sich die Juso von dieser Aktion
erhofft haben", sagt Levrat auf Anfrage, "sie war kaum dazu geeignet,
die Bevölkerung für das Problem der Wohnungsnot zu
sensibilisieren."
Offensichtlich seien bei der spontanen Aktion zudem die wichtigsten
Regeln missachtet worden, sagt der erprobte Gewerkschafts-Aktionist und
zählt drei Punkte auf: strikte Organisation, kein
Alkoholausschank,
eigener Sicherheitsdienst.
Man dürfe die Badener Angelegenheit nun aber nicht
dramatisieren,
stellt Levrat auch klar. Wermuth habe seinen Fehler rasch eingesehen
und bemühe sich bereits um Wiedergutmachung. Der
SP-Vizepräsident habe
ausserdem in seiner Rolle als Juso-Chef agiert, versucht Levrat den
Schaden für die SP Schweiz wegzureden. Wermuths Posten im
Parteipräsidium sei keineswegs in Frage gestellt: "Er ist ein sehr
talentierter Politiker. Die SP muss ihren Bewegungscharakter
stärken,
und das macht Cédric Wermuth sehr gut." Er gehe davon aus, dass
die
Aktion vom Wochenende ein einmaliger Unfall bleibe, sagt Levrat; auch
hoffe er, dass sein Vizepräsident vorsichtig genug sei, um an
bevorstehenden WEF-Kundgebungen nicht erneut negative Schlagzeilen zu
machen.
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Polizei ermittelt gegen Wermuth
-yr. Im Anschluss an eine Hausbesetzung in leerstehenden
Bäderhotels
in Baden war es in der Nacht auf Sonntag zu Sachbeschädigungen in
Form
von Schmierereien und Sprayereien gekommen. Zur Hausbesetzung
aufgerufen hatte die Juso des Kantons Aargau, an der illegalen Party
war auch Cédric Wermuth beteiligt. In der Zwischenzeit hat sich
Wermuth
persönlich bei der Geschäftsleiterin der Bäderhotels
entschuldigt. Er
ärgere sich gewaltig über die idiotische Aktion, von der er
nichts
mitbekommen habe, sagte Wermuth auf Anfrage. Die Geschäftsleiterin
hatte bereits am Sonntag Strafanzeige gegen Unbekannt eingereicht.
Ermittelt wird wegen Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und
Diebstahl.
In diesem Zusammenhang soll laut Angaben eines Sprechers der
Kantonspolizei Aargau auch Wermuth befragt werden. Zumindest was den
Tatbestand des Hausfriedensbruchs anbelangt, könnte es für
den
Vizepräsidenten der SP Schweiz heikel werden. Schwer zu beziffern
ist
der entstandene Sachschaden. Weil die betroffenen Bäderhotels auch
in
naher Zukunft leer bleiben werden, ist laut Angaben der
Geschäftsleiterin Christine Zehnder vorläufig keine
Wiederinstandstellung geplant. Arg in Mitleidenschaft gezogen wurde
aber auch mindestens eine denkmalgeschützte Säule. Trotz der
negativen
Erfahrung vom vergangenen Wochenende will Wermuth am kommenden Samstag
an die Anti-WEF-Kundgebung nach Davos reisen, die von der lokalen
Juso-Sektion mitorganisiert wird. Wermuth sagte, er hoffe auf eine
effiziente Kontrolle der Polizei, damit potenziell Militante gar nicht
erst nach Davos reisen könnten.
---
Aargauer Zeitung 28.1.09
Druck auf Cédric Wermuth steigt
Forderung Er soll sich nach Hausbesetzung zurückziehen
Nachdem der Fraktionschef der SVP im Grossen Rat, Andreas Glarner,
schon am Tag nach der Badener Häuserbesetzung und den
Vandalenakten im
Bäderquartier gefordert hatte, Juso-Präsident und
SPS-Vizepräsident
Cédric Wermuth soll die Konsequenzen aus seinem Fehlverhalten
ziehen
und seine Kandidatur für die Grossratswahlen vom 8. März
zurückziehen,
stösst die FDP Aargau nun nach. "Wermuth gehört vor den
Richter und
nicht in den Grossen Rat", halten die Freisinnigen fest.
