MEDIENSPIEGEL 16.4.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (tojo, SLP)
- Progr vor Verwaltungsgericht
- Stadtwohnungen nicht für "Reiche"
- Promi-Fingerabdrücke-Wettbewerb
- Biometrie-Pässe-Unsicherheit
- Telehess 16.4.09
- Nonnenpower gegen Asylgeldbetrug im Wallis
- Autonome vs Sechseläuten: FDP will Polizeieingriff
- Fussballkosten BS: Über 3 Mio für Polizei
 - Jugendpolizei Winterthur
- No Nato 2009: ZeugInnen gesucht

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REITSCHULE
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Mi 15.04.09
19.00 Uhr - SousLePont - BeNeLux Spezialitäten
21.00 Uhr - Rössli-Bar - BIT-TUNER - Konkret / Electronica

Do 16.04.09
20.30 Uhr - Kino - Tangos - el Exilo del Gardel, F.E. Solanas, ARG 1985, OV/df, 119min, 35mm
21.00 Uhr - Dachstock - Zeni Geva JAP - Maximum Metal-Core
22.00 Uhr - SousLePont - Früchte des Zorns, Geigen-Punk

Fr 17.04.09
20.30 Uhr - Tojo - TITTANIC - die Sechste Der Quotenknüller!
21.00 Uhr - Kino - Màs Tango, A. Hannsmann, S. Schnabel, D/Arg 2006, OV/d, 56min, dvd
22.00 Uhr - Frauenraum - Festmacher&Frauenraum präsentieren: TECHTELMECHTEL@FRAUENRAUM mit: TAMA SUMO Ostgut Ton, Panaroma-bar Resident, Berlin; DJ GIRLBE BE; COLETON live BE BERRYBEATlive* ARIELLE* MYRIELLE EXPRESS* BONNIE HILL* La FÉE VERTE *) Festmacher, BE - Electro
23.00 Uhr - Dachstock - DJ Krush JAP - Hip Hop/Breakbeats/Electronica

Sa 18.04.09
21.00 Uhr - Kino - Tango Lesson, S. Potter, GB/F 1996, OV/df, 100min, 35mm
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: Loxy Cylon/Renegade Hardware/uk Deejaymf cryo.ch VCA Biotic Recs Antart - Drum'n'Bass

So 19.04.09
18.00 Uhr - Rössli - Piano-Bar

Infos: www.reitschule.ch
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Bund 16.4.09

"Tittanic", die sechste

Mit "Beast of"

Fünf Ausgaben der Schreibfrauen-Lesereihe "Tittanic" sind bereits über die Bühne, Gastauftritte in der ganzen Schweiz absolviert, und nun, wenn es zum sechsten Mal "Tittanic" heisst, gibt es einen Tonträger zu taufen, die CD "Beast of Tittanic" (Der gesunde Menschenversand), auf der die schönsten Momente vergangener Lesungen festgehalten sind. Da berichtet etwa Tania Kummer von konjugierten Linolsäuren oder Susi Stühlinger über das Eva-Prinzip, ausserdem gibts Musik vom Duo Aeberli/Zahnd und anderen. Eine Handvoll der auf der CD vertretenen Autorinnen wird morgen Abend Kurztexte vortragen, die andere Hauptattraktion von "Tittanic, die Sechste" sind die Autorinnen Daniela Dill und Marianne Freidig: die eine mit Hochgeschwindigkeitsreimen, die andere mit Texten von messerscharfer Beiläufigkeit. (kul)

Tojo-Theater Reitschule

Freitag, 17. April, 20.30 Uhr.

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BZ 16.4.09

CD-Taufe

Wo Frauen draufstehen, sind auch Frauen drin

Mit "The Beast of Tittanic" bringt die Berner Performerin Sandra Künzi eine live aufgenommene Spoken-Word-CD heraus.


Lustige Texte ab Wohnzimmerlautsprecher zu hören, hat bisweilen etwas Anstrengendes an sich. Sachen, die auf der Bühne funktionieren, erscheinen beim aufmerksamen, mehrmaligen Anhören plötzlich furchtbar banal und einfältig. Glücklicherweise sind nicht alle Spoken-Word-CDs so.

 Herz wie eine Kartoffel

Auf "The Beast of Tittanic" sind acht Autorinnen vertreten, die das fast Unmögliche schaffen: Der Mix gelingt und die meisten Texte funktionieren auch zu Hause. Das ist Initiantin Sandra Künzi zu verdanken, die nicht nur leichte Kost serviert, sondern auch stillen Werken ihren Platz eingeräumt hat. So ist zum Beispiel "Wegen der Hingabe" von Ulrike Ulrich zu hören - der poetische Monolog einer Frau, die sich in der Nacht plötzlich ausgesperrt auf einer Dachterrasse wiederfindet.

Ulrich hat den Text live an einer "Tittanic"-Lesung performt. Dieses Literaturformat existiert seit 2005 - Performerin Sandra Künzi hat es gegründet, um eine Plattform nur für Frauen zu schaffen. Gerade im Bereich der gesprochenen Literatur, dazu gehört auch Poetry Slam, sind Frauen nach wie vor stark untervertreten. Seither hat Künzi immer wechselnde Besetzungen zu ihren Lesungen geladen, die jeweils ergänzt wurden durch Musikerinnen. "The Beast of Tittanic" versammelt nun das Beste aus diesen Lesungen. So erklärt uns die Schaffhauserin Susi Stühlinger, wieso sie sich doch noch an den Schinken an ihrem Oberschenkel gewöhnt hat und die Bernerin Nicolette Kretz enerviert sich über die Valentintagsgeschenke in Herzform, obwohl ihr Herz doch eher einer Kartoffel gleiche.

Frau, Gott und die Welt

Wer jetzt denkt, dass "Tittanic" nur sogenannte Frauenthemen behandelt, ist jedoch auf dem Holzweg. Der Mix gelingt auch hier, so wird Elsa Fitzgerald alias Ariane von Graffenried in "Witschi&Paschenko", der Liebesgeschichte zwischen einem Emmentaler Bauer und einer osteuropäischen Prostituierten, durchaus politisch. Und schliesslich können sich Zuhörende kaum mehr halten vor Lachen, wenn Tania Kummer "konjugierte Linolsäuren" allzu wörtlich nimmt. Abgerundet wird die spannende Mischung mit den Musikerinnen Sibylle Aeberli und Susanne Zahnd (Aeberli/Zahnd), beziehungsweise Nora Vonder Mühll und Vree Ritzmann (Casiofieber).

Einzig: Kleine Durchhänger liessen sich auch bei "The Beast of Tittanic" nicht verhindern. So erscheint Stefanie Grobs Kurzgeschichte "Roucher" beim genaueren Hinhören allzu banal und auch die an sich witzige Idee von Sandra Künzi in "Godibama" den weissen Godi mit schwarz bemaltem Kopf ins Abseits laufen zu lassen, funktioniert ab Lautsprecher schlechter als live. Abgesehen davon ist "Tittanic" auch im Wohnzimmer ein Hörvergnügen.

Marina Bolzli

CD-Taufe: Fr, 17. April, 20.30 Uhr, Tojo Theater Reitschule, mit den Autorinnen der CD, Daniela Dill und Marianne Freidig, Musik: Silke Thoss. CD: "The Beast of Tittanic", Verlag Menschenversand.

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WoZ 16.4.09

Konzert

Früchte des Zorns

Weil eine Reitschule ohne Rössli gar keine richtige Reitschule ist, hat nun die Reitschule Bern auch ihr Rössli. Allerdings nicht eines, das wiehert und trabt, sondern eines, in dem getrunken und gefeiert wird: Seit ein paar Wochen ist an der Front der Reitschule von Mittwoch bis Sonntag das "Rössli" geöffnet. Die Bar hat zum Ziel, den Vorplatz wieder zum Begegnungs- und Kulturort zu machen und bietet so - nebst einem breiten Biersortiment - auch regelmässig Konzerte an. Das Konzert des deutschen Kollektivs Früchte des Zorns wurde allerdings ins Restaurant Sous le Pont verlegt.

