MEDIENSPIEGEL 22.4.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (tojo, DS)
- JA! gegen Nause-Vorschläge
- Bund über Kapo-Opfer
- Progr: Umstrittene Abstimmungsbotschaft
- Koda: Heroinabgabe rege genutzt
- Harte Droge Nikotin
- SVP BS droht Regierung mit Bürgerwehr
- "Eidgenoss" wird aus Verwahrung entlassen
- Rabe-Info 22.4.09
- Interview zu "Socialisme ou Barbarie"
- Nachbetrachtungen No Nato 2009
- Gipfel-Soli-News 21.4.09
- Einsichtsrecht AKW Mühleberg-Akten

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REITSCHULE
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Mi 22.04.09
19.00 Uhr - SousLePont - Türkei Spezialitäten

Do 23.04.09
20.00 Uhr - Frauenraum - Hinterhof-Lounge goes Karaoke Vol.3
20.30 Uhr - Kino - UNCUT: i can't think straight, S. Sarif, GB 2008, OV/d, 82min, dvd
21.00 Uhr - Dachstock - Firewater USA/TUR/IND/ISR - Folk/Punk/World

Fr 24.04.09
20.30 Uhr - Tojo - Auawirleben: Das Heulen des Hundes von Cuckoos, Basel Danach Publikumsgespräch
21.00 Uhr - Frauenraum - TanzBar, Gesellschaftstänze & Disco. Mit Crashkurs ab 19.15 Uhr
21.00 Uhr - Kino - Tangos - el Exilo del Gardel, F.E. Solanas, Arg 1985, OV/df, 119min, 35mm
21.00 Uhr - Dachstock - Ruthless Productions & Dachstock present: Hatesphere DK Six Reasons To Kill DE Bloodwork DE Sic FO -- Trashmetal/Deathmetal

Sa 25.04.09
20.30 Uhr - Tojo - Auawirleben: Das Heulen des Hundes von Cuckoos, Basel
21.00 Uhr - Kino - Tango Lesson, S. Potter, GB/F 1996, OV/DF, 100min, 35mm
22.00 Uhr - Dachstock - Mardi Gras.BB Hazelwood/DE & Puts Marie Hazelwood/CH - Trümmerblues/Jazz Crime/Nightmare-Gypsy-Swing

So 26.04.09
13.00 Uhr - Münsterplatz - "Kein Tschernobyl in Mühleberg!" feat. by Mundartisten
21.00 Uhr - Dachstock - Thau I/CH: Sabina Meyer, Hans Koch, Paed Conca, Fabrizio Spera

Infos: www.reitschule.ch

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kulturagenda.be 22.4.09

"Hausprobe" im Tojo Theater

Kulturkritik einmal anders: Fünf Freaks aus einer Kleinstadt in Kentucky rocken mit ihrer Anarchocombo gegen die Dummheit der Menschheit an. Das Stück lebt von (pseudo-)exzentrischen Figuren und stützt sich auf die "bühnenfremden" Texte des Romans "Freaks" von Ex-Punkrocker Joey Goebel.
Tojo Theater, Bern. Mo., 27.4., und Di., 28.4., 20.30 Uhr, anschliessend Publikumsgespräch

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Auawirleben - zeitgenössisches Theatertreffen

Das Festival Auawirleben findet 2009 zum 27. Mal statt. Gezeigt werden 15 Produktionen aus der Schweiz, Deutschland und Belgien. Die über 40 Vorstellungen finden statt in der Dampfzentrale, im Schlachthaus Theater, im Tojo Theater, in der Berner Altstadt, im Zentrum Paul Klee, in den Vidmarhallen, im Restaurant zur Alten Post und im Progr. Die Veranstalter rechnen mit rund 2500 Besucherinnen und Besuchern. Das Budget des Festivals beträgt 450 000 Franken.

23.4. bis 3.5., Bern
Diverse Spielorte
http://www.auawirleben.ch

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Firewater im Dachstock

Tod Ashley zündet das Feuer bei seiner Band. Deren Personal lässt sich zwar nicht aber Ashleys Sarkasmus, der selbst neuen stilistischen Welten trotzt.

Globales Destillat

Wenn der Begriff "Weltmusik" nicht so hartnäckig ethnokitschig müsste man ihn für Firewater einführen. Für die Band, die uns im Dachstock Folk-Rock-Reise rund um den Globus mitnimmt.