"Rädelsführer
war klar und unmissverständlich der Vizepräsident der SP
Schweiz, er
hat für diese Aktion geradezustehen und zu büssen", sagt
Parteipräsidentin Doris Fischer-Taeschler. "Eine billige
Entschuldigung
nützt da nichts", steht für die FDP fest. Daran ändert
auch nichts,
dass selbst die SP Baden und ihr Präsident Martin Groves die
Vandalenakte verurteilten und forderten, die Täterschaft sei zu
ermitteln und zur Rechenschaft zu ziehen. (bbr.)
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BIG BROTHER NOKIA
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St. Galler Tagblatt 28.1.09
Nokia will Schwedens Bürger über GPS bewachen
Skandinavische Handybenutzer können bald rund um die Uhr
überwacht
werden. Nokia plant gemeinsam mit einem privaten Sicherheitsdienst
einen Kontrollservice.
André Anwar
Stockholm. Nokia hat angekündigt, mit dem privaten
Sicherheitsdienst
Securitas zusammenzuarbeiten, damit Familienmitglieder und Freunde
stets ausfindig gemacht werden können. Der neue umstrittene
Überwachungsdienst trägt den Namen "safe-2-go".
Wo ist gerade die Freundin?
"Der Dienst wird sich vor allem an Familien und an alleine arbeitende
Personen richten", sagt Magnus Friberg, Entwicklungschef bei Securitas
Alert Services in Schweden. Das Programm "safe-2-go" soll bei der
Markteinführung in Schweden zunächst vier Dienste umfassen.
Die
Funktion "Assist" soll es dem Handybenutzer ermöglichen, die
Securitas-Notrufzentrale zu erreichen. Über den im Handy
eingebauten
GPS-Sender erhält Securitas den Standort des Kunden, und kurze
Zeit
später ist entweder der Sicherheitsdienst, die Polizei oder das
Krankenauto unterwegs. Der Vorteil zum gewöhnlichen Notruf ist,
dass
ohne mühselige Aufenthaltsbeschreibung sofort bekannt ist, wo der
Hilfesuchende ist.
Die zweite Funktion "Zone" soll Eltern eine Überwachung ihrer
Kinder
ermöglichen. Individuell lassen sich geographische Zonen wie
"Zuhause"
oder "Schule" einrichten. Sobald sich ein Kind bewegt, erhalten die
Eltern ein SMS. Mit den Funktionen "Friends" und "Find" soll der Kunde
jederzeit die exakte Position der an das System angeschlossenen Freunde
und Familienmitglieder und später auch Arbeitnehmer aufrufen
können.
Wird die Integrität verletzt?
In Schweden hagelt es Kritik: Das System verletze die persönliche
Integrität. Manche fragen sich: "Was, wenn eifersüchtige
Ehemänner so
ihre Ehefrauen überwachen?" Magnus Friberg von Securitas glaubt
jedoch
nicht, dass der Dienst die Persönlichkeitsrechte einschränke.
Anwender
könnten selbst entscheiden, wann sie sich aus dem Ortungsnetz
ausklinken wollten, um unsichtbar zu werden. Bei Nokia sieht man
für
den Dienst gute Marktchancen. "Ich glaube, dass das Ortungssystem GPS
in einem Jahr bei Handys genauso wie die Kamerafunktion verbreitet sein
wird", sagt ein Sprecher.
Der Dienst soll bereits in den kommenden Monaten eingeführt
werden. Der
schwedische Datenschutzbeauftragte Pär Ström betrachtet die
Entwicklung
besorgt. Dass Eltern wüssten, wo ihre Kinder sich herumtreiben,
sei in
Ordnung. Aber Ström befürchtet, dass Arbeitnehmer von ihren
Chefs
gezwungen würden, der Überwachung zuzustimmen. Auch warnt er
davor,
dass schwedische Politiker in einigen Jahren gar fordern könnten,
dass
die Aufenthaltsdaten jedes Bürgers gespeichert und von der Polizei
aufgerufen werden könnten.
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ANTI-ATOM
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Oltener Tagblatt 28.1.09
Die Atel gibts nicht mehr
Olten Generalversammlung sagt Ja zur Überführung in die Alpiq
Holding
Die Atel wird zur Alpiq, der Hauptsitz nach Neuenburg verlegt. Dies
beschlossen die Atel-Aktionäre an ihrer letzten GV gestern in der
Oltner Stadthalle.
Philipp Wyss
Die Sache war lange vorgespurt, Überraschungen blieben an der
Atel-Generalversammlung aus. Die Aktionäre beschlossen
grossmehrheitlich die Umfirmierung des Unternehmens, was den Weg zum
Zusammenschluss mit der EOS und zur Gründung des Stromriesen Alpiq
frei
macht. Der Hauptsitz des Unternehmens wird nach Neuenburg verlagert -
ein Kompromiss zwischen Atel (Olten) und EOS (Lausanne); die
Alpiq-Geschäftsleitung wird ihren Sitz weiterhin in Olten haben.
