MEDIENSPIEGEL 16.2.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kultur-Rückblick (DS, Tojo)
- 80 Jahre Bernhard Luginbühl - 20 Jahre Luginbühl-Ausstellung Reitschule
- Sexwork Lorraine: wohin jetzt?
- SVP + die Männerkriminalität
- Pnos akzeptiert Schuldspruch
- Neonazi-Überfall auf Gewerkschafter nach Dresden-Demo
- Katholische Fundis und extreme Rechte
- Gipfel-Soli-News 15.2.09

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REITSCHULE
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- Feb 09: Beteiligt Euch an der Vorplatz-Präsenz!!!

PROGRAMM:

Mi 18.02.09  
19.00 Uhr - SousLePont - Skandinavien Spezialitäten
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel; Küche: Restaurant Dampfzentrale mit Texten von Franz Hohler "Weltuntergang"
20.30 Uhr - Tojo - Frontex. Compagnie Majacc. Idee/Regie: Roger Binggeli Bernard

Do 19.02.09
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel; Küche: Restaurant Dampfzentrale mit Texten von Franz Hohler "Weltuntergang"
20.30 Uhr - Kino - Kurdischer Filmzyklus: Bawke, Hisham Zaman, Norwegen 2005, 15 Min. Vinterland, Hisham Zaman, Norwegen 2007, 52 Min
20.30 Uhr - Tojo - Frontex, Compagnie Majacc. Idee/Regie: Roger Binggeli Bernard

Fr 20.02.09
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel; Küche: Restaurant Dampfzentrale mit Texten von Franz Hohler "Weltuntergang"
20.30 Uhr - Tojo - Frontex. Compagnie Majacc. Idee/Regie: Roger Binggeli Bernard
21.00 Uhr - Kino - Kurdischer Filmzyklus: Fermîsken Ava Ze - Die Tränen des Zap, Halil Uysal, Kurdistan 2005, 29 Min. The land of legend, Rahim Zabihi, Kurdistan/Iran/D 2008, 73 Min
23.00 Uhr - Dachstock - Groovebox: Galoppiernde Zuversicht (ZH), Trauma Duo (BE), Wildfang (BE), Alex Like & Lelektro (BE). Stil: analoger Elektro

Sa 21.02.09
19.00 Uhr - SousLePont - Afrika Spezialitäten
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel; Küche: Restaurant Dampfzentrale mit Texten von Franz Hohler "Weltuntergang"
20.30 Uhr - Tojo - Frontex. Compagnie Majacc. Idee/Regie: Roger Binggeli Bernard
21.00 Uhr - Kino - Kurdischer Filmzyklus: Hêlîn, Sibel Akkulak, Türkei 2007, 13 Min. Handful of Ash, Nabaz Ahmed, Irak 2007, 33 Min. Kevoka Spî, Viyan Mayî, Irakisch-Kurdistan 2008, 30 Min
22.00 Uhr - SousLePont - One Love Jam: Effalum & Friends, Support: DJ's Cide by Side, Angel by Fall Soundsystem, Jonas Selekta, Zion Sounds Int. Stil: Live African Drum Jazz
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: Limewax (UK/NL), Deejaymf, VCA, S.I.P, Sylek. Stil: Drum'n'Bass

So 22.02.09
20.00 Uhr - Frauenraum - Sex am Sonntag (mit Barbetrieb ab 19.00 Uhr): No body is perfect, Raphaël Sibilla, F, 2006, 110 min. Doku über Body Modification und Sex zwischen Lust & Schmerz. Sex, Tattoo & Rock'n'Pain-Show"

Infos: www.reitschule.ch

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kulturstattbern.derbund.ch 14.2.09

Do The Voodoo

Von Gisela Feuz um 14:00    [ Nachtleben & Freizeit ]

The Monsters

Es stellt sich die Frage, ob es überhaupt nötig ist, hier von der gestrigen Voodoo-Rhythm-Benefiz-Veranstaltung im Dachstock zu berichten, weil offensichtlich sowieso ganz Bern inklusive Cervelat-Prominenz und Agglomeration da war. Wenn der Voodoo-Master Beat-Man zum nächtlichen Reigen ruft, dann kommen sie nämlich alle, und zwar nicht nur die bleichen, tätowierten und beringten Kinder der Nacht, sondern auch die etwas weniger auffällig dekorierten Zeitgenossen.

