MEDIENSPIEGEL 9.2.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Überfall unter Eisenbahnbrücke
- Motion Gestaltung Bollwerk-Schützenmatte-Hodlerstrasse
- Interpellation Bollwerk-Barrikaden
- Wegweisungs-Ja in LU + BS
- Rocker ersticht Neonazi
- Katholizismus: Inti mit Richard Williamson, Papsttum
- Polizeistaat Frankreich: Berich von Linksunten
- Griechenland im Rückblick
- Atomaussstieg Stadt Bern
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REITSCHULE
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- Feb 09: Beteiligt Euch an der
Vorplatz-Präsenz!!!
PROGRAMM:
So 08.02.09
19.00 Uhr - Progr - Kurdischer Filmzyklus: Entwicklung des kurdischen Filmschaffens -
Chancen und Risiken: Gespräch und Filme im Gedenken an den
Halil Uysal
20.00 Uhr - Frauenraum - Sex am
Sonntag (mit Barbetrieb ab 19.00 Uhr): Querelle - Ein Pakt mit
dem Teufel. Rainer Werner Fassbinder, D/F 1982
Mi 11.02.09
19.00 Uhr - SousLePont - Inner-Asien
Spezialitäten
20.00 Uhr - Holzwerkstatt - Kleines
Festival der anderen Art mit
Alexa Montani (CH), Kim Myhr (N), Araxi Karnusian (CH), Ingar Zach(N),
Heike Fidler (D), Dan Warborton (GB), Pascal Marzan (F), Jean Borde
(F), Jim Denley (AUS), Steve Buchanan (US), Paed Conca (CH)
20.00 Uhr - Infoladen - "Vom Drehen
der Krisenspirale", Vortrag
Do 12.02.09
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter:
elektronische Leckerbissen zu lesbisch-schwulem Chillen mit DJ FRATZ
& ELfERich.
20.30 Uhr - Kino - uncut: La
Leon, Santiago Otheguy, Argentinien 2006
Fr 13.02.09
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde
Insel; Küche: Eventmakers mit Texten von Franz Hohler
"Weltuntergang"
20.30 Uhr - Tojo - Genossenschaft
jetzt!, KMUProduktionen. Regie: Tim Zulauf
21.00 Uhr - Kino - Kurdischer
Filmzyklus: If I Go, Salem Salvati, Iran 2007, 30 Min. Insan-i
Kamil - Der Weise im Tal, Buket Aydin, Türkei 2007, 60 Min
22.00 Uhr - SousLePont - Big Bang
Boogie (BL) & The Twobadours (BE). Stil: Rock, unplugged
& FolkRock
22.00 Uhr - Dachstock/ifluss - SAVE
VOODOO RHYTHM! - The Monsters & Allschwil Posse in Concert
& The Seniles (ZH), Big Bankg Boogie, Twobadours & Sonic
Nightmares DJ Team
Sa 14.02.09
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde
Insel; Küche: Eventmakers mit Texten von Franz Hohler
"Weltuntergang"
20.30 Uhr - Tojo - Genossenschaft
jetzt!, KMUProduktionen. Regie: Tim Zulauf
21.00 Uhr - Kino - Kurdischer
Filmzyklus:
White Mountain, Taha Karimi, Iran 2006, 30 Min. Dol - Tal der Trommeln,
Hiner Saleem, Autonome Region Kurdistan / Frankreich / Deutschland,
2006, 94 Min
23.00 Uhr - Dachstock - Ballroom
Blitz: We are Terrorists (FRA), DJ‘s Kidkuts (GER) &
Fernweh. Stil: Electro/Electroclash
So 15.02.09
20.00 Uhr - Frauenraum - Sex am
Sonntag
(mit Barbetrieb ab 19.00 Uhr): Der kleine Tod - der weibliche Orgasmus
Dokufilm von Sophie Jeaneau, 2006, 46min, dt. Das höchste der
Gefühle -
Der männliche Orgasmus Dokufilm von Yvonne Debeaumarché,
2006, 42min,
dt.
19.00 Uhr - Tojo - Genossenschaft
jetzt!, KMUProduktionen. Regie: Tim Zulauf
Infos: www.reitschule.ch
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kulturstattbern.derbund.ch
9.2.09
Frau Feuz empfiehlt
von den zahlreichen "Save Voodoo Rhythm!"-Veranstaltungen alle zusammen
zu besuchen. Insbesondere sollte allerdings diejenige vom Freitag im
Dachstock nicht verpasst werden, weil sich dort neben bekannten
Garage-Grössen wie The Seniles oder The Monsters auch die
Rap-Lümmel
von Allschwil Posse austoben dürfen.
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CRIME NEWS
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BZ 9.2.09
Junger Mann bei Reithalle überfallen und beraubt
Ein junger Mann ist in der Nacht auf Sonntag unter der
Eisenbahnbrücke
in der Nähe der Reithalle von zwei Unbekannten überfallen
worden. Er
wurde leicht verletzt.
Der 20-jährige Mann verliess am Sonntagmorgen gegen 1.00 Uhr die
Reithalle und lief Richtung Eisenbahnbrücke. Dort blieb er stehen
um zu
telefonieren. Zwei unbekannte Männer kamen auf ihn zu, einer der
beiden
verlangte sein Portemonnaie. Als der Mann dies nicht hergeben wollte,
wurde er mit zwei Kopfstössen leicht verletzt. Daraufhin
händigte er
sein Portemonnaie aus. Die beiden Täter machten sich Richtung
Bahnhof
davon.
Die Polizei sucht Zeugen. Der eine Täter ist etwa 21-jährig,
zwischen
1.80 und 1.85 Meter gross, schlank. Er hat helle Haut, ein schmales
Gesicht sowie einen kahlgeschorenen Kopf. Seine Jacke und Hosen
ähneln
einem ausländischen Militärkampfanzug. Er sprach akzentfreies
Berndeutsch. Sein Komplize wird ebenfalls auf etwa 21 Jahre
geschätzt,
ist gegen 1.90 Meter gross, schlank und kahl geschoren. Hinweise an:
031 634'41'11.
---
Bund 9.2.09
Vor Reithalle ausgeraubt
Stadt Bern Unter der Eisenbahnbrücke bei der Reithalle wurde in
der
Nacht auf Sonntag ein junger Mann beraubt und dabei leicht verletzt.
Zwei Männer verlangten das Portemonnaie des 20-Jährigen, als
dieser
kurz stehen blieb. Weil der junge Mann sich weigerte, erhielt er von
einem der beiden Unbekannten zwei Kopfstösse gegen den eigenen
Kopf.
Schliesslich übergab das Opfer seinem Peiniger das Portemonnaie.
Die
beiden Männer entfernten sich in Richtung Bahnhof. Die Polizei
sucht
Zeugen, Telefonnummer: 031 634 41 11. (pkb)
---
20min.ch 8.2.09
Junger Mann bei Reithalle überfallen
Ein 20-jähriger Mann ist in der Nacht auf Sonntag vor der Berner
Reithalle beraubt und dabei leicht verletzt worden.
Ein Unbekannter verlangte sein Portemonnaie. Als er der Forderung
zunächst nicht nachkam, schlug ihn der Unbekannte auf den Kopf.
Schliesslich habe das Opfer dem ungefähr 21-jährigen
Angreifer den
Geldbeutel ausgehändigt, teilte die Kantonspolizei Bern mit.
Zusammen
mit einem zweiten, ebenfalls ungefähr 21-jährigen
Unbekannten, der
während des ganzen Vorfalls daneben gestanden hatte,
flüchtete der
Angreifer Richtung Bahnhof. Das Opfer musste sich in ambulante
ärztliche Pflege begeben.
Quelle: SDA/ATS
--
Medienmitteilung vom 8. Februar 2009
Stadt Bern
Mann überfallen und beraubt
pkb. In der Nacht auf Sonntag wurde ein junger Mann auf dem
Reithallenvorplatz beraubt. Er wurde leicht verletzt.
Am Sonntag, 8. Februar 2009, ca. 0100 Uhr, verliess ein
20-jähriger
Mann die Reithalle. Als er unter der Eisenbahnbrücke stehen blieb,
um
zu telefonieren, kamen zwei unbekannte Männer auf ihn zu. Einer
der
beiden stellte sich vor den Telefonierenden hin und verlangte dessen
Portemonnaie. Als der 20-Jährige das Portemonnaie nicht
aushändigen
wollte, erhielt er vom Unbekannten zwei Kopfstösse gegen den
eigenen
Kopf. Schliesslich übergab das Opfer seinem Peiniger das
Portemonnaie,
worauf dieser mit dem zweiten Unbekannten, welcher die ganze Zeit
daneben gestanden hatte, Richtung Bahnhof davonging. Der
Überfallene
musste sich in ambulante ärztliche Pflege begeben.