Die GV
war gleichzeitig der Abschied von Atel-Verwaltungsratspräsident
Rainer
Schaub. Seiten 14/19
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Adieu Atel, bonjour Alpiq
Olten Letzte Generalversammlung der Atel in der Stadthalle
Die ausserordentliche GV der Atel Holding hat gestern die Umfirmierung
zur Alpiq Holding AG sowie die Verlegung des Hauptsitzes von Olten nach
Neuenburg beschlossen.
Philipp Wyss
Natürlich wars bereits im Vorfeld beschlossene Sache. Die gestrige
Abstimmung in der Oltner Stadthalle hatte mehr symbolischen
Vollzugscharakter. Trotzdem: Gestern Dienstag kurz vor halb zwölf
Uhr
mittags wurde definitiv der Schlussstrich unter die 115-jährige
erfolgreiche Geschichte der Atel Holding AG gezogen. Eine einzige Hand
(eines Aktionärvertreters) hob sich bei den Gegenstimmen zum
Traktandum
der Umfirmierung der Atel zur Alpiq Holding AG.
Etwas zahlreicher erwiesen sich die Gegenstimmen bei der Abstimmung zur
Verlegung des Hauptsitzes des neuen Unternehmenskonstrukts nach
Neuenburg. Aber auch hier erfolgte grossmehrheitlich eine Zustimmung.
Die Geschäftsleitung bleibt zwar weiterhin in Olten, die Zeiten,
als
Aktionäre aus der ganzen Schweiz und darüber hinaus nach
Olten an die
Generalversammlung strömten, sind aber nun endgültig vorbei.
Da passte
es, dass bereits gestern das traditionelle Bierzelt vor der Stadthalle
nicht mehr vorhanden war.
Der orange Phönix
Stolz und Wehmut erfülle ihn am heutigen Tag, liess
Atel-VR-Präsident
Rainer Schaub die Versammelten wissen. Aber: Sozusagen als "oranger
Phönix" steige die Alpiq als neues Unternehmen empor. Der
Zusammenschluss von Atel und EOS sei auch ein Zeichen gegen die
aktuelle Finanzkrise, schaffe neue Werte und Arbeitsplätze. Schaub
verheimlichte seinen Unmut nicht, dass die Protagonisten der
Stromwirtschaft in den letzten Wochen "mit Bankern und Abzockern in
einen Topf geworfen wurden." Er appellierte an die Politik, nicht
übereilt zu reagieren. "Gewinne sind nichts Anstössiges,
sondern Anreiz
für kontinuierlichen Fortschritt und Basis für nachhaltige
Investitionen." Heikel sei, wenn der Staat definiere, was "angemessene"
Gewinne seien.
Rainer Schaub wird im neuen Alpiq-Verwaltungsrat nicht mehr
vertreten
sein. Der solothurnische Regierungsrat Chris-tian Wanner
(Vizepräsident
des Atel-VRs) würdigte Schaubs Verdienste - insbesondere
natürlich auch
um die steuerlichen Regelungen zwischen den "Alpiq-Kantonen" Neuenburg,
Waadt und Solothurn. Es war dann am designierten
Alpiq-VR-Präsidenten
Hans E. Schweickardt und CEO Giovanni Leonardi, der Versammlung das
neue Alpiq-Logo zu präsentieren - welches man in Olten doch schon
seit
einigen Tagen kennt.
--
Kommentar
Der orange Phönix
Beat Nützi
Seit gestern ist die Atel Geschichte. Mit der Zustimmung zur Alpiq
haben die Atel-Aktionäre ein 115-jähriges erfolgreiches
Kapitel der
Schweizer Industriegeschichte abgeschlossen und gleichzeitig ein neues
Kapitel aufgeschlagen. So war die Stimmung an der gestrigen
Aktionärsversammlung in der Oltner Stadthalle geprägt von
Stolz, Wehmut
und Hoffnung: Stolz über das Erreichte, Wehmut über das
Verschwinden
der Atel und Hoffnung, dass die Erfolgsstory des Oltner
Traditionsunternehmens in der Alpiq fortgeschrieben werden kann. Daran
haben insbesondere auch die Stadt Olten und der Kanton Solothurn ein
Interesse, denn sie partizipieren über das Steuerwesen direkt am
Unternehmenserfolg.
