MEDIENSPIEGEL 21.3.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturprogramm (DS)
- 2. Drogenanlaufstelle (Stadtrat 19.2.09)
- Clubleben: B-Ausweis unerwünscht
- BahnhofpatInnen (Stadtrat 19.2.09)
- Plakatkrieg (Stadtrat 26.2.09)
- Nothilfe-Berg: Kanton verdrängt SchülerInnen
- Keine private Bahnpolizei
- Spezialeinheit Tigris: Wer wusste was?
- Reitschule-Motion Mozsa (Stadtrat 19.2.09)
- Reitschule-Motion Keller (Stadtrat 19.2.09)

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REITSCHULE
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Sa 21.03.09
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel, Küche: Bio Hof Heimenhaus
20.30 Uhr - Tojo - Alle deine Namen, Norbert Klassen / Eva Fuhrer. Text: R. Urweider
21.00 Uhr - Kino - Filmreihe Intersexualität: XXY, L. Puenzo, Argentinien 2007
22.00 Uhr - Dachstock - Plattentaufe! Kummerbuben "Am Schattehang", Support: DJ Mario Batkovic Rumpelfolk/Herzensrock und eine Prise Balkanbeats

Infos: www.reitschule.ch

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Bund 21.3.09

Mundartrock mit Geschichtsbewusstsein: Die Kummerbuben taufen ihre neue CD "Schattehang"

Idée suisse und Film noir

Die Berner Kummerbuben decken auf, dass sich im Fundus der Schweizer Volksmusik nicht nur unbeschwerte Schunkellieder finden. Auch auf ihrem zweiten Album graben sie nach Liedern, die sich auf den Schattenseiten der Bergwelt abspielen, und gestalten sie zu wilden, betrunkenen Anarcho-Polkas aus.

Ane Hebeisen

Die Humpen und die Rivellas sollen gezittert haben und die Gnagis geschwitzt, als am 31. Oktober 2008 die Berner Kummerbuben die Bühne des Golfrestaurants Wilyhof zu Luterbach betraten. Zuvor waren die Ländlergiele Hubustei und andere Örgeli-Trios und Jodlerchörli zugange gewesen - das Ganze wurde von Telebärn mit zwei Kameras für die Sendung "Musigstubete" aufgezeichnet. "Es wott es Froueli z'Märit ga" hiess das Lied, das die Kummerbuben darbrachten, playback notabene - mit Stromgitarre, Sax, Kontrabass und einem wilden Schlagzeug, im zünftigen Polka-Takt und mit einer Wucht, die den "Wilyhof" in seinen Grundfesten erschütterte.

Es war dies die erste Konfrontation der Kummerbuben mit der Welt der urigen Volksmusik, niemand konnte sich so recht erklären, warum die Sendeleiter überhaupt auf die lustig gemeinte Bewerbung der Band eingegangen waren. Doch obwohl die Kummerbuben Trachten und Hüte trugen, mit denen sie wohl zu keiner Sonntagspredigt eingelassen worden wären, und obwohl sie aus einer Musikwelt stammen, die dem gemeinen Volksmusikzuhörer eher gfürchig als heil erscheinen dürfte, wippten die Senioren gegen Schluss der Nummer in den Pantoffeln, und die feschen Servierdamen schunkelten fröhlich zum besoffenen Lied.

Dabei stammen die Lieder der Kummerbuben in der Regel nicht aus jenem Song-Fundus, in dem stöbert, wer ein volkstümlich veranlagtes Publikum froh machen will. Sie handeln von Helden, deren Höfe am Schattenhang stehen, neben schroffen Felsen und wilden Bächen. Und sie wurden geschrieben von Poeten, die anonym geblieben sind, oder von einem gewissen Jakob Stutz, der 1801 verarmt und von der Gesellschaft verstossen ein trauriges Ende nahm. Diesem Liedgut gehen die Kummerbuben auch auf ihrem zweiten Album mit dem sinnigen Titel "Schattehang" (Chop/Phonag) nach. Und sie klingen dabei vielleicht sogar noch ein bisschen bekneipter als je zuvor, auf ihrer Mission, den Kummer von damals in heutige Musik zu packen.

Hemdsärmlige Volksmusik

Seit die sechsköpfige Band vom Berner Progr aus ihr Unwesen treibt, ist nichts mehr wie vorher in der heilen Welt des Mundartliedguts. Was wurde nicht alles versucht, um diesem Musikdialekt ein bisschen Zeitgeist einzuverleiben und ihn vom Mief der Pioniere zu befreien: Man probierte es mit Lustig-Punk, mit Sunshine-Reggae, Chanson oder Indie-Rock, doch das meiste war gerade mal so aufmüpfig und aufregend, dass es immer noch prima ins Idée-suisse-"Benissimo"-Format passte.

Auch die Kummerbuben waren nach ihrem aufhorchenerregenden Erstling "Liebi und anderi Verbräche" beim Schweizer Fernsehen zu Gast. In der Sendung "Die grössten Schweizer Hits" durften sie nach langem Hin und Her ein Medley bekannter Schweizer Volkslieder zum Besten geben - "Mir Senne heis luschtig" war auf Wunsch der Fernsehmacher darunter und "Chumm, mir wei ga Chrieseli gwinne". Auch diese Lieder nahmen in der hemdsärmligen Interpretation der Kummerbuben die dunkelstmögliche Wendung; die Mannschaft hüpfte rabiat unter dem Scheinwerferlicht, sodass die Kameramänner merklich Mühe bekundeten, den hin- und herschlenzenden Kopf von Sänger Simon Jäggi in Grossaufnahme festzuhalten. Und für zirka drei Minuten hielt tatsächlich ein kleines bisschen Anarcho-Charme Einzug in die helvetischen Fernsehstuben, obwohl auch das aufgekratzte Leutschenbach-Auditorium im Gleichtakt mitklatschte, als wäre da eine ordinäre Schlagercombo am Werk.

Genau hier liegen Rätsel und Rezept dieser Truppe begraben. Den Kummerbuben gelingt der formvollendete Spagat zwischen Festzelt und Untergrund-Bar, zwischen Maiensäss und AJZ, zwischen Idée suisse und Film noir. Es ist nämlich einerseits eine durchaus volksnahe und gewissermassen auch volksverbindende Form des Musizierens, der die Kummerbuben frönen. Musik, mit der man rasch per Du ist, mit der man gerne einen über den Durst trinkt. Da gibt es muntere Rhythmen, da gibt es bitterzarte Handorgeln, frenetische Saxofone und abgetakelte Stromgitarren, da gibt es zuweilen gar Ansätze zu Jodel und Juchzern, und doch klingt das Ganze nicht etwa nach helvetischem Agrar-Pop oder Schwyzerörgeli, sondern eher nach einer feuchtfröhlichen und umstürzlerischen Balkan-Begräbnis-Punkkapelle, die sich bloss im Dialekt vertan hat. Oder nach Tom Waits im Schattentobel. Und in die vordergründig muntere Party mischen sich immer wieder Defätismus und Drangsal.

Vertonte Splatter-Geschichten

Im Aufspüren der Liedtexte hat man erneut in Liedsammlungen und -archiven nach Geschichten gekramt, die nicht von den heiteren Stunden erzählen. "Stöbert man ein bisschen vertiefter, finden sich da ganz finstere Sachen", erzählt Sänger Simon Jäggi, "Geschichten voller Morbidität und Splatter-Qualität." Nein, die Sennen hatten es offenbar nicht nur lustig, sie kannten Kummer und Herzschmerz, und ihnen war bereits dieses unbestimmte Fern- und Heimweh eigen, das bis heute ganz gerne von hiesigen Mundartschlagersängern besungen wird. Auf dem neuen Kummerbuben-Album findet sich dieses schizophrene Heimatgefühl etwa im wunderbaren Lied "S het deheim e Vogel gsunge", das auf einem Text des Solothurner Dichters Josef Reinhart beruht: "Bi du gly i d Frömdi ggange, wo ne andre Vogel singt. I ha glost, ob us dr Heimat mir dr Wind es Liedli singt". Dazu schmettert die ehemalige Tom-Waits-Coverband ähnlich grobschlächtig und zupackend los wie das Orchester eines drittklassigen Wanderzirkus. Etwas weniger prickelnd sind die Balladen ausgefallen. Hier findet sich keine Tiefenschärfe im Abgetakelten, hier ersäuft der Schmerz in etwas gar plakativer Betrunkenheit.

Elend und Kummer sind im Liedgut der Kummerbuben allgegenwärtig, und wenn die Helden dieser Lieder dann doch einmal ihr Herz verschenken, dann gheit ihr Schätzli natürlich prompt zum Schluss die Felsen hinunter und bricht sich alle Glieder. Ein anderes beliebtes Thema auf "Schattehang" ist das Kriegen und Rauben: "In diesen Geschichten offenbart sich ein fast schon sympathischer urschweizerischer Dilettantismus", sagt Simon Jäggi dazu. Im Stück "Andermatt" soll beispielsweise mit einem Feldzug den Mehrbesseren in Zürich der Garaus gemacht werden. Das Unterfangen scheitert kläglichst, weil man zu wenig Munition mitbrachte. Den zurückgekehrten Soldaten wurde besagtes Spottlied gewidmet, das von den Kummerbuben nun wieder ausgegraben und zu einem aufgeweckten Lumpenlied umgedeutet worden ist. Ab und an wurden an den Texten gewisse Modifikationen vorgenommen, wie Jäggi einräumt, und die Melodien wurden zum grössten Teil vollständig neu geschrieben - doch auch wenn sich heute Punks und Partybrüder dazu betrinken, im Gebälk dieser wunderbaren Songs knirscht noch immer der Geist des Ländlichen und Urigen.

[i]

Konzert und CD-Taufe

Heute Samstag, 22 Uhr, Dachstock der Reitschule. Die CD "Schattehang" kommt am 27. März in die Läden.

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2. DROGENANLAUFSTELLE
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Stadtrats-Debatte 19.2.09

2 Dringliche Interpellation Fraktion FDP (Dolores Dana, FDP): Ist die Murten-strasse 26 ein guter Standort für eine Drogenanlaufstelle?
Geschäftsnummer 09.000023 / 09/004

Am 9. Januar 2009 hat die zuständige kantonale Direktion (GEF) via Presse verlauten lassen, dass der Kanton die Schaffung und den Betrieb der DrogenanlaufsteIle an der Murtenstrasse 26 finanziell nicht unterstützen will. Vorbehalten bleibe ein gegenteiliger Beschluss des kan-tonalen Parlaments im März 2009. Anlässlich der Medienberichterstattung der letzten Tage zu diesem Thema herrscht nun grosse Konfusion und es stellen sich die folgenden Fragen:

1. Ist es richtig, dass der Gemeinderat nach wie vor an der DrogenanlaufsteIle an Standort Murtenstrasse 26 festhält? Wenn ja, wann wurde dieser Beschluss gefasst und wie wurde er kommuniziert?
2. Hat der Gemeinderat beschlossen resp. die Absicht zu beschliessen, die AnlaufsteIle an der Murtenstrasse 26 auch zu realisieren, wenn der Kanton Bern die Finanzierung verwei-gert?
3. Unabhängig von der Finanzierung, wie beurteilt der Gemeinderat die Wirtschaftlichkeit der geplanten "Zwischennutzung in der Pilotphase"? Sind bei den hohen Kosten für die Be-wohnbarmachung der Liegenschaft und der kurzen Nutzungsdauer Kosten/Nutzen ü-berhaupt noch in einem Verhältnis?
4. Hat der Gemeinderat in Erwägung gezogen, den direkt betroffenen Anwohnenden und Gewerbetreibenden finanzielle Unterstützung zur Vermeidung von Schaden aus dem Be-trieb einer AnlaufsteIle zukommen zu lassen (Investitionsbeiträge für Absperrgitter & Zäu-ne, Kostenbeteiligung für Bewachung, Reinigung etc.)? Wenn ja, welcher Betrag wurde dafür budgetiert?
5. Ist sich der Gemeinderat bewusst, dass die internen und externen Kosten dieses "Pilot-projektes" gesamthaft eine Höhe erreichen, welche in der Ausgabenkompetenz des Stadt-rates liegt?
6. Was ist die Meinung des Inselspitals und der Berner Fachhochschule Gesundheit zur ge-planten DrogenanlaufsteIle in unmittelbarer Nähe?
7. Wie ist der Stand der Baubewilligung betreffend die Überbauung Murtenstrasse? Hat der Heimatschutz wie angekündigt seine Einsprache nach der Volksabstimmung zurückgezo-gen?
8. Was für Kostenfolgen hätte eine Verlängerung der Öffnungszeiten der DrogenanlaufsteIle Hodlerstrasse?
9. Welche Handlungsalternativen zu einer zweiten Anlaufstelle gibt es aus Sicht des Ge-meindrates?

Begründung der Dringlichkeit:
Offenbar soll der Regierungs- resp. Grossrat des Kantons Bern im März 2009 darüber befin-den, ob das Projekt finanziert werden soll. Bei negativem Bescheid soll offenbar ein Allein-gang sofort realisiert und die 2. DrogenanlaufsteIle im Sommer eröffnet werden.
Bern, 22. Januar 2009

Antwort des Gemeinderats

Seit längerer Zeit ist die Direktion für Bildung, Soziales und Sport (BSS) mit der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern (GEF) betreffend der Drogensituation in der Stadt Bern im Allgemeinen und Entlastungsmassnahmen für die Kontakt- und Anlaufstelle für Dro-genabhängige im Speziellen in Kontakt.
Aus finanzpolitischen Gründen kann und will der Kanton zum Zeitpunkt keine zusätzliche Be-triebsfinanzierung für die Angebote in der Stadt Bern erbringen. Regierungsrat Philippe Per-renoud hat aber am Gespräch vom 23. Januar 2009 der Direktorin für Bildung, Soziales und Sport zugesichert, die Finanzierung der Anlaufstelle an der Hodlerstrasse im bisherigen Um-fang für die zwei nächsten Jahre fortzuführen, das heisst inklusive Notmassnahmen zur Ent-lastung des Gebiets rund um die Hodlerstrasse in der Höhe von jährlich Fr. 350 000.00 (vgl. gemeinsame Medienmitteilung der GEF und der BSS vom 23. Januar 2009).

Zu den Fragen:

Zu Frage 1: Ein Beschluss liegt zurzeit nicht vor, da aufgrund der €usserungen der GEF die genaue Ausgestaltung und Finanzierung neu geklärt werden muss. Die Aufteilung der Kon-takt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige auf zwei Standorte erachtet der Gemeinderat je-doch weiterhin als sinnvolle Strategie zur Weiterentwicklung der Drogenanlaufstelle und zur Entlastung des Gebiets Hodlerstrasse/Bollwerk/Schützenmatte.
Zu Frage 2: Nein.
Zu Frage 3: Die Nutzungsdauer der Räumlichkeiten an der Murtenstrasse 26 beträgt mindes-tens zwei Jahre. Die Kosten für die Instandstellung der Liegenschaft beurteilt der Gemeinde-rat als verhältnismässig, zumal für die ganze Nutzungszeit keine Mietkosten anfallen werden.
Zu Frage 4: Nein, dafür wird kein Betrag budgetiert werden. Hingegen würde mit einem ent-sprechenden Sicherheits- und Sauberkeitsdispositiv der spezifischen Situation in der Umge-bung der Liegenschaft Murtenstrasse 26 Rechnung getragen.
Zu Frage 5: Der Gemeinderat kennt die Finanzkompetenzen gemäss Gemeindeordnung. Das Geschäft wird dem zuständigen Organ (Gemeinde- oder Stadtrat) zum Entscheid vorgelegt werden.
Zu Frage 6: Vertreter des Inselspitals und der Berner Fachhochschule Gesundheit wurden persönlich über das Vorhaben informiert. In ihrer anschliessenden Stellungnahme halten sie fest, dass sie die Notwendigkeit eines zweiten Standorts verstehen und die voraussichtlich zweijährige Pilotphase an der Murtenstrasse 26 im Grundsatz unterstützen. Patientinnen und Patienten, Besuchende und Angestellte des Inselspitals sowie der auf dem Insel-Areal gele-genen Universitätsinstitute sollen sich jedoch trotz Drogenanlaufstelle an allen Wochentagen rund um die Uhr auf dem ganzen Areal sicher fühlen.
Zu Frage 7: Unabhängig vom Stand des Baubewilligungsverfahrens hat die Eigentümerin der Liegenschaft, die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BEV), eine min-destens zweijährige Nutzungsdauer zugesichert.
Zu Frage 8: Die Kosten einer Verlängerung der Öffnungszeiten der Kontakt- und Anlaufstelle Hodlerstrasse betragen pro Wochenstunde (d.h. täglich eine Stunde von Montag bis Samstag) rund Fr. 215 000.00 bis 261 000.00.
Zu Frage 9: Die zuständige Direktion für Bildung, Soziales und Sport ist zurzeit daran, weitere Modelle zu erarbeiten und zu prüfen.

Bern, 18. Februar 2009

Interpellantin Dolores Dana (FDP): Erfreulich an der Antwort ist, dass der Gemeinderat noch nicht über die Schaffung einer zweiten Drogenanlaufstelle entschieden hat. Falls der Kanton nichts an die zweite Drogenanlaufstelle bezahlt, verzichtet die Stadt auf die Realisierung. Das ist gut so. Den Medien konnte aber etwas anderes entnommen werden. So zum Beispiel am 19. Januar 2009. Ob es sich dabei um einen Sololauf des Generalsekretariats gehandelt hat, wissen wir nicht. Vielleicht wurden sie auch nur falsch zitiert, einmal mehr. Auf Frage 7 wurde gar keine Antwort gegeben.

Direktorin BSS Edith Olibet für den Gemeinderat: Es ist mir wichtig festzuhalten, dass es sich nicht um einen Sololauf meines Generalsekretariats handelte. Ebenso war es kein Verschrei-ber der Medien. Der Gemeinderat hat den zweiten Standort Murtenstrasse nicht als Standort in Frage gestellt. Es ist einzig die Frage, was mit den finanziellen Mitteln, welche die Not-massnahmen ausmachen, überhaupt möglich ist.

Beschluss
Die Interpellantin Fraktion FDP ist mit der Antwort teilweise zufrieden.

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CLUBLEBEN
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Bund 21.3.09

In Bern werden vermehrt Ausländer aus Clubs weggewiesen - "aus Sicherheitsgründen"

"Tourist" statt "Ausländer"

In einigen Clubs in Bern haben Gäste ohne C-Ausweis oder Schweizer Pass keinen Zutritt - "aus Sicherheitsgründen", wie der Geschäftsführer der Jansen Gastronomie AG sagt.

Corinne Leuenberger

"Wenn ich in den Ausgang gehe, sage ich, dass ich Tourist bin, dann werde ich ohne Probleme eingelassen": Der ehemalige Mitarbeiter der Jansen Gastronomie AG besitzt weder den Schweizer Pass noch einen C-Ausweis. Aus diesem Grund wurde ihm wiederholt der Zutritt zu den Berner Lokalen verwehrt - dies betrifft nicht nur die Clubs seines ehemaligen Arbeitgebers.

Kritik wegen Wegweisung

Die Geschäftsleitung der Jansen Gastronomie AG stand in letzter Zeit in der Kritik: Anlass dazu gab der Vorfall von Anfang März, als ein Gast, der "nur" über eine B-Bewilligung verfügte, freundlich aus dem "Art Café" weggewiesen wurde. Diese Begebenheit schlug hohe Wellen: Verschiedene Medien berichteten darüber, der Jansen-Geschäftsleitung wurde Rassismus vorgeworfen, und die Jungsozialisten (juso) der Stadt Bern riefen am 18. März 2009 zum Boykott der Lokale und zur Kundgebung in der Gurtengasse auf. Es demonstrierten etwa zehn Leute.

Sicherheit für Partyvolk

Ralf Jansen begründet die Einlassbeschränkungen mit der Sicherheit: Die Jansen Gastronomie AG hätte in der Vergangenheit massive Schäden hinnehmen müssen - wegen ausländischer Gäste. "Wir lassen nicht ausschliesslich Schweizer ein, aber die Herkunft der Gäste interessiert uns." Eine gute Durchmischung des Partyvolkes sei für die Stimmung unabdingbar. "Wir haben nichts gegen bestimmte Rassen. Es ist das ganze Erscheinungsbild einer Person, das zählt." Die Security werde geschult, Gäste nach Alter, Aussehen und Auftreten zu beurteilen - und nach der Aufenthaltsbewilligung. "Den Leuten, die wir kennen, stehen unsere Türen offen - unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus", so Jansen, der sich vehement gegen die Vorwürfe wehrt, ein Rassist zu sein.

Er bedaure, dass auch Unschuldige von den Massnahmen getroffen worden seien. Eine Fehlerquote von null Prozent sei aber praktisch nicht möglich, sagte Jansen gestern auf Anfrage. Unklar bleibt trotz allem, wie die Security innerhalb von Minuten erkennen kann, ob ein Gast die Partyszene stören wird oder nicht - dies allein aufgrund seines Äusseren. Die Gefahr von Diskriminierungen wegen Herkunft oder Aufenthaltsstatus ist gross. Nichtsdestotrotz ist auf der Internetseite der Jansen Gastronomie AG zu lesen, dass der Respekt und die Liebe zu den Menschen zum Geschäftskonzept gehören.

Unbekannte Mitarbeiter

Erstaunlich sind die Aussagen eines ehemaligen Mitarbeiters der Firma: Demnach verfügen rund 80 Prozent der Angestellten bei Jansen nicht über einen C-Ausweis oder einen Schweizer Pass. "Wenn die Mitarbeiter nach dem Feierabend in einer Bar der Jansen AG einkehren wollen, werden sie nach dem Ausweis gefragt und gegebenenfalls weggewiesen", sagt er. "Ich habe in Bern schon vermehrt Probleme gehabt, mit meiner B-Bewilligung Einlass in Clubs zu erhalten. Bei Jansen werde ich eingelassen, wenn ich den Türsteher oder die Mitarbeiter an der Bar kenne." Deklariere er sich hingegen als Tourist und zeige seinen deutschen Pass, sei er noch nie weggewiesen worden. Persönlich bevorzuge er nun diese Methode, die B-Bewilligung weise er gar nicht mehr vor. Damit habe er bis jetzt in keinem Berner Club Probleme gehabt.

Kein Recht auf Gleichheit

Das Problem ist in Bern nicht neu: Schon im März 2008 hat das Regierungsstatthalteramt eine Rechtsabklärung zu der Thematik erstellt: Demnach steht es einem Clubbesitzer frei, sich seine Gäste auszusuchen. Die Einhaltung der Grundrechte, namentlich des Rechts auf Gleichheit, ist nur verbindlich, wenn mit der Dienstleistung staatliche Aufgaben wahrgenommen werden. Das Gutachten hält fest: Private Clubbesitzer können nicht dazu angehalten werden, Gäste gleich und willkürfrei zu behandeln. Anders, wenn es sich um eindeutig rassistisch motivierte Einlassverweigerungen handelt.

 Wie Jansen in einer Stellungnahme schreibt, regle die B-Bewilligung nur den Aufenthaltsstatus einer Person und habe aus seiner Sicht nichts mit der Rasse, Ethnie oder der Herkunft zu tun. Mit dieser Argumentation dürfte er recht erhalten, auch wenn die Juso ihre Ankündigung wahr macht und Anzeige erstattet.

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BAHNHOFPATiNNEN
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Stadtrats-Debatte 19.2.09

9 Interpellation Luzius Theiler (GPB): "Verfreiwilligung" der Polizei im Bahnhofge-biet ?
Geschäftsnummer: 08.000199 / 08/326

Gemäss Medienmitteilung vom 29. Mai 2008 hat der Gemeinderat der Beteiligung der Träger-schaft des Projekts "Bahnhof-Patenschaft" Bahnhof Bern der SBB zugestimmt.
"Bahnhofpatinnen und Bahnhofpaten arbeiten freiwillig. Sie verbessern mit ihrer Präsenz das subjektive Sicherheitsgefühl der Passantinnen und Passanten und sensibilisieren gegebenen-falls Personen für anständiges und verantwortungsbewusstes Verhalten. Das Einsatzgebiet umfasst neben dem eigentlichen Bahnhofgebäude den Busbahnhof PostAuto, die Passerelle, die Unterführungen und Aufgänge sowie den Bahnhofplatz (Baldachin). Nach gutem Erfolg in mittelgrossen Bahnhöfen wird das Projekt erstmals in einem Grossbahnhof getestet."

