MEDIENSPIEGEL 6.4.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- (St)Reitschule - Stadtrat: Rauchverbot + Schwimmbad Grosse Halle
- RaBe-Info 6.4.09
- Sans-Papiers ZH: 50% der AktivistInnen in Haft - Demo am Dienstag
- Sans-Papiers VD: 8 Jahre später
- Härtefälle GR: Restriktiver geht's nicht
- Ritalin für Party-People
- Neonazis: Leibacher T-Shirt legal
- Anti-Atom: Kosten AKW-Abschaltung
- No Nato: Links + Portrait Camp + CH-Drohnen an der Grenze
- G-20-Toter: Schläge der Polizei kurz vor Herzinfarkt
- Link zu G-8 2009 auf La Maddalena
- Mumia Abu-Jamal: Interview mit Hauptanwalt

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REITSCHULE
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Mi 08.04.09
19.00 Uhr - SousLePont - Pasta Pasta Spezialitäten
21.00 Uhr - Rössli-Bar - BASIC SURVIVAL, ein one-man Musical von und mit Lonesome Andi Haller

Do 09.04.09
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter special - mit DJ FRATZ, Janine, DJ missBehaviour, Mike & DJ ELfERich
20.30 Uhr - Kino - UNCUT: straight, Nicolas Flessa, D 2007, OV, 60min, dvd
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: Gypsy Sound System GE & Balkanekspress ZH Support: DJ's Arkadi & Nikodem CH/POL - Balkanbeats/Gypsysounds/World

Fr 10.04.09
21.00 Uhr - Kino - Tango, C. Saura, Argentinien 1997, OV/df, 115min, 35mm
22.00 Uhr - Tojo - Tojo Karfreitags Disko mit DJane Anouk Anouk
22.00 Uhr - Dachstock - Patchwork presents: J*Davey live Los Angeles, USA, Support: Tom Trago Parra Soundsystem/Rush Hour, nl & DJ Sassy J Patchwork - New Wave/Funk/R'n'B

Sa 11.04.09
21.00 Uhr - Kino - Je ne suis pas là pour être aimé, S. Brizé, F 2005, OV/d, 93min, 35mm
22.00 Uhr - SousLePont - Jubilé, Poutre - Beide: F, IndieNoiserock
22.00 Uhr - Dachstock - The Never Evers CH, Support: The Jackets CH, DJ Larry Bang Bang - PowerGarageStompin'

So 12.04.09
22.00 Uhr - SousLePont - Bleesch BE, Rock PLATTENTAUFE, Support: Gsprächstoff BE, Rap/Pop
22.00 Uhr - Dachstock - CunninLinguists USA, Substantial USA, DJ Draker
18.00 Uhr- Rössli- Bar

Infos: www.reitschule.ch

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kulturstattbern.derbund.ch 6.4.09

Kulturbeutel 15/09

Von Benedikt Sartorius um 07:07    [ Daten & Termine ]

Frau Feuz empfiehlt:

Das einmalige Reunion-Konzert der Never Evers am Samstag im Dachstock. Lange Zeit ist es ruhig geblieben um die vier Herren aus Zürich, doch nun haben sie sich für zwei Konzerte (eines in Zürich, eines in Bern) wieder zusammengetan und werden mit ihrem Garage-Surf-Rock die Röcke der Mädchen bestimmt zum Fliegen bringen. Im Vorprogramm darf sich übrigens die charmante Rumpel-Truppe The Jackets aus Bern austoben.
(...)

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(ST)REITSCHULE
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bern.ch/stadtrat Ende März 2009

Kleine Anfrage Fraktion FDP (Mario Imhof, FDP): Rauchverbot ab 1. Juli 2009 in der Stadt Bern (eingereicht 26.03.09)

Das Rauchverbot resp. der Schutz der Passivraucher wird ab dem 1. Juli auch in Bern wirksam. Das Verbot gilt für alle öffentlichen Einrichtungen und Restaurants usw. Haftbar sind die Betreiber der entsprechenden Lokalitäten.

Ausnahmen werden keine gewährt.

In diesem Zusammenhang bitten wir den Gemeinderat, die folgenden Fragen zu beantworten:

1. Wie wird das Verbot in der Reitschule durchgesetzt und wer ist namentlich hier haftbar und welche Personen besitzen namentlich das Wirtpatent für die diversen Restaurantsbetriebe insbesondere "Sous le Pont" und "Rössli"?

2. Wie wird das Verbot im Alkistübli, im Fixerstübli, in der Drogenanlaufstelle Hodlerstrasse und dem Lokal Dead-end konkret um- resp. durchgesetzt?

3. Was ist vorgesehen, falls das Verbot an diesen Orten (gemäss Frage 1 und 2) nicht durchgesetzt werden kann? Akzeptiert das der Gemeinderat? Oder führt er wieder - wie schon so oft mit der Reitschule - "Gespräche"? Führt er diese "Gespräche" dann auch mit allen anderen Lokalbetreibern in der Stadt Bern?

4. Wie verhält sich der Gemeinderat gegenüber allen andern Gaststättenbetreibern, die das Rauchen weiterhin gestatten, falls das Verbot in der Reitschule nicht durchgesetzt werden kann? Wird die Kontrolle ausgesetzt bis das überall funktioniert oder werden hier dann Bussen ausgesprochen?

5. Wird der Gemeinderat alle vor dem Gesetz gleich behandeln?

6. Ist die Polizei personell in der Lage das Verbot durchzusetzen?

Begründung der Dringlichkeit:

Der 1. Juli ist in 16 Wochen und wir (und viele Direktbetroffene) brauchen vorher unbedingt Klarheit.

Bern, 26. März 2009

Kleine Anfrage Fraktion FDP (Mario Imhof, FDP): Philippe Müller, Pascal Rub, Dolores Dana, Manfred Blaser, Christoph Zimmerli, Erich J. Ness, Ueli Jaisli, Peter Wasserfallen, Thomas Weil, Dieter Beyeler, Jimy Hofer, Peter Bernasconi

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Postulat Beat Gubser (EDU): Neues Hallenbad in der Grossen Halle der Reitschule? (eingereicht 19.03.09)

In der Stadt Bern existiert ein Mangel an Schwimmfläche. Auf Grund des Sanierungsbedarfs der bestehenden Hallenbäder (Hirschengraben, Weyermannshaus, Wyler) wird sich dieser noch verschärfen.

Ein neues Hallenbad an zentraler Lage wäre wegen der schnellen Erreichbarkeit aus allen Stadtteilen, z.B. für den Schulsport (obligatorischer Schwimmunterricht), von grossem Vorteil.

Der Gemeinderat soll deshalb prüfen, ob die Grosse Halle auf dem Reitschulareal als Standort für ein neues Hallenbad genutzt werden kann.

Begründung der Dringlichkeit:

Zurzeit erarbeitet der Gemeinderat ein neues Anlagenkonzept für Eis- und Wassersportanlagen.

Bern, 19. März 2009

Postulat Beat Gubser (EDU): Ueli Jaisli, Jimy Hofer, Dieter Beyeler, Erich J. Hess, Thomas Weil, Manfred Blaser, Peter Bühler, Peter Bernasconi

Die Dringlichkeit wird vom Stadtrat abgelehnt.

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RADIO RABE INFO 6.4.09
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RaBe-Info 06 April 2009

- Premium Cola: die korrekteste Alternative zum Coca Cola
(http://www.premium-cola.de)
- Kopf der Woche: der beduinische Schrifsteller Selim Alafenisch
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-04-06-53323.mp3

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SANS-PAPIERS ZH
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bleiberecht.ch

Stopp Repression! Ausweispapiere für alle! Demo am 7. April

Stopp Repression! Ausweispapiere für alle!

Die systematischen Polizeikontrollen von Asylsuchenden in und um die Notunterkünfte sind in letzter Zeit immer häufiger geworden. Für uns, die 6-campers, ist die Situation besonders dramatisch und folgenreich - haben wir seit Kurzem nicht einmal mehr einen Ausweis den wir zeigen können. Jegliche Dokumente wurden uns von den Zürcher Behörden entzogen.

Der systematischen Repression werden wir nicht tatenlos zusehen und tragen unseren Protest zusammen mit Euch auf die Strasse.

Treffpunkt: 7. April, 13. 30 Uhr, Kasama, Militärstrasse 87a, Zürich
Protestmarsch: Kasama - Sozialamt - Migrationsamt

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Aargauer Zeitung 6.4.09

Kirchenbesetzer im Gefängnis

Von den Sans-Papiers aus der Predigerkirche sitzt rund die Hälfte in Haft

Letzte Woche hat die Zürcher Regierung die Schaffung einer Härtefallkommission für abgewiesene Asylbewerber angekündigt. Vertreter der Sans-Papiers rufen dennoch zu einer Demo auf. Denn die Hälfte der Besetzer aus der Zürcher Predigerkirche sitzt im Gefängnis.

