MEDIENSPIEGEL 11.2.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo, DS)
- Blinde Insel GH: Weltuntergangsszenarien
- CVP/BDP-Reitschule-Putsch-Fantasien
- Drogenpolitik: Bürgis wollen keine 2. Drogenanlaufstelle
- Schützenmatte: FDP im Populismus-Fieber
- Wagenplätze: endlich legale Lösung
- BE: Rauchfrei ab 1.7.09
- Sexwork: Prostituierte aus Lorraine bald auf Strasse
- Sans-Papiers ZH: Hollenstein entäuscht
- Kofmehl SO: Bald Einschränkungen
- KuZeB AG: Populisten-Hetze
- Köniz prüft Big Brother Video
- Qualität Polizei-Personal: mangelhaft
- Antisemitismus: Strafanzeige gegen Williamson
- Rassismus: Türsteher frei
- Hohe Töne gegen Teenager
- Rocker vs Neonazis: Provos kamen von Neonazis
- Gipfel-Soli-Nes 10.2.09
- Anti-Atom: Schwedens Wende, franz. AKWs

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REITSCHULE
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- Feb 09: Beteiligt Euch an der Vorplatz-Präsenz!!!

PROGRAMM:

Mi 11.02.09
19.00 Uhr - SousLePont - Inner-Asien Spezialitäten
20.00 Uhr - Holzwerkstatt - Kleines Festival der anderen Art mit Alexa Montani (CH), Kim Myhr (N), Araxi Karnusian (CH), Ingar Zach(N), Heike Fidler (D), Dan Warborton (GB), Pascal Marzan (F), Jean Borde (F), Jim Denley (AUS), Steve Buchanan (US), Paed Conca (CH)
20.00 Uhr - Infoladen - "Vom Drehen der Krisenspirale", Vortrag

Do 12.02.09
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter: elektronische Leckerbissen zu lesbisch-schwulem Chillen mit DJ FRATZ & ELfERich.
20.30 Uhr - Kino - uncut: La Leon, Santiago Otheguy, Argentinien 2006

Fr 13.02.09
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel; Küche: Eventmakers mit Texten von Franz Hohler "Weltuntergang"
20.30 Uhr - Tojo - Genossenschaft jetzt!, KMUProduktionen. Regie: Tim Zulauf
21.00 Uhr - Kino - Kurdischer Filmzyklus: If I Go, Salem Salvati, Iran 2007, 30 Min. Insan-i Kamil - Der Weise im Tal, Buket Aydin, Türkei 2007, 60 Min
22.00 Uhr - SousLePont - Big Bang Boogie (BL) & The Twobadours (BE). Stil: Rock, unplugged & FolkRock
22.00 Uhr - Dachstock/ifluss - SAVE VOODOO RHYTHM! - The Monsters & Allschwil Posse in Concert & The Seniles (ZH), Big Bankg Boogie, Twobadours & Sonic Nightmares DJ Team

Sa 14.02.09
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel; Küche: Eventmakers mit Texten von Franz Hohler "Weltuntergang"
20.30 Uhr - Tojo - Genossenschaft jetzt!, KMUProduktionen. Regie: Tim Zulauf
21.00 Uhr - Kino - Kurdischer Filmzyklus: White Mountain, Taha Karimi, Iran 2006, 30 Min. Dol - Tal der Trommeln, Hiner Saleem, Autonome Region Kurdistan / Frankreich / Deutschland, 2006, 94 Min
23.00 Uhr - Dachstock - Ballroom Blitz: We are Terrorists (FRA), DJ‘s Kidkuts (GER) & Fernweh. Stil: Electro/Electroclash

So 15.02.09
20.00 Uhr - Frauenraum - Sex am Sonntag (mit Barbetrieb ab 19.00 Uhr): Der kleine Tod - der weibliche Orgasmus Dokufilm von Sophie Jeaneau, 2006, 46min, dt. Das höchste der Gefühle - Der männliche Orgasmus Dokufilm von Yvonne Debeaumarché, 2006, 42min, dt.
19.00 Uhr - Tojo - Genossenschaft jetzt!, KMUProduktionen. Regie: Tim Zulauf

Infos: www.reitschule.ch

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kulturagenda.be 12.2.09

"Genossenschaft jetzt!" im Tojo Theater

In der Kooperativbäckerei "B-Waren" wird hitzig diskutiert. Sollen die Genossenschafter auf Jenny hören und dem Staat Wasserlizenzen abringen oder Martin folgen, dem eine Erweiterung zur Bierbrauerei vorschwebt? Auch das Publikum ist gefordert, wenn es an der Generalversammlung abstimmen muss. Anregendes von den Zürcher KMUProduktionen.
Tojo Theater, Bern. Fr., 13.2., und Sa., 14.2., 20.30 Uhr, So., 15.2., 19 Uhr

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We are Terrorists im Dachstock

Eine neue Partyreihe für den Dachstock: der Ballroom Blitz. Mit dem Motto "Es rockt und
macht Bock auf Party" sollen Bands und DJs den Estrich auf den Kopf stellen. Die ersten
Gäste sind die französischen New-Rave-Elektropop-Trasher We are Terrorists (Bild) mit
ihrem konzertanten Beitrag und die DJs Kidkuts und Fernweh mit einem konservierten Set.
Dachstock der Reitschule, Bern. Sa., 14.2., 23 Uhr (siehe Agenda S. 6)

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BLINDE INSEL
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kulturagenda.be 12.2.09

Weltuntergangsszenarien im Dunkeln

Die "Blinde Insel" in der Grossen Halle der Reitschule thematisiert im Februar und März mit literarischen Gedanken den Klimawandel. Die Texte von Franz Hohler, Pedro Lenz, Grazia Pergoletti und anderen Schweizer Autoren werden vom Band zu einem 3-Gang-Menü im Dunkeln serviert.

Das Aussterben einer Käferart auf einer kleinen Insel im südlichen Pazifik löst eine Kettenreaktion aus, die zur Apokalypse führt. Dieses Horrorszenario beschwörte Franz Hohler in seiner 1973 geschriebenen Ballade "Weltuntergang" herauf. "Dass sein Text knapp vierzig Jahre später immer noch so aktuell sein würde, hätte Hohler wohl nicht gedacht", sagt Giorgio Andreoli vom Trägerverein Grosse Halle und Initiator der literarischen Reihe in der "Blinden Insel". Andreoli bat Schweizer Autoren, sich in einem Text Gedanken zum Klimawandel zu machen. Mit Ausnahme von Hohlers Ballade handelt es sich dabei um exklusiv verfasste Texte. Pedro Lenz hat für den Anlass im Dunkeln "Tusig Donnerwetmit ter" geschrieben. Umgangssprachliche Aussagen zu Wetter und Klima hat er zu einer Textcollage montiert und rhythmisiert. "Wir reden ständig vom Wetter, aber wir reden kaum übers Klima, den Klimawandel und die damit zusammenhängenden Probleme", sagt Lenz. Ihm gefiel die Verbindung des sinnlichen und kulinarischen Erlebnisses mit einer politischen Komponente.

Poesie ab Band

In der bereits zum sechsten Mal in der Reithalle gastierenden "Blinden Insel" servieren blinde und sehbehinderte Menschen in völliger Dunkelheit ein 3-Gang-Menü. Auch in kulinarischen Belangen fallen die Abende zum Klima- wandel umweltbewusst aus: Alle Zutaten sind ausschliesslich regionale Produkte, die nicht weiter als 250 km von Bern produziert wurden.
Während des Essens werden die rund zehnminütigen Texte - darunter auch solche vom Stillen Hasen Endo Anaconda, Rapper Greis und der Dichterin und Sprachkünstlerin Johanna Lier - an jeweils vier Abenden ab Band eingespielt. Die Autorin und Schauspielerin Grazia Pergoletti, die mit ihrem Text "Fever" vertreten ist, fasziniert am Projekt in der Reitschule, "dass es unsere Wahrnehmung schärft und unseren Blick auf die Welt verändert".

Bilder in den Köpfen

Andreoli hofft, dass mit der Ausschaltung eines Sinnes die Sensibilisierung für das Thema noch grösser sein wird. Auch Pedro Lenz denkt, dass Sprache und Textinhalt an Bedeutung gewinnen, wenn der optische Eindruck des Vortragenden wegfällt. "Ich bilde mir ein, im Dunkeln werde besser zugehört als unter gewohnten Bedingungen. Ob es dann wirklich so ist, wird sich zeigen", sagt der Berner Autor. Grazia Pergoletti sieht das ähnlich: "Man arbeitet mit den Bildern in den Köpfen der Zuhörerinnen und Zuhörer, die in einem erhöhten Aufmerksamkeitszustand sind, da die Dunkelheit uns verunsichert."
Franz Hohler, der am Freitag den Auftakt macht, hat im Restaurant "Blinde Kuh" in Zürich und an der Expo in Murten Texte in totaler Dunkelheit vorgetragen und war beeindruckt von "der Intensität der Atmosphäre, wenn eine Dimension der Sinne ausfällt". Den drohenden Weltuntergang sah Hohler schon in den 70er-Jahren alarmierend nah. Er beendet seine Ballade mit den Zeilen: "Bleibt noch die Frage, ich stell' mich schon drauf ein, wann wird das sein? Da kratzen sich die Wissenschaftler meistens in den Haaren. Sie sagen in zehn, in zwanzig Jahren, in fünfzig vielleicht oder auch erst in hundert. Ich selber habe mich anders besonnen, ich bin sicher, der Weltuntergang, meine Damen und Herren, hat schon begonnen.
" Sarah Stähli

Grosse Halle Reitschule, Bern
Fr., 13.2., bis Sa., 28.3., jeweils Mittwoch bis Freitag, Beginn: 19.30 Uhr
www.grossehalle.ch/blindeinsel

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REITSCHULE-PLÄNE
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cvp-stadtbern.ch 11.2.09

Kultur Ja - Krawalle Nein: Dringliche Motion will gordischen Knoten bei der Reitschule durchschlagen

BDP/CVP-Fraktion fordert Reitschul-Renovation "Innen und Aussen"

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Die Fraktion von BDP und CVP im Berner Stadtrat reicht diesen Donnerstag eine Fraktionsmotion ein, die zum Ziel hat, die Situation in und um die Reitschule konstruktiv zu lösen. In der Berner Politszene stehen sich unversöhnliche Lager von Reitschul-Abschaffern und -Befürwortern gegenüber. Ein konstruktiver Dialog findet seit langem keiner mehr statt. Mit einem umfassenden Auftrag an den Gemeinderat, der eine Neustrukturierung der Reitschul-Trägerschaft, eine schrittweise Renovation und eine Aufwertung des Kulturbetriebes aufzeigt, wollen BDP und CVP den gordischen Knoten durchschlagen. Die Motion sagt Ja zu Kultur in der Reitschule, aber nein zu Krawallen und Kriminalität. Die entsprechende dringliche Motion fordern eine "Innen- und Aussenrenovation" der Reitschule und wird von Martin Schneider vertreten.


Die BDP/CVP Fraktion hat zudem eine dringliche interfraktionelle Motion verabschiedet - "Alternativen zu einer zweiten Drogenanlaufstelle":

Eine breit abgestützte Koalition im Stadtrat fordert vom Gemeinderat das Überdenken der bisherigen Drogenpolitik.

Das krampfhafte Festhalten an einem zweiten Standort für die Drogenanlaufstelle wird in Frage gestellt. Bevor solche strukturellen Entscheide gefällt werden, welche notabene hohe Personal- und Infrastrukturkosten nach sich ziehen, wollen wir vom Gemeinderat ein Konzept sehen. Eine erfolgreiche Drogenpolitik kann nur funktionieren, wenn alle Massnahmen konsequent aufeinander abgestimmt werden und nicht mit einer Pflästerlipolitik.

Die Fraktionen verlangen mehr Verbindlichkeit im System, klare Abmachungen zwischen Süchtigen und Behörden (Stichwort Case Management), den konsequenten Einbezug der repressiven Säule (Polizei und Sicherheitskräfte) und ein konsequenter Austausch mit anderen Schweizer Städten (Stichworte Benchmarking und best practice).  Der Vorstoss soll am kommenden Donnerstag im Rat eingereicht werden.


Communiqé und Vorstösse unter: http://www.cvp-stadtbern.ch/de/cvp-stadtbern/mitteilungen_der_stadtratsfraktion_content---1--1549.html  

Weitere Auskünfte:
Kurt Hirsbrunner, Stadtrat BDP, Co-Fraktionspräsident: 079 547 55 59
Béatrice Wertli, Stadträtin CVP, Co-Fraktionspräsidentin: 076 319 30 47
Martin Schneider, Stadtrat, Motionär: 078 853 48 26
Vania Kohli, Stadträtin BDP, Motionärin: 078 777 77 00

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http://www.cvp-stadtbern.ch/upload/cms/user/090211_MotionReithalle.pdf

Dringliche Motion Fraktion BDP / CVP ( Martin Schneider): Renovation Reitschule, Innen und Aussen.

