MEDIENSPIEGEL 9.4.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- (St)Reitschule: Vorplatz + Subventionen im Stadtrat (19.3.09)
- Telehess 9.4.09
- Demo-Reglement Thun
- Blockade-Urteil Aargau
- Kurzfilm Sans-Papiers-Demo 8.4.09
- Auschaffungs-Haft-Kunst
- Neues von der VPM-Sekte
- G-20-Toter: 2 Videos gegen die Polizei
- Anti-Atom: 30 Jahre Harrisburg-Unfall, Nachuntersuchung bei AKW
Fessenheim
- Mumia Abu-Jamal: Lebenslang
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REITSCHULE
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Mi 08.04.09
19.00 Uhr - SousLePont - Pasta Pasta
Spezialitäten
21.00 Uhr - Rössli-Bar - BASIC
SURVIVAL, ein one-man Musical von und mit Lonesome Andi Haller
Do 09.04.09
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter
special - mit DJ FRATZ, Janine, DJ missBehaviour, Mike & DJ
ELfERich
20.30 Uhr - Kino - UNCUT:
straight, Nicolas Flessa, D 2007, OV, 60min, dvd
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East:
Gypsy Sound System GE & Balkanekspress ZH Support: DJ's Arkadi
& Nikodem CH/POL - Balkanbeats/Gypsysounds/World
Fr 10.04.09
21.00 Uhr - Kino - Tango, C.
Saura, Argentinien 1997, OV/df, 115min, 35mm
22.00 Uhr - Tojo - Tojo Karfreitags
Disko mit DJane Anouk Anouk
22.00 Uhr - Dachstock - Patchwork
presents: J*Davey live Los Angeles, USA, Support: Tom Trago Parra
Soundsystem/Rush Hour, nl & DJ Sassy J Patchwork - New
Wave/Funk/R'n'B
Sa 11.04.09
21.00 Uhr - Kino - Je ne suis pas
là pour être aimé, S. Brizé, F 2005,
OV/d, 93min, 35mm
22.00 Uhr - SousLePont - Jubilé,
Poutre - Beide: F, IndieNoiserock
22.00 Uhr - Dachstock - The Never
Evers CH, Support: The Jackets CH, DJ Larry Bang Bang -
PowerGarageStompin'
So 12.04.09
22.00 Uhr - SousLePont - Bleesch BE,
Rock PLATTENTAUFE, Support: Gsprächstoff BE, Rap/Pop
22.00 Uhr - Dachstock - CunninLinguists
USA, Substantial USA, DJ Draker
18.00 Uhr- Rössli- Bar
Infos: www.reitschule.ch
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Bund 9.4.09
Wild Wild East
Beschwipst
Die Balkan-Beats-Reihe "Wild Wild East" im Dachstock geht in die
nächste Runde. Dieses Mal mit dem Gypsy Sound System: DJ Olga und
Dr.
Schnaps schaffen es, im selben Track grunzende Schweine, "Bella Ciao"
und Sirtaki zusammenzubringen zu einer beschwipsten
Hochgeschwindigkeitstanzmusik. Am selben Abend sind Balkanekspress aus
Zürich zu Gast. Die drei Musiker mit jugoslawischem Hintergrund
verkleben eine ernsthaftere, manchmal sogar melancholische Form von
Balkan Beats mit schleppendem Dub. (reg)
Reitschule Dachstock
Donnerstag, 9. April, 22 Uhr.
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Bund 9.4.09
Sounds: J*DaVey
Die Soul-Futuristen
Prince gehört zu den heissesten Verehrern des Soul-Duos J*DaVey.
Nach
deren exklusivem Berner Auftritt dürften einige weitere
dazustossen.
Ane Hebeisen
Die amerikanische Soulmusik hat sich in den letzten Monaten nicht als
besonders ergiebiger Quell der grossen Innovationen hervorgetan. Das
musikalische Paar J*DaVey aus Los Angeles ist seit 2006 daran, diesen
Zustand zu verbessern. Die Sängerin Briana Cartwright (alias Jack
Davey) war in ihrem früheren Leben der Jazzmusik zugetan,
während ihr
Gespiele Broook D'Leau eher zwischen süffigem Soul und Indierock
schlenkerte. Letztes Jahr ist die Debüt-CD der beiden erschienen,
ein
smoothes Nu-Soul-Album, für das unter anderem der
Roots-Schlagzeuger
?uestlove als Gastmusiker gewonnen werden konnte.
Das Werk gemahnt in seiner Komplexität an die neuesten
Machenschaften
einer Erykah Badu, die Beats sind mehrfach gebrochen und eiern
psychedelisch-elektronisch durch die schwindlig machenden Tracks,
während Briana Cartwright versucht, diesen schiefen Produktionen
einen
poppigen Anstrich zu verpassen. Es gelingt ihr nur bruchstückhaft,
und
genau diese Andeutungen von Pop, diese Verweigerung, sich den
Sachzwängen der Soulmusik zu beugen, ist es, die dieses Projekt so
wertvoll macht.
Doch auch wenn sich auf diesem Album mannigfaltig Wunderliches
abspielt, so richtig zum Strahlen kommt dieses musikalische Bijou in
der Live-Umsetzung, wo sich zum Duo Gitarren, Bass und Schlagzeug
gesellen und das Sound-Bild um eine rockige Komponente erweitert wird.
Prince soll von einem dieser Konzerte so begeistert gewesen sein, dass
er J*DaVey umgehend als Vorband für einen seiner Auftritte im
eigenen
"3121 Club" engagiert hat.
Reitschule Dachstock
Freitag, 10. April, 22 Uhr.
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(ST)REITSCHULE
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Stadtratssitzung 19.3.09
2 Dringliche Interpellation Fraktion
FDP (Philippe Müller, FDP): Keine Bewilligung der Reitschule - und
der
Gemeinderat schaut weg?
Geschäftsnummer 09.000047 / 09/023
Während der wärmeren Jahreszeit fanden im vergangenen Jahr
verschiedene
Musikveranstal-tungen und andere akustisch relevante Aktivitäten
auf
dem Vorplatz der Reitschule statt. Meh-rere Anwohner haben sich
offenbar beschwert. In seinem Antwortschreiben vom 2. Juli 2008
(Beilage) an einen Anwohner bestätigt der Gemeinderat, dass bis
Ende
April keine übermäs-sigen Lärmbelästigungen
entstanden seien, dass sich
dies aber ab Mai (als es wärmer wurde) geändert habe. Und
dann schreibt
der Gemeinderat - Entschlossenheit markierend: "Eine Bewilligung haben
die Betreibenden bislang [d.h. bis 2. Juli] nicht eingeholt. Die
Erteilung einer solchen wäre nicht grundsätzlich
ausgeschlossen, wäre
aber selbstverständlich an die strengen, gesetzlichen Vorgaben
gebunden. Es gelten, wie für alle Musikveranstaltungen, die
Lärmschutzvorschriften mit den entsprechenden Ruhezeiten und
Belastungsgrenzwerten." Und: "Der Gemeinderat toleriert keine
Widerhandlungen gegen die Lärmvorschriften."
Die Realität ist offenbar eine andere. Anspruch und Wirklichkeit
klaffen beim Gemeinderat auseinander. Eine Bewilligung einzuholen ist
offenbar ein Akt der Freiwilligkeit. Die "strengen, gesetzlichen
Vorgaben" gelten "selbstverständlich" - auf dem Papier. Beiliegend
finden sich
- Medienhinweise auf eine Reihe von Veranstaltungen auf dem Vorplatz
der Reitschule - vor und nach dem besagten Schreiben des Gemeinderates
vom 2. Juli 2008
- das persönliche Protokoll eines Anwohners, das zeigt, wie lange
einerseits die Veranstaltungen teilweise gingen (04.55h, 06.40h...),
anderseits wie die Polizei reagierte.
(Beilagen können im RS eingesehen werden.)
Veranstaltungen auf dem Vorplatz der Reitschule gehen in Ordnung.
Voraussetzung ist aller-dings, dass die entsprechende Bewilligung vorab
eingeholt wird, was - wie der Gemeinderat selbst schreibt - zumindest
nicht immer der Fall war, und dass die gesetzlichen
Lärmschutz-vorschriften eingehalten und durchgesetzt werden.
Es ist unverständlich, wenn der Gemeinderat selbst festhält,
dass dies
nicht geschieht - und er dabei tatenlos zusieht. Es ist der
Gemeinderat, der die Stadt gegenüber den Betreibern der Reitschule
vertritt. Der Gemeinderat hat die vertraglich vereinbarten (und die
gesetzlichen) Bestimmungen durchzusetzen. Genau so wie in anderen
Bereichen auch.
Wir richten folgende Fragen an den Gemeinderat:
1. Für welche Veranstaltungen in beiliegenden
Protokoll/Veranstaltungshinweisen wurde vorab eine Bewilligung
eingeholt und für welche nicht?
2. Weshalb nicht für alle (Begründung Betreiber =
Vertragspartner der Stadt)?
3. Was hat der Gemeinderat dagegen unternommen?
4. Wie kann der Gemeinderat im gleichen Schreiben an einen Anwohner von
den "strengen gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer
Bewilligung" sprechen und gleich- zeitig lapidar festhalten, dass keine
Bewilligung eingeholt wurde? Erachtet der Gemeinderat die Einholung
einer Bewilligung als freiwilligen Akt?
5. Gab es Widerhandlungen gegen die Lärmschutzvorschriften? Wurden
die
Ruhezeiten und die Belastungsgrenzwerte eingehalten? Wurde das
gemessen?
6. Was hat der Gemeinderat gegen allfällige Widerhandlungen (die
er ja angeblich "nicht toleriert") unternommen?
7. Hat die Polizei nach Meinung des Gemeinderates richtig interveniert?
Was könnte sie allenfalls anders/besser machen?
8. Wie ist das Problem zu lösen, auch im Hinblick auf die kommende
warme Saison?
Begründung der Dringlichkeit:
Das Problem ist ungelöst - gesetzliche und vertragliche
Vorschriften
werden offenbar, zum Nachteil von Anwohnern, nicht eingehalten. Das
Problem muss jetzt umgehend angegangen werden, bevor (in der
wärmeren
Jahreszeit) wieder solche Veranstaltungen auf dem Reithalle-Vorplatz
stattfinden.
Bern, 19. Februar 2009
Antwort des Gemeinderats
Zu Frage 1: Bei der zuständigen Direktion wurde für keine der
Veranstaltungen, welche in der Beilage zur Interpellation
aufgeführt
sind, eine Bewilligung eingeholt. Der bis 0.30 Uhr zuläs-sige
Barbetrieb auf dem Vorplatz der Reitschule ist Bestandteil der durch
das Regie-rungsstatthalteramt bewilligten Gesamtbaubewilligung.
Bewilligungsbehörde für Musikauffüh-rungen und das
Benützen von
Lautsprechern auf dem Vorplatz ist die Orts- und Gewerbepoli-zei.
Für
einen entsprechenden Anlass wäre seitens der Betreiberinnen und
Betreiber der Reitschule jeweils eine Lautsprecher- bzw.
Musikbewilligung einzuholen, solange eine derar-tige Bewilligung nicht
Bestandteil der Betriebsbewilligung ist.
Diesbezüglich stand die zuständige Direktion mit den
Betreiberinnen und
Betreibern der Reit-schule in Kontakt. Zweimal fand ein Gespräch
statt,
wobei seitens der Stadt das Veranstal-tungsprogramm verlangt wurde, um
allenfalls nach eingegebenem Gesuch eine Bewilligung zu erteilen. Davon
haben die Betreiberinnen und Betreiber der Reitschule keinen Gebrauch
gemacht. Der Kontakt ist in der Folge abgebrochen.
Zu Frage 2: Siehe Antwort zu Frage 1. Die Betreiberinnen und Betreiber
der Reitschule haben den Kontakt mit der Orts- und Gewerbepolizei
abgebrochen.
Zu Frage 3: Der Gemeinderat hat die Kantonspolizei aufgefordert, auf
dem Vorplatz der Reit-schule keine Verletzung der Lärmvorschriften
zu
akzeptieren und die Ruhezeiten durchzuset-zen. Die Kantonspolizei wurde
beauftragt, bei übermässigen Lärmemissionen während
den Ruhezeiten
einzuschreiten und die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen.
Zu Frage 4: Die Kantonspolizei wurde unverzüglich nach
Bekanntwerden
der Lärmklagen vom Gemeinderat beauftragt, für Ruhe und
Ordnung zu
sorgen (vgl. auch Antwort zu Frage 3). Der Gemeinderat erachtet die
Einholung einer Bewilligung nicht als freiwilligen Akt, sondern als
unabdingbare Voraussetzung.
Zu Frage 5: Seit dem 1. Januar 2008 obliegen Interventionen im
Zusammenhang mit Nachtru-hestörungen der Kantonspolizei. Ebenso
ist die
Kantonspolizei zuständig für Kontrollen und
Schallpegelmessungen nach
der Verordnung vom 28. Februar 2007 über den Schutz des Publikums
von
Veranstaltungen vor gesundheitsgefährdenden Schalleinwirkungen und
Laser-strahlen (Schall- und Laserverordnung; SLV; SR; 814.49). Bei der
Kantonspolizei sind im Zeit-raum vom 1. Mai bis 13. August 2008
insgesamt 39 Lärmklagen eingegangen. Die Klagen betrafen
mehrheitlich
die Nächte von Donnerstag bis Sonntag.
Zu Frage 6: Die Kantonspolizei wurde unverzüglich nach
Bekanntwerden
der Lärmklagen vom Gemeinderat beauftragt, für Ruhe und
Ordnung zu
sorgen (vgl. auch Antwort zu Frage 3). Gemäss eigenen Angaben
versuchte
die Kantonspolizei beim Eingang von Lärmreklamatio-nen als erste
Massnahme, die IKuR-Verantwortlichen via Kontakttelefon der Reithalle
in ihre Pflicht zu nehmen. Zudem wurden Polizeikräfte vor Ort
beordert,
um direkt einzuwirken. Dies war allerdings nur dann möglich, wenn
nicht
das Risiko einer Gewalteskalation vorhanden war oder entstand. Im
Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.
Zu Frage 7: Eine abschliessende Beurteilung ist aus Sicht des
Gemeinderats nicht möglich. Gemäss Artikel 23 des kantonalen
Polizeigesetzes vom 8. Juni 1997 (PolG; BSG 551.1) ha-ben polizeiliche
Interventionen nach dem Grundsatz des
Verhältnismässigkeitsprinzip zu
er-folgen. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass es für die
Polizeikräfte im Raum Reitschu-le häufig schwierig ist,
verhältnismässig zu intervenieren.
Zu Frage 8: Im November 2008 haben Mitarbeitende von städtischen
Stellen mit der Regie-rungsstatthalterin die Problematik "Vorplatz
Reitschule" besprochen. Der Gemeinderat hat in der Folge eine
städtische Arbeitsgruppe mit einer Vermittlerperson, Frau
Regierungsstatthal-terin Mader, bestimmt und die Arbeitsgruppe
beauftragt, eine wirksame Lösung zu finden. Die Gespräche
sind in Gang
und das Ziel ist, soweit eine Bewilligung erteilt werden kann, eine
klare verbindliche Regelung mit überprüfbaren Eckwerten zu
erarbeiten
und diese durchzu-setzen.
Bern, 18. März 2009
- Auf Antrag des Interpellanten beschliesst der Rat Diskussion. -
Philippe Müller (FDP), Interpellant: Worum geht es bei diesem
Geschäft?
Die Reitschule ver-anstaltet Events, die mit erheblichen akustischen
Emissionen verbunden sind. Ganz allgemein gibt es für solche
Veranstaltungen, wie mittlerweile beinahe für alles in unserem
freiheits-feindlichen Staat, erstens Grenzwerte und zweitens ein
Bewilligungsregime. Für das Hinterste und Letzte braucht es heute
eine
Bewilligung. Eingeführt wurde dies in den meisten Fällen von
den
Regulierungsfanatikern in den linken Parteien. Wenn man das
Bewilligungswesen schon hat, soll es für alle gelten. Ich
persönlich
könnte auf die meisten Grenzwerte verzich-ten. Es geht jedoch
nicht an,
die einen zu schikanieren und mit irgendwelchen Bewilligungs-verfahren
fernzusteuern und bei andern - meist bei denselben - werden beide Augen
zuge-drückt. Hier kommt noch dazu, dass es ein Gebot der
Rücksichtnahme
gibt; in diesem Fall werden Anwohnende erheblich in ihrem Wohlbefinden
gestört. Aber auch mit Rücksichtnahme und Respekt
gegenüber andern ist
es doch so, nicht selten sind diejenigen am rücksichtloses-ten,
die
sonst jede erdenkliche Rücksichtnahme und Spezialbehandlung
für sich
beanspru-chen.