Was geboten wurde, war denn auch grosser Voodoo-Zauber: Die unverwüstlichen Seniles punkrockten wie eh und je, wobei Sänger Alain eigentlich auch gleich den sexiest-man-alive-Award verdient hätte, denn selten wurden Bauarbeiter-Dekoltee* und veritable Bierwampe inklusive Tätowierungen der Marke "Selbstgestochen" mit so viel Stolz präsentiert. Respekt!

Respekt verdienen denn auch die "Mammelifigger" von Allschwil Posse. Die beiden Rap-Lümmel Horny und Folio sind wahrscheinlich die einzigen, die es sich erlauben können, das anwesende Publikum zu beschimpfen und zu beleidigen, um dafür auch noch johlenden Applaus einzustecken. Innerhalb kürzestes Zeit hatten die "Mier sind Allschwil, wär sind ier?"-Herren dank ihren Rumpel-Reimen mit äusserst unterhaltsamem Inhalt das Publikum im Sack. Respekt zum Zweiten, ihr "Kanarievogelfigger"! Schade bloss, wars so kurz.

Der Voodoo-Chef selber liess es sich im Anschluss nicht nehmen, mit seinen Mannen eine Zeremonie erster Güte zu veranstalten und seine Anhänger in extatische Zuckungen zu versetzen. Laut und ruppig wars, eben genau so, wie es sein soll. Und wer die Monsters kennt, der weiss, dass die Herren dank adretten roten Dinner-Jackets auch optisch stets eine gute Falle machen. Respekt zum Dritten!

*Als Bauarbeiter-Dekoltee wird gemeinhin der Spalt bezeichnet,welcher bei tiefsitzenden Hosen hinten oben rauslugt. Ich bedanke mich an dieser Stelle beim Herrn Hühnerbrater für diese doch eminent wichtige Erweiterung meines Wortschatzes.

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Para- oder poststaatlich?

Von Nicolette Kretz um 09:30    [ Tanz & Theater ]

Wie Herr Pauli schon vor ein paar Tagen bemerkte, ist die Finanzkrise im kulturellen Bereich wirtschaftlich noch kaum, aber inhaltlich doch schon heftig zu spüren. Während uns der Club 111 die Krise erklärt, zeigen uns KMUProduktionen im Tojo, was danach kommen könnte.

Unter dem Titel "Genossenschaft jetzt!" präsentieren sie uns ihre Utopie der Zeitgenossenschaft, einem Genossenschaftsbund inmitten der Eidgenossenschaft. Im Zentrum steht eine Bäckerei- und Bierkooperative, die plötzlich vor einer grossen Wahl steht: Bier oder Wasser, post- oder parastaatliche Strukturen?

Tim Zulaufs Text ist klarer Protagonist in dieser Inszenierung. Die sechs Figuren dreschen mit riesigen Wortkaskaden auf einander und auf das Publikum ein. Keiner fällt dem andern ins Wort. Jeder wartet auf den richtigen Zeitpunkt, um die Parole wieder an sich zu reissen und dann teils wild gestikulierend seine eigenen Theorie zur Lage von sich zu geben.

Jede Figur hat seine feinen sprachlichen Eigenheiten, welche sie charakterisiert. Und es genau diese Stärke des Stückes, welche den Abend vor Langeweile bewahrt. Denn manchmal wird da schon bis zum Unerträglichen verhandelt. Basisdemokratie halt.

Das Stück läuft noch bis Sonntag im Tojo!

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80 JAHRE LUGINBÜHL
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Bund 16.2.09

Schwere Frucht erntet Dank

Dem Berner Künstler Bernhard Luginbühl zu seinem achtzigsten Geburtstag

Er hat Steinbildhauer gelernt und ist Eisenplastiker, Aktionskünstler, Zeichner, Druckgrafiker, Filmemacher und Schreiber geworden: Am 16. Februar 1929 wurde Bernhard Luginbühl in der Berner Lorraine geboren, demnach wird er heute achtzig. Dazwischen schuf er ein ganzes Universum.