Die Reitschule ist mittlerweile ein fester und wichtiger Bestandteil der stadtbernischen Kul-turszene und sogar noch etwas mehr... Seit über 20 Jahren bieten die Räumlichkeiten, die im Besitz der Stadt sind, eine Plattform für bedeutende, alternative Kultur. Das Stimmvolk der Stadt Bern hat wiederholt ja gesagt zur Reitschule, was ein klares Votum ist. Die Reit-schule braucht Hilfe, was auch die jüngste Vergangenheit zeigt (Militante und Vermummte Anti -WEF Demonstranten ziehen sich schützend in die Reitschu-le zurück, Sa. 1.2.09), und die Stadt hat die Pflicht, zu helfen. Die Verträge und Vereinbarun-gen zwischen der Stadt und der Reitschule werden immer wieder nicht eingehalten (Gewalt-delikte, offener, zum Teil massiv offensiver Drogenhandel, Schutz von militanten Demonst-ranten, ausbleibende Informationen seitens der IKUR). Das Experiment, ein Kulturlokal ba-sisdemokratisch und einigermassen autonom zu führen, wurde in Bern 20 Jahre lang toleriert und gefördert, doch leider ist die Menschheit für so hochgesteckte Ziele (noch) nicht bereit, was im Klartext heisst, das Experiment ist gescheitert. Ein Zusammenleben ohne gegensei-tige Abmachungen und klaren Grenzen funktioniert nicht und ist, wie uns die Geschichte lehrt, zum Scheitern verurteilt. Eine dauerhafte Lösung dieser jahrealten Problematik tut not. Deshalb fordern wir den Gemeinderat auf, folgende Massnahmen zu ergreifen:

1. Die IKUR nicht mehr als Vertragspartner zu akzeptieren, den Leistungsvertrag aufzu-heben und eine neue Geschäftsleitung mit kompetenten Menschen einzusetzen, die einen rechtlichen Körper hat und die sämtliche Tätigkeiten der IKUR und des Förder-vereins grosse Halle, sowie den Leistungsvertrag mit der Stadt Bern übernimmt.

2. Sicherzustellen, dass Tojo Theater, Dachstock, Kino Reitschule, Frauenraum, Re-staurant Sous le pont, grosse Halle weitergeführt werden.

3. Sich dafür einzusetzen, dass bei der nächsten Verteilrunde der Kulturgelder durch die RKK eine gerechtere Verteilung der Kulturgelder im Bezug auf die neue Situation in der Reitschule zustande kommt. Das heisst, sich dafür einzusetzen, dass die Reit-schule besser als bisher finanziell unterstützt wird und die Weiterführung des Betriebs dadurch gesichert wird. Dabei muss darauf geachtet werden, dass das gesamte Budget für Kultur nicht erhöht wird.

4. Die Räumlichkeiten der Reitschule sanft und etappenweise zu renovieren. Erste Prio-rität haben einerseits das Dach und andererseits der Vorplatz.

5. Sich dafür einzusetzen, dass die Räumlichkeiten der Reitschule auch von anderen Veranstaltern städtischer Kulturbetriebe genutzt werden können, das heisst, Syner-gien schaffen zu einer vernetzten Kultur.

Begründung der Dringlichkeit:
Auf Grund der oben beschriebenen aktuellen Situation, der sich seit Monaten zuspitzen-den Situation ( Postulat Erik Mozsa, 8.2008) und der Tatsache, dass der Sommer be-stimmt kommt, muss umgehend gehandelt werden, um die bereits jahrelang andauernde Konfliktsituation an der Wurzel zu packen und eine langfristige Weiterführung der Reit-schule als Kulturstätte zu garantieren.

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DROGENPOLITIK
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http://www.cvp-stadtbern.ch/upload/cms/user/InterfraktionellerVorstossDrogenanlaufstellen.pdf

Dringliche interfraktionelle Motion: Pascal Rub (FDP), Vania Kohli (BDP/CVP), Jan Flü-ckiger (GLP), Erich Hess (SVP+)

Alternativen zu einer 2. Drogenanlaufstelle

Die Überlebenshilfe ist ein wichtiger Pfeiler der Drogenpolitik. In Bezug auf die Anlaufstelle in Bern steht seit längerer Zeit die Frage im Raum, mit welchen Massnahmen man die beste-hende Belastung und Dynamik im Umfeld der Reithalle in den Griff bekommt. Es stellt sich die Frage, ob einzig die Eröffnung einer zweiten Anlaufstelle der beste Weg aus der schwie-rigen Berner Situation ist. Aktuell verfügt die Stadt Bern über eine einzige zentrale Anlaufstelle für Drogensüchtige. In anderen Schweizer Städten gibt es zum Teil dezentrale Anlaufstellen. Dezentrale Anlauf-stellen sind jedoch nicht automatisch eine Antwort auf die aktuellen Probleme in Bern. Die Ansätze in anderen Städten unterscheiden sich nämlich auch hinsichtlich der eingesetzten Prozesse (z.B. Casemanagement) und hinsichtlich der Toleranz gegenüber dem Drogen-handel. Während man in Bern der Drogenhandel auf dem Vorplatz und der Umgebung toleriert, wird dieser in anderen Städten im Umkreis der Anlaufstellen konsequent unterbunden. Der Ber-ner Gemeinderat hat in Aussicht gestellt, den Drogenhandel an der Murtenstrasse 26 nicht zuzulassen, die gängige Praxis an der Hodlerstrasse aber weiter zu führen. Ob zwei unter-schiedliche Regime bei der gleichen Klientel durchsetzbar und auch sinnvoll sind, ist höchst fraglich. Bevor der Gemeinderat beschliesst, eine zweite Anlaufstelle zu eröffnen, bitten wir folgende Massnahmen zu evaluieren

1. Prüfung des Umgangs in Zürich mit dem Kleinhandel im Umfeld der Anlaufstellen. In Zürich ist der Vorplatzhandel weder erlaubt, noch wird er toleriert.

2. Der Gemeinderat informiert sich über die Zusammenarbeitsformen der Zürcher Poli-zei mit der Leitung der Anlaufstellen betreffend Handel und illegalem Konsum in der Umgebung der Anlaufstellen.

3. Evaluation der Konsumfrequenz der Anlaufstellen Benützerinnen und Benützer, Erar-beitung konkreter Möglichkeiten um diese Frequenz zu verkleinern.

4. Evaluation der Massnahmen, welche in Zürich dazu geführt haben die Anlaufstellen abends um 20 Uhr zu schliessen, ohne dass es zu einer Konsumverdrängung in den öffentlichen Raum gekommen ist.

5. Der Gemeinderat informiert sich über die Casemanagement-Massnahmen von Basel und Zürich, insbesondere prüft er das Basler Modell eines verbindlichen Case-management mit Einbezug der Polizei mit allen involvierten Stellen.

Wir fordern den Gemeinderat auf, diese Fragen zu klären und dem Stadtrat in einem Bericht die Erkenntnisse aus der Evaluation aufzuzeigen. Ferner fordern wir den Ge-meinderatrat auf, auf eine Eröffnung einer zweiten Drogenanlaufstelle zu verzichten, bis die Evaluation abgeschlossen ist und die Finanzierung einer allfälligen zweiten Anlaufstelle abschliessend geklärt ist.

FRAKTION BDP/CVP IM STADTRAT VON BERN
Begründung der Dringlichkeit: Gemäss den Verlautbarungen des Gemeinderates gegenüber den Medien, plant der Ge-meinderat, die zweite Drogenanlaufstelle noch im Sommer 2009, auch ohne Kantonsbeiträ-ge, zu eröffnen.

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SCHÜTZENMATTE
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20 Minuten 11.2.09

Reithalle: "Gemeinderat kapituliert"

Bern. Die FDP fordert den Gemeinderat auf, die bald vor einem Jahr eingereichte Initiative "Für eine sichere Stadt Bern" dem Volk vorzulegen. Diese verlangt eine höhere Präsenz von Polizeikräften an neuralgischen Stellen wie der Reithalle. "Es ist erhärtet, dass dort viele Gewaltakte und Überfälle stattfinden. Der Gemeinderat bleibt aber völlig untätig und das ist skandalös", sagt Co-Fraktionschef Philippe Müller. Ihn störe besonders, dass der Gemeinderat lieber den Car-Terminal ins Neufeld verlegen will, statt auf der Schützenmatte für Sicherheit zu sorgen. "Das kommt einer Kapitulation gleich."

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Bund 11.2.09

FDP macht Druck "für eine sichere Stadt Bern"

Stadt Bern Es sei statistisch erhärtet, dass auf der Schützenmatte viele Überfälle und Gewaltakte stattfinden, schrieb die FDP der Stadt Bern gestern den Medien. Sie fordert darum den Gemeinderat auf, die vor bald einem Jahr eingereichte Volksinitiative "Für eine sichere Stadt Bern" dem Volk zur Abstimmung vorzulegen. Weiter verlangt die Partei eine "erhöhte sichtbare Präsenz von Polizeikräften vor Ort". Dies sei die einzige Möglichkeit, die Sicherheit auf der Schützenmatte "rasch und wirkungsvoll zu erhöhen und ein klares Signal an potenzielle Gewalttäter zu senden". (pd)

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fdp-stadtbern.ch 11.2.09

Schützenmatte: Endlich handeln und Sicherheit schaffen!

Der kürzlich erfolgte Überfall auf Reisende beim Carparkplatz ist bei weitem nicht der einzige Gewaltakt in den letzten Monaten auf der Schützenmatte: Immer wieder wurden Menschen bedroht, überfallen, ausgeraubt und zusammen geschlagen. Und der Gemeinderat? Bleibt völ-lig untätig! Dieses Verhalten ist skandalös.

Vor wenigen Monaten wurde sogar ein Mann auf der Schützenmatte derart brutal zusammen-geschlagen, dass er an den Folgen seiner erlittenen Verletzungen gestorben ist. Und unsere Stadtregierung? Sie tut nichts! Einfach nichts.
Es ist statistisch erhärtet, dass auf der Schützenmatte viele Überfälle und Gewaltakte statt-finden. Sicherheit schaffen für die Einwohnerinnen und Einwohner wäre eine der ersten Auf-gaben einer jeden Regierung. Jene in Bern kümmert sich offenbar lieber um angenehmere "Ge-schäfte". Für potentielle Gewalttäter ist diese Untätigkeit geradezu eine Einladung für weitere Delikte - es geschieht ja eh nichts! Dieses Verhalten der Regierung der Hauptstadt der Schweiz ist skandalös.
Das einzige, was der Gemeinderat nun vorschlägt, ist der Neubau eines Car-Terminals - draus-sen im Neufeld. Das dauert erstens viele Jahre (falls es überhaupt zu Stande kommt) und zwei-tens kommt diese "Flucht" einer Kapitulation vor den Gewalttätern gleich.
Die FDP fordert daher den Gemeinderat auf, die vor bald einem Jahr eingereichte Volksinitia-tive "Für eine sichere Stadt Bern" endlich dem Volk zur Abstimmung vorzulegen. Sie verlangt eine erhöhte sichtbare Präsenz von Polizeikräften vor Ort. Es ist die einzige Möglichkeit, die Sicherheit in der Schützenmatte (und andernorts) rasch und wirkungsvoll zu erhöhen und ein klares Signal an potentielle Gewalttäter zu senden.
Es ist eine Frage der Persönlichen Freiheit jeder Einwohnerin und jedes Einwohners, dass man sich überall in Bern frei bewegen darf - ohne sich an Leib und Leben bedroht fühlen zu müssen.

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WAGENPLÄTZE
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Bund 11.2.09

Illegale Wohnwagensiedlungen werden legalisiert

Stadtnomaden erhalten Vertrag

Stadt, Kanton und Burgergemeinde stellen den Wohnwagengruppen in den nächsten Jahren verschiedene Stand-plätze zur Verfügung.

Pascal Schwendener

Stadt Bern "Die Wohnwagen-Gruppe ,Verein Alternative‘ ist mit unserem Vorschlag einverstanden", sagte gestern Regierungsstatthalterin Regula Mader (sp) auf Anfrage. Die Lösung, welche von Behördenseite angeboten wurde, sieht folgendermassen aus: Stadt, Kanton, EWB und Burgergemeinde suchen Terrains, wo die Gruppen ihre Bauwagen für jeweils drei Monate abstellen können. Danach wird ihnen wieder ein neues Gelände zugewiesen. Die anhaltende Zügelei ist im Baurecht begründet. Dieses besagt, dass sogenannte Fahrnisbauten nur für drei Monate ohne Bewilligung an einem Ort verbleiben dürfen.

