MEDIENSPIEGEL 23.2.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Das tapfere Schneiderlein und die Drogenpolitik
- augenauf protestiert gegen Freiburger Razzia-Amoklauf
- Facebook-SchnüfflerInnen
- Gipfelsoli-News 21.2.09
- Stadtrat 22.1.09: Demorouten + Bahnhof-Sitzplätze
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REITSCHULE
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- Feb 09: Beteiligt Euch an der
Vorplatz-Präsenz!!!
PROGRAMM:
Di 24.02.09
20.30 Uhr - Tojo - Lustiger Dienstag
# 38. Mehr als Variété. LuDi-Crew und Gäste.
Mi 25.02.09
19.00 Uhr - SousLePont - Appenzeller
Spezialitäten
19.30 Uhr - Kino - "Neustart Schweiz"
Buchvorstellung und Diskussion mit P.M.
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde
Insel; Küche: Restaurant Dampfzentrale mit Texten von Endo
Anaconda "Nasse Füsse"
22.00 Uhr - SousLePont - Offene
Bühne Nr. 110
Do 26.02.09
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde
Insel; Küche: Restaurant Dampfzentrale mit Texten von Endo
Anaconda "Nasse Füsse"
20.00 Uhr - Frauenraum - Hinterhoflounge
goes Karaoke Vol.2
20.30 Uhr - Kino - UNCUT: The
World Unseen, Shaim Sarif, Südafrika 2007
Fr 27.02.09
19.15 Uhr - Frauenraum - Crashkurs
für Tanzbar
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde
Insel; Küche: Restaurant Dampfzentrale mit Texten von Endo
Anaconda "Nasse Füsse"
21.00 Uhr - Frauenraum - TanzBar
mit DJ Grisumel. Gesellschaftstänze und Disco für Frau und
Frau, Mann und Mann und friends.
21.00 Uhr - Kino - Kurdischer
Filmzyklus:
Rawestgah - The Stop, Haco Cheko, Grossbritannien 2006, 18 Min. The
stars of my homeland - Stêrken Welatê Min, Shirin Jihani,
Irak 2008, 76
Min
22.00 Uhr - SousLePont - Flieger (BE)
Plattentaufe & Pirol (BE). Stil: Rock und Stoner PostRock
23.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild
East Mini-Festival: Shantel (DJ Set). Stil: Balkan Beats
Sa 28.02.09
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde
Insel; Küche: Restaurant Dampfzentrale mit Texten von Endo
Anaconda "Nasse Füsse"
21.00 Uhr - Kino - Kurdischer
Filmzyklus: Hersey Bembeyaz, Sabite Kaya, Türkei 2006, 20
Min. Close-up Kurdistan, Yüksel Yavuz, D 2007, 104 Min.
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild
East Mini-Festival: !Dela Dap (HUN), Support: DJ Silence. Stil:
Balkan, World, Electronica
So 01.03.09
19.00 Uhr - Frauenraum - Sex am
Sonntag-Bar
20.00 Uhr - Frauenraum - Sex am
Sonntag:-Film: "Je t'aime, moi non plus", von Serge Gainsbourg,
F, 1976, 87min, dt.
Infos: www.reitschule.ch
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DROGENPOLITIK
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20min.ch 22.2.09
Schneider will die Junkies zügeln
"Ich wurde nicht als Hinterbänkler gewählt, sondern, um etwas
zu bewegen", sagt Martin Schneider (Fraktion CVP/BDP).
Kaum in den Berner Stadtrat eingezogen, versucht er die politischen
Blöcke mit mehrheitsfähigen Vorschlägen aufzuweichen.
Ein Vorstoss für
die Sanierung der Reitschule und die Absetzung der Betreibergruppe Ikur
war Schneiders erster Streich - und der zweite folgt sogleich: Mit
einer weiteren Motion fordert er, die Drogenanlaufstelle an die
Murtenstrasse 26 zu ver legen. Der bisherige Standort in unmittelbarer
Nähe zur Reitschule sei völlig ungeeignet: "Die Vermischung
von Kultur
und Jugend mit Gewalt, Drogen und Verwahrlosung ist verheerend."
Während für die bisher diskutierte Eröffnung einer
zweiten Anlaufstelle
das Geld fehle, würde es für einen Umzug reichen.
mar
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RAZZIA
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BZ 23.2.09
Augenauf Bern
Kritik an Polizei
Am Dienstag durchsuchte die Freiburger Kantonspolizei neben anderen
Lokalitäten auch das Büro der Menschenrechtsgruppe augenauf
Bern in der
Lorraine. Die Razzia stand im Zusammenhang mit einem Überfall in
Freiburg (wir berichteten). Die Polizei konfiszierte einen Computer mit
schützenswerten Daten, wie die Organisation gestern in einem
Communiqué
schrieb. Schützenswert darum, weil es um Personalien verfolgter
Personen gehe. Augenauf Bern kündigte eine Beschwerde beim
freiburgischen Untersuchungsrichteramt an.
pd
---
20 Minuten 23.2.09
Kritik an der Polizei nach Durchsuchung
Freiburg/Bern. Nebst Privatwohnungen hat die Polizei letzte Woche auch
das Berner Büro von Augenauf durchsucht. Jetzt reagiert die
Menschenrechtsorganisation auf die "völlig unbegründete
Durchsuchung"
und Beschlagnahmung von Material: Sie reicht beim
Untersuchungsrichteramt des Kantons Freiburg Beschwerde ein. Grund der
Polizeiaktionen: die Verwüstung der Bar Elvis et moi in Freiburg
(20
Minuten berichtete).
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bernerzeitung.ch 22.9.09
"augenauf" kritisiert Polizei im Zusammenhang mit Angriff auf Bar
Die Menschenrechtsgruppe "augenauf Bern" hat die Freiburger
Kantonspolizei im Zusammenhang mit den Hausdurchsuchungen nach dem
Angriff auf eine Freiburger Bar heftig kritisiert.
Die Gruppe werde beim Untersuchungsrichteramt des Kantons Freiburg eine
Beschwerde gegen die Durchsuchung einreichen und behalte sich weitere
rechtliche Schritte vor, teilte sie am Freitag mit. Zudem werde die
sofortige Rückgabe des beschlagnahmten Materials und die
Löschung aller
allenfalls kopierten Daten unter richtlicher Aufsicht gefordert. So sei
die Durchsuchung in Folge vager Hinweise erfolgt, wonach sich eine
angeschuldigte Person im ersten Stock der Brasserie Lorraine mit
weiteren Personen getroffen haben könnte. Die Polizei habe in der
Folge
das gesamte Stockwerk durchsucht, darunter auch das Büro von
"augenauf". Die Polizei hatte am vergangenen Dienstag über vier
Monate
nach der Verwüstung der Freiburger Bar "Elvis et moi" in Bern
sieben
Personen festgenommen und acht Hausdurchsuchungen durchgeführt.
Bei dem
Blitzangriff einer Gruppe von rund 30 maskierten und mit Stöcken
bewaffneten Personen auf die Bar war am vergangenen 11. Oktober ein
Polizist verletzt worden. Als Motiv steht eine Abrechnung zwischen der
Berner Linksszene und Veranstaltern eines Anlasses im Vordergrund. (ap)
---
Bern, 22. Februar 2009
Medienmitteilung von augenauf Bern
Unverhältnismässige Hausdurchsuchung und Beschlagnahmungen:
Die Arbeit von augenauf Bern wird von der Polizei massiv behindert.
Am Morgen des 17. Februar 2009 durchsuchte die Kantonspolizei Freiburg
in einer gross angelegten Aktion neben anderen Lokalitäten auch
das
Büro der Menschenrechtgruppe augenauf Bern.
augenauf Bern verurteilt die völlig unbegründete Durchsuchung
aufs
Schärfste. Wie Untersuchungsrichter Marc Bugnon bestätigt,
besteht
keinerlei Verbindung zwischen augenauf Bern und dem Vorfall, mit dem
die Hausdurchsuchung begründet wurde.
Weiter wurde bei der Durchsuchung ohne ersichtlichen Grund auch der
Bürocomputer der Menschenrechtsgruppe konfisziert. Die
Beschlagnahmung
der sich darauf befindlichen Daten erhält eine besondere Brisanz,
da es
sich bei den KlientInnen von augenauf Bern in den meisten Fällen
um
Opfer polizeilicher und behördlicher Repression handelt. Der
Computer
befindet sich nach wie vor bei der Kantonspolizei Freiburg, wodurch die
Arbeit der Menschenrechtgruppe massiv behindert wird. Es stellt sich
die Frage, was die Kantonspolizei mit der ungerechtfertigten
Beschlagnahmung des PCs bezweckt.
Gemäss Angaben des Untersuchungsrichters erfolgte die Durchsuchung
aufgrund vager Hinweise, wonach sich eine angeschuldigte Person im
1.Stock der Brasserie Lorraine mit weiteren Personen getroffen habe
könnte. Die Polizei nahm dies zum Anlass, das gesamte Stockwerk zu
durchsuchen, auf dem sich mehrere separate Bürolokalitäten
mit
unterschiedlicher Mieterschaft befinden, darunter eben auch das
Büro
von augenauf Bern. Dabei wurden die PolizeibeamtInnen mehrfach darauf
hingewiesen, dass die auf dem Durchsuchungsbefehl namentlich
angeführte
Person nachweisbar keinen Zugang zu diesem Raum hat.