Brr! und Ahh! Es ist ein wahrlich hochprozentiges Gemisch, das Firewater uns da einflösst. Allerdings ohne Katergefahr: Der US-amerikanische Sänger- Bassist-Songwriter Tod Ashley und seine wechselnden Mitarbeiter schenken Klänge aus vielerlei Flaschen leichtfüssig ins Cocktailglas - wo die Musik einen Bossa wirbelt, der mit etwas Punk- Kohlensäure aufgeschäumt wurde. Bald tanzen einem die aufsteigenden Blasen auf der Nase herum, bevor sie mit einem sanften "Plopp" platzen und sogleich überraschende Duftnoten verströmen, wie wir sie zuletzt auf einem orientalischen Gewürzmarkt gerochen haben. Oder wie wir sie uns vorstellen, wenn wir einen Bollywood-Film schauen. Musik, die uns auf Trab hält, denn schon nach dem nächsten Takt wartet ein neues Destillat von einer anderen Destination dieser musikalischen Weltreise.

Einen Koffer voller Souvenirs

Vor fünf Jahren veröffentlichte die Band ein Album, angeschrieben mit einem Titel, der alles über den Inhalt verriet: "Songs We Should Have Written". Nach dieser Coverplatte wurde es ruhig um die Band. Wenn wir nun das neuste Firewater-Album, "The Golden Hour", hören, sind wir keinen Moment lang erstaunt zu erfahren, dass Tod Ashley in der Zwischenzeit auf ausgedehnten Reisen war. Während Jahren hielt er sich im Nahen und Mittleren Osten auf, sog in Indien, Pakistan, der Türkei und Israel viel Musik auf und brachte einen Koffer voller Klangsouvenirs nach Hause, von denen er kein einziges weggeworfen zu haben scheint. Dazu hält Ashley seine Wurzeln nicht zurück; Stahlsaitengitarre des ehemaligen Rockers kommt zum Zug. sie, sondern die ganzen machen deutlich: Da ist der seine westliche Herkunft verheimlichen will. Trotz Anleihen aus dem orientalischen trotz einem Schuss Südamerika paar Spritzern Indien: Ashley Mitmusiker sehen auf Ethnokitsch nicht einmal Diesen Frühling sind (Drums), Jaro Milko (Gitarre), Singh (Perkussion) Brian Posaune) und Adam Scheflan der Partie.

Der Sarkasmus hat überlebt

In früheren Jahren war gradliniger. Punk-Folk hiess damals. Mehrstimmige, Nummern, die an die Qualitäten der Ärzte erinnerten. der interkontinentalen das neue Album kein den Folkbegriff lediglich und von seinen Vorläufern Sarkasmus bezogen, der sich zieht. Irgendwie erinnert Stimme von Tod Ashley an McCreas von Cake. Nicht Hinhören, aber beim insbesondere beim starken eröffnet sich eine Seelenverwandtschaft der Charismas.

Dachstock, Bern
Do., 23.4., 21 Uhr
http://www.dachstock.ch

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Thau-Plattentaufe im Dachstock

Kategorisierungen interessieren überhaupt nicht. Wenn die Gruppe Thau mit der Sängerin Sabina Meyer (Bild) auf der Bühne steht, geht es nur noch um den kollektiven Prozess der Musiksuche. Seit 2005 ist das Improvisationsquartett auch international unterwegs.
Dachstock Reitschule, Bern. So., 26.4., 21 Uhr

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SAUBER-NAUSE
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Bund 22.4.09

Die JA wehrt sich gegen Nauses Vorschläge

Stadt Bern Vorgestern zog Reto Nause Bilanz über seine ersten 100 Tage als Berner Gemeinderat. Die Junge Alternative (JA) zeigt sich ob der Vorschläge, die der CVP-Politiker in diesem Zusammenhang äusserte, nicht erfreut, wie sie gestern per Pressecommuniqué mitteilte. Nause forderte an seiner 100-Tage-Pressekonferenz etwa die Ausdehnung des Bettelverbots und die Installation von Überwachungskameras an neuralgischen Punkten. Gegen beide Massnahmen will sich die Junge Alternative wehren. Es handle sich lediglich um "Symptombekämpfung, die zu Ausgrenzung führt", schreibt die JA. (pd)

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Berner Rundschau 22.4.09

Stadt Bern Kritik an Nauses Sicherheitsvorschlägen

Die Pläne des neuen Berner Sicherheitsdirektors Reto Nause, mit einem ausgeweiteten Bettelverbot und Videokameras das Sicherheitsgefühl in Bern zu heben, stösst bei der Jungen Alternative (Ja) auf Unverständnis: Die vom CVP-Gemeinderat vorgeschlagenen Massnahmen (vgl. gestrige Ausgabe) "zeigen einzig die Unfähigkeit vieler Politiker, Probleme in ihren Ursachen zu erkennen und zu lösen". Die Ja fordert dagegen Massnahmen, die nicht zu "Überwachung und Ausgrenzung" führten. (sat)