Martin Reichlin

"Etwa 50 Prozent der Teilnehmer an der Kirchenbesetzung sind momentan in Haft", sagt Michael Stegmaier vom Bleiberecht-Kollektiv, das die Besetzung der Predigerkirche im Zürcher Niederdorf vergangenen Dezember koordinierte. Die Gruppierung wurde im Kontext der Volksabstimmung über das revidierte Asylgesetz von 2006 gegründet und setzt sich für Papierlose, abgewiesene Asylsuchende und Flüchtlinge mit einem Nichteintretensentscheid ein.

"Wir verfügen über mehrere hundert Vollmachten, die uns die Sans-Papiers ausgestellt haben, und können uns deshalb ein ziemlich vollständiges Bild des Ausmasses der Kriminalisierung machen", fährt Stegmaier fort. "Die Festnahmen sind aber keine direkte Folge der Kirchenbesetzung. Sie gehören zum ganz normalen Alltag von Asylsuchenden im Kanton Zürich."

Kriminalisierungs-Leerlauf

Bei der Organisation Bleiberecht stelle man eine zunehmende Kriminalisierung der Asylsuchenden fest. "Fast jeder Ausländer, der zu uns ins Flüchtlingscafé kommt, wird plus/minus ein Mal pro Monat festgenommen", erklärt Michael Stegmaier. In letzter Zeit hätten insbesondere die Polizeikontrollen direkt vor den Notunterkünften zugenommen. Stegmaier: "Da die Leute oft über keine Ausweispapiere verfügen und sich somit nicht ausweisen können, werden sie von der Polizei festgenommen. Bei der Identifikation anhand der Fingerabdrücke stellt sich dann zur Überraschung aller heraus, dass sich die Person illegal in der Schweiz aufhält." Nach einigen Tagen würden die Festgenommenen an das Migrationsamt überstellt, welches über die Anordnung einer Ausschaffungshaft zu entscheiden habe. "Die Gefängnisse sind aber meist voll oder die Leute stammen aus Ländern, in die keine Ausschaffungen gemacht werden", so Stegmaier. Deshalb würden die Sans-Papiers meist wieder auf freien Fuss gesetzt › bis zur nächsten Personenkontrolle. "Ein riesiger Leerlauf."

Als weitere behördliche Strategie im Umgang mit Asylbewerbern nennt der Bleiberechts-Aktivist die Ausreisebefehle, die häufig ausgestellt werden. Stegmaier: "Man drückt den Leuten ein Papier in die Hand, auf dem steht, sie hätten innert weniger Tage oder Stunden auszureisen." Da die Asylbewerber in vielen Fällen aber weder über Papiere noch über Geld verfügten, könnten sie dem Befehl nicht nachkommen. "Und bei der nächsten Festnahme kommt dann automatisch der Straftatbestand der rechtswidrigen Einreise zu ihrer Akte hinzu › obwohl sie die Schweiz gar nie verlassen konnten. Das ist doch kafkaesk."

Um auf die anhaltenden Probleme der Sans-Papiers aufmerksam zu machen, ruft das Bleiberecht-Kollktiv für morgen zu einem Demonstrationszug vor das Zürcher Migrationsamt auf.

Darum ging es bei Besetzung

Während 17 Tagen, vom 19. Dezember bis zum 4. Januar, hatten rund 150 Papierlose die Predigerkirche im Zürcher Niederdorf besetzt und anschliessend auf Einladung der Kirchgemeinde Aussersihl noch drei Tage Gastrecht in der St.-Jakob-Kirche erhalten. Die Leute aus Afrika, Lateinamerika, Iran und Irak wollten auf die Situation jener Ausländer aufmerksam machen, die ohne gültige Ausweispapiere in der Schweiz leben. Sie forderten eine humane und unbürokratische Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Härtefallregelung, Papiere für alle und die Aufhebung des Arbeitsverbots für Sans-Papiers. (MRE)

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SANS-PAPIERS VD
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24 Heures 6.4.09

Sans-papiers en 2001, naturalisés en 2009

PARCOURS - Isabel et Carlos Basantes et leurs enfants sont maintenant bourgeois de Lausanne. Il y a huit ans, Isabel, Equatorienne clandestine, était interpellée par la police de Pully.

Alain Walther

Isabel et Carlos ont réussi leur examen devant la commission présidée par le municipal Jean-Yves Pidoux. Voilà les époux Basantes bourgeois de Lausanne depuis l'automne dernier. Heureux couple lausannois, qui en décembre prochain ira en vacances en Equateur… avec leurs passeports suisses. Le serment du Grütli, la guerre du Sonderbund, le nom de tous les conseillers fédéraux: ils prêteront serment fin avril au Palais de Rumine. La routine sur le chemin de la naturalisation. Un exploit pour ces anciens travailleurs clandestins qui ont bien failli être expulsés. Aujourd'hui avec Stéphanie, gymnasienne, et Bastien, collégien, ils coulent une vie tranquille au Jardin de Prélaz dans l'Ouest lausannois.

Dans le Wall Street Journal

A l'époque, l'affaire fait grand bruit. Même le Wall Street Journal dépêche son enquêteur spécialiste du dossier immigration. On apprenait ainsi dans le journal étasunien que dans la banlieue de Lausanne, à Pully, "200 femmes sud-américaines avaient été appréhendées à la descente du bus". Le confrère gringo avait un peu forcé le trait. La vérité était suffisamment choquante.

Le 17 mai 2001, Isabel Basantes, femme de ménage sans-papiers depuis onze ans, est interpellée par un policier pulliéran. L'agent fait dans la légalité mais pas dans la dentelle. Préventivement, il oblige la clandestine à retirer 4300 francs en prévision de l'amende à payer avant son expulsion. Levée de boucliers dans le canton de Vaud. Leur patron, des politiciens, des artistes, un collectif, l'administration vaudoise, tout le monde voudrait bien que ces étrangers, employés modèles parfaitement intégrés, restent dans le canton de Vaud. Berne finira par accorder des permis humanitaires. Victoire pour le comité de soutien qui demandait la régularisation de tous les sans-papiers.

2009: encore plus dur

Le temps a passé, les employés modèles mais clandestins, comme les Basantes en 2001, sont toujours aussi nombreux. Equatorien comme Mauricio Catota, cuisinier soutenu par son employeur, le Lausanne-Palace ( 24 heures du 16 mars). Comme Fausto aussi, le grand frère de Carlos. Arrivé en 1991, l'aîné de Basantes, 50 ans, est aujourd'hui grand-père. Berne a demandé qu'il y soit renvoyé. "C'est par la grâce de Dieu et le soutien des gens que nous sommes devenus Suisses", expliquent Isabel et Carlos qui savent qu'aujourd'hui, c'est encore plus dur d'être un "Basantes".

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HÄRTEFÄLLE GR
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Südostschweiz 6.4.09

Bündner Asylpolitik wird angeprangert

Kein anderer Kanton geht mit der Härtefallregelung restriktiver um als Graubünden. Das zeigen Erhebungen und Statistiken der Flüchtlingshilfe.

Von Peter Simmen

Chur. - Die Schweizerische Flüchtlingshilfe prangert den unterschiedlichen Umgang der Kantone mit der Härtefallregelung im Asylbereich. Sie hat die Unterschiede mit Zahlen dokumentiert. Auf der virtuellen schwarzen Liste der Flüchtlingshilfe befindet sich auch Graubünden. Im 70-seitigen Bericht wird die Härtefallpraxis der Bündner Fremdenpolizei aufgrund ihrer Besonderheiten an mehreren Stellen explizit erwähnt - jeweils in negativem Kontext.

Heinz Brand, Chef der Bündner Fremdenpolizei, lässt die Kritik nicht unwidersprochen. Anders als andere Kantone setze Graubünden das Asylgesetz nach dem Willen des Stimmvolks um. Die Vorwürfe erachte er deswegen als unangebracht.

Familie muss ausreisen

Wie streng die Bündner Haltung ist, zeigt das Beispiel einer Familie, die seit über fünf Jahren in Graubünden lebt. Ihr Gesuch um humanitäre Aufnahme auf der Basis der Härtefallregelung wurde letzte Woche abgelehnt, die Familie muss nun ausreisen. Berichte und Kommentar Seite 3

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Graubünden gehört zu den restriktivsten Kantonen

Statistisch gesehen hätte die Familie Ahmetaj in anderen Kantonen viel bessere Chancen gehabt, eine Härtefallbewilligung zu bekommen.