1. Die Medienmitteilung lässt den Schluss zu, dass die Patinnen nicht nur Hilfsleistungen (wie vornehmlich in Liestal) sondern auch Sicherheitsaufgaben (wie in Thun) übernehmen sollen. Zudem soll das Tätigkeitsgebiet über den Bahnhof hinaus ausgedehnt werden. Damit sollen unbezahlte "Freiwillige" heutige Aufgaben der Securitrans und der Stadtpoli-zei übernehmen. Ist der Gemeinderat wirklich der Meinung, dass öffentliche Aufgaben an unbezahlte "Freiwillige" die sich oft aus einer Notlage in der ungewissen Hoffnung auf Verbesserung ihrer Perspektiven melden, übertragen werden sollen?
2. Wie ist die in der Medienmitteilung erwähnte Trägerschaft zusammengesetzt?
3. Wem sind die "BahnhofpatInnen" unterstellt? Wer trägt die Verantwortung für deren Ein-satz?
4. Welche weiteren Punkte enthält der Vertrag mit der Trägerschaft bzw. mit der SBB? Wie ist der Auftrag umschrieben, wie wird das Projekt finanziert? Was erhalten die Sponsoren des Projektes als Gegenleistung?
5. Wer bildet die "PatInnen" aus, wie lange dauert die Ausbildungszeit? Was genau beinhal-tet diese Ausbildung und insbesondere wie sollen die "PatInnen" auf die "Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls" und auf Interventionen bei "unanständigem Verhalten" ausgebildet werden?
6. Ist der Gemeinderat bereit, den Einsatz der "PatInnen" auf reine Hilfeleistungen (ähnlich der Bahnhofhilfe) zu beschränken und für diese Arbeit ortsübliche Löhne zu bezahlen?

Begründung der Dringlichkeit:
Die "Patinnen" sollen ihre Tätigkeit in Kürze aufnehmen. Bei der Übertragung von öffentlichen Aufgaben an unbezahlte "Freiwillige" handelt es sich um einen Grundsatzentscheid von gros-ser Tragweite.

Bern, 29. Mai 2008

Antwort des Gemeinderats
Das Projekt der "Bahnhof-Patenschaften" wird von den SBB in Zusammenarbeit mit den Standortgemeinden in verschiedenen Bahnhöfen (u.a. Thun, Liestal, Yverdon, Frauenfeld) seit längerer Zeit mit gutem Erfolg durchgeführt. Mit dem Bahnhof Bern soll das Projekt erst-mals in einem sechsmonatigen Pilotversuch in einem Grossbahnhof getestet werden. Der Pilotversuch soll im Herbst 2008 beginnen.

Zu den einzelnen Fragen:
Zu Frage 1: Bahnhofpatinnen und -paten sollen mit ihrer Präsenz das Wohlbefinden und das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen im Bahnhof erhöhen sowie die Identifikation der Bevölkerung mit dem Bahnhof verbessern. Sie sollen den Passantinnen und Passanten Hilfe-stellungen anbieten und falls nötig und möglich Personen auf Fehlverhalten aufmerksam ma-chen. Sie übernehmen keine Aufgaben der Securitrans und der Polizei. Die Kompetenzen sind klar abgegrenzt.
Zu Frage 2: Die SBB und die Stadt Bern führen das Projekt gemeinsam durch, wobei die SBB die Hauptverantwortung tragen. Eng beteiligt sind zudem BERNMOBIL, die bls, der RBS, Postauto und die Securitrans. Eine Trägerschaft im rechtlichen Sinn besteht nicht.
Zu Frage 3: Die Bahnhofpatinnen und -paten sind den SBB unterstellt. Fachleute der SBB, der Stadt Bern (Jugendamt, PINTO) und der Securitrans gewährleisten eine enge fachliche Begleitung.
Zu Frage 4: Es besteht kein Vertrag. Das Projekt wird durch die SBB sowie die beteiligten öffentlichen Verkehrsmittel (BERNMOBIL, Postauto, bls und RBS) finanziert. Sponsoren hat es keine.
Zu Frage 5: Die Ausbildung ist in 4 Module unterteilt und dauert 6 Tage:
- Modul "chili" des Schweiz. Roten Kreuzes: Kommunikationsformen und Konfliktvermittlung (3 Tage);
- Modul "Bahn" mit SBB, bls und RBS: betriebliche Kenntnisse, Kundendienst (1 Tag);
- Modul "Bus und Tram" mit BERNMOBIL: Betriebliche Kenntnisse, Kundendienst (1/2 Tag);
- Modul "Objektschutz" mit Securitrans: Zusammenarbeit, operative Betreuung, Ortskennt-nisse, Bahnhofordnung (1 Tag);
- Modul Zielgruppen mit PINTO: Umgang mit schwierigen Personengruppen (1/2 Tag).

Zudem besteht die Möglichkeit nach ca. drei Monaten ein Modul "chili Refresher" zu besuchen und den Nothelferkurs des Samariterverbands zu absolvieren.
Zu Frage 6: Das Grundkonzept des Projekts "Bahnhofpatinnen und -paten", das von den SBB erarbeitet wurde, beruht auf der freiwilligen Tätigkeit. Der Gemeinderat kann und will hier die grundsätzlichen Rahmenbedingungen nicht ändern. Der sechsmonatige Versuch wird zeigen, ob sich das Modell auch für einen Grossbahnhof wie Bern eignet. Der Gemeinderat wird nach dem Vorliegen der Auswertung über das weitere Vorgehen entscheiden.

- Auf Antrag des Interpellanten Luzius Theiler beschliesst der Stadtrat Diskussion. -

Interpellant Luzius Theiler (GPB): Die sogenannten Bahnhofpaten und Bahnhofpatinnen, die - (je nach Auslegung) aufgeboten zur Unterstützung der Bahnhofspolizei und der Securitrans - hätten patroullieren sollen, hat man wenig gesehen, zumindest blieben sie sehr diskret. In der Antwort des Gemeinderates heisst es, es sei nur ein sechsmonatiger Versuch, der zeigen werde ob sich dieses Modell eignet. Meines Erachtens gibt es für eine Eignung keine über-zeugenden Gründe. Ich hoffe, dass der Gemeinderat einen Bericht erstellen wird, indem er die gemachten Erfahrungen auswertet. Die Antwort beinhaltet indessen seltsame Widersprü-che, indem sie ausführt, die Bahnhofpaten würden keine Aufgaben der Polizei oder der Secu-ritrans übernehmen, die Kompetenzen seinen klar abgegrenzt (Antwort zu Frage 1). In der Antwort zur Frage 4 wird festgehalten, es bestünde kein Vertrag und in der Antwort zu Fra-ge 2, eine Trägerschaft im rechtlichen Sinne bestehe nicht. Wie können Kompetenzen und Verantwortlichkeiten klar abgegrenzt und durchgesetzt werden, wenn kein Vertrag besteht. Es ist überhaupt erstaunlich, dass ein derartiges Unterfangen ohne Vertrag gemacht wird. Was, wenn einmal etwas passiert? Wer übernimmt dann die Verantwortung? In Beantwortung der Frage 6 heisst es, der Gemeinderat könne und wolle die Rahmenbedingungen nicht ändern. Es ist indessen problematisch, wenn staatliche Aufgaben an sogenannte Freiwillige delegiert werden, die nicht bezahlt werden und mit einer angeblichen Verbesserung ihres Selbstwertge-fühles oder mit der Verbesserung ihrer Integrationschancen abgespiesen werden. Es interes-siert, warum der Gemeinderat die diesbezüglichen Rahmenbedingungen nicht ändern will. Er könnte, will aber nicht. Wie begründet er eine Delegation an Freiwillige, die keinen Lohn be-ziehen.

Fraktionserklärungen

Corinne Mathieu (SP) für die Fraktion SP/JUSO: "Fairplay im öffentlichen Verkehr" unter die-sem Motto werben die SBB für das Projekt Bahnhofpaten und Bahnhofpatinnen. Durch den Einsatz von Bahnhofpaten und Bahnhofpatinnen soll eine Steigerung des subjektiven Sicher-heitsempfindens auf Bahnhöfen erreicht werden. Unsere Fraktion teilt die Skepsis des Inter-pellanten gegenüber diesem Projekt. Die Skepsis erstreckt sich auf drei Bereiche. Der Einsatz von Freiwilligen, die schleichende Verlagerung von staatlichen Aufgaben auf Private und die Institutionalisierung der sozialen Kontrolle. Grundsätzlich begrüssen wir den Einsatz von Freiwilligen bzw. die Freiwilligenarbeit. Diese stösst jedoch an Grenzen und diese ist im Fall der Bahnhofpaten und Bahnhofpatinnen erreicht. Es kann nicht sein, dass die öffentliche Si-cherheit - auch wenn es sich sozusagen nur um soziale Kontrolle handelt - durch Freiwillige gewährleistet wird. Wir fragen uns, wie weit der Gemeinderat eigentlich mit dieser Auslage-rung noch gehen will. Eine Institutionalisierung der sozialen Kontrolle kommt für uns der heimlichen Einführung des "neighbourhood-watching" sehr nahe. Wir kennen bereits die Ar-gumentation des Gemeinderates: Das hat im Bahnhof gut funktioniert, also können wir es auch in den Quartieren einführen. Die angebliche Erfolgsgeschichte von anderen an diesem Projekt beteiligten Bahnhöfen würde uns sehr interessieren und auch wer die Erfahrungen mit diesen Projekten ausgewertet hat. Die SBB werden wohl kaum ihr eigenes Projekt kritisieren. Zur Zeit läuft dieses Projekt in insgesamt acht Bahnhöfen. Die meisten dieser Bahnhöfe sind indessen aufgrund ihrer Kleinheit kaum mit dem Bahnhof Bern vergleichbar. Wir drücken un-ser Erstaunen darüber aus, dass der Bund der ansonsten streng über das Gewaltmonopol der öffentlichen Hand wacht, ein solches Projekt überhaupt akzeptiert. Unter dem Schlagwort "Prävention" lässt sich offensichtlich heute beinahe alles unterbringen. Vorliegend wird Begriff "Prävention" sachfremd verwendet. Zudem sind verschiedene Partner sehr an der Auf-rechterhaltung dieses Projektes interessiert, ob sinnvoll oder sinnlos, ist anscheinend belang-los. Wir erwarten vom Gemeinderat, dass er dieses Projekt nach Beendigung der sechsmona-tigen Pilotphase abbricht. Die Investitionen in dieses Projekt stehen kaum in einem Zusam-menhang mit der erwünschten Wirkung.

Michael Köpfli (GLP) für die Fraktion GLP: In Liestal läuft dieses Projekt mit den Bahnhofpa-ten und Bahnhofpatinnen bereits sehr erfolgreich. Warum wurde dieses eingeführt. Liestal hatte massive Probleme mit Gewalt und Schlägereien, erinnert sei an den Überfall auf den Coop Pronto mit mehreren Schwerverletzten. Man diskutierte die Aufstockung der Polizeikräf-te, es formierte sich eine Bürgerwehr. Daher war der Zeitpunkt dieses gut organisierten Pro-jektes genau richtig gewählt. Noch nie konnte ich beobachten, dass die Bahnhofspaten und Bahnhofspatinnen einschreiten mussten. Sie treten sehr dezent auf und ihre Präsenz genügt schon. Oft handelt es sich um gestandene Familienväter. Die Wirkung ist ausserordentlich gut, was die Behörden von Liestal auf Nachfrage bestimmt bestätigen werden. Ich kann nicht beurteilen, ob sich das Projekt in Bern eignet. Dagegen möchte ich die grundsätzlichen Be-denken gegenüber diesem Projekt in Frage stellen.

Jimmy Hofer (parteilos) für die Fraktion SVPplus: Als Sicherheitsfachmann äussere ich mich wie folgt: Die Bahnhofpaten und Bahnhofpatinnen nehmen keine Sicherheitsaufgaben wahr. Sie erfüllen lediglich die Funktion, die früher jeder Bürger und jede Bürgerin wahrnahm, bei-spielsweise Reisende aufzufordern ihren Abfall sachgerecht zu entsorgen. Es geht darum Zivilcourage zu zeigen, die in der heutigen Gesellschaft leider kaum mehr vorhanden ist. Die-se Leute ersetzen den Bürger, der früher dafür besorgt war, dass auch der Nachbarssohn nicht alles liegen liess. Gleiche Erfahrungen zeigen ähnliche Projekte, wie das Colorado Flughafensicherheitsprojekt. Der Suchende findet Ansprechpartner und muss sich nicht gleich an die unformierte Polizei wenden. Es geht also nicht um die Übernahme von Sicherheitsauf-gaben sondern um die Art Einsatz, wie er an der EM von Freiwilligen geleistet wurde und wie er vielleicht auch am Bahnhof anzutreffen sein wird. Der Auswärtige wendet sich für Auskünf-te lieber an einen vertrauenswürdigen Rentner als an einen uniformierten Sicherheitsbeam-ten.
Philippe Müller (FDP) für die FDP-Fraktion: Was mir fehlt ist der klare Auftrag für die Bahn-hofpaten und Bahnhofpatinnen. Gerät einer dieser Freiwilligen bspw. mit einem Jugendlichen in Konflikt, so könnten Auseinandersetzungen mit schlimmen Folgen daraus erwachsen. Der Gemeinderat hat es unterlassen, die Frage des Interpellanten nach dem Auftrag der Bahnhof-paten und Bahnhofpatinnen zu beantworten. Der Gemeinderat flüchtet sich stattdessen in diesem Zusammenhang in Phrasen und Leerformeln.

Die Direktorin BSS Edith Olibet für den Gemeinderat: Zunächst gilt es klar festzuhalten, dass es sich um ein Projekt der SBB und nicht um ein Projekt des Gemeinderates der Stadt Bern handelt. Auf Anfrage der SBB zwecks ideeller Unterstützung hat der Gemeinderat entschie-den, sich an der Ausbildung der Bahnhofpaten und Bahnhofpatinnen zu beteiligen. Sinn und Zweck des Projektes ist es, in Erfahrung zu bringen, ob sich ein derartiges Mittel nicht nur für kleine Bahnhöfe wie Liestal, sondern für grosse wie Bern eignet. Es liegt überhaupt nicht in der Kompetenz des Gemeinderates der Stadt Bern dieses Experiment abzubrechen. Es ist ein Projekt von SBB, BernMobil, der Post und der RBS. Man will herausfinden, funktioniert das, bringt das etwas. In Beantwortung der Frage 1 nach dem Auftrag hat der Gemeinderat fest-gehalten, dass der Zweck darin bestehe, das Wohlgefühl und das Sicherheitsgefühl der Leute zu heben und Unterstützung und Hilfestellungen zu leisten. Das ist, was die SBB mit den Bahnhofpaten und Bahnhofpatinnen bezweckt. Die Stadt Bern begleitet sie dabei fachlich und mittels Ausbildung (gemeinsam mit dem Roten Kreuz). Die SBB haben rund 14 Paten und Patinnen. Diese sind vorwiegend unterstützend tätig, indem sie die Fragen der Reisenden beantworten und die Leute beraten. Bemerkenswerterweise haben sie bis jetzt eine gute Ak-zeptanz bei den Jugendlichen. Was wollen wir denn noch mehr, wenn es so ist. Wir respekti-ve die SBB werden sehen, ob sich das bewährt. Nach dem sechsmonatigen Versuch werden die SBB eine Auswertung der erzielten Erfahrungen vornehmen. Keineswegs geht es um die Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols. Noch einmal: Es ist ein Projekt der SBB, das bereits in anderen Bahnhöfen erprobt wurde, u.a. in Liestal und jetzt wird evaluiert, ob es sich für Bern eignet.

Beschluss
Der Interpellant ist mit der Antwort nicht zufrieden.

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PLAKATKRIEG
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Stadtratsdebatte 26.2.09

6 Interpellation Rolf Zbinden (PdA): Kommerzielles Plakatmonopol in der Stadt Bern
Geschäftsnummer 08.000270 / 08/420

In einer Medienmitteilung vom 2. Juli 2008 hält die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadt-grün fest, was unter der "Lösung" der Plakatierungsfrage in der Stadt Bern zu verstehen ist: Das Recht, Plakate auszuhängen, obliegt nun neu nicht einem einzigen Monopol - sondern zweien. Ausserhalb dieser Monopole existieren nur noch "illegale Wildplakate" - und die ge-hören sofort entfernt!
Mit dieser "Lösung" nimmt der Gemeinderat einen weiteren und weiten Schritt in Richtung Kommerzialisierung des öffentlichen Raums und Einschränkung der Meinungsäusserungsfrei-heit. Dass die "Kultur- und Kleinplakatierung" sich zum überwiegenden Teil auf kommerzielle Anlässe bezieht und deren Bewirtschaftung sich ebenfalls kommerziellen Interessen verdankt, ist nichts Neues. Neu ist jedoch der Umstand, dass das Plakatieren ohne kommerzielle Ab-sichten, Hintergründe und Ressourcen illegalisiert wird. Damit nimmt der Gemeinderat be-wusst und gezielt nichtkommerzielle Kulturplakate und politische Aushänge ins Visier.
Dass für die Entfernung so genannter "Wildplakate" bevorzugterweise Personen betraut wer-den, die sich in prekären sozialen und beruflichen Situationen befinden, entbehrt nicht einer zynischen Pointe: Eine politisch und sozial äusserst fragwürdige Massnahme wird zur Ausfüh-rung just jenen aufgenötigt, die über keinen festen Arbeitsplatz verfügen und sich ihrem Ar-beitseinsatz nicht widersetzen können, ohne Sanktionen zu gewärtigen.

Die PdA Bern verlangt vom Gemeinderat Auskunft darüber,
1. wie er das Monopol ertragsorientierter Affichierer mit dem Recht auf freie Meinungsäusse-rung in Übereinstimmung zu bringen versteht;
2. wie er sich dazu stellt, die Unterdrückung freier Plakatierung mit Arbeitseinsätzen von Personen zu bewerkstelligen, deren Wahlfreiheit arg beschränkt ist;
3. welche zusätzlichen Massnahmen er plant, um im Vorfeld der nächsten Wahlen das politi-sche Monopol der macht- und geldgestützten Parteien zu sichern.

Begründung der Dringlichkeit:
Der Gemeinderat nutzte für die Initierung seiner Massnahmen die Ferienzeit - und die Zeit nach dem kurzen Sommer der Freundlichkeit vor den EURO-Kameras. Mit diesem Timing stellt er sicher, dass vor den Wahlen vom kommenden Herbst das Thema der unkommerziel-len kulturellen und politischen Plakatierung vom Tisch ist und ausschliesslich Gegenstand von Sauberkeitswahn und Repression. Die Dringlichkeit der Interpellation stellt das einzige Mittel dar, diesen Eingriff in den öffentlichen Raum vor den nächsten Wahlen im Stadtrat zur Spra-che zu bringen.

Bern, 14. August 2008
Interpellation Rolf Zbinden (PdA), Luzius Theiler

Antwort des Gemeinderats

Der Gemeinderat hat den Stadtrat mit Vortrag vom 30. Januar 2008 umfassend über den vor-gesehenen Massnahmenplan "Subers Bärn - zäme geits!" informiert und zu dessen Durchfüh-rung einen Nachkredit beantragt. Der Stadtrat hat den beantragten Nachkredit sodann mit SRB 112 vom 28. Februar 2008 genehmigt.
Bestandteil des vom Stadtrat gebilligten Massnahmenplans "Subers Bärn - zäme geits!" bildet u.a. der vom Interpellanten angesprochene Einsatz von Langzeiterwerbslosen (Citypflege) für die Bekämpfung der Wildplakatierung. Mit SRB 112 vom 28. Februar 2008 beauftragte der Stadtrat den Gemeinderat zudem dafür besorgt zu sein, dass gleichzeitig mit den Massnah-men gegen das "Wildplakatieren" vermehrt freie Möglichkeiten für nichtkommerzielle und für kleinere Veranstaltungsplakatierungen geschaffen werden.
In Umsetzung dieser Vorgabe hat die Stadt Bern am 2. Juli 2008 darüber informiert, dass ab 4. Juli 2008 den Kulturveranstaltern im gesamten Stadtgebiet provisorische Standorte zur Verfügung gestellt werden, an denen bisher illegal aufgehängte Plakate legal und unentgelt-lich angebracht werden können. Nötig war dazu eine Einigung mit der Allgemeinen Plakatge-sellschaft APG, welche bis Ende 2009 über ein exklusives Recht zur Plakatierung im öffentli-chen Raum verfügt (Sondernutzungskonzession). Parallel dazu hat der Gemeinderat die Di-rektion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün beauftragt, die Erneuerung der Sondernutzungs-konzession für die Plakatierung im öffentlichen Raum auszulösen und darin u.a. auch die Frage der Kulturplakatierung definitiv zu regeln. In diesem Rahmen werden folgende Aspekte bearbeitet:
- Erarbeitung eines Vorschlags für die Neuorganisation der Plakatierung auf öffentlichem Grund der Stadt Bern;
- Erarbeitung eines Gestaltungskonzepts und einer Vollzugsordnung für die Plakatierung auf öffentlichem Grund;
- Erarbeitung der Grundlagen für die Handhabung der Kulturplakatierung;
- Inventarisierung der Plakatstandorte in der Stadt Bern;
- Überprüfung der Standorte nach den Grundsätzen des neuen Reklamereglements (in Zu-sammenarbeit mit dem Bauinspektorat);
- Ausschreibung der Sondernutzungskonzession Plakatierung auf öffentlichem Grund für eine Gültigkeit ab 1. Januar 2010.

Die Federführung für diese Arbeiten liegt beim Tiefbauamt, das für die Bewirtschaftung der Sondernutzungskonzession zuständig ist. Die genannten Themengebiete werden im Rahmen einer städtischen Arbeitsgruppe bearbeitet. Ziel ist es, die Grundlagen für eine konsistente Sondernutzungskonzession zu schaffen, welche heutige Unklarheiten und Lücken (inkl. Kul-turplakatierung und kulturelle Kleinplakatierung) beseitigt.

Die konkreten Fragen beantwortet der Gemeinderat wir folgt:

Zu Frage 1: Der Gemeinderat sieht keinen kausalen Zusammenhang zwischen der freien Mei-nungsäusserung und der Sondernutzungskonzession und deren Bestimmungen. Die Mei-nungsfreiheit wird durch die genannten Massnahmen nicht eingeschränkt. Die Konzessionärin APG ist bereit, sämtliche Plakate, welche nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstossen, im Rahmen der Sondernutzungskonzession aufzuhängen.

Zu Frage 2: Die Kultur- und Kleinplakatierung wird nicht unterdrückt, sondern sie erhält einen legalen Rahmen. Die Aktion "Subers Bärn - zäme geits!" ist ein vom Gemeinderat genehmig-tes Konzept zur Aufwertung des Erscheinungsbilds und zur Sicherstellung der Sauberkeit im öffentlichen Raum, für welches der Stadtrat einen Nachkredit bewilligt hat. Die dabei beschäf-tigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verrichten eine wichtige Aufgabe im Sinn des Gemein-wohls der Stadt Bern. Für die am Massnahmenplan beteiligten Langzeiterwerbslosen (City-pflege) bietet sich zudem die Chance einer beruflichen und sozialen Integration.

Zu Frage 3: Wie bereits einleitend erläutert, hat der Gemeinderat die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün beauftragt, die Neuausschreibung der Nutzungskonzession für die Plakatierung im öffentlichen Raum zu erarbeiten und entsprechende rechtliche und organisa-torische Bestimmungen gemäss aktueller Gesetzgebung umzusetzen.