Der erste Umzug soll bereits Ende Monat stattfinden. Dann wird der Verein Alternative das Viererfeld verlassen und sich erstmals rechtens auf einem Stück Land niederlassen können. Um welche Parzelle es sich dabei handelt, wollte Mader gestern noch nicht preisgeben. "Erst wenn der Gebrauchsleihvertrag unterschrieben wurde, kann über den Ort informiert werden", sagte sie.

Neben der kurzfristigen "Rotationslösung" verfolgen die Behörden eine mittelfristige Strategie. "Ziel ist es, innert dreier Jahre eine Zone auszuscheiden, wo sich Personen, die in Wohnwagen leben, legal aufhalten können", so Mader. (pas)

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RAUCHFREI
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be.ch 11.2.09

Medienmitteilung des Kantons Bern

Schutz vor dem Passivrauchen gilt ab 1. Juli 2009

Der Regierungsrat des Kantons Bern hat beschlossen, die Bestimmungen zum Schutz der Bevölkerung vor dem Passivrauchen auf den 1. Juli 2009 in Kraft zu setzen. Von diesem Zeitpunkt an sind öffentlich zugängliche Innenräume konsequent rauchfrei. Das Rauchen ist nur noch in Fumoirs gestattet. Diese müssen abgeschlossen und gelüftet sein.

Im September 2008 hat der Grosse Rat das Gesetz zum Schutz vor dem Passivrauchen verabschiedet. Nachdem die Referendumsfrist unbenutzt verstrichen ist, hat der Regierungsrat beschlossen, die Bestimmungen auf den 1. Juli 2009 in Kraft zu setzen. Der Gesetzgeber sieht keine Übergangsfrist vor. Dies hat der Grosse Rat bereits im Juni 2008 so entschieden. Ab dem 1. Juli 2009 müssen alle öffentlich zugänglichen Innenräume rauchfrei sein. Damit gehört der Kanton Bern zu jenen Kantonen, welche die Bevölkerung früher und besser vor dem Passivrauchen schützen, als es die Bundeslösung vorsieht.

Nicht nur in den Gastgewerbebetrieben, sondern auch in allen anderen Gebäuden, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, darf nur noch in Fumoirs geraucht werden. Beispielsweise in Einkaufszentren, Konzertlokalen, Kinos oder Theatern, in Verwaltungsgebäuden oder Spitälern werden die Besucherinnen und Besucher vor den schädlichen Folgen des Passivrauchens geschützt.

Die Betreiberinnen und Betreiber sind dafür verantwortlich, dass die neuen Vorschriften umgesetzt werden. Dazu müssen sie Folgendes vorkehren:

* Die Innenräume rauchfrei einrichten und Aschenbecher entfernen

* Über das Rauchverbot informieren, beispielsweise mit Hinweisschildern

* Benutzerinnen und Benutzer anhalten, das Rauchen zu unterlassen

* Nötigenfalls Personen weg weisen, die das Verbot missachten

In Fumoirs bleibt das Rauchen gestattet. Fumoirs sind abgeschlossene Räume mit einer Lüftung. In Gastgewerbebetrieben dürfen sie bedient sein. Weitere Einzelheiten wie zum Beispiel die Grösse des Fumoirs im Verhältnis zum Gesamtbetrieb, werden auf dem Verordnungsweg geregelt. Dazu ist in den nächsten Tagen eine Konsultation bei den interessierten Kreisen geplant. Der Regierungsrat wird die Verordnung voraussichtlich anfangs April verabschieden und ebenfalls auf den 1. Juli 2009 in Kraft setzen.

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SEXWORK
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Bund 11.2.09

SP und GB wollen städtische Sex-Salons

Stadt Bern Die bevorstehende Schliessung der Sex-Salons am Lagerweg und an der Lorrainestrasse ("Bund" vom 18. Dezember) machen SP und Grünem Bündnis (GB) nicht nur Freude. Rund hundert Frauen würden ihren Arbeitsplatz verlieren und "irgendwohin" verschwinden, heisst es in einem Vorstoss. Dort sei die Beratung und Betreuung der Frauen aber "kaum mehr" gewährleistet. Die rot-grünen Parteien fragen daher, ob die Stadt den vertriebenen Sexarbeiterinnen nicht Liegenschaften in der Dienstleistungszone zur Verfügung stellen könnte. Die Interpellantinnen regen zudem an, das Sexgewerbe so anzusiedeln, "dass die Interessen der unterschiedlichen Bevölkerungs- und Nutzungsgruppen möglichst in Übereinstimmung gebracht werden können".

Prostitution sorgt in der Stadt Bern immer dann für Schlagzeilen, wenn Wohnungen zu Salons umfunktioniert werden. Die Stadt wird auf zonenwidrig genutzte Liegenschaften sporadisch aufmerksam und löst durch ihre Intervention meist langjährige Rechtshändel aus. Bei Sex-Salons stellt sich rechtlich denn auch einzig die Frage der Zonenkonformität, sagt Stadtschreiber Jürg Wichtermann. Ob der Staat oder die Stadt Liegenschaften zur Ausübung des Gewerbes bereitstellen soll, sei eine politische Frage, sagt Wichtermann. Im Bereich des Strassenstrichs zum Beispiel ist in der Stadt Bern vor drei Jahren die Einführung von Drive-in-Boxen nach holländischem Vorbild an der Standortfrage gescheitert. Mit dem damaligen Projekt wollte die Sozialdirektion namentlich die Sicherheit für drogenabhängige Prostituierte verbessern.

SVP gegen "Sonderbehandlung"

Auch die nun geforderte Bereitstellung von Liegenschaften in der Dienstleistungszone für Salon-Prostituierte dürfte schwierig werden. In einer Pressemitteilung wehrt sich die SVP-Fraktion gegen die Ungleichbehandlung von Gewerbetreibenden. "Es ist nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, einzelne Gewerbebranchen besser zu behandeln als andere", hält Fraktionschef Erich Hess in einer Mitteilung fest. Es gebe in der Stadt viele Gewerbetreibende, denen keine städtischen Liegenschaften zur Verfügung gestellt würden, obwohl sie ebenfalls auf der Suche nach Lokalitäten seien. "Es kann nicht Ziel der städtischen Wirtschaftsförderung sein, dem Rotlichtgewerbe eine Sonderbehandlung einzuräumen", hält Hess fest. (bob)

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BZ 11.2.09

Bordelle werden geschlossen

 Prostituierte stehen bald auf der Strasse

Auf Ende April werden in der Lorraine voraussichtlich zwei Bordelle geschlossen. Damit verlieren rund 100 Prostituierte ihren Arbeitsplatz. Eine Interpellation macht nun auf drohende Missstände im Sexgeschäft aufmerksam.

Für Bordelle in Berns Wohnzonen wird die Luft dünn. Zwei Salons an der Parkstrasse und am Birkenweg löschen bald endgültig das Rotlicht. Der Bordellbesitzer zieht eine Beschwerde beim Bundesgericht zurück und gibt damit auf. Auch in den beiden Etablissements am Lagerweg 12 und der Lorrainestrasse 60 soll per Ende April das Geschäft mit der Liebe zum Erliegen kommen. So verlangt es Bauinspektor Charles Roggo von den Bordellbetreibern.

Grund für die Schliessung ist das städtische Baureglement. Demzufolge gehören Bordelle in die Dienstleistungszone und nicht in ein Wohngebiet. Wegen baupolizeilichen Anzeigen wies die städtische Liegenschaftsverwaltung nun Roggo an, die rechtmässige Wohnnutzung wieder her zu stellen (wir berichteten). Besonders die Anwohner freuen sich über die Schliessung. Das Sexgeschäft verursacht unangenehme Nebenwirkungen wie Lärm und Mehrverkehr.

Stadt soll Ersatz suchen

Schlecht sieht es für die Prostituierten aus; sie verlieren ihren Arbeitsplatz. Insgesamt rund 100 Sexarbeiterinnen sollen es in den beiden Objekten an der Lorraine laut einer Ende Januar eingereichten Interpellation sein.

Nach der Schliessung würden sich die Frauen laut Interpellations-Text über die Stadt verstreuen. Damit falle ihre Betreuung und auch die Kontrolle grösstenteils weg. Die Stadt müsse deswegen ein Interesse haben, innerhalb der Dienstleistungszonen Berns genügend Arbeitsplätze für das Sexgewerbe anzubieten, schreiben die Stadträtinnen Miriam Schwarz (SP) und Cristina Anliker-Mansour (GB/JA). Denn so sei dieses sichtbar, störe am wenigsten und ermögliche die Betreuung durch Beratungsstellen wie Xenia.

Xenia nicht informiert

Bei Xenia, der Berner Beratungsstelle für Frauen im Sexgewerbe, ist man von der Stadt enttäuscht. Martha Wigger, Leiterin von Xenia sagt: "Wir haben im Dezember erst durch die Medien erfahren, dass die beiden Salons geschlossen werden sollen." Dies irritiert Wigger umso mehr, als die Organisation einen Leistungsauftrag von der Stadt Bern hat. Man wäre gerne vor der Bekanntmachung auf die rund 100 Prostituierten zugegangen, begründet Wigger.

Die betroffenen Frauen seien beunruhigt und hätten keine Ahnung, wie es weiter gehe. "Im Moment empfehlen wir ihnen abzuwarten, respektive sich selbst nach neuen Arbeitsplätzen umzuschauen." Sollten im März die Freudenhäuser endgültig aufgelöst werden, droht eine Dezentralisierung: "Ich befürchte, viele Frauen ziehen sich in Privatwohnungen zurück", erklärt Wigger. Die Prostituierten rutschten so in die Illegalität ab, sie verlören die Unterstützung und den Schutz durch Organisationen wie Xenia. Zudem erschwere es den Überblick über das Sexgeschäft.

 Sexgewerbe erwünscht?

Wigger betont: "Es ist auch für uns klar, dass Bordelle in eine Dienstleistungszone gehören und nicht in ein Wohnzone. Schliesslich handelt es sich um ein Gewerbe." Bei Xenia erwartet man nun von der Stadt ein klares Zeichen, ob es in unserer Gesellschaft das Sexgewerbe braucht. Wenn ja, müsse dafür auch Platz eingeräumt werden. Selbstverständlich im Einklang mit den Bedürfnissen der Bevölkerung und anderer Nutzergruppen.

Bereits negativ zu den Vorschlägen der Interpellantinnen geäussert, hat sich die Fraktion der SVP plus. Sie schreibt in einem gestern versandten Communiqué, es sei nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, Liegenschaften für arbeitslos gewordene Prostituierte zu suchen.

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SANS-PAPIERS ZH
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Tagesanzeiger 11.2.09

Hollenstein enttäuscht die Papierlosen

Regierungsrat Hans Hollenstein hatte den Sans-papiers Anfang Jahr versprochen, abgewiesene Härtefälle erneut zu prüfen. Bei einem Pilotfall hat er sich nun für nicht zuständig erklärt.

Von René Staubli

Zürich. - Am 5. Januar hatte sich Regierungsrat Hans Hollenstein (CVP) vor den Medien ausdrücklich bereit erklärt, vom Kanton abgelehnte Härtefälle noch einmal zu überprüfen. Dies nach einem Gespräch mit Vertretern der Papierlosen, welche die Predigerkirche besetzt hatten.

Der Hintergrund: Während die übrigen Kantone den Bund im Jahr 2007 in 944 Fällen ersucht hatten, abgewiesenen Asylbewerbern in "schwerwiegenden persönlichen Härtefällen" doch noch ein Bleiberecht zu erteilen, hatte Zürich lediglich 4 von 281 derartigen Begehren zur Bewilligung nach Bern weitergeleitet. Alle andern Gesuche lehnte das Migrationsamt, das zu Hollensteins Sicherheitsdirektion gehört, in eigener Regie ab - unter Anwendung sehr strenger Kriterien.

Am 9. Januar legte der Zürcher Rechtsanwalt Marc Spescha dem Migrationsamt einen Pilotfall zur Neubeurteilung vor. Es handelt sich um einen afrikanischen Staatsbürger, der seit über zehn Jahren im Kanton Zürich lebt. Der Regierungsrat hatte dessen Rekurs am 26. November 2008 abgelehnt und die Ausreise per Ende Februar mit der Begründung verfügt, es handle sich nicht um einen Härtefall.

Am 27. Januar erhielt Spescha die mit Spannung erwartete Antwort auf sein Gesuch - und war enttäuscht. Hollenstein teilte ihm brieflich mit, weil es sich hier um einen Entscheid der Rekursinstanz, also des Regierungsrates, handle, beurteile er die Eingabe "als Wiedererwägungsgesuch gegen den genannten Rekursentscheid". Das Migrationsamt werde das Gesuch "dementsprechend zuhanden des Regierungsrats an die Staatskanzlei weiterleiten".

Pilotfall wird nicht materiell geprüft

Mit andern Worten: Das Migrationsamt wird den Fall nicht, wie von Hollenstein versprochen, einer erneuten materiellen Prüfung unterziehen. Und beim anstehenden Regierungsratsentscheid wird Hollenstein in den Ausstand treten, weil der Fall seine Direktion betrifft - er kommt mit dem Dossier also gar nicht in Berührung. Damit bleibt vorderhand aber auch die Frage offen, ob der Kanton Zürich seine Kriterien in der Beurteilung von Härtefällen aufweicht oder beibehält.