Offenbar steht die Alpiq unter einem guten Stern. Denn
rückblickend
muss es als Glücksfall bezeichnet werden, dass sich die UBS
rechtzeitig
von Motor Columbus (MC) und damit von der Atel trennte, was den
Fusionsprozess in Gang setzte. Denn heute darf man sich fragen, was
wohl unter dem Einfluss der Finanzkrise bei der UBS mit MC bzw. Atel
passiert wäre.
Auf jeden Fall ist aus der Asche von Atel und EOS ein grosser,
starker, oranger Phoenix entstiegen. Allerdings garantieren Grösse
und
Stärke alleine keinen Erfolg. Die Ascom, die vor rund 20 Jahren
aus der
Fusion der damals beiden grössten Schweizer
Telekommunikationsfirmen,
Autophon (Solothurn) und Hasler (Bern), hervorging, lässt
grüssen. Doch
Alpiq ist nicht Ascom. Deshalb ist Zuversicht angebracht. Die Atel ist
tot - lang lebe die Alpiq!
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Südostschweiz 28.1.09
Sarkozy steht der Sinn nach einem eigenen Atom-Riesen
Nach dem Ausstieg von Siemens aus dem französischen Nuklearkonzern
Areva will Präsident Nicolas Sarkozy einen nationalen "Atom-
Champion"
schmieden.
Von Stefan Brändle
Paris. - Die sich abzeichnende Renaissance der Atomenergie löst
eine
industrielle Kettenreaktion aus. Der deutsche Siemens-Konzern gab am
Montagabend bekannt, er werde den strategischen, 34 Prozent umfassenden
Anteil an Areva NP abstossen. Das Tochterunternehmen des
französischen
Atomkonzerns Areva baut Kernkraftwerke. Das Mutterunternehmen
dürfte
rund 2,1 Milliarden Euro für den Rückkauf des deutschen
Minderheitsanteils zahlen. Dieses Geld könnte Siemens laut
Zeitungsmeldungen für eine Allianz mit der russischen
Atomenergoprom
einsetzen. Das Moskauer Unternehmen ist neben Areva das Einzige, das
ganze AKWs liefern kann.
Politisch brisant ist der Ausstieg von Siemens, weil er kaum freiwillig
erfolgt ist. Die Münchner begründeten den Schritt selbst mit
der
mangelnden Mitsprache bei Areva NP. Bisher war diese Kooperation bei
den deutsch-französischen Gipfeltreffen regelmässig als
vorbildlich
gelobt worden. Noch im letzten Sommer hatte Frankreichs Staatschef
Sarkozy im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel ausdrücklich
erklärt: "Wir wollen auch bei der neuen Generation des
Nuklearbereichs
mit den Deutschen zusammenarbeiten." Damit meinte er insbesondere den
neuartigen Druckwasserreaktor EPR, den Areva und Siemens gemeinsam
entwickelten.
Doch hinter den Kulissen arbeiteten Sarkozys Berater an einem rein
nationalen Szenario - ohne deutsche Kapitalbeteiligung. Diese galt in
Paris, auch wenn das niemand offen sagte, zunehmend als Hemmschuh
für
Sarkozys hoch fliegende Industriepläne. Auch der technische
Beitrag der
Siemens-Ingenieure wird nicht mehr gebraucht, nachdem in Finnland und
Frankreich die ersten EPR-Kraftwerke im Bau sind.
Nationale Versorgung im Hinterkopf
Sarkozy geht es aber weniger um eine gesamteuropäische Forschung
als um
die nationale Energieversorgung. Areva ist einer ihrer drei
Grundpfeiler, neben Electricité de France und dem
Erdölkonzern Total.
Der Atomkonzern entstand 2001, als ihn die ehemalige
Mitterrand-Beraterin Anne Lauvergeon aus Framatome und der
Cogéma
fusionierte. Unter Lauvergeon gewährleistet Areva den gesamten
Atomkreislauf: Produktion von Uran - namentlich in Westafrika -,
Herstellung von Atomkraftwerken, Wiederaufbereitung von
Brennstäben.
Der kaum kaschierte Rauswurf von Siemens durch die Franzosen zeigt,
dass die Bildung "nationaler Energie-Champions" in der EU Vorrang
geniesst. Die politischen Rufe nach einer geschlossenen Energiepolitik
sind kaum mehr als Lippenbekenntnisse.