"Unsere Musik ist der Gesang der Verweigerung, der Revolte und des Aufbruchs", schreibt es auf seiner Homepage, seine Lieder tragen Titel wie "Nadelregen", "Schlag zurück" oder "Ein Koffer voller Fragen". Seit zehn Jahren existiert das Kollektiv, sein erstes Konzert fand in der legendären Roten Flora in Hamburg statt. Momentan touren Früchte des Zorns als Trio durch die Gegend und kombinieren gesellschaftskritische, poetische Texte mit erstaunlich sanften Gitarren-, Posaunen-, Geigen- und Bratschenklängen. süs

Früchte des Zorns in: Bern Sous le Pont Reitschule, Do, 16. April, 22 Uhr. Luzern Sedel, Fr, 17. April, 20 Uhr. Winterthur Gisi, General-Guisan-Strasse 31, Sa, 18. April. Zürich Café Zähringer, So, 19. April, 21 Uhr. http://www.fruechtedeszorns.net

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PROGR
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Bund 16.4.09

Progr: SVP macht Ernst

Stadt Bern In Sachen Progr-Abstimmung liegt der Ball nun definitiv beim Verwaltungsgericht: Die Stadtberner SVP hat gestern ihr Rechtsbegehren gegen den von Statthalterin Regula Mader (sp) verfügten Entzug der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde gegen die Vorlage eingereicht. Hätte die SVP vor Verwaltungsgericht Erfolg, ist der 17. Mai als Abstimmungstermin gefährdet.

Verfasser des Rechtsbegehrens ist Andreas Hubacher (svp), der als einstiger Statthalter Maders Vorgänger im Amt war. Gemäss Hubacher dürfen dem Volk in bernischen Gemeinden "grundsätzlich nur rechtmässige Geschäfte" unterbreitet werden. Die Rechtmässigkeit einer Alternativabstimmung über den Progr sei jedoch fraglich, da in den Abstimmungsunterlagen "zentrale Fragen" zur Finanzierbarkeit und zu den Unterhaltskosten des Künstler-Projektes nicht geklärt würden. Ein wichtiger Grund zum Entzug der aufschiebenden Wirkung der SVP-Beschwerde sei "schlicht nicht vorhanden". Die Statthalterin habe es beim Entzug der aufschiebenden Wirkung zudem versäumt, sich mit der Abstimmungsbotschaft und dem öffentlichen Interesse an einer objektiven Information der Stimmbürger zu befassen.

"Finanzieller Blindflug"

Im Detail greift Hubacher Argumente auf, die bereits aus der Beschwerde bekannt sind. So erfülle das Künstler-Projekt die Kriterien des Wettbewerbes nicht, aus dem die Allreal mit dem Schul- und Gesundheitszentrum als Siegerin hervorgegangen ist. In den Abstimmungsunterlagen fehle auch jeglicher Hinweis auf die "mangelnde Ausführungsgarantie" des Künstler-Projektes. "Eine Unterdrückung dieser Tatsache nimmt die Stimmberechtigten nicht ernst und erwartet, dass sie einem finanziellen Blindflug zustimmen." Die Stimmbürger würden zudem im Ungewissen gelassen über die Nichteinhaltung wichtiger Vorschriften in Sachen Denkmalschutz und Brandschutz. Gemäss Verwaltungsgericht ist ein Entscheid über das Begehren "nur im optimalen Fall" vor dem 17. Mai möglich. (bob)

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WOHNNOT DE LUXE
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Bund 16.4.09

Gutverdiener müssen raus

 Stadt Bern will ihren "günstigen Wohnraum" nach neuen Kriterien verteilen

Berns Liegenschaftsverwaltung legt neue Vermietungskriterien fest: Wer monatlich mehr als den fünffachen Nettomietzins verdient, hat keinen Anspruch auf eine günstige Stadtwohnung. Bei Betroffenen regt sich Widerstand.

Daniel Vonlanthen

Rund 1600 Mieterinnen und Mieter von Stadtwohnungen haben dieser Tage eine Mietvertragsänderung erhalten. Darin macht die Stadt neue Einkommens- und Vermögenslimiten geltend. "Der monatliche Bruttolohn aller dauernd anwesenden Personen ist kleiner oder gleich hoch wie der fünffache Nettomietzins", lautet das Kriterium für Mieter, welche sogenannt günstigen Wohnraum beanspruchen. Als Basis gilt das Einkommen für eine Vollzeitstelle. Weiter hat die Stadt die Vermögenslimite, nach Abzug ausgewiesener Schulden, auf 144000 Franken festgesetzt.

Alleinstehenden steht höchstens eine Zweizimmerwohnung zu. Die Stadt gibt als Richtgrösse vor, dass eine Wohnung "maximal ein Zimmer mehr als dauernd anwesende Personen" zählen darf. Mieterinnen und Mieter, welche diese Kriterien nicht erfüllen, müssen mit der Kündigung rechnen. Die Liegenschaftsverwaltung bewirtschaftet rund 1200 Wohnungen, die als "günstig" eingestuft sind. Deren Mieten liegen unter dem städtischen Durchschnitt. Als günstig gelten beispielsweise Einzimmerwohnungen unter 500 Franken netto oder Vierzimmerwohnungen unter 1100 Franken.

Appell an die Mieterschaft

Die Vermietungskriterien seien bereits im Jahr 2000 eingeführt worden, hält die Liegenschaftsverwaltung fest. Per 1. Januar 2009 seien sie nun angepasst worden. Die neuen Kriterien treten Anfang August in Kraft. Als Einkommensgrundlage gelten die Angaben der letzten definitiven Steuerveranlagung. Die Liegenschaftsverwaltung begründet die Überprüfung der Mietverhältnisse mit ihrem Auftrag einer "gerechten Verteilung von günstigem Wohnraum". Nötigenfalls werde die Verteilung durch Kündigungen bestehender Mietverhältnisse oder durch Umsiedlung der Mieterschaft sichergestellt. Günstige Wohnungen sollten ausschliesslich Personen zur Verfügung stehen, die darauf angewiesen seien. Die Stadt appelliert an die "Fairness" gegenüber diesen Mitmenschen. Unterzeichnet wurde das Schreiben von Fernand Raval, Leiter Liegenschaftsverwaltung, sowie Renate Ledermann, Bereichsleiterin Immobilienverwaltung. Sie sind sich bewusst, "dass es bei vereinzelten Mietern zu schwierigen Situationen kommen könnte". Man werde bemüht sein, gemeinsam gute Lösungen zu finden.

"Ghettobildung" als Risiko

"Die Verwaltung ist sich wohl nicht bewusst, dass sie damit gewachsene Quartiere auf den Kopf stellt", sagt der Mieter einer Stadtwohnung in Ausserholligen, dessen Einkommen die Maximallimite übersteigt. Er schätzt, dass etwa die Hälfte der Mietparteien in der Umgebung die neuen Kriterien nicht erfüllt. Viele zogen als Studenten ein und haben inzwischen eine Familie und einen guten Job. "Wir haben diese Wohnung nicht erschwindelt", sagt der Mieter weiter. Beim Einzug vor neun Jahren habe man die Ansprüche erfüllt. Er warnt vor den Risiken, wenn die Kriterien buchstabengetreu umgesetzt werden: "Statt einer ausgewogenen sozialen Durchmischung droht die Ghettobildung." Zudem sei die Einkommenslimite zu tief angesetzt, zumal viele Elternpaare Teilzeit arbeiteten. Die Liegenschaftsverwaltung stellt sich auf den Standpunkt, dass Teilpensen "gewollt oder aufgezwungen" seien. "Wenn nötig" müsse das Teileinkommen auf 100 Prozent aufgerechnet werden, hält Ledermann auf Anfrage fest.

"Neue Ungerechtigkeiten"

Auch die Siedlung Murifeld umfasst mehrheitlich günstige Wohnungen. Das Ziel einer möglichst gerechten Verteilung des Wohnraums sei zwar durchaus berechtigt, sagt eine langjährige Mieterin an der Kasthoferstrasse. Sie befürchtet jedoch, dass mit der Umsetzung "neue Ungerechtigkeiten" entstehen: "Soll eine betagte oder alleinstehende Person ihre Wohnung und damit ihr soziales Umfeld aufgeben, nur weil sie ein Zimmer zu viel beansprucht?" Die Lebensumstände und Einkommensverhältnisse seien einem schnellen Wandel unterworfen.