Ein Blick zurück: Vor zwanzig Jahren konnte Bernhard Luginbühl in der Reithalle und im Kunstmuseum Bern erstmals eine Gesamtschau seines plastischen Schaffens zeigen, und er baute diese den auch als ein unvergessliches Gesamtkunstwerk auf. Darin traten nicht allein seine mächtigen Eisenfiguren zu einem Stelldichein der Giganten an, das als ein Welttheater bezeichnet werden könnte oder gar als ein verrücktes Ballett der Schwergewichte, sondern auch die Tausenden von Besuchern - Kinder mit Grosseltern, Laien, Kunsthistoriker und Künstlerkollegen, Lachende und Kopfschüttler, die ganze Palette - wurden einbezogen in die grosse Schau, liessen sich dazu verführen über den gewaltigen "Boss" hinunter zu rutschen und lernten vor allem wieder zu schauen und zu staunen.

"Kataloglebenslauf"

Heute geht es auch darum, diese Ausstellung in Erinnerung zu rufen, weil Bernhard Luginbühl mit ihr ein Zeichen gesetzt und bewiesen hat, welch einzigartigen, vielfach bespielbaren und Leute aller Schichten vereinigenden Kulturraum Bern mit der immer noch und wieder neu bedrohten Reitschule und -halle besitzt.

Aber mehr noch sei auf den selbst geschriebenen "Kataloglebenslauf" hingewiesen, den Bernhard Luginbühl am Sonntag, den 7. Mai 1989 seiner Frau Ursi unter dem grossen Dach ihres Bauernhauses zu Mötschwil in die ebenfalls "grosse alte hermes-ambassador schreibmaschine" zu diktieren begann. Er wurde nicht gleichentags fertig.

Auf der letzten Seite steht: "zuende gehastet von Bernhard Luginbühl am 16. Juli 1989." Am 19. August fand das grosse Vernissagefest statt. Mit dem Wörtchen "DANK" beginnt der letzte Abschnitt, geschrieben mit grossen Buchstaben, wo sonst konsequent Kleinschrift gilt. "DANK den leuten, frauen und männern, den frauen mehr und den kindern, die mir geholfen haben. wie lang wäre die kette der leute, die mir unter die arme gegriffen haben? würden sie auf einem tennisplatz platz haben, alle meine helfer? oder brauchte es dazu ein fussballfeld, eine grössere Matte oder einen kleineren planeten? also dank allen fleissigen helfern."

Dann wird aufgezählt vom Schweisser und den Entrostern, die sich mit Rost bepuderten, bis zu den Verkehrspolizisten, die dem "Atlas" vorausfuhren, den Glücksschmieden, den Putzfrauen, Abwascherinnen und Feuerwerkern fürs Schlussbouquet.

"Zorn" bis "Bubele"

Nun ist es heute an uns, den grossen DANK auszusprechen. Alle haben wir Bernhard Luginbühl zum Achtzigsten zu danken für sein Schaffen, das längst die Welt umspannt und im Gewichtigen aus Eisen und Holz die gleiche Sensibilität und Qualität, Strenge und Poesie hat wie im Leichten und Lichten, in den Zeichnungen und Druckgrafiken auf Papier, für seine lodernden Verbrennungsaktionen, die er zuerst "Zorn" nannte und dann bis zum "Bubele" zu seiner und der Zuschauer Freude fortsetzte.

Sein Zorn galt der Zerstörung von Kunst und Kultur in unserer Stadt und im Kanton, der Ausrottung der Wale in den Ozeanen und der Mauer in Berlin. Wer hätte übrigens gedacht, dass auch sein "Christophorus" aus Bern weggewiesen würde?

Ohne Elfenbeinturm

Bernhard Luginbühl ist einer unserer grossen Künstler, aber ohne Elfenbeinturm, sondern mit Bauernhaus, mit Frau Ursi und den Söhnen Brutus, Basil und Iwan, mit Skulpturengarten in Mötschwil und permanenter Ausstellung im alten Schlachthaus Burgdorf. Er ist Mensch, Mitmensch, engagiert am Leben und Zusammenleben, am Zeigen der verborgenen Schönheit verbrauchter Dinge und am Setzen von Zeichen für die Zukunft. Auch die Speisungen aller an seinen Vernissagen gehören dazu.