Es ist nur dem Zufall zu verdanken, dass Mitglieder der
Menschenrechtsgruppe gerade noch rechtzeitig vor Ort eintrafen. Es ist
davon auszugehen, dass sich die Polizei anderenfalls gewaltsam Zugang
verschafft, und die Räumlichkeiten ohne Zeugen durchsucht
hätte. Dies
wurde auch gegenüber den anwesenden Personen angedroht, nachdem
sie
sich zunächst weigerten, der Polizei Zugang zu gewähren.
augenauf Bern wird beim Untersuchungsrichteramt des Kantons Freiburg
eine Beschwerde gegen die Durchsuchung einreichen, sowie eine
schriftliche Stellungnahme verlangen und behält sich weitere
rechtliche
Schritte vor. Wir fordern die sofortige Rückgabe des
beschlagnahmten
Materials und die Löschung aller allenfalls kopierten Daten unter
richterlicher Aufsicht.
augenauf Bern
--
augenauf ist eine nichtstaatliche, unabhängige
Menschenrechtsorganisation, die Betroffene von behördlichen
Übergriffen, Diskriminierungen und Menschenrechts- oder
Grundrechtsverletzungen unterstützt und entsprechende
Öffentlichkeitsarbeit leistet. augenauf setzt sich aus lokalen
Gruppen
in Basel, Bern und Zürich zusammen, die ausschliesslich über
Mitgliederbeiträge und Spenden finanziert werden. augenauf Bern
besteht
aus 20 ehrenamtlichen MitarbeiterInnen.
www.augenauf.ch
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FACEBOOK
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NZZ am Sonntag 22.2.09
Geheimdienste interessieren sich für Facebook
Was Mitglieder von Facebook und anderen Internet-Netzwerken an Daten
hinterlassen, ist auch für Geheimdienste interessant. US-Dienste
entwickeln Verfahren, um die Kommunikation bestimmter fremdsprachiger
Gruppen in solchen Netzwerken auszuwerten. Auch in der Schweiz ist es
laut dem eidgenössischen Datenschützer Hanspeter Thür
möglich, dass
Behörden auf die Personendaten von Internet-Gemeinschaften und
Portalen
wie Google zurückgreifen. Programme sind in der Lage, aus den
Datenspuren präzise Persönlichkeitsanalysen zu erstellen.
Seite 24
--
Hintergrund (hg)
Spion im Datenstrom
Michael Furger
Das Internet weiss mehr über uns, als wir ahnen. Bei Netz-Giganten
wie
Facebook und Google lagern Unmengen von persönlichen Daten.
Programme
analysieren damit unsere Persönlichkeit. Kein Wunder,
interessieren
sich Geheimdienste und Personalchefs dafür.
Eines Tages werden wir nicht mehr selber denken. Die Maschine erledigt
es für uns. Das klingt nach Science-Fiction, aber Eric Schmidt
meint es
ernst. Der Chef des Internetportals Google erläuterte
unlängst vor
Journalisten, seine Suchmaschine werde dereinst so viele Informationen
über seine Benutzer gesammelt haben, dass sie ohne weitere Eingabe
persönliche Fragen für sie beantworten könne; etwa die
Frage nach dem
idealen Beruf oder nach Ideen für Freizeitaktivitäten.
Google, so
müssen wir annehmen, will uns dereinst besser kennen als wir
selbst.
Und das Unternehmen ist auf bestem Weg dazu. Sein Service ist
umfassend: Ob Suchfunktion, personalisiertes Benutzerprofil,
Speicherplatz für Dateien, E-Mail-Konto, Browser, Karten, Agenda,
Nachrichtendienst oder Anzeigenmarkt; wer die Dienste intensiv nutzt,
offenbart Google seine Persönlichkeit. Welche Seiten wir wann und
wie
lange besuchen, welche Nachrichten uns interessieren, was wir kaufen
und wem wir was mitteilen - Google weiss es. Das Unternehmen kennt
unsere persönlichen Dateien und unsere Termine, je nachdem weiss
es
auch, wie wir aussehen, welche Aktienkurse wir verfolgen und welche
Orte und Routen wir auf elektronischen Karten heraussuchen.
Nichts geht vergessen
Selten zuvor wurde so viel für den Datenschutz getan wie heute,
und
gleichzeitig werden so freigiebig wie nie persönliche Daten auf
die
Reise geschickt. Und das soll erst der Anfang sein. In einer deutschen
Umfrage bei über 500 Informatikspezialisten prognostizierten
jüngst 91
Prozent der Befragten, dass die Spuren im Internet künftig noch
präziser verfolgt werden.
Für sich allein ist jede dieser Spuren uninteressant, "doch
Analyse-Software ist in der Lage, daraus sehr präzise
Persönlichkeitsprofile zu erstellen", sagt der eidgenössische
Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür. Sie verbindet nicht nur
Metadaten (wie die Surf-Dauer) mit persönlichen Daten aus dem
Netz,
sondern erfasst auch Gesichter auf Bildern und sucht das Internet
danach ab. Neue Anwendungen erkennen anhand von Details im Hintergrund
des Bildes sogar, wo es aufgenommen wurde. Und es wird noch intimer:
Vor zwei Jahren hat Google einen Patentantrag für eine Methode
eingereicht, die ermöglicht, Benutzer von Online-Spielen zu
verfolgen.
Aus dem Spielverhalten soll eine Software ein psychologisches Profil
erzeugen.
Eine wahre Fundgrube für Datenschnüffler sind soziale
Netzwerke.
Facebook, der Branchenführer, hat letzte Woche die Marke von
weltweit
175 Millionen Mitgliedern überschritten. 175 Millionen Menschen,
die
sich in einem intimen Rahmen wähnen, Fotos publizieren, Kommentare
absondern, schimpfen, loben und zum Teil ihr Innerstes nach aussen
kehren.
Der Zugang dazu ist simpel, denn bei Netzwerken geht es darum, sich mit
möglichst vielen "Freunden" zu vernetzen und ihnen Zugriff aufs
persönliche Profil zu gewähren. Wer anonym bei Facebook
schnüffeln
will, könnte diese Schranke auch umgehen. "Web-Applikationen haben
immer Schwachstellen", sagt Marc Rennwald, Professor für
Informationstechnologie an der Zürcher Hochschule für
angewandte
Wissenschaften.
Von Nutzen können solche persönlichen Informationen etwa
Personalverantwortlichen sein, die sich über ihre Mitarbeiter oder
über
Bewerber informieren wollen. Datenschützer vermuten, dass bis zu
zwei
Drittel der Personalabteilungen mittlerweile das Internet für
Zusatzrecherchen nutzen. Freizügige Fotos, unüberlegte
Schimpftiraden,
politische Kommentare, schlüpfrige Bemerkungen oder - im Fall von
Jugendlichen - Spott über ungeliebte Lehrer in Netzwerken und
Foren
können unangenehme Folgen haben, vor allem weil das Internet nicht
vergisst. Daten können überall kopiert und gespeichert
werden. Und
Bilder, die am Ursprungsort längst weg sind, bleiben woanders
bestehen.
Solche Peinlichkeiten sind noch harmlos im Vergleich zu anderen
Verwendungen dieser Daten. Denn trotz den jüngsten Diskussionen um
Datenschutz: Die Betreiber von Portalen wie Facebook oder Google halten
nach wie vor fast uneingeschränkte Rechte für die Verwendung,
Bearbeitung und Weitergabe der Inhalte und Daten ihrer Kunden.
Interesse daran hat die Werbewirtschaft. Interesse haben aber auch
staatliche Stellen. Die internationalen Arbeitsgruppe für
Datenschutz
in der Telekommunikation bestätigt: Daten aus sozialen Netzwerken
können an Strafverfolger und Geheimdienste weitergegeben werden.
"Ein erhebliches Risiko"
Die "Patriot Act" in den USA etwa, das Gesetz zur
Terrorbekämpfung,
erlaubt es der Regierung, auf diese Informationen zuzugreifen. Offenbar
wird das auch getan. Die US-Geheimdienste entwickeln derzeit Verfahren,
um die Kommunikation in bestimmten fremdsprachigen Gruppen auf
Netzwerken zu analysieren. Ziel ist es, Informationen über
kulturspezifische Verhaltensmuster dieser Gruppen zu erhalten.
Möglich sei der Zugriff auf Daten auch von Schweizer
Behörden, sagt
Datenschützer Hanspeter Thür. "Ein Verdacht in Bezug auf eine
Straftat
reicht, um die Herausgabe solcher Informationen zu erwirken." Zuweilen
braucht es nicht einmal den juristischen Weg. Private Unternehmen sind
erpressbar, wie der Fall des chinesischen Journalisten Shi Tao zeigt.
Er schickte im April 2004 eine kritische E-Mail über sein Konto
beim
Internetportal Yahoo in die USA. Die chinesische Regierung setzte Yahoo
derart unter Druck, dass dieses die Daten über Shi Tao herausgab.
Der
Journalist sitzt heute im Gefängnis.
"Wer persönliche Daten auf dem Internet publiziert, geht ein
erhebliches Risiko ein", sagt der Rechtsprofessor Rolf Weber. Er ist
der Leiter des Zentrums für Informations- und Kommunikationsrecht
an
der Universität Zürich. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich
dereinst
jemand für unsere Daten interessiere, sei zwar gering, sagt er.
Aber
sollte es der Fall sein, dann sei sehr viel Persönliches zu
finden.
"Die Tragweite des Problems ist erst oberflächlich bekannt",
bestätigt
Thür. Sich vorzustellen, wie viele Daten von einem selbst im
Internet
vorhanden sind, ist auch daher schwierig, weil vieles im Hintergrund
gesammelt wird. Zahlreiche Anwendungen sind miteinander verknüpft.
Was
an einer Stelle eingegeben wird, wird weiterverteilt.
Vielleicht ist das gar nicht dramatisch, vielleicht hat sich der
moderne Mensch in sein Schicksal gefügt, im Internet durchleuchtet
zu
werden, und vermutet nichts Böses dabei. Auf diesen Standpunkt
stellt
sich auch Google mit dem Firmenmotto "Tue nichts Böses". Als
allerdings
der News-Dienst Cnet 2005 eine Google-Recherche über Google-Chef
Eric
Schmidt publizierte, war es vorbei mit der guten Laune. Die
Suchmaschine legte Informationen zu Schmidts Aktiengeschäften, zu
seiner Frau und zu seinen Hobbys offen. Der Google-Chef, der alles
über
uns wissen will, fand es überhaupt nicht lustig.