Von Peter Simmen

Chur. - Seit 2007 gilt das unter Bundesrat Blocher revidierte Asylgesetz. Gestützt auf Artikel 14 des Gesetzes können abgewiesene Asylbewerber eine Härtefallbewilligung beantragen, wenn sie fünf Jahre in der Schweiz gelebt haben, wenn ihr Aufenthaltsort den Behörden immer bekannt war und wenn sie weitgehend integriert sind.

Bei der Anwendung dieser Härtefallregelung gibt es aufgrund der "Kann-Formulierung" in Artikel 14 unter den Kantonen riesige Unterschiede, wie eine Zusammenstellung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zeigt: In den Jahren 2007 und 2008 hat das abschliessend für die Härtefallbewilligung zuständige Bundesamt für Migration (BFM) total 1265 Härtefallgesuche von abgewiesenen Asylbewerbern gutgeheissen.

Null Gesuche aus Graubünden

Von den 1265 Gesuchen stammt kein einziges aus Graubünden. Grund dafür ist allein die von der zuständigen Justizdirektorin Barbara Janom Steiner (BDP) goutierte Praxis der Bündner Fremdenpolizei. Diese unterbreitet dem BFM aus Prinzip keine Gesuche abgewiesener Asylbewerber. Auch dann nicht, wenn die Voraussetzungen zumindest subjektiv erfüllt sind. Die restriktive Praxis einzelner Kantone "sei selbst auferlegt und nicht vom BFM gefördert", hält die Flüchtlingshilfe dazu in ihrem kürzlich veröffentlichten Bericht fest, in dem die unterschiedliche Praxis der Kantone angeprangert wird. Restriktiv sind auch die Kantone Appenzell, Obwalden, Glarus, Uri und auch der grosse Kanton Zürich mit nur acht Gesuchen. Aus St. Gallen dagegen wurden 56 Gesuche bewilligt, aus Bern 155 und aus dem Kanton Waadt 490.

Der abschlägige Bescheid, welchen zum Beispiel Naim Ahmetaj auf das Härtefallgesuch bekommen hat, wird im Wesentlichen mit der ungenügenden beruflichen Integration begründet. Der Gesuchsteller habe rund 30 Prozent der Zeit, in der er in der Schweiz hätte arbeiten dürfen, nicht gearbeitet. Nach eigenen Richtlinie müsse ein Gesuchsteller mindestens 80 Prozent der Zeit gearbeitet haben. Auch diese von Graubünden als einzigem Kanton festgesetzte Grenze wird von der Flüchtlingshilfe kritisch hinterfragt. Andere Kantone verlangten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, das seit mindestens einem Jahr laufe.

"Das ist unsere Praxis"

Die 80-Prozent-Regel entspreche der Praxis, die Graubünden in eigenem Ermessen anwende, bestätigt Heinz Brand, Chef der Fremdenpolizei. Im Fall der Familie Ahmetaj habe man zudem "Signale" vom BFM gehabt, dass dieses das Härtefallgesuch nicht bewilligen werde, so Brand. Auch er erachtet die grossen Unterschiede bei der Anwendung der Härtefallregelung als unbefriedigend, weil die Kriterien nicht überall gleich angewendet würden. Handlungsbedarf sieht er bei den Kantonen, in denen Asylgesuche quasi aus Prinzip nicht vollzogen würden. Daraus resultiere dann die grosse Anzahl an Härtefällen.

Übrigens: Behandelt wurde das Gesuch Naim Ahmetajs von Thomas Gansner, Sachbearbeiter bei der Fremdenpolizei und, wie Chef Heinz Brand, aktives SVP-Mitglied. Auf der Homepage der Bündner SVP ist Gansner als Präsident der SVP Vorderprättigau aufgeführt, die Kontaktadresse der SVP-Sektion ist Gansners Mail-Adresse seines Arbeitsortes. Er sieht darin kein Problem. Das eine habe mit dem andern nichts zu tun, sagt er. Brand hat da eine andere Meinung: Die Nutzung der Geschäftsadresse für die SVP sei nicht tolerierbar.

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"Wir leben wie Schweizer"

Nach einem negativen Asylentscheid hat die in Chur lebende Familie Ahmetaj bei der Fremdenpolizei um eine Härtefallbewilligung nachgesucht. Die Fremdenpolizei ist aber noch nie auf einen solchen Fall eingetreten, auch diesmal nicht.

Von Peter Simmen

Chur. - Zahlen und Statistiken zum Asylwesen sind das eine, die Menschen, die damit gemeint sind, das andere. Zu diesen Menschen gehört die Familie Ahmetaj, zuhause in einem unscheinbaren Wohnblock im Churer Rheinquartier. Zur Familie gehören Vater Rexhep und Mutter Zyrafet, beide 47-jährig, Tochter Leonore (21) sowie die Söhne Naim (25) und Perparim (19). Seit Freitag haben sie Gewissheit, dass ihnen keine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen gewährt wird und sie die Schweiz verlassen müssen.

Zuerst nach Deutschland

Bis 1991 lebte die Familie in der Gemeinde Istog im Norwesten Kosovos, bevor sie vor dem Krieg nach Deutschland flüchtete und um Asyl nachsuchte. Nach der Ablehnung des Gesuchs wurde die Familie im September 2003 von Deutschland nach Pristina ausgeschafft, der Hauptstadt Kosovos. Im November 2003 stellte die Familie an der Empfangsstelle in Kreuzlingen ein Asylgesuch. Auf dem Landweg war sie über Kroatien, Slowenien und Italien an die Schweizer Grenze gelangt. Für die Dauer des Verfahrens wurden die Familienmitglieder Graubünden zugewiesen, wo sie vorerst im Asylbewerberzentrum Löwenberg in Schluein untergebracht wurden. Nach gut zwei Jahren wurden sie nach Chur verlegt, wo sie dann die Bewilligung erhielten, selbst eine Wohnung zu mieten.

Die Familie machte im Asylgesuch im Wesentlichen geltend, als Angehörige der Volksgruppe der Ashkali würde sie im Kosovo von den Albanern unterdrückt und benachteiligt. Ihr ehemaliges Haus in Istog sei, wie alle Häuser der Ashkali, zerstört worden. Die Ashkali sind eine aus Ägypten stammende und nur wenige hundert Personen zählende Minderheit. Nach Darstellung von Flüchtlingsorganisationen befinden sich die Ashkali wie auch die Roma im Kosovo in einer bedrohlichen Situation.

Asylgesuch abgelehnt

Im Juni 2005 lehnte das Bundesamt für Migration (BFM) das Asylgesuch ab. Dagegen legte die Familie Beschwerde ein, die am vergangenen 10. Februar vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen wurde. Das Gericht erachtet die Wegweisung der Familie selbst unter Berücksichtigung ihrer ethnischen Herkunft als zumutbar. Die grösste Schwierigkeit dürfte für die Weggewiesenen die wirtschaftliche Lage darstellen. Blosse soziale und wirtschaftliche Schwierigkeiten, von welchen auch die ansässige Bevölkerung betroffen sei, stelle keine existenzbedrohende Situation dar, welche den Wegweisungsvollzug als unzumutbar erschienen lasse.

Der abschlägige Bescheid hatte für den Vater und die drei Kinder, die alle einer Arbeit nachgingen und ein Einkommen hatten, direkte Konsequenzen: Die Asylbehörden entzogen ihnen die Arbeitsbewilligung, dadurch verloren alle vier von einem Tag auf den andern ihren Job.

Härtefallgesuch als letzte Hoffnung

Als letzte Möglichkeit im Kampf um das Bleiberecht blieb der Familie der Antrag an die Bündner Fremdenpolizei auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltsbewilligung gestützt auf die so genannte Härtefallbestimmung im Asylgesetz.

 Beim Besuch der "Südostschweiz" vergangene Woche zeigte sich die Familie noch optimistisch, allen voran die drei Kinder. Sie seien alle im deutschsprachigen Raum aufgewachsen und hätten in Deutschland und der Schweiz die Schule besucht und mit guten Leistungen abgeschlossen. "Wir fühlen uns hier zuhause, nicht im Kosovo", sagt Naim Ahmetaj in perfektem Hochdeutsch. Er und seine Geschwister, die Deutsch ebenfalls in Wort und Schrift beherrschen, hätten in den letzten Jahren "wie Schweizer" gelebt. "Wir sind nie negativ aufgefallen und nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Wir haben wie Schweizer Jugendliche in Vereinen mitgemacht und waren alle bereit, eine Berufsausbildung zu absolvieren", so Naim Ahmetaj. Dies sei ihnen aber wegen des Aufenthaltsstatus verwehrt worden. Auch wirtschaftlich sei die Familie völlig unabhängig. Er wie auch seine Geschwister und der Vater hätten die Möglichkeit, sofort an den ursprünglichen Arbeitsort zurückzukehren, sagt Naim Ahmetaj, der in einem 4-Sterne-Hotel in Pontresina als Chauffeur, Portier und Receptionist arbeitete.