"Das isch e zünftigi Sach. Di chönnt z'Bärn öppis ändere. Me mues so wyterfahre. De git's vilech e Wärtigswändig im Bärner Dänke", sagte Emil Zbinden 1989 in der Reithalle. Die heute Dankenden schliessen sich ihm an.

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Regionaljournal Bern DRS 15.2.09

Sonntagsgast Bernhard Luginbühl, Eisenplastiker und Grafiker (11:05)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe1715022009.rm?start=00:01:58.600&end=00:13:03.600

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SEXWORK
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Telebärn 15.2.09

Wohin sollen die Prostituierten?

Von TeleBärn

Nach der Schliessung von zwei Bordellen im Lorrainequartier sind viele der Prostituierten ohne Job. Politiker fordern nun Unterstützung für die arbeitslosen Frauen.
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Wohin-sollen-die-Prostituierten/story/28602340

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SVP-HETZE
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20min.ch 15.2.09

SVP will wissen, woher die Kriminellen kommen

von Patrick Marbach

Die Polizei soll offenlegen, ob es sich bei Tatverdächtigen um Asylbewerber handelt und woher sie stammen.

"Die Bevölkerung hat das Recht, zu wissen, wie viele Kriminelle Ausländer sind", sagt Grossrat Thomas Fuchs (SVP). Seine Partei verlangt mit einer Motion, dass in Polizeimeldungen künftig auf die Nationalität und den Aufenthaltsstatus der Tatverdächtigen hingewiesen wird.

Die bisherige Praxis sieht anders aus: "Wir sind eher zurückhaltend und nennen Nationalitäten nur, wenn es die Justizbehörden zulassen", sagt Ursula Stauffer von der Kapo Bern: "Auf keinen Fall dürfen wir die Grenze zur Rassendiskriminierung überschreiten."

Ab diesem Jahr sind die Kantone verpflichtet, detailliertere Kriminalstatistiken zu führen. "So kann man die Belastungsrate nach Herkunft berechnen und eine Negativ-Rangliste mit Problemnationen führen", sagt Fuchs. Damit sei auch Ausländern aus Regionen gedient, die zu Unrecht einen schlechten Ruf hätten.

Mit den gleichen Forderungen hat die SVP im Kanton Solothurn eine Volksinitiative eingereicht, nachdem sie im Parlament auf zu gros sen Widerstand gestossen war.

Wenig begeistert reagiert die Berner SP-Grossrätin Nadine Masshardt: "Ich bin zwar für Transparenz, befürchte aber, dass die Nennung von Nationalitäten Fremdenhass schüren könnte."

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PNOS
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Tagesanzeiger 16.2.09

Pnos akzeptiert Schuldspruch

Aarau. - Fünf Exponenten der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) fechten die Verurteilungen durch das Bezirksgericht Aarau von Ende Januar nicht an. Das lässt die Pnos auf ihrer Homepage verlauten. Die früheren und aktuellen Mitglieder des Bundesvorstands sind wegen rassistischer Passagen im früheren Parteiprogramm zu Geldstrafen von 400 bis 650 Franken und zu Bussen verurteilt worden. Im Fall eines einschlägig Vorbestraften verhängte das Gericht eine unbedingte Strafe. (tok)

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NEONAZIS BRD
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St. Galler Tagblatt 16.2.09

Neonazi-Angriff auf Rastplatz erhitzt Gemüter

Erneut erregt in Deutschland ein brutaler Angriff von Neonazis Aufsehen. Fünf Gewerkschafter und Parteimitglieder werden bei einem Überfall teils schwer verletzt.