Die Reitschule ist ganz klar verpflichtet, die Lärmgrenzwerte
einzuhalten und vor allem Bewil-ligungen für ihre Anlässe
einzuholen,
und dies macht sie einfach nicht. Wie reagiert der Ge-meinderat darauf?
Gar nicht. Er schiebt alles auf die Kantonspolizei ab. Wenn es der
Polizei in dieser Stadt nicht gelingt, ein Fahrverbot durchzusetzen,
dann reagiert der Gemeinderat, und zwar postwendend und radikal. Es
werden Poller hingestellt, die nicht nur vom Erschei-nungsbild, sondern
auch von ihrer Wirkung her mittlerweile an frühere Panzersperren
erin-nern. Aber bei der Reitschule, wo die Polizei regelmässig mit
Flaschenwürfen und Ähnlichem begrüsst wird, handelt der
Gemeinderat
nicht. Man führt Gespräche und bringt damit eigent-lich Angst
zum
Ausdruck. Mit diesen Menschen ist jedoch ein Gespräch fehl am
Platz.
Die Bewilligungspflicht besteht, die Grenzwerte bestehen: Es gibt gar
keinen Spielraum für kleine Diskussionen.
Der Gemeinderat schreibt in seiner Antwort, man müsse Eckwerte
erarbeiten. Aber hallo, die-se Eckwerte bestehen bereits. Hat der
Gemeinderat bereits einmal mit Autofahrenden die Eckwerte eines
Fahrverbots diskutiert? Sicher nicht. Nun gibt es nur einen Weg: Die
beste-henden Regeln endlich und einigermassen ausgeglichen
durchzusetzen; dies ist der Job der Exekutive - nicht die einen
übertrieben hart anfassen und die anderen stets wieder schonen und
bevorzugen. Genau diese Ungleichbehandlung empfinden viele Menschen in
dieser Stadt als stossend. Der Gemeinderat hat es in der Hand. Die
Reithalle hat einen Vertrag mit der Stadt und erhält Subventionen.
Also, liebe Mitglieder des Gemeinderats, macht endlich etwas! Besser
handeln, als die beleidigte Leberwurst zu spielen, wenn andernfalls
wieder die berech-tigten Kommentare folgen.
Ich möchte heute vom Gemeinderat noch hören, wie er gedenkt,
die
bestehende gesetzliche Regelung durchzusetzen. Dieser
"Gschprächligugus" ist keine Antwort darauf. Dieser kann
nämlich an den
bestehenden Regeln nichts ändern und bringt deshalb nichts. Die
vorliegende Antwort ist keine Antwort auf die gestellten Fragen und
deshalb nicht befriedigend. Es wäre gut, wenn dieser Gemeinderat
endlich aus seiner Verschleierungs- und Verzögerungslethar-gie
herausfinden könnte.
Fraktionserklärungen
Rahel Ruch (JA!) für die GB/JA!-Fraktion: Dieser Vorstoss zeigt
einmal
mehr, dass die Reit-schule ein äusserst beliebtes Thema ist, wenn
es
darum geht sich zu profilieren. Letzten Frei-tag hat die Reitschule und
der Förderverein der Reitschule auf die Beliebtheit reagiert und
alle
Mitglieder des Stadt- und Gemeinderats zur Führung mit
Apéro ins
Kulturzentrum einge-laden. Nebst der linken Ratshälfte waren auch
die
BDP/CVP- und die SVPplus-Fraktion ver-treten. Leider kam niemand aus
der Mitte, weil doch von dieser Seite in letzter Zeit sehr viele
Vorstösse zur Reitschule eingereicht wurden. Dies ist schade, so
könnten solche Missver-ständnisse und
Meinungsverschiedenheiten
vielleicht auch einmal besprochen werden und die Gespräche
würden doch
einmal etwas nützen.
Zum Thema Vorplatzkonzert: Die Konzerte während des Jahrs
wären
eigentlich alle für die Innenräume der Reitschule geplant
gewesen. Sie
wurden auf den Vorplatz verlegt, weil sich die Drogensituation dort
derart verschärft hat. Während die Stadt diese
Drogenproblematik ein
wenig verschlief, musste sich die Reitschule wehren und handeln. Sie
hat zumindest den Vorplatz durch die Konzerte und das Abendprogramm
einladend gestaltet. Dies war nicht ein-fach eine freiwillige Verlegung
eines Kulturprogramms, sondern es war eine Notmassnahme, um die
Reitschule zu schützen. Dieses Ziel wurde auch erreicht. Es war
wahrscheinlich allen lieber, einen Platz zu betreten, der lebt, wo
Menschen sich aufhalten, als einen ge-spenstischen, ruhigen, dunklen
"Drogenumschlagplatz" vorzufinden.
Der Gemeinderat schreibt in seiner Antwort, dass die Reitschule nach
zwei Gesprächen nicht auf das Bewilligungsverfahren eingestiegen
sei.
Dieser Punkt ist schwierig, weil die Debatten um den Vorplatz in die
ganzen Diskussionen um die Gestaltung des ganzen Perimeters
Schützenmatt-Bollwerk eingebettet sind. Und die Bewilligungsfragen
waren Teil der ordentli-chen Gespräche zwischen der Stadt und der
Reitschule. Wie wir wissen, hat die Stadt die Gespräche nach dem
Abgang
von Christoph Reichenau unterbrochen und eine Denkpause eingelegt.
Deshalb sind auch diese Diskussionen versandet. Was das weitere
Vorgehen an-belangt, ist die GB/JA!-Fraktion froh, dass nun endlich
wieder Gespräche zwischen der Stadt und der Reitschule
stattgefunden
haben. Die Reitschule ist bereits seit Dezember 2008 mit Regula Mader
im Gespräch, was die allfälligen Konzerte im Jahr 2009
betreffen. Ich
kann beruhigen, es wird alles, was in dieser Saison ansteht,
ordnungsgemäss bewilligt werden.
Übrigens noch eine Anmerkung: Heute Abend findet nicht, wie in der
Berner Zeitung vor rund einem Monat angekündigt hat, das erste
Vorplatzkonzert wieder statt, sondern das "Rössli" wird
eröffnet. Das
ist die neue Bar ganz vorne in der Reitschule. Wer letzten Freitag bei
der Begehung nicht dabei war, könnte doch heute Abend nach der
Stadtratssitzung noch hinge-hen.
Erich Hess (JSVP) für die Fraktion SVPplus: Zum selben Thema habe
ich
letzten Sommer eine Kleine Anfrage an den Gemeinderat gerichtet. Dort
hat er erstaunlicherweise ganz an-ders geantwortet als bei der
vorliegenden Dringlichen Interpellation. Ich habe den Eindruck, der
Gemeinderat schiebe die ganze Schuld ein wenig auf die Kantonspolizei
ab, übernimmt aber selber keine Verantwortung für das, was er
letzten
Sommer toleriert hat. Ich bin ganz klar der Auffassung, es müsse
das
gleiche Recht für alle in dieser Stadt gelten, also auch für
die
Betreibenden der Reithalle. Ich weiss nicht, ob diese die Konzerte auf
dem Vorplatz durchgeführt haben, damit die Menschen in der Menge
noch
besser dealen können - unter vielen Menschen ist es viel
angenehmer,
einander Drogen zu verkaufen und es fällt auch we-niger auf.
Ich persönlich bin vom Gemeinderat ein wenig enttäuscht. Er
resigniert
beinahe; denn er tut kund, er hätte dort keinen Einfluss nehmen
können,
dies wäre Aufgabe der Kantonspolizei. Ich glaube jedoch, dass der
entsprechende Auftrag des Gemeinderats gefehlt hat, nämlich dass
dort
konsequent durchgegriffen werden soll; wenn es nicht anders
möglich
ist, mit einem Grossaufgebot der Polizei. Die Anlässe fanden nicht
nur
ein- oder zweimal statt, sondern re-gelmässig den ganzen Sommer
hindurch - über vierzig Mal. Der Gemeinderat hätte also dort
ausreichend Möglichkeiten gehabt, klare Aufträge an die
Kantonspolizei
zu erteilen, um Ruhe und Ordnung durchzusetzen.
Ich komme noch zurück auf die Einladung der
Reithallenbetreibenden:
Meines Erachtens ha-ben sie das Apéro etwas früh angesetzt.
Zu dieser
Zeit arbeitete ich noch und allein habe ich wahrscheinlich nicht die
Erlaubnis, in die Reithalle zu gehen, sonst komme ich wohl nicht mehr
unversehrt wieder raus.
Erik Mozsa (GFL) für die GFL/EVP-Fraktion: Eigentlich wollte ich
hier
nichts mehr sagen, aber das Votum von Rahel Ruch zwingt mich doch zur
Replik. Ihre Äusserungen waren doch etwas einseitig. Es war ganz
klar
so, dass bei der im letzten Sommer betriebenen Vorplatz-Bar klar die
Absicht geäussert wurde, gegen den Drogendeal vorzugehen; aber
gleichzeitig kam aus der Reitschule eine E-Mail, PINTO hätte dort
nichts zu suchen und sei dort unerwünscht. Wenn gesagt wird, man
wolle
wirklich gegen Drogendealer vorgehen, ist das doch ein wenig
Schönfärberei.
Der Fraktion ist es grundsätzlich wichtig, dass die bestehenden
Verträge, die Sicherheitsver-einbarung wie auch die
Lärmvorschriften
eingehalten werden. Es soll für uns nicht einfach ein Papiertiger
bleiben. Unsere hier vor einigen Wochen behandelte Motion bietet die
Möglichkeit, mehrere Probleme, die im Umfeld und innerhalb der
Reitschule vorhanden sind, zu lösen. Bereits das letzte Mal habe
ich
festgestellt, dass mehrmals - auch beim Lärm - gegen die
Vereinbarungen
verstossen wurde. Dies darf nicht mehr passieren. Ich konnte soeben in
der Antwort des Gemeinderats lesen, dass mehrere Kontakte, die man mit
den Betreibenden der Reitschule aufzunehmen versuchte, einfach im Sand
verliefen; dies geht nicht an und wir empfinden diese
Ungleichbehandlung als sehr stossend. Es war tatsächlich so, dass
im
letz-ten Sommer die Lautstärke teilweise massiv überschritten
wurde und
dies für viele Anwoh-nende zu einem Problem wurde. Wir sind froh,
dass
nun die Stadt mit Regula Mader eine Person benannt hat, die
regelmässig
Gespräche mit der IKuR führt. Wir erhoffen uns dabei eine
Lösung der
vorhandenen Probleme, damit künftig derartige
Lärmüberschreitungen
ange-gangen werden können. Im Weiteren existiert unsere Motion.
Giovanna Battagliero (SP) für die SP/JUSO-Fraktion: Auch ich wurde
nun
noch nach vorne gelockt. Grundsätzlich begrüssen wir, wenn
die
Betreibenden der Reitschule mit ihren Mög-lichkeiten etwas
für die
Belebung des Vorplatzes unternehmen, um den Drogendeal
ein-zuschränken.
Selbstverständlich müssen dabei die Lärmgrenzwerte
eingehalten werden.
Uns liegt das Wohl der Anwohnenden sehr wohl am Herzen, aber auch
dasjenige der Anwohnen-den im Ostring. Wenn hier der FDP-Sprecher und
der Interpellant derart stark auf die Einhal-tung der
Lärmgrenzwerte
pochen: Im Ostring werden seit Jahrzehnten die Lärmgrenzwerte
dauernd
überschritten. Wir sind gespannt auf die Vorschläge der FDP.
Mario Imhof (FDP) für die FDP-Fraktion: Ich war am Freitag auch in
der
Reithalle anwesend, aber ein wenig später, es war beinahe Samstag.
Es
ging relativ friedlich zu und her. Niemand wollte mir Drogen verkaufen,
ich hatte diese selbst dabei.
Es gibt ja nun ein neues Restaurant, das "Rössli". Nun möchte
ich vom
Gemeinderat wissen, wer das Wirtepatent hat und wie diese Person
heisst.
Einzelvoten
Luzius Theiler (GPB): Dieser Vorstoss scheint einfach ein weiterer in
der langen Reihe von Vorstössen zu sein, die stets wieder
eingereicht
werden und die den Betrieb der Reitschule in Schwierigkeiten bringen
wollen und die im Weiteren - ich weiss nicht ob bewusst oder unbe-wusst
- darauf tendieren, das ganze Bollwerk in einen schlechten Ruf zu
bringen. Heute war in der Zeitung "Der Bund" ein sehr interessanter
Leserbrief eines Gastwirten zu sehen - nota-bene kein Konkurrent des
Reitschulgastbetriebs -, der darüber schrieb, wie all diese, die
sich
bemühen, das Bollwerk aufzuwerten, damit es wieder im besseren
Licht
erscheint, stets von Neuem durch die behördlichen Massnahmen
gehemmt
werden. Ich erinnere daran, und das sollte eigentlich die SVP auch
interessieren -, dass beim Bollwerk einige aufstrebende
Ge-werbebetriebe entstanden sind. Es ist im Interesse dieser Betriebe,
dass in dieser Gegend wieder mehr läuft, damit auch wieder ein
vielfältigeres Publikum dorthin kommt. Und mit was lockt man die
Personen an? Dies tut man in Gottes Namen mit Musik. Und wenn dort ein
viel-fältiges Publikum anwesend ist, wenn die Veranstaltungen gut
besucht sind, kann ein Teil dieser Missstände, die man zu Recht
wieder
beklagt, eliminiert werden. Sehen Sie dies doch einmal positiv. Die
Reitschule kann machen, was sie will, es wird negativ beurteilt - das
hat soeben das letzte Votum wieder gezeigt betreffend Eröffnung
des
"Rösslis", dies ist auch wie-der ein Schritt zur Aufwertung des
ganzen
Gebiets und der Reitschule.
Zur Lärmproblematik: Mich würde interessieren, wie viele
Anwohnende es
dort hat. Es ist nun wirklich kein Wohngebiet, sondern eines der
lärmbelastendsten Gebiete der Stadt Bern, auch wenn dort keine
Musik
läuft, sei es der Strassenlärm, der Eisenbahnlärm etc.
Wenn irgendwo
Musik gemacht werden kann in der Stadt, ohne jemanden stören zu
wollen,
dann ist es dort auf der Schützenmatte.
Jimy Hofer (parteilos): Ich habe der Einladung der Reithalle Folge
geleistet und war letzten Freitag auch in der Reitschule. Ich war
bereits seit Langem nicht mehr dort. Dabei wurde uns eine
Schokoladenseite präsentiert. Diese Personen, worüber man
sonst
spricht, waren abwe-send; nicht einmal Dealer waren draussen. Ich weiss
nicht, wie man es geschafft hat, dass diese am Freitag gerade weg
waren. Auch als ich gestern erneut schauen ging, waren sie nicht da.
Ich hoffe, dieses Problem hätte sich nun erledigt.