All diese Punkte wie auch ein von der Familie vorgelegtes Schreiben ihrer ehemaligen Wohngemeinde, wonach dort kein Eigentum und kein Haus mehr auf den Namen der Familie eingetragen sei, vermochten die Fremdenpolizei nicht zu überzeugen. Sie lehnte es vergangene Woche ab, dem Bundesamt für Migration ein Gesuch für eine Härtefallbewilligung zu stellen. Der Entscheid der Fremdenpolizei ist endgültig und kann nicht angefochten werden.

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Kommentar

Stopp der Asyl-Lotterie

Von Peter Simmen

Das Asylwesen in der Schweiz ist, zumindest was die Anwendung der Härtefallregelung betrifft, zu einem grossen Teil ein reines Glücksspiel. Eines mit menschlichen Schicksalen als Einsatz. Im Gegensatz zu den streng geregelten Glücksspielen mit schnödem Geld gelten hier keine verbindlichen Regeln. Die Mitglieder der Familie Ahmetaj hätten in einem anderen Kanton wohl weit grössere Chancen gehabt, das Bleiberecht zu erhalten. In Graubünden standen sie wegen der restriktiven Praxis von Beginn an auf verlorenem Posten. Das kann es wirklich nicht sein. Vor allem nicht in einem Land, das sich als Rechtsstaat versteht und nicht als Bananenrepublik. Damit muss sofort Schluss sein. Aufgrund der riesigen Unterschiede bei der Härtefallregelung kann und muss angenommen werden, dass auf beiden Seiten Handlungsbedarf besteht - bei den (zu) liberalen und bei den restriktiven Kantonen.

In Graubünden ist das Asylwesen mehr oder weniger fest in der Hand von Personen mit einem SVP-Parteibüchlein. Das ist kein Grund zur Beunruhigung, solange die Gewähr geboten ist für faire Verfahren im Vollzug und bei der Beurteilung von Gesuchen. Wie muss sich ein Gesuchsteller fühlen, der weiss, dass der für ihn zuständige Sachbearbeiter das Mail des Arbeitsplatzes gleich auch für die SVP benutzt? Selbst wenn es sich nur um eine Unachtsamkeit handeln sollte, die Frage der Unbefangenheit stellt sich allemal. Mit Blick auf die grosse Tragweite, die ein Ja oder ein Nein zu einem Härtefallgesuch hat - eine Rekursmöglichkeit gibt es bei einer Ablehnung nicht - sollten die Entscheide breiter abgestützt werden. Etwa durch die Einberufung einer Härtefallkommission, wie sie in verschiedenen Kantonen bereits eingesetzt sind. Auch in Graubünden ist die Forderung nach einer solchen Kommission da. Jetzt gilt es nur noch, sie zu erfüllen.

psimmen@suedostschweiz.ch

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RITALIN
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Sonntagszeitung 5.4.09

Trend

Der Club der Aufgeweckten

Ritalin, bekannt als Medikament für Kinder mit dem ADHS-Syndrom, macht Karriere als Partybooster

von Martina Bortolani

Diskret winkt er uns um die Ecke vor dem Clubeingang und greift umständlich in die Hosentasche. Michael, 27-jähriger Fotograf, streckt uns zwei weisse, verpackte Tabletten hin, sauber abgeschnitten von einem Alu-Filmstreifen. Die Pillen sehen aus wie Medikamente gegen Reisekrankheit - und schmecken auch so, bitter und mehlig. Kinder nehmen sie mit einem Glas Orangensaft zum Frühstück. Kinder mit dem ADHS-Syndrom, der Aufmerksamkeitsdefizit-Störung, dessen Symptome sie mit Methylphenidat, also Ritalin bekämpfen. Doch das hier ist keine Kinderparty, sondern eine laute, raue Clubnacht in Zürich.

In der Schweiz verfünffachte sich der Absatz von Ritalin im letzten Jahr, und man weiss, dass es nicht fünfmal mehr ADHS-Kinder gibt. Ritalin schlucken Studenten als Hirndoping am Examen. Und andere Abnehmer zappeln nicht selten neben DJ-Pulten und unter Stroboskoplampen. Er verkaufe an beiden Orten etwa gleich viel, sagt Michael, der in den Clubs und an der Uni in der Mensa mit Ritalin handelt.

Ein Mix aus drei Redbulls und einer halben Linie Kokain

Für etwa fünf Stunden hält einen das Medikament wach und konzentriert. Fährt der Kick aus, wird man müde. Wer dann nicht eine weitere Tablette nimmt, geht schlafen und wacht morgens ohne grösseren Kater auf. Vorausgesetzt, man hat nicht zu viel Alkohol getrunken. "Ritalin ist eine Mischung aus drei Redbulls und einer halben Linie Kokain" sagt Seraina, eine der Befragten, die seit zwei Jahren einmal pro Woche im Ausgang eine Pille nimmt. Sie arbeitet als freie Journalistin und "kann sich Hangovers am Tag danach nicht leisten". Ritalin verschrieb ihr der Arzt, weil sie jammerte, sich unter Druck nicht aufs Schreiben konzentrieren zu können. "Easy. Ich bekam das ohne Probleme." Natürlich schreibt sie weiterhin: ohne Ritalin.

Das LSD-Derivat passt in unsere Zeit wie Handys mit acht Gygabyte Speicher - das Lebensgefühl wird komprimierter.

Während die Ecstasy-Partynächte der Neunzigerjahre noch dazu dienten, den Geist zu berauschen und die Realität für ein paar Stunden zu verbannen, will man heute vor allem eins: parat sein. Fokussiert sein. Für Bekanntschaften, Gespräche, für die Musik, für den Sex. In allen grossen Clubs - von der Luzerner Schüür, über die Berner Reithalle bis hin zum Q-Club in Zürich - kennt man Ritalin als Partybooster. Besonders verbreitet ist das Phänomen in Zürich. MPH, Methylphenidat, kursiert immer in der Medikamenten-Dealer-Szene rund um die Kaserne. Und auch im Internet, dort sind die Präparate unter den Bezeichnungen Axepta, Medikinet, Equasym oder Concerta relativ problemlos zu bestellen - ausser sie werden am Schweizer Zoll abgefangen, weil Methylphenidat seit 1975 unter das Betäubungsmittelgesetz fällt.

Das Mittel für"Warmduscher-Drögeler"

Nichtsdestotrotz erzählt ein Zürcher Clubbesitzer, der namentlich nicht genannt werden möchte: "Medikamente sind im Clubleben bereits normal." Der Wachmacher Ritalin sei hier wohl nur der Anfang. Und hinter vorgehaltener Hand ergänzt er: "Mir ist es lieber, wenn die Leute mit Medis erwischt werden als mit Koks oder Speed." Man hätte weniger Probleme mit der Polizei.

Jeder kann schliesslich behaupten, man hätte ihm das Präparat gegen Konzentrationsstörungen verschrieben. Für die Party-Ritalin-Kicker ist die Hemmschwelle, das Medikament einzunehmen, ziemlich tief - sie gehen davon aus: Wenn es Kinder nehmen, wieso soll es mir schaden? Ein Argument, das auch Michael, der Dealer, gerne verwendet. Und zynischerweise genau diese Kunden dann als "Warmduscher-Drögeler" verspottet. Ritalin sei "das Kokain für Bünzlis".

Dabei, so harmlos ist MPH nicht. "Die Nebenwirkungen sind bei Gesunden und Menschen mit ADHS nicht unterschiedlich", sagt Dr. Dominique Feusi-Höchli von der Psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich. Sie leitet seit zehn Jahren eine Sprechstunde für ADHS-Patienten. In der Tat sind erhöhter Blutdruck, Schwitzen und Einschlafstörungen im Vergleich zu anderen Drogen überschaubar. Doch auf Suchtstationen kennt man es als Einstiegsdroge in die Medikamentensucht.