Die mutmassliche Täterschaft wird wie folgt beschrieben:
1. Unbekannter Mann, ca. 21-jährig, 180 bis 185 cm gross, schlank,
helle Haut, schmales Gesicht, kahl geschoren, trug Jacke und Hosen
ähnlich ausländischem Militärkampfanzug, sprach
akzentfreies
Berndeutsch.
2. Unbekannter Mann, ca. 21-jährig, ca. 190 cm gross, schlank,
kahl geschoren.
Zur Klärung des Tatherganges sucht die Kantonspolizei Bern Zeugen.
Personen, die sachdienliche Hinweise geben können, werden gebeten,
sich
unter der Telefonnummer 031 634 41 11 mit der Polizei in Verbindung zu
setzen.
Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland
(tj)
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SCHÜTZENMATTE
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bern.ch/stadtrat 9.2.09
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/eingang.2009-01-22.4992045707/view
Motion Fraktion SP/JUSO (Beat Zobrist. SP): Gestaltungskonzept
Bollwerk-Schützenmatte-Hodlerstrasse (eingereicht 22.1.09)
Zwischen neu designtem Bahnhofplatz und sich mit
Verkehrsberuhigungsmassnahmen in Aufwertung befindender Länggasse
mutiert das Gebiet
Henkerbrünnli-Schützenmatte-Bollwerk-Hodlerstrasse
vom unternutzten Stadtraum zusätzlich zum Sanierungsfall. Dabei
liegt
das Gebiet an zentralster und attraktivster Lage (200m vom Bahnhof
entfernt, Anschluss an die Altstadt). Als Car-Terminal nimmt es eine
bedeutende touristische Funktion ein. Zugleich ist es mit Kunstmuseum,
Reitschule und Galerien ein wichtiger Kulturstandort.
Von vielen Menschen wird das Gebiet aber als Ziel- und Durchgangsort
gemieden. Man fühlt sich wegen dessen Unübersichtlichkeit und
Abgetrenntheit unsicher. Es wird vorwiegend noch als Durchfahrts-und
nicht als Verweil-Ort benutzt. Zufussgehende und Velofahrende sind
unerwünscht und gefährdet. Der zentral gelegene Perimeter
beherbergt
zwar Anwaltspraxen, Verbandssitze und Restaurants, wird aber in vielen
Bereichen unternutzt. Augenfälligste Fehlnutzung ist der graue
Auftritt
der Schützenmatte, die wie früher der Bundesplatz als banaler
Parkplatz
dient.
Der Gemeinderat versprach zwar an der Stadtratsitzung vom 14. Juni
2007, er wolle mit den betroffenen Anspruchsgruppen einen
Planungsprozess auslösen und ein Nutzungskonzept erarbeiten. Die
im
Investitionsbudget 2008 bereit gestellten Gelder blieben aber ungenutzt
und bis heute sind keine Strategien zu erkennen, das Gebiet aufzuwerten
und zu entwickeln.
Der Trend zur weiteren Verwahrlosung und Unsicherheit dieses Perimeters
muss gestoppt werden. Das Gebiet weist hinsichtlich Nutzung, Vielfalt,
Wertschöpfung, Kultur, Stadtleben und Städtebau ein grosses
Potenzial
auf. Der Stadt Bern bieten sich hier die einmalige Chance, im
Stadtzentrum neue Qualitäten zu schaffen und damit auch vorhandene
Probleme zu entschärfen. Auch ohne das Eilgutareal und trotz der
Planung des Tiefbahnhofes (die SBB plant auf 2025-2030 einen
Tiefbahnhof und will sich ihren Handlungsspielraum bekanntlich nicht
einschränken lassen) kann aus dem heutigen Unort ein Raum
gestaltet
werden, in dem sich Bernerlnnen und TouristInnen gerne aufhalten. Die
Stadt soll in diesem unaufschiebbaren Entwicklungsprozess die
Führungsrolle übernehmen.
Der Gemeinderat wird deshalb beauftragt:
1. Einen Planungsprozess zu initiieren, der den Raum
Bollwerk-Schützenmatte-Hodlerstras se unter
Berücksichtigung aller
relevanter Interessen und Einflüsse entwickelt.
2. Dem Stadtrat einen Projektierungskredit zur Sanierung und
Umgestaltung des zentralen Stadtraumes "Bollwerk-Schützenmatte"
vorzulegen.
Bern, 22. Januar 2009
Motion Fraktion SP/JUSO (Beat Zobrist, SP), Nicola von Greyerz, Gisela
Vollmer, Rithy Chheng, Ursula Marti, Leyla Gül, Miriam Schwarz,
Corinne
Mathieu, Thomas Göttin, Claudia Kuster, Hasim Sönmez, Ruedi
Keller,
Patrizia Mordini, Rolf Schuler, Annette Lehmann, Stefan Jordi, Beni
Hirt, Giovanna Battagliero
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BOLLWERK
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bern.ch/stadtrat 9.2.09
Interpellation Rolf Zbinden (PdA): Bretter am Bollwerk: Welche
Katastrophe droht der Stadt? (eingereicht 29.01.09)
Wer seit vergangener Woche den unteren Teil des Bollwerks entlangging,
musste mit Erstaunen feststellen, dass Fenster mit Holzbrettern
verbarrikadiert worden waren. Dies stellt eine massive zusätzliche
Verschandelung eines städtischen Bereichs dar, der durch den
motorisierten Individualverkehr ohnehin schon arg gebeutelt ist. Es
stellt sich zudem die Frage, welchen Zweck diese baulichen Massnahmen
genau verfolgen, welche Bernerinnen und Bernern - und erst recht auf
der Schützenmatte eintreffenden Touristinnen und Touristen - den
Eindruck vermitteln, Bern stünde am Vorabend katastrophaler
Ereignisse.
Die PdA Bern kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier auf
provozierende Art und Weise mit dem vielfach eingeübten Reflex
gespielt
wird, dass bei massiven Schutz- und Abwehrmassnahmen entsprechend
massive Gefahren, Bedrohungen, Angriffe nicht fern sein können.
Dass
das Bedienen dieser Logik der von gemeinderätlicher Seite immer
wieder
beschworenen Doktrin der Deeskalation ins Gesicht schlägt, wird
wohl
nicht nur der PdA Bern aufgefallen sein.
Im zeitlichen Zusammenhang mit dem WEF müssen die
Verbarrikadierungen
am Bollwerk zudem als suggestive und denunziatorische Unterstellung und
Provokation an die Adresse all jener taxiert werden, die dem Gemauschel
der Mächtigen und Reichen in Davos und deren Hoffieren durch die
offizielle Schweiz nichts abzugewinnen vermögen.
Deshalb will die PdA Bern vom Gemeinderat wissen:
1. ob er über die Verbarrikadierungsaktion vorgängig
unterrichtet worden ist;
2. ob er sich mit diesen Formen der Inszenierung von Bedrohung
anfreunden kann;
3. ob er Möglichkeiten sieht, entsprechende Stadtverschandelungen
zu unterbinden;
4. ob er allfällige Möglichkeiten zu nutzen gedenkt;
5. ob er sich weiterhin dem Prinzip der Deeskalation verpflichtet
fühlt.
Begründung der Dringlichkeit:
Und ist es - wie üblich bei dringlichen Angelegenheiten - immer
schon
zu spät, so erfordern doch überstürzte Massnahmen -
zumindest -
dringliche Interpellationen.
Bern 29. Januar 2009
Interpellation Rolf Zbinden (PdA), Luzius Theiler, Regula Fischer, Lea
Bill, Anne Wegmüller
Die Dringlichkeit wird vorn Stadtrat abgelehnt.
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WEGWEISUNG LU/BS
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NLZ 9.2.09
Stimmvolk will mehr Sicherheit
Ein klarer Auftrag vom Volk an die Regierung: Luzern soll sicherer und
sauberer werden. Jetzt brauchts noch das nötige Personal.
Von Andreas Töns
78 Prozent der Stimmenden im Kanton Luzern haben gestern Ja gesagt zu
mehr Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum konkret: Ja
zu
schärferen Massnahmen gegen Personen, die sich um Sicherheit und
Ordnung futieren.
Die Stimmbeteiligung bei der Änderung der Gesetze über
Littering,
wildes Plakatieren und Wegweisungen betrug 49 Prozent. 92 689 Personen
hiessen die Änderungen gut, nur 26 287 Personen waren dagegen.
Bemerkenswert: Auch in der Stadt Luzern lag der Anteil der Ja-Stimmen
bei über 76 Prozent. Dass die Stadt tendenziell weiter links
stimmt als
die Landschaft, hat sich bei dieser Vorlage also nicht bewahrheitet.