Ich habe jedoch Folgendes festgestellt: Seit 30 Jahren führe ich
einen
kleinen Betrieb. Und ich bin natürlich in der Lage, unseren
Security-Dienst selber machen zu können. Derjenige, der anwesend
ist,
kann ihn ausführen. Eine Reithalle jedoch ist im Vergleich zu
meinem
Be-trieb - und ich versuchte dies dort zu erklären - angesichts
der
Grösse ein Shoppyland: mit einer Unmenge an Angeboten, mit
schönen
kulturellen Einrichtungen, wo wir uns überzeugen konnten, dass
diese
Sinn machen und wahrscheinlich auch funktionieren. Aber dies bedingt
natürlich auch einen umso grösseren Security-Dienst. Wenn
dies nun in
meinem Zuständig-keitsbereich liegen würde, müsste ich
dort an einem
Freitag- oder Samstagabend 30 Security-Personen organisieren um zu
garantieren, dass die Besucherinnen und Besucher nicht Angst haben
müssten, dass sie nicht belästigt und angepöbelt
würden. Meines
Erachtens wird die-ser Punkt von den Betreibenden der Reithalle stark
vernachlässigt. Sie haben stets noch das Gefühl, sie
könnten
basisdemokratisch selbst den grössten Schläger aus der
Reithalle
ver-treiben. Das geht schlichtweg nicht. Dies sind Tatsachen, die sich
über Jahre wiederholen; man weiss, dass ein solcher Grossbetrieb,
ein
Shoppyland in Sachen Kultur, ein anständiger Security-Dienst
benötigt -
ein zuverlässiger Ansprechpartner wie bei den Matchs von YB oder
SCB,
wo wir involviert waren oder noch sind. Ein Dienst, der mit der
Behörde
kommuniziert. So kann man auch einen Ablauf eines Kulturbetriebs
garantieren. Dies wird jedoch nicht ge-macht und man lässt die
Sache
schlittern - der eine schaut für sein Theater, der andere für
sein
Restaurant.
Denjenigen beim "Rössli" habe ich bedauert, er war ganz allein auf
weiter Flur. Als ich ihn fragte, wie viele Personen ihm helfen
würden,
erwiderte er: "Ja ab und zu kommen einige Personen." Er stand dort mit
seinem blauen Auge und sagte weiter: "Aber meistens stehe ich ganz
alleine draussen." Das macht man doch nicht, wenn man schon
basisdemokratisch sein will, muss man doch auch zusammenhalten und die
Probleme gemeinsam lösen, statt einan-der im Regen stehen zu
lassen.
Jedenfalls habe ich das so verstanden, andernfalls hat er mir nicht die
Fakten erzählt.
Noch zu Luzius Theiler. Ich denke, die Dringliche Interpellation von
Philippe Müller bringt die Reithalle nicht in Schwierigkeiten,
denn
diese hat sich bis anhin stets selbst in Schwierigkei-ten gebracht.
Direktor SUE Reto Nause für den Gemeinderat: Die
Betriebsbewilligung
für die Reitschule, und da gehören auch die
Gastgewerbebetriebe
innerhalb der Reitschule dazu, wird vom Re-gierungsstatthalteramt
erteilt. Deshalb, lieber Mario Imhof, kann ich Ihnen heute nicht sagen,
wer als Wirt im "Rössli" amtet, da wir keine Bewilligung erteilt
haben.
Der Barbetrieb auf dem Vorplatz der Reitschule bis morgens um 00.30 Uhr
ist Teil dieser Betriebsbewilligung. Wenn nun aber
Musikaufführungen
mit Lautsprecher stattfinden, dann ist eine Bewilligung der Orts- und
Gewerbepolizei nötig. Für all diese Events, die in der
Interpellation
aufgelistet sind, wur-den keine derartigen Bewilligungen eingeholt. Die
Stadt hat das Veranstaltungsprogramm eingefordert, konsultiert und hat
sich auch bei der IKuR entsprechend kundig gemacht. Die Stadt forderte
die Einreichung von Gesuchen und Bewilligungen. In der Folge brach
jedoch der Kontakt ab. Es ist auch nicht so einfach, wie Rahel Ruch
geäussert hat, dass die An-sprechpartner und Personen nicht ganz
klar
gewesen seien. Es ist ganz klar, dass Musikauf-führungen von der
Orts-
und Gewerbepolizei bewilligt werden müssen. Dies wissen in der
Stadt
Bern eigentlich alle. Für den Gemeinderat ist klar, Bewilligungen
sind
nicht freiwillig. Er hat die Kantonspolizei deutlich angewiesen, auf
dem Vorplatz einzuschreiten, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Der
Gemeinderat ging sogar noch weiter: Man rief PINTO und die Securi-tas
auf den Plan, um die Situation dort zu beruhigen. Sie wissen, dass
derzeit Gespräche unter der Führung von Regula Mader
stattfinden. Aus
Sicht des Gemeinderats muss das Ziel dieser Gespräche sein, zu
geregelten Abläufen, zu bezeichneten Ansprechpersonen, zu ei-nem
Verhältnis zu kommen, das in geordneten Bahnen abläuft.
Philippe Müller (FDP): Damit man das auch in den Medien
gehört hat: Die
FDP war an diesem Anlass vertreten. Zwischendurch gehe ich auch
dorthin, kündige dies aber aus naheliegenden Gründen nicht
an.
Die schönen Gespräche werden ohnehin seit Jahren bereits zu
allen
möglichen und unmögli-chen Themen geführt. Ich
möchte nun vom
Gemeinderat wissen, was er zu unternehmen ge-denkt, falls die
Gespräche
zu keinem Erfolg führen, die Kontakte wieder abbrechen, so wie das
im
letzten Jahr geschah. Ob die Sache wieder auf die Polizei abgeschoben
wird oder ob der Gemeinderat selber auch etwas unternimmt,
beispielsweise was die Regelungen im Ver-trag anbelangt.
Direktor SUE Reto Nause für den Gemeinderat: Die Gespräche
sind wieder
im Gang. Sie ver-liefen in einer ersten Runde durchaus konstruktiv.
Wenn nun in der Folge wieder Veranstal-tungen stattfinden, für die
keine Bewilligung eingeholt wurde, werden wir die Kantonspolizei
anweisen.
Beschluss
Der Interpellant ist mit der Antwort nicht zufrieden.
---
11 Motion Dieter Beyeler/Robert Meyer
(SD): Subventionssperre für die IKuR
Geschäftsnummer 08.000185 / 08/372
Einmal mehr kam es am Samstag, 17. Mai 2008 zu gewalttätigen
Ausschreitungen in Zusam-menhang mit der unbewilligten Kundgebung
"Reclaim the Streets" vor der Reitschule.
Einmal mehr wurde die Reitschule, unter Duldung der IKUR als
Betreiberin, als Rückzugs-Hort und Fluchtweg missbraucht.
Gemäss dem geltenden Leistungsvertrag, der die Aufgaben und vor
allem
die Pflichten klar umschreibt und regelt, sehen die so genannten
Sicherheitsvereinbarungen vor, dass die Poli-zei auch innerhalb der
Reitschule interveniert.
Entgegen anders lautenden Aussagen entspricht dies jedoch nicht den
Interessen der IKUR. Ebenso wird die Forderung der Stadtregierung,
gewalttätigen Randalieren und Vermummten keinen Unterschlupf zu
gewähren, völlig negiert. Offensichtlich wird hier der
Gemeinderat seit
Jahren an der Nase herumgeführt. Dieser unhaltbaren Situation muss
endlich Einhalt geboten werden; und offenbar ist dies nur unter
massivem Druck möglich.
Aus diesem Grund stellen wir folgenden Antrag an den Gemeindrat:
Der Gemeinderat wird beauftragt, als Gegenmassnahme sämtliche
weiteren
Zahlungen ge-mäss Leistungsvertrag bis auf weiteres einzustellen.
Bern, 22. Mai 2008
Antwort des Gemeinderats
Seit dem Jahr 2004 besteht mit der Interessengemeinschaft Kulturraum
Reitschule, IKuR ein Leistungsvertrag. Zuletzt wurde dieser für
die
Jahre 2008 bis 2011 abgeschlossen, mit einer Subvention von Fr.
378
780.00 versehen und vom Stadtrat an seiner Sitzung vom 22. März
2007
genehmigt. Dabei fliesst der überwiegende Teil der Subvention
direkt an
Stadtbauten Bern zur Begleichung der Miete. Die der IKuR ausbezahlten
restlichen Fr. 60 000.00 werden für die Mietnebenkosten eingesetzt
und
decken diese etwa zur Hälfte.
Neben dem Subventionsvertrag besteht zwischen der Stadt Bern und der
IKuR eine Vereinba-rung betreffend Sicherheit in der Reitschule aus dem
Jahr 2003. Darin ist im Wesentlichen festgehalten, dass die IKuR bei
Gefahr in Verzug den freien Zugang von Polizei, Sanitätspoli-zei
oder
Feuerwehr zu allen Räumen und dem Vorplatz zu gewährleisten
hat,
Kontaktperso-nen für die Behörden benennen muss und sich bei
polizeilichen Kontrollen auf dem Vorplatz jeglicher Provokation
enthält.
Zu den jüngsten Ereignissen auf dem Vorplatz der Reitschule, nicht
nur
jenen in der Motion direkt angesprochenen, hat der Gemeinderat sein
Bedauern ausgedrückt. Er hat zudem ge-eignete Schritte
unternommen,
auch gegenüber der IKuR, damit die Zusammenarbeit insbe-sondere
mit der
Polizei verbessert und Lärmschutzvorschriften sowie Ruhezeiten
eingehalten werden. Damit wird sich die Drogenproblematik auf dem
Vorplatz noch nicht lösen. Erst mit einem zweiten Standort
können
grössere Ansammlungen von Drogenabhängigen und Dealern nach
Schliessung
der bestehenden Stelle an der Hodlerstrasse verhindert bzw. von der
Poli-zei gezielt aufgelöst werden.
Die von den Motionären geforderte Nichteinhaltung des
Subventionsvertrags mit der IKuR durch den Stopp aller Zahlungen -
jener an Stadtbauten Bern und jener für die Nebenkosten an die
IKuR -
würde keinen Beitrag zur Lösung des Problems bringen. Der
Gemeinderat
ist überzeugt, dass der Weg des direkten Gesprächs weiter
bringt und
verspricht sich vor allem von der Eröffnung eines zweiten
Standorts
eine deutliche Verbesserung.
Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Motion abzulehnen.
Bern, 15. Oktober 2008
Dieter Beyeler (SD), Motionär: Fakt ist, die Reitschule wird
subventioniert - notabene mit Steuergeldern von Bürgerinnen und
Bürgern
der Stadt Bern, und das mit einem beachtlichen Betrag von 308 000
Franken jährlich. Dies ist sehr viel Geld für eine einzige
Kulturinstitution, insbesondere dann, wenn sie sich nicht an die
gültigen und vereinbarten Regeln hält oder vorgibt, dies
nicht tun zu
können. Der Ist-Zustand ist aus dieser Sicht eine reine
Steuergeld-verschwendung. Wer zahlt, befiehlt. Die Steuerzahlenden in
der Stadt Bern, aber auch der Stadtrat hat jährlich
Subventionsgelder
gesprochen in der Annahme, dass damit ein einwand-frei funktionierender
Kulturbetrieb in der Reitschule gewährleistet ist, sei dies nun
vor
oder in der Reitschule. Bekanntlich wurde diese Verpflichtung seitens
der Reitschule bislang nicht oder ganz selten eingehalten. Die IKuR
toleriert aber, dass sich linke Chaoten, Terrorgruppen und Kriminelle
in der Reitschule eingenistet haben, die von hier aus ihre
Aktivitäten
organisie-ren. Seien dies nun unbewilligte, gewalttätige
Demonstrationen oder wie gehabt Überfälle auf die
Polizeifahrzeuge
inklusive grosser Sachbeschädigungen. Es besteht eine unhaltbare
und
inakzeptable Situation. Für uns bedeutet dies ganz klar einen
Vertragsbruch, und somit muss man sich endlich überlegen, welche
Sanktionen ergriffen werden müssen, um dem vereinbar-ten
Leistungsvertrag und seinen Verpflichtungen zum Durchbruch zu verhelfen
oder ihn eben zu erzwingen, wenn es nicht anders geht. Dies wäre
eigentlich Aufgabe des Gemeinderats, um die er sich seit Jahren
drückt.
Die geforderte Subventionssperre ist nur eine von mehreren
Möglichkeiten. Aber eine, die schmerzt und deshalb eben sehr
geeignet
ist, ein Umdenken der Reitschulbetreibenden zu erreichen. Sanktionen
kann man dem hängigen Vorstoss von Erik Mosza entnehmen, der neben
eigenen Forderungen auch längst fällige Massnahmen
bürgerlicher
Politiker beinhaltet.
Der Gemeinderat hält in seiner Antwort fest, dass eine
Vereinbarung
besteht, worin festgehal-ten ist, dass die IKuR bei Gefahr ohne Verzug
den freien Zugang von Ordnungskräften zum Vorplatz und zu allen
Räumen
in der Reitschule zu gewährleisten hat; damit macht er ja sel-ber
auf
die bestehende Problematik aufmerksam. Die Vereinbarung wurde noch nie
eingehal-ten. Der spezielle Heisse Draht zur Polizei ist in
entscheidenden Momenten bewusst nicht besetzt. Wir haben also einen
Vertrag, der seit jeher ein reiner Papiertiger darstellt, völlig
wertlos, weil nie eingehalten. Im Übrigen finde ich die Antwort
des
Gemeinderats mehr als nur schwach, wenn man dies als Antwort bezeichnen
darf. Der Gemeinderat hat nun zwei Mög-lichkeiten: Er bedauert die
kommenden zukünftigen Vorfälle weiter, so wie er es bis anhin
stets
gemacht hat, setzt weiterhin auf die seit Jahren erfolg- und nutzlosen
Gespräche, so wie er es in der Vergangenheit unzählige Male
gemacht hat
oder er handelt jetzt endlich, wie es eigentlich seine dringliche
Aufgabe wäre. Dafür bezieht er auch ein grosszügiges
Salär, also darf
Leistung erwartet werden.
Die Drogenproblematik auf dem Vorplatz haben wir in unserer Motion gar
nicht angesprochen. Dies ist ein anderes Kapitel, das der Gemeinderat
ebenfalls nicht im Griff hat. Und wie wir mittlerweile wissen, hat sich
die Hoffnung auf eine zweite Drogenanlaufstelle zerschlagen, nicht
zuletzt deshalb, weil die Stadt ein völlig ungeeigneter Standort
ausgewählt hat. Der Ge-meinderat ist in der Sache weiterhin ein
tatenloser Haufen, weder willens noch fähig, längst
anstehende Probleme
lösen zu wollen. Lieber lässt er sich weiterhin von der
Reitschule an
der Nase herumführen. Wir hoffen, dass dann dem Vorstoss Erik
Mosza
ernsthaftere Beach-tung geschenkt wird als nun dem unseren. Ich bitte,
unserer Motion zuzustimmen, damit der Gemeinderat endlich aufgeweckt
und zum längst notwendigen Handeln gezwungen wird.
Fraktionserklärungen
Lea Bill (JA!) für die GB/JA!-Fraktion: Ich gehe bewusst nicht auf
die
Aussagen meines Vor-redners ein. Ich möchte lediglich auf
Folgendes
hinweisen. Das Zentrale an diesem Vorstoss ist, dass er zwei Punkte
vermischt. Auf der einen Seite gibt es den Leistungs- bzw. den
Sub-ventionsvertrag zwischen der Stadt Bern und der IKuR. In diesem
Vertrag ist unter anderem geregelt, mit welchem Betrag die Stadt Bern
die IKuR finanziell unterstützt. Auf der anderen Seite gibt es die
Sicherheitsvereinbarungen zwischen der Stadt Bern und der IKuR, worin
unter anderem festgelegt wird, dass die Sanitätspolizei und die
Feuerwehr Zugang zu allen Räumen und zum Vorplatz haben
müssen. Der
vorliegende Vorstoss fordert, dass die Sub-ventionen der IKuR
gestrichen werden, weil sie die Sicherheitsvereinbarungen nicht
eingehal-ten hat. Es ist so, dass der Leistungsvertrag zwischen der
Stadt Bern und der IKuR nur dann gekündigt werden kann, wenn die
Reitschule den in diesem Vertrag festgelegten Verpflich-tungen nicht
nachkommt. Da die Sicherheitsvereinbarungen, wie ich bereits gesagt
habe, in einem separaten Vertrag aufgeführt sind, gilt die
Verletzung
dieser Vereinbarungen nicht als rechtskräftiger Grund, den
Leistungsvertrag zu kündigen, sprich: eine Subventionssperre
auf-zuerlegen, wie es im vorliegenden Vorstoss gefordert wird. Der
Leistungsvertrag kann nur dann gekündigt werden, wenn
beispielsweise
der Restaurations- und Kulturbetrieb nicht vorschriftsgemäss
betrieben
würden. In diesem Zusammenhang hat sich jedoch die Reitschu-le
stets an
die Vereinbarungen und Gesetzgebungen gehalten. Gegen den
Leistungsvertrag hat also die Reitschule in keinem Fall verstossen.