Im Murifeld, wo grösstmögliche Partizipation der Mieterschaft gelebt wird, funktioniere die soziale Kontrolle gut, sagt die Bewohnerin. "Die getreue Umsetzung der Kriterien führt zu einer aufwendigen Bürokratie", kritisiert sie. Gut möglich, dass die Liegenschaftsverwaltung mit ihrem Vorgehen eine Lawine von Anfechtungen auslösen wird.

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PROMI-JAGD-WETTBEWERB
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WoZ 16.4.09

Klauen Sie Melanie Winiger den Zeigefinger!

Die WOZ sucht die schönsten Fingerabdrücke, machen Sie mit!

Fingerabdrücke überführen Kriminelle und machen die Welt sicher - angeblich. Deshalb sollen die BürgerInnen der Schweiz neu mit biometrischen Reise pässen ausgerüstet werden, in denen auch Zeigefingerabdrücke gespeichert sind. Am 17. Mai stimmen wir darüber ab.

Doch vorher laden wir unsere Leser Innen ein, Abdrücke zu sammeln, aus denen sich Attrappen basteln lassen. Wie das funktioniert und was man mit den ergatterten Abdrücken alles anstellen könnte, erfahren Sie auf den nächs ten Seiten.

Gefragt sind die Abdrücke berühmter Menschen aus dem Bundeshaus, den Polizeicorps oder aus Bankpräsidien, aber auch mit Cervelatprominenz können Sie bei uns punkten. Die perfektesten und prominentesten Abdrücke werden ­ausgezeichnet. Schicken Sie eine Laserkopie des Abdrucks und die dazugehörige Finger kuppenattrappe mit Ihrer Adresse und Telefonnummer an: WOZ, Die Wochen zeitung, Abteilung Daktyloskopie, Postfach, 8031 Zürich.

≥ 1. Preis: Ein unverkennbar individuelles Porträt des Gewinners / der Gewinnerin, in Szene gesetzt vom jungen WOZ-Fotografen Florian Bachmann.

≥ 2. Preis: Ein Kilogramm bestes Bündner Fleisch aus dem Heimatkanton der Justizministerin.

≥ 3. bis 5. Preis: Je ein spezieller USB-Stick, der anonymes Surfen im Internet ermöglicht.

Teilnahmebedingungen: Mitmachen können alle (ausser WOZ-Mitglieder und deren Angehörige). Die TeilnehmerInnen überlassen die Rechte der WOZ für eine einmalige Publikation der eingesandten Arbeiten in der WOZ und auf der WOZ-Website. Eine Weiterverwertung, insbesondere zu deliktischen Zwecken, ist nicht vorgesehen. Die eingesandten Prints und Attrappen werden dem kantonalzürcherischen Datenschützer Bruno Baeriswyl geschickt. Nach Einsendeschluss eingereichte Arbeiten werden nicht mehr berücksichtigt. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Einsendeschluss: 17. Mai 2009.

Alles Weitere ab Seite 2.

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So kopiert man Fingerkuppen

Benötigte Utensilien

· extrafeines Grafitpulver aus dem Farbfachhandel

· Pinsel (fein)

· Abziehbildchen

· Scanner

· Computer mit Laserdrucker

· Transparentfolie für Laserdrucker

· Holzleim

· Lineal

· Schere

· hautfreundlicher Sekundenkleber

Man wähle die prominente Person, deren Fingerkuppe man zu kopieren gedenkt.

1. Man behändige ein Objekt mit glatter Oberfläche, das von der Person angefasst wurde, deren Fingerabdruck man haben möchte. Zum Beispiel das Wasserglas, aus dem Justizminis­terin Eveline Widmer-Schlumpf an einer Podiumsdiskussion getrunken hat. Beim Transport des Objektes trage man Handschuhe, um zu verhindern, dass man eigene Fingerabdrücke hinterlässt. Achtung: Beim Transport nicht die Abdrücke verwischen!

2. Man tupfe mit dem Pinsel wenig Grafitpulver auf die Oberfläche des Objekts, um den Abdruck sichtbar zu machen. Das Pulver bleibt dort kleben, wo die Fingerkuppen Fettrückstände hinterlassen haben. Nun sollten ein oder mehrere Abdrücke deutlich sichtbar sein. Das überschüssige Pulver vorsichtig wegpinseln.

3. Man klebe ein Abziehbildchen auf den Abdruck und ziehe es sogleich wieder ab. Der Grafitfingerabdruck haftet sichtbar auf der klebrigen Seite des Bildchens, das man nun auf eine Transparentfolie kleben kann.

4. Man scanne den Abdruck durch die Transparentfolie. In einem Bildbearbeitungsprogramm erhöhe man, falls nötig, den Kontrast und zeichne undeutliche Linien nach. Danach erstelle man ein Negativbild (was weiss war, wird schwarz und umgekehrt).

5. Man drucke den Fingerabdruck massstabsgetreu mit dem Laserdrucker auf eine Transparentfolie. Die Farbpigmente bilden auf der Folie ein feines dreidimensionales Relief - wie es echte Fingerkuppen aufweisen.

6. Man gebe etwas Holzleim auf die Folie, direkt neben den ausgedruckten Fingerabdruck. Mit einem Lineal ziehe man den Leim gleichmässig über den Abdruck, sodass eine kompakte, aber nicht zu dicke Schicht entsteht. Nun lasse man die Leimschicht etwa eine halbe Stunde trocknen.

7. Nun löse man die fast trockene Leimschicht sorgfältig von der Folie und erfreue sich der deutlich sicht- und fühlbaren dreidimensionalen Rillen.

8. Diese Attrappe schicke man nun - zusammen mit dem digitalisierten Fingerabdruck und natürlich den Angaben zur dazugehörigen prominenten Person - an: Wochenzeitung WOZ, Abteilung Daktyloskopie, Hardturmstrasse 66, 8031 Zürich.

Wer mag, kann die Fingerkuppen attrappe auch mit hautfreundlichem Sekundenkleber auf die eigene Fingerkuppe kleben ...

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BIOMETRIE-PASS
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Biometrische Pässe-Personenkontrollen werden mit den neuen elektronischen Pässen schneller und billiger, so viel ist sicher. Aber ob sie der Sicherheit dienen, ist zweifelhaft.

Fetisch Fingerabdruck

Von Dinu Gautier

Als Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf kürzlich am Flughafen Bern-Belp die Werbetrommel für den biometrischen Pass rührte, wiederholte sie die Worte "Sicherheit" und "Schutz vor Missbrauch" dermassen oft, dass sie wie Formeln schwarzer Magie klangen, die für sich allein Volksabstimmungen zu entscheiden vermögen.

Die Vorlage sieht vor, dass alle Schweizer Pässe und folglich auch Passbüros und Grenzposten aufgerüstet werden, damit Fingerabdrücke und digitale Porträtfotos elektronisch erkannt und gespeichert werden können. Wenn die Schweiz den elektronischen Pass nicht einführe, so die Bundesrätin, "dann dürfte der Schweizer Pass in Zukunft vermehrt Ziel von Fälschungen und Missbräuchen werden".

Ist, wie Widmer-Schlumpf impliziert, der heutige Pass leicht fälschbar? Guido Balmer, Sprecher des Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), verneint: "Der aktuelle Pass 03 ist fälschungssicher." In Deutschland musste die Bundesregierung zugeben, dass kein einziger Fall dokumentiert sei, wo ein Terrorist einen gefälschten deutschen Pass benutzt habe. Das, obwohl die Einführung der elektronischen Pässe (ePass) in Europa gerade mit dem Argument der Terrorismusbekämpfung begründet worden war.

Die magischen Rillen

Der Fingerabdruck, ein Merkmal, das alle Menschen voneinander unterscheidet, soll den Pass sicherer als sicher machen (vgl. Kasten "Daktyloskopie"). Bereits heute wird er nicht mehr nur bei der Fahndung nach StraftäterInnen und bei der Abwehr von MigrantInnen eingesetzt, sondern zunehmend auch im Alltag. In Deutschland kann man in Läden und Restaurants per Fingerscan bezahlen. Deutsche ÄrztInnen sollen bald per Fingerabdruck elektronische Rezepte signieren. In der Schweiz sichern Fingerabdrucksensoren bereits die Türen von fünfzehn Kinderkrippen.