Bern, 3. Dezember 2008

- Auf Antrag des Interpellanten beschliesst der Rat Diskussion. -

Interpellant Rolf Zbinden (PdA): Etwas kann man dem Gemeinderat aber dann gar nicht vor-werfen: dass es ihm mit der Aktion "Subers Bärn - zäme geits!" nicht ernst wäre. Sogar an einem heiligen Sonntagmorgen schickt die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün ihre Kolonnen aus, um Kleinplakate zu entfernen. Wahrlich ein deutliches Zeichen: Hier werden Prioritäten gesetzt. Über den sozial integrativen Wert solcher Einsätze scheint sich der Ge-meinderat einig zu sein: Arbeitsdienst statt Gottesdienst!
Dass wir hier in Bern in Bezug auf das Recht der freien Meinungsäusserung in der besten aller Welten leben, hören wir regelmässig, wenn dieses Recht wieder einmal bachab ge-schickt wird. Was dem Gemeinderat in seiner Antwort auf die Interpellation der PdA Bern da-zu einfällt, verdient es zitiert zu werden: "Die Meinungsfreiheit wird durch die genannten Massnahmen nicht eingeschränkt. Die Konzessionärin APG ist bereit, sämtliche Plakate, wel-che nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstossen, im Rahmen der Sondernutzungskonzessi-on aufzuhängen." Man braucht nicht Atheist zu sein, um da ein bisschen ins Zweifeln zu gera-ten.
Freie Meinungsäusserung - zahlbar innert dreissig Tagen. Und mehr fällt dem Gemeinderat nicht mehr ein. So wie er in seiner Antwort auch mit keinem Wort darauf eingeht, dass die PdA Bern in ihrer Interpellation darauf hinweist, dass wir aktuell von zwei Plakatmonopolen ausgehen müssen - und beide machen Kasse. Wäre es nur wieder dieses Lied von den Seg-nungen des Marktes, das wir in diesem Haus immer und immer wieder zu hören bekommen - ich hätte mich zu keiner unbezahlten Zeile motivieren können.
Wie so häufig ist jedoch interessanter, was der Gemeinderat nicht sagt. Der Gemeinderat weiss sehr wohl: Der spärliche Raum für zusätzliche legale Plakatierung, den er mit miss-glückten und echt störenden Konstruktionen eingerichtet hat - dieser Raum ist ein knappes Gut und folglich hart umkämpft. Im Resultat werden diese Flächen von einer einzigen Firma bespielt, die auf Umsatz schauen muss - und deshalb hat sie auch gar keine Freude, wenn sich Branchenfremde bemerkbar machen. Womöglich noch Branchenfremde, die nicht im Ge-schäft sind.
Die PdA Bern ist davon überzeugt, dass dem Gemeinderat bewusst ist, welche heikle Situati-on er unter dem Schlagwort "zäme geits!" heraufbeschworen hat. Seine politischen Trend-Scouts werden es ihm gesteckt haben. Ein Kleinkrieg um die knappen legalen Plakatierungs-möglichkeiten - der Gemeinderat weiss, dass ich dieses Szenario nicht an den Haaren her-beizerre. Wenn er dazu in seiner Antwort auf unsere Interpellation kein Wort verliert, bestärkt uns das in der Einschätzung, dass ihm diese Ebene der Auseinandersetzung gerade noch gut in den Kram passen würde.
Die Rechnung des Gemeinderats wird nicht aufgehen. Wer seine Meinung frei und gebühren-frei äussern will, wird sich nicht mit denen anlegen, die das Plakatieren als Einkommensquelle betreiben. Weder mit den Grossen, die ihren Müll an bester Lage platzieren, noch mit den Kleinen, die eine Marktlücke bis vor kurzem mit viel Engagement - und ohne obrigkeitliche Protektion füllten.
Wer seine Meinung zu kulturellen und politischen Fragen nicht bezahlen kann und will, wird die vom Gemeinderat paternalistisch eingeräumten Nischen nicht eifersüchtig umkreisen und andere Anwärter auszustechen versuchen. Das ist eine Frage der politischen Grundhaltung. Das ist eine Stilfrage. Das Recht auf freie Meinungsäusserung lässt sich nicht verhandeln - und erst recht nicht verscherbeln. "Zäme geits!" Die PdA Bern meint: So sicher nicht!

Luzius Theiler (GPB): Ich weiss nicht, ob dieses Thema zur Fasnacht gehört - ich stelle nur fest, dass dies während ungefähr einem Jahr, seitdem ich wieder im Stadtrat sitze, annähernd der fünfte Vorstoss zu diesem reichen Thema ist. Alle Vorstösse perlen irgendwie am Ge-meinderat und an der Verwaltung ab. Es heisst stets, es sei ein Konzept in Bearbeitung und dann werde man weiter sehen. Wir haben ein Reklamereglement, das seit 2006 in Kraft ist. Es hat darin auch keine einschränkenden Übergangsbestimmungen. Artikel 15 legt fest, dass es Stellen für Kulturplakate gibt und Artikel 16 besagt - die beiden Sachen werden unter-schieden -, dass es hauptsächlich auch in der Nähe von Stationen, von öffentlichen Ver-kehrsbetrieben Anschlagsstellen für nicht kommerzielle Inserate, Veranstaltungshinweise, Politisches etc. gibt. Für die Kulturplakate bieten sich uns gewisse Möglichkeiten; es sind 50 Stellen, ich habe sie selber nicht gezählt. Dort kann man aber nicht selber Plakate aufhängen, sondern diese Stellen werden bewirtschaftet, just von dieser Organisation, die früher die so genannt illegalen Plakate promoviert hat. Diese Organisation hat offenbar als Entschädigung, dass sie nicht mehr wild plakatieren darf, ein Monopol erhalten - das zweite Plakatmonopol neben der APG -, diese Kulturplakate zu bewirtschaften. Wenn man selber etwas aufhängt, dies ist mir mehrmals passiert, wird es innerhalb eines Tages von den Bewirtschaftenden weggenommen. Für ein Monopol für die Kulturplakate besteht keine rechtliche Grundlage; die Meinung war, dass alle gebührenfrei Kulturplakate aufhängen können, ohne eine Organisation zu berücksichtigen. Die Anschlagsstellen für andere Anzeigen, in der Nähe der Haltestellen von BERNMOBIL, gibt es praktisch nicht; die hat man nie eingeführt mit der Begründung, die-se bräuchten zuerst die neue Sondernutzungskonzession, welche anfangs nächsten Jahrs ausgeschrieben werden soll. Das Reklamereglement legt ohne Übergangsbestimmung fest, dass es solche Anschlagsstellen gibt; der Gemeinderat weigert sich immer wieder, solche zu schaffen. Es ist klar, die APG als heutige Inhaberin der Sondernutzungskonzession ist daran nicht interessiert. Und was ein bisschen pikant ist: Die APG hat der Stadt 100 000 Franken für Erneuerungen und Reparaturen der Tram- und Bushaltestellen etc. zur Verfügung gestellt, obwohl wiederum die APG eine - und wohl die chancenreichste - Bewerberin für die neue Sondernutzungskonzession ist. Mit dem heutigen Zustand wird die klare Rechtslage missach-tet und es werden, wie Rolf Zbinden richtig gesagt hat, diejenigen benachteiligt, die das Geld nicht haben, kommerziell Plakate aufhängen zu lassen. Deshalb ist es eine Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit.

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NOTHILFE AUF DEM BERG
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Berner Rundschau 21.3.09

Asylanten im Ferienheim

Schulklassen müssen im Eriz Asylbewerbern weichen

Das schmeckt Lehrern und Schülern gar nicht. Im Huttwiler Ferienheim im Eriz müssen die Kinder ihre Zimmer räumen und Asylanten Platz machen. Der Kanton will es so, weil er dort ein Zentrum für weggewiesene Asylbewerber errichten will.

Walter Ryser

Mit Erstaunen hat der Huttwiler Schulleiter Peter Heiniger ein Schreiben der Stiftung Ferienheim Huttwil im Eriz zur Kenntnis genommen. Darin wird ihm mitgeteilt, dass das Heim ab April nicht mehr zur Verfügung stehe und deshalb bestehende Reservationen rückgängig gemacht werden müssen. Seit 2005 war die Stiftung auf der Suche nach einem Käufer für das Ferienheim. Bislang erfolglos. Doch nun hat der Kanton der Stiftung ein Angebot unterbreitet. Er will ab 1. April das Heim längerfristig mieten. Der Kanton plant hier die Errichtung eines Sachabgabezentrums für weggewiesene Asylbewerber.

Weil das Ferienheim im Eriz bis Ende Jahr gut belegt ist, müssen nun zahlreiche Schüler den Asylbewerbern weichen, was für einigen Wirbel sorgt. Auch beim benachbarten Ferienheim Wynigen sorgt das geplante Asylzentrum für unliebsame Überraschungen, haben doch bereits zwei Gruppen die Reservation zurückgezogen. Seite 28

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Asylbewerber verdrängen Schulklassen

Die Huttwiler Stiftung Ferienheim Eriz widerruft ihre Reservationsverträge nach einem Deal mit dem Kanton

Letzte Woche meldete der Kanton, dass er das Huttwiler Ferienheim im Eriz in ein Zentrum für weggewiesene Asylbewerber umwandeln will. Leidtragende sind die Klassen und Gruppen, die das Heim bereits reserviert hatten.

Jürg Rettenmund

"Die Absage kam sehr abrupt", sagt Peter Heiniger, Schulleiter der Primar- und Realschule Huttwil: Am vergangenen Montag erhielt er von der Stiftung Ferienheim Huttwil im Eriz einen Brief mit der Mitteilung, dass das Heim ab April nicht mehr zur Verfügung steht und deshalb bestehende Reservationen rückgängig gemacht werden müssen.

Für Heinigers Reaktion hat Peter Röthlisberger, der Präsident der Stiftung, durchaus Verständnis. Die Stiftung ist zwar seit Ende 2005 auf der Suche nach einem Käufer. Damals legte der Gemeinderat als Vertreter des wichtigsten Stifters dem Stiftungsrat den Verkauf nahe. Doch die Verhandlungen seien lange resultatlos verlaufen. Deshalb habe die Stiftung in den Reservationsverträgen auch keine Vorbehalte mehr gemacht.

Sachabgabezentrum

Der Zeitdruck entstand erst, als der Kanton überraschend ein Angebot unterbreitete: Er will im Huttwiler Ferienheim ein so genanntes Sachabgabezentrum für weggewiesene Asylbewerber einrichten. Gemäss Röthlisberger mietet der Kanton das Heim ab 1. April längerfristig. Seit vorgestern Donnerstag steht jedoch auch fest, dass dieser das Heim vorerst nicht kaufen will.

 Betrieben wird das Zentrum vom Verein Asyl Biel und Region, der im Berner Oberland, im Seeland und im Berner Jura bereits zwölf Zentren mit nahezu 1000 Unterkunftsplätzen führt. Ab Mai sollen die ersten abgewiesenen Asylbewerber aufgenommen werden.

Ein Blick in den Belegungsplan des Heims im Internet verrät: Dieses ist für das ganze Jahr 2009 bereits gut belegt: An rund der Hälfte der Tage, im Juli sogar an 29 von 31 Tagen. In der Huttwiler Städtlischule ist allerdings nur ein Lager betroffen: Die Landschulwoche von zwei 3./4. Klassen mit 48 Schülerinnen und Schülern Anfang Juni.

 "Wir wussten, dass Verkaufsverhandlungen laufen", sagt Christine Jenzer, eine der betroffenen Lehrpersonen. "Allerdings habe ich nichts mehr davon gehört und war deshalb schon überrascht von der Absage." Diese bringe nun zwar viele Umtriebe, gesteht sie ein, "doch ändern können wir sie nicht mehr. Also blicken wir nach vorne."

Nicht alles kommt infrage

"Es ist erstaunlich, wie viele Angebote wir auf einen Eintrag in einem Verzeichnis im Internet erhalten haben", stellt Jenzer fest. Allerdings kämen für ihr Lager viele nicht infrage. Mit Dritt- und Viertklässlern sei zum Beispiel die Distanz ins Wallis oder in den Kanton Graubünden zu gross. Zudem soll die Landschulwoche in familiärem Rahmen stattfinden können, weshalb grössere Unterkünfte ebenfalls ungeeignet seien. Schliesslich seien die besten Unterkünfte natürlich zu diesem Zeitpunkt längst belegt.

 "Wir geben uns noch ein paar Tage Zeit und entscheiden uns dann für die beste Variante", erklärt Jenzer. Doch damit werde die zusätzliche Arbeit nicht zu Ende sein: "Wir müssen das ganze Programm anpassen und vor Ort neu rekognoszieren."

 Das weiss man auch bei der Stiftung Ferienheim Eriz und hat deshalb im Brief geschrieben, "selbstverständlich" sei sie bereit, Kosten, die durch die Absage entstehen, zu entschädigen.

 Absagen in Wynigen

Spürbare Konsequenzen hat das neue Sachabgabezentrum des Kantons Bern für das unweit des Huttwiler Heims gelegene Ferienheim von Wynigen: Zwei Gruppen zogen ihre Reservation zurück, nachdem sie von den Plänen des Kantons erfahren hatten. Dies erklärte Ernst Wagner, Präsident des Vereins Ferienheim Eriz in Wynigen, auf Anfrage. Wagner selbst hat persönlich keine Bedenken, dass es wegen der neuen Nachbarschaft zu Problemen kommen könnte: Die Anlagen der beiden Heime seien getrennt, das Zentrum des Kantons werde betreut. Trotzdem sei es natürlich möglich, dass Wynigen nun Einbussen erleide. Er hofft, dass sich die Aufregung wieder legt, wenn das Zentrum aus den Schlagzeilen verschwunden ist. Aus diesem Grund hegt Wynigen vorerst keine Verkaufspläne. (jr)

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BAHNPOLIZEI
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Bund 21.3.09

Privatisierung ist vom Tisch

Bahnpolizei Der Nationalrat zieht bei der privaten Bahnpolizei die Notbremse: Eine Allianz aus SVP und Linken hat gestern das neue Bahnpolizeigesetz in der Schlussabstimmung erwartungsgemäss bachab geschickt. Verkehrsminister Leuenberger und die ÖV-Unternehmen bedauerten den Entscheid. Die Gewerkschaften sind zufrieden.

Vor der Schlussabstimmung vom Freitag machten SVP und SP aber ihren Widerstand deutlich: Während sich die Linke gegen die Privatisierung der Bahnpolizei stemmte, wollte die Rechte eine Vollpolizei mit allen Kompetenzen. "Die Bevölkerung würde es nicht verstehen, wenn wir eine Bahnpolizei schaffen, die auf einem Auge blind ist", sagte Max Binder (svp, ZH).

Die Mitteparteien warnten vergeblich vor einer Ablehnung, nachdem das Gesetz schon 2005 an den Bundesrat zurückgewiesen worden war. Sie versprachen sich einen verbesserten Schutz der Reisenden und des Personals. Auf der Strecke blieben bei einer Ablehnung die Reisenden, warnte die Urner Freisinnige Gabi Huber. Mit 85 zu 99 Stimmen unterlag die Mitte aber schliesslich, weshalb der Bundesrat nun nochmals über die Bücher muss.

Weiter mit Securitrans

Verkehrsminister Moritz Leuenberger bezweifelte allerdings in einer schriftlichen Stellungnahme, dass eine neue Vorlage und eine erneute parlamentarische Beratung zu einem anderen und von allen Seiten besser akzeptierbaren Ergebnis führen könnten. Nun werde nichts anderes übrig bleiben, als zusammen mit den Bahnen die bisherige Lösung von Securitrans - sie gehört zu 51 Prozent den SBB und zu 49 Prozent der Securitas - weiterzuverfolgen. Die SBB kommentierten den Entscheid nicht weiter. Man nehme den Entscheid zur Kenntnis, sagte Sprecher Roland Binz. Die Arbeit der heutigen Bahnpolizei werde von der Kundschaft geschätzt. Der Verband öffentlicher Verkehr bedauerte das Ratsverdikt. Den Transportunternehmen werde es erschwert, ihrer Verantwortung gegenüber den Kunden und dem Personal bezüglich Sicherheit und Ordnung nachzukommen. Nun müsse wieder bei null angefangen werden.

Zufrieden zeigten sich besonders die Gewerkschaften. Der Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verband bekräftigte, dass eine Privatisierung der Bahnpolizei der falsche Weg und der Sicherheit im ÖV abträglich gewesen wäre. Wichtig sei, dass nun wieder Ruhe ins Bahnpolizeikorps einkehre. Der Verband der Polizeibeamten und Amnesty International äusserten in einer gemeinsamen Stellungnahme die Hoffnung, dass die Privatisierung von polizeihoheitlichen Aufgaben nun für alle Zeit begraben sei. (ap/sda)

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NZZ 21.3.09

Kein neues Gesetz für die Bahnpolizei in der Schweiz

In der Schlussabstimmung gescheitert

 P. S. SP und SVP haben das neue Gesetz über die Sicherheit im öffentlichen Verkehr in der Schlussabstimmung der Frühlingssession der eidgenössischen Räte versenkt. Beide Parteien stiessen sich an der Privatisierung polizeilicher Aufgaben, die freilich bereits heute und demzufolge in weiterer Zukunft von Privaten wahrgenommen werden. Darüber hinaus ging die Vorlage, die ein zeitgemässes Fundament für die Sicherheitsdienste im öffentlichen Verkehr geschaffen hätte, den Linken zu weit, während sie den Rechten nicht genügte. Umstritten waren und sind die Fragen der Bewaffnung und der Kompetenzen, was trotz den Beteuerungen für eine baldige Wiederaufnahme des Geschäfts die Hoffnungen dämpft, dass wenigstens mittelfristig ein Kompromiss in dieser Frage erzielt werden kann.

 Bericht und Kommentar Schweiz Seite 13

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Turbulenzen gemäss Prognose

Politisch getrübter Sessionsschluss im Bundeshaus

 Der Nationalrat hat die Immunität von Lucrezia Meier-Schatz geschützt und in der Schlussabstimmung die gesetzliche Grundlage für die Bahnpolizei versenkt. Mit beiden "Eklats" war zu rechnen.

 rom. Bern, 20. März

 Zum meteorologischen Frühlingsbeginn hat Bundesbern einen politischen Kälteeinbruch erlebt. Mit 99 zu 88 Stimmen beschloss der Nationalrat, auf das Gesuch des ausserordentlichen Staatsanwalts des Bundes um Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Lucrezia Meier-Schatz und Jean-Paul Glasson nicht einzutreten. Die Begründung: Die CVP-Nationalrätin und der frühere FDP-Nationalrat hätten unter dem Schutz der absoluten Immunität gehandelt, als sie namens der Geschäftsprüfungskommission die Medien über ein angebliches Komplott zur Absetzung von Bundesanwalt Roschacher informierten. Somit könnten sie rechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. Die sogenannte absolute Immunität gilt für "Äusserungen in den Räten und in deren Organen". Der Entscheid ist weder eine Frechheit noch ein Skandal, noch eine Katastrophe, wie sich Exponenten der SVP ereiferten, sondern durchaus vertretbar. Unschön ist vielmehr die wenige Tage zuvor erfolgte Aufhebung der Immunität von SVP-Präsident Toni Brunner - ein mit dem Makel der politischen Abstrafung behafteter Beschluss, den der Ständerat kühlen Kopfs noch korrigieren kann.

 Time-out bis zum Nein

 Die Empörung der grössten Fraktion ist denn auch auf die unterschiedliche Beurteilung der Fälle Meier-Schatz und Brunner zurückzuführen, die sich beide in der politisch aufgeheizten Atmosphäre rund um die Untersuchungen in der Affäre Roschacher/Blocher zugetragen hatten. SVP-Fraktionschef Caspar Baader sagte dazu: "Bei diesem Entscheid ging es nicht um Recht und Gerechtigkeit, sondern um das niedrige Motiv der parteipolitischen Abrechnung." Ihre Empörung setzte die Fraktion nicht nur verbal, sondern mit einer Auszeit auch optisch in Szene. "Die Mitglieder der SVP-Fraktion verlassen den Saal", vermerkt dazu das Sitzungsprotokoll im "Amtlichen Bulletin" lapidar. Bei den Schlussabstimmungen waren die SVP-Vertreter aber bereits wieder am Drücker. Zum grossen Bedauern von FDP-Fraktionschefin Gabi Huber: "Schade, liebe SVP, dass Sie es nicht etwas länger vor der Tür ausgehalten haben!"

 Das Bedauern galt vorab der gesetzlichen Grundlage für die Bahnpolizei, die von der SVP gemeinsam mit der Linken zum Absturz gebracht wurde. Auch dieses Manöver hatte sich schon vor Tagen abgezeichnet (NZZ 13. 3. 09). Die Vorlage scheiterte an den Vorbehalten von SP und SVP gegen die Privatisierung polizeilicher Aufgaben. Darüber hinaus ging sie der Linken zu weit, der Rechten hingegen genügte sie nicht. Umstritten waren Bewaffnung und Kompetenzen der Bahnpolizei. Die Mitteparteien CVP und FDP bedauerten, dass damit die Bedürfnisse und Interessen der Bahnreisenden auf der Strecke blieben. Auch Verkehrsminister Moritz Leuenberger reagierte mit Enttäuschung auf den Entscheid, während die Gewerkschaften das Nein zu einer möglichen Privatisierung der Bahnpolizei ausdrücklich begrüssten.

 Polarisierung von oben

 Wenn bei den Parlamentariern die Emotionen hochgehen, wäre Besonnenheit in der Verhandlungsführung eine ausgesprochene Wohltat. Doch leider wird man diesbezüglich im laufenden Jahr im Nationalrat alles andere als verwöhnt. Die überzogenen Massregelungen der Vorsitzenden Chiara Simoneschi-Cortesi (cvp., Tessin) und ihre ärgerlichen Eingriffe in die parlamentarische Meinungsäusserungsfreiheit schüren die Polarisierung in der Volkskammer zusätzlich. Statt die Wogen zu glätten, giesst die Vorsitzende des Öftern Öl ins Feuer. Im schweizerischen System des rotierenden Ratspräsidiums würde es zu den Pflichten der Parteien gehören, nicht einfach altgediente Parteisoldaten mit einem derart anspruchsvollen Amt zu belohnen, sondern auch die Eignung für diesen Posten zu berücksichtigen.

 Der Tessinerin sei der gute Wille nicht abgesprochen, den Nationalrat nach dem selbstgewählten Motto "streng, aber gerecht" zu führen. Gerade als Vertreterin einer Mittepartei hätte sie durchaus eine ausgleichende Rolle zu spielen. Offensichtlich stehen ihr jedoch ihre Emotionen und ihre politischen Antipathien im Weg, um den hohen Anspruch zu erfüllen. Wenn neuerdings sogar das Wörtchen "dumm" auf dem Index der Pfui-Wörter steht, die mit einer präsidialen Ermahnung abgestraft werden, dann hat dies nichts mehr mit politischem Anstand, sondern schon eher mit höherem Blödsinn zu tun.

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Ein versenktes Gesetz und zwei Opfer

 Auch wenn SP und SVP am letzten Sessionstag das "Gesetz über Sicherheitsorgane im öffentlichen Verkehr" nicht versenkt hätten, wäre für die Sicherheitsdienste in Bahn und Bus alles so geblieben, wie es in den letzten Jahren geworden ist. Nach dem Abbau des Zugpersonals und unter dem Eindruck der verwahrlosenden Sitten vor allem in den Zügen gingen die Transportunternehmen dazu über, für den Ordnungsdienst speziell aufgestellte Truppen zu schaffen oder ihr damit betrautes Personal von Sicherheitsdiensten begleiten zu lassen. Sie taten dies basierend auf dem nun weiter anzuwendenden Bahnpolizeigesetz von 1878, das vorsieht, dass "jede Bahngesellschaft diejenigen Angestellten" zu bezeichnen hat, "welche zur Ausübung der Bahnpolizei berechtigt sind".

 Auch basierend auf dem neuen Erlass hätten auf grossen Teilen des schweizerischen Bahnnetzes die voll ausgebildeten, aber unbewaffneten Angestellten der Bahnpolizei bis hin zum temporären Festhalten von Ruhestörern für Ordnung gesorgt: die Angestellten jener Bahnpolizei, an deren Mutterhaus Securitrans die SBB mit 51 Prozent beteiligt sind. Resultiert also aus dem gesetzgeberischen Nein in letzter Minute kein Schaden? Sehr wohl! Der neue Erlass hätte das Wirken der Bahnpolizisten gesetzlich konkretisiert, was der Legitimität der Truppe zuträglich gewesen wäre, die zu Unrecht bisweilen als Schmalspur-Polizei verunglimpft wird. Insofern ist die Bahnpolizei eines von zwei Opfern, die das negative Verdikt fordert. Zweites Opfer sind die Passagiere des öffentlichen Verkehrs, die weiterhin gewärtigen müssen, dass ihr Schutz unzureichend sichergestellt ist, weil die damit beauftragte Organisation ein Image- und daraus resultierend ein Rekrutierungsproblem hat. Das wiegt umso schwerer, als eine Alternative zu dieser pragmatisch gewachsenen Organisation in Anbetracht der divergierenden Positionen im Parlament zu Fragen von Bewaffnung bis Trägerschaft auch mittelfristig nicht in Sicht ist.
 P. S.

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TIGRIS
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Tagesschau (Mittag) 21.3.09

Spezialeinheit Tigris

Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hat sich an der BDP-Delegiertenversammlung in Thun zur Eingreiftruppe "Tigris" geäussert. Sie habe eine Untersuchung der Aufgaben dieser Truppe eingeleitet, erklärte sie gegenüber der "Tagesschau". Die Sondereinheit der Bundeskriminalpolizei wird auch für die Geschäftsprüfungskommission (GKP) des Nationalrats ein Thema sein.
http://www.sf.tv/videoplayer/embed/f9aae623-b645-4961-948e-83c6e1c7b5d3&live=false

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Bund 21.3.09

Selbst Polizei weiss von nichts

Geheimgruppe Ohne das Wissen der Öffentlichkeit hat das Bundesamt für Polizei in den letzten fünf Jahren die 14-köpfige bewaffnete Eingreiftruppe "Tigris" aufgebaut. Dies obwohl das Volk eine Bundessicherheitspolizei verworfen hat. Beim Bundesamt für Polizei sieht man kein Problem: Die Zusammenarbeit mit den Kantonen funktioniere bestens. Der Berner Polizeikommandant weiss aber von nichts - obwohl "Enzian", die Berner Sondereinheit, in nächster Nähe von "Tigris" übt. (cvb)

Seite 13

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Nicht einmal der Kommandant der Berner Polizei kennt "Tigris" - eine Bundespolizeigruppe, die das Volk nicht wollte

Bund hat verdeckte Sondereinheit

1978 hat das Volk die Einführung einer Bundessicherheitspolizei abgelehnt. Dennoch existiert seit fünf Jahren eine 14-köpfige Einsatzgruppe, die im Raum Bern trainiert. Selbst die zuständige Kontrollkommission weiss nicht Bescheid.