Fazit: Der Vorstoss fordert etwas, das gar nicht möglich ist.
Damit hat sich die Sache erledigt.
Tanja Sollberger (GLP) für die GLP-Fraktion: Wir haben bereits im
Januar, Februar und nun im März über die Reitschule
debattiert. Vor
einem Monat haben wir die Motion von Erik Mozsa erheblich erklärt
und
aus unserer Sicht gilt es jetzt, diese Motion konsequent umzusetzen. In
der Motion wird verlangt, dass bei Nichteinhalten der Vereinbarungen
eventuell die Subventi-onen gekürzt werden müssen. Eine
weitere Motion
erübrigt sich im Moment. Wir begrüssen, dass das
Gespräch zwischen der
Stadt und der IKuR wieder aufgenommen wurde und hoffen, dass sich die
Situation entspannt. Wir sind gegen die Motion und ein allfälliges
Postulat.
Hans Peter Aeberhard (FDP) für die FDP-Fraktion: Die FDP
unterstützt
diese Motion und auch diejenige von Erik Mosza klar. Doppelt
genäht
hält besser. Auch die vorliegende Motion stösst in dieselbe
Richtung.
Der Motionär hat es gesagt: Wer zahlt, befiehlt. Oder man kann es
auch
anders sagen: Wer nicht hören will, muss fühlen. Es gab bis
anhin nicht
genügend Handhabungen und der Gemeinderat schaffte es nicht,
Ordnung im
Bereich der IKuR und der Reitschule herzustellen. Es ist auch eine
Frage der Rechtsgleichheit bzw. der Ehrlichkeit der Politik, die man
gegenüber einem solchen Betrieb wie der Reitschule haben muss.
Wenn ein
Wirt in Zollikofen einige Nächte nacheinander Lärm
verursacht, wird ihm
irgendwann die Be-willigung entzogen, falls sich die Situation nicht
bessert. Wie wir beim Traktandum von Philip-pe Müller in Bezug auf
Bewilligungen gehört haben, wurde bis heute keine
Rahmenbewilli-gung
entzogen. Bislang hat man den effektiven Restaurationsbetrieb, der mit
diesen Veran-staltungen musikalischer Art etc. Lärm verursacht,
nie
rechtmässig in den Griff genommen. Was man sonst einer
gewerbetreibenden Person androhen würde, nämlich ihren
Betrieb
schliessen zu müssen, wurde hier unterlassen. Dies läge im
Zuständigkeitsbereich der Regie-rungsstatthalterin. Dort schaut
man
weg, und auch der Gemeinderat bemüht sich nicht um eine
Verbesserung
der Situation. Er sagt, die Vereinbarung betreffend Sicherheit der
Reit-schule sei neben dem Subventionsvertrag ein Bestandteil dieser
Vereinbarungen.
Wenn man aus der Sicherheitsdirektion hört, dass bis heute immer
noch
nicht zusammen ge-sprochen werde, von diesen sogenannten
Vertragsparteien niemand identifizierbar sei, nie-mand am Heissen Draht
sei, niemand auftauche, nur per E-Mail kommuniziert werde, hat man es
mit einem Phantom zu tun und nicht mit einem Vertragspartner.
Selbstverständlich kann man verschiedene vertragliche
Verpflichtungen
voneinander abhängig machen, aber da ist die rechtliche
Schlussfolgerung meiner Vorrednerin völlig verkehrt. Wird der
Subventionsvertrag für sich betrachtet und gesagt, ein
ordnungsgemässer
Betrieb der Restauration sei beispiels-weise ein Grund, dass man dort
das Geld nicht streichen könne, dann stimmt das einfach nicht,
denn da
wird ja der Restaurationsbetrieb als Vorwand genommen, um entsprechende
Lärmemissionen und die ganzen Schwierigkeiten mit der Reitschule,
mit
dem Betrieb auch inkl. Vorplatz zu produzieren, die wir kennen. Wenn
die Vereinbarungen nicht eingehalten werden, auch solche
sicherheitstechnischer Art nicht, kann man sehr wohl auch den
Subven-tionsvertrag nicht einhalten, bzw. man ist dann berechtigt, die
entsprechenden Leistungen zu kürzen - und das völlig
rechtens.
Wenn der Gemeinderat stets nur sein Bedauern ausdrückt, reicht das
einfach nicht. Die Poli-zeiarbeit ist zwingend für einen Wirt,
einen
Betreiber, ein Warenhaus oder einen Discounter; es ist zwingend, eine
Ansprechperson zu benennen; wird dies nicht gemacht, gibt es ein
Problem mit der Gewerbepolizei. Doch das ist bei der Reitschule nicht
der Fall. Dass die Lärmvorschriften eingehalten werden
müssen, ist
bekannt. Wenn ich im Garten das Radio zu laut einstelle, kommt bereits
der Streifenwagen. Wenn die Ruhezeiten nicht eingehalten wer-den, habe
ich auch entsprechende Konsequenzen zu befürchten, im Gegensatz
zur
Reitschu-le. Hat man schon repressive Mittel in der Hand, nämlich
die
Polizei einzusetzen oder das Geld zu kürzen, sollten diese genutzt
werden. Dies schmerzt am meisten. Es ist eine Art Null-summenspiel.
Wenn die Stadt Bern sich selber keine Miete mehr bezahlt, bin ich mir
nicht sicher, ob dies auf die IKuR einen grossen Eindruck macht. Aber
zumindest der Betrag von 60 000 Franken, der direkt ausbezahlt wird,
ist doch so wertvoll, dass die IKuR nicht ohne Weiteres darauf
verzichten möchte. Deshalb müssen wir diese Motion
unterstützen.
Martin Schneider (parteilos) für die BDP/CVP-Fraktion: Dass es um
den
Perimeter Reitschule verschiedene Problematiken gibt, müssen wir
hier
nicht mehr diskutieren, das ist so. Die BDP/CVP-Fraktion ist für
konstruktive Lösungen und nicht für Krieg. Wir denken, es
sind
ver-schiedene Lösungsmodelle in Sicht. Eine Subventionssperre wie
sie
der Motionär fordert, bringt aus unserer Sicht nichts. Es schadet
höchstens den Stadtbauten, die dann keine Miete erhalten. Wir
wären für
grundlegendere Lösungen und verweisen deshalb auf die Motion von
Erik
Mozsa. Wenn es dabei nicht klappen sollte, verweise ich auf meine
eingereichte Motion. Ich hoffe weiter auf einen konstruktiven Dialog.
Erik Mozsa (GFL) für die GFL/EVP-Fraktion: Ich kann hier
eigentlich
nichts anderes unter-nehmen, als unsere vorherige Position fast
gebetsmühlenartig zu wiederholen. Wir haben festgestellt, dass im
Zusammenhang mit der Sicherheitsvereinbarung bislang eine
stiefmütter-liche Behandlung vorgelegen ist. Dies darf unseres
Erachtens nicht mehr sein. Die Sicher-heitsvereinbarung war bis anhin
ein nettes Anhängsel, ein Feigenblatt des gesamten Vertrags und
leider
nicht mehr. Mit unserer überwiesenen Motion soll sich dies nun
ändern.
Darin sind explizit Sanktionsmöglichkeiten festgehalten. Der large
Umgang der IKuR mit diesen Verein-barungen und Verträgen muss nun
endlich ein Ende haben. Es geht auch darum, die Reithalle vor ihrem
eigenen Untergang zu schützen und zu vermeiden, dass die
Reitschule
irgendein-mal nicht mehr existieren kann, wenn es so weitergeht.
Vorläufig wollen wir jedoch an der IKuR festhalten. Wir sehen den
Sinn
der vorliegenden Motion nicht ein. Die Subventionssper-re schafft
Rechtsunsicherheit. Wir setzen darauf, dass unsere Motion nun umgesetzt
wird und sind gespannt auf die Realisierung. Deshalb lehnen wir die
vorliegende Motion ab.
Stadtpräsident Alexander Tschäppät für den
Gemeinderat: Beinahe täglich
wird über die Reit-halle diskutiert. Die Problematik und die
begangenen
Fehler sind uns allen bekannt. Deshalb muss nun gehandelt werden. Die
Motion Erik Mozsa ist klar erheblich erklärt worden und der
Auftrag an
den Gemeinderat ist deutlich. Auch seitens der Stadt ist einiges
geschehen. Die Gespräche zwischen IKuR und Stadtverwaltung wurden
wieder aufgenommen. Man hat die Regierungsstatthalterin quasi als
Mediatorin eingesetzt. Es ist wohl allen bewusst, wenn wir die
Reithalle als Kulturinstitution und als Treffpunkt von Jugendlichen
erhalten wollen, kann es nicht so weitergehen. Die Aufträge haben
Sie
mit der Erheblicherklärung der Motion selber erteilt. Parallel
dazu hat
die Stadt ihrerseits durch die Regierungsstatthalterin, aber auch durch
die Wiederaufnahme der Gespräche mit der IKuR, weitere Schritte
unternommen. Die vorliegende Motion im jetzigen Zeitpunkt ist das
denkbar falscheste Signal. Wenn nun der Dialog und die Entkrampfung
gesucht wird und die Fehler eliminiert werden sollen, muss das
Gespräch
nun weitergeführt werden - mit klaren Vorgaben, was erwartet wird.
Aber
nun mit einer Subventionskürzung quasi mit der Holzhammermethode
das
Problem lösen zu wollen, ist nicht der richtige Weg. Deshalb bin
ich um
die Voten froh, die die Motion Mozsa umsetzen, aber nicht voreilig mit
der Unterstützung vorliegender Motion den Graben weiter
öffnen wol-len.
Wir hoffen, der Graben schliesse sich in den nächsten Monaten
langsam
aber sicher wie-der.
Einzelvotum
Jimy Hofer (parteilos): Wenn nun Frau Mader mit den Gesprächen
beauftragt wird, ist wieder der SP-Filz involviert. Man hat ja bei der
Sozialpolitik gesehen, wie viel das bringt - nämlich gar nichts.
Im
Gegenteil, es macht nur noch unsicherer. Ich weiss nicht, ob dies die
richtige Person ist. Wie wäre es, einmal drei Personen zu
entsenden,
zusammengesetzt aus dem Rat oder aus den Parteien oder den Fraktionen?
Aber nicht eine Person, die sowieso die linke Seite beruhigen muss und
überhaupt nichts machen und auch nicht richtig Antwort geben darf.
Dieser Weg ist völlig falsch und wird nichts bringen.
Die IKuR hat überhaupt keine Bewegungsfreiheit, wie ich letzten
Freitag
feststellen konnte. Sie ist in sich nicht stabil und auch nicht
entscheidungsfähig; so wird nie ein Fortschritt erzielt werden
können.
Auch der Security-Dienst, den ich vorgängig erwähnt habe,
funktioniert
abso-lut nicht. Der nun eingeschlagene Weg wird nirgends
hinführen, und
schon gar nicht über eine SP-Vertreterin.
Beschluss
Der Stadtrat lehnt die Motion ab (17 Ja, 52 Nein).
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TELEHESS
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telehess.ch 9.4.09
Heute Folge 5:
Erich Hess zu Biometrischen Pässen / Abstimmungsvorlage vom 17.
Mai 2009
Aufgezeichnet in Bern, 9. April 2009
http://www.telehess.ch/archiv.htm
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DEMO-THUN
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WoZ 9.4.09
Teurer Spaziergang
In Thun machen sich künftig nicht mehr nur OrganisatorInnen einer
unbewilligten Demonstration strafbar, sondern sämtliche
Teilnehmer. Wer
nur schon am Besammlungsort erscheint oder dort vorbeispaziert, kann
mit bis zu 10 000 Franken gebüsst werden.
Anfang Mai tritt das Thuner Ortspolizeireglement und damit das laut
KritikerInnen "repressivste Kundgebungsreglement der Schweiz" in Kraft,
nachdem das Bundesgericht eine Beschwerde dagegen abgewiesen hat. Dass
Rechtsex pertInnen die Thuner Regeln mehrheitlich ablehnen, ist
dem
Gericht zwar bewusst, inhaltlich geht es auf deren Argumente aber
ausdrücklich nicht ein. Das neue Reglement sei zu wenig bestimmt,
wird
kritisiert. Das zeigt sich an den Erwägungen der
Gerichtsinstanzen: Ist
etwa für eine Demonstration überhaupt keine Bewilligung
eingereicht
worden, so machen sich die TeilnehmerInnen nicht strafbar, wenn sie
friedlich verläuft. Begehen aber einzelne Personen
Sachbeschädigungen,
machen sich automatisch alle Demonstrant Innen strafbar. "Ein Agent
provocateur reicht also aus, um allenfalls Tausende zu
kriminalisieren", sagt Simone Rebmann von den Demokratischen Jurist
Innen Bern.
Das Reglement führt zudem den sogenannten Entfernungsartikel ein:
Verlangt die Polizei, dass sich eine Demo auflöst, macht sich
strafbar,
wer sich nicht "unverzüglich entfernt" - auch wenn die Demo
bewilligt
ist. Neu müssen zudem auch Spontankundgebungen der Polizei
gemeldet
werden - ausser die Kundgebung ist ganz spontan, wie das Bundesgericht
präzisiert hat. "Jeder Demonstrant muss künftig eine
juristische
Doktorarbeit publiziert haben, um beurteilen zu können, ob er sich
strafbar macht", fasst Michel Heinzmann, der Anwalt der
BeschwerdeführerInnen, die Lage zusammen. dg
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BLOCKADE
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20min.ch 9.4.09
Brückenblockade
Urteil gegen Südschneisler ist rechtens
Die Aargauer Justiz hat 24 Zürcher Aktivisten wegen einer
Brückensperrung aus Protest gegen die Südanflüge zu
Recht wegen
Nötigung verurteilt. Das befand das Bundesgericht in einem heute
veröffentlichten Urteil.
Symbolbild. Demonstranten ziehen in Zürich am 3. September 2005
vom
Schweizerischen Landesmuseum durch die Bahnhofstrasse zum General
Guisan-Quai, um gegen die Südanflüge und die Südstarts
vom und zum
Flughafen Zürich zu protestieren. (Bild: Keystone)
Die Aktivisten hatten im Juli 2006 die Rheinbrücke in Kaiserstuhl
AG
rund eine Stunde lang blockiert. Sie protestierten damit gegen "1000
Tage illegale Südanflüge" auf den Flughafen Zürich. Sie
spannten am
frühen Morgen eine Kette über die Brücke und ketteten
sich gegenseitig
an.
In seinem Urteil wertet das Bundesgericht die Aktion - wie zuvor das
Aargauer Obergericht - als Nötigung. Das Urteil schränke auch
die
Grundrechte der Beschwerdeführer nicht ein, wie diese unter
Berufung
auf die Meinungs- und Informationsfreiheit monierten.
Aus Grundrechten wie der Versammlungsfreiheit lasse sich zwar ein
bedingter Anspruch auf eine Nutzung öffentlichen Raums ableiten,
die
über den normalen Gemeingebrauch hinausgehe. Die
Südanflug-Gegner
hätten aber kein Gesuch für eine Demonstration gestellt. Dies
wäre
ihnen aber zuzumuten gewesen, denn der tausendste Tag der
Südanflüge
sei auf lange Sicht abesehbar gewesen.
Auch die Beschwerde gegen die Verfahrenskosten wies das Bundesgericht
ab. Dass trotz weitgehend identischen Inhalts jeweils separate Urteile
ergingen, sei aufgrund der Beurteilung der wirtschaftlichen
Verhältnisse jedes einzelnen Verurteilten und aus Gründen des
Persönlichkeitsschutzes gerechtfertigt. Die Südanfluggegner
waren wegen
der Blockadeaktion zu bedingten Geldstrafen und Bussen verurteilt
worden.
Quelle: SDA/ATS
---
bger.ch 9.4.09
http://jumpcgi.bger.ch/cgi-bin/JumpCGI?id=24.03.2009_6B_793/2008
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_793/2008/sst
Urteil vom 24. März 2009
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Ferrari,
Gerichtsschreiber Störi.