Jena. Der Überfall ereignete sich am Samstagabend auf einem Autobahnrastplatz bei Jena. Bei den Opfern handelt es sich um Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und Mitglieder einer Linkspartei. "Die Neonazis haben unsere zwei Busse mit den Worten <Attack Antifa> mit Flaschen und einem mehrere Kilogramm schweren Eisklotz angegriffen", sagte ein Gewerkschaftsmitglied. Ein Kollege habe sich bei dem Angriff der 15 bis 20 Rechtsextremen nicht mehr in den Bus retten können. Er sei so lange gegen Kopf und Oberkörper getreten worden, bis er sich nicht mehr gerührt habe. In einer Klinik sei ein Schädelbruch festgestellt worden. Bei dem Angriff sei eine weitere Person ebenfalls schwer verletzt worden. Drei Personen schlugen die Neonazis[5] laut DGB ins Gesicht. Ein Sprecher der hessischen Linkspartei erklärte, auch mehrere Mitglieder seiner Partei seien darunter gewesen. Die Polizei, die zunächst nur von fünf Leichtverletzten gesprochen hatte, bestätigte später, dass eines der Opfer eine schwere Kopfverletzung erlitten habe.

Die Neonazis wurden nach dem Angriff von der Polizei gestellt. Der Bus mit 41 Insassen im Alter zwischen 14 und 55 Jahren, von denen einige wegen rechtsextremistischer Aktivitäten der Polizei bekannt seien, sei im saarländischen Homburg zugelassen. Gegen alle werde wegen Landfriedensbruchs ermittelt.

Der Vorsitzende der hessischen Linkspartei, Ulrich Wilken, sagte: "Die immer häufiger und brutaler werdenden Gewalttaten von Neonazis erschrecken mich." In Dresden hatten am Samstag gegen 12 500 Menschen gegen einen Aufmarsch von etwa 5000 Neonazis demonstriert. (ap)

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NZZ 16.2.09

Dresden wehrt sich gegen Rechtsextreme

Gestörtes Gedenken an die Bombardierung 1945

 U. Sd. Berlin, 15. Februar

 In Dresden haben am Jahrestag der Bombardierung durch die Alliierten im Februar 1945 sowohl Demokraten als auch Rechtsextreme Gedenkfeiern abgehalten. Im Stadtzentrum demonstrierten am Samstag rund 10 000 Personen mit dem Slogan "Geh Denken" gegen die Vereinnahmung des Gedenktages durch Rechtsextremisten. Zur gleichen Zeit hielten rund 6000 Neonazis das ab, was sie als Trauermarsch bezeichneten. Auch die etwa 3500 Mitglieder einer antifaschistischen Gruppe zogen durch die Innenstadt. Laut Polizeiangaben gelang es, die verfeindeten Gruppen voneinander fernzuhalten. Dennoch kam es zu vereinzelten Rangeleien. Einige Demonstranten hätten versucht, die Absperrungen zu durchbrechen, hiess es. Auf dem Neumarkt seien Einsatzkräfte mit Steinen und Flaschen beworfen worden. Einsatzfahrzeuge wurden beschädigt. Einige Beamte seien dabei leicht verletzt worden.

 Gegen "braune Sosse"

 Begonnen hatten die wuchtigen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus am Samstagmorgen mit einem öffentlichen Schabbat-Gottesdienst in der Dresdner Synagoge. An der Gedenkveranstaltung sagte der Ost-Beauftragte der Regierung, Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee, "Rechte" hätten "auf Dresdens Strassen nichts zu suchen". Der sozialdemokratische Parteichef Franz Müntefering sagte auf der Abschlusskundgebung vor der Semperoper, die "braune Sosse" dürfe in Deutschland nie wieder eine Chance haben. Müntefering forderte die Bürger dazu auf, die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) Ende August aus dem sächsischen Landtag abzuwählen. Gregor Gysi, Chef der Bundestagsfraktion der Linkspartei, erinnerte daran, dass Deutschland im Zweiten Weltkrieg der Aggressor war und dass die Vereinigten Staaten und Grossbritannien einen Verteidigungskrieg führten. Gysi sprach sich zudem für ein Verbot der "militanten und aggressiven" NPD aus.

 Bei den Luftangriffen der Alliierten gegen Dresden waren am 13. und 14. Februar 1945 nach den Erkenntnissen einer von der Stadt eingesetzten Historikerkommission bis zu 25 000 Menschen ums Leben gekommen. Durch die Bombardemente wurde das Stadtzentrum innerhalb von drei Tagen fast vollständig zerstört.