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JA! 21.4.09

Mit Bettelverbot und Überwachungskameras gegen Unfähigkeit

Nach rund 100 Tagen als Sicherheitsdirektor zieht Reto Nause Bilanz. Seine Ziele sind ambi-titiös, die Lösungswege dahin weder phantasievoll noch wirksam.
Das Bettelverbot soll ausgedehnt werden, um die organisierte Bettelei zu unterbinden, obwohl der Stadtrat ein solches mehrere Male, zuletzt im März, abgelehnt hat und das Bettelverbot am Bahnhof gezeigt hat, dass sich damit keine Probleme lösen lassen. Organisierte Bettelei kann nur überleben, solange Personen gezwungen sind, sich darauf einzulassen. Ihr Leben ist kein Zuckerschlecken und bestimmt würde jede/r von ihnen liebend gerne ein anderes Leben führen, als Tag für Tag Menschen anzubetteln. Statt einfach zu verbieten, müssen wir es unmöglich machen, dass Menschen keine andere Option ausser Betteln bleibt.
Vergessen wir auch nicht, dass es eine Illusion ist, mit einem Bettelverbot nur den organisier-ten Banden das Handwerk gelegt werden kann. Die Aussage Nauses (siehe BZ vom 21.4.2009), dass das Bettelverbot nicht dazu führen soll, jede/n zu bestrafen, die/der jemanden um einen Franken bittet, ist deshalb mehr als absurd. Bekämpfen wir also nicht die Bettelei, bekämpfen wir die Armut!

Eine weitere Massnahme, die Reto Nause treffen will, ist die Installation von Überwachungs-kameras, sobald die kantonalen Ausführungsbestimmungen für die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes erlassen sind. Mit Videokameras wird jedoch Sicherheit bloss vorgegau-kelt, Übergriffe lassen sich damit nicht verhindern. Zugleich entsteht ein neues Problem: Wir werden in unserem Alltag überwacht, persönliche Daten erfasst.  Eine Garantie, dass diese Daten nicht weiterverwendet oder missbraucht werden, gibt es keine.

Die Junge Alternative JA! wehrt sich entschieden gegen diese vorgesehenen Massnahmen. Sie zeigen einzig die Unfähigkeit vieler PolitikerInnen Probleme in ihren Ursachen zu erkennen und zu lösen. Wehren wir uns gegen eine Symptombekämpfung, die zu Ausgrenzung und Überwachung führt.

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POLIZEI-BRUTALITÄT
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Bund 22.4.09

Vorwurf des Rassismus

Ein Schweizer afrikanischer Herkunft beschuldigt die Berner Kantonspolizei

Ein 27-jähriger Mann wird von Unbekannten verprügelt. Seine Anzeige nimmt die Berner Kantonspolizei aber nicht entgegen, sondern beschuldigt ihn des Drogenkonsums. Die Polizei sieht den Fall anders.

Markus Dütschler

Der Vorfall, über den in der aktuellen "Beobachter"-Nummer berichtet wird, soll sich in Bern am 18. Mai 2008 frühmorgens abgespielt haben. Mess Barry, der im "Beobachter" vor der Polizeikaserne am Waisenhausplatz posiert, wird auf dem Weg nach Hause von jungen Männern mit Baseballschlägern verprügelt. Sanitäter bringen ihn ins Tiefenauspital.

Polizei beschuldigt das Opfer

Als er auf dem Posten eine Anzeige gegen die Schläger aufgeben will, gehen die Polizisten aber laut "Beobachter" nicht darauf ein, sondern führen bei Barry einen Test durch, begleitet von rassistischen Äusserungen. "Ich habe Hilfe gesucht, aber plötzlich war ich der Kriminelle", wird Barry zitiert. Der Test weist Spuren von Kokain nach. Barry beteuert, nie Drogen konsumiert zu haben. Er wird nach Hause entlassen, bekommt aber eine Anzeige wegen Drogenkonsums. Eine Klage gegen die Schläger reicht er nicht ein, da er "das Vertrauen in die Polizei verloren" habe. Ein Drogentest bei Barrys Hausarzt gibt keinerlei Hinweise auf Drogenkonsum.

Der 27-jährige Barry stammt aus Guinea. 1998 kam er in die Schweiz. 1999 heiratete er eine Schweizerin, und im Jahr 2000 kam seine Tochter zur Welt. Seit zehn Jahren arbeitet Barry; im Jahr 2004 erhielt er das Schweizer Bürgerrecht. Laut "Beobachter" ist Barry SP-Mitglied.