Das interessiert Michael wenig. Im Gegenteil. Er schwärmt bereits von einem neuen Hype: Modafinil. "Teurer und effizienter!", sagt er.  Mitarbeit: Katrin Roth

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NEONAZIS
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Sonntagsblick 5.4.09

Neonazis bleiben unbehelligt

Legal

Am Gedenktag der Schlacht bei Sempach 2008 trug ein Neonazi ein T-Shirt mit der Aufschrift "Friedrich Leibacher, Nationalheld. Warum hast du nicht in Bern gewohnt?" Es war der kaum verhohlene Hinweis, Leibacher hätte besser im Bundeshaus töten sollen als im Kantonsparlament von Zug. Nun hat das Amtsstatthalteramt Sursee die Strafuntersuchung gegen den Unbekannten eingestellt. Amtsstatthalter Othmar Kost: "Gewaltdarstellung in schriftlicher Form steht nicht unter Strafe." Aus diesem Grund habe sich die Strafverfolgungsbehörde auch nicht bemüht, den Provokateur ausfindig zu machen: "Wir machen keine Arbeit, die zu nichts führt", so Kost. Aus dem gleichen Grund geht auch jene Gruppe Neonazis (Bild) straffrei aus, welche vor der Schaukäserei Appenzeller Käse mit dem Hitlergruss posierte. "Das Foto erfüllt keinen Straftatbestand", schreibt der Justizminister von Appenzell Ausserrhoden, Hans Diem, in einem Brief, der SonntagsBlick vorliegt.  
Benno Kälin

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ANTI-ATOM
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NZZ am Sonntag 5.4.09

AKW abschalten und weiter zahlen

Auch nach ihrer Stilllegung kosten die Schweizer AKW jedes Jahr 300 Millionen Franken

Werden die bestehenden Schweizer AKW abgeschaltet, verursachen sie erst einmal weiter Kosten. Wie hoch diese sind, zeigt jetzt erstmals eine Studie der Stromwirtschaft.

Pascal Hollenstein

Bekommt das AKW Mühleberg keine unbefristete Betriebsbewilligung, ist es womöglich bereits 2012 so weit. Sicher jedenfalls ist: Ab den 2020er Jahren werden die bestehenden Schweizer Atomkraftwerke aus Altersgründen schrittweise abgeschaltet werden müssen. Wie viel das kostet, war bisher ein gut gehütetes Geheimnis der Betreibergesellschaften. Jetzt schafft eine bereits 2006 angefertigte, aber erst jetzt freigegebene Studie des Branchenverbandes Swissnuclear Klarheit: Alleine für die sogenannte Nachbetriebsphase der fünf Schweizer AKW müssen demnach 1447 Millionen Franken aufgewendet werden. Wohlgemerkt: Während der Nachbetriebsphase wird der Reaktor nicht abgebrochen, sondern nur darauf vorbereitet: Brennstäbe und überflüssige Betriebsmedien werden entfernt, der radioaktive Betriebsabfall aus dem Reaktor geschafft.

Die Nachbetriebsphase soll laut der Studie rund fünf Jahre dauern. Die Zeit wird benötigt, um die letzten Brennelemente so weit abkühlen zu lassen, dass sie verpackt und abtransportiert werden können. Bis dahin muss der Reaktor gekühlt und überwacht, der Strahlenschutz sichergestellt werden. Laut der Swissnuclear-Studie müssen in dieser Zeit alleine für das Personal 688 Millionen Franken aufgewendet werden. Betriebsmittel für den Unterhalt und den Weiterbetrieb der noch benötigten Systeme schlagen mit weiteren gut 500 Millionen Franken zu Buche. Die Kosten für diese Phase müssen von den Betreibergesellschaften aus ihren eigenen Mitteln bezahlt werden.

Laut zwei weiteren - bisher brancheninternen - Papieren sollen für den anschliessenden Abbruch der Reaktoren, die sogenannte Stilllegung, weitere 2,13 Milliarden Franken fällig werden. Die Entsorgung der radioaktiven Abfälle schlägt mit voraussichtlich 13,35 Milliarden Franken zu Buche. Stilllegung und Entsorgung sollen aus zwei Fonds finanziert werden, welche die Betreibergesellschaften seit den achtziger Jahren äufnen. Die neuesten Schätzungen werden von der Branche mit Genugtuung kommentiert. Zu unvorhersehbaren Kostenschüben sei es im Vergleich mit der letzten Schätzung aus dem Jahr 2001 nicht gekommen. Mit einer Ausnahme: Laut den vorliegenden Papieren hat sich die Endlagerung selber um 1,5 Milliarden Franken auf 13,35 Milliarden Franken verteuert. Als Gründe werden Verzögerungen und Abschreibungen wegen der Ablehnung des Standorts Wellenberg sowie gestiegene Rohstoffpreise angegeben. Hinzu kommt, dass für die Kostenberechnung neu eine Laufzeit der AKW von 50 Jahren angenommen wird; zuvor rechnete man mit 40 Jahren. Laufen die AKW länger, fällt mehr strahlender Abfall an.

In einer Expertise beurteilt das Eidgenössische Nuklear-Sicherheitsinspektorat die Kostenschätzungen als "nach heutigem Wissensstand vernünftig und angemessen". Die Atom-Kontrolleure des Bundes weisen aber auch auf Risikofaktoren hin. "Mit hoher Planungssicherheit" könne man die Kosten erst abschätzen, wenn der Standort für das Endlager feststehe. Hinzu komme, dass man teilweise noch nicht einmal wisse, was ins Endlager kommen solle. So stehe nicht fest, wie viel radioaktiven Abfall die Schweiz aus dem Genfer Kernforschungszentrum Cern zu übernehmen habe.

Leo Scherer von Greenpeace begrüsst, dass die Zahlen jetzt auf dem Tisch liegen. Gleichzeitig kritisiert er allerdings, dass sämtliche konkreten Angaben zu den speziellen Techniken und Kosten zum Geschäftsgeheimnis erklärt und aus den Papieren entfernt worden sind. Zudem bemängelt Scherer, dass keine Problemszenarien vorgelegt würden. Weder mit dem Rückbau noch mit der Entsorgung habe man Erfahrungen. Entsprechend hoch seien die Kostenrisiken. Zumindest bei den Endlagern allerdings könne man eine Analogie zum Tunnelbau anstellen, sagt Scherer: "Und da ist es doch so: Je konkreter es wird, desto mehr Schwierigkeiten tauchen auf. Und desto teurer wird die Sache schliesslich."

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NO NATO
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http://www.nato-gipfel-2009.blogspot.com/

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Feature No Nato 2009
http://de.indymedia.org

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linksunten.indymedia.org/de/ticker 5.4.09

[Repression] Die Out of Action-Gruppe bietet emotionale Unterstützung nach traumatisierenden Erfahrungen: wiki.dissentnetwork.org/wiki/Trauma
http://wiki.dissentnetwork.org/wiki/Trauma

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Radiobeiträge
http://www.freie-radios.net/portal/suche.php?such=true&end_monat=12&end_jahr=2020&query=nato

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Basler Zeitung 6.4.09

KulturMagazin

Kultur

Abenteuer Aufstand

Marschieren mit der Protestbewegung am Nato-Gipfel in Strasbourg

Andreas Schneitter (Text), Mischa Christen (Fotos), Strasbourg

Der Nato-Gipfel ist auch der Gipfel der Aussenparlamentarischen Opposition, und die trifft sich in einem Camp am Strasbourger Stadtrand und probt dort den zivilen Ungehorsam. Ein Besuch.

Am Ende, als die Rue de la Ganzau wieder leer ist, riecht man noch den Geruch von verbrannten Gummireifen, noch züngeln Flammen zwischen den leeren Tränengaskapseln empor und schwarzer Rauch weht dicht über die Strasse, und wo davor noch eine blanke Hauswand war, steht nun in roten, dicken Buchstaben: Die Blockade versperrt die Strasse, aber öffnet die Herzen.

Die Rue de la Ganzau schlängelt sich vom Stadtrand Strasbourgs weg, rechts ein Waldstreifen mit Fluss, links eine Einfamilienhausidylle, und nach der Nummer 206 passiert sie einen schroffen, braunen Acker. Dort klebt ein leuchtend gelber Pfeil an einem Pfahl: Welcome to another world. Das Anti-Nato-Camp.