 Neonazi-Überfall auf Demonstranten

 Jena, 15. Febr. (ap)  Neonazis haben mehrere Busse mit Teilnehmern der Dresdner Grossdemonstration gegen rechts überfallen und fünf Personen zum Teil schwer verletzt. Ein Opfer erlitt einen Schädelbruch und muss am Montag operiert werden, wie ein Mitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes erklärte, das in einem der Busse sass. Der Überfall ereignete sich am Samstagabend auf dem Autobahnrastplatz Teufelstuhl bei Jena. Bei den Opfern handelt es sich um Gewerkschafter und Mitglieder der Linkspartei.

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FUNDAMENTALISMUS
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Spiegel 16.2.09

EXTREMISMUS

Zur Rechten Gottes

 Die schwarz-braune Allianz von katholischen Fundamentalisten und politischen Rechten

Die Grenzen zwischen katholischen Eiferern und politischen Rechten sind fließend. Gemeinsam träumen Fundamentalisten von einer "Gegenrevolution". Die Kirche sieht bisher weg.

Der Gastgeber war durchaus angetan von dem Mann, den ein Bekannter mitgebracht hatte. David Irving fand Richard Williamson auf Anhieb sympathisch: "sehr englisch, ausgesprochen intelligent".

Etwa 70 Gäste hatten sich Mitte Oktober vergangenen Jahres zu einer Gartenparty in Windsor, unweit des Schlosses der englischen Königin, im 400 Jahre alten Landhaus des rechtsradikalen Historikers eingefunden. Irving war sich mit dem Gottesmann sofort einig, dass man die Messe am liebsten auf Lateinisch höre.

Irving, der wegen "nationalsozialistischer Wiederbetätigung" in Österreich 13 Monate im Gefängnis saß, ist dieser Tage voll des Mitgefühls für den Bischof der ultrakonservativen Piusbruderschaft, der in Interviews den Holocaust leugnet und damit die katholische Kirche und den Papst in eine schwere Krise stürzte. "Der arme Mann", sagt Irving, "wird jetzt für seinen Glauben gekreuzigt."

Bei so viel Mitleid war es ein selbstverständlicher Freundschaftsdienst, dass Irving das Foto, das den Bischof mit Sektglas in der Hand auf der Party zeigt, sofort von seiner Website nahm. Die Verbindung zwischen dem Kirchenmann und dem Historiker, die beide die Existenz von Gaskammern in Auschwitz angezweifelt haben, sollte nicht bekannt werden.

Die Vertreter der politischen und der religiösen Rechten pflegen ihre Kontakte gern abseits der Öffentlichkeit. Stärker noch als im anglikanischen England schmieden Rechtsextreme und katholische Eiferer in Deutschland in einer religiös-reaktionären Parallelwelt Pläne für eine umfassende "Gegenrevolution".

So vertonte die rechte Gothicband "Von Thronstahl" eine Predigt des hessischen Piusbruders und Priesters Hans Milch. "Es gibt kein finsteres Mittelalter, aber es gibt sehr wohl das geistesfinstere zwanzigste Jahrhundert", wettert Bruder Milch im Stück "Pontifex solis" gegen die Moderne. Zu düsteren Gitarrenklängen heißt es: "Wehe uns, wehe dir, wehe mir, wenn dich, wenn mich die Welt nicht hasst."

Die deutschen Bischöfe der katholischen Kirche haben die unheilige schwarz-bräunliche Allianz bislang geflissentlich ignoriert. Alles andere werte sie nur unnötig auf, meinen sie. Doch kritische Katholiken zweifeln angesichts der Untätigkeit der Kirchenführung am Willen zur freiwilligen Selbstkontrolle und fordern den Einsatz von Spionen. "Wir stellen uns die dringende Frage, ob der Verfassungsschutz diese Bruderschaft genauer beobachten müsse", erklärten die Laien des Diözesankomitees im Erzbistum Paderborn.

Solche Observationen könnten sich zu einer größeren Operation auswachsen, denn die katholische rechte Szene hat sich über die Jahre zu einer schillernden Subkultur entwickelt. Da finden sich die Sedisvakantisten und die Petrusbruderschaft, beides Abspaltungen der Piusbruderschaft, das Engelwerk oder Opus Angelorum, die Katholische Pfadfinderschaft Europas, die Legionäre Christi oder der Orden Servi Jesu et Mariae.