Parteien
Parteien
6B_793/2008
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan
Flachsmann,
und
6B_813/2008
Y.________ und 22 Mitbeteiligte,
Beschwerdeführer,alle vertreten durch Rechtsanwalt Adolf
Spörri,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus,
5001 Aarau, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Nötigung (Art. 181 StGB),
Beschwerden gegen die Urteile des Obergerichts des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer, vom 12. August 2008.
Sachverhalt:
A.
Mit Strafbefehlen vom 5. Juni 2007 verurteilte der
Bezirksamtmann-Stellvertreter von Zurzach X.________, Y.________ und 22
Mitbeteiligte wegen Nötigung zu bedingten Geldstrafen zwischen 5
und 15
Tagen und Bussen. Er hielt erwiesen, dass sie am 25. Juli 2006 im
Hinblick auf den "1'000. Tag seit der Einführung der illegalen
Südanflüge" die Rheinbrücke bei Kaiserstuhl für
rund eine Stunde für
den Verkehr gesperrt und dadurch die Automobilisten gezwungen hatten,
die festgelegte Demonstrationsdauer abzuwarten oder einen erheblichen
Umweg in Kauf zu nehmen.
Sämtliche Bestraften erhoben Einsprache und wurden vom
Bezirksgerichtspräsidenten von Zurzach am 14. November 2007 wegen
Nötigung zu den bereits im Strafbefehl ausgesprochenen Strafen
verurteilt.
Diese Urteile des Bezirksgerichtspräsidenten wurden wiederum von
allen
Betroffenen mit Berufung beim Obergericht des Kantons Aargau
angefochten. Dieses bestätigte am 12. August 2008 sämtliche
Verurteilungen im Schuldpunkt, hiess einen Teil der Beschwerden im
Strafpunkt teilweise gut, senkte gewisse Bussen und legte die Höhe
der
Tagessätze und die Umwandlungssätze für den Fall der
Nichtbezahlung der
Bussen in einigen Fällen neu fest.
B.
Mit Beschwerden in Strafsachen beantragen einerseits X.________
(6B_793/2008) und anderseits Y.________ und 22 Mitbeteiligte
(6B_813/2008), die angefochtenen Urteile aufzuheben und sie
freizusprechen oder eventuell die angefochtenen Urteile aufzuheben und
die Sache zu ihrer Freisprechung ans Obergericht zurückzuweisen,
unter
entsprechenden Kosten- und Entschädigungsfolgen. Ausserdem
beantragen
sie, die Verfahren zu vereinigen und eine mündliche Verhandlung
nach
Art. 57 BGG durchzuführen.
C.
Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf Vernehmlassung. Das Obergericht
weist die von den Beschwerdeführern vorgebrachte Kritik an seinem
Urteil zurück. Das Gerichtspräsidium Zurzach hat einen bei
ihm
angeforderten Bericht zur Frage eingereicht, nach welchen
Grundsätzen
es die Gerichtsgebühr festsetzte und wie sich die
Kanzleigebühren und
Auslagen zusammensetzen.
Erwägungen:
1.
Das Verfahren vor Bundesgericht ist grundsätzlich schriftlich. Die
Beschwerdeführer haben ihren Standpunkt in ihren Rechtsschriften
ausführlich dargetan. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern
sich
ausnahmsweise eine öffentliche Parteiverhandlung im Sinne von Art.
57
BGG aufdrängen würde. Dies liegt umso weniger nahe, als die
Beschwerdeführer an der bezirksgerichtlichen Hauptverhandlung die
Gelegenheit hatten, sich persönlich zur Sache zu äussern,
davon aber,
mit Ausnahme von X.________, keinen Gebrauch machten und die Aussage
verweigerten.
2.
2.1 Das Obergericht geht im angefochtenen Entscheid davon aus, dass
sich die Beschwerdeführer am 25. Juli 2006 auf der Fahrbahn der
Rheinbrücke bei Kaiserstuhl während rund einer Stunde
versammelten, den
Rheinübergang auf diese Weise für den motorisierten Verkehr
sperrten
und die Automobilisten zwangen, entweder zu warten oder einen
erheblichen Umweg zu fahren. Zweck der von X.________ organisierten
Demonstration war, gegen die nach Auffassung der Beschwerdeführer
illegalen Südanflüge zu protestieren und "Deutschland"
klarzumachen,
dass man, wenn es keine über sein Gebiet führende
Nordanflüge auf den
Flughafen Kloten mehr zulasse, auch den Strassenverkehr aus dem Norden
nicht mehr wolle.
2.2 Die Beschwerdeführer machen geltend, das Obergericht habe in
unhaltbarer Weise festgestellt, sie hätten den Rheinübergang
von 06:04
- 07:08 Uhr gesperrt. Die Polizeipatrouille sei erst um 06:40 Uhr
eingetroffen; es fehlten jegliche tatsächlichen Feststellungen,
was
zuvor passiert sei. Es könne also höchstens von einer
28-minütigen
Sperre ausgegangen werden. Sie hätten zudem die Brücke auch
gar nicht
gesperrt. Sie hätten zwar eine Kette mit Transparenten über
die
Fahrbahn gehalten. Diese sei indessen nur auf einer Seite der
Brücke
befestigt und nicht gespannt gewesen, und sie wären jederzeit
bereit
gewesen, Fahrzeuge durchzulassen. Es sei zudem beweismässig nicht
erstellt, dass überhaupt Fahrzeuge hätten passieren wollen.
2.3 Diese tatsächlichen Einwände sind nicht geeignet, die
obergerichtliche Beweiswürdigung willkürlich erscheinen zu
lassen. Sie
grenzen vielmehr teilweise an Trölerei. So ergibt sich aus den
Fotografien [Kantonale Akten, Bundesordner act. 37 ff.], auf die sich
das Obergericht stützt und die unbestrittenermassen das
Tatgeschehen
wiedergeben, dass die Demonstranten die Brücke mit einer quer
über die
Fahrbahn gestellten und zumindest symbolisch mit einer Kette
verstärkten "Menschenmauer" für den Durchgangsverkehr
gesperrt haben.
Dies entspricht auch der auf dem Flugblatt "FLUGSCHNEISE SÜD NEIN
-
1000 Tage illegale Südanflüge" im Fettdruck erklärten
Absicht:
"Deutschland will keinen Verkehr vom Norden. Wenn dies für die
Luft
gilt, dann soll dies auch für die Strasse gelten." An der
bezirksgerichtlichen Hauptversammlung hat X.________ dazu ausgesagt,
sie seien von 06:04 bis 07:08 Uhr auf der Brücke gestanden. Es ist
offensichtlich, dass die Beschwerdeführer mit diesem Verhalten die
Brücke während gut einer Stunde jedenfalls für den
motorisierten
Verkehr gesperrt haben. Ihr Einwand, sie hätten die Brücke
nicht
gesperrt, sondern lediglich darauf demonstriert, ist reine
Wortklauberei. Und es konnte auch keinem von ihnen entgangen sein, dass
sie mit dem gemeinsamen Verweilen auf der Fahrbahn die Brücke
für den
motorisierten Personenverkehr gesperrt hatten. Zu Recht als haltlos hat
das Obergericht zudem den Einwand verworfen, es stehe nicht fest, dass
während der Blockade überhaupt Fahrzeuge die Brücke
hätten überqueren
wollen, nachdem sich aus dem Polizeivideo das Gegenteil ergibt und es
für die mit den lokalen Gegebenheiten vertrauten kantonalen
Gerichte
gerichtsnotorisch ist, dass die Brücke zur Zeit der Sperrung
werktags
von vielen Pendlern benutzt wird.
Zusammenfassend ist die tatsächliche Annahme des Obergerichts,
dass die
Demonstranten die Rheinbrücke bei Kaiserstuhl am 25. Juli 2006 von
06:04 - 07:08 Uhr bewusst für den motorisierten Verkehr sperrten,
nicht
bloss vertretbar, sondern offensichtlich zutreffend. Die
Willkürrüge
ist unbegründet.
2.4 Dieser Sachverhalt ist bereits aufgrund der eigenen Darlegungen der
Beschwerdeführer - insbesondere derjenigen von X.________, der an
der
bezirksgerichtlichen Hauptverhandlung als einziger aussagte, der
Zugeständnisse aller Beschwerdeführer, an der Demonstration
beteiligt
gewesen zu sein, und dem erwähnten Flugblatt - sowie der
Fotografien
der Demonstration, deren Echtheit nicht bestritten ist,
willkürfrei
erstellt. Unter diesen Umständen waren die
Strafverfolgungsbehörden
verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, die rapportierenden
Polizeibeamten als Belastungszeugen einzuvernehmen. Da das Obergericht
zudem ohne Willkür den offensichtlichen Schluss ziehen konnte,
dass die
Sperrung der Rheinbrücke zu einer Hauptverkehrszeit jedenfalls
einigen
Automobilisten deren Überquerung (bis zu einer Stunde)
verunmöglichte,
konnte sie auch in willkürfreier antizipierter
Beweiswürdigung davon
ausgehen, dass es sich nicht bei allen auf die Sperre aufgefahrenen
Automobilisten um Sympathisanten der Demonstranten handelte, die die
Brücke gar nicht überqueren wollten. Es ist unter diesen
Umständen
nicht zu beanstanden, dass keine Automobilisten als Zeugen befragt
wurden. Dies verletzt die Unschuldsvermutung bzw. den Grundsatz "in
dubio pro reo" keineswegs.
3.
Eine Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB begeht, wer jemanden
durch
Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere
Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun,
zu
unterlassen oder zu dulden (zum Ganzen zuletzt BGE 134 IV 216
betreffend die Sperrung des Baregg-Tunnels).
3.1 Die hier zur Diskussion stehende Tatbestandsvariante der "anderen
Beschränkung der Handlungsfreiheit" ist aus rechtsstaatlichen
Gründen
restriktiv auszulegen. Tatbestandsmässig ist nur, das
üblicherweise
geduldete Mass an Beeinflussung in ähnlicher Weise eindeutig zu
überschreiten, wie es für die im Gesetz ausdrücklich
genannten
Zwangsmittel der Gewalt und der Androhung ernstlicher Nachteile gilt.
Die weite Umschreibung des Tatbestands hat zur Folge, dass auch
unabhängig von Rechtfertigungsgründen nicht jedes
tatbestandsmässige
Verhalten rechtswidrig ist. Die Rechtswidrigkeit bedarf beim
Nötigungstatbestand vielmehr einer besonderen, zusätzlichen
Begründung.
Nach der Rechtsprechung ist eine Nötigung unrechtmässig, wenn
das
Mittel oder der Zweck unerlaubt ist oder wenn das Mittel zum
angestrebten Zweck nicht im richtigen Verhältnis steht oder wenn
die
Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Mittel und
einem
erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig ist. Bei
der
Beurteilung der Rechtswidrigkeit ist den verfassungsmässigen
Rechten
der Beteiligten Rechnung zu tragen (Zusammenfassung der Rechtsprechung
in BGE 134 IV 216 E. 4.1).
3.2 Die Beschwerdeführer haben durch die Bildung einer
"Menschenmauer"
eine Rheinbrücke für den motorisierten Verkehr gesperrt
(Nötigungsmittel) und dadurch unbestimmt viele Automobilisten zum
Warten bzw. Ausweichen gezwungen (Nötigungszweck).
Fussgänger, die auf der Fahrbahn verweilen, um den motorisierten
Verkehr zu behindern, verstossen klarerweise gegen das
Strassenverkehrsrecht (Art. 49 des Strassenverkehrsgesetzes, SR 741.01,
Art. 46 Abs. 1 und 2 und Art. 47 Abs. 1 und 5 der
Verkehrsregelnverordnung, SR 741.11). Die eigenmächtige Sperrung
der
Rheinbrücke durch die Beschwerdeführer - das
Nötigungsmittel - war
damit rechtswidrig. Auch wenn in der Untersuchung nicht im Einzelnen
abgeklärt wurde, welche Autofahrer wie lange warten mussten, so
hat das
Obergericht jedenfalls festgestellt, dass die Sperrung zu einer
Hauptverkehrszeit erfolgte, womit davon ausgegangen werden kann, dass
bereits in einer frühen Phase Automobilisten auf die Sperre
auffuhren
und im Ergebnis bis zu rund einer Stunde an der Überfahrt
gehindert
wurden. Damit hat die Beschränkung ihrer Handlungsfähigkeit
ein
erhebliches, strafrechtlich verpöntes Mass erreicht. In BGE 108 IV
165
hat das Bundesgericht bereits die 15-minütige Blockade eines
Automobils
als strafwürdige Beschränkung der von Art. 181 StGB
geschützten
Handlungsfreiheit erkannt.
3.3 Das Fernziel bzw. das Motiv der Beschwerdeführer - sie wollten
auf
die für sie untragbare Lärmbelästigung ihrer Wohngebiete
um die Forch
und den Pfannenstiel durch die "illegalen" Südanflüge auf den
Flughafen
Kloten aufmerksam machen und auf Deutschland Druck ausüben,
Nordanflüge
wieder zuzulassen - sind im Unterschied zum Nötigungsmittel und
zum
Nötigungszweck keine Elemente des Tatbestands von Art. 181 StGB.
Allerdings ist nach der Rechtsprechung die Rechtswidrigkeit im Lichte
der verfassungsmässigen Rechte der Beteiligten zu beurteilen. Die
Beschwerdeführer berufen sich auf die Meinungs- und
Informationsfreiheit (Art. 16 BV) und die Versammlungsfreiheit (Art. 22
BV), um ihre Aktion zu rechtfertigen.
Eine Demonstration auf öffentlichem Grund schränkt die
übrigen
Verkehrsteilnehmer zeitweise an der allgemeinen Nutzung von Strassen
oder Plätzen ein. Ihre Durchführung stellt daher einen
gesteigerten
Gemeingebrauch dar. Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts
lässt sich aus bestimmten verfassungsmässigen Rechten, etwa
der
Wirtschaftsfreiheit, aber insbesondere aus ideellen Grundrechten wie
der Versammlungsfreiheit und der Meinungs- und Informationsfreiheit,
ein bedingter Anspruch auf gesteigerten Gemeingebrauch ableiten. Das
bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die zuständige Behörde
beim
Entscheid über ein Demonstrationsgesuch nicht allein dem
öffentlichen
Interesse am möglichst ungestörten Gemeingebrauch durch die
Allgemeinheit zum Durchbruch verhelfen darf, sondern dem
institutionellen Gehalt von Art. 16 und 22 BV Rechnung tragen und die
Interessen der Gesuchsteller, ihre Anliegen öffentlich bekannt zu
machen, angemessen berücksichtigen muss (BGE 126 I 133 E. 4d S.
140;
121 I 279 E. 2a). Vorliegend haben die Beschwerdeführer indessen
gar
kein Gesuch für ihre Demonstration gestellt. Dies wäre ihnen
ohne
weiteres möglich und zumutbar gewesen, da sie diese am tausendsten
Tag
der Südanflüge und damit an einem lange zuvor feststehenden
Datum
durchführten. Für ihr eigenmächtiges Vorgehen
können sie daher aus den
angerufenen Grundrechten nichts zu ihren Gunsten ableiten.
3.4 Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Verurteilung der
Beschwerdeführer wegen Nötigung nicht zu beanstanden ist.
4.