Frank Rosengart ist Experte für elektronische Pässe beim deutschen Chaos Computer Club (CCC). Der CCC, ein Hackerverein, hat sich über die Jahre einen Namen gemacht, indem er immer wieder eklatante Sicherheitslücken in elektronischen Systemen öffentlich machte.

Als Deutschland 2007 von der Öffentlichkeit praktisch unbemerkt EU-Vorschriften übernahm und biometrische Reisepässe für obligatorisch erklärte, begann der CCC Methoden zur Überlistung von Fingerabdruckscannern zu entwickeln - und kam auf eine erstaunlich einfache Lösung: Ein qualitativ guter Fingerabdruck auf einer glatten Oberfläche und eine Büroausrüs tung reichen, um sich eine Fingerkuppenattrappe zu basteln (vgl. Anleitung). Und mit der kann man die Scanner der Passbehörden täuschen? Rosengart: "Die gefälschten Fingerabdrücke funktionieren sogar besser als die echten." Man habe dies an einem behördlichen Gerät testen können. Geräte nach demselben Standard setzt auch die Schweiz ein.

Inzwischen haben mehrere deutsche Fernsehsender das CCC-Verfahren angewendet - etwa an Orten, wo man mit dem Fingerabdruck bezahlen kann. Die Tests waren erfolgreich, das stehen gelassene Glas einer Kundin reichte zur Sicherung eines Fingerabdrucks - die RedaktorInnen konnten auf deren Kos ten einkaufen.

Ein Coup gelang dem CCC vor einem Jahr: In der CCC-Zeitschrift "Datenschleuder" veröffentlichte der Hackerverein den Fingerabdruck des deutschen Innenministers Wolfgang Schäuble. "Ein geistesgegenwärtiger Sympathisant hat bei einer Podiumsdiskussion Herrn Schäubles Trinkglas mitgenommen", so Frank Rosengart. Seither legen auch MinisterInnen ein Bewusstsein für Datenschutz an den Tag: "Sie sind auf Veranstaltungen jetzt sehr vorsichtig. Sie geben ihre Gläser keine Sekunde aus der Hand. Manche tragen sogar Handschuhe." Damit habe der CCC aufzeigen können, dass ein Fingerabdruck kein geheimes Sicherheitsmerkmal sei. "Ein Passwort kann ich ändern, eine Kreditkarte kann ich ersetzen, aber Finger hab ich nur zehn Stück, die sich nicht ändern lassen."

Schneller und billiger

Rosengart sagt etwas Erstaunliches: "Wir glauben, dass die Sicherheit mit den neuen Pässen nicht erhöht, sondern sogar gesenkt wird." Wenn jemand künftig mit einer Fingerkuppenattrappe vorgeben könne, jemand anderes zu sein, dann sei anzunehmen, dass der Grenzbeamte eher dem Computer als seinem gesunden Menschenverstand vertraue. "Und es ist absehbar, dass künftig statt vieler hochqualifizierter Grenzwächter wenige günstige Securitas-Leute am Flughafen stehen werden."

In der Tat drängen Flughafenbetreiber auf die Einführung automatischer biometrischer Passkontrollen, damit der Ablauf schneller wird. Kürzlich hat die "Financial Times Deutschland" dieser "Chance für Hightechfirmen" einen Artikel gewidmet. Der jährliche Umsatz mit elektronischen Grenzkontrollsys temen soll nach "vorsichtigen Schätzungen" 2015 in der EU schon 400 Millionen Euro betragen. Firmen wie der Rüstungskonzern EADS bringen sich in Stellung. Bereits werden Passkontrollautomaten getestet. Die internationale Luftfahrtbehörde IATA wiederum rechnet vor, was die Einführung brächte: Eine herkömmliche Passkontrolle koste in der EU im Schnitt 3,68 US-Dollar, eine automatisierte nur noch 0,16 US-Dollar. Bei jährlich 800 Millionen Reisenden, die eine europäische Kontrollstelle passieren, liessen sich pro Jahr also fast drei Milliarden Dollar einsparen.

Da erstaunt es nicht, dass sich hierzulande auch die Flughafenlobby für den biometrischen Pass einsetzt: Paul Kurrus, Präsident von Aerosuisse, ist Vorstandsmitglied des Prokomitees "Reisefreiheit". Als die EU 2004 beschloss, die ePässe einzuführen, spielten wirtschaftliche Überlegungen eine entscheidende Rolle. So wurde auf die Einführung von biometrischer Iriserkennung verzichtet, weil die entsprechenden Patente US-amerikanischen Firmen gehören.

Was hält das EJPD vom Attrappenverfahren des CCC? Sprecher Guido Balmer: "Ich kann Ihnen nicht sagen, dass es nicht möglich ist, so die Scanner zu überlisten." Doch Rosengarts Einschätzung, dass Computer Grenzkontrollen unsicherer machen würden, widerspricht Balmer: "Das neue System ist eine zusätzliche Hilfe für Grenzwächter. Es ersetzt die optische Überprüfung der Pässe nicht."

Wozu die zentrale Datenbank?

Das eigentliche Herzstück der Biometrievorlage ist die zentrale Datenbank, die die Schweiz als Musterschülerin in der internationalen Polizeiszene einführen will, obwohl die EU das nicht vorschreibt und obwohl bisher ausser Frankreich alle Nachbarländer explizit darauf verzichten.

Die bestehende Datenbank Informationssystem Ausweisschriften ISA, in der seit 2003 Personalien und Foto der AusweisinhaberInnen gespeichert werden, soll jetzt auch mit Fingerabdrücken gefüttert werden. Der offizielle Grund: Verhindern der Identitätserschleichung. Balmer schätzt, dass in den letzten fünf Jahren etwa sechzig Leute erwischt worden sind, als sie sich einen Pass auf den Namen von jemand anderem machen lassen wollten. Wenn aber im Computer bereits ein Fingerabdruck von Frau Müller gespeichert ist, kann Frau Meyer nicht mehr behaupten, sie sei Frau Müller, die ihren Pass verloren habe, so die Argumentation. "Ein Schlupfloch schliessen", nennt das Balmer.

Nun könnte es aber sein, dass die Behörden mit der Fingerabdruckdatenbank einen Schritt zu weit gegangen sind. Linke und Grüne sprechen diesbezüglich von einer "Zwangsfichierung der Bevölkerung", die SVP lehnt sie aus "freiheitlichen Überlegungen" ab, und Bruno Baeriswyl, Präsident der kantonalen Datenschützer, hält sie laut NZZ für unnötig und unverhältnismässig. Zur Authentifizierung des rechtmässigen Ausweishalters genüge es, den Abdruck nur auf dem Chip zu speichern. Damit scheint er sogar die NZZ überzeugt zu haben: Auch sie empfiehlt "aus Datenschutzgründen" am 17. Mai ein Nein.

Zwar darf laut Bundesbeschluss die Datenbank nicht für Fahndungszwecke eingesetzt werden, doch die Zugangsterminals werden in vielen Polizeistellen stehen. Wer garantiert, dass dort nicht nur "Identitätsabklärungen" vorgenommen werden? Guido Balmer: "Präventiv unterbinden kann man das nicht. Aber verboten ist es." Fehlbare Personen würden nachträglich bestraft.

Und was passiert beim nächsten spektakulären Mordfall? Wird dann nicht sofort gefordert, die Datenbank zu Fahndungszwecken einzusetzen? Immerhin brauchte es dazu eine Änderung des Bundesbeschlusses, wogegen das Referendum ergriffen werden könnte.

Weniger Hürden gibt es, wenn der Bundesrat auch auf den Identitätskarten die biometrischen Merkmale der ID-InhaberInnen speichern will. Hier reicht es, wenn er die Verordnung anpasst, was er aber laut Eveline Widmer-Schlumpf in absehbarer Zeit nicht zu tun gedenkt.

Die Justizministerin des Fichenstaates Schweiz setzt diesbezüglich also auf Vertrauen seitens der Bevölkerung. Ob das gut kommt, wenn sie der Bevölkerung gleichzeitig das Vertrauen entzieht, indem sie will, dass sich alle einem erkennungsdienstlichen Verfahren unterziehen müssen, das bislang Kriminellen vorbehalten ist?