Dorthin zum Camp ziehen sie nun zurück, nachdem das Stellungsgefecht mit der Polizei auf der Strasse ausgestanden ist, sie ziehen zurück in ihren schwarzen Kapuzen und Sonnenbrillen und Tüchern vor der Nase, manche reiben sich die brennenden Augen, manche werfen die Steine, die sie gesammelt und doch nicht eingesetzt haben, zurück ins hohe Gras, und sie sagen: Es war erfolgreich, denn die Bullen, les flics, the cops, sind zuerst abgezogen mit ihren Wasserwerfern und Tränengaskartouchen und Schrotgeschossen. "Policia Assasina" haben sie gerufen und "A-Anti-Anticapitalisme", sie haben Fahnen der Arbeiterbewegungen geschwungen und eine Barrikade errichtet, aus Holz, Mülltonnen, Einkaufswagen und Styroporplatten von der Baustelle gegenüber der Strasse, und sie haben die Barrikade angezündet, und es hat lange gebrannt.

Kapuzenjacke

Vor dem Camp stehen nun die kaum 20-jährigen jungen Männer und Frauen, die einen handgeschriebenen Zettel "Presseauskunft" auf die Brust geklebt tragen und doch kaum Auskunft geben wollen. Sie sagen, dass die Polizei eine friedliche Demonstration angegriffen habe, und man verurteile die vereinzelten Gewaltakte, die zerbrochenen Fensterscheiben und die ausgeweidete Baustelle, deren Isolationsmaterialplatten man nun als verkohlter Rest auf der Strasse zusammenkehren kann, aber bitteschön, die Presse solle nun nicht wieder die gewalttätigen Exzesse von wenigen hervorheben. Das sagt Anna, ohne Nachnamen, in einer blauen Kapuzenjacke und einer von Sonne und Tränengas geröteten Nase, und sie sagt noch: "Die Nato führt Krieg. Kommen dort Zivilisten zu Schaden, gelten die als Kollateralschäden. Gehen hier in Strasbourg Fensterscheiben zu Bruch, gilt dies als Gewaltakt. Denken Sie doch einmal über Ihren Gewaltbegriff nach."

Clownarmee

Die Nato, die "North Atlantic Terror Organisation", wie sie hier genannt wird, ist am 3. und 4. April zu Gast in Strasbourg, und hier am Rand der nun eingemauerten Stadt hat sich der Widerstand angesiedelt, schon einige Tage zuvor, und das Protestcamp aufgebaut. Ein drei Quadratkilometer weites Gebiet mit kleinen und grossen Zelten, die kleinen zum Schlafen, die grossen zum Trainieren und Diskutieren. Am Samstag, 4. April, ab 6 Uhr morgens, wenn der Nato-Gipfel in Strasbourg ankommt, soll der Widerstand bereit sein und die Zufahrtsstrassen in die Innenstadt blockieren. Das ist der Plan.

Das Camp selbst ist ein Gemischtwarenladen an aussenparlamentarischen Gruppen, der Antikapitalistische Block ist da, die Junge Marxistische Liga und eine Clown-Armee, die aus allen Rohren Konfetti feuert, und dann sind noch all die, die mit einem Einkaufswagen Bier aus dem nahen Supermarkt auftauchen und Dreadlocks und Che-Guevara-Shirts tragen, und die wenig von den betonierten Kontexten von Solidarität und Antiimperialismus hören wollen und die nur durch zwei dünne Bande geeint sind. Das eine ist das diffuse Gefühl, dass der Staat doch schon immer der Schweinestaat und das System das Scheisssystem waren und Autoritäten bekämpft werden müssen. Das andere Band ist die Ahnung: Da ist was los auf dem Camp.

Es gibt eine Bar und eine Kulturzone mit Konzerten, Ska, Dub, Reggae und Punk, und Lagerfeuer brennen und Bierflaschen klirren. Spass treibe sie an, hört man die wenigen Campteilnehmer sagen, die mit der Presse reden wollen, Spass und die Gelegenheit, mit Gleichgesinnten ein paar Tage zu verbringen.

Megafon

So ist das Camp, gefüllt mit 4000 Leuten, auch ein jugendlicher wie jugendkultureller Sozialisationskanal, in dem Hammer und Sichel vor allem symbolischen statt politisch motivierten Wert besitzen und das Kollektiv einen Heimathafen gegen autoritative Eliten bildet.

Dieses Kollektiv sitzt nun am Vorabend der offiziellen Protestdemonstration durch Strasbourg, Samstag 13 Uhr, in einem grossen roten Zirkuszelt auf dem Camp und hört sich die Pläne für den kommenden Tag an. In der Mitte stehen drei Vertreter des Organisationskomitees mit Megafon und geben die Anweisungen durch, in Deutsch, Französisch und Englisch. Der Konsens lautet: keine aktive Gewalt an der Demonstration. In Deutsch: "Wir, der Antikapitalistische Block, haben uns nach den Auseinandersetzungen der letzten Tage entschieden, an den gesperrten Zufahrtswegen in die Innenstadt die Polizei NICHT anzugreifen" - Murren im Zelt - "aber wir werden versuchen, die illegitimen Stacheldrahtblockaden wegzuräumen. Das ist unser Recht. Sucht die Polizei darauf die Konfrontation, steht es jedem frei, sich nach seinen Vorstellungen zu verteidigen."

Klatschen.

Pflastersteine

Später, mitten in der Nacht, nehmen die ersten kleinen Gruppen den vier Kilometer langen Weg zur Strasbourger Innenstadt auf sich. An der Vauban-Brücke, die zur Hafen- und Zollinsel führt, sammelt sich am Vormittag eine immer grösser werdende Menschenmasse an; auf der Brücke die geschlossenen Reihen der Polizei in blauer Gefechtsmontur, vor der Brücke die Demonstranten, anfangs noch mit bunten Friedensfahnen und Transparenten.

Zwei Stunden später sind die Farben Grau und Schwarz, grau vom Nebel des Tränengases, schwarz von den Kutten des Schwarzen Blocks, der sich an die Spitze des Demonstrationszuges gesetzt hat, Pflastersteine aus dem Boden reisst und sie gegen die Polizeieinheiten wirft.

Das Gefecht wogt ein paar Stunden hin und her, begleitet von einer Gruppe behelmter Fotografen. Der Hauptteil der Demonstranten hat sich nach hinten zurückgezogen. "Wir sind friedlich, was seid ihr?", skandieren sie zur Brücke hoch, wo die beiden Blöcke sich gegenseitig beschiessen, aber keiner hört mehr hin und keine Kamera fängt sie mehr ein.


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blick.ch 5.4.09
http://www.blick.ch/news/schweiz/schweizer-drohnen-schuetzen-nato-flanke-116143

Sonntagsblick exklusiv bei der Grenzwache

Schweizer Drohnen schützen Nato-Flanke

Von Lorenz Honegger

Kein Durchkommen für Krawallmacher: Die Schweiz überwacht das Grenzgebiet mit Deutschland grossräumig aus der Luft.

Freitagmorgen, kurz vor 1 Uhr: Ein dunkler Personenwagen passiert die Schweizer Grenze Richtung Bad Zurzach AG. Es ist stockdunkel. Noch ahnt der Mann am Steuer nicht, dass er beobachtet wird: 1000 bis 3000 Meter über seinem Wagen schwebt eine Drohne des Typs ADS 95. Wer genau hinhört, kann ihr dumpfes Dröhnen ausmachen. Ein Pilot der Luftwaffe steuert das Kleinflugzeug vom Boden aus.

Zur selben Zeit, im Hauptquartier der Grenzwache in Brugg AG: Einsatzleiter Rolf Hanselmann (45) verfolgt am Laptop, wie sich der verdächtige Personenwagen langsam der Ortschaft nähert - die Wärmebildkamera der Drohne machts möglich. Hanselmann funkt eine Patrouille an, dann instruiert er den Piloten, das Auto weiter zu beobachten.

Drei Minuten später fangen zwei Grenzbeamte den PW ab. Hanselmann ist live aus der Luft dabei, wie seine Männer die Insassen überprüfen. Bald ist klar: Es sind keine Krawallbrüder auf dem Weg zum Nato-Gipfel. Bis zum Ende der Mis sion kontrollieren die Beamten noch ein Dutzend Fahrzeuge.

Die Vorsicht hat einen Grund: 100 Kilometer nördlich der Schweizer Staatsgrenze in Strassburg (F) und Kehl (D) tagten am Samstag 28 Staats- und Regierungschefs am Nato-Gipfel; jeder, der sich im Grenzgebiet aufhält, konnte zu den Krawallmachern gehören. Aus diesem Grund hatten das Aargauer, das Basler und das Schaffhauser Grenzwachkorps je eine Drohne der Schweizer Luftwaffe gebucht.