Spescha erinnerte Hollenstein in der Folge per Brief an dessen Versprechen, sämtliche Härtefallentscheide auf entsprechende Gesuche hin noch einmal zu überprüfen, "und zwar auch dann, wenn bereits ein negativer Rekursentscheid vorliegt". Es wäre "äusserst stossend und rechtsungleich", den Fall des Afrikaners nicht erneut zu prüfen, nur weil dieser bereits auf der Rekursebene angelangt sei. Spescha forderte Hollenstein auf, seine "politische Verantwortung wahrzunehmen" und das Gesuch "im Rahmen des Zuständigkeitsbereichs Ihrer Direktion zu beurteilen". Die Antwort steht noch aus.

Auf Anfrage teilte das Zürcher Migrationsamt gestern Dienstag mit, es seien bislang rund zehn abgewiesene Härtefälle zur Neubeurteilung eingegangen. Die Gesuche seien alle noch in Bearbeitung.

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KOFMEHL SO
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Solothurner Tagblatt 11.2.09

Kofmehl

Einschränkungen für Kulturfabrik?

Beim Kofmehl geht es zu laut zu und her. Das Verwaltungsgericht hat eine entsprechende Beschwerde der Anwohner teilweise gutgeheissen. Die Stadt Solothurn muss abklären, ob Betriebseinschränkungen für das Kofmehl notwendig sind. Die Beschwerdeführer verlangen eine radikale Redimensionierung des Betriebs im Kofmehl. Sprich weniger Anlässe, kürzere Öffnungszeiten.

Der Gedanke an eine zusätzliche Beschränkung der Anlässe stösst bei Kofmehl-Leiter Pipo Kofmehl verständlicherweise auf Widerstand. "Wir wehren uns gegen jegliche Beschränkungen unseres Betriebs."

Seitdem das Kofmehl rauchfrei sei, sei die Situation für die Anwohner noch schwieriger geworden, sagt André Visconti, Hauswart vom Aarepark. "Da draussen wird nicht einfach gesprochen, sondern geschrien", so Visconti. Ausserdem komme es jedes zweite Wochenende zu Sachbeschädigungen im Quartier. st

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Beschwerde wegen Kulturfabrik

Neue Schranken für Kofmehl?

Das Verwaltungsgericht hat eine Klage der Anwohner wegen dem Kofmehl teilweise gutgeheissen. Die Kulturfabrik und die Stadt Solothurn müssen nun dafür sorgen, dass es rund um die Partys zu weniger Emissionen kommt.

 Vor gut zwei Jahren haben die Anwohner wegen den Ruhestörungen um das Kofmehl geklagt. Die Besitzerin des Aareparks, die Pensimo Management AG und Ignaz Kamber, dem eine andere Liegenschaft an der Hans-Huber-Strasse gehört, haben eine sogenannte Immissionsbeschwerde eingereicht (wir berichteten). Diese Beschwerde wurde nun vom Verwaltungsgericht teilweise gutgeheissen. Das bedeutet, dass die Stadt jetzt abklären muss, ob die Auflagen und Bedingungen der Baubewilligung eingehalten werden und ob sich die Verhältnisse in der Zwischenzeit so verändert haben, dass Betriebseinschränkungen für das Kofmehl notwendig werden. Gaston Barth, Leiter des Rechtsdienstes der Stadt Solothurn, bestätigt, dass die Baukommission zur Zeit entsprechende Abklärungen trifft. "Am Samstag war jemand vor Ort", so Barth. Über Details will er sich aber wegen des noch laufenden Verfahrens nicht äussern. Darüber hinaus habe die Stadt die Beschwerdeführer aufgefordert, bis Mitte Februar eine Liste mit ihren Anliegen einzureichen.

Forderung: Weniger Anlässe

Für Rechtsanwalt Urs Tschaggelar, der die Interessen der Anwohner vertritt, liegt der Ball nun primär bei der Stadt Solothurn. "Der Entscheid des Verwaltungsgerichts bedeutet, dass die Stadt neue Rahmenbedingungen für den Betrieb der Kulturfabrik Kofmehl ausarbeiten muss". Seit die Baubewilligung erteilt wurde, habe sich einiges verändert. Die Auflagen müssten jetzt deutlich restriktiver gefasst werden, meint Tschaggelar. Trotzdem will er seine Anliegen nächste Woche schriftlich einreichen. Grundsätzlich verlangt er eine Redimensionierung des Kofmehls: Weniger Anlässe, kürzere Öffnungszeiten. Tschaggelar: "Es wäre aber unseriös, wenn ich jetzt einfach eine Zahl und eine Uhrzeit nennen würde. Wir wollen uns mit Vertretern der Stadt und der Kulturfabrik Kofmehl an einen Tisch setzen, um eine Lösung zu finden, mit der schliesslich alle leben können."

"Massnahmen ergreifen"

Die Forderung nach einer zusätzlichen Beschränkung der Anlässe stösst bei Kofmehl-Leiter Pipo Kofmehl verständlicherweise auf taube Ohren. "Wir wehren uns gegen jegliche Beschränkungen unseres Betriebs, wir sind aber gerne bereit, weitere Massnahmen zu ergreifen, um die Situation für die

Nachbarschaft zu verbessern", erklärt er. Das Kontingent an Anlässen, die in der Betriebsbewilligung aus dem Jahre 2005 festgelegt wurden, habe das Kofmehl gar nicht ausgeschöpft.

 Zudem unternehme man viel, um die unerwünschten Emissionen so gering wie möglich zu halten. "Wir passen unser Sicherheitsdispositiv jede Woche neu an und putzen nach den Anlässen bis am Morgen jeweils das ganze Quartier", so Kofmehl.

Geplagte Anwohner

Die Anwohner anerkennen zwar die Anstrengungen der Betreiber, trotzdem sei die Situation in letzter Zeit unerträglich geworden. "Am Wochenende können wir praktisch nicht mehr schlafen", sagt André Visconti, Hauswart vom Aarepark. Die Wohnsiedlung liegt in unmittelbarer Nähe von der Kulturfabrik Kofmehl. "Nach meiner Ansicht sind diese Zustände nicht haltbar", so Visconti. Es komme durchschnittlich jedes zweite Wochenende zu Sachbeschädigungen im Quartier. Bei Autos würden die Aussenspiegel abgerissen, Fahrräder würden geklaut, Briefkästen beschädigt und manche Kofmehl-Gäste würden die Gärten des Aareparks benutzen, um ihr Geschäft zu verrichten, ärgert sich der Hauswart. Seit im Kofmehl nicht mehr geraucht werden darf, sei der Lärm noch schlimmer geworden. "Da draussen wird nicht einfach gesprochen, sondern geschrien."

Bereits seit letztem Herbst ist das Kofmehl offiziell rauchfrei. Die Betreiber streiten nicht ab, dass sich die Situation für die Anwohner seither zusätzlich verschärft hat. Das Rauchverbot sorgt dafür, dass sich die Gäste vermehrt auch vor den Türen der Kulturfabrik aufhalten. "Wir können die Gäste zwar zum Rauchen nach draussen schicken, aber wir können sie nicht dazu zwingen, sich draussen nicht zu unterhalten", sagt Pipo Kofmehl. Das Rauchverbot sei eben ein Gesetz mit Nebenwirkungen.

Schadenersatz als Option

Wenn sich die Anwohner nun mit der Stadt und dem Kofmehl auf ein neues Betriebsreglement einigen können, dann wäre die Sache erledigt, meint Rechtsanwalt Tschaggelar. Ansonsten wollen die Beschwerdeführer die Stadt auf Schadenersatz verklagen: "Im Aarepark rechnen die Verwalter in den letzten Jahren mit Mietzinsausfällen in der Höhe von 193000 Franken." Dieser Betrag sei einzig und allein auf das Kofmehl zurückzuführen. In vergleichbaren Fällen in anderen Städten wurde den Klägern Recht gegeben, sagt Tschaggelar.

 Die Stadt sieht dies allerdings ganz anders: "Die Stadt kann nicht für alles verantwortlich gemacht werden, was auf ihrem Grund und Boden geschieht", so Gaston Barth

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KUZEB AG
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AZ/MLZ 11.2.09

Drogenvorwürfe gegen Kuzeb "haltlos"

Bremgarten Das Kuzeb-Vorstandsmitglied Marco Hess verwahrt sich gegen Unterstellungen von Ex-FDP-Grossrat Patrick Fischer.

"Im Kuzeb werden keine Drogen geduldet", sagt Marco Hess auf die Vorwürfe des ehemaligen FDP-Grossrats Patrick Fischer. Dieser hat eine Aufsichtsbeschwerde gegen die Regionalpolizei und den Stadtrat eingereicht.

Patrick Fischer behauptet, die Polizei würde im Kulturzentrum (Kuzeb) einen rechtsfreien Raum mit Drogenkonsum und -handel, den Aufenthalt illegaler und krimineller Personen sowie den Ausschank alkoholischer Getränke an Jugendliche unter 16 Jahren dulden (AZ vom 7. Januar). Während Polizei und Stadtrat erst später Stellung zur Beschwerde nehmen wollen, äussert sich Kuzeb-Vorstandsmitglied Marco Hess.

Keine harten Drogen

"Der Konsum von harten Drogen und der Handel mit Betäubungsmitteln wurde und wird im Kulturzentrum nicht geduldet", stellt Hess klar. Im Kuzeb pflege man aber eine grössere Toleranz als draussen, und einen Chef gebe es hier nicht. "Das Kulturzentrum lebt vom Engagement jedes Einzelnen. Hier wird viel Wert auf Selbstverantwortung gelegt. Gerade jüngere Personen können aber oft nicht mit diesen Freiheiten umgehen und sind schnell überfordert", so Hess. Die Kuzeb-Leute würden aber bei einem Fehlverhalten schnell intervenieren.

"Die Frage nach dem Aufenthalt krimineller oder ‹illegaler› Personen ist müssig", sagt Hess weiter. "Im Kulturzentrum wohnt niemand." Einzig den spielenden Bands werden Kojen zur Verfügung gestellt. Schulschwänzer, die sich im Gebäude aufhalten, werden nicht geschützt. "Stellen wir fest, dass jemand nicht zur Schule geht, suchen wir mit ihm das Gespräch und versuchen ihm klar zu machen, wie wichtig die Schule ist", führt Hess weiter aus und bringt die Philosophie des Kuzeb auf den Punkt: "Zivilcourage heisst hier nicht einfach wegzuschauen, sondern zu reagieren."

Kein Alkohol unter 16 Jahren

Alkohol wird im Kulturzentrum generell nicht an unter 16-Jährige ausgeschenkt. "Wir verlangen im Zweifelsfall einen Ausweis", erzählt Hess. "Allerdings könnten welche den Alkohol selber mitbringen, da bei uns kein Konsumzwang herrscht." Im schlimmsten Fall würde man aber auch diese rausschmeissen oder erst gar nicht reinlassen. Denn, so Hess: "Betrunkene 14-Jährige sind nur mühsam."

Ungezwungene Atmosphäre

"Früher gab es hier zwar einige ältere, alkoholkranke Personen, aber im Vergleich zu den Restaurants sind wir nicht auf deren Konsum angewiesen", holt Hess weiter aus. "Die meisten Leute hier sind von keiner Droge abhängig, weil solche Personen zur Last werden." Das Kulturzentrum hat denn auch schon einigen geholfen, ihre Suchtprobleme in den Griff zu bekommen. Die ungezwungene Atmosphäre hilft, die Diskussion darüber anzuregen und aktiv zu bleiben.

Kein rechtsfreier Raum

Das Kulturzentrum ist nicht rechtsfreier als andere private Vereinsräume. "Im November 2005 wurden die letzten Rechtsunklarheiten bereinigt", stellt Hess klar. "Der Regierungsrat entschied damals, dass das Kuzeb nicht mit den kommerziellen Gastgewerbebetrieben gleichzustellen ist. Und entsprechend auch nicht unters Gastgewerbegesetz fällt." Die Beschwerde des Kuzeb gegen den Entscheid des Stadtrates wurde damit teilweise gutgeheissen. "Die Behauptungen von Ex-FDP-Grossrat Patrick Fischer sind somit haltlos", schliesst Marco Hess und zieht damit einen Schlussstrich unter die Diskussionen.