Daktyloskopie

Jeder Mensch besitzt ein individuelles, genetisch festgelegtes und unveränderbares Muster sogenannter Papillarlinien an Handflächen und Fusssohlen. Auf ihnen basiert der daktyloskopische Identitätsnachweis. Für den biometrischen Pass soll ein Abdruck des linken und rechten Zeigefingers genügen. Demgegenüber werden im kriminaltechnischen Kontext für eine Erfassung im AFIS, dem Automatisierten Fingerabdruck-Identifizierungssystem, nicht nur sämtliche zehn Fingerkuppen abgerollt, sondern auch Abdrücke von Handballen, -seiten oder gar -rücken gespeichert. Auch das daktyloskopische Formular des kantonalzürcherischen Polizeikommandos verzeichnete bereits 1912 zehn abgerollte Fingerkuppen und einen Abdruck aller Finger, mit Ausnahme der Daumen.

Die Vorlage

Am 17. Mai wird darüber abgestimmt, ob künftig alle neuen Pässe und die Reisepapiere für in der Schweiz wohnende AusländerInnen mit einem speziellen Chip bestückt werden. Dieser enthält ein digitales Foto, beide Zeigefingerabdrücke und die Personalien. Bei einer Grenzkontrolle werden die vor Ort gescannten Fingerabdrücke mit denjenigen auf dem Pass verglichen. Ein Computer beurteilt zudem, wie genau das gespeicherte Digitalfoto mit dem Gesicht des Reisenden übereinstimmt, wobei verschiedene Studien zeigen, dass diese Technik noch bei weitem nicht ausgereift ist.

In einer zentralen Datenbank werden neu neben Foto und Personalien auch die beiden Fingerabdrücke gespeichert werden. Der Pass ist zehn Jahre gültig (Expert Innen bezweifeln, dass der Chip so lange funktionstüchtig bleibt) und soll 140 Franken kosten. Neu müsste man diesen Pass beim Kanton statt auf der Gemeinde be ziehen.

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Mit Fingerabdruck-Erst in den 1920er Jahren wurde der Schweizer Pass obligatorisch - und bereits damals sollte er biometrisch sein.

Das Stigma

Interview: Franziska Meister

WOZ: Nicole Schwager, in wenigen Wochen stimmen wir über den bio metrischen Pass ab. Die Idee, den Pass mit einem Fingerabdruck zu versehen, ist in der Schweiz bereits in den 1920er Jahren diskutiert worden. Was war der Anlass?

Nicole Schwager: Der Bund bereitete damals das erste gesamteidgenössische Passgesetz vor, aus dem 1928 dann eine Passverordnung wurde.

Gab es vor 1928 gar keinen Schweizer Pass?

Seit 1915 existierte ein einheitliches Formular, das im Kontext des Ersten Weltkriegs per Notrecht eingeführt worden war. Vor Kriegsbeginn benutzten die Kantone je eigene Formulare, das ­heisst, es gab tatsächlich keinen Schweizer Pass. Interessanterweise hoffte man, dass nach Kriegsende auch diese Formulare bald wieder hinfällig würden.

Weshalb?

Aus praktischen Gründen hoffte man, das lockere Ausweisregime der Vorkriegszeit wiederherstellen zu können. Stefan Zweig hat in seiner Erzählung "Die Welt von gestern" wunderschön beschrieben, wie man ohne Pass in die USA reisen konnte. So liberal, wie er es darstellte, war es allerdings nicht - vor allem nicht für soziale Randgruppen. Sie wurden viel stärker kontrolliert als Angehörige bürgerlicher Schichten.

Wehrten sich die Bürgerlichen demnach gegen den Pass als eine Einschränkung ihrer Freiheit?

Nein, das war kein Thema. Aus heutiger Sicht interessant ist vor allem dies: Was wir als nationales Symbol wahrnehmen - den roten Pass -, kam vor allem auf Druck von aussen während des Kriegs zustande. So erklärten die kriegführenden Länder Pässe für obligatorisch. Und aus dem Ausland, wie etwa den USA, häuften sich Klagen, dass man Schweizer und Schweizerinnen nicht als solche erkenne.

Waren es die USA, die deshalb einen Ausweis mit Fingerabdruck forderten?

Überhaupt nicht: Pässe mit Fingerabdruck waren dort nicht gebräuchlich. Die Schweiz nahm ganz im Gegenteil eine Vorreiterrolle ein in der Diskussion um Fingerabdrücke im Pass. Bereits in den 1910er Jahren setzte sich die interkantonale Polizeidirektorenkonferenz mit der Möglichkeit auseinander, Ausweispapiere durch Fingerabdrücke fälschungssicherer zu machen. Im Rahmen der Vorbereitung zum Passgesetz befragte die Polizeiabteilung des Justiz- und Polizeidepartements dann sowohl die Kantone als auch Konsulate im Ausland dazu.

Und wie fiel diese Befragung aus?

Die Vorbehalte waren gross. Man hielt die Idee nur begrenzt für praktikabel. Der entscheidende Punkt war allerdings, dass der Fingerabdruck als Zeichen mit starken Vorurteilen behaftet war - mit einem eigentlichen kriminalisierenden Stigma. Dazu zählte bereits die Abnahme eines Fingerabdrucks.

Weil man Fingerabdrücke mit Verbrechern assoziierte?

Genau. Dabei sind Fingerabdrücke erstmals ausgerechnet in der Verwaltung benutzt worden: In den 1850er Jahren liess der britische Kolonialbeamte William Herschel in Indien Einheimische so Dokumente beglaubigen und legte eine Sammlung an. Die Fingerabdrucktechnik ist eine der wenigen Sachen, die nebst dem Currypulver aus Indien nach England transferiert worden sind und nicht umgekehrt.

Und was geschah dort damit?

Der britische Universalgelehrte und Eugeniker Francis Galton beschäftigte sich mit der Fingerabdrucksammlung von Herschel und verfasste 1892 eine grössere Publikation zu Fingerabdrücken. Sein Hauptinteresse als Eugeniker galt allerdings der Frage, ob sich im Fingerabdruck auch Intelligenz oder klassenspezifische Unterschiede manifes tierten. Er kam aber zum Schluss, dass Fingerabdrücke nicht vererbt, sondern ein genuin individuelles Merkmal sind. Und er empfahl, die Fingerabdrucktechnik im kriminalistischen Kontext zu verwenden.

War das die Geburtsstunde einer neuen Verbrechensbekämpfung?

Nun, in den 1890er Jahren fehlte noch ein System, das es erlaubt hätte, die Fingerabdrücke so zu registrieren, dass man sie später auch wieder finden konnte. Allerdings begann der Pariser Polizeipräfekt Alphonse Bertillon in den 1890er Jahren, Fingerabdrücke als Bestandteil einer umfassenderen anthropometrischen Messmethode zur Identifizierung einer Person zu verwenden. Relevant für die Ablage im Register wurde der Fingerabdruck erst nach der Jahrhundertwende mit der sogenannten Daktyloskopie (vgl. dazu Kasten auf Seite 3).

Wann kam der Fingerabdruck in der Schweiz erstmals zur Anwendung?

Das geschah auch bei uns im Kontext der Strafverfolgung. Als Genf 1891 als erster Kanton Bertillons Messmethode einführte, waren Fingerabdrücke allerdings noch nicht Bestandteil der Regis terkarte. Erste Diskussionen zur Daktyloskopie fanden erst nach der Jahrhundertwende statt. Ab 1905 begannen die Kantone dann, Fingerabdruckregis ter zu führen.

Und wer wurde registriert?

In erster Linie Verurteilte, aber auch Tatverdächtige. Ausserdem gab es ganze Bevölkerungsgruppen, die nicht aus strafrechtlichen Gründen registriert worden sind, wie etwa die sogenannten Zigeuner. Sie wurden spätestens ab 1913 sowohl anthropometrisch als auch daktyloskopisch erfasst, und Kopien dieser Formulare landeten im Verbrecherregis ter der Polizeiabteilung des Justiz- und Polizeidepartements.

Weshalb kamen denn alle Sinti und Roma ins Verbrecherregister?