4.1 Die 23 Beschwerdeführer der Beschwerde 6B_813/2008 rügen,
die
bezirksgerichtliche Kostenverlegung verletze das Kosten- und das
Äquivalenzprinzip sowie das Willkürverbot. Obwohl der
Bezirksrichter
für alle Verfahren nur eine einzige Hauptverhandlung
durchgeführt habe,
habe er formell für jeden Angeklagten ein eigenes Urteil
gefällt und
dabei jedem Gerichtsgebühren und Kosten von 1'146 Franken
auferlegt,
insgesamt 27'504 Franken. Zu Unrecht sei das Obergericht davon
ausgegangen, sie hätten nur die eigentliche Gerichtsgebühr in
Höhe von
500 Franken beanstandet, die Kanzleigebühren und Auslagen in
Höhe von
646 Franken hingegen akzeptiert. Sie hätten in der
Berufungsschrift
klarerweise den Gesamtbetrag von 1'146 Franken als übersetzt
bestritten. Da die Auslagen und Kanzleigebühren nur in ihrer
Gesamthöhe
ausgewiesen worden seien, sei es ihnen gar nicht möglich gewesen,
sie
substantiiert zu kritisieren. Es stehe jedoch fest, dass das
Bezirksgericht unter diesem Titel insgesamt 14'858 Franken in Rechnung
gestellt habe. Das Obergericht habe im Berufungsverfahren unter
gleichem Titel 2'813. 50 Franken erhoben (122.30 Franken pro
Beschuldigtem). Das Bezirksgericht habe zwar einen etwas höheren
Aufwand gehabt, indem es die Vorladungen zur Hauptverhandlung habe
zustellen und diese durchführen müssen, was aber niemals
rechtfertige,
unter dem Titel "Kosten und Kanzleigebühr" einen fünfmal
höheren Betrag
zu verrechnen als das Obergericht. Bei der Gerichtsgebühr verhalte
sich
die Sache ähnlich. Während das Bezirksgericht insgesamt
11'500 Franken
für 23 Verfahren berechnet habe, habe das Obergericht für das
Berufungsverfahren eine Gerichtsgebühr von 3'500 Franken - bloss
30 %
der erstinstanzlichen Gebühren - erhoben, dies obwohl nach den
§§ 17
und 18 des aargauischen Verfahrenskostendekrets vom 24. November 1987
(VKD) die maximale Gerichtsgebühr für bezirksgerichtliche
Verfahren
tiefer sei als für obergerichtliche Berufungsverfahren. Die
bezirksgerichtliche Kostenregelung sei damit krass willkürlich.
4.2 Das Obergericht hat zu den bereits in der Berufung erhobenen
Einwänden gegen die erstinstanzliche Kostenverlegung
ausgeführt, diese
richteten sich einzig gegen die Gerichtsgebühren. Gegen die
Festsetzung
der Kanzleigebühren und Auslagen würden keine Rügen
vorgebracht,
weshalb diese als unbestritten zu gelten hätten.
Die Beschwerdeführer haben in der Berufung ausgeführt, es
seien "jedem
einzelnen Angeklagten Gerichtsgebühren und Kosten im Betrag von
Fr.
1'146.-- auferlegt worden. Das ergibt gesamthaft einen Betrag von
über
Fr. 26'000.--". Dies verstosse gegen das Kostendeckungs- und das
Äquivalenzprinzip und sei unverhältnismässig. Damit
haben die
Beschwerdeführer klarerweise sowohl die Gerichtsgebühr als
auch die
Kanzleigebühren und Auslagen bestritten. Da beide im Urteil nicht
im
Detail, sondern nur im Gesamtbetrag ausgewiesen sind, konnten die
Beschwerdeführer deren Festsetzung auch nicht im Einzelnen
kritisieren.
Entgegen der Auffassung des Obergerichts kann unter diesen
Umständen
nicht davon ausgegangen werden, dass die Festsetzung der
Kanzleigebühren und Auslagen unbestritten geblieben sei.
5.
Die Verfahrenskosten für Gerichtsverfahren vor aargauischen
Gerichten
setzen sich nach § 118a der Strafprozessordnung vom 11. November
1958
(StPO) aus der Gerichtsgebühr (§ 3 ff. VKD), einer
Kanzleigebühr (§ 25
ff. VKD) und den Auslagen (§ 28 ff. VKD) zusammen.
5.1 Der Bezirksgerichtspräsident hat gegen jeden der
Beschwerdeführer
ein separates Urteil erlassen. Diese Urteile sind zwar weitgehend
identisch, weshalb die Erledigung der Verfahren auch in einem Entscheid
möglich gewesen wäre. Die Strafzumessung erfolgte indessen
individuell.
Die Urteile enthalten dementsprechend die für die Festsetzung der
Geldstrafe nach Tagessätzen erforderlichen Ausführungen zu
den
finanziellen Verhältnissen der einzelnen Beschwerdeführer.
Gründe des
Persönlichkeitsschutzes sprechen somit gegen die Vereinigung. Es
war
daher jedenfalls vertretbar, für jeden der Beschwerdeführer
ein
separates Urteil zu erlassen, auch wenn dies mit höherem Aufwand
und
entsprechend höheren Kosten verbunden ist.
5.2 Nach dem Kostendeckungsprinzip sollen die Gesamteingänge den
Gesamtaufwand für den betreffenden Verwaltungszweig nicht oder nur
geringfügig überschreiten. Das Äquivalenzprinzip
verlangt in
Konkretisierung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes
insbesondere, dass
eine Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis
zum
objektiven Wert der bezogenen Leistung stehen darf und sich in
vernünftigen Grenzen bewegen muss (im Allgemeinen: BGE 132 II 47
E.
4.1; 126 I 180 E. 3a, je mit Hinweisen; im Speziellen für
Gerichtsgebühren: BGE 120 Ia 171 E. 2a mit Hinweisen).
5.2.1 Die Gerichtsgebühr in Strafverfahren vor dem Bezirksgericht
beträgt einschliesslich des Vorverfahrens zwischen 130 und 6'510
Franken (§ 17 Abs. 1 VKD), wobei die Obergrenze in besonders
zeitraubenden Fällen oder bei mutwilligem Verhalten der Partei
verdoppelt werden kann (§ 3 Abs. 2 VKD). Innerhalb dieses Rahmens
ist
die Gebühr nach dem Zeitaufwand und der Bedeutung der Sache
festzulegen
(§ 3 Abs. 1 VKD). Nach § 17 Abs. 2 VKD kann für eine
polizeiliche
Tatbestandsaufnahme zwischen 06:00 und 20:00 Uhr, wie sie hier
erfolgte, zusätzlich eine Pauschale von 310 Franken für einen
bis zu
drei Stunden dauernden Einsatz berechnet werden.
Die Höhe der Gerichtsgebühr von 500 Franken ist nach beiden
Prinzipien
nicht zu beanstanden. Es ist gerichtsnotorisch, dass die
Gerichtsgebühren die Kosten der Justiz, insbesondere der
Strafjustiz,
nicht decken (BGE 120 Ia 171 E. 3; Entscheid 4P.315/2006 vom 22. Juli
2007 E. 2.2.2). Auch wenn der Bezirksgerichtspräsident mit der
Erhebung
von 24 Gerichtsgebühren für 24 weitgehend gleichlautende
Urteile wohl
einen hohen Kostendeckungsgrad erreicht oder möglicherweise sogar
mehr
eingenommen hat, als die Verfahren gekostet haben, so ändert das
nichts
daran, dass die Strafjustiz ihre Gesamtkosten bei weitem nicht deckt.
Das Kostendeckungsprinzip ist damit keineswegs verletzt. Eine
Gerichtsgebühr von 500 Franken für ein bezirksgerichtliches
Verfahren,
in dem eine Hauptverhandlung durchgeführt und die mit einem
ausführlich
begründeten Urteil abgeschlossen wurde, erscheint keineswegs
unangemessen hoch, zumal darin nach der § 17 Abs. 2 VKD auch die
Kosten
der polizeilichen Tatbestandsaufnahme enthalten sein können. Sie
ist
unter dem Gesichtspunkt des Äquivalenzprinzips nicht zu
beanstanden.
5.2.2 Kanzleigebühren werden erhoben für die Ausfertigung und
die
Zustellung von End- und selbständigen Zwischenentscheiden.
Gebührenpflichtig sind die Originalausfertigung für die
entscheidende
Behörde sowie je eine Kopie für die Partei, die Vertreter und
die
Vorinstanz bei Rechtsmittelverfahren, ferner die Umschläge
für den
Versand als Gerichtsurkunde (§ 25 Abs. 1 und 2 VKD). Nach § 1
der
Verordnung des Regierungsrates über die Kanzleigebühren vom
14. Oktober
1991 betragen diese für die Ausfertigung von Schriftstücken 8
Franken
pro Schreibmaschinenseite, für die Erstellung von Kopien auf
technischem Weg 1 Franken pro A4-Seite. An Auslagen kommen vorliegend
nur Barauslagen in Betracht. Darunter fallen nach § 28 VKD die im
Verfahren entstandenen Kosten, namentlich für Porti, Telefone,
Reisen
und Verpflegung, Entschädigung an Zeugen und Sachverständige,
Publikationskosten, Kosten der Untersuchungshaft usw.
Aus den Prozessakten ergibt sich, dass für jeden
Beschwerdeführer rund
40 Seiten ausgefertigt wurden (Vorladungen, Beweisverfügung,
Verhandlungsprotokoll, Urteilsdispositiv, begründeter Entscheid),
was
bei einem vertretbaren Ansatz von 8 Franken pro Seite rund 320 Franken
ergibt. Dazu kommen die zum ebenfalls nicht zu beanstandenden Ansatz
von 1 Franken berechneten Fotokopien, die in erheblicher Zahl - nur
schon die sechsfache Ausfertigung des Urteilsdispositivs und des
begründeten Urteils ergibt 144 Kopien - angefallen sind, sowie
weitere
Kosten und Auslagen, etwa für die Zustellung der Gerichtsurkunden.
Insgesamt erscheint der für Kanzleigebühren und Auslagen
erhobene
Betrag von 646 Franken jedenfalls bei der auf eine Verfassungsrüge
hin
vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht unhaltbar hoch.
Übersetzt
erscheint er nur, wenn man die Kosten der erstinstanzlichen Entscheide
insgesamt an den obergerichtlichen Gerichtskosten misst. Dieser
Vergleich ist indessen nicht zulässig, da nicht zu beanstanden
ist,
dass das Bezirksgericht für jeden Angeklagten ein eigenes Urteil
fällte
(oben E. 5.1).
6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer die
Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerden werden abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten der Beschwerde 6B_793/2008 von Fr. 2'000.-- werden
X.________ auferlegt, diejenigen der Beschwerde 6B_813/2008 von Fr.
4'000.-- mit solidarischer Haftbarkeit Y.________ und den 22
Mitbeteiligten.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. März 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Favre Störi
------------------------------
SANS-PAPIERS ZH
------------------------------
a-films.blogspot.com
8.4.09
Kurzfilm: Zürcher Sans-Papiers protestieren für Ausweise
Am Dienstag, 7. April 2009, zogen mehr als 100 Sans-Papiers und
UnterstützerInnen lautstark vom Flüchtlingscafé
"Refugees Welcome" zum
Zürcher Sozial- und Migrationsamt. Sie forderten gültige
Identitätspapiere und protestierten gegen den Ausweisentzug.
Auf beiden Ämtern hinterliessen die Sans-Papiers einen
Protestbrief,
worin sie offizielle Ausweisdokumente fordern. Manche Betroffene
verfügen bloss über ein Papierchen ihrer jeweiligen
Notunterkunft. Der
Besitz eines solchen Zettels schützt aber nicht vor polizeilicher
Repression. Auch können damit auf der Post keine eingeschriebenen
Briefe abgeholt oder in der Bibliothek Bücher ausgeliehen werden.
Die DemonstrantInnen wiesen darauf hin, dass seit der Kirchenbesetzung
im Winter 2008/09 systematische Polizeikontrollen im Umfeld von
Notunterkünften zugenommen haben. Im Anschluss an die Besetzung
untersagte das Zürcher Migrationsamt den BetreiberInnen der
Notunterkünfte auch das Ausstellen der Ausweispapierchen.
Insbesondere
Flüchtlinge, die wöchentlich ihre Notunterkunft wechseln
müssen,
verfügen seither über gar keine Identitätspapiere mehr.
Die Sans-Papiers argumentierten, dass sie auf diese Weise gezielt der
Repression preisgegeben werden. Sie wehrten sich gegen ihre
Zermürbung
und Kriminalisierung durch die Behörden. Weder im Sozial- noch im
Migrationsamt wollten die Verantwortlichen den Brief persönlich
entgegennehmen.
Der 10-minütige Kurzfilm dokumentiert die Demonstration und
Betroffene erklären die Hintergründe des Protestes.
Der Film kann hier angeschaut und/oder heruntergeladen werden:
http://a-films.blogspot.com/2009/04/080409de.html#1
Mit besten Grüssen,
a-films
--
Fotos:
http://ch.indymedia.org/de/2009/04/68354.shtml
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GEFANGENE KUNST
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WoZ 9.4.09
Ausstellung
Gefangene Kunst
Endstation: Im Flughafengefängnis Kloten sitzen Asylsuchende in
Ausschaffungshaft und müssen jederzeit damit rechnen, ausgeflogen
zu
werden. Die Hoffnungen auf ein besseres Leben werden hier auf ein
Minimum reduziert.
Die Ausstellung "Gefangene Kunst" macht mit Bildern, Gedichten und
Skizzen, die Betroffene hinter Gitter angefertigt haben, auf das
Schicksal von Menschen aufmerksam, die in Ausschaffungshaft sitzen.
süs
"Gefangene Kunst" in: Zürich Restaurant Bubbles, Strassburgstrasse
15. Bis 30. April.
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VPM
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WoZ 9.4.09
VPM-Offiziell gibt es den Verein zur Förderung der Psychologischen
Menschenkenntnis (VPM) nicht mehr, die Ableger der Psychosekte
versuchen aber mit grossem Geschick, oppositionelle Gruppen in der
Schweiz und in Deutschland zu unterwandern.
Lebendiger gehts kaum
Von Holger Reile
Zwar hat sich der VPM 2002 aufgelöst, doch viele der ehemaligen
Mitglieder sind vor allem am westlichen Bodensee und im Thurgau
weiterhin aktiv, unter anderem in Friedensgruppen oder
ökologischen
Initiativen. Bis zu seiner Auflösung (die unter anderem erfolgte,
weil
man hoffte, so aus den Negativschlagzeilen zu kommen), paktierte der
VPM mit rechten HardlinerInnen aus politischen und religiösen
Kreisen.
Das alte VPM-Netz hat sich bis heute gehalten. Die VPM-nahe
Europäische
Arbeitsgemeinschaft Mut zur Ethik hält immer noch jährlich
ihren
Kongress "Mut zur Ethik" ab, bei dem sich auch der in der Ökoszene
angesehene Jens Loewe, Begründer des Stuttgarter Wasserforums,
gerne
den roten Teppich ausrollen lässt, und Jürgen Elsässer,
ein in
Deutschland umstrittener linker Autor, der seine
Verschwörungstheorien
vortragen darf. Beide wollen auf Anfrage von den VPM-Hintergründen
dieses Kongresses nichts wissen. Man sei vor Ort immer auf
"aufgeschlossene und intelligente Menschen gestossen".
Was treibt sie um?
Vor einigen Jahren staunte man in mehreren thurgauischen Gemeinden
nicht schlecht. Plötzlich fielen GrosstädterInnen,
vornehmlich
Psychologinnen und Therapeuten aus dem Raum Zürich, ins Hinterland
ein
und liessen sich hier nieder. Von einer komischen Sekte war die Rede,
es gab Versammlungen, in denen vor "diesen missionarisch auftretenden
Leuten" gewarnt wurde. Mittlerweile hat sich die Aufregung
weitestgehend gelegt.
Was treibt die Ex-VPMler tatsächlich um? Rutschten die einst
rechten
Hardliner in den letzten Jahren eher nach links? Sie engagieren sich
vordergründig gegen Kriege, Strahlengefahren und
Umweltverschmutzung,
propagieren biologischen Landbau und suchen den Kontakt zu
Globalisierungsgegner Innen. Woher kommt diese anscheinend radikale
Kehrtwendung?
Ein langjähriger VPM-Anhänger, in den neunziger Jahren auch
Vertrauter
von VPM-Leiterin Annemarie Buchholz-Kaiser, glaubt eine Erklärung
zu
haben: "Der VPM hat immer nach einem sektenhaften Führerprinzip
funktioniert. Wenn die Anleitung kam, gegen linke Revoluzzer anzugehen,
dann waren wir dabei. Nach der Auflösung kam die Anordnung, andere
Wege
zu gehen, und auch das wurde widerspruchslos hingenommen. Die meisten
Ex-VPMler haben ihre Identität vor langen Jahren in der
Zürcher
Zentrale abgegeben und sind fremdgesteuert. Sie sind der
Überzeugung,
zu einer handverlesenen Elite zu gehören, die dem Rest der Welt
erklärt, was zu tun sei. Sie funktionieren wie Roboter. Wenn
nächste
Woche die Parole ausgegeben würde, man müsse wieder
zurück ins
nationalistisch-rechte Lager, dann wird auch das gemacht. Immer im
Vordergrund steht die aktuelle Botschaft - und die kann täglich
eine
andere sein."