Die Eiferer zur Rechten Gottes kommunizieren vorzugsweise über die Internet-Plattform "Kreuz.net - katholische Nachrichten". Als Betreiber fungiert ein "Sodalicium", eine "Kameradschaft für Religion und Information". Der Versuch der Strafverfolgung scheiterte bisher immer daran, dass die Server vermutlich in Kalifornien stehen. Auf Kreuz.net agitieren Abtreibungsgegner des Engelwerks, hetzen Homophobe gegen Schwule als "Sodomisten", und der Holocaust wird als "eine Erfindung jüdischer Kreise in den USA" entlarvt. Die Überschriften des vielgenutzten "Nachrichtenportals" sind eindeutig: "Schlimmer als Neger" oder "Den Holocaust hat es nie gegeben".

Im fahrlässigen Umgang mit der kirchlichen Rechten hat sich besonders der Kölner Kardinal Joachim Meisner hervorgetan. Der Zentralrat der Juden hatte ihn und die anderen deutschen Bischöfe aufgefordert, sich von dem antisemitischen vorweihnachtlichen Rundschreiben des deutschen Pius-Chefs Franz Schmidberger deutlich zu distanzieren. Doch Meisner antwortete nicht dem Zentralrat, sondern dem Piusbruder. Und zwar mit einem "freundlichwohlwollenden Brief" ohne Kritik am Antisemitismus, wie sich Schmidberger freute.

Meisners Erzbistum im Westen der Republik ist zum Sammelbecken rechtsgläubiger Katholiken geworden, von Anhängern des Opus Dei bis hin zu den Legionären Christi. Dem emeritierten Weihbischof Max Ziegelbauer erlaubte der Kardinal, die lateinische Messe im alten Ritus in der Kölner St.-Kunibert-Kirche zu zelebrieren. Dabei sprachen die Gläubigen antisemitische Gebete gegen "die verworfene Judenschar". Ein Kölner Pfarrer war "erschrocken über etliche kahlgeschorene Mitbeter in den Kirchbänken".

Meisner und andere deutsche Bischöfe stellen auch Priestern aus der Petrusbruderschaft Kirchen in ihren Bistümern zur Verfügung. Dort zelebrieren diese mit Erlaubnis der römisch-katholischen Kirche ihre Messen nach dem Werk "Das vollständige römische Messbuch" in der Fassung von 1962 - antisemitische Passagen inklusive. Gebetet wird "für die Bekehrung der Juden", wegen der angeblichen

"Verblendung jenes Volkes". In den Karfreitagsgebeten, die von Meisner toleriert werden, heißt es über die Juden: "Gott möge den Schleier von ihren Herzen nehmen. Mögen sie das Licht Deiner Wahrheit erkennen und ihrer Finsternis entrissen werden."

Wer so betet, versteht sich offenbar gut mit weltlichen Judengegnern. Im Juni vergangenen Jahres hatte die Piusbruderschaft in Stuttgart, dem Sitz ihrer Deutschland-Zentrale, den Rechtsextremisten und NPD-Dauerreferenten Richard Melisch zu einem Vortrag in das Priorat St. Athana-sius gebeten. Kontakte dieser Art sind nicht auf Deutschland beschränkt. Französische Piusbrüder begrüßten bei einer Dankesmesse für den Pius-Gründer Marcel Lefebvre die Vorstandsriege des rechtsextremen Front National.

Bereits 1994 formierte sich in Stuttgart nach einem Auftritt des österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider bei der örtlichen FDP ein "Cannstatter Kreis". Die rechte Truppe avancierte rasch zum Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes, der ihn als "Plattform" einstufte, "um sich im rechtsextremistischen Lager über alle Grenzen hinweg zusammenzuschließen".

Aus den Reihen der Piusbrüder stellte sich der damalige Distriktobere Markus Heggenberger der Gruppe als Referent zur Verfügung. Den Schulterschluss mit der neuen Rechten demonstrierte der Katholik - wie andere Piusbrüder auch - mit einem Interview in der "Jungen Freiheit".