Damals verstand man den Begriff Verbrecher noch breiter als heute - und die sogenannten Zigeuner gehörten dazu, auch wenn sie gar nicht mit dem Strafrecht in Konflikt gekommen waren, ebenso wie andere Bevölkerungsgruppen, die arm oder eben mobil waren. Man war der Meinung, dass sich insbesondere die sogenannten gefährlichen Gewohnheitsverbrecher aus diesen Milieus rekrutierten.

Und was geschah mit ihnen?

Die sogenannten Zigeuner als mobile, nicht schweizerische Bevölkerungsgruppe wollte man schlicht und einfach loswerden. Deshalb entwickelte der Bund auch das Konzept der sogenannten Identifikationshaft - ein dezidiertes Abschreckungskonzept. In diesem Rahmen wurden Personen, die in Gruppen umherzogen und sich nicht eindeutig ausweisen konnten, inhaftiert. Die Männer verfrachtete man in die Zwangsarbeitsanstalt Witzwil, die Frauen und Kinder in karitative Einrichtungen. Freigelassen wurden sie erst wieder, nachdem man festgestellt hatte, wohin man sie ausschaffen konnte.

Wie beeinflusste der Umgang mit diesen Bevölkerungsgruppen die Diskussion um Fingerabdrücke im Pass?

Jene, die sich der bürgerlichen Gesellschaft zugehörig fühlten, hatten Angst, mit diesen Gruppen in Verbindung gebracht zu werden, und standen deshalb dem Fingerabdruck kritisch gegenüber. Das hängt auch damit zusammen, dass der Pass als nationales Ausweispapier in den 1920er Jahren als Ausweis der Berechtigten wahrgenommen wurde: Er definierte, wer Anspruch besass auf die Leistungen des Sozialstaates, der damals im Entstehen war.

Damit waren Fingerabdrücke im Pass unvereinbar?

Absolut. Fingerabdrücke hätten in der damaligen Wahrnehmung den Wert des Passes infrage gestellt - sowohl als Ausweis der Berechtigten als auch als Ausweis der Rechtschaffenen.

Nicole Schwager

Die wissenschaftliche Assistentin an der Forschungsstelle für Schweizer Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Nicole Schwager arbeitet an einer Dissertation zur Praxis der polizeilichen Identifikationstechniken Bertillonage und Daktyloskopie in der Schweiz zwischen 1888 und 1925. In den nächsten Tagen erscheint ihr Aufsatz "Polizeiliche Identifikationstechniken und Anarchismus in der Schweiz (1888-1904)" in der Zeitschrift "Traverse".

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TELEHESS 16.4.09
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telehess.ch 16.4.09

Heute Folge 6:
Erich Hess zum geplanten Armee-Einsatz vor Somalia

Aufgezeichnet in Bern, 16. April 2009
http://telehess.ch/archiv.htm

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NONNENPOWER
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Bund 16.4.09

Nonne zwingt das Wallis in die Knie

Jahrelang hat der Kanton Wallis Asylbewerbern unrechtmässig einen Teil des Lohns abgezogen - jetzt zahlt er ihnen eine Entschädigung

Jahrelang hat Schwester Marie-Rose Genoud im Wallis für die finanziellen Rechte von Asylbewerbern gekämpft. Ihr hartnäckiger Einsatz hat sich gelohnt, wie ein jüngst publiziertes Gutachten beweist.

Denise Lachat, SItten

Am liebsten würde Schwester Marie-Rose Genoud für die zwanzig prall mit Beweismaterial gefüllten Bundesordner einen feuersicheren Schrank anschaffen, doch das sei leider viel zu teuer, seufzt die 70-jährige Schwester des Sittener Ursulinerinnen-Klosters. Immerhin hat die streitbare Nonne dafür gesorgt, dass jedes Schriftstück aus ihrem jahrelangen Kampf für die Asylbewerber und gegen die Behörden des Kantons Wallis fein säuberlich kopiert, inventarisiert und computerisiert worden ist.

 Vor einem Jahr hat Genoud ein Dokument abgelegt, das die entscheidende Wende brachte: Das Bundesverwaltungsgericht hiess den Rekurs eines Asylbewerbers gegen eine Abrechnung des Bundesamts für Migration (BfM) gut und bestätigte damit, was die Klosterfrau vor zehn Jahren entdeckt hatte: Der Kanton Wallis hat erwerbstätige Asylbewerber unrechtmässig zur "Rückzahlung von Schulden" verpflichtet.

Doppelt zur Kasse gebeten

" Nicht im Traum " hätte Schwester Marie-Rose mit diesem Verlauf der Dinge gerechnet, als sie ihre Lehrtätigkeit am Seminar von Sitten nach 27 Jahren aufgab, um fortan Asylsuchende und ihre Familien zu betreuen. Die zierliche Frau streckt ihren Rücken durch, ihre wasserhellen Augen funkeln. Rückschläge gab es immer wieder, doch die Bauerstochter aus dem Val d'Anniviers, das älteste von zehn Kindern, ist es gewohnt, sich durchzubeissen. Genoud sagt, schon Camus habe gewusst, dass niemand alleine glücklich sein könne. Sie hat Literatur studiert. Und Psychologie. "Die habe ich gut gebrauchen können."

Als Asylbewerber ihr von Lohnabzügen erzählten, versprach Genoud, sich zu erkundigen. Sie stellte Ungereimtheiten fest. Denn erwerbstätige Asylsuchende sind zwar von Gesetzes wegen seit 1992 zur Rückerstattung von Fürsorgeleistungen von Bund, Kantonen und Gemeinden verpflichtet, weshalb zehn Prozent ihres Bruttolohnes durch ihre Arbeitgeber auf ein Sicherheitskonto des BfM überwiesen werden. Im Wallis aber wurden sie doppelt zur Kasse gebeten, indem zusätzlich der Kanton Abzüge machte. Dass diese Praxis nicht gesetzeskonform ist, hat das BfM nach eigenen Aussagen den Wallisern bereits 1996 klargemacht. Doch erst acht Jahre später rangen sich die Behörden zu einem öffentlichen Eingeständnis durch. Hartnäckig hatte Genoud Fakten analysiert, Juristen beigezogen, die Medien mobilisiert.

 Sozial- und Gesundheitsdirektor Thomas Burgener (sp) räumte Fehler ein. Doch er könne versichern, dass diese Praxis nach 1996 eingestellt worden sei. Die Behörden hatten Dossiers von 44 Asylsuchenden untersucht, es geht um total 146 000 Franken. Diese wurden an den Bund überwiesen. Doch als Regierungsrat Burgener die Summe 2005 zurückforderte, lehnte der damalige Justizminister Christoph Blocher mit der Begründung ab, das sei nicht mehr möglich: Die Asylbewerber hätten gegen die Schlussabrechung innert der gesetzlichen Frist Rekurs einreichen müssen.

Wallis zahlt nach Gutachten

 Unter dem Eindruck des Bundesverwaltungsgerichtssurteils liess Burgener die Fälle indes durch den ehemaligen Neuenburger Regierungsrat Thierry Béguin aufarbeiten. Dieser stellt in seinem kürzlich veröffentlichten Gutachten fest, dass die Abzüge durch den Kanton zwar widerrechtlich, aber "ohne böse Absicht" erfolgt seien. Allerdings habe in dieser Frage in der Verwaltung ein Durcheinander geherrscht, weshalb Asylsuchende über ihre Rechtsvertreter zu Recht ihre legitimen Interessen verteidigt hätten. Rund 300 Asylsuchende sollen zwischen 1992 und 1996 geschädigt worden sein. "Es wäre recht und billig, wenn der Kanton sie entschädigen würde", findet Béguin, obwohl die Beschwerdefrist bei den meisten ungenutzt verstrichen sei.

 Genau das will Thomas Burgener jetzt tun. "Wir haben eine moralische Verpflichtung dazu."