Anliegen bestätigt
Die Luzerner Justiz- und Polizeidirektorin Yvonne Schärli erkannte
gestern im Resultat eine gewisse Folgerichtigkeit: "Die
Bevölkerung hat
mit dieser Abstimmung die Anliegen bestätigt, die sie in den
letzten
Jahren immer wieder an die politisch Verantwortlichen herangetragen
hat." Das Volk wünsche repressive Massnahmen, wenn Sicherheit und
Ordnung gefährdet seien. "Die Bevölkerung", so Schärli
weiter, "hat mit
ihrem Ja auch den Polizeikräften das Vertrauen ausgesprochen";
offenbar
teile die Mehrheit die Angst der Vorlagengegner vor Polizeiwillkür
nicht.
Die städtische Polizeidirektorin Ursula Stämmer sagte
gestern: "Die
Bevölkerung will, dass vor allem am Bahnhofplatz in Luzern etwas
geht.
Wir nehmen dieses Anliegen ernst."
Die neuen Massnahmen treten zwar per sofort in Kraft, die Polizei werde
den Vollzug aber noch aussetzen, so gestern Yvonne Schärli. In
einer
"Sensibilisierungsphase" würden Fehlbare bis im Frühling mit
Infos und
Hinweisen auf die neuen Gesetzesbestimmungen hingewiesen.
Die kantonale Justizdirektorin ging an einer kurzen Medienorientierung
gestern auch darauf ein, dass der Vollzug neuer gesetzlicher Massnahmen
zusätzliches Personal erfordert. "Mehr präventive
Präsenz" sei ein
erklärtes Ziel, über das man im Rahmen der Aufstockung von
Kantonspolizei und Stadtpolizei rede. Die beiden Polizeikorps werden
auf Anfang 2010 zusammengelegt.
Erfreut war gestern SVP-Kantonsrat Rolf Hermetschweiler, der per Motion
den Wegweisungsartikel in Auftrag gegeben hatte. "Wir haben ein
Problem, und jetzt sind 50 Prozent des Problems gelöst. Die
anderen 50
Prozent sind eine Frage der Umsetzung."
"Menschen und Abfall"
Weniger Freude am Abstimmungsresultat hatte das Bündnis "Luzern
für
alle": "Menschen und Abfall wurden so auf die gleiche Stufe gestellt",
formulierte Bündnis-Sprecher Oliver Renggli, "wobei der Luzerner
Stimmbevölkerung die Abfallthematik wichtiger war." Es sei nicht
gelungen, die vom Wegweisungsartikel Betroffenen zu mobilisieren:
"Gerade Jugendliche und Randgruppen nehmen unterdurchschnittlich stark
an Abstimmungen teil, offenbar auch dann, wenn direkt gegen sie
gerichtete Gesetze behandelt werden."
Neben Luzern stimmte gestern auch Basel-Stadt über eine
Änderung des
Polizeigesetzes ab, die Wegweisungen ermöglicht. Das Ergebnis war
dasselbe: Eine gute Dreiviertelmehrheit sagte Ja.
--
Kommentar
Ein Gesetz für die Praxis
Es war eine interessante Auswahl, die sich den Luzerner
Stimmberechtigten gestern bot: ein abstraktes Rechtsgut, die allgemeine
Unschuldsvermutung, stand gegen ein konkretes
Sicherheitsbedürfnis:
gegen den Wunsch, auch spätabends in der Stadt angstfrei unterwegs
sein
zu können.
Anders gesagt: Ein ungefährdetes Gut stand gegen ein
gefährdetes. Dass
die Unschuldsvermutung im Rechtsstaat Luzern ausgehöhlt
würde dafür
gibt es keine Anzeichen. Hingegen machen Gewaltdelikte im Luzerner
Stadtzentrum in den letzten Jahren immer wieder Schlagzeilen. Passanten
werden bedroht und angepöbelt das sind objektive
Gefährdungen , und
sie haben Angst vor Bedrohung und Pöbeleien. Das sind subjektive
Gefährdungen. Die Luzerner wollten ein Gesetz, das den Menschen
nützt,
nicht eines, das kaum fassbare Rechtsgrundsätze schützt.
Andreas Töns
andreas.toens@neue-lz.ch
---
Basler Zeitung 9.2.09
Zwei klare Entscheide gegen Basels Jugend
Basel. Stimmbevölkerung sagt Ja zur Wegweisung und lehnt das
Stimm-Wahlrechtsalter 16 ab
Philipp Loser, Patrick Marcolli
Viel deutlicher geht es nicht: 78,9 Prozent der Stimmbevölkerung
sind
für ein neues Wegweisungsgesetz, 72 Prozent lehnen die Senkung des
Stimmrechtsalters ab.
"Ist ja heftig." Eben noch hatten sie nervös gewitzelt,
Galgenhumor
entwickelt. Als aber der Projektor die Resultate der Abstimmungen an
die Leinwand im Vorzimmer des Grossen Rats strahlte, blieb den jungen
Grünen und den Jusos, die gegen die Wegweisung das Referendum
ergriffen
hatten, erst einmal die Luft weg. "Ist ja heftig."
Das ist es in der Tat. Die beiden kantonalen Abstimmungen vom Sonntag
wurden in einer seltenen Deutlichkeit entschieden. Bei einer
Stimmbeteiligung von 55,6 Prozent sagten 45 927 der Stimmenden (78,9
Prozent) Ja zur Revision des Polizeigesetzes und damit zu einem neuen
Wegweisungsartikel, dagegen waren 12 277 (21,1). Künftig
können Störer
für maximal 72 Stunden von einem öffentlichen Platz
weggewiesen werden,
bei schlimmen Fällen ist die Dauer auf einen Monat
verlängerbar.
"Das Resultat ist ein Vertrauensbeweis für die Polizei, mit einem
Wegweisungsartikel umgehen zu können", sagte ein zufriedener
Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass (FDP), "Gewalt im öffentlichen
Raum
wird nicht toleriert." Im Nachhinein sei er glücklich, dass das
Referendum und damit die Abstimmung zustande gekommen sei: "Jetzt
kennen wir die Meinung des Volkes."
Klare Worte
Eine treibende Kraft hinter dem Referendum war Grossrätin Heidi
Mück
vom Grünen Bündnis. Sie war über die Meinung des Volks
nicht gleich
erbaut wie der Sicherheitsdirektor. Und trotzdem. Das Referendum zu
ergreifen, sei richtig gewesen: "Während des Abstimmungskampfs
haben
sich viele Befürworter explizit von Citypflege distanziert." Also
von
der Möglichkeit, mit dem Gesetz Junkies, Bettler oder Alkoholiker
aus
der öffentlichen Wahrnehmung zu verscheuchen.
Einer dieser Befürworter war FDP-Präsident Daniel Stolz, der
mit einer
Motion nach der Herbstmesse 2007, an der Jugendliche ohne rechtliche
Grundlage weggewiesen wurden, die Debatte über den
Wegweisungsartikel
mitlancierte. "Wir haben immer gesagt: bis hierhin und nicht weiter."
Auch Sicherheitsdirektor Gass distanzierte sich gestern noch einmal
deutlich von einer Verschärfung des Gesetzes. "Das werden wir
genau
beobachten", drohte Urs Müller vom Grünen Bündnis
vorsorglich an. "In
anderen Städten wurde das Gesetz auch Schritt für Schritt
ausgeweitet."
Negatives Bild
Ebenso niederschmetternd für die Jungen im Vorzimmer fiel das
Resultat
zum Stimm- und Wahlrechtsalter 16 aus: 16 855 Befürwortern (28
Prozent)
standen 43 366 Gegner (72 Prozent) gegenüber. Mirjam Ballmer
(Grünes
Bündnis), Sebastian Kölliker (Junger Rat) und Loretta
Müller (Grünes
Bündnis) sagten einhellig, dieses Resultat zeige, wie negativ das
Bild
der Jugendlichen bei den älteren Generationen sei. "Es ist ein
Rückschlag für die politisch engagierte Jugend", sagte
Grossrätin
Müller.
Der liberale Grossrat Conradin Cramer betonte dagegen, das Resultat sei
nicht als Misstrauensvotum gegen die Jugend zu verstehen, sondern
dafür, dass man das Erwachsenenalter in allen Bereichen bei 18
Jahren
halten wolle. Nationalrat Peter Malama (FDP) plädierte dafür,
dass sich
die Jugendlichen "jetzt erst recht" einsetzen sollten, sich in der
Politik Gehör zu verschaffen.
---
NZZ 9.2.09
Mehrheiten für ein polizeiliches Mittel gegen Störenfriede
Deutliche Zustimmung zu Wegweisungsartikeln in Luzern und Basel-Stadt
Wie in Bern und St. Gallen kann die Polizei nun auch in
Basel-Stadt und Luzern aggressive Personen von Plätzen wegweisen.
mjm. Überaus deutlich, fast im Verhältnis vier zu eins,
mit 93 159 Ja-
gegen 26 403 Nein-Stimmen, ist der Artikel für die Wegweisung in
Luzern
angenommen worden. Die Polizei kann nun auch hier Leute von bestimmten
Plätzen wegweisen, die andere erheblich belästigen,
gefährden oder ganz
allgemein die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören. In
Luzern kann
dies für bis zu 24 Stunden der Fall sein, in besonders schweren
Fällen
soll die Wegweisung maximal einen Monat gelten. Beschleunigt hat die
Einführung des Wegweisungsartikels die Situation vor dem Bahnhof
und
dem Kultur- und Kongresszentrum in Luzern. In lauen Sommernächten
mutiert der Bahnhofplatz zum Treffpunkt junger Trinker und
Störefriede.