Christian von Burg

Die Forderung nach einer Bundessicherheitspolizei ist immer wieder aufgekommen. Doch sie hat politisch bisher nie eine Mehrheit gefunden: 1978 lehnten Volk und Kantone eine Bundessicherheitspolizei klar ab. Mit 56 Prozent der Stimmen ist damals das Referendum der Linken gegen die Vorlage von Bundesrat Kurt Furgler (cvp) angenommen worden. Seither haben sich Kantone und Parlament mehrfach gegen das Begehren des Bundesamtes für Polizei gewehrt - zuletzt in einer Vorlage von Bundesrätin Ruth Metzler (cvp) im Jahre 2002.

Umso mehr erstaunt, dass unterdessen doch eine 14-köpfige Sondereinheit auf Bundesebene entstanden ist, wie die "Weltwoche" am Donnerstag bekannt machte. Die Einheit nennt sich "Tigris", ist schwer bewaffnet und übt ihre Einsätze auf dem Gelände der Militäranlage in Worblaufen. Sie verfügt dort über ein modernes Schiesskino und umgebaute Trainingsanlagen, die mehrere Millionen Franken gekostet haben. Im letzten Jahr leistete die Truppe 40 Einsätze und 8 Zielfahndungen.

Bund verteidigt seine Truppe

Aus der Sicht des Bundesamtes für Polizei ist die bisher weitgehend unbekannte Eingreiftruppe kein Problem. Zwar verfüge der Bund über keinen "allgemeinen Gefahrenabwehrauftrag", die Einsätze der Gruppe "Tigris" bewegten sich jedoch innerhalb seiner polizeilichen Aufgaben. Diese wurden mit der sogenannten Effizienzvorlage 1998 stark ausgebaut. Sie umfassen grenzüberschreitende und komplexe Schwerstkriminalität, Terrorismus, Sprengstoffdelikte sowie Verstösse gegen das Kriegsmaterial-, das Atom- und das Luftfahrtgesetz. Das Budget von "Tigris" sei im öffentlich zugänglichen Budget enthalten, schreibt das Bundesamt.

Auch bei der Kontrolle der Polizeitruppe sowie bei der Koordination mit vergleichbaren kantonalen Einheiten (siehe unten) sieht das Bundesamt kein Problem: Kontrolliert werde die Einheit durch die Geschäftsprüfungskommissionen des Parlamentes. Die Einsätze würden mit den kantonalen Polizeikorps koordiniert.

Selbst Polizisten wissen nichts

Erstaunlich ist jedoch, dass etwa der Kommandant der Berner Polizei, Stefan Blättler, von der Spezialeinheit des Bundes nichts weiss, wie er via Polizeisprecher Stefan von Below ausrichten lässt. Dies obwohl seine dreimal grössere Sondereinheit "Enzian" in unmittelbarer Nachbarschaft von "Tigris" übt. Und Blättler lässt durchblicken, dass es aus seiner Sicht die Einheit des Bundes gar nicht braucht: "Sicherheitspolizeiliche Einsätze sind alleine Sache des Kantons."

Andere Polizeikommandanten wissen mehr: Sie wurden im September 2005 - ein Jahr vor Blättlers Amtsantritt - durch den Chef der Bundeskriminalpolizei, Kurt Blöchlinger, informiert. Keine Ahnung von der Gruppe "Tigris" hatten dagegen die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren, wie Roger Schneeberger, der Generalsekretär ihrer Konferenz, mitteilte.

Auch die Mitglieder der Geschäftsprüfungskommissionen, der angeblichen Kontrollgremien der Gruppe "Tigris", sind über deren Existenz kaum informiert. Von verschiedenen angefragten Mitgliedern hatten die meisten keine Ahnung. Andere ahnten lediglich, "dass da was läuft". Verschiedene Parlamentarier verlangen vom Bundesrat jetzt Auskunft über die verdeckte Polizeigruppe.

Zwar hat das Bundesamt für Polizei auf seiner Homepage einen Hinweis auf die Eingreiftruppe angebracht. Wer den entsprechenden Satz aber nicht gezielt sucht, wird ihn überlesen. Auch das Budget von "Tigris" ist aus den allgemeinen Zahlen nicht ersichtlich.

Rechtsgrundlage unklar geregelt

Für Rainer Schweizer, Staatsrechtsprofessor von der Uni St.Gallen, ist es "fraglich, ob der Bund so eine Gruppe braucht". Aus rechtlicher Sicht könne sich die Bundespolizei zwar auf verschiedene Grundlagen stützen. Diese seien aber "sehr zerstückelt und nicht sauber geregelt". Es fehle eine klare Auslegeordnung, wer was mache.

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Die Sondereinheit "Enzian" der Kantonspolizei Bern kommt bei Attentaten, Entführungen und Geiselnahmen zum Einsatz

Schwerverbrechern blüht Enzian

Nach den Terroranschlägen an den Olympischen Spielen 1972 rief der Kanton Bern die Eliteeinheit "Enzian"

ins Leben. Heute zählt der Trupp 45 Mann und leistet jährlich 200 Einsätze.

Pascal Schwendener

"Heute schiessen wir nur mit Seife", sagt der Übungsleiter von "Enzian". Im Ernstfall laden die Polizisten der bernischen Sondereinheit scharfe Munition, mitunter auch Deformationsgeschosse. Doch bei dieser Übung in einer Abbruchliegenschaft in Ittigen fliegen nur ungefährliche Projektile aus Seife. "Wenn überhaupt."

Eben hat der Übungsleiter die Trainingsanlage über Funk bekannt gegeben: Zwei unbekannte Täter haben in der Region Bern eine Bank überfallen, mit vorgehaltener Pistole Geld erzwungen und anschliessend in einem grünen VW Passat die Flucht ergriffen. Nun verstecken sich die Verdächtigen in dem leer stehenden Einfamilienhaus und sollen von der Eliteeinheit der Kantonspolizei Bern angehalten werden. "Unverzüglich."

Beim Übungsleiter im Haus befinden sich zwei Enziane, welche die Täter mimen: Tango 1 und Tango 2 wissen bestens, was auf sie zukommen wird. Dennoch werden sie vom Angriff ihrer Kollegen überrumpelt. Gerade beobachten sie, wie vier Mann das Haus umstellen, als auch schon die Haustüre mit einem lauten Knall aus den Angeln fliegt, acht Polizisten mit Gesichtsstrumpf, kugelsicherer Weste und Helm den Eingang stürmen und mit vorgehaltener Pistole "Hände rauf!" schreien. Widerstand ist zwecklos, Tango 1 gibt auf. Ein Fusstritt, und die Zimmertür, hinter der sich Tango 2 verschanzt hat, gibt nach. Als er in zwei Pistolenläufe blickt, hebt auch er die Hände.

 Keine Minute hat der Blitzzugriff gedauert, als bereits die Handschellen klicken und aus allen Räumen des Gebäudes die Meldung kommt: "Sauber."

Präzise wie ein Uhrwerk

Maschinenhaft, mit unwahrscheinlicher Schnelligkeit und Präzision hat das blaue Dutzend das Gebäude gestürmt und unter seine Kontrolle gebracht. Kein Schuss ist gefallen und kein Wort zu viel - das Ergebnis jahrelangen Trainings und Drills. Die 45 Angehörigen der Sondereinheit "Enzian " üben täglich: Den Blindzugriff in Abbruchgebäuden, das Schiessen im Keller, den Nahkampf im Dojo und das Abseilen aus dem Helikopter. So gehören sie zu den besten ihres Fachs und zu den wenigen Profis hierzulande. Sie holt man, wenn es besonders gefährliche Einsätze zu leisten gilt: Attentate, Besetzungen, Geiselnahmen, Überfälle, Entführungen und Amokläufe. "Uns bietet man auf, wo es gefährlich wird", sagt der langjährige "Enzian"-Mitarbeiter, "durchschnittlich 200 Mal im Jahr".

Familienväter sind gefragt

Wer glaubt, es hier mit dumpfen Waffennarren zu tun zu haben, irrt. "Rambotypen können wir keine gebrauchen", sagt unsere Auskunftsperson, die nicht namentlich genannt werden will. Vielmehr seien ausgeglichene, stressresistente und sozialkompetente Charaktere gefragt. Mit Vorliebe würden Familienväter rekrutiert, erklärt der Mittdreissiger mit dem Ehering an der Linken. Während des Einsatzes könnten die Kameraden wohl den Anschein erwecken, gefühlslose Roboter zu sein, doch so manch ein Einsatz hinterlasse auch bei den abgeklärtesten Polizisten Spuren. So wie jener vom Morgen des 20. Novembers 2008, als bei der Kantonspolizei Bern um 09.20 Uhr zwei anonyme Anrufe aus einer Telefonzelle eingingen: In der Berufsschule in der Lorraine stehe ein Blutbad bevor, drohte der Anrufer. Minuten später und ohne jede Vorbereitung verschafften sich die Männer von "Enzian " Zutritt durch den Haupteingang der Gibb, durchkämmten Raum für Raum, hinter jeder Türe, hinter jeder Ecke einen potenziellen Amokschützen vermutend. "Wer dabei war, hat eine Idee davon, wie sich die Kollegen beim Amoklauf im deutschen Winnenden gefühlt haben müssen" - jederzeit damit rechnend, zur Zielscheibe zu werden oder sogar selber den "finalen Rettungsschuss" auf einen Jugendlichen abgeben zu müssen.

Doch glücklicherweise seien solche Einsätze in der Minderzahl. Fast zwei Drittel aller Aufträge zählten zur Rubrik Personenschutz, bei denen die Enziane ausländische Staatsoberhäupter beschützen oder als Bodyguards Bundesräte auf ihren Auslandreisen begleiten. "Dann wechseln wir jeweils den Kampfanzug mit dem schwarzen Anzug und dürfen uns einmal von der ruhigen und eleganteren Seite zeigen."

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Von Luchs und Falk

Die Geschichte der Special Forces im Polizeiwesen begann nach den Terroranschlägen an den Olympischen Sommerspielen in München 1972. In der Folge wurden in Europa etliche Antiterrorkommandos wie etwa die legendäre deutsche GSG 9 (Grenzschutzgruppe 9) rekrutiert. Auch in der Schweiz wurde aufgerüstet. Hier nahm der Kanton Bern eine Vorreiterrolle ein, als er 1972 das "Detachement Enzian" auf die Beine stellte. 1975 folgte die Stadtpolizei mit der Gründung der "Stern"-Truppe. Da die Schaffung einer nationalen Sondertruppe politisch nicht opportun war, bildeten zahlreiche Kantone weitere Antiterroreinheiten, sodass mittlerweile schweizweit mehr als ein Dutzend Trupps mit schätzungsweise 600 Mitarbeitenden existieren. In der Zwischenzeit sind sie von reinen Antiterroreinheiten zu umfassenden Interventionseinheiten mutiert und tragen klingende Kommandonamen wie "Barracuda" (Baselbiet), "Luchs" (Zentralschweiz) oder "Falk" (Solothurn). Wer die Begriffe aus der Fauna mit militärischen Codes assoziiert, liegt nicht falsch: Wie beim Militär werden Korpsgeist sowie Elitebewusstsein beschworen und der Ehrenkodex hochgehalten. Verschwiegenheit und unbedingte Loyalität sind für Elitepolizisten unabdingbar.

Das Spezialeinsatzkommando "Enzian" wurde bis 1994 im Milizsystem geführt. Erst mit der Reorganisation der Kantonspolizei wurde es zu einem eigenen, professionellen Dezernat. Bis heute ist die Profistruktur in der Schweiz die Ausnahme. Ausser in Bern gibt es sie nur in Genf, im Tessin und in Fribourg. Dass man an dieser Form festhalten will, wurde im vergangenen Jahr bestätigt, als im Zuge der Polizeifusion auch die die Sondereinheit "Stern" der Stadtpolizei in der kantonalen "Enzian"-Einheit aufging; der Personalbestand erhöhte sich damit von 30 auf 45 Mann. Sie bilden quasi die Speerspitze des kantonalen Polizeikorps mit insgesamt 2200 Angehörigen. (pas)

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BZ 21.3.09

Neue Eingreiftruppe "Tigris" der Bundespolizei

Parlament verlangt umfassende Auskunft

Der Aufbau der neuen Eingreiftruppe "Tigris" der Bundespolizei hat ein politisches Nachspiel: parlamentarische Kommissionen klären ab, ob der Bund seine Kompetenzen überschritten hat und ob der Aufbau heimlich erfolgte.

Die neue Eingreiftruppe "Tigris" der Bundeskriminalpolizei wird die Politik in den kommenden Wochen beschäftigen. Einzelne Parlamentarier verlangen in Vorstössen Auskunft vom Bundesrat. Die zuständigen Kommissionen von National- und Ständerat werden schon an ihren nächsten Sitzungen auf zusätzliche Informationen pochen. "Wie ist diese Eingreiftruppe entstanden? Wer wurde darüber informiert? Was tut sie?" Das sind Fragen, die Hans Altherr (FDP, AR), Präsident der ständerätlichen Sicherheitskommission (SiK), an der nächsten Sitzung vom 21. und 22. April thematisieren will. Über allfällige Konsequenzen will er sich jetzt noch nicht äussern.

Ist Blocher verantwortlich?

Die Schwesterkommission der grossen Kammer wird das Thema Ende März diskutieren, wie Nationalrat Jo Lang (Grüne Fraktion, ZG) sagt. Er hat auch schon eine Anfrage eingereicht, die der Bundesrat vor der nächsten Session beantworten muss. Für Lang ist klar: "Diese Truppe ist illegal." Dies begründet er damit, dass Kantone für die Sicherheit zuständig seien. Die Polizeihoheit liege bei den Kantonen und nicht beim Bund. Dennoch will er jetzt erst einmal die Hintergründe von "Tigris" klären, bevor er politische Konsequenzen fordert. Letztere könnten gemäss Lang besonders für die SVP schmerzhaft sein. Denn gemäss bisher vorliegenden Informationen fällt die Gründung dieser Eingreiftruppe in die Amtszeit und somit in die Verantwortung von alt Bundesrat Christoph Blocher, wie der Zuger Nationalrat erläutert.

Nur Sturm im Wasserglas?

Trotz Empörung ist gut möglich, dass sich der aufgewirbelte Staub rasch wieder legt. So bestreitet Nationalrätin und Sicherheitspolitikerin Ursula Haller (SVP, BE), dass es sich hier wie kolportiert um eine heimlich aufgebaute Einheit handle. "Es existiert eine rechtliche Grundlage dafür, dass der Bund gerichtspolizeiliche Organe einsetzen darf." Auch seien die Kosten für diese Eingreiftruppe im Budget transparent ausgewiesen worden.

Darauf wies auch das Bundesamt für Polizei hin, das auf einen Artikel der "Weltwoche" eine ausführliche Stellungnahme publizierte. Die zentrale Frage ist, ob die Rechtsgrundlage für eine solche Polizeieinheit besteht oder ob der Bund hier tatsächlich Kompetenzen überschreitet. Politisch brisant wäre dies, weil das Stimmvolk die Schaffung einer Bundessicherheitspolizei 1978 verworfen hat. Das Bundesamt für Polizei nennt in seiner Stellungnahme als Rechtsgrundlage die Bundesstrafprozessordnung. Demnach liege für Zwangsmassnahmen bei gerichtspolizeilichen Verfahren die Kompetenz beim Bund, die Bundeskriminalpolizei walte in diesem Fall als Gerichtspolizeiorgan.

Heimlicher Aufbau?

Umstritten ist auch, ob der Aufbau von "Tigris" heimlich erfolgt ist. Gemäss Bundesamt für Polizei sind die kantonalen Polizeikommandanten 2005 über die Gründung informiert worden. Stefan Blättler, Kommandant der Berner Kantonspolizei, wollte gestern gegenüber dieser Zeitung keine Stellung beziehen. Gemäss Pressestelle ist Blättler nicht informiert worden. Er trat aber sein Amt erst nach 2005 an. Nicht für eine Stellungnahme erreichbar war gestern der Berner Polizeidirektor Hans-Jürg Käser.

Bernhard Kislig

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Basler Zeitung 21.3.09

Polizeicorps waren über "Tiger" im Bild

Links-grüne Politiker empört über Bundes-Einsatztruppe

Gründung 2003. Den Polizeileitungen der beiden Basel war seit September 2005 die Existenz einer Einsatztruppe der Bundeskriminalpolizei namens "Tigris" bekannt. An einer Sitzung der Polizeikommandanten in Genf wurde über die Truppe informiert, die bereits 2003 gegründet worden war. Die Informationen gelangten aber nicht in allen Kantonen zu den politisch Verantwortlichen: "Ich wusste nichts davon", sagt der Basler Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass (FDP). Er will darum mit seiner Baselbieter Kollegin Sabine Pegoraro (FDP) die Truppe am nächsten Treffen der kantonalen Polizei- und Justizdirektoren Anfang April thematisieren. Das Baselbiet hat Erfahrung mit den "Tigern". Laut Polizeisprecher Rolf Wirz hat die Gruppe hier einen nicht näher bezeichneten Einsatz geleistet. "Das Vorgehen war zwischen uns und ‹Tigris› koordiniert." Auch in Bundesbern war "Tigris" ein Thema - links-grüne Politiker fordern deren sofortige Abschaffung. los/rus  > Seite 7

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Grüner will "Tiger" erlegen

Daniel Vischer (Grüne, ZH) will die Polizeieinheit des Bundes auflösen

Ruedi Studer, Bern

Die Meldung, wonach die Bundeskriminalpolizei seit 2003 über eine Sondereinheit namens Tigris verfügt, hat in Bern einigen Wirbel ausgelöst. Niemand wusste darüber Bescheid.

Vorgestern machte die "Weltwoche" publik: Die Bundeskriminalpolizei (BKP)verfügt seit einigen Jahren über eine 14-köpfige Einsatzgruppe namens Tigris, welche als Sondereinheit bei Bundesdelikten - dazu gehören etwa Terrorismus, organisierte Kriminalität oder grenzüberschreitende Wirtschaftskriminalität - zum Einsatz kommt. "Die Bundeskriminalpolizei baut sich heimlich eine schwerbewaffnete und millionenteure Kampfeinheit auf - ohne politischen Auftrag, ohne transparentes Budget und ohne parlamentarische Kontrolle", schrieb die "Weltwoche" (vgl. auch gestrige BaZ).

Empörung

Im Parlament in Bern löste der Artikel einigen Wirbel aus. Das links-grüne Lager ist empört und hat an den zwei letzten Tagen der Frühlingssession mehrere Vorstösse eingereicht. Die radikalste Forderung stellt Nationalrat Daniel Vischer (Grüne, ZH) in einer Motion: "Der Bundesrat ist aufgefordert, unverzüglich die kriminalpolizeiliche Kampftruppe Tigris aufzulösen." Für Vischer ist klar, dass die Sondereinheit "weder über eine gesetzliche Grundlage noch über eine politische Legitimation verfügt", wie er der BaZ erklärt.

Auf den Plan gerufen hat die Enthüllung auch Nationalrat Josef Lang (Grüne, ZG). In einer Anfrage verweist er auf die vom Volk 1978 abgelehnte Bundessicherheitspolizei. Und fragt etwa: "Wie verträgt sich der Aufbau einer solchen Einheit mit der kantonalen Polizeihoheit?" Auch er findet, dass die Einsatzgruppe abgeschafft gehört. Interpellationen zu Tigris kommen zudem von zwei Aargauern: Vom Grünen Geri Müller wie auch vom neuen SP-Nationalrat Max Chopard. Letzterer will etwa über Kosten, Einsatzdoktrin und rechtliche Grundlagen der "Tiger" - so heissen die Truppenangehörigen - Bescheid wissen.

"Sauerei".

Bescheid wissen müsste die Geschäftsprüfungskommission (GPK), findet zumindest das Bundesamt für Polizei (Fedpol): "Die parlamentarische Kontrolle über Tigris wird wie die Kontrolle über das gesamte Bundesamt durch die Geschäftsprüfungskommission der Eidgenössischen Räte wahrgenommen", schreibt das Fedpol in einer Mitteilung.

Nur, verschiedene GPK-Mitglieder haben diese Woche zum ersten Mal von der 2003 gegründeten Einheit Tigris gehört. "In der GPK war Tigris zu meiner Zeit nie ein Thema", sagt Nationalrat Christian Miesch (SVP, BL). "Ich hatte keine Kenntnis davon - so etwas darf es einfach nicht geben." Verärgert zeigt sich Ständerat Maximilian Reimann (SVP, AG): "Ich wusste nichts davon. Und ich weiss bis heute nicht, wer den Auftrag für diese Gruppe gegeben hat und welche Aufgaben sie hat."

Reimann findet es eine "Sauerei", dass die Truppe hinter dem Rücken des Parlaments aufgebaut worden sei, und kritisiert die Verantwortlichen: "Solche Informationen müssen wir nicht holen, sondern sie müssen uns gegeben werden." Reimann wie auch Miesch fordern nun Informationen, bevor sie definitiv ein Urteil über Tigris fällen wollen. Miesch sagt aber klar: "Ich bin sehr skeptisch."

Weniger Skepsis über die Einsatzgruppe herrscht bei der bürgerlichen Mitte. Zwar habe er nichts von Tigris gewusst, sagt Nationalrat Kurt Fluri (FDP, SO), der in der Rechtskommission sitzt, aber: "Ich finde das nicht so dramatisch - auch der Bund muss seine Polizeikräfte spezialisieren." Die Berechtigung der Truppe stütze sich auf den allgemeinen Polizeibegriff, findet er. Wie sich eine Polizei intern organisiere, sei deren eigene Zuständigkeit.

"Ganz normal".

Ähnlich tönts bei CVP-Nationalrat Pius Segmüller (LU). "Das ist doch ganz normal. Jede Kriminalpolizei braucht ein Zugriffsdetachement", sagt der frühere Kommandant der Luzerner Stadtpolizei. Die "Tiger" brächten zudem eine Entlastung für die übrigen Polizeikorps: "Die kantonalen Polizeikorps sind bis aufs Zahnfleisch ausgeschossen und daher froh, wenn sie nicht noch zusätzliche Aufgaben übernehmen müssen."

Im Gegensatz zu seinen Parteikollegen übt sich auch der Baselbieter SP-Ständerat Claude Janiak in Zurückhaltung: Bevor man sich empöre, müsse man zuerst den Sachverhalt abklären. Als Präsident der für das Justiz- und Polizeidepartement zuständigen GPK-Subkommission will er deshalb Tigris auf die nächste Sitzung hin traktandieren: "Ich will in erster Linie wissen, auf welche rechtlichen Grundlagen sich die Einsatzgruppe stützt." Er verweist zudem darauf, dass die Bundeskriminalpolizei in den letzten Jahren stark ausgebaut worden sei. Grund: Verschiedene Strafverfolgungskompetenzen seien auf Bundesebene verlagert worden, erläutert Janiak.

Nicht nur die GPK, sondern auch die Sicherheitspolitische Kommission und die Rechtskommission wollen sich nächste Woche mit den "Tigern" befassen, wie gestern im Bundeshaus zu vernehmen war.

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Südostschweiz 21.3.09

Aufregung wegen Polizeitruppe

Nachdem die Existenz einer Polizei-Sondereinheit namens "Tigris" an die Öffentlichkeit gedrungen ist, fordert die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Antworten vom Bundesrat.

Von Beat Rechsteiner

Bern. - Die einen wollen schon lange davon gewusst haben, die anderen staunen nur: Die schwer bewaffnete und millionenteure Kampfeinheit "EG Tigris" der Bundeskriminal- polizei sorgt für Verwirrung unter den Parlamentariern. Nachdem die "Weltwoche" am Donnerstag die Existenz der 14 Polizisten umfassenden Sondereinheit publik gemacht hatte, reagierte das Bundesamt für Polizei zwar prompt - und beteuerte, dass die "Tigris"-Polizisten nicht geheim seien und rechtlich auf solider Basis stünden. Doch diese Informationen allein gehen vielen Politikern zu wenig weit.