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SECHSELÄUTEN
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NZZ 16.4.09

Linksradikale wollen Sechseläutenumzug stören

FDP fordert Durchgreifen der Polizei

 tri.  Das Revolutionäre Bündnis Region Zürich - ein loser Zusammenschluss linksradikaler Gruppierungen - hat vor, den diesjährigen Sechseläutenumzug zu stören. Laut einer Ankündigung auf seiner Website will das Bündnis "den Spiess umdrehen" und die "Bonzen" aus Wirtschaft und Staat mit Störaktionen "von ihrem hohen Ross holen". Die FDP hat nun als erste Partei auf den Aufruf des Bündnisses sowie Berichte einzelner Medien reagiert. In ihrem Communiqué verurteilt die FDP die geplanten Störaktionen. Mit den Androhungen würden die "Chaoten" die Zehntausende von Erwachsenen und Kindern, die sich auf ein traditionelles, fröhliches Frühlingsfest freuten, "brüskieren". Die FDP erwartet von der Polizei, dass diese bei allfälligen Anzeichen einer Störung sofort durchgreife. Bei der Polizei reagiert man derweil gelassen auf den Aufruf der Linksradikalen. Wie Mediensprecher Marco Bisa auf Anfrage sagte, nimmt man die Ankündigungen ernst. Die Polizei werde vorbereitet sein und könne die Sicherheit der Gäste garantieren. Auch das Zentralkomitee der Zünfte nimmt die Androhungen ernst, möchte sie aber nicht dramatisieren. Dessen Pressesprecher Andreas Weidmann sagte: "Solche Aufrufe hat es in der Vergangenheit schon mehrmals gegeben." Zusätzliche Massnahmen habe man nicht ergriffen.

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FUSSBALL
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Basellandschaftliche Zeitung 16.4.09

Kanton zahlt über drei Millionen

Mehrere Millionen Franken pro Saison kostet der Aufwand der Basler Polizei bei FCB-Spielen

Der FCB übernimmt 16,4 Prozent der Sicherheitskosten des Kantons. Laut Bundesgericht könnten es bis zu 80 Prozent sein. Der FCB zahle eh schon am meisten, sagt der FCB-Sprecher.

David Weber

Ein Bundesgerichtsurteil von Mitte März dieses Jahres hat die Diskussion um die Sicherheitskosten rund um Sportveranstaltungen neu lanciert. 60 bis 80 Prozent der Kosten, welche die Polizei für ihre Sondereinsätze hat, könnten den Sportclubs aufgebürdet werden. "Gratis" für die Clubs wäre ein Basisdispositiv mit 12 Patrouillen à zwei Mann. Mit diesem Grundsatzentscheid stützte das Bundesgericht eine entsprechende Verordnung des Kantons Neuenburg.

Nun hat das Basler Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) erstmals exakt nachgerechnet: Der Aufwand für die Sicherheit rund um die Heimspiele des FC Basel betrug in der Saison 2007/08 3,9 Millionen Franken, 100 000 davon entfallen auf Sanität und Feuerwehr, wie JSD-Sprecher Klaus Mannhart auf Anfrage erklärt. Vom FC Basel erhält Basel-Stadt Rückvergütungen in der Höhe von 640 000 Franken. Das entspricht einem Prozentsatz von 16,4 Prozent. Den Rest, 3,26 Millionen Franken berappt der Steuerzahler.

"Latentes Unbehagen"

Mannhart spricht von einem "latenten Unbehagen" von Seiten der Polizei über das Verhältnis zwischen Kosten und Rückvergütung. Und die Schere gehe weiter auseinander, denn die Kosten nähmen zu. Mannhart hält sich zurück mit Forderungen. Es müsse aber eine sachliche Diskussion darüber stattfinden, wie hoch der Anteil des FCB sein soll und was die Öffentlichkeit bereit ist zu zahlen. Das Bundesgerichtsurteil, hofft er, werde nun die Diskussion auf politischer Ebene und beim Schweizerischen Fussballverband (SFV) lancieren.

Beim SFV steckt diese Diskussion allerdings noch in den Kinderschuhen. "Ja, das Bundesgerichtsurteil ist ein Thema", sagt SFV-Sprecher Marco von Ah, für Ergebnisse sei es aber zu früh. "Das Urteil ist an der nächsten Sitzung des Zentralvorstandes traktandiert, die noch diesen Monat stattfindet", weiss von Ah. Die Clubs würden dann zu einem späteren Zeitpunkt in die Diskussion einbezogen.

"Wettbewerbsverzerrung"

FCB-Sprecher Josef Zindel seinerseits gibt sich relativ gelassen. "Uns erschüttert das Bundesgerichtsurteil insofern nicht, weil wir eh schon bezahlen müssen", sagt Zindel und macht klar: Der FC Basel zahle mit Abstand am meisten an die Sicherheitskosten aller Schweizer Super League Vereine. Die Clubs in Zürich etwa würden nichts an die Sicherheitskosten des Kantons zahlen.

Dies bestätigt Marco Bisa, Sprecher der Zürcher Stadtpolizei. "Die Stadtpolizei wälzt keine Sicherheitskosten auf die Sportvereine ab", sagte Bisa, schränkt aber ein: Mit Inkrafttreten des neuen Polizeiorganisationsgesetzes könnte sich dies aber ändern. In Bern bezahlen BSC Young Boys und SC Bern nur eine jährliche Pauschale von 60 000 Franken.

"Diese kantonalen Unterschiede sind wettbewerbsverzerrend", erklärt Zindel und fordert: Es brauche in der Schweiz eine absolut einheitliche Regelung. Wichtig sei auch, dass sich Politik und rechnungsstellende Behörden bewusst seien, was der FC Basel leiste, berichtet Zindel, für den Nachwuchs und für die Bevölkerung. "Der immatrielle Gegenwert für die Gesellschaft ist sehr gross."

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Die Sicherheitsausgaben des FCB

Der FC Basel gab laut FCB-Sprecher Josef Zindel seit der Saison 2001/02 19,5 Millionen Franken für die Sicherheit- und Fanarbeit aus. Die höchsten Ausgaben hatte der Club im Kalenderjahr 2006 mit 4,3 Millionen Franken, berichtet Zindel. 2008 waren es 3,64 Millionen.

Die effektiven Sicherheitskosten pro Spiel sind laut Zindel völlig unterschiedlich: "Fakt ist, dass wir pro Spiel und Zuschauer den beiden Basler Kantonen 2.20 Franken für Sicherheit (1.20) und Öffentlichen Verkehr zahlen." Müssen bei einem Spiel Polizeikräfte anderer Kantone angefordert werden, geht das massiv auch zu Lasten des FCB. Das kann pro Spiel 100 000 und 250 000 Franken mehr ausmachen, sagte Zindel. (daw)

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JUGENDPOLIZEI
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Landbote 16.4.09

Eine Polizeitruppe extra für die Jugend

Gestern wurde der Jugenddienst der Stadtpolizei offiziell "eingeweiht". Dieser sei in seiner Art einzigartig, sagte Polizeivorsteher Künzle.

Sie stehen bei heissen Fussballspielen in der Fankurve und patrouillieren auf Schulwegen oder an Orten, an denen Jugendliche die Zeit totschlagen: die Polizistinnen und Polizisten des Jugenddienstes der Stadtpolizei. Dabei sind sie meist in Zivil unterwegs. Sie suchen das Gespräch mit den Jungen, führen wenn nötig Kontrollen durch und weisen auf Vergehen hin. Dabei ginge es nicht nur darum, direkt mit einer Strafe zu drohen, erklärte Fritz Lehmann, "manche Jugendliche wissen schlicht nicht, dass sie Regelverstösse oder Übertretungen begehen". Der Kommandant der Stadtpolizei stellte gestern das Fünf-Säulen-Konzept vor, welches für den Jugenddienst während rund eines Jahres erarbeitet wurde. Mit der Präsentation und der gestrigen "Einweihungsfeier" sollte auch ein neuer Abschnitt in der Jugendarbeit der Stadtpolizei markiert werden. Die hiesige Polizei verfügt zwar schon seit einigen Jahren über eine kleine Gruppe von Polizisten, welche für die Jugend verantwortlich sind. Seit Kurzem arbeitet hierfür aber eine grössere Truppe, mit zurzeit neun und bald elf Mitgliedern.