--
Wo wir Spuren hinterlassen
Beim Besuch einer Website werden auf dem Rechner des Besuchers Cookies
abgelegt. Diese Dateien enthalten Informationen über das Verhalten
des
Benutzers auf der Website, registrieren etwa, für welche Inhalte
er
sich interessiert oder was er online einkauft. Beim nächsten
Besuch
werden die Informationen abgerufen. Über Cookies besorgen sich
auch
Suchmaschinen wie Google Informationen. Wer eine Suchanfrage startet,
erhält ein Cookie mit Daten über die Anfrage. Der Server der
Website
erfasst weitere Daten wie etwa die IP-Adresse des Besuchers, einen
wechselnden Zahlencode, der aber niemanden eindeutig identifiziert.
Interessant wird es, wenn solche Daten mit persönlichen
Informationen
kombiniert werden: Namen, Bilder, Nachrichten usw. Soziale Netzwerke
wie Facebook, MySpace oder Xing ermöglichen ihren Mitgliedern, ein
persönliches Profil anzulegen. Dazu gehört etwa das Placieren
von
Bildern. Die Mitglieder treten zueinander in Kontakt, kommunizieren und
bilden Gruppen. Wer mit einem Mitglied in Kontakt steht, kann seine
Aktivitäten verfolgen.(fur.)
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GIPFELSOLI-NEWS 21.2.09
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gipfelsoli.org/Newsletter
21.2.09
21.2.2009 Strasbourg/ Baden-Baden -- La Maddalena
- NATO-Gipfel: Polizeieinsatz mit Falschmeldungen begründet
- Protest in Polen: Raus aus der NATO!
- Wie sich die Kommunen in der Region auf das Großereignis in
Kehl/Straßburg einrichten
- Opposition: Polizei übt "Sippenhaft" bei NATO-Gipfel aus
- Für eine übergreifende Mobilisierung zum Schutz der
Verfassungsprinzipien. Ein Aufruf
Mehr: http://www.gipfelsoli.org/Newsletter/6146.html
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STADTRAT 22.1.09
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6 Motion Dieter Beyeler/Lydia Riesen-Welz (SD): Demo-Route für die
Stadt Bern
Geschäftsnummer 08.000069 / 08/235
Demonstrationen in der Bundeshauptstadt, insbesondere unbewilligte,
lösen seit vielen Jah-ren unangenehme Nebenerscheinungen aus.
Anstelle
friedlicher Demonstranten sind Chaoten und Krawallanten am Werk mit den
Hauptzielen: Provokationen jeglicher Art, bis zu Gewalt gegen
Zivilpersonen und Ordnungskräfte, sowie Beschädigungen und
Sprayereien
an Gebäu-den und Geschäften.
Diese unhaltbaren Zustände bewirken jeweils Verängstigungen
in der
Bevölkerung und der massive Sachschaden, unnötig hohe Kosten
für die
Stadt, sowie massive Umsatzeinbussen der Innenstadtgeschäfte.
In negativer Erinnerung der Bevölkerung sind vor allem der 6.
Oktober
2007 sowie die kürzli-che unbewilligte WEF-Demonstration vom 19.
Januar
2008.
Unter diesen unerfreulichen Aspekten stellt sich die Forderung nach
einer geordneten Kanali-sierung der Demonstrationsroute auf.
Die Schweizer Demokraten (SD) der Stadt Bern fordern deshalb den
Gemeinderat auf, fol-gende Demonstrationsregelung einzuführen:
Für Demonstrationsrouten für Auf- und Abmarsch und als
Demonstrationsplatz sind nur noch folgende Strassen und Plätze
zugelassen: als Beispiel, Bundesgasse-Bundesplatz.
Diese Demonstrationsregelung muss folgende Vorteile beinhalten:
1. Die gesamte Altstadt wird von Demonstrationen mit allen negativen
Auswirkungen entlas-tet.
2. Alle angrenzenden Seitenstrassen können mit einfachen Mitteln
abgesperrt werden.
3. Auf der genannten Route ist keine Ballung von
Geschäftstreibenden vorhanden.
4. Die genannte Route hat eine genügende Kapazität, auch
für Grosskundgebungen.
Bern 31. Januar 2008
Antwort des Gemeinderats
Der Gemeinderat verurteilt Gewalt, Beschädigungen und Sprayereien
während Kundgebun-gen aufs Schärfste. Dem Gemeinderat steht
die Aufgabe
zu, sowohl Sicherheit und Ordnung als auch die
Meinungsäusserungsfreiheit zu gewährleisten. Er wird auch in
Zukunft
für diese Werte einstehen und alles daran setzen, dass Sicherheit
und
Ordnung einen wichtigen Stel-lenwert einnehmen.
Die Motionäre schlagen eine neue Demonstrationsregelung vor,
welche
folgende Vorteile beinhalten soll: Entlastung der gesamten Altstadt,
Vermeiden einer Ballung von Geschäfts-betreibenden, Absperrung
aller
angrenzenden Seitenstrassen mit einfachen Mitteln sowie genügend
Kapazität für Grosskundgebungen. Als Beispiel wird die
"Demo-Route"
Bundes-gasse-Bundesplatz genannt. Der Vorschlag und die in der Motion
genannten Vorteile ergeben auf den ersten Blick durchaus Sinn. Nach
intensiver Analyse zeigt sich aber, dass der Vor-schlag aus mehreren
Gründen in der Praxis nicht umsetzbar ist.
Aktuell wird unter Berücksichtigung der Art und Grösse einer
Kundgebung
sowie der Wünsche der Veranstaltenden einer der verfügbaren
Plätze in
der Innenstadt (Bundesplatz, Waisen-hausplatz, Münsterplatz,
Schützenmatte) zur Verfügung gestellt. Für eine
Kundgebung, bei welcher
mit mehreren 10 000 Personen gerechnet wird und welche von nationaler
Bedeutung ist, kommt der Bundesplatz in Frage. Bei einer kleineren
Kundgebung, welche nicht von nati-onaler Bedeutung ist, ist
beispielsweise der Münsterplatz ein geeigneter Platz. Mit dem
Ange-bot
von verschiedenen Plätzen und Örtlichkeiten kann den
vielfältigen
Kundgebungen, die nicht alle nach demselben Muster ablaufen, Rechnung
getragen werden. Eine starre Route lässt weder Handlungsspielraum
noch
Flexibilität zu.
Die von den Motionären vorgeschlagene "Demo-Route" Bundesgasse -
Bundesplatz hat den Vorteil, dass die Route selber keine Ballung von
Geschäftstreibenden aufweist. Allerdings ist in der Regel bereits
auf
der Wegstrecke zum offiziellen Ausgangspunkt mit
Beeinträchtigun-gen
des Normalbetriebs zu rechnen. Viele Personen reisen mit den
öffentlichen Verkehrsmit-teln an, daher erfolgt bei grösseren
Kundgebungen meist bereits rund um den Bahnhof ein Zusammenschluss der
Demonstrierenden. Um vom Bahnhof Bern zum Ausgangspunkt der Bundesgasse
zu gelangen, wird in der Regel der Hirschengraben gequert, wo sich
Geschäfte befinden. Die vorgeschlagene "Demo-Route" würde mit
sich
bringen, dass vor jeder grösseren Kundgebung der Hirschengraben in
Beschlag genommen würde. Die Bundesgasse erweist sich auch von der
dort
ansässigen Bundesverwaltung nicht als optimale "Demo-Route". Den
erhöhten Sicherheitsanforderungen in dieser Zone ist Rechnung zu
tragen. Den Schutz aller Bundesgebäude entlang der Bundesgasse zu
gewährleisten bedürfte regelmässig eines poli-zeilichen
Grossaufgebots
mit einem entsprechend immensen finanziellen sowie personellen Aufwand.
Gebäudeinhaberinnen und Gebäudeinhaber entlang der
Bundesgasse würden
sich verständlicherweise wehren, wenn alle - oftmals lautstarken -
Kundgebungen bei ihnen vor-beiziehen würden; nicht zuletzt
wäre der
Parlamentsbetrieb wie auch die Geschäftsabwick-lung bei den
Magistraten
und offiziellen Besucherinnen und Besuchern gestört. Weiter stellt
sich
bei der Bundesgasse das Problem der öffentlichen Verkehrsmittel,
welche
durch die Bundesgasse fahren. Der öffentliche Verkehr müsste
bei jeder
Kundgebung unterbrochen werden, was zu Beeinträchtigungen für
die
Kundinnen und Kunden führt.
Zusätzlich geben die Motionäre den Bundesplatz als Beispiel
an. Eine
immerwährende Nut-zung des Bundesplatzes für Kundgebungen
führt zu
einer Übernutzung des Bundesplatzes. Der Grundgedanke des Konzepts
Bundesplatz "Platz als Platz" würde wegen der Übernutzung
verloren
gehen. Gemessen an der Anzahl Kundgebungen pro Jahr würde fast
täglich
- manchmal sogar mehrmals täglich - eine Kundgebung auf dem
Bundesplatz
stattfinden.
Der Bundesplatz als Bestandteil der "Demo-Route" würde auch mit
dem
städtischen Regle-ment vom 20. Oktober 2005 über Kundgebungen
auf
öffentlichem Grund (Kundgebungsreg-lement; KgR; SSSB 143.1) und
dem
Nutzungskonzept Bundesplatz in Konflikt treten. Gemäss Artikel 6
des
Kundgebungsreglements werden Kundgebungen auf dem Bundesplatz in der
Regel nicht bewilligt während der Sessionswochen des
eidgenössischen
Parlaments für die Zeit von Montag bis Freitag und während
den dortigen
Marktzeiten (Wochenmarkt, Zibelemärit und Geraniummärit). Das
vom
Gemeinderat beschlossene Nutzungskonzept Bundesplatz legt weiter fest,
dass der Bundesplatz vielfältige Nutzungen ermöglichen soll
(Marktplatz, na-tionale Manifestationen, traditionelle Veranstaltungen
etc.). Auch sollen nur Veranstaltungen, die von ihrer Grösse her
dem
Ort angemessen sind und der Würde des Platzes Rechung tra-gen, auf
dem
Bundesplatz bewilligt werden. Während den öffentlichen
Feiertagen und
an ho-hen Festtagen werden keine Kundgebungen auf dem Bundesplatz
bewilligt.