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Ewiger Kampf gegen Vorurteile

Vor 19 Jahren wurde die alte Kleiderfabrik besetzt

Im Juni 1990 besetzten einige junge Leute die alte Kleiderfabrik in Bremgarten, welche damals bereits seit 16 Jahren leer stand. Das Kulturzentrum sprach sich schnell als Szenetreffpunkt herum, der von der Stadt aber nicht geduldet wurde. Der Verein Kulturzentrum Bremgarten wurde im Frühjahr 1991 gegründet. Knapp ein Jahr nach der Besetzung liess Bremgarten das Kulturzentrum räumen, worauf die Besetzer in den Gemäuern Rettungsaktionen durchführten. Erst im August 1992 kam ein Mietvertrag zustande, welcher von den Vermietern aber nie gegengezeichnet wurde. Seither hat sich das KuZeB als linksalternatives, nichtkommerzielles Zentrum etabliert, welches immer wieder gegen Vorurteile kämpfen muss › jüngstens durch die Vorwürfe von Ex-FDP-Grossrat Patrick Fischer. (rw)

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Wenig Intervention

Repol-Chef "Bands sind generell weniger extrem, als sie früher waren."

"Das Kulturzentrum kommt seinen Pflichten nach", sagt Manfred Tschannen, Chef der Regionalpolizei. "In den letzten zwei bis drei Jahren waren fast keine Intervionen mehr nötig."

Das war nicht immer so. "Früher gab es Konflikte zwischen rechten und linken Gruppierungen", so Tschannen. Diese seien aber weitgehend verschwunden. Als Grund sieht er, dass beide Szenen heute zurückhaltender agieren. Die Kuzeb-Leute würden heute auch mehr darauf achten, was für Bands sie spielen lassen, weiss Tschannen. "Denn je nach Konzert werden auffälligere Leute angezogen oder nicht." Dies bestätigt auch Lukas Koch, Leiter Kundendienst der BD: "Früher hatten wir oft Probleme mit Kuzeb-Konzertgängern, diese sind jetzt aber gänzlich verschwunden."

Stoffbanner und Sprüche

Zur Diskussion Anlass geben immer wieder Stoffbanner mit Sprüchen wie "Smash The WEF-Bonzentreff" am Gebäude. Manfred Tschannen ist darüber zwar nicht erfreut, kann die Transparente aber nicht verhindern. "Laut Gesetz darf jeder eine Fahne auf seinem Privat-Grundstück aufhängen", begründet Tschannen.

Lärm und Littering

Probleme bereiten der Regionalpolizei der Obertorplatz, wo die Barracuda-Bar, das Subway und das Kuzeb anstossen: "An den Wochenenden treffen sich dort die jungen Leute und fallen nachts durch Lärm, Littering und die Folgen von zu hohem Alkoholkonsum auf", so der Regionalpolizei-Chef. Darunter seien zum Teil auch Leute des Kulturzentrums zu finden. "Allerdings sind die Probleme am Obertor nicht grösser als an anderen Ausgangsschwerpunkten", so Tschannen.

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BIG BROTHER VIDEO
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Bund 11.2.09

Mit Kameras gegen Gewalt

Köniz prüft die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen

Julie Brunner

Jugendgewalt ist auch in Köniz ein Thema. Ein entsprechender Vorstoss des Jugendparlaments wurde am Montag im Könizer Parlament verhandelt.

Wie häufig kommt Jugendgewalt in Köniz vor, und was wird dagegen unternommen? Diese Fragen richtete das Jugendparlament (Jupa) in einem Vorstoss an den Gemeinderat ("Bund" vom 26. Januar). Am Montag wurde er vom Parlament behandelt. Zu reden gab insbesondere die mögliche Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Der Gemeinderat prüft ein Pilotprojekt, bei dem öffentliche Plätze, wie Schulen und Bahnhöfe, von Kameras überwacht würden. Im Parlament waren dazu unterschiedliche Meinungen zu hören. "Das Pilotprojekt soll gestartet werden", verlangte etwa Hans-Peter Kohler (fdp). Prügler und Vandalen würden von Kameras abgeschreckt, davon sind auch die Vertreter des Jugendparlaments überzeugt. Martin Gerber (sp) zeigte sich dagegen skeptisch. "Videokameras sind fix, die Jugendlichen aber mobil." Die Probleme würden sich einfach an andere Orte verlagern. Die Überwachung durch Menschen sei daher effektiver als jene durch Kameras.

"Das Projekt kann nicht sofort gestartet werden", hielt Gemeinderat Ueli Studer (svp) fest. Der Grosse Rat des Kantons Bern habe zwar einen Beschluss gefasst, der die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen ermögliche. Allerdings müsse der Regierungsrat noch eine entsprechende Verordnung ausarbeiten. Diese sei nicht vor Mitte Juni zu erwarten. Studer erklärte zudem: "Projekte zur Videoüberwachungen müssen vom Kanton bewilligt werden."

In seiner Antwort auf den Vorstoss verwies der Gemeinderat ausserdem auf die bereits geleistete Präventionsarbeit. Genannt wurden etwa die runden Tische oder das Projekt "Cool in Köniz, cool in Wabern". Zudem soll noch in diesem Jahr eine Sicherheitsstudie in Angriff genommen werden. Die Interpellanten erklärten sich mit der Antwort "teilweise befriedigt".

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POLIZEI-PERSONAL
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BZ 11.2.09

Polizeischüler

Zu Unrecht entlassen

Die Note 2 im Fach Psychologie bei Zwischenprüfungen und "ungenügendes Verhalten" reichen nicht aus, um einen Polizeischüler von der Ausbildung auszuschliessen. Das bernische Verwaltungsgericht hat die kantonale Polizeidirektion zurückgepfiffen, die einen heute 30-jährigen Berner von der Ausbildung zum Polizisten freigestellt hatte. Die Vorgesetzte und der Polizeikommandant argumentierten mit "ungenügendem Verhalten" des Aspiranten.

Das Verwaltungsgericht hält nun aber in seinem Urteil fest, dass diese Begründung zu allgemein gehalten sei. Zudem sei das Prüfungs- und Notensystem der Polizeischule aussergewöhnlich streng, urteilte das Gericht.
wrs

Seite 26

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Verwaltungsgericht

Polizei entliess Schüler zu Unrecht

"Ungenügendes Verhalten" und eine 2 im Fach Psychologie reichen nicht, um einen Aspiranten von der Polizeischule auszuschliessen. Dies hält das Verwaltungsgericht fest. Ein 30-jähriger Berner darf die Ausbildung fortsetzen.

Die Ausbildungschefin und der Kommandant der Kantonspolizei Bern erlebten den heute 30-Jährigen nicht gerade als einfachen Polizeischüler. Er überschätze sich, handle egoistisch, sei überheblich und schlecht in die Klasse integriert. Vor der Polizeischule habe er zudem bereits drei Berufslehren abgebrochen.

Als der angehende Polizist in der zweiten mündlichen Zwischenprüfung gut sechs Monate nach Ausbildungsstart dann im Fach Psychologie mit der Note 2 abschloss, handelte die Ausbildungsverantwortliche. Sie reichte beim Polizeikommandanten wenig später den Antrag ein, das Probedienstverhältnis mit dem Aspiranten zu beenden.

Der Kommandant hiess den Antrag gut. Er stellte den Schüler per 31.März 2008 frei, zehn Monate nachdem dieser die einjährige Polizeischule begonnen hatte. Der Kommandant begründete den Entscheid vor allem mit der 2 in Psychologie, weiteren nur knapp genügenden Noten und dem persönlichen Verhalten des Schülers, das "ungenügend" sei. Die Ausbildungschefin hatte zudem angegeben, sie habe dem Schüler gegenüber generell ein "ungutes Gefühl".

Gründe "zu allgemein"

 Der Polizeischüler wehrte sich mit einer Beschwerde an die Polizei- und Militärdirektion (POM) gegen den Rauswurf - allerdings vergebens. Daraufhin zog er die Beschwerde weiter und hat nun vor Verwaltungsgericht Recht bekommen: Das Gericht hat den Entscheid der POM laut einem gestern publizierten Urteil jetzt aufgehoben.

Für das Gericht ist die Begründung des Kommandanten "zu allgemein und unbelegt". Der Hinweis auf "ungenügendes Verhalten" reiche nicht, um einen Rauswurf zu begründen. Die regelmässigen Standortbestimmungen hätten gezeigt, dass der Schüler die Verhaltensanforderungen erfülle und zum Teil übertroffen habe.

Es sei richtig, dass für Polizeischüler hohe Anforderungen an Charakterfestigkeit gestellt werden dürften, hält das Gericht fest (siehe auch Kasten). Allerdings habe die POM die Tragweite ihres Entscheids nicht erkannt: Für den Schüler sei es nicht nur um "bestanden" oder "nicht bestanden" einer Prüfung gegangen, sondern um den Verbleib in der Polizeischule. Damit könnten seine berufliche Entwicklung und seine wirtschaftliche Existenz direkt beeinflusst werden. Das Verwaltungsgericht hält auch fest, dass der 30-Jährige zwar drei Lehren abgebrochen, aber früher eine vierjährige Ausbildung als Wirtschaftsinformatiker abgeschlossen habe.

"Aussergewöhnlich streng"

Der Polizeischüler hatte an der Zwischenprüfung in allen sechs Hauptfächern ausser Psychologie genügende Noten erreicht und wies so insgesamt einen genügenden Schnitt auf. Im Reglement hingegen ist festgehalten, dass keine einzige Note der Hauptfächer unter 3 liegen darf.

Für das Gericht ist diese Regel "aussergewöhnlich streng" - auch, weil die Schüler keine Chance hätten, verpatzte Prüfungen zu wiederholen. Rechtlich sei es unhaltbar, von einer einzigen ungenügenden Note in einer Zwischenprüfung auf eine insgesamt "ungenügende Leistung" zu schliessen. Dafür müssten "besondere Gründe" vorliegen. Dies sei aber nicht der Fall. Laut Verwaltungsgericht hat der Schüler "vollumfänglich obsiegt". Das Kommando muss ihm den weiteren Besuch der Polizeischule nun ermöglichen. Die Polizei will das Urteil laut Medienstelle nicht kommentieren. Nur so viel: Der Entscheid werde "entsprechend disponiert".

Wolf Röcken

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Bund 11.2.09

Aspirant kämpft sich zurück

Verwaltungsgericht gibt einem Aspiranten recht, der sich gegen den Rauswurf aus der Polizeischule wehrte

Dölf Barben

Der Aspirant kassierte eine ungenügende Note in Psychologie, galt als überheblich und egoistisch - und flog von der Polizeischule. Doch er wollte das nicht akzeptieren - und hat nun recht bekommen.

Am 1. Mai 2007 war der damals 29-jährige Seeländer in die einjährige Polizeischule im Ausbildungszentrum in Ittigen eingetreten. Bei der zweiten Zwischenprüfung im Dezember kassierte er im Fach Psychologie die Note 2. Die Chefin Grundausbildung, die dem Aspiranten gegenüber auch sonst "ungute Gefühle" hegte und ihn als überheblich und egoistisch beurteilte, beantragte im Februar 2008 dessen Entlassung. Der Polizeikommandant folgte ihr und löste das Dienstverhältnis mit dem Aspiranten auf. Dieser wollte das nicht hinnehmen und beschwerte sich bei der Polizei- und Militärdirektion (POM) des Kantons Bern, man möge ihn zur weiteren Polizeiausbildung zulassen. Vergeblich. Die POM wies die Beschwerde ab. Der Mann liess nicht locker und wandte sich ans Verwaltungsgericht. Wie dem gestern veröffentlichten Urteil zu entnehmen ist, hat das Gericht dem Beschwerdeführer "vollumfänglich" recht gegeben. Das Polizeikommando habe zu veranlassen, dass er so bald wie möglich "die Polizeischule fortsetzen kann".

"Aussergewöhnlich streng"

Der Polizeiaspirant hatte in seiner Beschwerde festgehalten, es sei nicht nötig, dass jede einzelne Note von Zwischenprüfungen über der Note 3 liege. "Nach richtigem Verständnis" dürfe nur die Gesamtnote nicht unter der Note 3 liegen. Ausserdem seien die gegen ihn erhobenen Vorbehalte bezüglich seines Verhaltens nicht belegt.Das Verwaltungsgericht stellte fest, es sei nichts dagegen einzuwenden, Zwischenprüfungen entscheidendes Gewicht beizumessen. Allerdings reiche beim vorliegenden System bereits eine einzelne Note unter 3 aus, um von der Polizeischule ausgeschlossen zu werden. Eine Wiederholungs- oder Kompensationsmöglichkeit sei nicht vorgesehen. Selbst Aspiranten, die insgesamt sehr gute Noten erzielten, wären nach dieser strengen Promotionsregel zu entlassen, sobald sie eine deutlich ungenügende Note erzielten. Das Gericht hält fest, eine Promotionsordnung, die bei berufsrelevanten Prüfungen nicht mindestens eine Wiederholungsmöglichkeit vorsieht, sei "aussergewöhnlich streng" und "kann zu einem stossenden Ergebnis führen". In diesem Fall sei es erwiesen, dass der Aspirant in zwölf Zwischenprüfungen nur eine ungenügende Note erzielt habe. Der Schluss von der einzigen ungenügenden Note auf eine insgesamt ungenügende Leistung sei somit "rechtlich nicht haltbar". Zudem gibt das Gericht zu bedenken: "Die Ursachen eines einmaligen, auch deutlichen Misserfolgs können vielgestaltig sein."