Deshalb wird jetzt die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats in der Angelegenheit aktiv, wie Maria Roth-Bernasconi gestern bestätigte. Die Genfer SP-Nationalrätin leitet innerhalb der GPK jene Subkommission, die sich mit Fragen aus dem Justizdepartement von Eveline Widmer-Schlumpf beschäftigt. Roth-Bernasconi wusste bisher nichts von der "EG Tigris" und fordert nun Antworten. "Wir wollen wissen, ob diese Einheit überhaupt opportun ist, ob sie effizient arbeitet und warum nicht offen informiert wurde", sagte sie gestern.

Innere Sicherheit ist Kantonssache

Heikel ist die Sondereinheit der Bundeskriminalpolizei vor allem deshalb, weil die innere Sicherheit Sache der Kantone ist (siehe Kasten). Kommt hinzu, dass das Volk 1978 einen Vorschlag des damaligen Bundesrats Kurt Furgler für eine Bundessicherheitspolizei deutlich ablehnte. Neuere in die gleiche Richtung gehende Projekte des Bundesrats wurden seither vom Parlament ebenfalls zurückgewiesen.

Der grüne Nationalrat Geri Müller sieht die Gefahr, dass der Bund mit der "Tigris"-Einheit quasi durch die Hintertür doch noch zu seinem Ziel kommen will. Der Aargauer Sicherheitspolitiker hat eine Interpellation mit kritischen Fragen an die Regierung eingereicht. Unter anderem will er wissen, auf welchen gesetzlichen Grundlagen die Einsatzgruppe steht, wann und wie darüber informiert wurde, wie viel die "EG Tigris" kostet und wer sie bezahlt. In der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats wird der Baselbieter Christian Miesch (SVP) ähnliche Fragen einreichen. Und auch in der Schwesterkommission des Ständerats wird die Sondereinheit Thema sein, wie ihr Präsident Hans Altherr (Appenzell Ausserrhoden, FDP) sagte.

Schliesslich aber gibt es auch noch Sicherheitspolitiker, die den Wirbel um die Spezialpolizisten gar nicht begreifen können. "Natürlich wusste ich Bescheid", meint etwa Nationalrat Roland Borer (SVP, Solothurn). Er ist sich sicher: "Wer das wissen wollte, der konnte das auch wissen." Und Arthur Loepfe (CVP, Appenzell Ausserrhoden) sagt: "Es ist doch beruhigend, wenn man weiss, dass jemand vorsorgt. Im Ernstfall hat man ohnehin stets zu wenig Spezialisten."

40 Einsätze im vergangenen Jahr

Bern. - Gemäss Auskunft des Bundesamtes für Polizei (Fedpol) besteht die "EG Tigris" seit 2003. Letztes Jahr habe die Einsatzgruppe 40 Einsätze durchgeführt. Weil die Innere Sicherheit aber eigentlich Sache der Kantone ist, verfügt auch jedes grössere Polizeikorps über eine Sondereinheit: Beispielsweise "Argus" (AG), "Falk" (SO), "Diamant" (ZH), "Enzian" (BE) oder "Barrakuda" (BL). Gemäss Fedpol werden die Einsätze der "EG Tigris" immer mit den jeweils zuständigen Polizeibehörden der Kantone koordiniert. (mru)

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20min.ch 20.3.09

Sondereinheiten

Die Schweiz strotzt nur so vor Supercops

von Annette Hirschberg, Katharina Bracher

Die heimlich aufgebaute Spezialeinheit "Tigris" der Bundespolizei sorgt in der Schweiz für rote Köpfe. Denn Supercops, finden die Kritiker, gibt es in der Schweiz schon genug. 20 Minuten Online hat die Schweizer Elitetruppen zusammengestellt.

Sie tragen Raubtiernamen wie "Barrakuda", "Cougar" und "Adler". Sie sind hochspezialisiert, bis an die Zähne bewaffnet und kommen im Ernstfall gegen Schwerstkriminalität und Terrorismus zum Einsatz: Die Spezialeinheiten der Schweizer Polizei. Sie wurden unter dem Eindruck des weltweiten Terrorismus und der ersten eigenen Erfahrungen mit Anschlägen in den 1970er-Jahren gegründet. Da in der Schweiz die Polizeihoheit kantonal geregelt ist, haben fast alle Kantone und einige der grösseren Schweizer Städte ihre eigenen Spezialeinheiten.

Markus Notter, Zürcher Justizdirektor und Präsident der Polizei- und Justizdirektoren, drückte es in einer offiziellen Stellungnahme klar und deutlich aus: "Eigentlich gibt es schon zu viele solche Dienste in der Schweiz."

20 Minuten Online hat eine Auswahl der in der Schweiz zum Einsatz kommenden kantonalen und städtischen Spezialeinheiten in einer Bildergalerie zusammengefasst.
http://www.20min.ch/news/schweiz/story/12083933

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10vor10 19.3.09

Rätselraten um Kampftruppe

Die Schweiz hat eine schwer bewaffnete, millionenteure und geheime Bundespolizei-Elitetruppe. Das schreibt die "Weltwoche" in ihrer neusten Ausgabe. Das Dementi des Bundesamtes für Polizei folgte umgehend: Die Einsatztruppe "Tigris" existiere ganz offiziell. Doch nicht einmal Nationalräte kennen die Elitetruppe.
http://www.sf.tv/videoplayer/embed/bc894499-f99b-4397-ab91-2ef989fd69e9&live=false

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MOTION MOZSA
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Stadtratsdebatte 19.2.09

20 Motion Fraktion GFL/EVP (Erik Mozsa, GFL): Reitschule schützen: Gewaltprob-leme lösen
Geschäftsnummer 08.000196 / 08/346

Die Reitschule gehört zu Bern, sie ist ein breit akzeptierter Kulturort und für die Mehrheit in der Stadt unerlässlich. Insbesondere ist sie ein Ort für alternative Jugendliche und Erwachse-ne. Die Kulturinstitution leistet Hervorragendes und bietet ihren Gästen diverse Angebote aus den Sparten Film, Theater, Tanz und Musik. Auch kulinarische Perlen können in der Reitschu-le genossen werden.
Leider kommt es vor und in der Reitschule immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, aber auch mit Gästen. Diese fortwährenden Gewalttätigkeiten schädigen das Image der Reitschule als Ganzes, worunter in erster Linie die Kulturstätten leiden. Das ist in höchs-tem Masse bedauerlich, zumal die Reitschule sich in ihrem Manifest zu den Grundsätzen der Friedfertigkeit und der Toleranz bekennt.
Der besonnene Teil der IKUR versucht zwar seit Jahren gegen Gewalttätige vorzugehen, doch gelingt dies oft nicht. Eine Gruppe von radikalen Kräften torpediert die Bemühungen um Ausgleich und Konsens mit den Behörden. Viele Kulturschaffende in der Reitschule sind mit dieser Problematik überfordert. Zuweilen werden sie ganz offen von den "wilden Gruppen" bedroht und eingeschüchtert. Bei vielen "moderaten Kräften" herrscht ein Klima der Angst. Die GFL/EVP-Fraktion ist nicht länger bereit, tatenlos zuzusehen. Wir machen uns um die Entwicklungen Sorgen. Für uns ist unbestritten: Die Reitschule muss als alternative Kulturin-stitution erhalten bleiben. Hierzu ist jedoch ein konsequenter Ausschluss von Gewalttätern unabdingbar.
Das Problem mit den Gewalttätigkeiten ist auch strukturell bedingt: Die basisdemokratische Organisation der IKUR kann offensichtlich mit den Gewalttätern nicht befriedigend umgehen. Basisdemokratischen Strukturen mangelt es oft an Verbindlichkeit und Verantwortung. Die Stadt als Vertragspartner hat aber Anspruch darauf, dass vereinbarte Punkte gemäss Leis-tungsvertrag eingehalten und vollzogen werden.
Seit 2004 existieren mit der Reitschule und der Grossen Halle Leistungsverträge und eine Sicherheitsvereinbarung. Vor einigen Tagen wurden diese Verträge für die kommenden vier Jahre erneuert. Die Stadt erörtert mit der IKUR immer wieder Sicherheitsfragen, da zuweilen Bestimmungen halbherzig umgesetzt werden. In heiklen Situationen kann die Polizei vielfach keinen Kontakt mit der IKUR aufnehmen. Nutzniesser hiervon sind dann Gewalttätige, die sich in die Reitschule zurückziehen können und in der anonymen Masse untertauchen, bevor der Zugriff der Polizei erfolgt. Dieses Katz-und-Mausspiel ist für die Fraktion GFL/EVP eine sehr unbefriedigende Angelegenheit. Auch stellen wir fest, dass die Torkontrolle zur Sicherheit der Besuchenden wiederholt versagt. Wir erachten einige Ergänzungen bei der Sicherheitsverein-barung deshalb als nötig. Zudem sind Verstösse gegen diese als Leistungsvertragsverletzung aufzufassen.

Wir fordern nun den Gemeinderat auf:

1. Die IKUR zu unterstützen, um in der Reitschule rasch verbindliche Strukturen (z.B. wie Verein etc.) zu schaffen. Dabei muss der Verhandlungspartner der Reitschule künftig der Stadt gewährleisten können, dass die in der Leistungs- und Sicherheitsvereinbarung ein-gegangenen Verpflichtungen eingehalten werden.

2. Zusätzlich sind folgende Punkte in die bestehende Sicherheitsvereinbarung zu integrieren:
a. Von der IKUR ist ein permanenter Sicherheitsdienst, der eng mit den Behörden zu-sammenarbeitet, zu verlangen. Dieser ist für die interne Ordnung zuständig und muss bei jedem Verstoss gegen die Reitschulgrundsätze (keine Gewalt, keine Intoleranz, keinen Sexismus, keinen Rassismus, keine Homophobie etc.) Hausverbote verhängen und durchsetzen. Die Stadt soll sich partiell an den Kosten beteiligen.
b. Bei Demonstrationen ist das Tor der Reitschule zu schliessen, die Reitschule darf nicht als sicherer Rückzugsraum für GewalttäterInnen dienen.

3. Die Stadt sieht bei Verstössen gegen die Leistungsverträge sowie die Sicherheitsverein-barung Sanktionen vor (z.B. Kürzungen der Nebenkosten im Subventionsvertrag, Ver-tragskündigung etc.).

Soweit der Gegenstand der Motion im Bereich der gemeinderätlichen Zuständigkeit liegt, kommt der Motion der Charakter einer Richtlinie zu.
Bern, 29. Mai 2008

Antwort des Gemeinderats
Die Motion liegt im Zuständigkeitsbereich des Gemeinderats. Ihr kommt deshalb der Charak-ter einer Richtlinie zu.
Der Gemeinderat teilt die Auffassung der Motionärinnen und Motionäre, dass die Sicherheit rund um den alternativen Kulturbetrieb Reitschule verbessert werden muss. Dies ist nicht al-lein Aufgabe der Behörden, auch die Betreiberin der Reitschule (Interessengemeinschaft Kul-turraum Reitschule IKuR) ist gefordert.
Die Lage insbesondere auf dem Vorplatz hat sich in diesem Sommer verschlechtert. Die Ar-beit von Polizei, Pinto und Securitas wird von gewaltbereiten Personen massiv behindert. Interventionen sind ohne grösseres Aufgebot der Polizei aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich. Ebenfalls verschlechtert hat sich die Bereitschaft der IKuR zur verbindlichen Zu-sammenarbeit und zur konsequenten Lösungsfindung mit den Behörden. Gespräche mit Ver-tretungen des Gemeinderats wurden abgesagt oder blieben wirkungslos.
Angesichts dieser Entwicklung hat der Gemeinderat Gegensteuer gegeben und Massnahmen ergriffen: In enger Zusammenarbeit zwischen der Direktion für Bildung, Soziales und Sport, der Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie und der Kantonspolizei wurde die Repres-sion verstärkt und die Polizei- und PINTO-Präsenz im Perimeter Reithalle erhöht. Gleichzeitig wurde sichergestellt, dass die nötigen sozialen Angebote (Beratung und Vermittlung) nie-derschwellig bereitstehen. Der Gemeinderat stellt fest, dass diese Massnahmen greifen und die Situation wesentlich und sichtbar verbessert haben.
Der Gemeinderat ist überzeugt davon, dass die Sicherheitsprobleme im Bereich der Reit-schule nur im zielgerichteten Dialog mit der IKuR angegangen werden können. Es sollen rasch verbindliche Regeln für die Organisationsentwicklung und die Einhaltung des Leistungs-vertrags sowie der Sicherheitsvereinbarung gefunden werden. Aufgrund der aktuellen Situa-tion insbesondere mit der Drogenszene sind Sofortmassnahmen nötig. Der Gemeinderat hat die Kantonspolizei angewiesen, ab Ende September schwerpunktmässig nach der Schlies-sung der Kontakt- und Anlaufstelle an der Hodlerstrasse mit den nötigen repressiven Mitteln gegen die Bildung einer offenen Drogenszene vorzugehen. Dabei muss eine Verdrängung in die Innenstadt vermieden werden. Die erhöhte Polizeipräsenz ist Teil des aktuellen Mass-nahmenpakets, welches sich an der städtischen Drogenpolitik mit den vier Säulen Prävention, Schadensminderung, Therapie und Repression orientiert. Dieses Massnahmenpaket ist zur-zeit in Erarbeitung. Es sieht auch die rasche Realisierung eines zweiten Standorts für die An-laufstelle für Drogenabhängige sowie soziale Massnahmen wie die verstärkte Vermittlung in Wohnprojekten und in Substitutionsprogramme vor.
Weitere Schritte im Sinne der vorliegenden Motion wird der Gemeinderat prüfen und - wenn zielführend - umsetzen.

Folgen für das Personal und die Finanzen: Keine

Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Motion als Richtlinie erheblich zu erklären.
Bern, 15. Oktober 2008

Motionär Erik Mozsa (GFL): Die Fraktion GFL/EVP steht zur Kulturinstitution Reithalle. Wir begrüssen die kulturelle Vielfalt und schätzen die Veranstaltungen innerhalb der Reitschule. Wir machen uns aber auch Sorgen. Sorgen darüber, dass der Freiraum Reitschule von Ge-walt bereiten Leuten missbraucht wird. Vor vier Jahren haben wir den Leistungsverträgen und der Sicherheitsvereinbarung mit der IKuR und mit der Grossen Halle zugestimmt. Wir haben diese Abmachungen als bedeutenden Schritt hin zur Normalisierung des Verhältnisses gewer-tet. Unser Ziel war und ist es, ein gutes Verhältnis zwischen der IKuR und den städtischen Behörden herzustellen. Wir sind froh, dass die Stadt mit Regula Mader eine neue Kontaktper-son als Bindeglied zur Reitschule benannt hat. Die nun folgenden Gespräche sind auch in Zukunft unabdingbar und wichtig. Sie genügen uns allerdings nicht. An der IKuR kritisieren wir die wiederholte Vertragsbrüchigkeit punkto Sicherheitsvereinbarung.
Im Folgenden möchte ich drei Bereiche, wo Verstösse gegen diese Sicherheitsvereinbarung wiederholt vorgekommen sind, aufzeigen.

Beispiel 1: Mutmassliche Drogendealer werden leider immer wieder von Aktivistinnen und Aktivisten in Schutz genommen. Dies, obwohl seit langem Diskussionen mit der IKuR im Gang sind, die Polizei bei ihrer Arbeit nicht zu behelli-gen. Dealer flüchten vor dem Zugriff in die Reitschule, Aktivistinnen und Aktivisten verriegeln daraufhin von innen die Tore zur Reitschule, so dass eine polizeiliche Kontrolle ausbleibt. Die Sicherheitsvereinbarung sieht jedoch vor, den Sicherheitskräften jederzeit Zugang zur Reit-schule zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang würden wir uns aber von der Kantonspo-lizei wünschen, dass diese Vorfälle exakt dokumentiert werden, damit wir endlich Zahlenma-terial haben.

Beispiel 2: Gemäss Recherchen werden Pinto- und Securitas-Mitarbeitende vor der Reitschu-le regelmässig bedroht oder angepöbelt, in seltenen Fällen sogar angespuckt. Zwischen 2006 und 2008 wurden Pinto-Mitarbeitende schätzungsweise 200 Mal verbal bedroht oder physisch angerempelt. Gleiches berichten Securitas-Angestellte, die auch schon mit Steinen beworfen wurden. Pinto hat aber seine Arbeit auf dem Vorplatz trotzdem niemals eingestellt. Ausser im Sommer 2008. Damals haben Reitschüler die Vorplatzbar errichtet, um eine Belebung dieses ungemütlichen Platzes zu erreichen. Aber gleichzeitig kam aus der Reitschule ein Mail an Pinto mit der Aufforderung, das Areal sofort zu verlassen, da Pinto dort unerwünscht sei. Aus diesem Grund hat sich das Pinto-Team während der ganzen Betriebszeit nicht auf den Vor-platz der Reitschule gewagt. Für uns ist klar: Das ewige Mantra der IKuR, sie sei gänzlich unschuldig an der Drogensituation auf dem Vorplatz, stimmt so nicht. Die Schuldzuweisungen an die Adresse der Polizei und an Pinto sind eine selbstgerechte Betrachtungsweise. Wenn Sicherheitskräfte behindert werden und sie nur noch im Grossaufgebot aufmarschieren kön-nen, aus Angst attackiert zu werden, so ist die IKuR sehr wohl mitverantwortlich, wenn die Drogenszene sich breit macht.

Beispiel 3: Die Sicherheitsvereinbarung regelt den Kontakt zwischen der IKuR und der Polizei. Bei drohender Gefahr soll die IKuR mit der Polizei telefonisch Kontakt aufnehmen. Leider kommt dieser Kontakt immer wieder nicht zu Stande. Der letzte ganz grobe Verstoss hat zur Formulierung dieser Motion geführt. Am 1. Mai 2008 stürmte ein Verband aus der Reitschule hinaus und randalierte auf der Schützenmatte. Die anrückende Polizei wurde mit Flaschen beworfen und noch bevor irgendjemand angehalten werden konnte, verschwanden die Randa-lierenden schon wieder in der Reitschule. Sie schlossen von innen das Tor, sodass niemand angehalten werden konnte. Zudem scheiterte der Versuch der Kantonspolizei, mit der IKuR Kontakt aufzunehmen. Dies waren mehrere Verstösse gegen die Sicherheitsvereinbarung an einem einzigen Abend. Es ist nicht immer ersichtlich, wer genau hinter diesen Gewaltakten steckt. Leider fehlen uns exakte Daten. Aber Angaben aus der Verwaltung liegen trotzdem vor. So sollen bei den Übergriffen häufig - und ich sage leider - Aktivistinnen und Aktivisten der Reitschule und nicht etwa Gäste involviert sein. Als starkes Indiz dafür wird das Argument ins Feld geführt, dass Gewalttäterinnen und Gewalttäter teils über Schlüssel zum Gebäude verfügen und dort ein- und ausgehen.
Wie gewalttätig sogar Mitarbeitende der Reitschule sein können, haben Kollegen und ich im Mai 2008 am eigenen Leib im Restaurant "Souls le Pont" erfahren müssen. Es begann relativ harmlos. Mehrere Aktivisten haben mich zunächst sehr aggressiv mit Fragen zum Demonstra-tionsreglement, das wir am Vorabend im Stadtrat behandelt haben, bestürmt. Ich versuchte ruhig mit ihnen zu sprechen, aber sie liessen mich nicht einmal ausreden. Plötzlich riss mich dann jemand vom Stuhl, sodass ich zu Boden fiel. Eine andere Person schleuderte meine Gegenstände durch den Raum und man begann mich herumzuschubsen. Im vollen Restau-rant "Sous le Pont" ist es niemandem in den Sinn gekommen, mir zu Hilfe zu eilen. Ich fühlte mich bedroht und hatte Angst. Eine junge Frau wollte mir sogar mit einer Glasflasche eins auswischen. Schliesslich kam dann der Türsteher und warf uns unter der Begründung raus, ich hätte mit meinem Stimmverhalten gegen die Reitschule agiert. Bis heute hat sich für die-sen Übergriff bei mir niemand entschuldigt. Für mich zerbrach an diesem Abend etwas. Jahre-lang ging ich in der Reitschule ein und aus, engagierte mich im Vorstand des Fördervereins, kämpfte mit gegen die Reitschul-Initiative der SVP.
Das Fazit aus meinen Ausführungen: Die Sicherheitsvereinbarung greift nicht. Sie wird zu oft missachtet. Wir können nicht einfach mehr zur Tagesordnung übergehen und weiterhin mit dem Prinzip Hoffnung politisieren. Es ist enttäuschend, dass diese Verstösse nie Konsequen-zen nach sich gezogen haben. Für uns ist klar, wir wollen jetzt keinen Papiertiger, sondern Regeln, die gelten und durchgesetzt werden. Im Übrigen liegt es auch im Interesse der IKuR, Gewaltakte zu verhindern und umfassend mit den Behörden zu kooperieren. Gewalttätige erweisen nämlich der Reitschule einen Bärendienst und stärken mit ihrem Verhalten nur die Gegnerschaft der Kulturinstitution. Die Gewalttätigen zerstören das Image der Reitschule in der Öffentlichkeit, was sich die IKuR angesichts des Damoklesschwertes der SVP-Initiative schlichtweg nicht leisten kann. Die Fraktion GFL/EVP duldet keine Gewalt, weder im Stade de Suisse, noch in der Reitschule. In einem demokratischen Rechtsstaat gelten Regeln. Der Staat hat das Gewaltmonopol und niemand anderes. Die städtische Laisser-faire-Politik der Reitschule gegenüber hat nichts gebracht und der Kulturinstitution geschadet. Unser Anliegen ist es aber nicht, die Reitschule brav zu machen, sondern gewaltfrei. Aus diesem Grund for-dern wir Konsequenzen bei Nichteinhalten der Sicherheitsvereinbarung in Form von Sanktio-nen. Wir denken dabei zum Beispiel an eine Kürzung der städtischen Beiträge bei der Neben-kostenabrechung für die IKuR. Wer also zukünftig gewalttätig auftritt, schadet der Reitschule auch finanziell und nicht nur über das Renommee. Wir erhoffen uns mit dieser Verschärfung, dass die Kulturschaffenden aus ihrem Dornröschenschlaf aufwachen und sich unumwunden von den Gewalttäterinnen und Gewalttätern distanzieren. Es gelingt so dann hoffentlich, jene aus der Reitschule zu drängen, die Gewalt als legitimes Mittel betrachten. Zudem wollen wir einen permanenten Sicherheitsdienst, um die Polizeiarbeit auf dem Vorplatz zu entlasten. Weiter fordern wir eine Schliessung des Tores bei gewaltbereiten Demonstrationen. Die Reit-schule darf einfach kein Rückzugsraum für Randalierende sein. Neben diesen Verschärfun-gen der Sicherheitsvereinbarung wollen wir mehr Verbindlichkeit in der Organisation. Nach unserem Dafürhalten ist die Basisdemokratie wenig geeignet, um die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu meistern. Gerade die Sicherheitsproblematik demonstriert das eindrücklich. Wir bedauern, dass die Reitschule keine individuellen Ansprechpersonen gegen aussen benennt, sondern sich immer wieder hinter anonymen Fassaden versteckt. Das schafft keine Transparenz und stärkt auch das Vertrauensverhältnis nicht. Wir glauben des-halb, dass eine andere Struktur - beispielsweise eine Vereinsstruktur - die Probleme effizien-ter anpacken könnte. Unsere Motion schreibt aber nicht vor, wie sich die IKuR organisieren soll. Sie verlangt vielmehr, dass sie sich überhaupt organisiert. In diesem Punkt sind wir be-sonders auf die Umsetzung dieser Motion gespannt und hoffen, dass der Gemeinderat dies-bezüglich Druck auf die IKuR ausüben wird.
Die GFL/EVP-Fraktion steht hinter der Reitschule. Wir vertrauen vorerst weiterhin auf die I-KuR, wollen aber ganz klare Spielregeln abmachen, um die Kulturinstitution vor ihrem Unter-gang zu retten. Wir verlangen Verschärfungen bei der Sicherheitsvereinbarung und eine bes-sere Organisation, damit zukünftig die Reitschule als das wahrgenommen wird, was sie sein soll, nämlich als ein alternativer Kulturort, der zur städtischen Kulturvielfalt beiträgt. Wir sind froh, dass der Gemeinderat unsere Motion unterstützt, erwarten aber, dass er sich nun noch zu den einzelnen Punkten äussert. Wir sind gespannt auf die Umsetzung.