Ein weiteres Problem stellt sich hinsichtlich der "Bundeshaus-Sperre",
welche einst aus Si-cherheitsgründen definiert wurde. Dabei
handelt es
sich um einen Zaun zum Schutz des Par-lamentsgebäudes, welcher in
problematischen Fällen aufgestellt wird. Die "Demo-Route"
Bun-desgasse-Bundesplatz führt mitten durch diese Sicherheitszone.
Im Übrigen hat der Stadtrat an der Sitzung vom 15. Mai 2008 im
Rahmen
der Teilrevision des Kundgebungsreglements beschlossen, dass in der
Regel nur noch Platzkundgebungen, na-mentlich ohne in Anspruchnahme der
Hauptgasse, bewilligt werden. Das angegebene Beispiel der "Demo-Route"
Bundesgasse-Bundesplatz würde dem Beschluss des Stadtrats
widerspre-chen.
Andere "Demo-Routen" innerhalb der Innenstadt, würden die von den
Motionären aufgestell-ten Vorteile nicht erfüllen. Eine
weitere
Möglichkeit wäre die Verlegung der "Demo-Route" von der
Innenstadt in
die Aussenquartiere, was bei den Veranstaltenden wegen
Unattraktivität
auf grossen Widerstand stossen würde.
Aus all diesen Gründen ist die von den Motionären
vorgeschlagene Kundgebungsregelung in der Praxis nicht umsetzbar.
Folgen für das Personal und die Finanzen: Keine
Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Motion abzulehnen.
Bern, 2. Juli 2008
Motionär Dieter Beyeler (SD): Vorerst möchte ich dem
Gemeinderat für
die in seiner Antwort aufgestellte Analyse danken. Sie zeigt doch, dass
sich der Gemeinderat vertieft mit der Prob-lematik, insbesondere der
unfriedlich verlaufenden Demonstrationen, befasst hat. Unser
Hauptanliegen ist damit aber in keiner Weise erfüllt, nämlich
der
Schutz und die Entlastung unserer schützenswerten Altstadt, der
ansässigen Geschäfte, der Bauten und Einrichtungen, die, wie
hinlänglich bekannt, in der Vergangenheit stets wieder bei
gewissen
unliebsamen Demonstrationen stark in Mitleidenschaft gezogen wurden,
insbesondere durch Sachbeschä-digungen und Einkommenseinbussen -
stets
hat es dieselben getroffen.
Wir mussten auch feststellen, dass es in der Altstadt, bedingt durch
die vielen Seitenstrassen und Gassen geradezu ideal, verstärkt
Flucht-
und Rückzugsmöglichkeiten für Randalierende gibt und so
ein Demo-Ablauf
viel unkontrollierbarer und gefährlicher ist als beispielsweise
die von
uns vorgeschlagene Route. Die entsprechenden Punkte haben wir in
unserem Vorstoss auch aufgelistet.
Uns ist auch bewusst, dass es die ideale "Demo-Route" in der Stadt Bern
nie geben wird. Aber es ist unlogisch, dass man stets den Elefant
wissentlich durch den Porzellanladen tram-peln lässt. Deshalb
haben wir
nur die Forderung nach dem kleineren Übel gestellt und ich denke,
dass
unser Vorschlag um einiges besser ausfällt als der Status quo.
Geschlossene Verwaltungsgebäude sind eben einfacher zu sichern als
dutzende von offenen Ladengeschäf-ten mit unzähligen
Schaufensterfronten und vielen Passantinnen und Passanten. Der Ein-wand
vom benötigten grossen Polizeiaufgebot hinkt und ist, so wie es
der
Gemeinderat sagt, nicht nachvollziehbar - im Gegenteil: Mit gleich viel
Polizei lässt sich grösserer Schaden so verhüten. Ich
wiederhole: Der
Schutz der Altstadt mit ihrer Infrastruktur steht mit dieser Motion
absolut im Vordergrund. Wenn aber der Gemeinderat gewillt ist, den
Stadtratsbeschluss vom 15. Mai 2008 wirklich konsequent umzusetzen,
dass nur noch Platzkundgebungen ohne jeglichen "Demo-Umzug" hier
stattfinden dürfen, dann können wir unsere Motion getrost in
ein
Postulat umwandeln, das eventuellen Individualsituationen den
nötigen
Spielraum doch noch geben würde.
Es besteht eine juristische Grauzone, auf die ich besonders hinweisen
möchte: Es geht um die Verfassungsmässigkeit: Ich erinnere
daran, dass
unsere Motion im Januar 2008 einge-reicht und die Revision des
Kundgebungsreglements erst am darauffolgenden 15. Mai 2008 beschlossen
wurde. Trotzdem erscheint es mir wichtig, dass hier ein weiteres
Zeichen gesetzt wird im Sinn einer künftig absolut "demofrei"
funktionierenden Altstadt. Daher bitte ich, dem Vorstoss zuzustimmen.
Fraktionserklärungen
Lea Bill (GB) für die GB/JA!-Fraktion: Es ist unglaublich - da
wird ein
Vorstoss eingereicht, der fordert, dass es in der Stadt Bern für
jegliche Demonstrationen eine einheitliche "Demo-Route" geben soll.
Nicht das ist eigentlich das Unglaubliche. Was mich beim Lesen
irritierte, war die Antwort des Gemeinderats. Zwar schreibt er zu
Beginn, dass er Gewalt, Beschädi-gungen und Sprayereien
während Demos
verurteilt und dass er die Aufgabe hat, die Balance zwischen Sicherheit
und Meinungsäusserungsfreiheit aufrecht zu erhalten. Aussagen,
hinter
die sich die GB/JA!-Fraktion stellen kann. Im Folgenden ist aber nur
noch die Rede von den Geschäftstreibenden, die nicht gestört
werden
sollen, den Gebäudeinhaberinnen und -inhabern in der Bundesgasse,
die
vom Demolärm tangiert würden, vom Hirschengraben, der von
Demonstrierenden in Beschlag genommen würde, und vom
Nutzungskonzept
Bundes-platz, das verletzt würde. Sind wir ehrlich, in
Wirklichkeit
gehts hier darum, dass das De-monstrationsrecht in der Stadt Bern stets
weiter beschnitten und nichtig gemacht wird. De-monstrationsrecht
heisst je nach Thema, je nach Forderung, je nach Grösse der Demo
auch,
eine andere Route wählen zu können. Damit meine ich auch eine
Route und
nicht nur einen Platz. Demonstrationsrecht heisst auch, lautstark durch
die Gassen marschieren zu dürfen, schliesslich ist es auch Sinn
von
Demonstrationen, Passantinnen und Passanten auf Themen und Forderungen
aufmerksam zu machen. Es geht also nicht, wie der Gemeinderat schreibt,
um praktische Gründe, die das Umsetzen dieser Motion
verunmöglichen.
Dieser Vorstoss ist aus grundrechtlichen Gründen abzulehnen, weil
er
eine weitere Beschneidung des Demonst-rationsrechts fordert. Wir
bitten, die Motion geschlossen abzulehnen.
Der Vorsitzende Ueli Haudenschild: Die Motion wurde in ein Postulat
umgewandelt. Wird das Postulat auch bestritten? - Ja. In diesem Fall
setzen wir die Diskussion fort.
Claudia Meier (BDP) für die BDP/CVP-Fraktion: Die BDP/CVP-Fraktion
lehnt den Vorstoss ab. Wir können uns den Ausführungen des
Gemeinderats
anschliessen. Die vorgeschlagene Lö-sung schafft unseres Erachtens
eher
mehr und neue Probleme, als dass sie bestehende lö-sen würde.
Heute
sucht die Polizei im Vorfeld mit den Veranstaltenden das Gespräch.
Es
fin-det ein Dialog statt. Dies ermöglicht für jede Demo eine
massgeschneiderte Lösung. Somit können Personen- und
Sachschäden
vermieden werden. Genau dem muss höchste Priorität
beigemessen werden.
Die bisherige Praxis bei der Bewilligungserteilung ist eine
Kernkompe-tenz der Polizei - und eigentlich beinahe die einzige
Möglichkeit, irgendwie einzugreifen. Mit einer fixen Route
wäre kein
Dialog mehr möglich. Wenn in einem Reglement festgehalten
würde, dass
nur noch eine fixe Route gelten würde, bedeutete dies, dass alle
Menschenan-sammlungen auf öffentlichen Plätzen illegal
wären und mit
einem Polizeiaufgebot aufgelöst werden müssten. Das
letztgenannte
Argument gilt auch gleich für Traktandum 7, das wir auch ablehnen.
Peter Künzler (GFL) für die GFL/EVP-Fraktion: Zu diesem Thema
wurde
bereits viel gesagt. Wir können uns auch weitestgehend dem
Gemeinderat
anschliessen. Die Lösung macht ein wenig den Anschein einer
Patentlösung, im Sinn von: Wir führen doch die Demos an den
Ge-schäften
aussen durch und so haben wir den Frieden. Wie zahlreiche
Patentlösungen ist auch dies eine Lösung, die bei
näherer Betrachtung
nicht so patent ist. Es stellt sich beispielsweise die Frage, wie man
vom Bahnhof auf den Bundesplatz gelangt. Da geht man doch irgendwie
durch die Altstadt. Und ist es wirklich möglich, die zivilisierte
respektive eingeschränkte De-monstration überhaupt so
durchzuführen,
wie die Initianten sich das vorstellen oder der Moti-onär
voraussetzt,
dass dies so gewünscht wird?