Insbesondere Meldungen von Schlägereien und Gewalttaten rund um
den
Bahnhof beunruhigten die Bevölkerung. "Es muss etwas getan
werden",
lautete der Grundtenor vor der Abstimmung. Chancenlos blieb die Linke,
die von einer Scheinlösung sprach und vor einem Eingriff ins
Grundrecht
der Bewegungsfreiheit warnte. Linke Gruppierungen hatten gegen die
Vorlage das Referendum ergriffen. Die SP hatte dieses zunächst
unterstützt und dann unter dem Eindruck der Sicherheitsdiskussion
in
der nationalen SP für die Vorlage die Ja-Parole ausgegeben.
Gegen Littering
Im Weiteren haben die Luzerner Stimmberechtigten einer Bestimmung
gegen das Liegenlassen von Abfällen, das sogenannte Littering,
zugestimmt. Littering und unbefugtes Plakatieren können mit Bussen
von
40 bis 300 Franken bestraft werden. Für unbefugtes Plakatieren
können
auch die Auftraggeber belangt werden.
Ein klares Ja in Basel
ai. Auch die Basler haben einer Gesetzesänderung
zugestimmt, die es
der Polizei künftig erlaubt, gewalttätige Personen von
öffentlichen
Plätzen wegzuweisen. Mit 45 927 befürwortenden Stimmen (78,9
Prozent)
gegen 12 277 Nein fiel das Verdikt sehr deutlich aus, was zeigt, dass
die öffentliche Sicherheit den Stadtbewohnern ein grosses Anliegen
ist.
Der Beschluss, das Polizeigesetz durch einen Wegweisungsartikel zu
ergänzen, war vom Grossen Rat im Oktober gefasst worden,
allerdings
gegen den Widerstand der Linken. Aktiv bekämpft wurde die
Gesetzesänderung aber einzig von der Linksaussen-Gruppe Basta, die
das
Referendum ergriff, mit ihrem Vorstoss im linken Lager jedoch keine
Unterstützung fand; sowohl Sozialdemokraten wie Grüne
entschlossen sich
vor dem Urnengang zur Stimmfreigabe. Im bürgerlichen Lager war die
Gesetzesänderung, die Polizeidirektor Hanspeter Gass (fdp.)
ausgearbeitet hatte, unbestritten.
Die neue Regelung sieht unter anderem vor, dass "gewaltbereite"
Personen für bis zu 72 Stunden von einem öffentlichen Ort
ferngehalten
werden können, wenn sie Dritte gefährden oder ihnen eine
Gefährdung
androhen. In schwerwiegenden Fällen, etwa wenn Waffen im Spiel
sind,
kann die Polizei einem Missetäter auch ein Rayonverbot von bis zu
einem
Monat auferlegen. Die Wegweisungs-Frage war an der Herbstmesse 2007
akut geworden, nachdem ein Jugendanwalt einer Gruppe junger
Schläger
verboten hatte, sich auf dem Kasernenareal aufzuhalten; für eine
solche
Massnahme fehlte, wie sich herausstellte, die rechtliche Basis. Jetzt
ist diese Lücke geschlossen.
---
Basellandschaftliche Zeitung 9.2.09
Bevölkerung duldet keine Gewalt mehr
Wegweisungsartikel 8 von 10 Stimmberechtigten haben sich für
Änderung des Polizeigesetzes ausgesprochen
Die Basler Polizei darf künftig mutmassliche Schläger
für maximal 72
Stunden von öffentlichen Plätzen verweisen. Das Stimmvolk hat
deutlich
Ja zum Rayonverbot gesagt.
Loris Vernarelli
Mit einem derart deutlichen Resultat hätten nicht einmal die
grössten
Optimisten im bürgerlichen Lager gerechnet. 45 927
Stimmberechtigte
(78,9%) sprachen sich für den befristeten Platzverweis aus, 12 277
(21,1%) dagegen. Damit wird das Polizeigesetz um den neuen Paragraphen
42a erweitert.
Insbesondere einer strahlte gestern im improvisierten Wahlforum im
Basler Rathaus über das ganze Gesicht: Sicherheitsdirektor
Hanspeter
Gass. "Noch am Samstagabend hatte ich spasseshalber auf 75 Prozent
Ja-Stimmen getippt, und erntete damit viele Lacher aus meinem
Freundeskreis. Jetzt ist der Anteil sogar noch grösser. Ich bin
von
diesem sensationellen Resultat überwältigt."
Für den freisinnigen Regierungsrat könne man aus dem
Abstimmungsergebnis zwei Schlüsse ziehen: Erstens sei das
Vertrauen der
Bevölkerung in die Arbeit der Polizei weiterhin gross; zweitens
werde
Gewalt im öffentlichen Raum nicht geduldet. Sicherheit sei den
Leuten
wichtig. Schlussendlich sei er froh, dass das Referendum ergriffen
worden sei, sagte Gass. Somit habe eine offene Debatte stattgefunden,
bei der sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von der
Notwendigkeit
des befristeten Platzverweises überzeugen konnten.
Kein typisches links-rechts Thema
"Ein grosser Erfolg für Regierungsrat Gass" beurteilt
FDP-Parteipräsident Daniel Stolz das Abstimmungsresultat. Ein
Resultat,
das ihn auch in dieser Deutlichkeit nicht überrascht. Gewalt sei
eben
ein allgegenwärtiges Thema, meint Stolz, das wolle die Linke nicht
wahrhaben. Die Änderung des Polizeigesetzes sei zwingend gewesen.
Schon
vor der gestrigen Abstimmung war man eigentlich davon ausgegangen, dass
das Rayonverbot an der Urne gutgeheissen werden würde. Dies nicht
zuletzt, weil SP und Grüne Stimmfreigabe beschlossen hatten.
Vielleicht
auch deshalb hielt sich die Enttäuschung bei den Unterlegenen in
Grenzen. "Vorlagen über strafrechtliche Themen, bei denen es um
Täter
und Opfer geht, haben es immer schwer. Niemand will ja für den
Täter
sein", versucht SP-Grossrätin Tanja Soland das aus ihrer Sicht
negative
Resultat zu erklären. Der Reflex der Bevölkerung, sich auf
die Seite
der Polizei zu schlagen, sei eben gross.
Die Tatsache, dass bei knapp 79 Prozent Ja-Stimmen nicht nur
bürgerliche, sondern auch viele Wähler aus dem
rot-grünen Lager den
Wegweisungsartikel unterstützt haben müssen, wertet Soland
nicht als
"Verrat". Das Rayonverbot sei kein typisches links-rechts Thema
gewesen, denn auch SP und Grüne setzten sich für den
Opferschutz ein.
"Angesichts des ernüchternden Ergebnisses bin ich umso mehr froh,
dass
wir die erste Version des Artikels im Parlament entschärfen
konnten."
Hart mit den linken Stimmbürgern geht Basta-Grossrat Urs
Müller ins
Gericht. Es sei offensichtlich, dass bei diesen die Grundrechte nicht
mehr im Mittelpunkt stünden. Zudem habe man sich von der
Angstmacherei
der Rechten beeinflussen lassen.
Änderung des PolizeiGesetzes des Kantons Basel-Stadt
(befristeter Platzverweis): Ja: 45 927 (78,9%) / Nein: 12 277 (21,1%)
Stimmbeteiligung: 55,6%
Stimm- und aktives Wahlrecht ab 16 Jahren in kantonalen
Angelegenheiten:
Ja: 16 855 (28%) / Nein: 43 366 (72%)
Stimmbeteiligung: 56,5%
Stimmbeteiligung gesamt: 56%
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20min.ch 8.2.09
Luzern: Ja zu umstrittenem Wegweisungsartikel
Im Kanton Luzern ist der umstrittene Wegweisungsartikel gutgeheissen
worden. Neu kann zudem Littering mit einer Ordnungsbusse geahndet
werden, und für unbefugtes Plakatieren können auch die
Veranstalter
belangt werden.
Die Änderung des Übertretungsstrafgesetzes und
Kantonspolizeigesetzes
wurde bei einer Stimmbeteiligung von 49,3 Prozent mit 93.159 Ja gegen
26.403 Nein genehmigt. Pöbelnde oder die öffentliche Ordnung
gefährdende Menschen können damit von der Polizei von einem
Ort
weggewiesen werden. Eine Wegweisung kann formlos für
höchstens 24
Stunden ausgesprochen werden, mit einer schriftlichen
Wegweisungsverfügung kann sie aber im Wiederholungsfall auf
maximal
einen Monat ausgedehnt werden.