Hans Arzethauser (57) vom Grenzwachkorps Aargau/Zürich zu SonntagsBlick: "Wir halten primär Ausschau nach Kleinbussen und Lastwagen. So wollen wir verhindern, dass militante Demonstranten über die Grenze nach Deutschland gelangen." Künftig sollen die Drohnen einmal pro Monat Verbrecher jagen. Im Lagezentrum Bern wird der Einsatz koordiniert; die kantonalen Grenzwachen haben jederzeit Zugriff auf die Drohnenbilder, auch aus den anderen Kantonen.

In einem detaillierten Einsatzplan ist vermerkt, wo und wie lang die Drohne eigesetzt wird - pro Ortschaft zehn Minuten.

Wenn Hanselmanns Leute ein Fahrzeug stoppen, schnellt sein Adrenalinpegel in die Höhe - trotz 21 Jahren Berufserfahrung: "In so einem Moment wartest du nur da rauf, dass einer davonrennt", sagt er. Beim letzten Drohneneinsatz während der Euro 08 vor mehr als einem halben Jahr wurden Schlägereien aus der Luft beobachtet.

Punkt 2.30 Uhr, nach zwei ruhigen Stunden, legt Hanselmann die Kopfhörer ab. Die Drohne wird zurück nach Emmen LU gelenkt - bevor ihr der Sprit ausgeht.

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G-20-TOTER
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guardian.co.uk 5.4.09
http://www.guardian.co.uk/world/2009/apr/05/g20-protest-ian-tomlinson

Police 'assaulted' bystander who died during G20 protests

* Mark Townsend and Paul Lewis
* The Observer, Sunday 5 April 2009

G20 protests: A street-level view of the peaceful gathering that erupted into violence Link to this video
http://www.guardian.co.uk/world/video/2009/apr/02/g20-protest

The man who died during last week's G20 protests was "assaulted" by riot police shortly before he suffered a heart attack, according to witness statements received by the Independent Police Complaints Commission.

Investigators are examining a series of corroborative accounts that allege Ian Tomlinson, 47, was a victim of police violence in the moments before he collapsed near the Bank of England in the City of London last Wednesday evening. Three witnesses have told the Observer that Mr Tomlinson was attacked violently as he made his way home from work at a nearby newsagents. One claims he was struck on the head with a baton.

Photographer Anna Branthwaite said: "I can remember seeing Ian Tomlinson. He was rushed from behind by a riot officer with a helmet and shield two or three minutes before he collapsed." Branthwaite, an experienced press photographer, has made a statement to the IPCC.

Another independent statement supports allegations of police violence. Amiri Howe, 24, recalled seeing Mr Tomlinson being hit "near the head" with a police baton. Howe took one of a sequence of photographs that show a clearly dazed Mr Tomlinson being helped by a bystander.

A female protester, who does not want to be named but has given her testimony to the IPCC, said she saw a man she later recognised as Tomlinson being pushed aggressively from behind by officers. "I saw a man violently propelled forward, as though he'd been flung by the arm, and fall forward on his head.

"He hit the top front area of his head on the pavement. I noticed his fall particularly because it struck me as a horrifically forceful push by a policeman and an especially hard fall; it made me wince."

Mr Tomlinson, a married man who lived alone in a bail hostel, was not taking part in the protests. Initially, his death was attributed by a police post mortem to natural causes. A City of London police statement said: "[He] suffered a sudden heart attack while on his way home from work."

But this version of events was challenged after witnesses recognised the dead man from photographs that were published on Friday.

An IPCC statement was due to be released the same day and is understood to have portrayed the death as a tragic accident. However, the statement's release was postponed as the complaints body received information that police officers may have been more involved in events than previously thought. An IPCC spokesman said yesterday that in light of new statements it was "assessing" the information it had received before deciding whether to launch a full investigation.

Part of the commission's inquiries will involve the examination of CCTV footage from the area.

Liberal Democrat MP David Howarth said: "Eventually there will have to be a full inquest with a jury. It is a possibility this death was at police hands."

A police source told the Observer that Mr Tomlinson appears to have become caught between police lines and protesters, with officers chasing back demonstrators during skirmishes. He was seen stumbling before he collapsed and died on Cornhill Street, opposite St Michael's Alley, around 7.25pm.

At around 7.10pm, protesters had gathered outside the police cordon to call for those contained inside - some for hours - to be let out. Officers with batons and shields attempted to clear them from the road.

Around 7.20pm, five riot police, and a line of officers with dogs, emerged from Royal Exchange Square, a pedestrian side street. Three images taken around this time show Mr Tomlinson on the pavement, in front of five riot police, and in apparent distress. He had one arm in the air, and appeared to be in discussion with the officers.

Mr Tomlinson then appears to have been lifted to his feet by a bystander. Minutes later he fell to the ground. "We saw this guy staggering around," said Natalie Langford, 21, a student. "He looked disorientated. About five seconds later he fell, and I grabbed my friends to help him."

Police have claimed that when paramedics tried to move Mr Tomlinson away for urgent treatment, bottles were thrown at them by protesters. He was later pronounced dead at hospital.

Branthwaite added: "He [Mr Tomlinson] was not a mouthy kid or causing problems, but the police seemed to have lost control and were trying to push protesters back. The police had started to filter people into a side street off Cornhill. There were a few stragglers who were just walking through between the police and protesters. Mr Tomlinson was one of those."

The police tactics during the G20 protests were condemned in the aftermath of the demonstrations. The clearance of a climate camp along Bishopsgate by riot police with batons and dogs after nightfall on Wednesday came in for particular criticism.

Protesters marched to Bethnal Green police station in east London yesterday to demand a public inquiry into Mr Tomlinson's death.

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G8 2009 LA MADDALENA
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http://www.gipfelsoli.org/Home/La_Maddalena_2009

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MUMIA ABU-JAMAL
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de.indymedia.org 5.4.09
http://de.indymedia.org/2009/04/246297.shtml

Interview mit Mumias Hauptanwalt

Mumia-Hörbuchgruppe 05.04.2009

Der Hauptverteidiger von Mumia Abu-Jamal, Robert R. Bryan war Ende März in Berlin. Er nahm an einer Solidaritätsveranstaltung in der Akademie der Künste für den afroamerikanischen Journalisten teil. Mumia sitzt seit über 27 Jahren als politischer Gefangener im Todestrakt von Pennsylvania ein.
Er versucht momentan, seine letzte Möglichkeit auf ein neues Verfahren vor dem höchsten Gericht der USA zu erkämpfen. Wir fragten den Anwalt zum aktuellen Stand des Verfahrens und möglicher Perspektiven. Das Gespräch fand am 31. März 2009 in Berlin statt.

Frage: Was ist der gegenwärtige juristische Stand Mumia Abu-Jamals in Bezug auf die Todesstrafe und das von ihm geforderte neue Verfahren?

Robert R. Bryan: Es ist sogar für Rechtsanwälte sehr kompliziert. Wir haben momentan zwei getrennte Verfahren vor dem United States Supreme Court (USSC) über Mumia Abu-Jamal. In dem einen geht es um die Todesstrafe. In dem anderen Fall geht es um Methoden der Staatsanwaltschaft, mögliche Juroren aufgrund ihrer Hautfarbe auszuschließen.
Der USSC hat bereits vor über zwei Wochen über den Todesstrafe (1) beraten. Wir wissen immer noch nicht, was sie entschieden haben.

Frage: Was sind die möglichen Varianten?

Robert R. Bryan: Sie könnten einerseits den Antrag (2) ablehnen. Das wäre gut für uns, da wir bereits in einer niederen Instanz einen neuen Jury-Prozess über die Urteilsfrage (3) im März letzten Jahres gewonnen hatten. Die Staatsanwaltschaft war dagegen in Berufung gegangen.
Es gibt jedoch einen sehr ähnlichen Fall namens "Spisak" (4), in welchem das Gericht vor ungefähr einem Monat volle Untersuchung und Anhörungen angeordnet hat. Wie gesagt, es gibt hier in der Frage der Todesstrafe Ähnlichkeiten zu Mumias Fall.
Es könnte also passieren, dass das Gericht Mumias Fall zurückhält, bis der "Spisak" Fall entschieden ist um dann entsprechend auch Mumias zu entscheiden. Oder aber eben auch vollständige Untersuchung in Mumias Fall anzuordnen, um dann parallel zu "Spisak" über die selben Inhalte zu streiten.

Frage: Wann werden wir wissen, welchen Weg das Gericht in der Frage der Todesstrafe gegen Mumia einschlägt?

Robert R. Bryan: Ich vermute, dass die Möglichkeit besteht, dass uns das Gericht für sehr lange Zeit nicht informieren wird, wie es zu verfahren gedenkt. Es könnte bedeuten, dass wir die nächsten 3 - 5 Monate warten müssen, bis "Spisak" entschieden ist.