Aufregung um ein Internat
Der Internetauftritt des Internats Schloss Bohlingen, bei Singen im
Hegau gelegen, ist seltsam karg. Eine Adresse, der Verweis auf einen
Trägerverein Schloss Bohlingen, dazu eine Telefon- und eine
Faxnummer.
Keine Bilder, keine Namen von Ansprechpartnern, nicht einmal die
Andeutung eines pädagogischen Konzepts. Als das Internat 1996
eröffnet
wurde, rauschte es nochmals gewaltig im deutschen Blätterwald. Man
vermutete den damals noch exis tierenden VPM hinter dem Internat.
Nicht ohne Grund: Im Hintergrund zog ein Trägerverein die
Fäden, dessen
Mitglieder fast alle VPM-Sympathisant Innen waren. Die sieben
Gründer
von 1995 zeichnen bis heute verantwortlich für den
Trägerverein. Der
damalige Singener CDU-Oberbürgermeister Andreas Renner
organisierte
eine öffentliche Diskussion, zu der fast ganz Bohlingen angelaufen
kam
und zu der auch der VPM eine starke Abordnung entsandte. Trotz
heftigster Bedenken wurde das Internat mit Schulbetrieb von den
zuständigen Behörden genehmigt, da es keine baurechtlichen
Bedenken
gab. Dann kehrte Ruhe ein, nur noch vereinzelt kam in lokalen Medien
der Sektenzusammenhang zur Sprache.
Pädagogik von vorgestern
In den letzten Monaten allerdings machten Unterlagen die Runde, die das
Internat wieder ins öffentliche Interesse rücken
könnten. Mehrere
ehemalige SchülerInnen berichten eindrücklich über
Schikanen und
Repressionen, die sie in Bohlingen über sich ergehen lassen
mussten.
"Ich durfte nicht mit einem Jungen befreundet sein", schreibt S. K. Ihr
wurde verboten, mit dem Jungen weiterhin engeren Kontakt zu pflegen.
Als sie es dennoch tat, soll sie vom Heimpersonal vor anderen Kindern
als "Schlampe" und "Hure" bezeichnet worden sein.
Einem Jungen wurde erklärt, das Tragen eines rosa Pullovers
könne zu
Homosexualität führen. Bei den wenigen Ausflügen, die
das Internat
anbietet, werden Jungen und Mädchen penibel voneinander getrennt.
Es
gibt rigide Kleidervorschriften, Mädchen dürfen weder Hals-
noch
V-Ausschnitt tragen, und auch das Tönen oder Färben der Haare
ist
strikt verboten. Befinden sich die Jugendlichen im Unterricht, werden
ihre Zimmer heimlich durchsucht. Mehrere Wochen Zimmerarrest bei
kleineren Vergehen scheinen an der Tagesordnung zu sein.
"Wir hatten keinerlei Privatsphäre", schreibt ein ehemaliger
Internatsschüler. Der Umgang des Heimpersonals mit den Kindern sei
oft
"ruppig und brutal". Ein früher dort beschäftigter
Pädagoge wird
deutlich: "Die Erziehung ist extrem konservativ." Er hat nach wenigen
Monaten gekündigt, weil er "die Zustände nicht mit seinem
Gewissen
vereinbaren" konnte. Die Kinder stünden so unter Druck, dass es
einzelne Suizidversuche gegeben habe. Ein Mädchen soll
Glasscherben
geschluckt haben, ein Junge sei auf dem Fensterbrett im dritten Stock
gestanden. Die Heimleitung habe die Vorfälle als
"Aufmerksamkeitshascherei" abgetan.
Vor Ort wiegelt man ab
Die regionale Presse, allen voran der "Südkurier", hält sich
vornehm
zurück. Man will sich offensichtlich nicht die Finger verbrennen.
Auch
Bohlingens Ortsvorsteher Anton Auer wiegelt ab: "Das mit der Sekte ist
doch eine alte Geschichte, da ist nichts dran." Auffälligkeiten
habe es
die letzten Jahre nicht gegeben. Das Internat lade die Bevölkerung
immer wieder mal "zur Weihnachtsfeier oder zum Schlachtfest" ein, man
verstehe sich bestens. Vom staatlichen Schulamt Konstanz wird das
Internat weiterhin empfohlen, und auch alle anderen Institutionen im
Landkreis, die für schulische Einrichtungen zuständig sind,
sehen
keinerlei Anlass für Kritik. Einzig und allein die
Internetpublikation
"SeeMoZ" wies kürzlich auf die VPM-Zusammenhänge hin. Davon
Wind bekam
nun die Redaktion der Fachzeitung "Focus-Schule". Sie hat in einer
dreiseitigen Reportage die Verbindungen zwischen Internat und VPM
nachrecherchiert und kam zu Ergebnissen, die sich mit denen von
"SeeMoZ" decken.
Sowohl Franz Schauber ger, erster Vorsitzender des
Internatträgervereins, als auch Karl Schweis furth,
der Besitzer der
Liegenschaft, waren lange Jahre Anhänger des VPM.
Schweisfurth ist
heute Geschäftsführer der Hermannsdorfer
Landwerkstätten, sein Vater
Karl Ludwig Schweisfurth hat mit Herta-Wurst Millionen verdient und
sich später in der Biolandwirtschaft einen Namen gemacht.
Schweisfurth
senior schrieb auch in der VPM-nahen Zürcher Wochenzeitung "Zeit
Fragen", die früher die VPM-Kongresse "Mut zur Ethik"
mitorganisierte.
An diesen Kongressen hält wiederum Internatsgründer Franz
Schauberger
Vorträge. Ebenso wie der Radolfzeller Anwalt Rainer Rothe, der
einst
fast alle Prozesse gegen VPM-Kritiker geführt und überwiegend
verloren
hat. Pikant: Rothes Kanzlei kooperiert interessanterweise mit der
Anwältin und früheren Radolfzeller Bürgermeisterin
Isabel Fezer, die
beim letzten Landtagswahlkampf für die FDP kandidierte und mit
einer
bundespolitischen Karriere liebäugelt. Ihr Büro ist seit
April 2008
geschlossen, auf ihrer Website ist zu lesen: "Bitte wenden Sie sich bei
Fragen an RA Rainer Rothe." Auf diese Verbindung angesprochen,
erklärte
Fezer schon vor zwei Jahren gereizt: "Mich interessiert nicht, was der
Kollege privat so treibt."
"Auf Herz und Nieren"
Die Spurensuche führt weiter, in das Städtchen Stockach in
der Nähe von
Radolfzell. Seit geraumer Zeit organisiert hier eine Initiative, die
sich "Freie Bürger für eine freie Demokratie" nennt, gut
besuchte
Lesungen und Vorträge. Ein Referent, der da schon des Öfteren
auftrat:
der Autor Jürgen Elsässer. Schaut man sich den Verein Freie
Bürger
etwas genauer an, stösst man zusätzlich auf Namen, die
schnurgerade zum
untoten VPM führen und die auch immer wieder in den "Zeit Fragen"
publizieren oder aber regelmäs sig bei "Mut zur Ethik"-Kongressen
referieren.
Der Fall Bohlingen scheint nun doch die zuständigen Behörden
zu
interessieren, zumindest die von ausserhalb. Das Landesjugendamt
Stuttgart wurde aufmerksam, auch das Landespräsidium Freiburg.
Angeordnet wurde eine Überprüfung des Internats "auf Herz und
Nieren".
Internatsleiterin Marie-Therese Alef kümmert das nicht. Sie plant
zurzeit offensichtlich eine Erweiterung, weil der Andrang auf das
Internet ständig wachse. Hausbesitzer Karl Schweisfurth, der
angeblich
"nur" früher mal im alten VPM-Verteiler gewesen sein will, soll
dem
Ausbau schon zugestimmt haben.
Eine telefonische Nachfrage im Schloss Bohlingen ist nicht
möglich.
Über Wochen hinweg waren die für Schul- und Heimbetrieb
Verantwortlichen nicht zu erreichen oder beendeten das Gespräch
schon
nach dem ers ten Satz.
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Die aggressiven Menschenkenner
Einst waren die "Lieblinge", so genannt nach Friedrich Liebling (1893-
1982), eine Art Psychoflügel der radikalen studentischen Linken:
eine
libertäre, auf ihren Guru eingeschworene, abgeschottete
Grossfamilie.
Die Mitglieder wurden aufgefordert, sich sterilisieren zu lassen und
ihre Energie in die Erziehung der Gesellschaft zu stecken. Viele wurden
LehrerInnen, etwa an der Kantonalen Maturitätsschule für
Erwachsene und
am KV Zürich. Nach Lieblings Tod setzte der Flügel um
Annemarie
Buchholz-Kaiser einen radikalen Kurswechsel durch, was 1986 mit der
Gründung des Vereins zur Förderung der Psychologischen
Menschenkenntnis
(VPM) besiegelt wurde. Der VPM galt als Akademikersekte, vor allem
Ärzte, Psychologinnen und Lehrer bekannten sich zu ihr.
Federführend war und ist - auch nach der offiziellen
Auflösung 2002 -
Annemarie Buchholz-Kaiser. Der Verein zählte etwa 2000 bis 3000
Mitglieder, dar unter auch viele Deutsche. Die Gruppe versuchte
Einfluss zu nehmen auf die Drogen-, Aids- und Bildungspolitik.
In der Schweiz fungierte sie, wie der Recherchierjournalist Jürg
Frischknecht aufdeckte, als eigentliche "Unterschriftenmaschine", die
massgeblich zum Zustandekommen mehrerer Gesetzesreferenden beitrug
(Heroinabgabe 1999, Bilaterale 2000, Armee XXI und Zivilschutz 2003).
Zunehmend agierte sie auch in Deutschland, wo sie mehrere Ableger
unterhielt. Gegen jede Art von Kritik wehrte sich der Verein vehement,
verlor aber die überwiegende Mehrzahl von weit über 700
Prozessen.
Der VPM rutschte in den achtziger und neunziger Jahren immer mehr nach
rechts, witterte zunehmend paranoid überall linke
Verschwörungen,
glaubte, vor allem in Deutschland stünde ein Umsturz
linksradikaler
Kreise kurz bevor. Man fühlte sich auch dazu berufen, gegen
"Perverse"
und "linkshomosexuelle Attacken" vorzugehen und glaubte, allein die
Rezepte gegen Hunger, Kriege oder Drogen parat zu haben. Die
VPM-Schulungen sollten ein Leben lang dauern und alle Bereiche des
gesellschaftlichen und privaten Lebens durchdringen. Gegen
KritikerInnen seiner absurden Heilsbotschaften ging der VPM mit
massiven Mitteln vor: Sie wurden verleumdet, abgehört und
bespitzelt
oder gleich als "RAF-Sympathisanten" diffamiert. Mitte der neunziger
Jahre wurde der VPM in einer deutschen Antisektenbroschüre
aufgeführt
und musste sich sogar, gerichtlich abgesegnet, die Etikettierung
"rechte Psychosekte" gefallen lassen. Holger Reile
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G-20-TOTER
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Tagesanzeiger 9.4.09
Video bestätigt Attacke eines Polizisten
Der Tod eines Mannes während der G-20-Demos in London wirft immer
neue Fragen auf. Politiker fordern jetzt rasche Antworten.
Von Peter Nonnenmacher, London
Die britische Innenministerin Jacqui Smith hat die Londoner Polizei
aufgefordert, Ergebnisse ihrer Ermittlungen zum Fall Ian Tomlinson
"schnellstmöglich" vorzulegen. Tomlinson war der 47-jährige
Kioskhändler, der während der G-20-Kundgebungen in der
Londoner City
von Polizisten zu Boden gestossen und möglicherweise auch mit
Knüppeln
geschlagen worden war - und wenige Minuten später einem Herzschlag
erlag. Der Fall ist mittlerweile zum Politikum geworden, nachdem immer
mehr Zeugen die Attacke mindestens eines Polizisten auf Tomlinson
bestätigt hatten. Ein dem Londoner "Guardian" zugespieltes Video
zeigt
in aller Deutlichkeit, wie der betreffende behelmte und vermummte
Polizist den Mann zu Boden wirft, obwohl der, beide Hände in den
Hosentaschen, sich von ihm entfernt. Weiter zeigt das Video, wie zwei
Demonstranten dem am Boden liegenden Mann wieder auf die Beine helfen,
während eine Gruppe Polizisten unbeeindruckt zuschaut.
Der Vorfall sorgt für Empörung, weil die Polizei
zunächst nur ihre
eigenen Bemühungen zur Wiederbelebung Tomlinsons herausgestrichen
hat.
Kritiker haben der Polizei inzwischen vorgeworfen, die
Öffentlichkeit
mit jener Verlautbarung bewusst irregeführt zu haben. Kurz nach
dem
Vorfall war auch der Eindruck erweckt worden, Tomlinson sei an den
Demos beteiligt gewesen. Die Familie des Toten verlangt nun
Aufklärung,
während Britanniens Politiker sich darüber streiten, ob eine
amtliche
Untersuchung erforderlich sei. Im Augenblick ist lediglich die Polizei
selbst, im Auftrag der unabhängigen Beschwerdestelle der Polizei,
mit
den Nachforschungen beschäftigt. Von diesen Ergebnissen wird es
abhängen, ob der Fall an die Staatsanwaltschaft weiter geleitet
und
Anklage erhoben werden soll.
Neugieriger Geschäftsmann
Das Video hat ein Fundmanager aus New York gedreht, der sich die
Proteste aus reiner Neugierde hatte ansehen wollen. Er erklärte,
er sei
mit der Aufnahme an die Öffentlichkeit gelangt, "weil klar wurde,
dass
die Familie (Tomlinsons) keine Antworten erhielt". Tomlinsons Witwe
Julia hat jetzt die volle Aufklärung der Vorgänge verlangt,
"weil
unsere Kinder wissen müssen, was mit ihrem Vater geschah". Und die
Liberale Partei forderte die sofortige Einleitung eines Verfahrens.
Dagegen verteidigte der Chef des Verbandes Londoner Polizisten, Peter
Smyth, die betroffenen Kollegen. "An einem Tag wie diesem, an dem
einige Demonstranten wild entschlossen sind, so viel Unheil wie
möglich
anzurichten, ist die eine oder andere physische Konfrontation
unvermeidlich." Londons Polizeipräsident Sir Paul Stephenson
stimmte
aber der Notwendigkeit "vollständiger Ermittlungen" zu.
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20min.ch 9.4.09
(Video Channel 4: http://www.20min.ch/news/ausland/story/19492863)
Tod an G-20-Demo
Neues Video: Polizist benutzte Schlagstock
Der Polizist, der an der G-20-Protestdemo in London einen Mann zu Boden
stiess, der kurz darauf starb, hat sich gemeldet. Ein neu aufgetauchtes
Video belastet ihn zusätzlich.
Der Polizeibeamte habe sich gegenüber seinem Vorgesetzten und der
unabhängigen Untersuchungskommission zu erkennen gegeben. Er soll
am
Donnerstag befragt werden, man habe ihn aber weder festgenommen noch
suspendiert, berichtete der "Guardian". Die Zeitung hatte am Mittwoch
auf ihrer Website ein Video veröffentlicht. Es zeigt, wie der
47-jährige Ian Tomlinson während den Protesten gegen den
G-20-Gipfel am
1. April in London von einem Polizisten zu Boden gestossen wurde.
Kurz darauf starb der Zeitungsverkäufer, der sich auf dem Heimweg
befand und nach Angaben seiner Familie mit der Kundgebung nichts zu tun
hatte, an einem Herzinfarkt. Scotland Yard hatte ursprünglich nur
dies
vermeldet, die Attacke des Polizisten aber verschwiegen. Ein neues
Video, das der Fernsehsender Channel 4 am Mittwoch ausgestrahlt hat,
belastet ihn nun zusätzlich. Es zeigt, dass der Beamte Tomlinson
nicht
nur umgestossen, sondern ihm zuvor mit dem Schlagstock einen Hieb in
die Beine verpasst hatte.
Anklage wegen Totschlags?