Rassistische Bemerkungen

Laut "Beobachter" gerät Barry am 27. September 2008 in eine Kontrolle der Kantonspolizei, wird zu Boden gedrückt und in Handschellen gelegt. Wieder fallen rassistische Bemerkungen, er wird geschlagen und getreten. Ein Drogenschnelltest fällt positiv aus. Barry wird wegen Drogenmissbrauchs verzeigt und bekommt eine Anzeige wegen Bedrohung von Beamten. Wieder lässt sich Barry unmittelbar danach bei einem Arzt testen, und erneut fällt der Test negativ aus. Barry wiederum zeigt zwei Polizisten an.

Auf Anfrage sagt die Kantonspolizei, die Schilderungen der beteiligten Polizisten wichen "wesentlich von der Darstellung von Herrn M. ab". Auch aus den Akten ergebe sich "ein anderes Bild von dem tatsächlich Vorgefallenen".

Polizei: "Laufendes Verfahren"

Bei Verdacht auf Drogenmissbrauch - ein Offizialdelikt - müsse die Polizei den Sachverhalt abklären. Im Mai 2008 seien die Untersuchungsbehörden nicht auf den Vorwurf des Kokainkonsums eingetreten, da sich die Tests bei der Polizei und beim Hausarzt widersprochen hätten. Somit sei der Konsum "nicht unwiderlegbar nachgewiesen" worden. Barry habe das Resultat des Tests bei der Polizei bei Bekanntgabe nicht bestritten.

Zu den rassistischen Äusserungen sagt die Polizei, sie dürfe und könne wegen des laufenden Verfahrens dazu nicht Stellung nehmen. Falls aber solche Bemerkungen tatsächlich gefallen sein sollten, widerspräche dies sämtlichen Dienstanweisungen: Rassistische Aussagen würden von der Polizei "selbstverständlich nie toleriert".

Der Mahsan-Test zum Nachweis von Drogenkonsum gilt in Fachkreisen bei spontanen Kontrollen als zuverlässig. Kann sich ein Proband aber auf einen Test vorbereiten, so sind laut Experten Manipulationen durchaus möglich.

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PROGR
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BZ 22.4.09

Progymnasium

Umstrittene Botschaft

Die Botschaft zur Abstimmung über das ehemalige Progymnasium ist da. Sie ist von Vorwürfen begleitet: Sie sei unausgewogen.

Die dieser Tage in die Berner Briefkästen vertragene Abstimmungsbotschaft stelle zwei ungleiche Projekte zum ehemaligen Progymnasium als gleichwertig dar. Dies beanstandet SVP-Stadtrat Peter Bernasconi. In seiner hängigen Beschwerde ist dies eine der Stossrichtungen. Beispielsweise könne die als Sicherheit dargestellte Heimfallklausel der Künstlerinitiative "Pro Progr" zum Pferdefuss werden. Die Stadt könnte nicht nur das Haus, sondern auch die Schulden erben, wenn die Trägerstiftung insolvent würde. Zudem berge die - zwar offengelegte - Unsicherheit in der langfristigen Finanzierung das Risiko, dass die Sanierung des Gebäudes und der Denkmalschutz nicht gewährleistet werden könnten. Bernasconi zweifelt immer noch daran, dass "Pro Progr" die vom Stadtrat gestellten Bedingungen erfüllt. So fehlten sowohl eine Finanzierungs- wie auch eine Ausführungsgarantie. Die Investorin des Siegerprojekts "Doppelpunkt" müsse dies zwar nicht leisten. Doch der Stadtrat habe dies verlangt, als er am 6.November der Künstlerofferte eine Chance einräumte.

Unerfüllte Bedingungen

Schliesslich komme zu wenig heraus, wo sich die Unterschiede bei den Investitionen zeigten. Bei "Doppelpunkt" flössen 24,5 Millionen, bei "Pro Progr" nur 8 Millionen Franken. "Die Sanitäranlagen und die Erdbebensicherheit sind bei ‹Pro Progr› zum Beispiel nicht einbezogen", führt Bernasconi aus.

Wie abstimmen?