Fraktionserklärungen

Giovanna Battagliero (SP) für die SP/JUSO-Fraktion: Ich möchte mich auf drei Punkte kon-zentrieren, die für unsere Fraktion zentral sind und bei dieser Gelegenheit noch einige Dinge klarstellen. Erstens: Lasst uns über Fakten sprechen. Es bestehen drei Leistungsverträge mit der Reitschule. Einen mit der IKuR, einen mit dem Tojo und einen mit der Grossen Halle. Die Stadt gilt in diesen Verträgen kulturelle Leistungen ab, konkret Miet- und Mietnebenkosten. Alle drei Verträge werden von der Reitschule vollumfänglich eingehalten. Unbestritten sind also die kulturellen Leistungen und die Einhaltung aller Vorschriften betreffend Restaurantbe-trieb. Zudem erarbeitet die Reitschule Konzepte für die Gestaltung und Belebung des Vorplat-zes, wie es in einem der Leistungsverträge ebenfalls vorgeschrieben ist. Es besteht zusätzlich eine Sicherheitsvereinbarung, deren Umsetzung in der Vergangenheit zu Problemen geführt hat. Ist die Polizei in der Vergangenheit in Einzelfällen, wie von Erik Mozsa geschildert, tat-sächlich bei ihrer Arbeit behindert worden, oder hat das Kontakttelefon nicht rechtzeitig abge-nommen werden können? Es ist zunächst immer die Anschlussfrage zu klären, ob dies stets den Reitschulbetreibenden angelastet werden kann. Ist dies der Fall, erwartet die SP/JUSO-Fraktion von den Reitschulbetreibenden, dass sie alles daran setzen, damit dies nicht mehr vorkommt. Die Polizei, Pinto, die Sanität und die Feuerwehr sollen ihre Arbeit ungehindert machen können. Wie wir aber nun wissen, sind genau solche Bestrebungen seitens der Reit-schule im Gang. Beispielsweise soll noch besser garantiert werden, dass das besagte Kon-takttelefon bei Veranstaltungen immer besetzt ist. Gleichzeitig müssen wir uns aber alle be-wusst sein, dass die IKuR und die Reitschulbetreibenden nicht allein für jene Leute verant-wortlich gemacht werden können, die sich mit der Polizei anlegen und danach in die Reitschu-le flüchten. Ebenso wenig können Stadionbetreibende oder Sportvereine für jeden einzelnen Randalierer verantwortlich gemacht werden, der dasselbe Spiel mit der Polizei treibt. Eine absolute Erfolgsgarantie kann also weder von Sportvereinen und Stadionbetreibenden noch von der Reitschule verlangt werden. Die SP/JUSO erwartet aber andererseits von der Polizei auch, dass allfällige Vorkommnisse seriös erhoben werden. Das war nämlich offenbar bis anhin nicht immer der Fall, was uns erstaunt.
Zweiter Punkt: Verträge und Vereinbarungen sind zweiseitige Geschäfte. Beide Seiten müs-sen sie einhalten. Wie sich eine Vertragspartnerin intern organisiert, ist dabei nicht relevant. Die Stadt und die Reitschulbetreibenden sollen gemeinsam an Lösungen arbeiten, damit die Situation im Bereich Sicherheit verbessert werden kann. Unsere Fraktion hat im nachfolgend traktandierten Postulat dazu klare Vorstellungen geäussert. Das Gespräch zwischen der Reit-schule und der Stadt muss wieder aufgenommen werden. Es ist für uns unverständlich, wa-rum nach der Pensionierung von Christoph Reichenau so lange zugewartet wurde, bis die Gespräche mit der Reitschule jetzt dann hoffentlich wieder aufgenommen werden. Das letzte Gespräch hat im Juli 2008 stattgefunden, das ist nicht die Schuld der Reitschule. Jetzt wird bekanntlich Regula Mader als Übergangslösung die Ansprechperson sein. Dass die Gesprä-che zwischen der Reitschule und der Stadt regelmässig stattfinden müssen, ist übrigens ebenfalls im Leistungsvertrag festgeschrieben. In der Sicherheitsvereinbarung ist ausdrück-lich festgehalten, dass sich auch die Polizei jeglicher Provokation zu enthalten hat. Sanktio-nen aus Vertragsverletzungen können selbstverständlich innerhalb eines bestimmten Vertra-ges erfolgen. Die Annahme, dass eine Sicherheitsvereinbarung nicht eingehalten wurde, be-rechtigt aber nicht dazu, in den Leistungsverträgen Gelder für kulturelle Leistungen zu kürzen. Aus unserer Sicht geht das klar nicht. Es trifft die Falschen. Der Reitschule soll die Struktur genauso wenig vorgeschrieben werden, wie anderen Kulturbetrieben. Das ist mit einer Richt-linienmotion ohnehin nicht machbar. Es wäre auch nicht Ziel führend. Der Wille zur Einhaltung von Vereinbarungen und Verträgen sowie die Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartne-rinnen hangen nicht von der Organisation ab.
Dritter Punkt: Bezüglich der Situation auf dem Vorplatz und der Umgebung der Reitschule muss etwas geschehen. Die Reitschule soll gemäss Leistungsvertrag Massnahmen zur Bele-bung des Vorplatzes planen und ergreifen. Die Stadt soll sich je nachdem finanziell beteiligen. Die Polizei soll konsequent gegen Drogenhandel vorgehen. Die SP/JUSO-Fraktion fordert weiter einen zweiten Standort für eine Drogenanlaufstelle sowie eine Auswertung des Pilot-projektes. Daneben sollen Übergangslösungen - zum Beispiel verlängerte Öffnungszeiten - und Alternativen geprüft werden. Schliesslich ist ebenso zentral, dass planerisch Verbesse-rungen vorgenommen werden. Ich kann diesbezüglich auf unsere Motion verweisen, in der wir einen Planungsprozess für den Raum Bollwerk/Schützenmatte/Hodlerstrasse fordern. Weil unsere Fraktion im nachher traktandierten Vorstoss ebenfalls fordert, dass sich die Reitschule und die Stadt gemeinsam für eine verbesserte Sicherheit einsetzen sollen und der Reitschule ohnehin keine Struktur aufgezwungen werden kann und soll, hat die SP/JUSO für die vorlie-gende Motion Stimmfreigabe beschlossen. Sanktionen können bei jeder Vertragsverletzung bezogen auf den konkreten Vertrag geprüft werden. Wir haben vollstes Vertrauen in den Ge-meinderat. Wir bitten den Stadtrat, unser Postulat zu unterstützen. Das wäre konsequent.
Die SP/JUSO-Fraktion steht zur Reitschule als alternativer Kulturbetrieb in der Stadt Bern.

Martin Schneider (parteilos) für die BDP/CVP-Fraktion: Für unsere Fraktion ist unbestritten, dass die Reitschule ein wichtiger und fester Bestandteil der stadtbernischen Kulturszene ist. Sie ist sogar noch mehr, nämlich ein Wahrzeichen dieser Stadt. Die Wahrheit, die man aber heute sieht, wenn man bei der Reitschule durchläuft oder mit dem Zug nach Bern einfährt, ist eine unbequeme. Sie steht als Sinnbild für eine falsche Entwicklung in dieser Stadt. Vieles wird vermischt oder vertuscht, komplexe Themen werden auseinandergerissen. Die BDP/CVP-Fraktion unterstützt diesen Vorstoss. Er spricht für die Reitschule. Wir finden aller-dings, dass er in verschiedenen Punkten zu wenig weit geht. Die Reitschule ist an der ganzen Drogengeschichte nicht allein schuldig. Wir werden deshalb heute eine Motion einreichen, die verlangt, dass die Drogenanlaufstrasse von der Hodlerstrasse an die Murtenstrasse verscho-ben wird. Dadurch hätten wir ein grosses Problem der Reitschule gelöst.
Wir werden die vorliegende Motion unterstützen und hoffen fest, dass sie etwas bewirken wird.

Tanja Sollberger (GLP) für die GLP-Fraktion: Wir anerkennen die Reitschule als alternative Kulturinstitution und wünschen uns ihr Weiterbestehen. Diese Ansicht wird von einer Mehrheit des Parlaments und vom Gemeinderat gestützt. Ebenso teilt sie ein Grossteil des Stimmvol-kes. Insofern akzeptieren wir auch die Betreiberin der Reitschule als Vertragspartnerin. Ein Vertrag beinhaltet das Einverständnis zweier Parteien und in diesem Rahmen konnten Leistungsverträge und eine Sicherheitsvereinbarung ausgearbeitet werden. Im Gegensatz zur IKuR steht für uns jedoch das sicherheitspolitische Problem im Zentrum der angespannten Beziehungen zwischen der Stadt und der Reitschule. Zweifellos ist es so, dass im Raum Schützenmatte auch ein Drogenproblem besteht, das primär durch die Stadt gelöst werden muss. Wir verurteilen Gewalt. Das macht die IKuR sicher auch. Wir wissen auch, dass sie sich bemüht, aber das genügt bisher nicht. Es kommt immer wieder zu Scharmützeln mit der Polizei und der Rückzug der Gewalttätigen in die Reitschule wird nicht konsequent verhindert. Die Antwort des Gemeinderats stammt vom letzten Oktober. Darin stellt er fest, dass die Massnahmen greifen. In der Zwischenzeit ist es aber leider erneut zu Gewaltausschreitungen gekommen. Keine Toleranz von Gewalt, das heisst für uns, dass man den Gewalttätigen die Türe nicht öffnet. Es heisst für uns auch, dass man sich von Gewalt ausübenden Gruppen distanziert, auch wenn sie einem nahe stehen. Auf der Internetseite der Reitschule habe ich den Ausdruck gefunden "eher nutzlose Helfer wie Securitas oder Pinto". Das zeugt von einer abschätzigen Haltung gegenüber diesen Mitarbeitenden, was nicht tolerierbar ist. Die Reit-schule muss die zuständigen Behörden akzeptieren und auch mit ihnen kooperieren. Zusam-menarbeit mit der Polizei heisst für uns, dass ein adäquater und frühzeitiger Informationsfluss stattfindet. Die Schuldzuweisung an alle anderen ist nicht differenziert. Eine gewisse Selbst-kritik wäre am Platz.
Wir akzeptieren die IKuR als Vertragspartnerin. Eine pragmatischere Sichtweise statt das Ideologisieren der Basisdemokratie ist in der heutigen Situation angebracht. Der Unmut wächst, und wenn es so weiter läuft wie bisher, wird die Akzeptanz sinken. In diesem Sinn darf man von der Betreiberin auch verlangen, dass sie verbindlichere Strukturen schafft. Das Ziel von allen ist nämlich eigentlich das Fortbestehen der Reitschule. Wir wünschen uns et-was mehr Bewegung in den verhärteten Fronten. In diesem Sinn unterstützen wir auch das Engagement von Regula Mader. Wir bedauern eigentlich, dass es nur durch die Ausübung von Druck gelingt, Bewegung auszulösen. Im Rahmen eines Vertrages muss es möglich sein, dass beim Nichteinhalten von Bedingungen von diesem zurückgetreten werden kann oder dass bei weiteren Verstössen gegen die Sicherheitsvereinbarung in Zukunft Sanktionen ergrif-fen werden können. Die IKuR muss ihre Strukturen überdenken, um das Fortbestehen der Reitschule zu sichern. Wir möchten unseren Beitrag auch leisten. Ich bezweifle jedoch, dass die sage und schreibe 22 Forderungen bezüglich Drogenpolitik, welche die IKuR auf dem In-ternet aufgestellt hat, alle erfüllt werden können. Wir befürworten die Motion als Richtlinie.
Zum Postulat der SP/JUSO-Fraktion, welches wir ebenfalls unterstützen, stellen wir uns die Frage, wie sich die Polizei bei unbewilligten Demonstrationen verhalten soll. Mit dem Satz "die Polizei ist anzuweisen, keine Demonstrierenden mehr in Richtung Reitschule mehr zu-rückzudrängen", ist das Problem wahrscheinlich nicht gelöst, für den Fall, dass die Demonst-rierenden aus dem Bereich der Reitschule in die Innenstadt ziehen.

Hasim Sancar (GB) für die GB/JA!-Fraktion: Die Reitschule ist ein Kultur- und Begegnungsort und einzigartig in ihrer Art. Längst gehört sie zur Stadt ebenso wie zum Kulturplatz Bern. Vie-le Jugendliche und junge Menschen verkehren in der Reitschule, besuchen kulturelle Veran-staltungen, treffen sich und tauschen untereinander Erfahrungen. Die Reitschule funktioniert auch als soziale Institution. Hier wird viel freiwillig gearbeitet und mit viel Engagement in Pro-jekte investiert. Auch viele Menschen, die sonst von der Gesellschaft eher ausgeschlossen werden, finden ihren Zugang zur Reitschule, wo sie sich ohne Konsumzwang aufhalten kön-nen. Die Reitschule erfüllt damit auch eine zentrale gesellschaftliche Funktion der Integration von marginalisierten Personen. Die kulturellen, sozialen und kulinarischen Aktivitäten werden ergänzt durch das Engagement im anspruchsvollen Bereich von Bau, Renovation und Gebäu-deunterhalt. Auch das sind zentrale Aufgaben der Reitschule. Leider werden alle diese guten Leistungen der Reitschule zu wenig wahrgenommen. Die Reitschule umfasst verschiedene Projekte und Arbeitsbereiche. Sie funktioniert daher vor allem mit Arbeitsgruppen. Für viele scheint diese Struktur kompliziert. Man spricht immer wieder auch von Basisdemokratie, was immer dann jeweils darunter verstanden wird. Tatsache ist, dass die Vielfalt der Aktivitäten nach einem System solcher Arbeitsgruppen organisiert wird. Die Reitschule ist kein homoge-nes Gebilde und begegnet als Ort der gesellschaftlichen Auseinandersetzung und des Wan-dels auch schwierigen Herausforderungen. Sie kann jedoch nicht für alle unerwünschten und zum Teil auch tragischen Ereignisse, die in ihrer unmittelbaren Umgebung stattfinden, ver-antwortlich gemacht werden. Dies bedeutet nicht, dass die Reitschule keine Verantwortung tragen soll, ganz im Gegenteil. Es ist wichtig, dass sie Verantwortung übernimmt und immer wieder auch Selbstkritik übt. Sie muss aber auch die Grenzen ihrer Verantwortung erkennen und kommunizieren, wo sie an ihre Grenzen stösst und wo sie sich überfordert fühlt. Gleich-zeitig muss auch die Stadt Bereitschaft zeigen, diese Grenzen der Verantwortung seitens der Reitschule anzuerkennen und zu respektieren. Leider hat die Stadt ihre Aufgabe nicht wirklich ernst genommen. Sie kann und darf nicht einfach die ganze Verantwortung für die Ereignisse der Reitschule in die Schuhe schieben. Das wäre zu einfach. Wir verlangen von der Reitschu-le und von der Stadt, dass sie diese Verantwortung gemeinsam klären und entsprechende Lösungen finden.
Im Sommer 2008 fand das letzte Gespräch zwischen dem damaligen Kultursekretär Christoph Reichenau und den Reitschulbetreibenden statt. Seither ist nichts mehr gelaufen, denn die Stadt war nicht in der Lage eine Ansprechperson zu bestimmen. Da nun Regula Mader diese Funktion vorübergehend übernehmen wird, können wir nur hoffen, dass bald wieder Gesprä-che stattfinden. Wir distanzieren uns von jeglicher Form von Gewalt, woher sie auch immer kommt. Ausgrenzung und strukturelle Gewalt sind selbstverständlich eingeschlossen. Wir lehnen kriminelle Aktionen ebenfalls ab, im Wissen, dass diese nicht immer zu verhindern sind, dass es dafür aber ein Strafrecht gibt, das letztendlich auch im Bereich der Reitschule gilt. Wir erwarten vom Gemeinderat die Realisierung der Umnutzung und der städtebaulichen Gestaltung der Schützenmatte gemäss Vorstoss der GB/JA!-Fraktion, der im März 2007 im Stadtrat angenommen wurde. Der Bericht des Gemeinderats steht nun seit zwei Jahren aus. Das können wir auf keinen Fall akzeptieren. Wir sind überzeugt, dass der geplante zweite Standort für eine Anlaufstelle für Drogenabhängige zur Entschärfung der Lage rund um die Reitschule beitragen würde. Auch in dieser Hinsicht ist rasches Handeln angebracht.
Die GB/JA!-Fraktion lehnt die Motion auch als Richtlinie ab, weil sie nicht möchte, dass in die Strukturen eines Kultur- und Begegnungszentrums einer sozialen Einrichtung eingegriffen wird. Wir sind der Meinung, dass dies nicht Aufgabe der Politik sein darf. Es ist falsch, die Reitschule als eine für alle unverzichtbare Einrichtung mit finanziellen Sanktionen zu bestra-fen. Uns ist bewusst, dass wir mit dieser Ablehnung gegen die Empfehlung des RGM-Mehrheitsgemeinderats stimmen, welcher die Richtlinienmotion erheblich erklären will. In die-ser Frage haben wir eine Differenz, das ist auch gut so. Die Gemeinsamkeiten, die wir mit unseren Gemeinderätinnen und Gemeinderäten sowie mit den RGM-Parteien haben, sind uns wichtiger als diese Differenz.

Philippe Müller (FDP) für die FDP-Fraktion: Die Reithalle ist ein Sorgenkind der Stadt Bern. Sorgen macht man sich deshalb, weil man eigentlich will, dass es ihr gut geht. Ein Kind ist sie deshalb, weil sie nach wie vor nicht wirklich selbst zu sich schauen kann und oft Dinge tut, die ihr selber schaden. Falsch unterstützt wird die Reitschule in ihrem selbstzerstörerischen Weg durch die linken Parteien. Dies entspringt einem simplen Schwarz-Weiss-Denken. Entweder ist man dafür oder dagegen, etwas Drittes gibt es nicht. Dass man vielleicht gegen gewisse Kinderkrankheiten zu Gunsten des Kindes vorgehen müsste, hat in diesem Schema keinen Platz. Das falsche Schwarz-Weiss-Schema kennen wir übrigens auch aus der Diskussion um die Sozialhilfe: Entweder ist man blind dafür, oder man wird zum Gegner gestempelt. Verbesserungen sind so natürlich nicht möglich. Die FDP-Fraktion ist froh um diesen Vorstoss. Aus bürgerlichen Kreisen wurden gleiche oder ähnliche Forderungen schon verschiedentlich erho-ben. Sie wurden bisher stets nach dem vorher beschriebenen Muster abgeschmettert. Die Folgen für die Reithalle sind gravierend. Wie man im Vorstoss lesen kann, herrscht ein Klima der Angst. Andersdenkende werden angepöbelt und sogar körperlich angegriffen. Die Reithal-le führt sich selber ad absurdum, wenn sie und ihre Leute die ersten sind, welche gegen ihre eigenen hoch gelobten Reitschulgrundsätze verstossen, die da lauten: Keine Gewalt, keine Intoleranz etc. Wenn aber in der Reitschule statt Basisdemokratie Einschüchterung herrscht, statt Toleranz Angst und statt einer Rückzugsmöglichkeit für alternative Kultur eine Rück-zugsmöglichkeit für Gewalttätige, braucht es die Reitschule nicht. In diesem Fall schliessen wir sie besser. Die FDP ist jedoch gegen eine Schliessung der Reitschule. Die Reitschule ist ein Ort, der mit seinen verschiedenen Einrichtungen für viele Menschen dieser Stadt und Ag-glomeration sehr wichtig ist. Deshalb soll sie weiter bestehen. Das gilt aber nicht bedingungs-los. Die Zeiten, in denen man Vereinbarungen eingeht, dann aber nur die Rechte in Anspruch nimmt ohne die Verpflichtungen zu erfüllen, sind nun vorbei. Nur profitieren und selber nichts tun, geht nicht. Vertragliche und gesetzliche Vorschriften sind einzuhalten. Ich staune, wenn ich heute in der Zeitung lese, die Reitschule wolle in Zukunft die gesetzlichen Lärmlimiten akzeptieren. Das ist doch nicht die Frage. Oder hat jemand schon einmal einen Zeitungsarti-kel gelesen, in dem steht, wie die Polizei mit Auto fahrenden darüber diskutiert, ob die Ge-schwindigkeitslimiten eingehalten werden sollen oder nicht? Die nötigen Vereinbarungen und gesetzlichen Vorschriften bestehen schon längstens, aber sie wurden nicht durchgesetzt. Das ist aber die Aufgabe des Gemeinderats als Exekutive. Die Durchsetzung des Rechts ist die ureigenste Funktion der Regierung. In dieser Funktion hat der Gemeinderat völlig versagt. Das Malaise dauert schon seit Jahren an, verbessert hat sich nichts. Man traut es fast nicht zu sagen, aber Bewegung kam erst in die rot-grünen Reihen, nachdem nun ein Eigener von Gewaltübergriffen betroffen war. Mit den Polizistinnen und Polizisten hatte man dagegen nie solches Mitleid. Es ist inakzeptabel, wenn Regeln fortlaufend missachtet werden. Erst recht solche, denen man in Vereinbarungen sogar selber zugestimmt hat. Irgendeinmal braucht es keinen Dialog mehr, sondern Sanktionen. Es braucht keine neuen Regeln, wie der Gemeinde-rat in seiner Antwort schreibt. Man soll endlich die bestehenden durchsetzen! Es ist logisch, dass solche Vereinbarungen als nicht verbindlich betrachtet werden, wenn nichts geschieht für den Fall, dass man sich nicht daran hält. Es nützt dann auch nichts, wenn neue Regeln aufgestellt werden. Der Gemeinderat schreibt in seiner Antwort selber: "Gespräche mit Vertre-tungen des Gemeinderats wurden abgesagt oder blieben wirkungslos". Also: Aufwachen, lie-ber Gemeinderat und endlich handeln! Vielleicht hat der Gemeinderat auch einfach nur Angst. Die FDP hofft jedenfalls, dass die vorliegende Motion dem Gemeinderat hilft, endlich seine Arbeit zu tun. Wir werden die Motion einstimmig unterstützen.
Unklar ist die Haltung der SP/JUSO-Fraktion. Man ist zwar zumindest teilweise für den Vor-stoss, aber dann doch gegen Sanktionen. Das ist dieselbe Alibipolitik wie jene des Gemeinde-rats. Probleme werden nur angehäuft, statt gelöst. Das ist letztlich zum Schaden jener, die man zu unterstützen vorgibt.

Peter Künzler (GFL) für die GFL/EVP-Fraktion: Beide nun vorliegenden Vorstösse - die wir unterstützen - sowie der neu eingereichte der CVP/BDP-Fraktion zeigen, dass etwas wie ein neuer breiter Konsens betreffend die Reitschule entsteht. Er betrifft vor allem die Reitschule als Kulturinstitution. Keines der bisherigen Voten hat die Reitschule als Kulturinstitution in Frage gestellt. Die Kultur umfasst drei von vier Punkten des Leistungsvertrages, das möchten wir deutlich festhalten und wir freuen uns sehr darüber. Wir hoffen und sehen auch, dass die Probleme, welche die Reitschule mit der Sicherheitsvereinbarung hat, breit abgestützt be-nennt und festgestellt werden. Die GFL/EVP-Fraktion hat eine Motion eingereicht, welche die Probleme beim Namen nennt. Es gibt innerhalb und ausserhalb der Reitschule gewalttätige Gruppen. Der durch sie angerichtete Schaden wirkt gegen innen. Sie stören den Betrieb der Reitschule und beeinträchtigen insbesondere die kulturellen Aktivitäten. Zudem schaden sie der Reithalle gegen aussen. Die Reithalle braucht den Konsens in der Bevölkerung. Mit dem, was vorgefallen ist, wird dieser Konsens dauernd gefährdet. Es sind strukturelle Probleme vorhanden, die zu diesem Missstand führen. Es ist nötig, dass Verbindlichkeiten geschaffen werden. Es besteht ein grosses Problem mit einer Minderheit, die gegen innen und aussen zerstörerisch wirkt. Die GFL/EVP-Fraktion ist der Meinung, dass sich der Gemeinderat deut-lich zu möglichen Sanktionen äussern muss. Es braucht klar definierte Sanktionen. Wir wollen im Unterschied zu später folgenden Vorstössen diese €nderungen gemeinsam mit der IKuR durchführen. Wir haben die Hoffnung für die IKuR noch nicht ganz aufgegeben. Schliesslich wollen wir aber auch feststellen, dass auch seitens der Stadt Probleme bestehen. Die Verbin-dung zur Reitschule wurde im letzten halben Jahr einseitig gekappt, das ist stossend. Man hat das Gespräch nicht mehr gesucht, das ist als schwerer Fehler einzustufen. Weiter störend ist, dass es offenbar nicht möglich ist, Vorgefallenes sauber und durch Polizeirapporte zu doku-mentieren. Das ist völlig unzulässig.
Unsere Fraktion ist sehr erfreut darüber, dass sich nun im Stadtrat ein deutlich breiterer Kon-sens abzeichnet. Das kann der Anfang sein von ersten Neuerungen einer Bewegung, die viel-leicht dann mal zu einer Lösung des Problems führt. Wir sind also nicht der Meinung, dass der sich abzeichnende Kompromiss bereits die Lösung ist. Das dürfte ein langer Weg sein, der Mut braucht. Die Probleme dürfen nicht verleugnet werden. Die Stadt soll sich an ihre Verpflichtungen halten, dann kann sie die Verpflichtungen der IKuR auch konsequent einfor-dern und soll auch vor Sanktionen nicht zurückschrecken. Wir hoffen, dass die heutige Sit-zung der Anfang eines Prozesses ist, der uns allen und der Reitschule als Kulturinstitution hilft. Wir wünschen uns allen viel Glück und Geduld dabei.