Frage: Wie sieht es mit Mumias eigenen Bemühungen aus, über die offensichtliche rassistische Manipulation bei der damaligen Jury-Auswahl (5) ein neues Verfahren zu gewinnen?

Robert R. Bryan: In der Rassismusfrage sind wir in der vorherigen Instanz mit 1:2 Richterstimmen unterlegen. Es geht hierbei um das neue Verfahren. Einer der drei Richter hat jedoch diese Entscheidung lautstark und ausführlich angezweifelt und den Rassismus im ursprünglichen Verfahren kritisiert. Das ist Richter Ambro (6).
Damit sind wir nun vor dem USSC. Die stärkste Unterstützung unserer Position ist Richter Ambro. Zusätzlich hat sich auf meine Bitte hin der Verteidigungsfond der NAACP (7) mit einem Schreiben an den USSC gewandt (8).
Das Gericht hat angekündigt, sich in nicht öffentlicher Sitzung mit allen neun Supreme Court Richter_innen am 3. April 2009 mit diesem Antrag zu beschäftigen. Sie wollen überlegen, ob sie in der Rassismusfrage weitere Untersuchungen oder Anhörungen gewähren (9).

Frage: Wie sehen hier die möglichen Szenarien aus?

Robert R. Bryan: In 98 - 99 % Prozent aller Anträge verweigert der USSC weitere Untersuchungen oder Anhörungen.
Aber wegen der abweichenden Meinung von Richter Ambro, unseren eigenen Begründungen und der Unterstützung des NAACP gehen wir davon aus, dass die juristische Qualität unserer Forderung hervorragend ist. Mumia hat die Unterlagen vor kurzem im Todestrakt erhalten können und mir das gerade erst heute telefonisch bestätigt.
Wir sind sehr zuversichtlich, dass das Gericht diesen Fall nicht so wie die meisten anderen behandeln wird und uns eine volle Untersuchung vor den neun Richter_innen gewähren wird. Das ist unsere Hoffnung.
Sollten wir in dieser Frage gewinnen, bekommt Mumia ein neues Geschworenenverfahren. Das ginge dann aber nicht nur um die Todesstrafe, sondern komplett um die Frage seiner Unschuld. Er wäre dann wieder am Anfang, so als ob er nie vor Gericht gewesen wäre.

Genau darum geht es uns. Ich bin überzeugt, dass ich im Falle eines komplett neuen Verfahrens dieses gewinnen werde. Die Beweise, die zur Verfügung stehen, sind hier völlig eindeutig.

Also, das Gericht gewährt uns entweder eine vollständige Untersuchung oder sie schmeißen uns einfach raus. Sollten sie Letzteres entscheiden, wäre das nur durch den politischen Druck zu erklären, der auf Mumias Fall von Anfang an gelegen hat.

Ein Rechtsanwalt aus Philadelphia, welcher in unserem Team mitarbeitet, warf vor einigen Monaten folgende pessimistische Frage auf: Wir haben eine großartige juristische Ausgangslage in Bezug auf die Rassismusfrage während der Jury-Auswahl. Hier bedarf es einer grundsätzlichen Klärung (10). Aber warum sollte das Gericht gerade in Mumias Fall volle Untersuchungen anordnen um dann tausende Menschen vor ihren Türen demonstrieren zu haben? Später an einem anderen, unbekannten Fall könnten sie die verfassungsrechtlichen Fragen, um die es hier geht, sicherlich mit weniger Aufmerksamkeit durchführen.

Ich bin da optimistischer. Ich glaube (und hoffe), dass diese Richter_innen sich nicht um den politischen Druck weder der einen noch der anderen Seite kümmern (11). Sollte ihnen der politische Druck wirklich egal sein, werden wir gewinnen.

Es kann auch hier Tage oder sogar Wochen dauern, bis sie uns mitteilen, wozu sie sich entschieden haben.

Das ist eine sehr lange und komplizierte Antwort auf eine kurze Frage.

(...)

Frage: In Berlin arbeiten ähnlich wie in anderen Städten Europas, der USA sowie deren Nachbarländer verschiedene Gruppen, die Mumia und seine Verteidigung unterstützen. Kommt diese Unterstützung an?

Robert R. Bryan: Was wir von den Leuten brauchen, ist, positiv und "bissig" zu sein. Wir brauchen Demonstrationen, Leserbriefe, kritische Öffentlichkeit... was immer möglich ist, bitte macht es! Macht Krach! Dieser Krach muss in Washington DC im Supreme Court gehört werden können. Und was hier in Europa und gerade in Berlin von euch getan wird, erhält langsam Gehör an der Ostküste der USA. Mumia und ich sind sehr begeistert über eure Unterstützung.

Frage: Wow, wir sind sehr erfreut, dass zu hören, und hoffen, Mumia bald Berlin zeigen zu können, oder?

Robert R. Bryan: Ich habe mit Mumia bereits darüber gesprochen. Sollten wir ihn befreien können, werden viele US-Polizisten, besonders in Philadelphia, darauf aus sein, ihn zu ermorden. Er würde in den USA nicht lange überleben können. Berlin wäre sicherlich ein möglicher Ort für ihn. Und er hätte bestimmt eine Menge Freunde hier.


Mumia-Hörbuchgruppe: Wir danken für dieses Gespräch.

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Anmerkungen/Erklärungen/Links:

(1) am 20.03.09

(2) der Staatsanwaltschaft

(3) Im US-amerikanischen Jury-Prozessen gibt es zuerst die sog. "Schuldfindungsphase" und anschließend die "Urteilsfindungsphase".

(4) Docket: 08-724
Title: Smith v. Spisak
Issue: Did the Sixth Circuit contravene AEDPA by improperly extending Mills v. Maryland?

(5) Das Verfahren gegen Mumia Abu-Jamal fand bereits 1982 statt. Bezirksstaatsanwalt Joseph McGill als auch der Vorsitzende Richter A. Sabo verwendeten zahlreiche Manipulationen und Rechtsbeugungen, um dem Angeklagten einen Polizistenmord unterzuschieben. Wie heute bekannt ist, beruhte die gesamte Verurteilung auf erpressten und gefälschten Aussagen, Entfernen von entlastenden Beweisen und illegaler Beeinflussung der Jury. Mumia Abu-Jamal versucht gerade über die Frage der Jury-Manipulationen, ein komplett neues Verfahren zu gewinnen.

(6) Judge Ambros (3. Bundesberufungsgericht der USA) abweichende Meinung im Original:
 http://www.emajonline.com/files/AMBROS_DISSENT.pdf
Wörtlich sagte er: "...und ich sehe keinen Grund, warum wir Abu-Jamal nicht die Aufmerksamkeit unserer Präzidensfälle geben sollten."
(7) NAACP  http://www.naacp.org/

(8) Text im Original  http://mumia-hoerbuch.de/mumiaenglisch.htm#naacp110309

(9) Es ist bis heute kein Ergebnis bekannt.

(10) Durch sog. Präzidensurteile des USSC werden Gesetze und die daraus resultierende Rechtslage in den USA faktisch mitgestaltet.

(11) Während sich eine sehr diverse, weltweite Bewegung bereits seit zwei Jahrzehnten für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal einsetzt, fordern auf der anderen Seite starke Kräfte des politischen Establishments seine Hinrichtung. Allen voran die Polizeibruderschaft FOP, der momentane Gouverneur Pennsylvanias, Ed Rendell oder auch der ehemalige Homeland Security Minister der USA, Thomas Ridge.

SPAMNIX.free.mumia@gmx.net   http://mumia-hoerbuch.de

Ergänzungen

vollständiges Interview morgen im Radio
FREE MUMIA News 05.04.2009 - 17:27
Das vollständige Interview mit Robert R. Bryan gibt es morgen morgen in den "FREE MUMIA News" zu hören.

Diese Radiosendung ist jeden Monatg um 18 Uhr auf 97,2 FM im Berliner Offenen Kanal oder im internet unter  http://85.214.123.163:8000/metropolis.m3u zu hören.

Online Petition für Mumia
Berliner Bündnis Freiheit für Mumia Abu-Jamal 05.04.2009 - 17:31
Ein mögliche Unterstützung für Mumia ist derzeit die Online-Petition an den Supreme Court. Die ersten 3000 Unterschriften wurden bereits übermittelt.
http://www.petitiononline.com/supreme/petition.html

Der Text in deutscher Übersetzung befindet sich hier:
http://www.zmag.de/nachrichten/mumia-abu-jamal-online-petition
http://mumia-hoerbuch.de/bundnis.htm