Niklaus Pfluger etwa, der Mann, der vor gut einer Woche nach Argentinien zu Williamson reiste, um den Holocaust-Leugner im Auftrag der Pius-Oberen zum Widerruf zu bewegen, ist regelmäßig in dem Zentralorgan der Neuen Rechten vertreten. Die rechte Hand des Pius-Welt-Chefs Bernard Fellay schrieb dort im Juni 2007 einen programmatischen Aufsatz. Der "Grund-Impetus des Konservativismus" sei "die Ablehnung der Moderne".

Pfluger warnte vor der "demografischen Katastrophe", die er kommen sehe, "die islamische Übernahme der westeuropäischen Ballungsräume", und beschwört einen "heraufziehenden kulturellen Abwehrkampf gegen den Islam auch in unseren Städten". Konservativismus heute sei deshalb "politische Theologie", mit der man "die linke Dominanz" brechen müsse. "Die konservative Gegenrevolution" sei "ohne die Wiederentdeckung der Religion als öffentliche Angelegenheit undenkbar" und müsse "sich geistig auf die katholische Kirche" stützen.

Die ideologische Schnittmenge zwischen fundamentalistischen Katholiken und der Neuen Rechten ist beachtlich. Aus Endzeitstimmung, Paranoia, Verschwörungstheorien, Ablehnung der Aufklärung und der Moderne bauen sich viele am rechten Rand von Kirche und Gesellschaft ein extremistisches, von Hass durchtränktes Weltbild zusammen. Ihre Protagonisten gefallen sich als verfemte Außenseiter, die wie Märtyrer für ihren Glauben und ihre Überzeugungen einstehen.

Während Vordenker Pfluger die Richtung vorgibt, marschieren die Jünger der Katholischen Pfadfinderschaft Europas durch die Straßen. Sie halten Mahnwachen vor Abtreibungskliniken und organisieren "Sühneprozessionen" gegen "blasphemische" Kinofilme. So protestierten im Mai 2008 in München 1200 Demonstranten gegen "Das Gespenst" von Herbert Achternbusch. Dieser mit öffentlichen Mitteln geförderte Film sei "eine nicht zu überbietende Gotteslästerung".

Welche Art von Kultur Katholiken am rechten Rand ins Weltbild passt, demonstriert die Band Von Thronstahl. Sänger Josef Klumb, hat sich nach Gesprächen mit dem charismatischen Piusbruder Milch dem Katholizismus zugewendet. Der Musiker versucht nun, den 1987 verstorbenen "hochwürdigsten Freund" unsterblich zu machen.

"Über das Katholische hinaus", heißt es auf der Thronstahl-Website unter "Ecclesia Militans", genieße der Priester großen Zuspruch in "unserer wehrhaften konservativ wie avantgardistischen Subkultur" - gemeint ist die Szene der Rechtsextremisten.

Das bestehende System, so Milch in seinem Song, sei zu verachten: "Zeit, Mode, Mehrheit, Meinung, Masse, lauter Varianten und Ausdrucksformen des Nichts!"

MICHAEL SONTHEIMER, PETER WENSIERSKI

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GIPFEL-SOLI-NEWS 15.2.09
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gipfelsoli.org/Newsletter 15.2.09

15.2.2009 La Maddalena -- Genua -- Strasbourg/ Baden-Baden

- Der G8 auf La Maddalena bekümmert auch Genua
- G8: Die Staatsadvokatur verlangt die Zahlung der Gerichtskosten von den verurteilten Polizisten
- No Global, Schadensersatzzahlungen kommen in Fahrt
- "In Zone 1 gelten die höchsten Sicherheitsbestimmungen, ab Zone 4 gibt es keine unkontrollierten Bewegungen"
- Kehl: Stadt versucht den Campern ihr Camp über Geldforderungen zu vermiesen
- Mehrere Gebäude mit Farbe beschmiert
- "Lassen uns nicht aus Strasbourg verdrängen"
- WRI Handbook for Nonviolent Campaigns
Mehr: http://www.gipfelsoli.org/Newsletter/6087.html