"Ungutes Gefühl" reicht nicht

Das Verhalten des Aspiranten wird vom Gericht ebenfalls anders beurteilt als von der Polizeischule. Verschiedentliche Standortbestimmungen zeigten, dass dieser die massgebenden Verhaltensanforderungen regelmässig und zum Teil in wichtigen Bereichen übertroffen habe. Unter diesen Umständen könne allgemein gehaltener und unbelegter Kritik, wie sie die Chefin Grundausbildung vorgebracht hatte - "ungutes Gefühl" -, kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen werden. Die Auflösung des Dienstverhältnisses lasse sich demnach auch nicht mit ungenügendem Verhalten begründen.

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ANTISEMITISMUS
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Newsnetz 11.2.09

Strafanzeige gegen Holocaust-Leugner Williamson

Die Internationale Liga gegen Rassismus und Antisemitismus erstattet Anzeige gegen den britischen Bischof Richard Williamson.

Bischof Richard Williamson werde Leugnung von Verbrechen gegen die Menschheit vorgeworfen, teilte die Internationale Liga gegen Rassismus in Paris mit. Papst Benedikt XVI. hatte kürzlich die Ex-Kommunizierung Williamsons aufgehoben und damit für einen Aufschrei der Empörung gesorgt. Im "Spiegel" wird Williamson mit den Worten zitiert, er wolle sich vorerst nicht von seinen Positionen zum Völkermord an den Juden distanzieren. In einem Fernsehinterview hatte er die Existenz der Gaskammern abgestritten. Williamson gehört der konservativen Pius-Bruderschaft an. Diese entzog ihm als Reaktion auf seine Äusserungen bereits die Leitung seines Priesterseminars in Argentinien.

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St. Galler Tagblatt 11.2.09

Sind Juden Gottesmörder?

Die Rücknahme der Exkommunikation der Pius-Bruderschaft durch den Vatikan und die Leugnung des Holocausts haben in der katholischen Kirche blankes Entsetzen ausgelöst. Auch in Wil gehen aufgrund dieser Vorkommnisse die Wellen hoch.

Magnus Leibundgut

Mit der Rücknahme der Exkommunikation der Pius-Bruderschaft hat Papst Benedikt XVI. die Büchse der Pandora geöffnet und mit diesem Akt dem Unheil Tür und Tor geöffnet. Josef Fässler, Präsident des Kirchenverwaltungsrates, warnte an der gestrigen Pressekonferenz vor faschistoiden Tendenzen, die mit diesem Schritt des Papstes innerhalb der katholischen Kirche Einzug hielten: "Wie damals im Dritten Reich wird der Antisemitismus erst unterschwellig geübt, dann gehört er zum guten Ton, und wenn er dann zum Genozid führt, will sich niemand dafür verantwortlich fühlen. Es gilt nun, aufzustehen und den Tatbeweis zu erbringen, dass Faschismus nichts zu verlieren hat in der katholischen Kirche. Nun muss sich Solidarität manifestieren."

Widerstand gegen Faschismus

Meinrad Gemperli, Stadtpfarrer in Wil, fasste in einem kirchenhistorischen Rückblick die Entwicklung der Pius-Bruderschaft und deren Verhältnis zur katholischen Kirche zusammen. Die Kirchgemeinde erwarte, dass sich der Papst für die Vorgänge rund um die Zurücknahme der Exkommunikation entschuldige: "Der Dialog der ganzen Kirche mit dem Judentum ist unverzichtbar. Die offenen oder unterschwelligen Vorurteile gegen die Juden, wie sie in der Pius-Bruderschaft und anderen traditionalistischen Kreisen herumgeistern, müssen geklärt, aufgearbeitet und ausgeräumt werden."

Zudem müsse sich die ultrakonservative Pius-Bruderschaft zu den Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils und aller seither gewählten Päpste bekennen. Zu den wichtigsten Ergebnissen des zweiten Vatikanums gehörte auch eine Reform der Liturgie. Sie ersetzte die traditionelle lateinische Sprache der Messe weitgehend durch die Landessprache. Solchen Liberalisierungen widersetzten sich bald Traditionalisten wie der französische Erzbischof Marcel Lefebvre. Dieser gründete im Jahr 1970 die fundamentalistische Priesterbruderschaft Pius X., die eine Rückkehr zum sogenannten tridentinischen Ritus mit lateinischer Messe fordert.

Die Aufhebung der Exkommunikation war nur ein erster Schritt des Vatikans. Allerdings sind alle weiteren vorerst blockiert - bis geklärt ist, ob die Pius-Bruderschaft das Zweite Vatikanische Konzil in allen Punkten anerkennt, zum Beispiel das Ökumenismusdekret, die Erklärung über die Religionsfreiheit, die Liturgiekonstitution oder die Erklärung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen.

Ablehnung der Religionsfreiheit

Beispielsweise müsste deren Haltung zum Verhältnis zwischen Kirche und Staat genauso thematisiert werden. Denn die Bruderschaft lehnt nach eigenem Bekunden die Religionsfreiheit ab. Die Frage steht damit im Raum, wie es die Pius-Bruderschaft eigentlich mit den Grundrechten, staatlichen Gesetzen überhaupt und dem demokratischen Rechtsstaat hält. Die Pius-Bruderschaft in Wil verzichtete auf eine Stellungnahme bezüglich dieser aufgeworfenen Fragen.

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Auftreten statt Austreten

Die Katholische Pfarr- und Kirchgemeinde Wil lädt alle Mitchristen und jüdischen Mitbrüder und Mitschwestern der Stadt und Region zu einer öffentlichen Veranstaltung auf Montag, 16. März, 20 Uhr, in die Tonhalle Wil, unter dem Titel "Katholische Kirche: Quo vadis ... Auftreten statt Austreten" ein. Nach einer Podiumsdiskussion mit Persönlichkeiten aus der katholischen und der evangelischen Kirche und der jüdischen Gemeinschaft soll ein Dialog zwischen den verschiedenen Konfessionen und Religionen stattfinden. (pd.)

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Der Papst soll sich entschuldigen

Wils Katholiken wünschen von Papst und Kurie eine Entschuldigung. Den Entscheid des obersten Hirten, auch einen Holocaust-Leugner aus den Reihen der Pius-Bruderschaft wieder in den Schoss der Kirche aufzunehmen, bezeichnen manche von ihnen als "abscheulich" und "rassistisch".

Andreas Fagetti

Wil. Der Marmorboden glänzt wie glattpoliertes Eis, die Wände erstrahlen blütenweiss, in der Bank vorne links versenken sich fünf ganz in Schwarz gekleidete Nonnen ins Gebet, sieben Stufen führen hinauf zum Altar, der Tabernakel schimmert golden, und hebt der Kirchengänger den Blick, fällt er auf eine malerische Krönung der Muttergottes. Im prächtigen Gotteshaus der Priesterbruderschaft Pius X. an der St. Gallerstrasse 65 - einer Kathedrale ähnlicher als einer gewöhnlichen Kirche - lärmt an diesem Nachmittag selbst die leiseste Bewegung.

Vielleicht zwei Kilometer Luftlinie von diesem Hort der traditionalistischen Kontemplation äussern sich derweil in der Altstadt von Wil Stadtpfarrer Meinrad Gemperli, Kirchenratspräsident Josef Fässler und Pfarreiratspräsident Martin Kaiser an einer Pressekonferenz auch im Namen ihrer Gemeindemitglieder laut und unmissverständlich - insbesondere gegen die Aufhebung der Exkommunikation des Lefebvre-Bischofs und Holocaust-Leugners Richard Williamson.

Über 200 Reaktionen

Meinrad Gemperli - er ist seit 1962 Priester - hat in seinem Berufsleben noch nie einen solchen Sturm der Entrüstung erlebt. Über zweihundert Telefonanrufe, Mails und Briefe erreichten ihn nach dem Entscheid des Papstes. Nicht nur "Kirchenferne" und "Kritische", auch "Kirchennahe" und "Treue" äusserten "abgrundtiefe Enttäuschung, Zweifel und Verunsicherung".

"Sehr viele unserer Christen haben die Entscheidung als <abscheulich> und <rassistisch> bezeichnet", sagt der Stadtpfarrer. Noch manifestiert sich das nicht in einer Austrittswelle - bislang haben in Wil erst vier Personen der Kirche den Rücken gekehrt. Austreten betrachten die Kirchenvertreter der Äbtestadt ohnehin nicht als Alternative, auch wenn sie diesen Schritt respektieren. Ihr "Motto" lautete vielmehr: "Auftreten statt austreten!"

Seelsorgeteam, Kirchenverwaltungsrat und Pfarreirat distanzieren sich nun "in aller Form" von "diesen römischen Entscheidungen", weil sie viele Gläubige von der Kirche entfremdeten und den Dialog zwischen Juden und Christen "ganz erheblich" störten. "Noch mehr Sorge bereitet uns, dass damit wieder ein unterschwelliger Antisemitismus aufbrechen könnte, was ja auch nicht im Sinne Roms ist", sagt Meinrad Gemperli.

Gegen "faschistoide Tendenzen"

Kirchenverwaltungsratspräsident Josef Fässler sagt es so: Wie die Geschichte lehre, habe man aus Christenpflicht in solchen Situationen sofort und entschieden gegen "faschistoide und antisemitische Tendenzen" aufzutreten. Sonst werde Antisemitismus plötzlich wieder salonfähig.

Was die Wiler Katholiken ausserdem befremdet, sei die einseitige Versöhnungsbereitschaft Roms, halten die Wiler Exponenten fest. Die Kirche zeige sich offen gegen rechts. Hingegen sei die Versöhnungsbereitschaft gering gegenüber Geschiedenen, die sich wiederverheiratet haben, gegenüber verheirateten Priestern, gegenüber kritischen Theologen, wie etwa Südamerikas Befreiungstheologen. Verschiedene Äusserungen des Papstes zum Verhältnis zu den evangelischen und jüdischen Brüdern und Schwestern irritierten. Das Seelsorgeteam, Kirchenverwaltungsrat und Pfarreirat erwarten und erhoffen sich, dass sich der Papst und die römische Kurie entschuldigen "für die Vorgänge im Zusammenhang mit der Zurücknahme der Exkommunikation". Diese Entschuldigung dürfe nicht bloss in diplomatisch verklausulierter Sprache geschehen. Es müsse ein "neues und ehrliches Klima der Glaubwürdigkeit und Wertschätzung" geschaffen werden.

Der Dialog der Kirche mit dem Judentum sei unverzichtbar. Die offenen oder unterschwelligen Vorurteile gegen Juden, wie sie in der Pius-Bruderschaft und anderen traditionalistischen Kreisen herumgeisterten, "müssen geklärt, aufgearbeitet und ausgeräumt werden".

Kein Zurück hinter das Konzil

Seelsorgeteam, Kirchenverwaltungsrat und Pfarreirat seien entschlossen, den Weg des Zweiten Vatikanischen Konzils weiterzugehen. Religions- und Gewissensfreiheit - beides negiert die Pius-Bruderschaft -, Dialog mit dem Judentum und den nichtchristlichen Religionen, die modernen Liturgieformen und die Modernisierung der Kirche seien das unverzichtbare Erbe des Konzils. Allen verbalen Beteuerungen zum Trotz, dass am Geist und den Beschlüssen des Zweiten Vatikanums festgehalten werde, deuteten manche Vorgänge auf Kursänderungen hin, die hinter das Konzil zurückgehen und "es sogar aushebeln", wie Meinrad Gemperli festhält.

In Wil ist die Pius-Bruderschaft mit ihrem Neubau an der St. Gallerstrasse unübersehbar präsent. In ihre Kirche strömen Menschen aus der Region und aus dem nahen Ausland. Sie betreiben eine Schule. Und fallen in Wil durch Prozessionen und Wallfahrten auch optisch auf. Mit dieser Präsenz aber habe die aktuelle Stellungnahme nichts zu tun. "Wir hätten uns genauso geäussert, wenn es in Wil keine Pius-Bruderschaft gäbe", sagt Josef Fässler. Und die Pius-Bruderschaft in Wil? Sie mag sich gegenwärtig nicht öffentlich äussern.

Am 16. März lädt die katholische Kirchgemeinde zur öffentlichen Veranstaltung ein: "Katholische Kirche: Quo vadis... Auftreten statt austreten". Tonhalle Wil, ab 20 Uhr

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Der Name hinter der Priesterbruderschaft

Ohne Pius X. hätte die katholische Kirche und vor allem Papst Benedikt ein Problem weniger. Pius X. ist der Papst, auf den sich die Priesterbruderschaft Pius X. beruft. Sehr zu Recht.