Nun droht dem Polizisten eine Anklage wegen Totschlags, sollte ein
Zusammenhang mit dem Herzinfarkt bewiesen werden. "Es gibt keine
Entschuldigung für sein Vorgehen", sagte eine hochrangige
Polizeiquelle
dem "Guardian". Er habe zumindest ein schwerwiegendes
Disziplinarvergehen und einen tätlichen Angriff begangen. Eine
Zeugin
hatte gegenüber dem "Guardian" zudem erklärt, Ian Tomlinson
sei bereits
zuvor von Polizisten gestossen und mit Schlagstöcken traktiert
worden.
Angesichts des zunehmenden Drucks will die Untersuchungskommission
kriminaltechnische Ermittlungen einleiten, die vollkommen
unabhängig
von der Londoner Polizei durchgeführt werden sollen. "Die Leute
sind
zurecht besorgt über diesen tragischen Tod, und das Video ist
verstörend", sagte Deborah Glass, die Leiterin der Kommission. Sie
rief
dazu auf, ihr allfälliges weiteres Videomaterial zu
übergeben.
Ausserdem wurde eine zweite Autopsie von Ian Tomlinsons Leichnam
angeordnet.
(pbl)
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Südostschweiz 9.4.09
Vor dem Herzinfarkt gabs zweimal Prügel von der Polizei
So natürlich, wie die englische Polizei es darstellt, war der Tod
des
Zeitungsverkäufers Ian Tomlinson letzte Woche am Rande des
G20-Gipfels
in London nicht. Zeugen und ein Video belasten die Polizei schwer.
Von Ralf Sotscheck
London. - Der 47-jährige Ian Tomlinson, der am 1. April in London
auf
dem Heimweg von der Arbeit als Zeitungsverkäufer war und in die
Demonstration anlässlich des G20-Gipfels geriet (Ausgabe vom
vergangenen Freitag), ist an einem Herzinfarkt gestorben. Das hat die
Obduktion ergeben. Doch zuvor war er von der Polizei angegriffen
worden. Das ist deutlich auf einem Video zu sehen, das der britischen
Zeitung "Guardian" am Dienstag zugespielt wurde (http://www.guardian.co.uk/uk/2009/apr/07/ian-tomlinson-g20-death-video).
Auf dem Video sieht man, wie Tomlinson um 19:20 Uhr in der Royal
Exchange Passage in der Nähe der Bank von England langsam vor
einer
Reihe von Polizisten hergeht, die Hände hat er in den Taschen.
Plötzlich und offensichtlich grundlos schlägt ihm ein
vermummter
Beamter im Kampfmontur von hinten mit dem Schlagstock in die Beine,
bevor er ihn heftig zu Boden stösst. Im Fallen zieht Tomlinson die
Hände aus den Taschen, um den Sturz abzufedern. Er fällt auf
den Bauch,
dreht sich um und scheint sich, auf dem Boden sitzend, bei den
Polizisten zu beschweren. Ein Demonstrant hilft ihm auf die Beine, und
Tomlinson geht langsam weiter.
Zweimal zu Boden gestossen
Eine Augenzeugin berichtet, dass das bereits der zweite Angriff auf
Tomlinson war. Die Fotografin Anna Branthwaite hat gesehen, dass
Tomlinson kurz zuvor, am Anfang der Royal Exchange Passage, von der
Polizei zu Boden gestossen wurde und mit dem Kopf auf das Pflaster
schlug. Dann habe ihm der Beamte zwei Hiebe mit dem Schlagstock
versetzt. "Danach zog ihn der Beamte von hinten hoch, ging weiter
hinter ihm her und schubste ihn. Tomlinson lief und stolperte. Er
drehte sich nicht um, stellte sich nicht gegen die Beamten."
Nachdem er das zweite Mal zu Boden gestossen worden sei, sei er
benommen und verwirrt gewesen, sagen Augenzeugen. Auf dem Video sieht
man zum Schluss, wie er quer durch das Bild Richtung Bank von England
läuft. Drei Minuten später brach er rund 50 Meter weiter
zusammen. Vier
Studenten beobachteten das. Peter Apps, einer der Studenten, sagt, eine
Frau habe erste Hilfe geleistet. Ein Demonstrant habe die Polizei mit
einem Megafon herbeigerufen, ein anderer habe den Notruf angerufen.
"Vier Polizisten und zwei Polizeisanitäter kamen", sagt Apps. "Sie
sagten zu der Frau, die erste Hilfe leistete, sie solle weitergehen.
Dann stiessen sie sie von ihm weg. Sie ignorierten sie, als sie ihnen
den Zustand des Mannes beschreiben wollte."
Die Frau, die anonym bleiben möchte, sagt, die Polizei habe
Tomlinson
umringt. "Die Notrufzentrale wollte mit den Polizisten sprechen, man
hielt ihnen das Handy hin, doch sie lehnten es ab." Die Polizisten
haben keine Wiederbelebungsversuche unternommen, sagt Elias Stoakes,
ein anderer Zeuge. Stattdessen schubsten die Beamten Leute weg, die
Tomlinson helfen wollten.
Die Polizisten sagten später aus, sie seien von den Demonstranten
mit
Wurfgeschossen angegriffen worden, als sie Tomlinson hätten helfen
wollen. Alle Augenzeugen bestreiten das.
Untersuchung angekündigt
Die Videoaufnahme und die Zeugenaussagen im Fall Tomlinson sind die
erste Krise für den Scotland-Yard-Chef Paul Stephenson, der das
Amt am
1. Januar übernommen hat. Der Polizist, der Tomlinson zu Boden
gestossen hat, soll nun vom Unabhängigen Beschwerdeausschuss der
Polizei identifiziert und vernommen werden. "Wir werden das Video
auswerten, ebenso wie die Aussagen und Fotos, die uns vorliegen", sagte
gestern Deborah Glass, die Sprecherin des Ausschusses. Kommentar oben
--
Kommentar
Gezielte Desinformation
Von Ralf Sotscheck
Ein Mann stirbt bei einer Demonstration, und keiner nimmt Notiz davon.
Es ist erstaunlich, wie sich die Medien die Darstellung der Polizei zu
eigen machten: Die Beamten seien bei der G20-Demonstration in London
von einer Meute Anarchisten angegriffen und mit Wurfgeschossen daran
gehindert worden, einen Demonstranten wiederzubeleben, hiess es letzte
Woche. Die BBC berichtete gar nicht erst von Ian Tomlinsons Tod.
Tomlinson war kein Demonstrant, er war auf dem Nachhauseweg, als er von
der Polizei angegriffen wurde. Es dauerte fast eine Woche, bis das ans
Licht kam, weil ausgerechnet ein New Yorker Banker sein Video
veröffentlichte. Erst jetzt beginnen Ermittlungen. Dabei muss die
Polizeiführung längst gewusst haben, was am 1. April
vorgefallen war.
Im Land mit der höchsten Dichte an Überwachungskameras bleibt
kaum
etwas unbeobachtet.
Wie im Fall des Brasilianers Jean Charles de Menezes, der im Juli 2005
in der Londoner U-Bahn von der Polizei mit Kopfschüssen
getötet wurde,
setzte Scotland Yard auch diesmal auf Desinformation. Damals hiess es
zunächst, De Menezes habe in Zusammenhang mit den Anschlägen
auf drei
U-Bahnen und einen Bus gestanden, was sich als unwahr herausstellte.
Diesmal konstruierte man eine Attacke von Demonstranten auf die
Beamten, die Tomlinson Hilfe leisten wollten.
Die polizeiinterne Untersuchung reicht nicht, es muss eine
öffentliche
Untersuchung geben. Kritiker sagen zwar, dass es Zeitverschwendung
wäre, da die beteiligten Polizisten ohnehin nicht belangt
würden. Doch
selbst wenn solche Untersuchungen stets in Schönfärberei
enden, so ist
die Beweisaufnahme doch meist aufschlussreich.
zentralredaktion@suedostschweiz.ch
---
Basler Zeitung 9.4.09
Scotland Yard erneut unter Druck
Polizei hat vermutlich Todesfall am Rand der G-20-Demos provoziert
Sebastian Borger, London
Der Tod eines Mannes bei den Protesten während des G-20-Gipfels in
London hat Folgen: Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie der Mann von
einem Polizisten zu Boden gestossen wird.
Das Amateurvideo lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen
übrig. Ohne
erkennbare Warnung zieht ein Polizist mit Helm (Aufschrift: MP) und
gepolsterter Weste seinen Schlagstock und schlägt dem grossen Mann
im
blauen Fussballhemd von hinten auf die Beine. Anschliessend rammt er
ihn, wiederum von hinten, mit Wucht zu Boden; das Opfer kann gerade
noch die Hände aus den Hosentaschen nehmen, um den Aufprall zu
dämpfen.
Die Überreaktion eines einzelnen Beamten am Ende eines schwierigen
Einsatztages wird jetzt zum Problem für die Londoner Metropolitan
Police. Denn das Opfer des Angriffs, Ian Tomlinson (47), erlag wenige
Minuten nach dem Zwischenfall am Rand der G-20-Demonstrationen letzte
Woche einem Herzinfarkt. Es bedurfte erst hartnäckiger Recherchen
britischer Medien sowie des zufällig aufgetauchten Videos, um die
Einzelheiten seiner letzten Minuten zu rekonstruieren - Scotland Yard
verbreitete zunächst Halbwahrheiten und hüllt sich seither
offiziell in
Schweigen.
Als gestern "The Guardian" das Video eines unbeteiligten
US-Fondsmanagers ins Netz stellte, fand die grösste
Polizeibehörde des
Landes ihre Sprache wieder. Jetzt spricht Polizeipräsident Paul
Stephenson von "offenkundiger Besorgnis", Bürgermeister Boris
Johnson
findet die TV-Bilder "verstörend", die Opposition fordert
Ermittlungen
durch eine Polizeibehörde, die nicht an den Demoeinsätzen
beteiligt
war. Einstweilen führt die kleine Polizeidirektion der City of
London
unter Aufsicht der unabhängigen Polizeibehörde IPCC die
Untersuchung,
obwohl ihre eigenen Beamten auf dem Video zu erkennen sind und sich
möglicherweise der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht
haben.
Als möglicher Tatbestand für den Haupttäter kommt
Körperverletzung mit
Todesfolge in Frage.
Der "kleine Zwischenfall", so Peter Smyth von der Polizei-Gewerkschaft
gegenüber der BBC, verändert die Bewertung eines Einsatzes,
für den
Scotland Yard viel Lob erhalten hatte. Trotz erheblicher Aggression auf
beiden Seiten war es den Ordnungshütern rund um den G-20-Gipfel
gelungen, grössere Ausschreitungen zu verhindern. Insbesondere im
Zentrum der City of London standen sich am 1. April stundenlang je rund
5000 Protestierer und Polizisten mit Helmen und Schlagstöcken
gegenüber. Bis auf einzelne Sachbeschädigungen blieb es bei
verbalen
Auseinandersetzungen, 86 Demonstranten wurden festgenommen.
Ian Tomlinson kann von alledem wenig mitbekommen haben. Bis gegen 19
Uhr arbeitete der Verkäufer des Londoner "Evening Standard" am
Zeitungsstand vor dem U-Bahnhof Monument. Dann hatte es der begeisterte
Fussballfan eilig heimzukommen: Um 20 Uhr begann im TV die
Übertragung
des WM-Qualifikationsspiels England-Ukraine.
Dann geschah das für seine Angehörigen Unfassbare. Tomlinsons
Stiefsohn
Paul King wünscht sich nun "einfach Gerechtigkeit. Vorher
können wir
unseren Vater nicht zur Ruhe betten."
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ANTI-ATOM
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Radio Dreyeckland 9.4.09
30 Jahre nach Harrisburg wird weiterhin verharmlost und vertuscht
Leider wurden in den Presseberichten zum 30. Jahrestages des
Atomkraftunfalls von Harrisburg/TMI 2 die Opfer bzw. Strahlenopfer des
des Unfalls in allgemeinen nicht oder nur unzureichend erwähnt.
Georg Löser, Phsiker und Biologe und Vorsitzender des Vereins
Ecotrinova e.V.,hat nachrecherchiert und den 'Anderen
Harrisburg-Bericht' veröffentlicht
http://www.freie-radios.net/mp3/20090409-30jahrenac-27414.mp3
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Basler Zeitung 9.4.09
Atomkraftwerk erfüllt nicht alle Standards
Fessenheim. Nachuntersuchung folgt
Constance Frey
Zwölf Experten der Internationalen Atomenergiebehörde haben
zweieinhalb
Wochen lang Anlage und Betrieb des Kraftwerks untersucht.
Im vorläufigen Ergebnis der Mission, das am Dienstag in
Fessenheim
vorgestellt wurde, halten die Experten fest, dass das von EDF
betriebene Kraftwerk selbst gesetzte Fristen zum Beheben von
Mängeln
nach Zwischenfällen nicht eingehalten hat und die nötigen
Arbeiten
nicht nach Wichtigkeit staffelt.
Ausserdem könnten sich Mitarbeiter an unzureichend abgedeckten
heissen
Rohren verletzen und über Kabel stolpern, die nicht
weggeräumt wurden.
Des Weiteren erhebt Fessenheim nicht systematisch, wie sich Mitarbeiter
weiterbilden. "In diesem Punkt entspricht die Anlage internationalen
Standards, könnte sich aber noch verbessern", sagte Missionsleiter
Gabor Vamos.
20 Empfehlungen
Mängel werden laut einer Richtlinie in Form von Empfehlungen ans
Kraftwerk formuliert, den Betrieb in den beanstandeten Punkten zu
verbessern. Im endgültigen Bericht, der in drei Monaten vorliegen
und
später veröffentlicht werden soll, werden rund 20 solcher
Empfehlungen
stehen, so Gabor Vamos.
Rund ein Viertel davon betrifft Punkte, bei denen das Atomkraftwerk
Fessenheim nicht den internationalen Standards entspricht. Gabor Vamos
wollte gestern kein Gesamturteil über die Anlage geben: "Unsere
Mission
ist technischer Natur und für das Kraftwerk und die
französische
Atomsicherheitsbehörde bestimmt", sagte der Experte. Und er
fügte an:
"Wir bewerten das Kraftwerk nicht." Die Beurteilung der Experten hat
auch bei den AKW-Betreibern Reaktionen ausgelöst. "Es ist wichtig,
dass
wir die Empfehlungen bis zur Nachuntersuchung in 18 Monaten zumindest
in Teilen umsetzen", sagt Jean-Philippe Bainier, Direktor der Anlage,
der die Mission als Erfolg sieht. Im Herbst steht die
Zehnjahresinspektion für das AKW an. Die Betreiberin EDF hat
gerade
bekannt gegeben, dass sie das Kraftwerk gerne für weitere zehn
Jahre am
Netz lassen würde. Darüber muss nun die französische
Atomsicherheitsbehörde entscheiden.
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MUMIA ABU-JAMAL
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WoZ 9.4.09
Mumia Abu Jamal
Definitives Urteil
Nun ist das letzte Wort gesprochen: Mumia Abu Jamal, Ikone im Kampf
gegen die Todesstrafe, bleibt lebenslänglich hinter Gitter n. Dies
hat
das Oberste Gericht der USA am Montag indirekt entschieden. Der
ehemalige Black-Panther-Aktivist war 1982 wegen Mord an einem
Polizisten zum Tod verurteilt worden. Erst vor einem Jahr hatte das
Berufungsgericht von Philadelphia die Todesstrafe ausgesetzt, eine
Neubeurteilung seiner Verurteilung lehnte es jedoch ab. Dieser
Entscheid wurde nun vom Obersten Gericht bestätigt.
Der 54-jährige Abu Jamal hat stets bestritten, den Polizisten
Daniel
Faulkner getötet zu haben. Menschenrechtsgruppen haben das Urteil
von
Beginn an kritisiert: Nicht nur sei die Zusammensetzung der damaligen
Jury, die aus zwei Schwarzen und zehn Weissen bestand, nach
rassistischen Kriterien erfolgt. Überdies habe man die
Ermittlungen
schlampig geführt, und entlas tende ZeugInnen seien nicht
vernommen
worden. Auch einer der Berufungsrichter, der vor einem Jahr von seinen
beiden Kollegen überstimmt worden war, hatte den Fall scharf
kritisiert: Er sei "von Rassismus durchtränkt". yw