Als Nächstes stellt sich die Frage, ob bei einer Demo stets der
Bundesplatz das Ziel ist. Es gibt doch Demos, deren Anliegen den Bund
nicht betreffen; weshalb soll denn diese vor dem Bundeshaus
durchgezogen werden? Dies bringt mich zum nächsten Punkt. Wir
haben ein
Übereinkommen, das mit der Gastfreundschaft der Stadt Bern
gegenüber
dem Bundesparla-ment zu tun hat. Dieses lautet, dass vor dem Bundeshaus
während der Session der Räte kei-ne Demos stattfinden
dürfen. Wie soll
denn dies gehandhabt werden? Und schliesslich - das haben die
Motionäre
damals nicht gewusst - sind heute Platzkundgebungen die Regel. Es ist
eine Regel und keine hundertprozentige Vorschrift, dies ist aus dem
Wortlaut des Kundge-bungsreglements ersichtlich.
Eine Patentlösung, die nicht funktioniert: Deshalb lehnen wir die
Motion und das Postulat ab.
Hans Peter Aeberhard (FDP) für die FDP-Fraktion: Ich kann mich den
Vorrednern anschlies-sen. Auch die FDP lehnt die Motion und das
Postulat ab. Eine einzige "Demo-Route" für die Stadt Bern
tönt
bestechend, aber so wie die Motion formuliert ist, scheinen auch die
Motionä-re nicht genau zu wissen, was sie eigentlich wollen. Sie
nennen
einzig "als Beispiel, Bundes-gasse-Bundesplatz". Andere Varianten
werden nicht vorgeschlagen.
Die FDP teilt die Überlegungen des Gemeinderats, dass man in
diesem
Fall keine Patentlö-sung treffen kann. Gemäss
Kundgebungsreglement soll
es in der Regel nur noch Platzkund-gebungen geben. Wir erwarten vom
Gemeinderat anhand seiner Überlegungen, dass er die jeweiligen
Demonstrations-Routen je nach Veranstaltende sorgfältig festlegt.
Offenbar sahen die Motionäre die illegalen Demonstrationen im
Hintergrund, für die sozusa-gen eine "Demo-Route" festgelegt
werden
könnte. Bekanntlich lassen sich die illegalen De-monstrationen
nicht
verhindern, denn die Demonstrierenden bestimmen ihre Route selbst und
dort sind auch die Chaoten, die es treffen sollte. Gerade in diesem
Fall ist das von den Motio-nären vorgeschlagene Mittel nicht
geeignet.
Giovanna Battagliero (SP) für die SP/JUSO-Fraktion: Es kommt
selten
vor, aber ich kann mich meinem Vorredner anschliessen. Dies ist ein
Vorstoss in einer langen Reihe nach dem 6. Oktober 2007; und er
entstand sicher aus einem Willen heraus, den wir auch
unterstützen,
nämlich, dass in der Stadt Bern möglichst keine
gewalttätigen
Kundgebungen mehr stattfin-den sollen. So wie der Vorstoss jedoch
abgefasst ist, mit seinen Forderungen, hat man den Eindruck, dass es
schlicht darum geht, möglichst keine Kundgebungen mehr stattfinden
zu
lassen. Wir stehen hinter dem Recht auf gewaltfreie Kundgebungen. Wie
bereits erwähnt, Kundgebungen sollen dort stattfinden, wo es
für die
bestimmte Kundgebung am sinnvollsten ist. Da gilt es, die Balance
zwischen der Beeinträchtigung der Interessen der
Gewerbetrei-benden und
dem Recht auf Versammlungsfreiheit und Meinungsäusserung zu
finden.
Diese Ansicht haben wir bereits damals vertreten, als wir über
Artikel
6 des Kundgebungsregle-ments diskutierten; dieser besagt, dass nur noch
Platzkundgebungen stattfinden sollen und Umzüge nur noch
ausnahmsweise
erlaubt sind. Das Argument haben wir bereits gegen die-sen Artikel
vorgebracht; derzeit hat man eben die Möglichkeit, mit den
heutigen
Regeln auf den Einzelfall bezogen eine Kundgebung zu bewilligen; in
dieser Bewilligung können Ein-schränkungen und Auflagen
gemacht werden
- und nur die Einzelfallbeurteilung ist eigentlich das
Erfolgversprechende, damit ein 6. Oktober nicht mehr geschehen kann.
Gegen diesen Artikel 6 ist übrigens noch eine Beschwerde
hängig.
In diesem Sinn teilen wir die Ausführungen des Gemeinderats, der
Vorstoss sei abzulehnen. Wie Peter Künzler bereits erwähnt
hat, würde
eine festgelegte "Demo-Route" keine Verbesse-rung bewirken; die
Demonstrierenden fallen nicht einfach vom Himmel, sondern sie kommen in
der Regel vom Bahnhof und dort können sehr wohl Probleme
entstehen, die
ein unverhält-nismässiges Polizeiaufgebot vonnöten
machen. Aus all
diesen Gründen lehnt die SP/JUSO-Fraktion den Vorstoss ab.
Einzelvoten
Rolf Zbinden (PdA): Der PdA Bern drängt sich der Verdacht auf,
dass
sich in einigen Fraktio-nen und Parteien eine Tendenz breit macht, bei
jeder möglichen und auch unmöglichen Gele-genheit am
demokratischen
Grundrecht der freien Meinungsäusserung herumzuhobeln. Dabei
erstreckt
sich das Repertoire vom Kundgebungsverbot während
parlamentarischen
Sessionen - mehr davon später -, über die Verbannung von
Demonstrationen aus den belebten Gassen der Innenstadt bis zum blanken
Verbot von Demonstrationszügen. Die PdA hat sich jedem einzelnen
Versuch zum Abbau von demokratischem Recht widersetzt. So harmlos diese
Ver-suche auch immer daherkommen mögen, die Abbaustrategie in
vielen
dünnen und auch mal fetten Tranchen muss in jedem einzelnen Punkt
bekämpft werden.
Die PdA erlaubt sich aber auch einen Hinweis auf Grundsätzliches.
Unter
dem grundsätzli-chen Gesichtspunkt der demokratischen Grundrechte
taxieren wir die Beschränkungsabsich-ten als reine Anmassung. Da
will
man sich Befugnisse aneignen, die einem eigentlich gar nicht zustehen.
Wer glaubt denn wirklich, dass das letzte Wort in Sachen demokratische
Rechte hier drin fällt? All diese Dokumente stellen doch
eigentlich nur
etwas dar: nämlich ein Armutszeugnis für
Schönwetterdemokraten.
Demokratische Rechte sind im Verlauf der Ge-schichte eher selten von
gnädigen Herren dem gemeinen Volk geschenkt worden. Solche Rechte
wurden erkämpft. Die gnädigen Herren sind nicht aus freien
Stücken in
Pension ge-gangen und auch dann nicht, wenn man ihnen wie in Bern die
Pension vergoldet hat. Die PdA weist alle Versuche zur
Einschränkung
von demokratischen Rechten zurück und warnt vor der Logik der
Abbaupolitik - und zwar entschieden und gleichzeitig mit einer gewissen
Gelassen-heit. So einfach, wie sich das gewisse Herrschaften
vorstellen, lässt sich "dr Mischt nid chare-le". Wir lehnen diesen
und
den nächsten Vorstoss klar ab.
Dieter Beyeler (SD): Nun haben einige Vorredner meinen Vorstoss
komplett verrissen, bis in die Unkenntlichkeit verzerrt. Offenbar kommt
er definitiv von der falschen Seite. Wenn man einen geordneten Ablauf
von Demonstrationen will, dann muss ich einfach sagen: Es ist schlicht
nicht wahr, dass es keine Kundgebungen mehr geben soll, wie gesagt
wurde. Es geht hier nicht um ein Demonstrationsverbot. Wir sind auch
nicht gegen Demos auf dem Bundes-platz. Wie ich mehrmals betont habe,
geht es einzig um den Schutz unserer Altstadt. Ich kann nicht
verstehen, dass diesem Wunsch nicht entsprochen wird.
Wir wissen genau, was wir wollen. Übrigens, Rolf Zbinden, da haben
Sie
nichts zu befürchten, die demokratischen Rechte werden auch
gewährt,
falls der Vorstoss erheblich erklärt wird. Ich bitte, dem Vorstoss
in
Form eines abgeschwächten Postulats zuzustimmen.
Direktor SUE Reto Nause für den Gemeinderat: Die Motion beschreibt
eigentlich eindrücklich die negativen Folgen einer unbewilligten
Kundgebung. Sie zieht daraus jedoch die falschen Schlüsse. Falls
man
nur noch fixe "Demo-Routen" genehmigt, wird man noch vermehrt
unbe-willigte Kundgebungen in Bern erleben, mit den entsprechenden
Nebenerscheinungen, die sie nach sich ziehen. Grundsätzlich ist es
die
Politik des Gemeinderats, unbewilligte Kundgebun-gen im Rahmen der
Verhältnismässigkeit aufzulösen. Es ist auch nicht so,
dass das
Polizei-inspektorat einfach irgendwelche Bewilligungen erteilt, sondern
es wird verhandelt - über Routen, Zeiten, Ordnungsdienst und
über
weitere Auflagen, die erfüllt werden müssen, um die
Bewilligung
erteilen zu können. Dies alles mit dem obersten Ziel,
Sachschäden und
Gewalt zu verhindern. Nehmen Sie uns bitte diese Flexibilität im
Zeitpunkt vor der Bewilligung der Kund-gebung nicht weg, sonst sind uns
die Hände gebunden.
Zum Bundesplatz: Würden wir alle Kundgebungen über den
Bundesplatz
abwickeln, wäre der Platz vermutlich an jedem Wochenende besetzt.
Dies
sind Einschränkungen, die meines Er-achtens auch nicht mehr
tragbar
wären. Denken Sie an den "Märit", an die Anwohnenden, an die
Folgen im
Hirschengraben, weil die Menschen tatsächlich von irgendwo kommen
und
dorthin marschieren müssen.
Zum zweiten Vorstoss (Traktandum 7): Zum einen das Kundgebungsverbot
vor Stadtratssit-zungen: Ich verstehe es, wenn man sich bedrängt
fühlt
und keinen Spiessrutenlauf absolvie-ren will, bevor man in den Ratssaal
treten kann. Untolerierbar sind auch hier Übergriffe auf
Ratsmitglieder. Aber ein generelles Kundgebungsverbot vor dem Rathaus
ist wieder eine un-verhältnismässige Einschränkung.