Michael Köpfli, GLP-Stadtrat und Befürworter von "Pro Progr" hat kein Problem mit der Darstellung der beiden Projekte. Aber auch er hat einen Vorbehalt bei der Formulierung der Abstimmungsfrage: "Der Stadtrat hat Parolen zu einer Variantenabstimmung gefasst, die Botschaft sieht nun offenbar eine Alternativabstimmung vor." Dies trotz Köpflis Intervention. Für Köpfli ein "äusserst fragwürdiges" Vorgehen.
 cab

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HEROINABGABE
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Bund 22.4.09

Kontrollierte Abgabe von Heroin rege genutzt

Stadt Bern Die öffentliche Stelle Koda (Kontrollierte Drogenabgabe) in Bern hat den Jahresbericht 2008 veröffentlicht. Wie diesem zu entnehmen ist, waren die 210 Behandlungsplätze zur ambulanten intravenösen Heroinabgabe im vergangenen Jahr zu 95 Prozent ausgelastet. Die verbleibenden 5 Prozent lassen die Möglichkeit offen, ohne Verzug auch neue drogenabhängige Patientinnen und Patienten aufzunehmen. Gemäss dem Jahresbericht hat das Durchschnittsalter von neu hinzukommenden Patienten zugenommen.

Stark beanspruchte Pflegeheime

Im Vergleich zum Vorjahr mussten mehr Patienten zur stationären Heroinbehandlung in ein Pflegeheim überführt werden. Gemäss Koda-Betriebsleiterin und GFL-Grossrätin Barbara Mühlheim hatte sich deren Gesundheitszustand derart verschlechtert, dass eine ambulante Behandlung nicht mehr durchgeführt werden konnte. Wie Mühlheim betont, sei die Zusammenarbeit mit den Pflegeheimen sehr gut: Verschiedene Übergangs- und Langzeitpflegeheime zeigten sich bereit, die Koda-Patienten aufzunehmen - vor allem auch dank dem "intensiven Coaching", welches die Koda den betroffenen Pflegeteams anbiete. Die Anzahl der stationären Behandlungstage in Pflegeheimen stieg innerhalb eines Jahres um bis zu 50 Prozent.

Dem Jahresbericht zufolge hat die Hälfte der Koda-Patienten im Jahr 2008 durch spezielle Arbeitsprojekte zu einer geregelten Tagesstruktur gefunden. 22 Prozent seien gar auf dem offenen Arbeitsmarkt tätig gewesen. Allerdings bestritten immer noch zwei Drittel der Patienten ihren Lebensunterhalt durch die Sozialhilfe.

30 anstatt 215 Kilogramm Heroin

Um die positiven Auswirkungen ihrer Arbeit herauszustreichen, hat die Koda ein kleines Rechenspiel gemacht: 2008 wurden in der Koda 30 Kilogramm Heroin unter medizinischer Kontrolle verabreicht. Die Kosten dafür beliefen sich auf 510000 Franken. Zur Erzielung der gleichen Wirkung hätten die 202 Patienten insgesamt 215 Kilogramm "Gassenheroin" zu einem Preis von 12,65 Millionen Franken einkaufen müssen. Auf den einzelnen Patienten heruntergerechnet, hätte dies bedeutet, dass jeder 65000 Franken für seine Sucht hätte aufwenden müssen. Dieser Betrag wäre gemäss Koda sonst nur durch Kriminalität, Drogenhandel oder Prostitution aufzutreiben gewesen. (kvm)

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NIKOTIN
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NZZ 22.4.09

Forschung und Technik (ft)

Nikotin verändert das Gehirn ähnlich wie harte Drogen

Süchtiges Verhalten als Folge von Störungen im Dopaminsystem

Obwohl sich die Mehrheit der abhängigen Raucher von ihrem Laster befreien möchten, gelingt es den wenigsten, aus eigener Kraft auf Dauer abstinent zu bleiben. Nach neueren Befunden könnte das daran liegen, dass Nikotin das Gehirn stärker verändert, als man bisher annahm.

Normalerweise wird das neuronale Belohnungsnetzwerk, das sich über weite Teile des Mittel- und Vorderhirns erstreckt, durch alltägliche sinnliche Freuden wie Nahrungsaufnahme oder sexuelle Erregung aktiviert. Es erfüllt damit als evolutionär alter Mechanismus überlebenswichtige Funktionen. Nikotin hat mit anderen suchterzeugenden Substanzen gemein, dass es in diesem mesolimbischen Belohnungssystem des Gehirns die Spiegel des Neurobotenstoffs Dopamin markant erhöht - ein Vorgang, der letztlich mit angenehmen Empfindungen einhergeht. Doch während die Dopaminspiegel sich in natürlichen Situationen nur kurzfristig erhöhen und auf rasch aufeinanderfolgende gleichartige Reize mit der Zeit immer weniger ansprechen, führen Suchtsubstanzen jedes Mal zu einem lang anhaltenden Anstieg. Die intensivste Wirkung entfalten harte Drogen: Kokain erhöht die Dopaminausschüttung auf das Tausend-, Nikotin dagegen "nur" auf das Hundertfache.