Ulrich Fricker

Diverse Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils werden von der Priesterbruderschaft Pius X. abgelehnt. Die Vereinigung der Traditionalisten, 1970 von Marcel Lefebvre gegründet, beruft sich dabei auf einen Papst, der gut zu ihr passt, obwohl er schon 1914 gestorben ist - das war ein gutes halbes Jahrhundert nach dem Tod von Pius X. Bei ihm liegt der Schlüssel zur gegenwärtigen Krise des Papsttums, wie ein dunkler Schatten legt sich sein Erbe über den Nachfolger Benedikt XVI.

Pius X. regierte als Papst von 1903 bis 1914. Besonders scharf wandte er sich gegen die Protestanten. In einem Lehrschreiben von ihm heisst es über Lutheraner und Reformierte wörtlich: "Das sind stolze und rebellische Menschen, Feinde des Kreuzes Christi." Das sind starke Worte für einen Papst. Freilich, die Polemik war auf beiden Seiten kräftig und kaum geeignet, ein Gespräch im heutigen Sinne zu ermöglichen.

Wilson wird nicht empfangen

Doch geht Pius X. weit über die zeitübliche "Auseinandersetzung" hinaus. Verunglimpfung und Spott kennzeichnen seinen Umgang mit anderen christlichen Kirchen. Deshalb auch weigerte er sich, den amerikanischen Präsidenten Wilson, der ihn im Vatikan besuchen wollte, zu empfangen. Der Papst vergab die Chance, einen wichtigen Politiker zu hören. Und warum? Wilson war nicht katholisch.

Getrübte Wahrnehmung: Die Weltsicht dieses Papstes beschränkte sich auf den inneritalienischen Katholizismus. Er begann als Pfarrer und wurde - offenbar gegen den eigenen Willen - zum Papst gewählt. Da er nie in der päpstlichen Diplomatie gedient hatte, fehlten ihm diese Erfahrung und die Kenntnis fremder Länder. Politik war ihm ein Greuel, als einzig denkbare Staatsform kam die Monarchie in Frage. Die Republik und damit die Wählbarkeit von Amtsinhabern war ihm ein Werk des Teufels. "Gegen die Politik zeigte der Papst anfangs eine Abneigung, die fast demonstrativ wirkte", heisst es in einem Standardwerk zur Geschichte der Päpste. Gegen die Versuchung der Politik und die Verwerfungen der Welt sah Pius nur ein Kraut gewachsen: den Integralismus.

Die Moderne macht Angst

Hinter diesem sperrigen Wort verbirgt sich eine trotzige Reaktion auf alle technischen und sozialen Neuerungen um 1900. Das heisst im Klartext: Pius X. und seine Anhänger misstrauten der modernen Zeit und dem Fortschritt, ohne ihn geprüft zu haben. Von Dampfmaschine bis Elektrizität: Der Pontifex war Feind aller Innovation. Schwierig wird diese Einstellung nicht allein bei der Fortbewegung - um 1900 war das junge Automobil kaum schneller als eine Pferdekutsche. Schwierig gestaltet sich das eher bei neuen Ideen.

Gegen die Juden

Pius verlangte strikt, alles und jedes aus dem Glauben zu erklären. Zum Beispiel in den Naturwissenschaften. Der Papst forderte, von der damals neuen Evolutionstheorie keine Notiz zu nehmen. Die Schöpfung müsse aus dem alttestamentarischen Bericht gedeutet werden. Charles Darwin galt ihm deshalb als Kirchenfeind (und Häretiker, da er nicht katholisch war). Der Integralismus hat die katholische Kirche um Jahrzehnte zurückgeworfen. Ihr Zugang zur Moderne war dadurch verzögert, rationales Denken galt als unvereinbar mit dem Glauben.

Die Juden sind ein anderes Kapitel aus dem Leben dieses Mannes. Von vielen seiner Zeitgenossen unterscheidet Pius sich dabei nicht - Antisemitismus war damals eine durchaus verbreitete Haltung. Pius verschärfte das freilich, sein Antijudaismus erneuerte eine alte Theorie, der bei Bedarf immer wieder Leben eingehaucht wurde. Die Juden, so besagt diese Meinung, seien die Mörder Christi. Deshalb seien sie verworfen unter den Völkern.

Verschwörung der Freimaurer

Für Papst Pius gab es den hellen heilen Kosmos des Katholischen - und die dunkle Welt mit ihren Fallstricken. Eine der Gegenmächte waren die Logen der Freimaurer, gegen die er heftig wetterte. Pius X. glaubte an eine Verschwörung im globalen Massstab, die die Freimaurer betrieben. Schliesslich installierte er eine Art innerkirchlichen Geheimdienst, der die eigenen Mitarbeiter und Bischöfe auf Linientreue hin überprüfte. Pius X. ahnte, dass nicht alle seiner Meinung vertraten.

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RASSISMUS
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20 Minuten 11.2.09

Türsteher belastet O-Five-Pub-Chef

ST. GALLEN. Der Türsteher des O-Five-Pubs in St. Gallen, der im Januar einen 45-jährigen IV-Rentner schwer verletzt hatte, ist aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Gegen ihn läuft eine Strafuntersuchung. Gleichzeitig hat die Staatsanwaltschaft gegen Pub-Besitzer Maarouf Itani Anklage wegen Rassismus erhoben: Er hatte in einem Radiointerview gesagt, dass er grundsätzlich keine Albaner, Jugoslawen und Schwarze in sein Lokal lasse (20 Minuten berichtete). Bei der Einvernahme behauptete er dann, es stimme nicht, dass er gewissen Ausländern den Zutritt verweigere. Der Türsteher gab nun aber gegenüber dem zuständigen Untersuchungsrichter Max Imfeld an, er sei von seinem Chef angehalten worden, keine "Albaner, Jugoslawen, Türken und Schwarze" ins Pub zu lassen. sda/sas

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Zürichsee-Zeitung 11.2.09

St. Gallen Rassismus-Anklage gegen St. Galler Pub-Besitzer

Türsteher aus Untersuchungshaft entlassen

Der Türsteher, der einem IV-Rentner den Zutritt zu einem Pub verweigert und den 45-Jährigen dabei schwer verletzt hat, ist auf freiem Fuss.

Nebst der Anklage gegen den Türsteher wird parallel dazu gegen den Pub-Besitzer Anklage wegen Rassismus erhoben. Das erklärte Max Imfeld, zuständiger Untersuchungsrichter der Staatsanwaltschaft St. Gallen, am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Gegen den Türsteher, der den IV-Rentner verletzte, läuft gegenwärtig eine Strafuntersuchung.

Der Türsteher des St. Galler Pubs hatte am 23. Januar einen psychisch behinderten Mann mit Gewalt am Betreten des Lokals gehindert. Der 45-jährige Schweizer erlitt einen komplizierten Bruch des Oberarms.

Der schwer verletzte Mann ist durch Zufall auf dem Heimweg in Romanshorn TG von der Polizei aufgegriffen und ins Spital gebracht worden. Nur dank einer sofortigen Operation konnte die Amputation des Armes verhindert werden.

Aussagen am Radio

Gegen den Pub-Besitzer läuft ein Strafverfahren wegen Rassismus. Er hatte in einem Radio-Interview gesagt, dass er grundsätzlich keine Albaner, Jugoslawen und Schwarze in sein Lokal lasse.

Imfeld prüfte, ob der Pub-Besitzer mit seiner Aussage die Antirassismus-Strafnorm verletzt habe. Am Montag hat der Untersuchungsrichter den Mann erstmals einvernommen. Dabei habe der Wirt behauptet, es stimme nicht, dass er systematisch gewissen Ausländern und Dunkelhäutigen den Zutritt verweigere.

Der Türsteher habe bei einer Einvernahme gesagt, er sei von seinem Chef angehalten worden, keine Albaner, Jugoslawen, Türken und Schwarze ins Pub zu lassen. Imfeld wird nun gegen den Besitzer des Pubs Anklage erheben wegen Rassismus, wie er am Dienstag sagte. (sda)

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TEENAGER-HATZ
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St. Galler Tagblatt 11.2.09

Mit hohen Pfeiftönen abschrecken

Ungewöhnliche Abschreckungsmethode beim Einkaufszentrum Novaseta: Geräte, die nervige Hochfrequenztöne aussenden, sollen herumlungernde Jugendliche fernhalten. Die "Anti-Teenager-Sirene" ist umstritten. An verschiedenen Orten sind sie bereits verboten. Die Rechtsgrundlagen sind vage.

Max Eichenberger

Das Einkaufszentrum Novaseta ist einer von über einem Dutzend Standorten auf städtischem Gebiet, wo Jugendliche sich treffen und herumlungern. Dabei schrecken sie nicht vor Sachbeschädigungen zurück.

Bis hin zu Schlägereien

"Erst letzten Donnerstag ist bei der Import-Parfümerie, im Bereich des Hintereingangs, eine Scheibe eingeschlagen worden", berichtet der vollamtliche Hauswart Islam Saditki, "nicht zum ersten Mal." Manchmal arteten Zusammenrottungen gar in Schlägereien aus.

Der Novaseta-Geschäftsführer Markus Edelmann spricht von einem grösseren Problem und teils brutalen Übergriffen. In der kälteren Jahreszeit verlagerten sich die Treffs selbst in die Mall und das Restaurant. "Wir müssen immer wieder an den Anstand appellieren und Jugendliche zurechtweisen." Intern werde überlegt, wieder auf Securitas-Kräfte zurückzugreifen, um durch deren Präsenz mehr Ordnung zu gewährleisten.

Akustisch vertreiben

Um dem lästigen Problem Herr zu werden und "Herumhänger" vom Einkaufszentrum fernzuhalten, hat man in der Liegenschaftsverwaltung zu einem technischen Abschreckungsmittel gegriffen: Hochfrequenztöne, die von erwachsenen Personen über 25 in der Regel nicht mehr wahrgenommen werden, sollen den ungebetenen Gästen an die Nerven gehen und sie vertreiben. Die Methode ist nicht unumstritten.

Derartige "Anti-Teenager-Sirenen" zum Schutz der Eigentümer- und Mieterinteressen - eine englische Erfindung - sind schon vor einigen Monaten bei der Novaseta montiert worden, dies ohne Rücksprache mit Behörden. "Abgesehen davon, dass wir keine Kenntnis von einer solchen Installation haben, sind die Geräte nicht bewilligungspflichtig", sagt Bruno Grimm von der Bauverwaltung. "Wir sind", so Bauverwalter Hermann Jordan, "bisher auch nie konfrontiert worden."

Doch gesetzliche Handhabe?

Stephan Felber, Generalsekretär des Departementes für Justiz- und Sicherheit, bestätigt: "Es gibt keine Bewilligungspflicht nach kantonalem Recht und keine diesbezüglichen expliziten Bestimmungen." Es bestehe auch keine eidgenössische Norm. Der Bundesrat hat sich gegen ein generelles Verbot ausgesprochen. "Allenfalls", meint Marco Sacchetti, Generalsekretär im Departement Bau und Umwelt, "könnte man sich auf eine Generalklausel im Umweltschutzgesetz berufen." Danach seien "lästige und störende Auswirkungen zu vermeiden".

Anderswo wird eingeschritten

Anders in Chur: Dort verfügte die Polizeibehörde die Demontage der Geräte, die ein Hotelier vor seiner Liegenschaft installiert hatte. Das Polizeigesetz verbietet den Einsatz von akustischen Geräten, die auf Nachbargrundstücken stören. Das Verwaltungsgericht hat nach einem Rekurs den Demontage-Entscheid geschützt. In Genf liess der Justizdirektor die akustische "Geheimwaffe" im ganzen Kanton verbieten. Auch in Bern ist der "belästigende Gebrauch von Tonverstärkern" untersagt.

Bedenken des Kantonsarztes

Die nervigen Signaltöne bei der Novaseta nehmen neben der "Zielgruppe" auch normale junge Novaseta-Kunden wahr, darunter Kinder. "Säuglinge und kleine Kinder haben ein viel empfindlicheres Gehör als Erwachsene", gibt Kantonsarzt Max Dössegger zu bedenken. Dass eine solche "Lärmverschmutzung" mit Hochfrequenztönen Mode werde, finde er "zumindest fragwürdig", sagt Dössegger, der bislang mit keinem solchen Fall konfrontiert worden ist. "Mein Grundsatz ist, dass von diesen Geräten keine gesundheitliche Gefährdung insbesondere in Wohn- und frequentierten Zonen ausgehen darf."

Verwalter: "Legitimes Mittel"

Enerviert und zugeknöpft reagiert der zuständige Verwalter der Goldinger Immobilien Treuhand AG, dass über unbescholtene jugendliche Novaseta-Kunden via Eltern und Tagblatt- Recherchen die fragwürdige Abwehrmethode gegen Herumlungerer bekanntgeworden ist.