Stellen Sie sich
die Situation vor, wenn besorgte Eltern mit ihren Kindern vor dem
Rathaus erscheinen, weil man ihnen irgendwo einen Beitrag an die
Krippe, an die Ludothek etc. gekürzt hat. Es ist ihr gutes Recht,
vors
Rathaus zu kommen. In diesem Fall wäre dies eine unbewilligte
Kundgebung, die wir auflösen müssten. Es leuchtet wohl allen
ein, dass
es so nicht gehen kann. Ich bitte deshalb, beide Motionen (Tr. 6 und 7)
abzulehnen.
Beschluss
1. Der Motionär wandelt die Motion in ein Postulat um.
2. Der Stadtrat lehnt das Postulat ab (10 Ja, 59 Nein).
--
7 Motion Fraktion SVP/JSVP (Peter Bühler/Manfred Blaser, SVP):
Demo- und Kundgebungsverbot während Sitzungen des Stadtrats!
Geschäftsnummer 08.000077 / 08/273
Fast jeden Donnerstag vor und während der Stadtratssitzungen kommt
es
zu irgendwelchen Kundgebungen oder Demonstrationen vor dem Rathaus. In
anderen Städten und Parlamenten sind solche Kundgebungen oder
Demonstrationen eine Seltenheit. Regelmässig muss man in Bern
einen
kleinen "Hindernislauf" machen, um zum Rathauseingang zu gelangen und
zusätz-lich nicht noch mit Flugblättern und Broschüren
etc. "bedient"
zu werden.
Nun kommt es in letzter Zeit vermehrt vor, dass Mitglieder des
Stadtrates angepöbelt werden. Bei der "Anti-WEF" Kundgebung,
welche am
24. Januar 2008 speziell für das Stadtparlament organisiert wurde,
mussten die Ratsmitglieder sogar einen Spiessrutenlauf durch eine
grölen-de, biertrinkende, pöbelnde Demogruppe in Kauf nehmen.
Mehrere
Stadträtinnen und Stadträ-te wurden verbal angegriffen, ein
Mitglied
des Stadtrates wurde sogar tätlich angegriffen, in-dem es mit Bier
übergossen wurde.
Aufgrund der oben kurz beschriebenen Ereignisse wird der Gemeinderat
aufgefordert, das Demoreglement dahingehend zu ergänzen, dass es
verboten ist, vor und während einer Stadtratssitzung
Demonstrationen
oder Kundgebungen vor oder im Rathaus durchzuführen.
Bern, 14. Februar 2008
Antwort des Gemeinderats
Der Gemeinderat bedauert die Vorfälle, die sich im Rahmen der
Anti-WEF-Aktion am 24. Ja-nuar 2008 vor dem Rathaus zugetragen haben.
Dennoch gilt es festzuhalten, dass es - ent-gegen der Ansicht der
Motionäre - lediglich sporadisch zu Kundgebungen vor oder
während den
Stadtratssitzungen kommt. Ausserdem verliefen solche Kundgebungen,
abgesehen von der erwähnten Aktion, jeweils friedlich.
Der Gemeinderat spricht sich aus folgenden Gründen gegen ein
Kundgebungsverbot vor und während den Stadtratssitzungen vor dem
Rathaus aus:
Das Bundesgericht anerkennt in ständiger Rechtsprechung einen
bedingten
Anspruch auf die Benützung von öffentlichen Strassen oder
Plätzen,
namentlich zur Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Der
Gemeinderat ist der Ansicht, dass aufgrund eines negativen Vorfalls die
Meinungsäusserungsfreiheit nicht derart eingeschränkt werden
sollte,
dass vor und während einer Stadtratssitzung vor dem Rathaus keine
Kundgebungen mehr erlaubt sind. Damit die Meinungsäusserung ihre
Appellwirkung gegenüber dem Stadtrat entfalten kann, ist es
naheliegend, eine entsprechende Kundgebung vor oder während den
Stadtratssitzungen vor dem Rathaus durchzuführen. Um eine
möglichst
friedliche Kundgebung sowie einen rei-bungslosen Ablauf
gewährleisten
zu können, werden bereits heute die Bewilligungen mit
ent-sprechenden
Auflagen oder Anordnungen versehen (z.B. Aufruf zu einer gewaltfreien
Kund-gebung, Aufstellen eines Organisationsdiensts etc.). Im
Übrigen
löst ein Kundgebungsverbot vor oder während den
Stadtratssitzungen
alleine das Problem von unbewilligten Aktionen nicht.
Sollte der Stadtrat trotzdem ein entsprechendes Verbot im
Kundgebungsreglement verab-schieden, müsste eine städtische
Behörde
analog der Regelung beim Bundesplatz Ausnah-men vom Verbot erlassen
können, damit das Prinzip der Verhältnismässigkeit
gewahrt werden kann.
Folgen für das Personal und die Finanzen: Keine.
Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Motion abzulehnen.
Bern, 13. August 2008
Fraktionserklärungen
Peter Künzler (GFL) für die GFL/EVP-Fraktion: Wir haben ein
gewisses
Verständnis für diese Motion. Es war wirklich so, dass einige
Demos vor
dem Rathaus sehr mühsam waren, und es gab sogar Momente bei der
Anti-WEF-Demonstration, wo man sich bedroht fühlte. Das geben wir
gerne
zu. Es kann die Analogie zum Nationalrat ins Feld geführt und
gesagt
werden: Also, wenn ihr das vor dem Nationalrat nicht wünscht,
weshalb
unterstützt ihr es dann vor dem Stadtrat? Ich habe deutlich
gesagt,
dass es beim Nationalrat nicht primär um inhaltliche Gründe
geht,
sondern weil wir die Meinung des Nationalrats respektieren. Es ist
nicht unbe-dingt unsere eigene Meinung. In der Regel sind diese
Demonstrationen kein Problem. Sie sind meines Erachtens ab und zu eher
lästig, aber sie sind ganz klar eine zulässige Art der
Meinungsäusserung, und dem Stadtparlament steht es gut an, dass
man den
direkten Augen-zu-Augen-Kontakt mit den Demonstrierenden nicht
vermeidet. Meistens kennt man ja die ei-nen oder die anderen. Trotz dem
Verständnis für das Anliegen der Motionäre sehen wir
keinen
Handlungsbedarf und lehnen die Motion ab.
Michael Köpfli (GLP) für die GLP-Fraktion: Vorerst eine kurze
Vorbemerkung: Kein Mitglied der GLP-Fraktion ist vor Beginn dieser
Legislatur bereits im Stadtrat gesessen. Deshalb möchten wir uns
auch
kein abschliessendes Urteil über Vorkommnisse vor
Stadtratssitzungen in
den letzten vier Jahren erlauben. Im Lauf des Jahrs 2008 waren jedoch
alle unsere gewähl-ten Stadträtinnen und Stadträte
regelmässig an
Sitzungen auf der Zuschauertribüne anwe-send. Und wir haben uns
zumindest im letzten Jahr ein Bild der angeblich fast jeden Donners-tag
stattfindenden Demonstrationen machen können. Tatsächlich
wurden auch
regelmässig Flyer und Broschüren verteilt, teilweise auch
ziemlich
aufdringlich. Dies allerdings meist in einem Ausmass, wie man es sonst
um den Bahnhof oder in der Innenstadt auch erleben kann. Von einem
wöchentlichen Hindernislauf kann unserer Ansicht nach keine Rede
sein.
Bei den konkret geschilderten Anti-WEF-Kundgebungen waren wir nicht
anwesend. Selbst-verständlich verurteilen wir pöbelnde oder
gar
tätliche Angriffe aufs Schärfste. Sei dies nun gegen
Mitglieder des
Stadtrats oder gegen sonstige Bernerinnen und Berner. Eine besondere
Anhäufung von solchen Vorkommnissen am Donnerstagabend vor dem
Rathaus
können wir nicht feststellen.
Der Hauptgrund, weshalb die GLP-Fraktion die Motion ablehnt, ist jedoch
ein anderer: näm-lich die Wirkung des Entscheids für die
Öffentlichkeit. Wir alle sind gewählte Volksvertretende und
es macht
Sinn, wenn wir die Stimmung der Berner Bevölkerung mitbekommen.
Insofern sind wir sehr überrascht, dass die Motion genau aus
Reihen der
angeblich so bürgernahen Volkspartei kommt. Die Versammlungs- und
Meinungsäusserungsfreiheit ist ein Grundrecht und ein wichtiges
und
wertvolles ausserparlamentarisches Mittel, um sich in unserem
demo-kratischen System bemerkbar zu machen. Eine Annahme dieser Motion
würde als elitären Entscheid gewählter
Stadträtinnen und Stadträten
interpretiert werden. Und wir müssten uns zu Recht den Vorwurf
gefallen
lassen, in einem Elfenbeinturm zu sein und diesen mit allen Mitteln vor
externen Einflüssen schützen zu müssen. Aus den
genannten Gründen lehnt
die GLP-Fraktion die Motion ab.
Hans Peter Aeberhard (FDP) für die FDP-Fraktion: Die FDP steht
immer
noch für liberales Gedankengut. Dazu gehört auch, dass es
nicht soweit
kommen soll in unserem Staat, dass alles verboten ist, was nicht
ausdrücklich erlaubt ist. Das hier von der SVP angestrengte
Ver-bot,
vor dem Rathaus nicht mehr demonstrieren zu dürfen, geht ein wenig
in
diese Richtung. Die "DDR-isierung" der Schweiz mit solchen Systemen -
alles ist verboten, ausser es ist aus-drücklich erlaubt - lehnt
die FDP
ab.