Die fünf Säulen des neuen Arbeitsleitfadens stehen unter den Titeln "Prävention", "Früherkennung", "Vernetzung", "Repression" und "Nachbetreuung". Michael Künzle, Vorsteher des Departements Sicherheit und Umwelt, lobte das neue Konzept als "schweizweit einzigartig". Aussergewöhnlich sei, dass in Winterthur verschiedenste Institutionen eng zusammenarbeiten: so beispielsweise die Schulleitungen und Schulsozialarbeiter, aber auch das Sozialdepartement und eben die Polizei.

Daneben sei aber auch die Grösse der Winterthurer Jugendtruppe besonders, in der Stadt Zürich gebe es beispielsweise nur gerade einen "Jugendpolizisten" mehr. Der gute Personalbestand ermögliche es, die "Prävention" und die "Nachbetreuung" richtig zu gewichten, sagte Künzle. Zurzeit würden beispielsweise Vorträge an Schulen gehalten. "Und wir können uns auch nach Abschluss eines Verfahrens bei Jugendlichen melden", erklärte Künzle. "Damit zeigen wir, dass wir uns für sie interessieren, und sie wissen auch, dass wir sie im Auge behalten." (bee)

Arbeit geht nach Rapport weiter

Als gestern die Neuerungen um den Jugenddienst vorgestellt wurden, galt Walter Heim ein spezieller Dank. Als Mitglied des Polizeikaders trug er vor rund neun Jahren massgeblich zum Aufbau der neuen Stadtpolizeiabteilung bei. "Wir haben damals gemerkt, dass die Arbeit bei manchen Problemen mit Jugendlichen mit dem Polizeirapport nicht getan ist." So habe man begonnen, ein Netzwerk aufzubauen um die Fälle breiter zu bearbeiten, beispielsweise mit Hilfe der Schulbehörden. Ziel des Jugenddienstes sei es immer gewesen, dass die Polizei nicht nur repressiv, sondern präventiv wirken kann. Heim übergab den Jugenddienst an der gestrigen Feier auch in neue Hände, nach 37 Dienstjahren als Stadtpolizist tritt er in den Ruhestand.

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NO NATO 2009
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linksunten.indymedia.org 15.4.09

Prozess NATO-Gipfel. ZeugInnen gesucht!

Verfasst von: Ermittlungsausschuss Berlin

Matthias sitzt seit dem NATO-Gipfel in Straßburg im Knast. Anfang Mai hat er sein Verfahren. Der Berliner Ermittlungsausschuss sucht dringend Zeug_innen, die die Festnahme beobachtet haben und ein Gedächnisprotokoll schreiben können, um ihn bei der Vorbereitung seiner Verteidigung zu unterstützen.

Matthias sitzt seit dem NATO-Gipfel im Knast in Straßburg. Um seine Verteidigung vorzubereiten, braucht er dringend und vor allem schnell Zeug_innen, die seine Festnahme beobachtet haben oder zu der Situation etwas sagen können. Wenn Ihr etwas gesehen habt, schreibt bitte ein Gedächnisprotokoll und bringt das zum Berliner Ermittlungsausschuss. (Per Post geht auch, E-Mails NUR verschlüsselt!) Wir kümmern uns um die Koordination und leiten das Material nach Frankreich weiter. Matthias Gedächnisprotokoll von seiner Festnahme findet ihr hier: http://linksunten.indymedia.org/de/node/4810 (français: http://linksunten.indymedia.org/fr/node/4790)

Danke!
Der Berliner EA


Ermittlungsausschuss
Gneisenaustraße 2a
10961 Berlin
Telefon 030- 692 22 22

ea-berlin[at]web.de

Sprechstunde immer Dienstags 20-22 Uhr

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linksunten.indymedia.org 15.4.09
http://linksunten.indymedia.org/de/node/4810

Ein deutscher Genosse ist seit dem Gipfel gefangen und braucht Zeugenaussagen

Verfasst von: témoignage. Translated by: Zeugenaussage

Wer kann Aussagen zu meiner Festnahme am 04.04.2009 um ca. 17:00 Uhr in der Straße "Route de L´ile des Epis" in Straßburg machen.

Ich bin mit dem Bus Nr. 1 des "No-Nato Bündnisses" (Abfahrt in Berlin-Südkreuz am Freitag, den 3.4.09 um 21.30h) zur Demo gefahren, wurde dort in Polizeigewahrsam genommen und befinde mich seit dem in Frankreich in U-Haft, da mir Gewalt und Widerstand vorgeworfen wird.

Um Gerechtigkeit walten zu lassen ist es für mich absolut wichtig Zeugen zu finden, die am Ort des Geschehens waren und bereit sind zu meiner Entlastung Aussagen zu machen.

Zu meiner Person:

Name: Matthias / ca. 1,85m groß / mittelblondes Haar, beidseitig kurz rasiert (leichter Iro-Schnitt) / Schwarzer Rucksack / Grau-Schwarze Kleidung / man würde mich 25-30 Jahre alt schätzen
zur Erläuterung:
Dieser Bericht wurde von mir persönlich verfasst und als Brief an meine Angehörigen geschickt, mit der Bitte ihn zu veröffentlichen.

Gedächtnisprotokoll

Ich war mit 5 Leuten aus dem Bus (1 Junge/4 Mädchen) bei der Anti-Nato Demo, als diese in einem Industriegebiet vor einer Einsenbahnbrücke gestoppt wurde. Der Grund für den Stop ergab sich aus einem Feuerwehreinsatz (siehe Punkt 1 auf der Karte) auf der geplanten Demo-Strecke. Wegen der Löscharbeiten hatte die Feuerwehr das Gebiet gesperrt und die Polizei blockierte die Strecke an einer Eisenbahnunterführung (Punkt 2).
Nach etwa einer halben Stunde griffen mehrere Dutzend Leute (vorwiegend Migranten aus den Vororten?) die Polizei mit Steinen (Punkt 3) an. Diese antwortete ihrerseits mit Tränengaseinsatz. Durch das Tränengas verzogen sich die meisten Menschen im vorderen Teil der Demo, bis auf die Steinewerfer. Ich entfernte mich auch und fand meine Gruppe aus dem Bus links vom Bahndamm wieder (Punkt 4).
Da der Weg durch die Krawalle versperrt war, wussten wir nicht wohin (Punkt 5) wir gehen sollten. Ein ältere, einheimischer Mann der deutsch sprach und eine Karte hatte sagte uns, wo wir langgehen sollten. Er führte uns links von der Eisenbahnunterführung über die Bahngleise (Punkt 6).
Nur ein Mädchen (lange, rote Haare) aus meiner Busgruppe war noch dabei - die anderen bleiben zurück. Insgesamt waren wir so 15 Personen, die sich von dem alten Mann "führen" ließen. Über den Bahndamm rüber, kamen wir in einem Hof eines Mehrfamilienhauses, in dem auf einem Spielplatz viele Kinder und Eltern waren, an (Punkt 7). Um auf die Straße zu gelangen, gingen wir dem alten Mann hinterher durch einen Hausflur vom Hof zur Straße (namentlich "Route de L´ile des Epis"). Ich war einer der letzten die das Haus verließen und sah, wie die Menschen vor mir nach links weg liefen (Punkt9).
Als Ich aus dem Haus kam, kamen mir von rechts 2 Polizisten (xx) entgegen, die ohne Vorwarnung gegen mich Pfefferspray einsetzten. Um dem zu entgehen drehte ich mich nach links uns sah von der Straße her einen weiteren Beamten (x) auf mich zu rennen. Im Bewusstsein, nichts getan zu haben und an diesem Ort auch keine Ausschreitungen/Krawalle waren, lief ich nicht weg, sondern wurde von letzterem Polizisten festgenommen (Punkt 8). Ich leistete keinerlei Widerstand. Der Polizist drücke mich zu Boden und legte mir Einweg-Fesseln an. Anschließend wurde ich zum Polizeiwagen (Punkt 10) gebracht, der sich ungefähr vor der Hausnummer 25 der Route de L´ile des Epis befand und nur etwa 10-15m vom Ort der Festnahme entfernt war. Ich mußte mit 2 weiteren Gefangenen, die bereits im Wagen saßen ca. 2 Stunden warten.

Bis spätestens Anfang Mai muß ich meine Verteidigung vorbereitet haben, wenn jemand was zu meiner Entlastung beitragen kann, meldet Euch bitte unter angegebener email-Adresse: ea-berlin [at] web.de