Das Liegenlassen von Abfällen, das so genannte Littering, wird
künftig
mit Bussen von 40 bis maximal 300 Franken geahndet. Für unbefugtes
Plakatieren können neu auch die Auftraggeber und Veranstalter
belangt
werden und nicht bloss jene, die unbefugterweise Plakate
aufhängen. Ein
Komitee "Bündnis Luzern für Alle!" aus dem linken Lager hatte
die
Vorlage mit einem Referendum bekämpft. Es sprach im Zusammenhang
mit
dem Wegweisungsartikel von einer Scheinlösung, mit der
"Anstössiges"
einfach aus dem Sinn verdrängt werde sowie von Stimmungsmache auf
dem
Buckel von Randständigen.
Ebenfalls in einer Referendumsabstimmung wurde die Anpassung des
Gemeindegesetzes an die neue Kantonsverfassung mit 76.774 Ja gegen
36.485 Nein genehmigt. Die Verfassung hält den Grundsatz fest,
dass die
Stimmberechtigten der betroffenen Gemeinden über eine Fusion oder
Teilung ihrer Gemeinden selbst beschliessen sollen. Nach Auffassung der
Gegner, dem Verein gegen Grossluzern, sollten sich die
Stimmberechtigten im ganzen Kanton zu einer Gemeindefusion äussern
können. Die SVP-Fraktion hatte bereits bei der Behandlung im
Kantonsrat
vergeblich eine obligatorische Volksabstimmung für alle
Gemeindefusionen gefordert, die Zuschüsse vom Kanton erhalten.
Quelle: SDA/ATS
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ROCKER VS NEONAZIS
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20min.ch 8.2.09
Lauterach A.
Skinhead bei Streit in Biker-Club erstochen
von Urs-Peter Zwingli
Mit Baseballschläger und Messer gingen 15 Biker auf fünf
Skinheads los. Ein 20-jähriger Mann starb, drei wurden schwer
verletzt.
"Michi war ein friedlicher Mensch. Er hat nie Streit gesucht", sagen
drei Freunde des Opfers aus Lauterach bei Bregenz. Fassungslos stehen
sie vor dem Vereinslokal des Motorradclubs Outsider MC, wo die
Situation wenige Stunden zuvor eskalierte.
Fünf Skinheads aus der rechten Szene hatten um 3.20 Uhr das
Clubheim
der Biker betreten, um ein letztes Bier zu trinken. Dann kam es aus
noch ungeklärten Gründen zu einer wüsten Schlägerei
zwischen den fünf
Skins und 15 Bikern.
Ein 26-jähriger Biker wird laut der Vorarlberger
Sicherheitsdirektion
dringend verdächtigt, den 20-jährigen Skin mit einem Messer
tödlich
verletzt zu haben. Drei weitere Skinheads wurden durch Messerstiche und
Hiebe mit einem Baseballschläger schwer verletzt und mussten
notoperiert werden. "Die Auseinandersetzung dürfte durch starken
Alkoholkonsum bedingt sein", sagt Elmar Marent, Vorarlberger
Sicherheitsdirektor. Einen geplanten Angriff schliesst er aus. Um eine
allfällige Racheaktion der Skins zu verhindern, werde man diese in
Zukunft "sehr genau beobachten", so Marent. Die Tatwaffe wurde noch
gestern Nachmittag von der Polizei in der Umgebung des Clublokals
gefunden.
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KATH. ANTISEMITISMUS
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Spiegel 9.2.09
"Nach Auschwitz werde ich nicht fahren"
Bischof Richard Williamson über Benedikt XVI., die
Piusbruderschaft und sein Leugnen des Holocaust
14 Fragen an den Bischof der Piusbruderschaft Richard Williamson
Williamson wollte sich nicht auf ein direktes Interview einlassen,
sondern bestand darauf, dass ihm die Fragen per Fax nach Argentinien
geschickt wurden; seine Antworten kamen per E-Mail zurück. Sie
wurden
in einem Telefonat von Williamson und dem Anwalt der Piusbruderschaft
bestätigt.
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SPIEGEL: Der Vatikan fordert, dass Sie die Leugnung des Holocaust
widerrufen, und droht damit, Sie nicht mehr als Bischof einzusetzen.
Wie werden Sie reagieren?
Williamson: Ich habe in meinem ganzen Leben immer die Wahrheit gesucht.
Deshalb bin ich zum Katholizismus konvertiert und Priester geworden.
Ich kann auch jetzt nur etwas erklären, von dem ich überzeugt
bin. Weil
ich einsehe, dass es viele ehrliche und kluge Menschen gibt, die anders
denken, muss ich nun die historischen Beweise nochmals einsehen. Ich
habe das ja in dem Interview mit dem schwedischen Fernsehen gesagt: Es
geht um historische Beweise, nicht um Emotionen. Und wenn ich diese
Beweise finde, dann werde ich mich korrigieren. Aber das wird Zeit
brauchen.
SPIEGEL: Wie kann ein gebildeter Katholik den Holocaust leugnen?
Williamson: Ich hatte mich mit dem Thema in den achtziger Jahren
beschäftigt. Damals hatte ich verschiedene Schriften gelesen. Im
Interview habe ich den Leuchter-Report zitiert, er schien mir
plausibel. Nun sagt man mir, dieser sei wissenschaftlich widerlegt.
Damit werde ich mich jetzt auseinandersetzen.
SPIEGEL: Sie könnten doch persönlich nach Auschwitz fahren.
Williamson: Nein, nach Auschwitz werde ich nicht fahren. Ich habe mir
das Buch von Jean-Claude Pressac bestellt, auf Englisch heißt das
"Auschwitz. Technique and operation of the gas chambers". Es ist nun zu
mir als Ausdruck unterwegs, ich werde es lesen und studieren.
SPIEGEL: Die Bruderschaft hat Ihnen ein Ultimatum bis Ende Februar
gestellt. Nehmen Sie auch einen Bruch in Kauf?
Williamson: Im Alten Testament sagt der Prophet Jona zu den Seeleuten,
als das Schiff seinetwegen in schwerer Seenot ist: "Nehmt mich und
werft mich ins Meer, damit das Meer sich beruhigt und euch verschont.
Denn ich weiß, dass dieser gewaltige Sturm durch meine Schuld
über euch
gekommen ist." Die Bruderschaft hat eine religiöse Mission, die
meinetwegen Schaden nimmt. Ich prüfe jetzt die historischen
Beweise.
Wenn diese mich nicht überzeugen, dann tue ich alles, was in
meiner
Kraft liegt, um unter keinen Umständen die Kirche und die
Priesterbruderschaft weiter zu beschädigen.
SPIEGEL: Was bedeutet für Sie die Aufhebung der Exkommunikation
durch Papst Benedikt XVI.?
Williamson: Wir wollen immer nur katholisch sein, nichts anderes. Wir
haben ja keine eigenen Lehren entwickelt, sondern bewahren nur das, was
die Kirche immer gelehrt und praktiziert hat. Und als in den sechziger
und siebziger Jahren alles im Namen dieses Konzils verändert
wurde, da
war das plötzlich ein Skandal. So sind wir an den Rand der Kirche
gedrängt worden, und nun, wenn das Scheitern dieser
Veränderungen an
den leeren Kirchen und dem überalterten Klerus deutlich wird,
rücken
wir wieder in die Mitte. Das ist so bei uns Konservativen: Wir behalten
recht, wir müssen nur lange genug warten.
SPIEGEL: Im Vatikan wurde behauptet, man kenne Sie nicht. Ist dem so?
Williamson: Die meisten Kontakte laufen über Bischof Fellay und
den
Generalrat, dem ich nicht angehöre. Aber drei von uns vier
Bischöfen
waren 2000 bei Kardinal Castrillón Hoyos zu einem privaten
Essen. Es
war eher ein Kennenlernen, sicher sprachen wir auch über
theologische
Fragen und philosophierten ein wenig. Der Kardinal war sehr freundlich.
SPIEGEL: Zu den großen Errungenschaften der katholischen Kirche
zählt
das Zweite Vatikanische Konzil. Warum erkennen Sie es nicht in vollem
Umfang an?
Williamson: Es ist absolut unklar, was wir da anerkennen sollen. Ein
wichtiges Dokument heißt "Gaudium et spes", Freude und Hoffnung.
Darin
wird von der völkerverbindenden Wirkung des Massentourismus
geschwärmt.
Man wird von einer konservativen Gemeinschaft aber kaum verlangen
können, den Ballermann gut zu finden. Dann geht es um die
Ängste und
Nöte. Hier wird ein Atomkrieg zwischen den Supermächten
genannt. Sehen
Sie, davon ist vieles schon überholt. Diese Konzilstexte sind
immer
wieder zweideutig. Weil keiner wusste, was das eigentlich bedeuten
soll, begann kurz nach dem Konzil jeder zu tun, was er wollte. Das
führt zu diesem theologischen Chaos, das wir heute haben. Was
sollen
wir nun anerkennen, die Zweideutigkeit oder das Chaos?