Was ist eigentlich Sache bei diesem Vorstoss? Stadtrat Erich Hess wurde
einmal ein Bier über den Kopf geschüttet, und dies war
wahrscheinlich
der Auslöser dieses Vorstosses. Wir haben wie gesagt Anti-WEF
erlebt,
danach war Schaustellung des Vereins "Paradisli", und damit hat es
sich. Im Übrigen unterscheiden sich diese Demonstrationen vor dem
Rathaus nicht von denjenigen vor den Wahllokalen. Es werden Petitionen
und andere Vorstösse zum Unterschreiben unterbreitet. Es wird
Politpropaganda betrieben - so soll es auch sein. Ich persönlich
bin
dankbar, wenn ich von politisch aktiven Personen, von
Direktbetroffenen, gele-gentlich vor dem Rathaus ein Flugblatt erhalte
und etwas zum Lesen habe, das nicht am Vor-tag in der Zeitung stand.
Auch bürgerliche Kreise - und da möchte ich wieder einmal
auffor-dern,
unsere Anliegen nicht immer zurückzuhalten - möchten
vielleicht einmal
ein Flugblatt, beispielsweise eines Leists, beim Eingang verteilen. Ein
solches Verbot wäre da nicht dien-lich.
Emine Sariaslan (GB) für die GB/JA!-Fraktion: Das
Demonstrationsrecht
ist ein Grundrecht. Jeder Mensch hat das Recht auf freie
Meinungsäusserung - die Möglichkeit des Volks, sich am
demokratischen
Diskurs zu beteiligen und seine Interessen einzubringen. Wir freuen uns
sehr, wenn sich das Volk für Politik, Entwicklung und Wandlung in
der
Stadt Bern interessiert, seine Anliegen, Bedürfnisse und
Forderungen
veröffentlicht und auch für uns Stadträtinnen und
Stadträte gut
sichtbar kundtut. Dies ist eine Form der partizipatorischen Demokratie.
Die Aktivistinnen und Aktivisten demonstrieren in einem
öffentlichen
Raum vor dem Rathaus, da sie uns als ihre Vertretung gewählt haben
und
sie vertrauen darauf, dass wir ihre Anliegen ernst nehmen. Ausserdem
entsteht dadurch eine Kommunikationsmöglichkeit zwischen den
Aktivistinnen und Aktivisten sowie den Mitgliedern des Stadtrats. Wenn
wir uns nicht über das Volk stellen wollen und die Politik nicht
nur
als Aufgabe der Politikerinnen und Politikern defi-nieren, müssen
wir
die aktive Teilnahme des Volks am politischen Diskurs unbedingt
unter-stützen und fördern. Die GB/JA!-Fraktion lehnt die
Motion der SVP
ganz klar ab.
Corinne Mathieu (SP) für die SP/JUSO-Fraktion: Wir sind erstaunt,
sehr
erstaunt, dass ausge-rechnet diejenige Partei, die sich Volkspartei
nennt, das Volksrecht auf freie Meinungsäusse-rung verbieten will.
Zu
diesem Recht gehört eben auch das Demonstrieren am
Donnerstag-abend vor
dem Rathaus. Zudem übertreiben die Motionäre hemmungslos. Die
Anzahl
Demos vor dem Rathaus in den letzten vier Jahren lässt sich an
einer
Hand abzählen. Die SP/JUSO-Fraktion geht mit dem Gemeinderat
einig,
auch sie verurteilt jeglichen Ausdruck von Gewalt. Es sollte für
alle
möglich sein, ihre Meinung zu äussern, ohne deswegen verbal
oder
physisch angegriffen zu werden. Das gilt für alle Parteien, von
links
bis rechts. Allerdings, wie heisst es so schön: "Ich werde die
Geister,
die ich rief, nicht mehr los." Dieser Satz stammt nicht ir-gendwie von
einem Schmusepoet, sondern einem Klassiker.
Die SVP ist nicht ganz unschuldig an den Missfallenskundgebungen
gegenüber ihrer Politik und ihren Vertretern. Ein
Fraktionsmitglied aus
Ihrer Reihe setzt am Mikrofon regelmässig zu Schimpftiraden an:
gegen
Mütter, die ihre Kinder in die KITA bringen, gegen
Sozialhilfeemp-fangende, Sozialarbeitende, Randständige, Frauen,
die
nicht derselben Meinung sind, kurz: gegen alles, was einem nicht in den
Kram passt - also eigentlich gegen alles. Da müssen Sie sich nicht
wundern, wenn das Volk, das Sie angeblich vertreten, nicht immer
freundlich ist. Wir haben keine Angst vor dem Volk, deshalb lehnen wir
die Motion ab. Da kann ich mich ausnahmsweise einmal der FDP
anschliessen: Uns freut es jeweils, wenn unsere Politik wahrgenommen
wird, wie bereits die Fraktionschefin vorhin gesagt hat. Und dazu
gehört, dass das Volk auch ab und zu am Donnerstagabend vor dem
Stadtrat präsent ist.
Jimy Hofer (parteilos) für die SVPplus-Fraktion: Als Neuling
stelle ich
doch verwundert fest, dass dies lediglich akzeptiert wird, wenn da
Linke und Grüne draussen demonstrieren. Ich möchte dann von
eurer Seite
nichts hören, falls einmal 30 Skinheads draussen stehen und ihr
beim
Rausgehen ein Problem haben solltet, oder 100 Broncos auffahren. Wenn
man dann einmal nicht einverstanden ist, dann gibt es wahrscheinlich
die Möglichkeit der Dringlicherklä-rung hier. So dringlich
kann man
darüber gar nicht abstimmen. Ich nehme an, bereits nächs-ten
Donnerstag
wird dann sofort weiträumig abgesperrt und dann wird es ein
Demonstrations-verbot geben.
Als unabhängiger Parteiloser staune ich wirklich, dass dies
für
Links-Grün selbstverständlich erlaubt ist, da darf man
machen, was man
will; aber ich sage euch, denkt daran und jammert dann nicht, wenn
einmal 50 Skinheads draussen stehen.
Peter Bühler (SVP) für die SVPplus-Fraktion: Es ist ganz
interessant
heute Abend einmal zu-zuhören, einmal die Erläuterungen von
verschiedener Seite zu hören, wie von Personen wie Michael
Köpfli, dem
ich nicht zu nahe treten will. Er hat selbst erwähnt, dass er die
letzten vier Jahre nicht im Rat war.
Ich hätte diesen Vorstoss vor acht Jahren einreichen können.
Damals
wurde ich aufgrund der Besetzung in der Burgunderstrasse hier in der
Halle massiv bedroht. Es gab Zeugen. Ich un-ternahm damals nichts, weil
ich mir sagte, es ist ein demokratisches Recht. Wenn wir nun aber jeden
Donnerstag, wie in den letzten vier Jahren, irgend eine Aktion vor dem
Rathaus haben, wo ein Flyer verteilt oder der Weg versperrt wird, dann
wird es langsam mühsam. Ich staune, dass auch der Freisinn relativ
schnell vergisst, wenn es darauf ankommt, einmal ei-nen Riegel zu
schieben. Seitdem diese Motion eingereicht wurde - siehe da - kann nun
ge-sprochen werden. Es gab in knapp einem Jahr nur noch fünf
"Demonstrationen". Und vorher, dies ist auch belegbar, praktisch jeden
Donnerstag, sei es nun die IG Velo, der Verein "Para-disli" oder sonst
eine kleinere Vereinigung. Motion rein - "zack" - und dann hat man nur
noch fünf. Das Ziel in diesem Sinn ist bereits erreicht, Corinne
Mathieu. Aber es ging einmal darum zu zeigen, dass ein Vorstoss eben
dieselbe Wirkung haben kann, auch wenn uns bewusst war, dass wir mit
der Motion nicht durchkommen.
Es wird stets gleich mit einem Grundrecht entgegengehalten. Jimy Hofer
hat es gesagt: Wir wollen dann sehen, was auf der anderen Seite
passiert, wenn 100 Broncos draussen stehen und sagen: Hallo, wir sind
nicht ganz einverstanden. Oder wenn es aus dem Ruder läuft und die
Anti-WEF, AntiFa oder wer auch immer das Gefühl hat, sie
müssten nun
mal die Grenze überschreiten; sie haben an der letzten Demo auch
bereits den Stadtpräsidenten ziemlich primitiv provoziert. Schauen
wir,
was passiert, wenn sie tätig werden. Ich bin überzeugt, es
würde
relativ zügig ein Vorstoss eingereicht und ihr möchtet nicht
mehr von
diesen Grund-rechten sprechen. Wir haben auch ein Grundrecht, unseren
Job als Parlamentarierinnen und Parlamentarier sauber und ruhig
durchführen können. Wie gesagt, ich wandle die Motion in ein
Postulat
um.
Beschluss
1. Der Motionärin Fraktion SVPplus wandelt die Motion in ein
Postulat um.
2. Der Stadtrat lehnt das Postulat ab (11 Ja, 57 Nein).
--
8 Motion Fraktion GB/JA!/GPB (Catherine Weber, GB/Simon
Röthlisberger,
JA!/Daniele Jenni, GPB) vom 30. Januar 2003: Berner Bahnhof:
Stühle und
Bänke zurück!: Abschreibung Punkt 1
Geschäftsnummer 04.000244 / 08/237
Gemeinderatsantrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, den erheblich erklärten
Punkt 1 der Motion abzu-schreiben.
Bern, 2. Juli 2008
FSU-Referentin Claudia Kuster (SP): Am 20. November 2003 wurde die
vorliegende Richtli-nienmotion erheblich erklärt. In der Sitzung
des
26. November 2005 hat der Stadtrat Punkt 2 und Punkt 3 der Motion
abgeschrieben. Die Frist von Punkt 1 wurde bis zur Inbetriebnahme des
städtischen Bahnhofteils verlängert. Der Antrag auf
Fristverlängerung
hat die FSU ge-stellt. In Punkt 1 wird gefordert, dass genügend
Sitzgelegenheiten im städtischen Teil des Bahnhofs geschaffen
werden.