 Aktivierung des Belohnungssystems

Auch wenn alle Suchtsubstanzen letztlich auf das Belohnungssystem Einfluss nehmen, geschieht das auf unterschiedlichen Wegen. Viele profitieren dabei von ihrer strukturellen Ähnlichkeit mit körpereigenen Wirkstoffen. Nikotin bindet im Gehirn an Rezeptoren, die eigentlich für einen der wichtigsten natürlichen Neurotransmitter - das Acetylcholin - vorgesehen sind. Ein bestimmter Typ solcher Nikotinrezeptoren findet sich in den Membranen Dopamin-erzeugender Nervenzellen gerade in jenem Teil des Mittelhirns, der als Eingangspforte zum Belohnungssystem dient. Werden diese Neuronen durch Nikotin stimuliert, schütten sie über ihre Fortsätze in verschiedenen Hirnregionen Dopamin aus: unter anderem im Nucleus accumbens, der im Belohnungsnetzwerk eine Schlüsselstellung einnimmt.

Die Reaktionskette vom Nikotinkonsum bis zur Freisetzung von Dopamin verläuft blitzschnell. Innerhalb weniger Sekunden gelangt das Nikotin beim Rauchen über die Blutbahn ins Gehirn. Bereits nach dem ersten Lungenzug besetzt es an den Dopaminneuronen des Belohnungsnetzwerks 33 Prozent, nach dem Rauchen einer ganzen Zigarette sogar 95 Prozent aller Nikotinrezeptoren. Es gelingt dem Nikotin also, das Belohnungssystem regelrecht zu übernehmen.

Solche akuten Wirkungen von Nikotin auf das Dopaminsystem sind zwar schon länger bekannt, doch über langfristige Effekte weiss man erst wenig. Für andere Suchtmittel liess sich in den letzten Jahren zeigen, dass chronischer Konsum mit der Zeit die Hirnchemie verändert. Zum Beispiel ergaben Positronen-Emissions-tomografische Untersuchungen (PET), dass bei Kokain-, Heroin- und Amphetaminabhängigen wie auch bei Alkoholikern die Dichte der Dopaminrezeptoren im Belohnungssystem gegenüber gesunden Personen markant verringert ist. Die reduzierte Rezeptordichte bleibt oft auch nach monatelanger Abstinenz bestehen. Letztes Jahr hat eine PET-Untersuchung ähnliche Effekte erstmals auch für Nikotin belegt. Bei abhängigen Rauchern fanden sich in Teilen des Belohnungszentrums signifikant weniger Dopaminrezeptoren als bei Nichtrauchern, und auch in diesem Fall wurde die reduzierte Rezeptordichte bei Abstinenz nicht sofort wieder nach oben korrigiert.

Das ständige, durch chronischen Suchtmittelkonsum ausgelöste Dopamin-Bombardement scheint also im Gehirn die Empfangseinheiten für Dopamin zu reduzieren und damit die Reizschwelle für die Aktivierung des Belohnungssystems zu erhöhen. Dieser Schwellenanstieg dürfte einer der Gründe dafür sein, dass Abhängige mit der Zeit immer höhere Dosen des jeweiligen Suchtmittels benötigen, um belohnende Effekte zu erzielen. Schliesslich dient die Droge nur noch dazu, negative Empfindungen zu vermeiden. Darüber hinaus verändert ständiger Suchtmittelkonsum gemäss Untersuchungen mit funktioneller Magnetresonanz auch die neuronale Aktivität in Regionen des Vorderhirns, die für die Impulskontrolle und die Motivationslage zuständig sind. Solche Veränderungen dürften wesentlich dazu beitragen, zwanghaftes Verhalten zu etablieren, und auch eine Erklärung dafür bieten, dass viele Suchtkranke noch lange nach einer erfolgreichen Entwöhnung ein unstillbares Verlangen (Craving) nach der jeweiligen Substanz verspüren und dadurch rückfällig werden können.