SPIEGEL: Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie die Kirche mit Ihren
extremen Ansichten spalten?
Williamson: Nur die Verletzung der Dogmen, also der unfehlbaren
Lehrsätze, zerstört den Glauben. Das Zweite Vatikanische
Konzil hat
selbst erklärt, keine neuen Dogmen zu verkünden. Heute tun
die
liberalen Bischöfe so, als sei es eine Art allumfassendes
Superdogma,
und begründen damit eine Diktatur des Relativismus. Das
widerspricht
den Texten des Konzils.
SPIEGEL: Ihre Position zum Judentum ist durchgehend antisemitisch.
Williamson: Der heilige Paulus formuliert das so: Die Juden sind
geliebt um der Väter willen, aber unsere Gegner um des Evangeliums
willen.
SPIEGEL: Wollen Sie sich bei Ihrem Antisemitismus allen Ernstes auf
katholische Tradition und die Bibel berufen?
Williamson: Unter Antisemitismus wird mittlerweile sehr viel
verstanden. Etwa, wenn man das israelische Vorgehen im Gaza-Streifen
kritisiert. Die Kirche verstand unter Antisemitismus immer, Juden
deshalb abzulehnen, weil sie jüdische Wurzeln haben. ist kirchlich
verurteilt. Das versteht sich übrigens in einer Religion, deren
Gründer
und alle wichtigen Personen ihrer Frühgeschichte Juden waren, von
selbst. Was aber wegen dieser vielen Judenchristen im
Frühchristentum
auch klar ist: dass alle Menschen zu ihrer Erlösung Christus
bedürfen,
alle Menschen, auch die Juden.
SPIEGEL: Der Papst reist demnächst nach Israel und besucht die
Holocaust-Gedenkstätte. Lehnen Sie das auch ab?
Williamson: In das Heilige Land zu pilgern ist eine große Freude
für
Christen. Ich wünsche dem Heiligen Vater das Beste dabei. An Jad
Waschem stört mich, dass dort Papst Pius XII. angegriffen wird,
obwohl
niemand während der Nazi-Zeit mehr Juden gerettet hat als er. Er
ließ
etwa Taufbescheinigungen für verfolgte Juden ausstellen, um sie
vor der
Verhaftung zu bewahren. Diese Fakten werden ins Gegenteil verdreht.
Ansonsten wünsche ich mir, dass der Papst auch Blick und Herz
für die
Frauen und Kinder hat, die im Gaza-Streifen verletzt wurden, und dass
er sich für die christliche Bevölkerung in Betlehem
verwendet, die
mittlerweile eingemauert ist.
SPIEGEL: Ihre Äußerungen haben große Verletzungen und
Empörungen in der
jüdischen Welt verursacht. Warum entschuldigen Sie sich nicht?
Williamson: Sollte ich erkennen, dass ich mich geirrt habe, werde ich
das tun. Ich bitte jeden Menschen darum, mir zu glauben, dass ich nicht
absichtlich etwas Unwahres gesagt habe. Ich war aufgrund meiner
Recherchen in den achtziger Jahren von der Richtigkeit meiner
Äußerungen überzeugt. Ich muss nun alles nochmals
prüfen und mir die
Beweise ansehen.
SPIEGEL: Erkennen Sie zumindest die universellen Menschenrechte an?
Williamson: Als in Frankreich die Menschenrechte proklamiert wurden,
sind in ganz Frankreich Hunderttausende umgebracht worden. Wo die
Menschenrechte als eine objektive Ordnung verstanden werden, die der
Staat durchsetzen soll, da kommt es immer zu einer antichristlichen
Politik. Wenn es darum geht, dem Einzelnen die Freiheit seines
Gewissens gegen den demokratischen Staat zu erhalten, da erfüllen
die
Menschenrechte eine wichtige Funktion. Der Einzelne bedarf dieser
Rechte gegen einen Staat, der sich als Leviathan geriert. Das
christliche Verständnis vom Staat ist aber ein anderes, so dass
die
christlichen Menschenrechtstheorien mehr betonen, dass die Freiheit
nicht Selbstzweck ist. Es geht nicht um Freiheit von etwas, sondern um
Freiheit für etwas. Für das Gute.
SPIEGEL: Ihre Äußerungen und die Rücknahme Ihrer
Exkommunikation haben
weltweit Proteste hervorgerufen. Können Sie das nachvollziehen?
Williamson: Ein einziges Interview im schwedischen Fernsehen ist nun
seit Wochen ein Hauptthema in Deutschland. Ja, das wundert mich schon.
Ist das bei allen Gesetzesverletzungen in Deutschland so? Wohl kaum.
Nein, ich bin hier nur das Werkzeug, damit gegen die
Priesterbruderschaft und den Papst agiert werden kann. Offenbar hat der
deutsche Linkskatholizismus es Ratzinger noch nicht verziehen, dass er
Papst geworden ist.
Peter Wensierski, Steffen Winter
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Endloser Schlussstrich
Die Kritik am Papst wächst, die Bischöfe emanzipieren
sich
Ganz gegen seinen Willen hat Benedikt XVI. die Kirche verändert -
und
ihr zu mehr Liberalität verholfen. Denn die von ihm betriebene
Öffnung
zu den Ultrakonservativen hat das Papstamt geschwächt, den Apparat
bloßgestellt und die liberalen Katholiken in Deutschland
rebellisch
gemacht.
Es war spät am Abend, als Bruder Niklaus am vergangenen Mittwoch
in
Paris mit der Nachtmaschine nach Buenes Aires startete. Vor ihm lag
eine Mission, um die ihn niemand auf Schloss Schwandegg beneidete. In
dem Schweizer Château residiert die umstrittene
Priesterbruderschaft
St. Pius X., deren erster Assistent im Generalrat Niklaus Pfluger ist.
Zwölfeinhalb Stunden dauert der Flug in die argentinische
Hauptstadt,
und so hatte Pfluger genügend Zeit, über das nachzudenken,
was ihm der
Generalobere Bernard Fellay mit auf den Weg gegeben hatte. Er sollte
versuchen, den Holocaust-Leugner Richard Williamson zum Widerruf seiner
skandalösen Thesen zu bewegen - oder ihn aller Ämter entheben.
Am Flughafen Pistarini stand schon die Limousine bereit, die Pfluger 50
Kilometer westlich nach La Reja brachte. Dort ist das Seminario Nuestra
Señora Corredentora, die Wirkungsstätte des
berüchtigten Bischofs. In
dem prächtigen Gemäuer im Kolonialstil sollte Williamson
abschwören.
Doch der Geistliche, der intern gern als exzentrischer Engländer
verharmlost wird, der Beethoven liebe und ausgesprochen kultiviert und
gebildet sei, hatte andere Pläne. Wenn man ihn zu sehr unter Druck
setze, werde er in einem Brief an Papst Benedikt XVI. seinen Austritt
aus der Bruderschaft erklären. Zeitweise glaubte man in der
Schweiz,
der Brief sei schon abgeschickt. Nervöse Telefonate mitten in der
Nacht
sollten die Lage klären.
Während man auf Schloss Schwandegg auf den Widerruf wartete,
spielte
Williamson Tausende Kilometer weiter auf Zeit. Er brauche eine Weile,
um sich eine Meinung zum Holocaust zu bilden. Dann ging er, um die
Messe zu lesen.
Am Donnerstagabend, 22.30 Uhr Ortszeit, schaltete sich Williamsons
Anwalt ein. Er redete am Telefon auf seinen Mandanten ein, doch der
blieb stur. Schließlich einigte man sich auf eine Frist. Bis Ende
Februar will der Bischof nun ein Buch lesen, das Pfluger ihm empfohlen
hat: Jean-Claude Pressacs "Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik
des Massenmordes". Der Franzose war einst selbst Geschichtsrevisionist
und hat sich durch die Beschäftigung mit den Gaskammern von
Auschwitz
vom Gegenteil überzeugen lassen.
Doch das Buch ist vergriffen. Williamson hat sich verpflichtet, das
Werk zu lesen, aber bis zum vergangenen Freitag war das Buch in Buenos
Aires nicht aufzutreiben.
Das Schicksal der katholischen Kirche in den Händen eines
Buchhändlers.
Die Pfluger-Mission im fernen Lateinamerika war der fast schon makabre
Höhepunkt einer Woche, wie sie der Papst, der Vatikan und die 1,1
Milliarden Katholiken weltweit noch nicht erlebt hatten.
Es war eine Woche der Premieren. Am Dienstag forderte die deutsche
Kanzlerin den Papst zu "Klarstellungen" auf (siehe Seite 24). Noch nie
ist ein Oberhaupt der katholischen Kirche von einem deutschen
Bundeskanzler so direkt kritisiert worden.