Erich J. Hess (JSVP) für die SVPplus-Fraktion: Die Reithalle ist seit über 20 Jahren ein Dorn im Auge vieler Bernerinnen und Berner. Sie ist ein Dorn im Auge mancher Schweizerin und manches Schweizers, denn die Reithalle steht in der Hauptstadt Bern. Jede Touristin und jeder Tourist muss gezwungenermassen mit dem Zug an diesem wüsten Gebäude vorbeifah-ren. Vor über 20 Jahren wurde diese Reithalle illegal besetzt. Ich betrachte es heute noch als illegale Besetzung, obwohl die Reitschulbetreibenden heute über einen Vertrag verfügen. Es kann nicht sein, dass wir solches akzeptieren. Die Reitschule ist eine Organisationszentrale von Terroristen. Bei jeder grösseren Demonstration, die von linker Seite organisiert wird, be-findet sich dort das Zentrum. Von dort schwärmen die Demonstrierenden in die Stadt aus. Das einzig Richtige wäre eine Schliessung der Reitschule. Deshalb bitte ich alle, die Reithal-le-Initiative zu unterzeichnen. Das ist die richtige Lösung für die Reitschule. Wir müssen sie früher oder später an den Meistbietenden verkaufen, damit das Gebäude nicht mehr der Stadt gehört. Solange das Gebäude im Besitz der Stadt ist, wird dort nie etwas Anständiges entste-hen.
Wir von der SVPplus-Fraktion werden die Motion unterstützen. Wir wollen lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Die Situation wäre zwar noch nicht ganz befriedigend, aber wir wären einen Schritt weiter als bisher. Der Gemeinderat möchte diese Motion nur als Richtlinie annehmen. Ich bin klar der Meinung, dass es sich nicht um eine Richtlinienmotion handelt. Ihre finanziellen Auswirkungen können rasch die Fr. 300 000.00 überschreiten, dann fiele sie nicht mehr in die Gemeinderatskompetenz und es wäre keine Richtlinienmotion mehr. Der heutige Leistungsvertrag mit der Reitschule wird von den Reitschulbetreibenden in ver-schiedenen Punkten nicht eingehalten, deshalb sollte der Gemeinderat im Fall einer Annahme der Motion sofort den Leistungsvertrag mit der IKuR kündigen. Aus meiner Sicht ist er sowie-so nicht rechtsgültig. Bei Abschluss eines Vertrages müssen die Vertragspartner in Form von rechtlichen Körperschaften klar identifizierbar sein. In diesem Fall gibt es auf der einen Seite keine solche Körperschaft, die bei Vertragsbruch auch haftbar gemacht werden könnte. Der Vertrag ist aus meiner Sicht rechtsungültig. Man sollte ihn sowieso kündigen. Es kommt dazu, dass er mehrmals seitens der Reitschule gebrochen wurde. Ich stelle den Antrag, dass im Rat eine Konsultativabstimmung hinsichtlich der Frage erfolgt, ob der Gemeinderat diesen Vor-stoss als Richtlinienmotion oder als richtige Motion entgegennehmen soll.

Einzelvoten

Rolf Zbinden (PdA): Verhüllen, räumen, verkaufen, schliessen, abreissen. Wir sind uns eini-ges gewohnt, was die destruktiven Phantasien gegenüber der Reitschule anbelangt. Die Moti-on der GFL/EVP-Fraktion kommt verglichen mit dem rechtsbürgerlichen Gepolter auf recht weichen Pfoten daher geschlichen. Während sich bekennende Bürgerliche halt mehr für harte Werte interessieren, zielt die GFL/EVP-Fraktion schlauerweise auf die Software. Entspre-chend soft ist die Motion dann auch überschrieben: "Reitschule schützen". Damit zielt sie nicht etwa birnenweich am Wesentlichen vorbei. Das Wesentliche wird aufs Korn genommen, die basisdemokratische Verfassung der Reitschule. Dass der Motionär dann auch noch seine eigene Meinung zur Basisdemokratie zum Besten gibt, macht aus seinem Vorstoss schon fast ein zeitgeschichtliches Dokument. Ich zitiere: "Basisdemokratischen Strukturen mangelt es oft an Verbindlichkeit und Verantwortung." Donnerwetter, wo hat denn der Motionär so etwas gelernt? Ist das hehre Ziel der Zerstörung der basisdemokratischen Software der Reitschule erst einmal fixiert, braucht man in der Findung der Argumente ja auch nicht mehr allzu origi-nell zu sein. Es gibt dann die Vernünftigen und die Unvernünftigen, die Vermittelnden und die Radikalen, die moderaten Kräfte und die wilden Gruppen. Das hat man eben von der Basis-demokratie. Spaltung zu betreiben, war schon immer das beliebteste Mittel, um mit Demokra-tie fertig zu werden. Ausgrenzen, eingrenzen, gegeneinander ausspielen, Misstrauen impfen und schon wühlt der Trojaner im Programm. So denkt und wünscht sich das der Motionär. Und damit sein Plan auch ja klappt, droht er am Schluss mit Handfestem, mit Kürzungen der Nebenkosten im Subventionsvertrag, mit Vertragskündigungen etc. Gerne würde man wissen, was hinter dem etc. dann eigentlich noch steckt. Was bleibt überhaupt noch übrig? Da schliesst sich der Kreis, der junge Motionär und die €lteren geben sich die Hände. Das ist unschön aber wahr und offensichtlich. Es erstaunt aber schon ein wenig, wie locker der Ge-meinderat dieser Motion als Richtlinie zustimmt. Viel Schreibarbeit hat ihn dieser Vorstoss allerdings nicht gekostet. Was der Gemeinderat da schreibt, hat mit der Motion denkbar wenig zu tun. Wir lesen von Handlungsbedarf rund um den alternativen Kulturbetrieb Reitschule, im Perimeter Reitschule, insbesondere auf dem Vorplatz: "Aufgrund der aktuellen Situation ins-besondere mit der Drogenszene sind Sofortmassnahmen nötig." Man reibt sich die Augen und fragt sich, was das mit unserem Motionär zu tun hat. Man muss sich auch fragen, wer dann bitte mit der kulturellen Belebung des Vorplatzes ernst gemacht hat. Das ist geschehen, wäh-rend die offizielle Politik endlos über die Abweisung von Drogenabhängigen aus dem Ober-land, über Öffnungszeiten und über eine zweite Anlaufstelle diskutiert hat. Die PdA lehnt je-den Angriff auf die basisdemokratischen Strukturen der Reitschule ab und fordert Respekt, nicht nur gegenüber dem Angebot an Film, Tanz, Musik und kulinarischen Perlen, sondern auch Respekt vor dem basisdemokratischen politischen Willen.

Bernhard Eicher (JF): Auch ich werte die Motion als ein positives Zeichen dafür, dass der Stadtrat jetzt dann hoffentlich einmal eine andere Gangart wünscht, als es in den letzten Jah-ren der Fall war. Es freut mich, dass nun Forderungen übernommen werden, die der Jungfrei-sinn und die FDP schon seit Jahren stellen. Trotzdem muss ich diese Kuschelrunde stören, was mir fast etwas unangenehm ist. Wir müssen ehrlich sein, dieser Vorstoss wird so lange nichts bringen, wie sich der Gemeinderat nicht bewegt. Es ist der Gemeinderat, der alles, was wir hier fordern, umsetzen muss. Es ist zwar schön, dass er die Motion unterstützt. Entschei-dend ist für mich aber die Frage, wie er diesen Forderungen zum Durchbruch verhelfen wird. Ich habe die Befürchtung, dass der Gemeinderat die Umsetzung über Regula Mader versu-chen will. Es sieht danach aus, als würde sie jetzt dann mit den Reitschulbetreibenden dar-über diskutieren, ob sie Lust haben, eventuell ihre Strukturen zu verändern oder einen Si-cherheitsdienst einzurichten. Ich bin mir sicher, sie werden keine Lust dazu haben und nicht mithelfen, logischerweise, sonst hätten sie sich ja schon in letzter Zeit bewegt. Für mich ist entscheidend, dass der Gemeinderat nun endlich Nägel mit Köpfen macht und klare Sanktio-nen ankündigt. Diese müssen als Kürzungen der Subventionsbeiträge klar ausgestaltet sein.
Das Beispiel Gassenküche illustriert, wie der Gemeinderat mit gesetzlichen Bestimmungen oder auch mit Vorstössen des Stadtrats umgegangen ist. Der Gemeinderat verurteilte die ille-gale Essensausgabe zwar, passiert ist aber nichts. Ebenso wird mit dem Zaffaraya verfahren. Auch dort sagt der Gemeinderat seit Jahren, er toleriere das nicht und verurteile es, passiert ist auch dort nichts. Gleiches geschieht mit den Lärmemissionen der Reitschule im letzten Sommer. Auch dazu gab es einen Vorstoss im Stadtrat. Der Gemeinderat sagte, er verurteile das und werde aktiv, passiert ist wiederum nichts. Ich bitte deshalb alle Ratsmitglieder, die diesen Vorstoss unterstützen, vornehmlich von linker Seite, endlich Druck auf ihre Gemeinde-rätinnen und Gemeinderäte zu machen, damit sie aktiv werden. Barbara Hayoz und Reto Nause muss man wohl nicht mehr überzeugen. Es geht darum, eine Dritte oder einen Dritten im Bund davon zu überzeugen, sich vermehrt für Recht und Ordnung einzusetzen.
Michael Köpfli (GLP): Ich möchte auf einige Dinge eingehen, die so nicht im Raum stehen gelassen werden können. An Giovanna Battagliero: Ich bin regelmässiger Besucher der Reit-schule. Ebenso bin ich auch regelmässiger Besucher von Fussballspielen in der Schweiz. Da gibt es einen wesentlichen Unterschied. Es ist eben nicht so, wie Giovanna Battagliero gesagt hat, dass Fussballvereine nicht haften für das, was in ihren Stadien vorfällt. Samstag für Samstag erhalten Fussballvereine Bussen, weil beispielsweise Pyros abgefackelt werden in den Stadien. Es ist nicht so, dass keine Haftung vorhanden ist.
An Erich J. Hess: Selbstverständlich gibt es Leute, die sich am Anblick der Reitschule stören, wenn sie in Bern einfahren. Es gibt aber auch sehr viele Leute, die extra wegen der Reitschu-le nach Bern kommen. Auch hier wäre eine differenziertere Haltung wohl angemessen.
Den Vogel definitiv abgeschossen hat Rolf Zbinden, der hier ein grosses Loblied auf die Ba-sisdemokratie gesungen hat. Geht man aber auf die Homepage seiner Partei, findet man dort Links zu anderen Homepages und Regimes, die alles andere als basisdemokratisch oder de-mokratisch, sondern totalitär sind. Das könnte man vielleicht auch einmal bedenken.

Henri-Charles Beuchat (CVP): Die Motion ist gut, aber sie geht zu wenig weit. Eigentlich woll-te ich nichts sagen, aber die Schönfärberei der Linken hat mich nun provoziert. Nach den Schilderungen von Erik Mozsa verstehe ich nicht mehr, wieso man immer noch Samthand-schuhe anzieht, wenn es um die Reitschule und um die IKuR geht. Das ominöse Kontakttele-fon beispielsweise, hat beim letzten Vorfall erst geläutet, nachdem die Pflastersteine schon durch die Luft geflogen sind. Sicherheitsdirektor Reto Nause kann das bestätigen. Was den Vergleich mit den Stadionbetreibenden betrifft, kann ich an Michael Köpfli anknüpfen. Es ist eben gerade ein gutes Beispiel dafür, wie Organisierende, private Sicherheitsdienste und die Polizei als Team zusammenarbeiten und ein gemeinsames Ziel verfolgen, nämlich Gewalt zu vermeiden, zu sanktionieren und zu verurteilen. Wenn die linke Seite immer noch Mühe hat mit Sanktionen, soll sie doch das Positionspapier vom 28. Oktober 2008 der SP Schweiz le-sen. Unter Punkt 85 wird dort festgehalten, dass Sanktionen rasch erfolgen müssen. Hören wir also bitte auf mit der Schönfärberei.

Peter Bühler (SVP): Die Debatte wurde sachlich und sauber geführt, mit Ausnahme des Vo-tums von Rolf Zbinden. Das ist also das Letzte. Der Obersturmbannführer der PdA, der an der Demonstration vom 6. Oktober 2007 ein Schild mit der Aufschrift "Welcome to hell" getragen hat und eine demokratische Demonstration gestört hat, kommt nun daher und redet über Ba-sisdemokratie. Er spricht davon, dass jeder dasselbe Recht haben soll, obwohl er selber die-ses nicht allen gewährt. Rolf Zbinden, bitte die Wahrheit sagen oder nichts. Einen solchen Mist zu erzählen ist unglaubwürdig!

Jimy Hofer (parteilos): Ich weiss wovon ich spreche. Ich habe in dieser Gesellschaft bereits Freiräume geschaffen, da haben die Reitschulbetreibenden noch nicht einmal gewusst, wie man Freiraum schreibt. Es tut mir leid, aber diese Leute haben ihren Laden nicht im Griff. Was dort abgeht ist eine Ausgrenzung, ich kann es nicht anders sagen. Zu mir kommen junge Leute, die sagen, sie könnten nicht mehr in die Reitschule, weil sie Angst hätten. Wieso sie Angst haben, weiss ich nicht. Es stimmt etwas mit dem Grundgedanken nicht mehr, den ich übrigens voll unterstütze. Ich bin für die Reitschule. Wenn aber das dort angebotene wichtige Kulturangebot nicht mehr von allen Leuten genossen werden kann, weil einige Angst haben, läuft etwas schief in der Reithalle. Die Motionsinhalte, über die wir heute abstimmen, gehen in die richtige Richtung. Es ist allerdings wohl noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Ich hoffe, der Gemeinderat unternimmt nun endlich etwas, und ich bin gerne bereit mitzuhelfen.

Dieter Beyeler (SD): Es gibt Gewalt, die aus dem Innern der Reitschule entsteht. Diese An-sicht teilt nun auch die Linke, das ist neu. Dies offen zu sagen, war für viele meiner Kollegin-nen und Kollegen lange Zeit ein Tabu. Dass diese Aussage nun von Mitte-Links-Parteien ge-macht wird, kann man schon fast als Meilenstein im Rahmen der langjährigen politischen Streitereien und des lange Jahre vorherrschenden Blockdenkens bezeichnen. Ich selber habe schon fast nicht mehr daran geglaubt, in meiner Zeit als Stadtrat eine solche Einsicht zu erle-ben. Wenn diese Motion angenommen wird, haben wir endlich einmal eine Türe aufgestos-sen, die zur Erfüllung von eigentlich selbstverständlichen Forderungen führt. Ich sage aus-drücklich selbstverständlich, denn so, wie es in der Vergangenheit lief, war es völlig inakzep-tabel. Es kann so nicht weitergehen. Wenn diese Motion angenommen wird, können wir dann auch die Forderung nach einem Verkauf der Reitschule ruhig ins zweite Glied zurückstufen.

Luzius Theiler (GPB): Ich hoffe, wir können die Diskussion sachlicher weiterführen. Ich verur-teile das, was Peter Bühler gesagt hat. Er versuchte Rolf Zbinden in eine faschistische Ecke zu tun. So kann man nicht diskutieren. Wenn die Basisdemokratie als Kernstück der Reitschu-le angegriffen wird, ist es verständlich, dass sich diese Leute wehren. Wenn man so damit umgeht wie Peter Bühler, gibt es Reaktionen, die wir alle zusammen nicht wollen. Diese Moti-on schafft in dieser Stadt irgendwie Unfrieden, das finde ich schade. Dies in einer Situation, in der sich rund um die Reitschule ja eigentlich Vieles beruhigt hat. Auch Bürgerliche heben die besonderen kulturellen Verdienste der Reitschule hervor. Alle Initiativen, welche die Abschaf-fung oder Einschränkung der Reitschule verlangt haben, wurden ja auch deutlich abgelehnt. Die Probleme sind in den 1990er Jahren aufgetreten, als man den Kocherpark geschlossen hat. Damals hat man die ganze Drogenszene auf den Vorplatz der Reitschule getrieben. Eine Klammerbemerkung: Die meisten von uns nehmen irgendwie Drogen, aber vielleicht nicht gerade diese. Man darf auch das nicht einfach diabolisieren, aber das Nebeneinander von harten und weichen Drogen und diese Massierung vor einem Kulturzentrum ist sehr proble-matisch. Ende 2002 hat die IKuR in einem offenen Brief Alarm geschlagen: "Dass die Zustän-de derart bedrückend sind, sehen wir auch als direkte Auswirkung der städtischen Drogenpo-litik, die über den Wegweisungsparagraphen und die repressive Linie, die gefahren wird, das Problem gerade an die Reitschule als offenes Haus abschiebt. Dadurch entsteht das verhee-rende Nebeneinander von harten und weichen Drogen, das in einem Zentrum, das vorwie-gend von Jungendlichen besucht wird, nicht tolerierbar ist. Die IKuR verlangt von der Stadt diese Probleme nicht zu verdrängen, nur damit die Innenstadt sauber bleibt." Die Stadt hat dieses Problem verdrängt und auf den Warnruf der IKuR nicht gehört. Im Gegenteil, man war froh, dass man das Problem abschieben konnte und hat die Drogenanlaufstelle in der Nähe der Reitschule an der Hodlerstrasse platziert. Sie wurde personell und finanziell viel zu wenig grosszügig ausgestaltet. Bis heute brachte man keine zweite Anlaufstelle zustande. Alle diese Probleme wurden an die Reitschule abgeschoben. Sie wurde zum Buhmann für die verfehlte Drogenpolitik der Stadt. Jetzt wirft man dieses vermeintliche Versagen der Reitschule in die-ser Motion vor. Es handelt sich aber nicht um ein Versagen der Reitschule, sondern um ein Versagen der Berner Stadtregierung. Ich hoffe sehr, dass diese Motion abgelehnt wird und wünsche mir, dass mit Hilfe von Regula Mader eine vernünftige Lösung der Probleme erreicht werden kann.
Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie Reto Nause für den Gemeinderat: Besten Dank für die grösstenteils konstruktiv verlaufene Debatte. Der Gemeinderat würdigt den Kulturbe-trieb der Reitschule als wichtiges alternatives Kulturangebot. Das Angebot wird auch getragen durch die Bevölkerung, mehrere Volksabstimmungen haben das gezeigt. Das eigentliche Kernstück der Reitschule ist genau dieser Kulturbetrieb. Er wird von der Mehrheit der politi-schen Parteien klar getragen, das hat auch die heutige Debatte gezeigt. Dennoch braucht es aus der Optik des Gemeinderats eine Verbesserung der Sicherheitssituation. In der Vergan-genheit ist es tatsächlich mehrfach vorgekommen, dass die Polizei oder Mitarbeitende von Pinto oder Securitas angegriffen oder behindert wurden. Es ist tatsächlich so, dass nicht mehr alle, die in die Reitschule gehen möchten, dies ohne Angst tun können. Dieser Punkt ist be-sonders wichtig, wenn man dieses kulturelle Angebot weiter in die Zukunft retten und festigen will. Die Polizei kann relativ klar und umfangreich dokumentieren, was im Umfeld der Reit-schule alles passiert. Es ist nicht so, dass überhaupt keine Daten zur Verfügung stehen. Ich bitte aber um Verständnis, es ist relativ schwierig zu bezeichnen, auf wen es zurückzuführen ist, wenn man einen Drogendealer im Umfeld der Bar verhaftet. Ist die Reitschule verantwort-lich oder ist es ein Drogendelikt? Es ist also einigermassen schwierig, mit Statistiken zu ope-rieren, die der Situation gerecht werden.
Es stimmt nicht, dass der Gemeinderat in der Vergangenheit einfach untätig geblieben ist und nichts getan hat, im Gegenteil. Die Direktionen BSS, SUE und die Kantonspolizei haben ge-handelt. Man hat die Präsenz der Polizei, von Pinto und Securitas im Umfeld der Reitschule massiv erhöht. Es wurden soziale Begleitangebote geschaffen. Wir bemühen uns und kämp-fen um die zweite Drogenanlaufstelle, die tatsächlich eine wichtige Entlastung bringen würde, da die Situation auf dem Vorplatz der Reitschule entschärft werden könnte. Wir setzen alles daran, wirkungsvoll die Bildung einer offenen Drogenszene zu verhindern. Ich bin etwas irri-tiert über das Schwarzpeterspiel. Man kann natürlich nicht einfach sagen, die Polizei mache nichts, wenn sie dann im Gegenzug in ihren Einsätzen auch tatsächlich angegriffen wird. Es ist überfällig, dass nun ein zielgerichteter Dialog mit der IKuR stattfindet. Regierungsstatthal-terin Regula Mader ist die Ansprechpartnerin. Die Termine werden gesucht oder bestehen schon zum Teil. Die Traktandenliste dieser Treffen wird weitgehend jene Punkte enthalten, die in den vorliegenden Vorstössen auch aufgelistet werden. Ich möchte diesen Gesprächen im Moment nicht vorgreifen.
Eines ist klar, die Einhaltung des Leistungsvertrages und der Sicherheitsvereinbarung ist für den Gemeinderat wichtig und zentral. Dafür braucht es mehr Struktur und verantwortliche Ansprechpartner mit klaren Kompetenzen und Verantwortlichkeiten. Es hat in den letzten Mo-naten eigentlich gar nicht so schlecht funktioniert. Ein Negativbeispiel stellte ganz klar die Anti-WEF-Kundgebung vom 31. Januar 2009 dar. Leute, die aus Genf zurückgekehrt sind, haben sich in der Reitschule versammelt. Irgendeinmal ging die Türe auf und es kam zu einer gewalttätigen unbewilligten Kundgebung. Das Telefon aus der Reitschule kam zu einem Zeit-punkt, wo bereits Steine geflogen sind. So kann es nicht gehen. Es darf auch nicht sein, dass sich ein Herr Winter oder eine Frau Sommer meldet. Für mich ist das nicht eine konstruktiv gelebte, ernst genommene Zusammenarbeit. Das Telefon müsste viel früher kommen, näm-lich im Zeitpunkt, wo sich Leute versammeln und man Gefahren erkennt. Ich habe im Nach-gang zum 31. Januar 2009 mehrfach versucht, mit den Verantwortlichen der Reitschule Kon-takt aufzunehmen. Ich hatte Mailverkehr mit der Mediengruppe Reitschule und mit der Be-triebsgruppe Reitschule. Das ist das Problem: Man hat keine direkten Ansprechpartner. Es braucht deshalb mehr, nämlich neue und verbindlichere Strukturen.
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Motion der GFL/EVP-Fraktion als Richtlinie er-heblich zu erklären, ebenso das Postulat der SP/JUSO-Fraktion.

Bernhard Eicher (JF): Es tut mir leid, aber ich muss nachhaken. Der Gemeinderat unterstützt zwar die eingereichten Vorstösse, aber die Massnahmen zur Umsetzung erschöpfen sich ein-zig in Gesprächen. Man redet wie vor 10 Jahren, wie vor 5 oder wie vor 2 Jahren. Mich würde interessieren, ob sich der Gemeinderat schon Gedanken darüber gemacht hat, was man zu-sätzlich versuchen könnte, um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Falls das noch nicht geschehen ist, wann dürfen wir uns über zusätzliche Ideen freuen?

Erich J. Hess (JSVP): Was Reto Nause gesagt hat, freut mich ausserordentlich. Er hat ge-sagt, der Gemeinderat habe dazumal einen Vertrag mit jemandem abgeschlossen, der ir-gendwo in der Anonymität steckt. Wir geben also jemandem viel Geld und wissen nicht ein-mal, wer dahinter steckt! Das kann man sich in keinem Unternehmen leisten. Unterzeichnet man im Geschäftsleben einen Vertrag, überzeugt man sich davon, dass der Vertragspartner auch tatsächlich zeichnungsberechtigt ist. In diesem Fall gibt es keine Zeichnungsberechtig-ten, da überhaupt niemand zuständig ist. Dieser Leistungsvertrag ist deshalb illegal.