 Kein "Glückshormon"

Auch Lernvorgänge spielen für die Aufrechterhaltung süchtigen Verhaltens eine zentrale Rolle. Ähnlich wie Tiere, die wiederholt nach einem bestimmten Signal eine Belohnung erhalten, mit der Zeit lernen, bereits auf das Signal anzusprechen, und schon darauf mit erhöhter Dopaminausschüttung reagieren, lernt auch der Mensch, bestimmte Situationen oder Tätigkeiten mit dem belohnenden Effekt einer Verhaltensweise - etwa einem Drogen-Kick - zu assoziieren. Bei Alkoholikern kann bereits das Knallen eines Korkens, bei Rauchern der Anblick eines Feuerzeugs das Craving auslösen. Bei Kokainsüchtigen, denen im Rahmen einer Studie ein Film mit Kokainkonsumenten gezeigt wurde, schnellte im Gehirn der Dopaminspiegel in die Höhe, während die Probanden gleichzeitig ein unstillbares Verlangen nach der Droge verspürten.

Diese und viele weitere Befunde legen nahe, dass Dopamin weniger als direkter Mittler euphorischer Gefühle - also nicht als "Glückshormon" - fungiert, wie früher angenommen wurde, sondern viel eher die Erwartung einer Belohnung widerspiegelt. Je grösser die erwartete Belohnung beziehungsweise die Aussicht, dass sie "die Dinge besser macht", desto stärker das Dopaminsignal und desto tiefer die Einprägung dieses Zusammenhangs im Gehirn. Fällt die Belohnung dann geringer aus als erwartet, kann das gesunde Gehirn seine Reaktion rasch korrigieren. Bei Suchtkranken scheint dieser Anpassungsprozess aus dem Ruder zu laufen: Einmal erlernte Auslösersignale wie der Anblick eines Feuerzeugs lösen selbst dann ein Verlangen aus, wenn die persönliche Erfahrung längst gezeigt hat, dass der Konsum des Suchtmittels die Dinge nicht wirklich besser macht.

Nicht alle Menschen sind gleichermassen gefährdet, von Nikotin oder anderen Suchtmitteln abhängig zu werden. Im Falle von Nikotin lassen Zwillingsstudien vermuten, dass die Anfälligkeit zu etwa 50 Prozent erblich bedingt ist. Auch wenn man die Grundlagen dieser Veranlagung noch nicht im Detail versteht, scheint klar zu sein, dass dabei mehrere Gene zusammenwirken, von einem einzigen "Rauchergen" also nicht die Rede sein kann. Unter anderem dürften Erbanlagen beteiligt sein, die für Dopaminrezeptoren codieren. Einige Anhaltspunkte sprechen dafür, dass erblich bedingte Unterschiede der Rezeptordichte im Belohnungszentrum die Anfälligkeit für Suchtkrankheiten massgeblich beeinflussen.

Natürlich spielen bei der Suchtentstehung neben dem Dopamin zahlreiche weitere Neurotransmitter eine Rolle. Zudem weiss man heute, dass Nikotin und andere Suchtsubstanzen die Anatomie der Nervenfortsätze in den Motivations- und Belohnungsnetzwerken verändern können. Angesichts dieser komplexen Zusammenhänge harren noch viele Fragen einer schlüssigen Erklärung; etwa jene, warum Stress oder schwierige Lebenssituationen die Anfälligkeit für eine Nikotinabhängigkeit erhöhen oder warum psychisch Kranke in höchstem Mass gefährdet sind - laut einer amerikanischen Studie stellen sie 40 Prozent aller Rauchenden.

 Hilfen gegen die Lust am Rauchen

Angesichts der tiefgreifenden Wirkung von Nikotin auf das Gehirn erstaunt es nicht, dass es nur 2 bis 3 Prozent der Raucher alleine schaffen, ihr Laster abzulegen und während mindestens eines Jahres abstinent zu bleiben. Doch gibt es heute Möglichkeiten, diese Chancen deutlich zu erhöhen. Allein schon die Begleitung durch geschulte Fachpersonen, die helfen, eingespieltes Verhalten und Reaktionen zu überlisten, vermag die Abstinenzrate deutlich zu verbessern.

Ergänzend stehen heute verschiedene pharmakologische Hilfsmittel zur Verfügung. Nikotinhaltige Kaugummis, Pflaster, Lutschtabletten und Nasensprays führen zu einer sanften Stimulation des Belohnungssystems im Gehirn und mildern damit Entzugserscheinungen, die in den ersten Wochen der Abstinenz typischerweise auftreten. Da diese vorübergehend eingesetzten Nikotinersatzprodukte - mit Ausnahme des Nasensprays - den Wirkstoff nur langsam freisetzen, erzeugen sie im Gehirn nicht jene stossartigen Veränderungen, die das Rauchen so reizvoll machen. Sie erhöhen die Abstinenzrate um 50 bis 70 Prozent.