Die Mehrheit der damaligen FSU war der Ansicht, dass dieser Punkt nicht
erfüllt ist und nicht abgeschrieben werden kann, ausser wenn
ersichtlich wird, dass das Anliegen aufgenommen und in absehbarer Zeit
umgesetzt wird. In der sanierten und in Zwischenzeit eröffneten
Christoffelunterführung gibt es keine Sitzplätze. Der Grund
dafür ist
laut Gemeinderat, dass die Christoffelunterführung ein wichtiger
Verkehrs- und Fluchtweg ist. Bereits bei der Planung und Realisierung
der Sanierung stand das Seelenheil der grossen Mieterschaft im
Vordergrund. Die Baubewilligung ist an strenge Brandschutzauflagen
ge-knüpft. So muss der öffentliche Durchgang der
Christoffelunterführung frei von jeglichen mo-bilen Einrichtungen,
wie
beispielsweise Aussenbestuhlungen oder Werbeplakatständer,
gehal-ten
werden. Gemäss der Brandschutzauflage der Gebäudeversicherung
Bern
müssen alle Fluchtwege und Ausgänge stets freigehalten und
jederzeit
ungehindert begehbar sein. Die ganze Christoffelunterführung gilt
als
Fluchtweg. Auch im neuen Bahnhofreglement ist das Erschweren von
Rettungs- und Fluchtwegen untersagt. Die Christoffelunterführung
wurde
von 3'775 Quadratmeter auf 1'703 Quadratmeter reduziert. Aus
gemeinderätlicher Sicht ist die Sicherheit der vielen Menschen,
die
täglich die Christoffelunterführung frequentieren, das
oberste Gebot.
Er ist der Meinung, dass genügend Sitzplätze für
Reisende und Wartende
gegeben sind, etwa mit dem Wartesaal im Bahnhof SBB oder den
Bänken auf
den Perrons. Die FSU folgt der Argumentation des Gemeinderats und
empfiehlt dem Stadtrat Punkt 1 der Motion abzuschreiben.
Zur Fraktionserklärung der SP/JUSO-Fraktion: Grundsätzlich
besteht ein
berechtigtes Bedürf-nis, sich in der Christoffelunterführung
einen
Moment auszuruhen. Dieses Bedürfnis haben nicht nur ältere
Menschen,
schwangere Frauen oder Personen mit einer körperlichen
Einschränkung.
Der Weg vom Loeb bis zum Wartesaal SBB ist lang und kann nicht von
allen mit Leichtigkeit zurückgelegt werden. Das bestreitet selbst
der
Gemeinderat nicht. Im Teil der SBB gibt es nebst dem Wartesaal und auf
den Perrons weitere Sitzmöglichkeiten beim Lift in der grossen
Bahnhofhalle. In der Unterführung hat es bei den Geleisen Nischen
mit
Sitzgele-genheiten. Der Stadtrat hat im Jahre 2003 der
Fristverlängerung von Punkt 1 zugestimmt, damit in der Planung und
Sanierung der Christoffelunterführung Sitzgelegenheiten aktiv
ein-gebracht werden. Nun können weder der Gemeinderat noch die
Verwaltung nochvollziehbar darlegen, wie sie dies gemacht haben. Es ist
zu bezweifeln, ob sie überhaupt etwas gemacht haben. Sie
stützen sich
in ihrer Argumentation ausschliesslich auf den Sicherheitsaspekt oh-ne
darzulegen, ob beispielsweise der Bau von Nischenplätzen in der
Unterführung geprüft wurde. In der
Christoffelunterführung wurden extra
Nischen für Geldautomaten gebaut. Dass es in der alten
Christoffelunterführung Sitzplätze gab, sah der Gemeinderat
in seiner
früheren Argumentation nie als Sicherheitsrisiko im Sinne des
Brandschutzes oder der Fluchtwege. Laut verschiedenen
Einschätzungen,
unter anderem im Stadtrat, gab es bereits damals zu wenige
Sitzplätze.
Auch wenn der Gemeinderat zu Bedenken gibt, dass es mit der
Verkleine-rung der Christoffelunterführung nun enger ist, kann er
nicht
ausreichend darlegen, weshalb es keine Sitzmöglichkeiten gibt.
Besonders dann, wenn das Anliegen in die Planung der Un-terführung
einfliessen konnte. Wurden überhaupt alternative
Sitzmöglichkeiten
geprüft? Wir fragen uns, weshalb man nicht über fix
installierte
Sitzmöglichkeiten nachgedacht hat, bei-spielsweise Sitze, die nach
oben
klappen, wie Kinostühle. Laut Auskunft bei der Verwaltung bestehen
Klappstühle aus Kunststoff und entsprechen nicht der
Brandschutzauflage. Die Verwaltung kann aber nicht darlegen, dass sie
diese Möglichkeit überhaupt in Betracht gezo-gen und
geprüft hat. Man
muss ja auch nicht ganze Bänke installieren. Sitzgelegenheiten
für eine
oder zwei Personen wären ausreichend. Fachpersonen hätten
sicher noch
andere Ideen, die den Sicherheitsvorschriften entsprechen würden.
Störend ist, dass es sehr wohl Stühle in der
Christoffelunterführung
gibt, aber natürlich nur für kommerzielle Zwecke. Beim
Restaurant in
der Unterführung ist herausgestuhlt. Personen, die weder essen
noch
trinken wollen, dürfen sich nicht setzen. Weshalb sind dann diese
Stühle kein Sicherheitsrisiko? Offenbar stellen Stühle nur
ein
Sicherheitsrisiko dar, wenn kein kommerzieller Nutzen entsteht. Wir
können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass der Gemeinderat ganz
andere Argumentationen hat, weshalb er keine Stühle in der
Unterführung
will. Diese will er aber nicht darlegen. Der vorlie-gende Antrag zeigt
einmal mehr, was eine Richtlinienmotion wert ist, wenn sie etwas
fordert, dass der Gemeinderat nicht umsetzen will. Es liegt eine
überwiesene Motion vor, eine deutli-che Willensäusserung des
Parlaments
und der Gemeinderat hat nichts unternommen. Aus unserer Sicht wurde
eine Chance verpasst, das Anliegen in die Planung und Sanierung
ein-zubringen und dafür Lösungen zu finden. Wir lehnen die
Abschreibung
ab, auch wenn wir damit nur unserem Protest Ausdruck verleihen.
Fraktionserklärungen
Lea Bill (JA!) für die GB/JA!-Fraktion: Wir haben schon letztes
Jahr
über dieses Thema disku-tiert. Sitzgelegenheiten werden in der
Stadt
Bern sukzessive entfernt. Ob die Bänke aus si-cherheitstechnischen
Gründen entfernt werden wie in der Christoffelunterführung
oder aus
anscheinend ästhetischen Gründen wie auf dem Bahnhofplatz ist
egal.
Tatsache ist, dass unterschiedliche Menschen darauf angewiesen sind, ab
und zu sitzen zu können. €ltere Men-schen, Personen mit
körperlicher
Behinderung, oder solche, die müde von der Arbeit nach Hause
gehen,
sollten Sitzgelegenheiten haben. Der Bahnhof wird auch als Treffpunkt
genutzt und das soll auch weiterhin möglich bleiben. Er ist eben
nicht
nur eine Verkehrsdrehscheibe oder ein Einkaufszentrum. Durch die
Vergrösserung der Geschäfte musste die
Christoffelun-terführung
verkleinert werden. Aus diesem Grund müssen Leute, die nicht gut
unterwegs sind, im Stehen verschnaufen. Es können sich nicht alle
Leute
im Wartsaal der SBB aufhalten, wie dies der Gemeinderat schreibt. In
diesem Wartesaal dürfen sich nur Leute mit einem gültigen
Bahnbillet
aufhalten. Andere Personen, beispielsweise die Grossmutter, die ihre
Enkel abholt oder Reisende, die mit dem Car nach Bern kommen, werden
von der Securitas aus dem Saal gewiesen. Angesichts dieser Tatsache,
sind wir nicht bereit, dieser Abschreibung zuzustim-men.
Rania Bahnan Büechi (GFL) für die GFL/EVP-Fraktion: Dieses
Geschäft hat
viele Emotionen ausgelöst. Für die einen ist das Thema
Sicherheit das
höchste Gebot, während andere nebst der Sicherheit auch die
Bedürfnisse
älterer Leute oder Menschen mit einer körperlichen
Be-hinderung
berücksichtigen. Wir teilen grundsätzlich die Ansichten der
Motionäre.
Es besteht sicher ein Bedürfnis nach Sitzgelegenheiten. Deshalb
haben
wir damals auch die Motion von Liselotte Lüscher unterstützt.
Das
Argument der Verwaltung, wonach sich ältere Leute auch ohne zu
konsumieren im Café setzen können, ist wenig
überzeugend. Ob wirklich
alle Mög-lichkeiten vor der Bauphase geprüft wurden, ist
heute
schwierig zu beurteilen. Trotzdem müs-sen wir nach vorne schauen.
Das
Argument, dass die Christoffelunterführung ein wichtiger Verkehrs-
und
Fluchtweg ist, ist nachvollziehbar. Es ist verständlich, dass der
Gemeinderat innerhalb dieses engen Korridors keine Sitzplätze
will. Die
Christoffelunterführung ist nur eine Möglichkeit, um zu den
Zügen zu
gelangen. Es gibt auch oberirdische Zugänge zum Bahnhof. Unter dem
Baldachin gibt es Sitzgelegenheiten und in der Wartehalle der SBB kann
man auch sitzen. Aus unserer Sicht ist dies ein akzeptabler Kompromiss.
Wir stimmen der Abschreibung zu.
Einzelvotum
Jimy Hofer (parteilos): Sitzgelegenheiten sind gut und recht. Aber was
nützen die besten Sitzgelegenheiten, wenn sie schon belegt sind.
Wenn
sonstige Besucher des Bahnhofs, wie beispielsweise Randständige,
die
weder reisen noch arbeiten, tagein tagaus die Sitzgelegen-heiten in
Beschlag nehmen und man sie nicht benutzen kann, sind sie
überflüssig.
Beschluss
Der Stadtrat stimmt der Abschreibung Punkt 1 der Motion zu (36 Ja, 26
Nein).