Stadtratspräsident Ueli Haudenschild (FDP): Ich halte fest, dass ein Antrag auf eine Konsulta-tivabstimmung, wie von Erich J. Hess gestellt, nicht zulässig ist. Die Zuständigkeit für dieses Motionsanliegen liegt beim Gemeinderat. Eine Konsultativabstimmung ist in der Geschäfts-ordnung nicht vorgesehen.

Beschluss
Der Stadtrat erklärt die Motion als Richtlinie erheblich (51 Ja, 20 Nein, 4 Enthaltungen).

Die Abstimmung erfolgt unter Namensaufruf.
Mit Ja stimmen: Michael Aebersold, Rania Bahnan Büechi, Vinzenz Bartlome, Thomas Begert, Peter Bernasconi, Kathrin Bertschy, Henri-Charles Beuchat, Dieter Beyeler, Manfred Blaser, Peter Bühler, Conradin Conzetti, Rithy Chheng, Philippe Cottagnoud, Dolores Dana, Bernhard Eicher, Susanne Elsener, Jan Flückiger, Jacqueline Gafner Wasem, Claude Grosjean, Erich J. Hess, Kurt Hirsbrunner, Beni Hirt, Jimy Hofer, Mario Imhof, Ueli Jaisli, Daniel Klauser, Mi-chael Köpfli, Vania Kohli, Peter Künzler, Edith Leibundgut, Anna Magdalena Linder, Daniela Lutz-Beck, Ursula Marti, Corinne Mathieu, Claudia Meier, Erik Mozsa, Philippe Müller, Nadia Omar, Pascal Rub, Daniela Schäfer, Martin Schneider, Tanja Sollberger, Hasim Sönmez, Barbara Streit-Stettler, Martin Trachsel, Gisela Vollmer, Nicola von Greyerz, Peter Wasserfal-len, Béatrice Wertli, Thomas Weil, Christoph Zimmerli

Mit Nein stimmen: Hans Peter Aeberhard, Cristina Anliker-Mansour, Lea Bill, Urs Frieden, Leyla Gül, Natalie Imboden, Stefan Jordi, Ruedi Keller, Annette Lehmann, Christine Michel, Stéphanie Penher, Hasim Sancar, Emine Sariaslan, Rolf Schuler, Miriam Schwarz, Luzius Theiler, Aline Trede, Anne Wegmüller, Rolf Zbinden, Beat Zobrist
Enthaltungen: Giovanna Battagliero, Andreas Flückiger, Thomas Göttin, Beat Gubser
Abwesend: Anastasia Falkner, Regula Fischer, Simon Glauser, Patrizia Mordini.

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MOTION KELLER
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Stadtratsdebatte 19.2.09

21 Postulat Fraktion SP/JUSO (Ruedi Keller/Christof Berger, SP): Kulturangebote in der Reitschule vor Unannehmlichkeiten schützen
Geschäftsnummer 08.000233 / 08/375

Der Besuch der Kulturangebote in der Reitschule wird in letzter Zeit immer schwieriger. Der Drogenhandel auf dem Vorplatz und der Schützenmatte (Parkplatz), die schlechte Beleuch-tung unter dem Bahnviadukt sowie immer wieder aufflammende Gewalttätigkeit halten viele Leute vom Besuch von Kulturveranstaltungen in der Reitschule ab.
Es wird immer klarer, dass die von der Stadt geforderten Massnahmen von der Reitschule allein nur schwierig umzusetzen sind. Die Stadt könnte selber mehr tun, um mit adäquaten Mitteln und angepasstem Vorgehen die Probleme in der Umgebung der Reitschule besser zu meistern. Es ist deshalb unumgänglich dass in diese beiden Richtungen an der Verbesserung der Sicherheit und der Erhöhung des Wohlbefindens gearbeitet werden muss. Nur so können die Kulturangebote und die Reitschule als bekannter Kulturort längerfristig gesichert werden.

Der Gemeinderat wird deshalb beauftragt folgende Massnahmen zu prüfen und umgehend umzusetzen:
1. Die Bekämpfung des Drogenhandels in der Umgebung der Reitschule muss intensiviert werden.
2. Stadt, Polizei und BetreiberInnen der Reitschule müssen ein neues Sicherheitskonzept erarbeiten und in gemeinsamer Verantwortung umsetzen.
3. Stadt und BetreiberInnen sollen gemeinsam dafür sorgen, dass im Innern der Reitschule das Bewusstsein wächst, dass nur mit einem sinnvollen Sicherheitskonzept der Kulturbe-trieb auf Dauer gesichert werden kann.
4. Entsprechende gemeinsam vereinbarte Massnahmen sind in die Leistungsvereinbarungen aufzunehmen und zu finanzieren.
5. Die Polizei ist anzuweisen, keine Demonstrierenden mehr in Richtung Reitschule zurück-zudrängen.

Bern, 26. Juni 2008

Antwort des Gemeinderats

Der Gemeinderat teilt die Auffassung der Postulantinnen und Postulanten, dass die Sicherheit rund um den alternativen Kulturbetrieb Reitschule verbessert werden muss. Dies ist nicht al-lein Aufgabe der Behörden, auch die Betreiberin der Reitschule (Interessengemeinschaft Kul-turraum Reitschule IKuR) ist gefordert.
Die Lage insbesondere auf dem Vorplatz hat sich in diesem Sommer verschlechtert. Die Ar-beit von Polizei, Pinto und Securitas wird von gewaltbereiten Personen massiv behindert. Interventionen sind ohne grösseres Aufgebot der Polizei aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich. Ebenfalls verschlechtert hat sich die Bereitschaft der IKuR zur verbindlichen Zu-sammenarbeit und zur konsequenten Lösungsfindung mit den Behörden. Gespräche mit Ver-tretungen des Gemeinderats wurden abgesagt oder blieben wirkungslos.
Angesichts dieser Entwicklung hat der Gemeinderat Gegensteuer gegeben und Massnahmen ergriffen: In enger Zusammenarbeit zwischen der Direktion für Bildung, Soziales und Sport, der Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie und der Kantonspolizei wurde die Repres-sion verstärkt und die Polizei- und PINTO-Präsenz im Perimeter Reithalle erhöht. Gleichzeitig wurde sichergestellt, dass die nötigen sozialen Angebote (Beratung und Vermittlung), nie-derschwellig bereitstehen. Der Gemeinderat stellt fest, dass diese Massnahmen greifen und die Situation wesentlich und sichtbar verbessert haben.
Der Gemeinderat ist überzeugt davon, dass die Sicherheitsprobleme im Bereich der Reit-schule nur im zielgerichteten Dialog mit der IKuR angegangen werden können. Es sollen rasch verbindliche Regeln für die Organisationsentwicklung und die Einhaltung des Leistungs-vertrags sowie der Sicherheitsvereinbarung gefunden werden. Aufgrund der aktuellen Situa-tion insbesondere mit der Drogenszene sind Sofortmassnahmen nötig. Der Gemeinderat hat die Kantonspolizei angewiesen, ab Ende September schwerpunktmässig nach der Schlies-sung der Kontakt- und Anlaufstelle an der Hodlerstrasse mit den nötigen repressiven Mitteln gegen die Bildung einer offenen Drogenszene vorzugehen. Dabei muss eine Verdrängung in die Innenstadt vermieden werden. Die erhöhte Polizeipräsenz ist Teil des aktuellen Mass-nahmenpakets, welches sich an der städtischen Drogenpolitik mit den vier Säulen Prävention, Schadensminderung, Therapie und Repression orientiert. Dieses Massnahmenpaket ist zur-zeit in Erarbeitung. Es sieht auch die rasche Realisierung eines zweiten Standorts für die An-laufstelle für Drogenabhängige sowie soziale Massnahmen wie die verstärkte Vermittlung in Wohnprojekten und in Substitutionsprogramme vor.
Weitere Schritte im Sinne des vorliegenden Postulats wird der Gemeinderat prüfen und - wenn zielführend - umsetzen.

Folgen für das Personal und die Finanzen: Keine.

Antrag

Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, das Postulat erheblich zu erklären.
Bern, 15. Oktober 2008

Fraktionserklärungen

Kurt Hirsbrunner (BDP) für die CVP/BDP-Fraktion: Wir stimmen 3 von 5 Punkten des Postu-lats zu und danken der SP/JUSO-Fraktion dafür, dass sie anerkennt, dass in der Reitschule Handlungsbedarf besteht. Wir lehnen Punkt 2 der Motion ab. Es gibt bereits ein Sicherheits-konzept und dieses gilt es nun endlich umzusetzen. Wir lehnen zudem Punkt 5 ab. Er liegt schräg in der Landschaft und ist nicht umsetzbar.

Philippe Müller (FDP) für die FDP-Fraktion: Dieser Vorstoss ist eine Reaktion auf die Motion, die wir zuvor behandelt haben. Seitens der SP/JUSO-Fraktion hat man rasch etwas gemacht, damit man sagen kann, der andere Vorstoss sei nicht so nötig. Herausgekommen ist ein un-verbindliches Postulat. Einige Dinge sind interessant, so zum Beispiel die Wortwahl. Man spricht von Unannehmlichkeiten und bezeichnet sie. Liebe Leute von der SP, Drogenhandel und Gewalttätigkeiten sind keine Unannehmlichkeiten, sondern Straftaten und Verbrechen. Im letzten Herbst ist ein Opfer einer so genannten Unannehmlichkeit sogar verstorben. Ich glau-be nicht, dass die Betroffenen diese Dinge einfach als Unannehmlichkeiten bezeichnen wür-den, wie es die SP/JUSO-Fraktion in ihrem Vorstoss schönfärberisch macht. Interessant ist auch, dass die SP endlich eingesteht, dass Sicherheitsprobleme bestehen und dass die Si-cherheit verbessert werden muss. Es handelt sich nicht nur um eine Beeinträchtigung des subjektiven Sicherheitsgefühls. Die Betroffenen bilden sich schliesslich nicht nur ein, zusam-mengeschlagen zu werden. Wenn wir hier im Rat über die Volksinitiative für eine sichere Stadt Bern sprechen werden, wird sich dann zeigen, ob die SP/JUSO-Fraktion immer noch zugibt, dass Sicherheitsprobleme bestehen und dass die Sicherheit verbessert werden muss, oder ob sie wiederum vom subjektiven Sicherheitsempfinden sprechen wird.
Zu den einzelnen Forderungen: Mit Punkt 1 sind wir einverstanden. Punkt 2 lehnen wir klar ab, das ist eine reine Alibi-Übung. Man muss endlich die bestehenden Regeln und Vereinba-rungen durchsetzen. Die Punkte 3 und 4 unterstützen wir. Punkt 5 lehnen wir ab, schon nur aufgrund der darin enthaltenen Unterstellung, die Polizei würde Demonstrierende in Richtung Reitschule zurückdrängen. Man soll die Türen der Reitschule während Demonstrationen schliessen, dann nimmt das Interesse schlagartig ab, sich dorthin abdrängen zu lassen.

Postulant Ruedi Keller (SP): Es ist sinnlos, weiter über die Sicherheitslage rund um die Reit-schule zu diskutieren. Die Fronten sind klar. Es gibt weiterhin Leute, die Probleme mit Mitteln zu lösen versuchen, die eigentlich nicht demokratischen Gepflogenheiten entsprechen. Ich will mich hier nicht als Terrorist outen. Ich bin zwar auch jemand, der ab und zu an Demonst-rationen teilnimmt und manchmal sogar mithilft bei der Organisation. Wer Aussagen macht wie Erich J. Hess, disqualifiziert sich selbst.
Ich bitte im Namen der SP/JUSO-Fraktion darum, das Postulat anzunehmen. Punkt 5 wurde kritisiert. Was die Auflösung einer Demonstration angeht, ist das Vorgehen im Zivilgesetzbuch klar geregelt. Es ist aber immer im Ermessen der Polizei, wie man sich verhält, wenn ein Teil der Demonstrierenden vom normalen Verhalten abweicht. In der Vergangenheit hat es Anlass zur Annahme gegeben, dass sehr oft ohne Grund in Richtung Reitschule abgedrängt wurde. Das betraf auch Leute, die mit der Reitschule nichts zu tun hatten. Einmal ist es auch anläss-lich einer Gewerkschaftsdemonstration geschehen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass man das Anliegen des Vorstosses aufnehmen sollte. Es handelt sich um ein Postulat, wenn der Gemeinderat zur Überzeugung gelangt, wir hätten nicht Recht, kann er immer noch an-ders entscheiden. Ich bitte um Annahme der übrigen Punkte und empfehle eine Abstimmung Punkt für Punkt.

Erich J. Hess (JSVP) für die SVPplus-Fraktion: Dieses Postulat zeigt, dass zwischendurch auch seitens der SP gute Ideen eingebracht werden. Wir können allerdings nicht das ganze Postulat unterstützen. Punkt 1 stimmen wir zu. Es ist wichtig, dass der Drogenhandel nicht nur in der Region der Reithalle, sondern in der ganzen Stadt bekämpft wird. Drogendealer können sich in unserer Stadt nahezu unbehelligt bewegen. Ich als Autofahrer muss fast mehr Angst haben in eine Kontrolle zu gelangen, als ein Drogendealer befürchten muss, angehal-ten zu werden. Punkt 2 werden wir unterstützen. Wir müssen unbedingt ein neues Sicher-heitskonzept aufbauen. Das momentane greift nicht. Es ist unsicher in der Reitschule und um die Reitschule herum. Weil das heutige nicht greift, müssen wir etwas Neues einführen. Was nicht funktioniert, muss man überdenken. Die Punkte 3, 4 und 5 werden wir ablehnen. Es kann nicht sein, dass die Stadt für Aktivitäten verantwortlich gemacht wird, die in der Reit-schule stattfinden. Das wäre dasselbe, wie wenn in jedem Einkaufscenter oder in jedem Re-staurant permanent Polizei vor Ort sein müsste, um die Sicherheit zu garantieren.

Beschluss
Der Stadtrat erklärt Punkt 1 des Postulats SP/JUSO erheblich (68 Ja, 3 Nein, 1 Enthaltung).
Die Abstimmung erfolgt unter Namensaufruf.

Mit Ja stimmen: Hans Peter Aeberhard, Michael Aebersold, Rania Bahnan Büechi, Vinzenz Bartlome, Giovanna Battagliero, Thomas Begert, Peter Bernasconi, Kathrin Bertschy, Henri-Charles Beuchat, Dieter Beyeler, Manfred Blaser, Conradin Conzetti, Rithy Chheng, Philippe Cottagnoud, Dolores Dana, Bernhard Eicher, Susanne Elsener, Andreas Flückiger, Jan Flü-ckiger, Urs Frieden, Jacqueline Gafner Wasem, Thomas Göttin, Claude Grosjean, Beat Gubser, Leyla Gül, Erich J. Hess, Kurt Hirsbrunner, Beni Hirt, Jimy Hofer, Natalie Imboden, Mario Imhof, Stefan Jordi, Ruedi Keller, Daniel Klauser, Michael Köpfli, Vania Kohli, Peter Künzler, Annette Lehmann, Edith Leibundgut, Anna Magdalena Linder, Daniela Lutz-Beck, Ursula Mar-ti, Corinne Mathieu, Claudia Meier, Erik Mozsa, Philippe Müller, Nadia Omar, Stéphanie Pen-her, Pascal Rub, Hasim Sancar, Emine Sariaslan, Daniela Schäfer, Martin Schneider, Rolf Schuler, Miriam Schwarz, Tanja Sollberger, Hasim Sönmez, Barbara Streit-Stettler, Martin Trachsel, Aline Trede, Gisela Vollmer, Nicola von Greyerz, Peter Wasserfallen, Anne Weg-müller, Béatrice Wertli, Thomas Weil, Christoph Zimmerli, Beat Zobrist

Mit Nein stimmen: Lea Bill, Regula Fischer, Luzius Theiler
Enthaltung: Christine Michel
Abwesend: Cristina Anliker-Mansour, Peter Bühler, Anastasia Falkner, Simon Glauser, Ueli Jaisli, Patrizia Mordini, Rolf Zbinden.

Beschluss
Der Stadtrat erklärt Punkt 2 des Postulats SP/JUSO erheblich (39 Ja, 28 Nein, 6 Enthaltungen).
Die Abstimmung erfolgt unter Namensaufruf.

Mit Ja stimmen: Michael Aebersold, Rania Bahnan Büechi, Giovanna Battagliero, Conradin Conzetti, Rithy Chheng, Philippe Cottagnoud, Susanne Elsener, Regula Fischer, Andreas Flückiger, Urs Frieden, Thomas Göttin, Leyla Gül, Erich J. Hess, Beni Hirt, Natalie Imboden, Stefan Jordi, Ruedi Keller, Peter Künzler, Annette Lehmann, Anna Magdalena Linder, Ursula Marti, Corinne Mathieu, Christine Michel, Erik Mozsa, Nadia Omar, Stéphanie Penher, Hasim Sancar, Emine Sariaslan, Daniela Schäfer, Rolf Schuler, Miriam Schwarz, Hasim Sönmez, Barbara Streit-Stettler, Martin Trachsel, Aline Trede, Gisela Vollmer, Nicola von Greyerz, An-ne Wegmüller, Beat Zobrist,

Mit Nein stimmen: Hans Peter Aeberhard, Vinzenz Bartlome, Thomas Begert, Peter Bernas-coni, Henri-Charles Beuchat, Dieter Beyeler, Lea Bill, Manfred Blaser, Peter Bühler, Dolores Dana, Bernhard Eicher, Jacqueline Gafner Wasem, Beat Gubser, Kurt Hirsbrunner, Jimy Ho-fer, Mario Imhof, Vania Kohli, Edith Leibundgut, Claudia Meier, Philippe Müller, Pascal Rub, Martin Schneider, Luzius Theiler, Peter Wasserfallen, Thomas Weil, Béatrice Wertli, Rolf Zbinden, Christoph Zimmerli
Enthaltungen: Kathrin Bertschy, Claude Grosjean, Daniel Klauser, Michael Köpfli, Daniela Lutz-Beck, Tanja Sollberger
Abwesend: Cristina Anliker-Mansour, Anastasia Falkner, Jan Flückiger, Simon Glauser, Ueli Jaisli, Patrizia Mordini.

Beschluss
Der Stadtrat erklärt Punkt 3 des Postulats SP/JUSO erheblich (60 Ja, 12 Nein, 1 Enthaltung).
Die Abstimmung erfolgt unter Namensaufruf.

Mit Ja stimmen: Hans Peter Aeberhard, Michael Aebersold, Rania Bahnan Büechi, Vinzenz Bartlome, Giovanna Battagliero, Thomas Begert, Kathrin Bertschy, Henri-Charles Beuchat, Conradin Conzetti, Rithy Chheng, Philippe Cottagnoud, Dolores Dana, Bernhard Eicher, Su-sanne Elsener, Andreas Flückiger, Jan Flückiger, Urs Frieden, Jacqueline Gafner Wasem, Thomas Göttin, Claude Grosjean, Leyla Gül, Kurt Hirsbrunner, Beni Hirt, Natalie Imboden, Mario Imhof, Stefan Jordi, Ruedi Keller, Daniel Klauser, Michael Köpfli, Vania Kohli, Peter Künzler, Annette Lehmann, Edith Leibundgut, Anna Magdalena Linder, Daniela Lutz-Beck, Ursula Marti, Corinne Mathieu, Claudia Meier, Erik Mozsa, Philippe Müller, Nadia Omar, Stéphanie Penher, Pascal Rub, Hasim Sancar, Emine Sariaslan, Daniela Schäfer, Martin Schneider, Miriam Schwarz, Tanja Sollberger, Hasim Sönmez, Barbara Streit-Stettler, Martin Trachsel, Aline Trede, Gisela Vollmer, Nicola von Greyerz, Peter Wasserfallen, Anne Weg-müller, Béatrice Wertli, Christoph Zimmerli, Beat Zobrist,

Mit Nein stimmen: Peter Bernasconi, Dieter Beyeler, Lea Bill, Manfred Blaser, Peter Bühler, Regula Fischer, Beat Gubser, Erich J. Hess, Jimy Hofer, Luzius Theiler, Thomas Weil, Rolf Zbinden
Enthaltung: Christine Michel
Abwesend: Cristina Anliker-Mansour, Anastasia Falkner, Simon Glauser, Ueli Jaisli, Patrizia Mordini, Rolf Schuler.

Beschluss
Der Stadtrat erklärt Punkt 4 des Postulats SP/JUSO erheblich (57 Ja, 14 Nein, 2 Enthaltung).
Die Abstimmung erfolgt unter Namensaufruf.

Mit Ja stimmen: Hans Peter Aeberhard, Michael Aebersold, Rania Bahnan Büechi, Vinzenz Bartlome, Giovanna Battagliero, Thomas Begert, Kathrin Bertschy, Henri-Charles Beuchat, Conradin Conzetti, Rithy Chheng, Philippe Cottagnoud, Dolores Dana, Bernhard Eicher, Su-sanne Elsener, Andreas Flückiger, Urs Frieden, Thomas Göttin, Claude Grosjean, Leyla Gül, Kurt Hirsbrunner, Beni Hirt, Natalie Imboden, Mario Imhof, Stefan Jordi, Ruedi Keller, Daniel Klauser, Michael Köpfli, Vania Kohli, Peter Künzler, Annette Lehmann, Edith Leibundgut, An-na Magdalena Linder, Daniela Lutz-Beck, Ursula Marti, Corinne Mathieu, Claudia Meier, Christine Michel, Erik Mozsa, Philippe Müller, Nadia Omar, Stéphanie Penher, Pascal Rub, Hasim Sancar, Daniela Schäfer, Rolf Schuler, Miriam Schwarz, Tanja Sollberger, Hasim Sön-mez, Barbara Streit-Stettler, Martin Trachsel, Aline Trede, Gisela Vollmer, Nicola von Grey-erz, Anne Wegmüller, Béatrice Wertli, Christoph Zimmerli, Beat Zobrist,

Mit Nein stimmen: Peter Bernasconi, Dieter Beyeler, Lea Bill, Manfred Blaser, Peter Bühler, Jan Flückiger, Jacqueline Gafner Wasem, Beat Gubser, Erich J. Hess, Jimy Hofer, Luzius Theiler, Peter Wasserfallen, Thomas Weil, Rolf Zbinden
Enthaltungen: Emine Sariaslan, Martin Schneider
Abwesend: Cristina Anliker-Mansour, Anastasia Falkner, Regula Fischer, Simon Glauser, Ueli Jaisli, Patrizia Mordini.

Beschluss
Der Stadtrat lehnt Punkt 5 des Postulats SP/JUSO ab (28 Ja, 45 Nein, 1 Enthaltung).
Die Abstimmung erfolgt unter Namensaufruf.

Mit Ja stimmen: Michael Aebersold, Giovanna Battagliero, Lea Bill, Rithy Chheng, Andreas Flückiger, Urs Frieden, Thomas Göttin, Leyla Gül, Beni Hirt, Natalie Imboden, Stefan Jordi, Ruedi Keller, Annette Lehmann, Ursula Marti, Corinne Mathieu, Christine Michel, Stéphanie Penher, Hasim Sancar, Emine Sariaslan, Daniela Schäfer, Rolf Schuler, Miriam Schwarz, Hasim Sönmez, Aline Trede, Gisela Vollmer, Nicola von Greyerz, Anne Wegmüller, Beat Zobrist

Mit Nein stimmen: Hans Peter Aeberhard, Rania Bahnan Büechi, Vinzenz Bartlome, Thomas Begert, Peter Bernasconi, Kathrin Bertschy, Henri-Charles Beuchat, Dieter Beyeler, Manfred Blaser, Peter Bühler, Philippe Cottagnoud, Dolores Dana, Bernhard Eicher, Susanne Elsener, Jan Flückiger, Jacqueline Gafner Wasem, Claude Grosjean, Beat Gubser, Erich J. Hess, Kurt Hirsbrunner, Jimy Hofer, Mario Imhof, Ueli Jaisli, Daniel Klauser, Michael Köpfli, Vania Kohli, Peter Künzler, Edith Leibundgut, Anna Magdalena Linder, Daniela Lutz-Beck, Claudia Meier, Erik Mozsa, Philippe Müller, Nadia Omar, Pascal Rub, Martin Schneider, Tanja Sollberger, Barbara Streit-Stettler, Luzius Theiler, Martin Trachsel, Peter Wasserfallen, Béatrice Wertli, Thomas Weil, Rolf Zbinden, Christoph
Enthaltung: Conradin Conzetti
Abwesend: Cristina Anliker-Mansour, Anastasia Falkner, Regula Fischer, Simon Glauser, Pat-rizia Mordini.