Am vergangenen Mittwoch forderte der Vatikan nach Tagen des
quälenden
Abwartens Bischof Williamson endlich auf, "unmissverständlich und
öffentlich" seinen Auschwitz-Lügen abzuschwören.
Ansonsten werde er in
der katholischen Kirche kein Bischofsamt aufnehmen können.
Und ebenso unerhört war es in der Geschichte der römischen
Kirche, dass
ein Papst auf der Seite eins des "Osservatore Romano" erklären
ließ,
wie am Donnerstag voriger Woche, ihm seien die Auffassungen Williamsons
"zum Zeitpunkt der Aufhebung der Exkommunizierung nicht bekannt"
gewesen.
Einem Ministerialbeamten hätte man das durchgehen lassen
können. Aber
kaum dem Oberhaupt einer Weltkirche, wenn er nach 20 Jahren Schisma
einen Gnadenakt verfügt. Das ist eine elementare Entscheidung, die
gewöhnlich nur nach peinlicher Prüfung aller Dokumente
erfolgt. Selbst
die konservative "Frankfurter Allgemeine" sprach von einem "ungeheuren
Vorgang", sich den notorisch reaktionären Piusbrüdern blind
anzubiedern.
Nur Benedikt selbst schien von dem Orkan, den er ausgelöst hatte,
gar
nichts mitzubekommen. Am Mittwoch, bei der Generalaudienz, zeigte er
sich sichtbar gutgelaunt. Schließlich war es der Abschluss seiner
20-teiligen Katechese über den Apostel Paulus. Da war der Pontifex
ganz
bei sich selbst, lächelte über hermeneutische
Feinsinnigkeiten und
sprach mit sanfter Stimme über Eusebius von Caesarea und
Irenäus von
Lyon. Kein einziges Wort über den Kirchensturm jenseits der Alpen,
keinerlei noch so zarte Anspielung auf die erboste Kanzlerin.
Es war eine merkwürdige Aura der Entrücktheit, die den Papst
bei seinem
Auftritt umgab. Dabei steht er im vierten Jahr seines Pontifikats vor
den Trümmern seiner bisherigen Mission. Benedikt war angetreten,
um
seine Kirche, diesen ihm oft "leck" und "verschmutzt" erscheinenden
Kahn, zusammenzuhalten. Das tat er auf Theologenart, mit einem klaren
dogmatischen Kurs.
Die deutschen Bischöfe und Kardinäle standen hinter ihm,
manch einer
zähneknirschend. Aber sie folgten, als es um die
Schwangeren-Konfliktberatung ging, und sie verkündeten, wenn auch
erkennbar lustlos, die Wiederzulassung des alten Ritus. Jetzt muss der
Papst erleben, wie gerade in Deutschland die Harmonie endet und sich
lange nicht mehr gehörte Vielstimmigkeit verbreitet. In allen
deutschen
Bistümern gibt es offene Kritik am Heiligen Stuhl, verbunden mit
der
Forderung, es müsse sich nun wirklich und endlich
grundsätzlich etwas
ändern.
Der Berliner Erzbischof und Kardinal Georg Sterzinsky forderte den
Papst auf, sein Dekret zurückzunehmen: "Das muss in Ordnung
gebracht
werden." Sterzinsky widerspricht sogar der Vatikan-These, man habe
nichts gewusst: "Von Bischof Williamson war weltweit bekannt, dass er
den Holocaust leugnet."
Der Bischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, sprach von einer
"gewaltigen Panne". Auch Kardinal Karl Lehmann ging auf Distanz:
"Glücklich war das nicht." Er ist besonders verstimmt, da er wie
sein
Kölner Amtsbruder Joachim Meisner der römischen
Bischofskongregation
angehört. Deren Vorsteher, der italienische Kardinal Giovanni
Battista
Re, hatte das Aufhebungsdekret unterzeichnet, doch die beiden deutschen
Mitglieder waren weder befragt noch informiert worden.
Als wären Mündel endlich von ihrem Vormund befreit, machen
deutsche
Bischöfe ihrem seit Jahren angestauten Ärger über Rom
nun Luft und
erobern damit ein gu-tes Stück Freiraum und Unabhängigkeit
von ihrer
Weltkirchenzentrale. "Nun", sagt der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen
Jaschke, ein Schüler Ratzingers, "ist der Knoten geplatzt."
Jaschke ist zuständig für Kontakte mit dem Judentum. Seinen
ehemaligen
Lehrmeister fordert er auf, das Verhältnis der Kirche zur
erzkonservativen Piusbruderschaft grundsätzlich zu
überdenken: "Man
könnte doch den Prozess der Wiedereingliederung erst einmal
stoppen."
Doch ob Williamson, jener (nach dem Papst) derzeit berühmteste
Bischof
in urbe et in orbe nun Einsicht zeigt oder ob er aus seiner eigenen
Bruderschaft ausgeschlossen wird - die Kirche Benedikts ist schon jetzt
kaum wiederzuerkennen, zumindest in Deutschland: Sie ist in den Zustand
offener Aufmüpfigkeit eingetreten.
Ein hoher katholischer Funktionsträger im Erzbistum Berlin
hält die
jetzige Krise schon für "ein historisches Ereignis": "Das alte
System
der Kirche mit dem ungeheuren römischen Zentralismus ist binnen
weniger
Tage kollabiert." Ein System, "das nach außen hin hermetisch
abgeschirmt ist, dessen Entscheidungen ein Katholik nicht
nachvollziehen kann - das geht nicht mehr nach diesen Ereignissen".
Viele Kirchenfürsten sehen die Krise als Chance, als
womöglich
bleibende Machtverschiebung weg vom römischen Zentralismus. An der
Basis hingegen ist die Stimmung katastrophal. Der Freiburger Dompfarrer
Claudius Stoffel berichtet: "Immer mehr Menschen bekunden ihre Absicht,
aus der Kirche auszutreten." Beim Amtsgericht in Krefeld haben in
diesem Jahr bereits 72 Katholiken ihren Kirchenaustritt erklärt,
viele
mit der ausdrücklichen Begründung "wegen Bischof Williamson".
Währenddessen versuchten im Vatikan die alten Männer der
Kurie
verzweifelt wieder einzufangen, was nicht mehr einzufangen war. Ein
Schlussstrich nach dem anderen wurde gezogen. Am vergangenen Mittwoch
sah der Vatikan die Affäre als beendet an; wie auch schon eine
Woche
zuvor und am folgenden Samstag noch einmal, diesmal durch
Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone.
Im Vatikan herrschte in der vergangenen Woche unwirkliche Ruhe.
"Man redet nicht miteinander und hofft, dass es bald vorübergeht.
Ist
ja alles längst gesagt. Mit den Juden geht's auch wieder besser,
nur
die Katholiken mit ihren Bischöfen machen Krach", resü-miert
ein
Kurialer die Stimmung hinter den Mauern.
Der Vatikan sieht sich als Opfer einer antiklerikalen Verschwörung
der
Medien. Eine Dokumentation lief um, das "Dossier Richard Williamson".
Es ist eine Art modernes Hexenmärchen. Darin wird nahegelegt, dass
zwei
lesbische Aktivistinnen aus Frankreich die schwedischen TV-Reporter mit
brisantem Material über Williamson versorgt hätten. Der Papst
sollte
durch die Ausstrahlung des Holocaust-Interviews genau zu dem 21. Januar
diskreditiert werden, an dem das Dekret zur Aufhebung der
Exkommunikation unterzeichnet wurde. Auch zwielichtige, liberale
Kräfte
im Vatikan seien an dem Komplott beteiligt gewesen.
Tatsächlich hatte der SPIEGEL bereits am 19. Januar von den
Äußerungen
Williamsons berichtet. Der Kurie blieben also zwei Tage, das Dekret
einzufrieren und zuvor eine Klarstellung der Piusbruderschaft zu
verlangen.
Williamson wurde schon, so versichern Insider der Bruderschaft, einen
Tag nach der Veröffentlichung des SPIEGEL zum öffentlichen
Widerruf
aufgefordert - vom Generaloberen Bernard Fellay persönlich: "Er
soll
nun schnell die Fakten studieren und seine falschen Aussagen
korrigieren. Je schneller, desto besser."
Jene in der Kurie, die keinen Sinn für Verschwörungstheorien
haben, wie
Kardinal Walter Kasper oder Jesuitenpater Eberhard von Gemmingen, sehen
die Schuld an dem PR-GAU beim Missmanagement und dem offenkundigen
Versagen der apostolischen Spitzenleute und Berater.
Tatsächlich ist das aktuelle Tohuwabohu auch eine Folge
ängstlicher
Personalpolitik unter Papst Benedikt. Was Krisenmanagement angeht, ist
die römische Kurie nicht besser aufgestellt als mancher deutscher
Konzern.