Er will seinen Namen nicht veröffentlicht haben und verteidigt sie als "legitimes Mittel", um die Liegenschaft primär vor Sachbeschädigungen zu bewahren.

Pikant: Eigentümerin des Novaseta-Gebäudeteils ist die Suva, (Schweizerische Unfallversicherungsanstalt). Immerhin beruhigt der Leiter Akustik der Suva, dass vom Gerät keine Gehör-Gefährdung ausgeht - "sofern es korrekt montiert ist". Das sei der Fall, betont Hauswart Saditki, der mittels Fernbedienung die "Mosquitos" zu bestimmten Zeiten einschaltet.

Eine andere Dimension

Für den Arboner Bezirksstatthalter Arnaldo Homberger ist klar: Mosquitos haben eine "andere Dimension" als optische Bewegungsmelder. Denn: Könnten gesundheitliche Schäden oder Beeinträchtigungen womöglich Unbeteiligter nachgewiesen werden, hätte man es gar mit einem Fall von Körperverletzung zu tun. Darum rät das Bundesamt für Umwelt von solchen Geräten ab.

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Stichwort

Mosquito SMK II

Der gut zu tarnende kleine Lautsprecher sendet unregelmässig ein hohes Pulssignal aus, das Menschen unter 25 Jahre als höchst unangenehm empfinden. Neun von zehn über 30jährige nehmen Frequenzen über 17 Kilohertz gar nicht mehr wahr.

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Befragt

Heikel

Veronika Merz, Stadträtin, Ressort Einwohner / Sicherheit

Wie stellt sich die Stadt zur Abschreckungsmethode?

Mir ist nicht bekannt, dass bei der Novaseta ein solches Gerät installiert ist. Alles, was mit Überwachung und Vertreibung zu tun hat, ist heikel. Die Frage, ob das rechtens ist, liegt in kantonaler Hoheit. Wir haben bei uns keine eigenen gesetzlichen Regelungen. Bei Videoüberwachung oder ähnlichen Interventionen gibt es die klare Vorgabe, dass dies bekanntgemacht werden muss. "Mosquitos" sind für uns Neuland.

Was halten Sie persönlich davon?

Ich würde es für sinnvoller halten, koordiniert nach Lösungen zu suchen, wenn man sich belästigt fühlt. Wir haben von der Stadt aus Sicherheitspatrouillen im Einsatz und bemühen uns, mit der aufsuchenden Jugendarbeit direkt mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Man wäre gut beraten, gemeinsam die Situation zu beurteilen. Das ist bis jetzt immer der richtige Weg gewesen. (me)

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ROCKER VS NEONAZIS
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20 Minuten 11.2.09

Provokation kam von Skinheads

Lauterach (A). Im Tötungsfall von Lauterach bei Bregenz, bei dem am Sonntagmorgen ein 20-jähriger Neonazi erstochen wurde, meldete sich gestern ein Zeuge zu Wort. Gegenüber Vorarlberg Online sagte einer der Biker, in deren Clublokal die Tat geschah, dass die Rechtsradikalen die Auseinandersetzung provoziert hätten. Gegen den 26-jährigen Biker, der den Neonazi getötet haben soll, wird wegen Mordes ermittelt.

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GIPFELSOLI-NEWS 10.2.09
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gipfelsoli.org/Newsletter 10.2.09

10.2.2009 Strasbourg/ Baden-Baden -- La Maddalena -- Huntsville

- Länderübergreifender Ausnahmezustand im April
- Wurfattacken auf mehrere CDU-Büros
- Im April, da geht was
- Die Panzerknackerin...
- Broschüre zur diesjährigen Antinato-Mobilisierung
- G8 auf La Maddalena, La Russa befürchtet Proteste: "Ich hoffe, es gibt keine Verletzte"
- Hotels für den G8 "beschlagnahmt"
- G8, Touristen-Barkassen einen Monat lang blockiert
- CALL FOR PAPER PROPOSALS FOR A WORKSHOP ON "THE SURVEILLANCE GAMES"
Mehr: http://www.gipfelsoli.org/Newsletter/6067.html

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ANTI-ATOM
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Finanz und Wirtschaft 11.2.09

Schwedens atomare Wende

René Bondt

Im Grunde müsste Europas Atomlobby dem russischen Staatskonzern Gazprom danken. Weder die Argumente zur Klimaerwärmung noch die Warnung vor preistreibenden Engpässen im Erdölsektor leisteten dem Comeback der Kernenergie solche Helferdienste wie der weit über die Ukraine hinaus fühlbare jüngste Gasdisput zwischen Moskau und Kiew.

Die auffälligste Reaktion kam von unerwarteter Seite. Schwedens bürgerliche Vierparteienallianz hat das 1981 per Volksvotum erzwungene Atommoratorium mit stufenweiser Stilllegung sämtlicher Kernkraftwerke im Land widerrufen und strebt die bruchlose Ersetzung der zehn heute laufenden Meiler durch neue Reaktoren an. Die grün-rote Opposition protestierte sogleich lauthals gegen den Umkehrkurs der Regierung von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, der die Einigung im bürgerlichen Lager vor allem deshalb "historisch" nannte, weil sich die bäuerliche Zentrumspartei erstmals nach drei Jahrzehnten zur ideologischen Wende im Geschäft mit den Atomen bekannte.

 Ganz aus heiterem Himmel haben sich die Skandinavier nicht umbesonnen. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Ausstiegsplänen, die Schwedens nukleare Stromproduktion bis 2010 zu beenden trachteten, wurde nur ein einziger Reaktor in Barsebäck bei Malmö abgeschaltet. Die übrigen zehn hat man so effektvoll nachgerüstet, dass der Dreikronenstaat heute über mehr Atomstrom verfügt denn je - obwohl das grossflächige und dünn besiedelte Land zur Gewinnung erneuerbarer Energie geradezu prädestiniert zu sein scheint. Das Kabinett Reinfeldt hat sich denn auch bemüht, seine Kehrtwende in Sachen Kernkraft als Bestandteil eines umfassenden Klimaschutzprojekts mit starker Förderung der Windenergie zu deklarieren.  Vom Stockholmer Nuklearrückzieher geht beträchtliche Signalwirkung aus, zumal Schweden im zweiten Semester die Europäische Union präsidieren wird. Britische und französische, aber auch osteuropäische Rückendeckung ist den Nordländern in der EU bereits gewiss. Und sollte nach den deutschen Herbstwahlen 2009 ein CDU-FDP-Bündnis die mittlerweile weitgehend erschlaffte rot-schwarze Koalition ablösen, so könnte auch in Berlin das scheinbar in Stein gemeisselte Ausstiegsszenario kippen.

Das wiederum bliebe wohl nicht ohne Einfluss auf die Schweiz, wo die Stromproduzenten Axpo, BKW und Alpiq Rahmenbewilligungsgesuche für neue AKW in Beznau und Mühleberg eingereicht haben. Tschernobyl ist passé, globaler Energiehunger dagegen ein Thema von brennender Aktualität.

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Französische Kernenergie lässt Axpo & Co. hoffen

Importe aus Frankreich stärken Schweizer Strommix - Nachrüsten und Abgaben erhöhen Gestehungskosten - Reizvolle Stromtitel

Christoph Gisiger

Energie aus französischen Kernkraftwerken ist für die Schweizer Stromwirtschaft von grosser Bedeutung. Bleibt die Reaktorflotte des Branchenriesen EDF länger als vorgesehen in Betrieb, so profitieren davon auch Axpo, Alpiq oder BKW. Das Nachrüsten altgedienter Kernanlagen und wachsende Begehrlichkeiten in Paris verteuern kurzfristig jedoch die Produktion.

Über das Engagement der Schweizer Strombranche in Frankreich ist in der breiten Öffentlichkeit nur wenig bekannt. Es bestehen aber namhafte Beteiligungen an den Kernanlagen Cattenom, Fessenheim und Bugey, zu denen sich generelle Bezugsrechte aus dem EDF-Kraftwerkpark sowie Einzelverträge gesellen. Insgesamt dürfte es sich um Kapazitäten von rund 3000 Megawatt (MW) handeln, was etwa dreimal der Leistung des Kernkraftwerks Gösgen entspricht. Ihren Anfang nahm die nukleare Liaison, als der Bau neuer Reaktoren in der Schweiz zusehends schwieriger wurde, was die Branche nach Frankreich ausweichen liess.

Gigantische Cashmaschine

Lange als Fehlinvestition bezeichnet, hat sich der Kraftwerkpark von EDF in den letzten Jahren dank steigender Energiepreise zu einer gut geschmierten Cashmaschine entwickelt. Anders als fossilbefeuerte Kraftwerke sind die Anlagen den heftigen Schwankungen der Preise von Primärenergieträgern wie Öl, Gas oder Kohle nicht ausgesetzt und stossen kaum CO2 aus. Der Stromverbund Axpo etwa beziffert seine Gestehungskosten für Kernenergie aus Frankreich auf 5 bis 5,5 Rp. pro Kilowattstunde (kWh), während der Preis im Marktsegment Schweiz an der Energiebörse EEX das Doppelte beträgt.

Kein Wunder also, suchen Stromkonzerne nun weltweit den Betrieb bestehender Kernkraftwerke zu verlängern. Von den 58 Reaktoren in Frankreich läuft für die 18 dienstältesten der 900-MW-Klasse zwischen 2015 und 2020 die Betriebsbewilligung aus. Eine Betriebsverlängerung auf sechzig Jahre würde mit jedem Block einen zusätzlichen Wert von 1,2 Mrd. € und einen "ziemlich gigantischen" Cashflow einbringen, drückte sich EDF-Finanzchef Daniel Camus jüngst aus. Gleichzeitig könnte EDF die enormen Investitionen zum Ersatz der altgedienten Reaktoren verringern, zumal im kommenden Jahrzehnt ohnehin bereits 12 bis 20 Mrd. € für ehrgeizige Projekte zum Bau neuer Kernkraftwerke in China, Frankreich, Grossbritannien und in den USA budgetiert sind.

Von einer Betriebsverlängerung für die französischen Kernanlagen dürfte auch die Schweizer Stromwirtschaft profitieren, sind gewisse Bezugsrechte doch an die Lebensdauer einzelner Reaktorblöcke geknüpft. Die französische Nuklearsicherheitsbehörde ASN hat bereits ihre Bereitschaft signalisiert, die Betriebsdauer der betreffenden Standorte zu verlängern, falls die technischen Voraussetzungen erfüllt sind. Das dürfte durchaus machbar sein, zumal etwa in den USA die Sicherheitsbehörden schon für die Hälfte der über hundert Reaktoren eine Lebensverlängerung auf sechzig Jahre erlaubt haben.

Die Nachrüstung der Reaktoren geht allerdings mit namhaften Investitionen in den Ersatz von Dampferzeugern, Generatoren und Transformatoren einher. Zudem will EDF den technischen Stand der Anlagen auf weltweites Spitzenniveau hieven, um den heimischen Kraftwerkpark im Zeichen der nuklearen Expansionsstrategie als mustergültiges Vorzeigeobjekt zu nutzen. Ausser Programmen für Fachkräfte zählen dazu auch verbesserte Zufahrtsstrassen oder ein neuer Farbanstrich der Gebäude. Nachdem die Gestehungskosten in Frankreich für Axpo im letzten Jahr bereits 5 bis 8% gestiegen sind, ist daher mit einer weiteren Zunahme zu rechnen.

Hinzu kommt, dass die französische Regierung keine Mühen scheut, die heimische Grossindustrie zu stützen. Viele Unternehmen hatten sich im Zug der Liberalisierung von den Stromlieferverträgen mit EDF gelöst und ihre Energie zu günstigeren Konditionen am freien Markt bezogen. Seither hat sich das Preisgefüge jedoch zu ihrem Nachteil verschoben, weshalb Paris ein Programm mit Namen TRTAM lanciert hat, das die Energiekosten der Industrie zulasten von Produzenten und Kleinkonsumenten vergünstigt. Mit Blick auf die Konjunkturflaute ist es daher gut möglich, dass Paris zu weiteren Massnahmen greift: "Die Franzosen sind kreativ, wenn es darum geht, zusätzliche Abgaben zu erfinden", befürchtet Axpo.

Bilaterale entscheidend

Alles in allem bringt das Engagement in Frankreich den Schweizer Stromkonzernen viele Vorteile. Unter anderem dient diese Energie für das Transitgeschäft mit Italien oder zur Bewirtschaftung der Speicherseen. Bleiben die Reaktoren der EDF länger am Netz, spricht das demnach auch für Stromvaloren wie Alpiq, EG Laufenburg oder BKW. Entscheidend ist aber, ob sich der privilegierte Zugriff auf die Stromleitungen aus Frankreich aufrechterhalten lässt. Das ist ein zentraler Punkt im Stromdossier der bilateralen Verhandlungen mit der EU. Gelingt es hier nicht, die Interessen der Schweiz zu wahren, könnten sich die Importe weit drastischer verteuern.