Selbst Kardinal Meisner soll verzweifelt darüber sein, so
berichtet ein
Vertrauter aus seinem Umfeld, "dass der Apparat des Vatikans Benedikt
nicht vor diesem Schaden bewahren konnte". Ratzinger habe eben zu viele
Jasager installiert, treue, für ihn unproblematische Gefolgsleute.
In
Köln allerdings hat Meisner diese Politik des Papstes treu kopiert.
Benedikt setzt bei seiner Personalpolitik vor allem auf die Strukturen,
auf das im römischen System der katholischen Kirche Bewährte.
Er hat
kein Gespür für Talente, vertraut eher darauf, dass sich in
den
Jahrzehnten einer kirchlichen Karriere schon die rechten
Fähigkeiten
für das anvertraute Amt einstellen werden. So wie bei ihm.
Der Papst aus Marktl am Inn suchte die neuen Mitarbeiter im
Führungsstab des Vatikans in seiner Nähe. Zu seinem eigenen
Nachfolger
in der Glaubensbehörde bestimmte Benedikt den Erzbischof von San
Francisco, William Levada. Levada hatte sich in Kalifornien heftig
gegen Homo-Ehen und die weltliche "Kultur des Todes" eingesetzt, die
Abtreibungsregelungen.
Seit Benedikt XVI. im Amt ist, wurden weltweit etwa 500 neue
Bischöfe
ernannt, rund ein Zehntel der 5000. Auch hier förderte er, wo es
nur
ging, vor allem die Karrieren von verdienten, älteren Herren der
Kirche. Meist liegt das Alter der in die Leitungsfunktionen der Kirche
Beförderten zwischen 50 und 70 Jahren. Jenseits von Leistung und
Geschicklichkeit steigt man eher durch Unauffälligkeit,
Lautlosigkeit
und Romtreue auf der klerikalen Karriereleiter nach oben.
Die nationalen Bischofskonferenzen fühlen sich gegenüber dem
Papst
weitgehend entmündigt, wenn es um die Besetzungen geht. Wenn der
Papst
einen Favoriten durchsetzen will, dann kann er das. So ist es auch beim
jüngsten Konflikt in Österreich, im Bistum Linz (siehe Seite
22).
Anfang 2006 besetzte er vier Bischofsstühle in Argentinien. Doch
die
dortige Bischofskonferenz hatte selbst nur einen Kandidaten der vier
gewollt. Der Vorsitzende der argentinischen Bischofskonferenz, Kardinal
Jorge Bergoglio, reiste extra nach Rom, wartete lange auf eine Audienz
und kehrte dann dennoch unverrichteter Dinge wieder zurück.
Benedikts
konservative Favoriten hatten nicht einmal auf den sogenannten
Dreierlisten gestanden, die sein Nuntius nach Rom eingereicht hatte.
Üblicherweise werden zu jeder freien Bischofsstelle drei
mögliche
Kandidatennamen nach Rom gesandt.
In Polen allerdings missglückte im Januar 2007 die Besetzung des
Erzbischofsstuhls in Warschau, bevor Benedikts Favorit überhaupt
sein
Amt richtig antreten konnte. Der Kandidat soll einst ein Spitzel des
polnischen Geheimdienstes gewesen sein. Am Tag des feierlichen
Einführungsfestaktes musste Stanislaw Wielgus seinen
Rücktritt bekunden.
Auch in diesem Fall hatten der päpstliche Mitarbeiterstab und alle
in
der Vatikan-Hierarchie verantwortlichen Personen schlicht versagt. Auch
damals fragte sich der mitzuständige Präfekt der
Bischofskongregation
Kardinal Re, "wie das überhaupt passieren konnte". Das kirchliche
Headhunting war schiefgelaufen.
Die jüngste Krise hat allen in der Kurie Auftrieb gegeben, die
eine
Professionalisierung der Arbeit fordern. Der Papst, so regte
Jesuitenpater Eberhard von Gemmingen an, brauchte etwa dringend eine
Art Kabinett. Damit könnten allzu einsame Entscheidungen eines
latent
Unfehlbaren vermieden werden.
Doch Papst Benedikt hat die "veritas" immer über die "libertas"
gestellt, die Wahrheit über die Freiheit des Denkens. Die
längst nicht
abgeschlossene Affäre um die Piusbrüder hat diese Ordnung
durcheinandergebracht. Ein sturköpfiger Verein von "wahren
Katholiken"
hat, nolens volens, einen Prozess in Gang gesetzt, der zu mehr Freiraum
in der über 1000-jährigen Struktur der Kirche führen
kann.
Nun wartet die katholische Welt also, dass irgendwo in einem Vorort von
Buenos Aires ein 68-jähriger Bischof ein Buch über Gaskammern
zu Ende
gelesen hat. Und wenn er es nicht tut, dann wartet man eben etwas
länger, über eine Milliarde Katholiken und ein Papst.
Alexander Smolcyk, Peter Wensierski, Steffen Winter
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FRANKREICH
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linksunten.indymedia.org
9.2.09
Frankreich wird zum Polizeistaat
Verfasst von: Autonomes Medienkollektiv Freiburg
In Frankreich nimmt die Repression gegen Linke und MigrantInnen immer
weiter zu. Gegen die zunehmende Überwachung und die repressiven
"Anti-Terror-Gesetze" und für die Zerstörung der
Abschiebeknäste und
die Freilassung der Gefangenen gab es am 31. Januar 2009 einen
Aktionstag in Paris.
http://linksunten.indymedia.org/de/node/263
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GRIECHENLAND
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Freies Sender Kombinat (Hamburg) 31.1.09 (Upload 8.2.09)
Griechenland: "Es ist noch nicht vorbei..." (I)
Aus den hiesigen Medien so gut wie verschwunden, ist die Straße
in
Griechenland noch immer nicht zur Ruhe gekommen. Warum auch? Die
Gründe
sind in Griechenland immer noch allgegenwärtig. Doch was waren
diese
eigentlich? Unsere Sendung will Informationen zur Diskussion stellen,
ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu haben und hofft auf eine
tiefer greifende Auseinandersetzung mit Griechenland als "unsere
Pflicht ist es, die Chaoten zu isolieren".
I: http://www.freie-radios.net/mp3/20090208-griechenland-26221.mp3
(58.20 Min.)
II: http://www.freie-radios.net/mp3/20090208-griechenland-26219.mp3
(60:05 Min.)
III: http://www.freie-radios.net/mp3/20090208-griechenland-26218.mp3
(61.38 Min.)
(Qualität Aufnahmen leider mässig gut...)
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ANTI-ATOM
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Bund 9.2.09
Atomausstieg: Stadt bleibt unverbindlich
Stadt Bern Energie Wasser Bern (EWB) soll sich schrittweise aus der
Produktion und dem Verkauf von Atomstrom zurückziehen, fordert die
Fraktion GB/JA! in einer Motion, welche am 19. Februar im Stadtrat
behandelt wird. "Der Rückzug aus der Atomenergie soll
spätestens auf
den Ablauf der ordentlichen Lebensdauer des AKW Gösgen 2019
abgeschlossen sein", lautet der Kernsatz des Vorstosses.
Mit der Motion wird der Gemeinderat aufgefordert, die
Eigentümerinnen-Strategie für EWB so zu überarbeiten,
dass sie der
Gemeindeordnung entspricht. Energie Wasser Bern soll sich neu so
ausrichten, dass der heutige Atomstromanteil durch Programme zur
Erhöhung der Verbrauchseffizienz und durch die Erhöhung des
Produktionsanteils erneuerbarer Energien (zum Beispiel Windenergie)
ersetzt werden kann. Schliesslich soll zur Erreichung der strategischen
Ziele mit anderen schweizerischen Stadtwerken zusammengearbeitet werden.
"Der Gemeinderat begrüsst die Stossrichtung der Motion", heisst es
in
der Antwort der Regierung. Der geforderte Weg werde in den laufenden
Diskussionen zur Anpassung der Energiestrategie einfliessen. Dennoch
lehnt der Gemeinderat den Vorstoss in dieser Form ab. Die Forderung
würde die Möglichkeiten von EWB im liberalisierten Strommarkt
"einseitig beschneiden", schreibt die Regierung und beantragt darum,
die Motion in ein unverbindliches Postulat umzuwandeln.
GB und JA! aber sind entschlossen, in der Energiepolitik Dampf zu
machen. Erst vor einem Monat kam die Initiative "EnergieWendeBern" der
beiden Fraktionspartner zustande, die ebenfalls eine Stadt ohne
Atomstrom verlangt. In Bern liege der Anteil der nicht erneuerbaren
Energien derzeit bei 60 Prozent, erklärten sie. Die Städte
Zürich und
Basel seien ungleich weiter. Basel komme ohne Atomstrom aus und
Zürich
verkaufe bereits 57 Prozent atomfreien Strom. (pas)