Eine andere Methode verfolgt das in der Schweiz seit 2006 zugelassene Medikament Champix (Vareniclin). Es soll Raucher dadurch aus der Abhängigkeit führen, dass es das Nikotin seines belohnenden Effekts teilweise beraubt. Der synthetische Wirkstoff dieses Medikaments bindet im Gehirn an Nikotinrezeptoren, stimuliert aber das Belohnungszentrum nur etwa halb so stark wie Nikotin. Gleichzeitig versperrt es dem Nikotin den Zugang zu diesen Rezeptoren. Er schränkt dadurch die Lust am Rauchen ein und lässt Entzugserscheinungen erträglicher ausfallen. Laut einer Metaanalyse, die letztes Jahr die Resultate von neun placebokontrollierten Studien mit Vareniclin zusammenfasste, lässt sich die Abstinenzrate mit dieser chemischen Krücke verdoppeln bis verdreifachen. Seit einiger Zeit mahnen allerdings Berichte über schwere Nebenwirkungen - unter anderem wurde Champix mit Selbstmordgedanken in Verbindung gebracht - besonders bei psychisch Kranken zur Vorsicht. Entsprechende Warnungen sind heute im Beipackzettel des Medikaments enthalten.

Gegen das Rauchen impfen

 Auch Impfstoffe gegen Nikotin wurden in den letzten Jahren entwickelt. Ihr Wirkkonzept besteht darin, das kleine Nikotinmolekül an ein Trägereiweiss zu koppeln, damit es für das Immunsystem sichtbar wird und die Bildung von Antikörpern anregt. Die in der Blutbahn kreisenden Antikörper sollen dann die Nikotinmoleküle abfangen, bevor sie ins Gehirn gelangen.

Nach diesem Prinzip wurde von der Schweizer Biotechfirma Cytos ein Impfstoff entwickelt, der auf einem Virusprotein basiert. Wie eine klinische Phase-2-Studie 2005 ergab, blieben 42 Prozent derjenigen Raucher, die die höchsten Antikörperspiegel aufwiesen, nach der Behandlung ein Jahr lang abstinent. Bei den "low responders" mit den niedrigsten Antikörperspiegeln lag die Erfolgsrate dagegen mit nur 26 Prozent kaum über dem der Placebo-Vergleichsgruppe. Als Nebenwirkungen traten vor allem grippeähnliche Symptome auf. In Zusammenarbeit mit Novartis wurde seither eine weitere Phase-2-Studie durchgeführt. Ihre Resultate sind jedoch wider Erwarten bis heute nicht veröffentlicht - für die Wirtschaftspresse Anlass zu Spekulationen, sie könnten nicht nach Wunsch ausgefallen sein.

Ähnliche Projekte verfolgen die britische Firma Celtic Pharma und die amerikanische Firma Nabi. Letztere fand in einer klinischen Studie eine Abstinenzrate von durchschnittlich 15 Prozent, doch auch hier lag die Rate in der Probanden-Gruppe mit den höchsten Antikörperspiegeln deutlich höher. Gemäss den bis heute verfügbaren Daten verspricht eine Impfung gegen das Rauchen bei ausreichender Antikörperbildung also durchaus einen gewissen Nutzen, auch wenn seine Grösse noch evaluiert werden muss.
Sibylle Wehner-v. Segesser

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BÜRGERWEHR BS
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Basler Zeitung 22.4.09

SVP verlangt: Gewalt eindämmen - sofort

Bürgerwehren. Die SVP ist der Ansicht, dass die Basler Regierung es nicht fertig bringe, die elementarste Staatsaufgabe, die Sicherheit, zu garantieren. In einer Mitteilung schreibt die Partei, es vergehe kaum eine Woche, in der Basel nicht von brutaler Gewalt und schrecklichen Verbrechen heimgesucht wird, und listet zwei Fälle (Raub und Vergewaltigung) vom vergangenen Wochenende auf. Die SVP gibt dem Regierungsrat deshalb hundert Tage Zeit, um die Gewalt und insbesondere die Ausländerkriminalität nachhaltig einzudämmen. Andernfalls wolle sie mit parlamentarischen Vorstössen, der Lancierung einer Volksinitiative, Rücktrittsforderungen, Demonstrationen gegen Gewalt oder mit Aufstellen von Bürgerwehren Druck auf die Regierung ausüben.

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Basellandschaftliche Zeitung 22.4.09

SVP droht der Basler Regierung

Rechtspartei stellt der Regierung ein 100-Tage-Ultimatum, um die Gewalt einzudämmen

Nach den Vorfällen vom Wochenende spricht die Basler SVP von einer Gewaltspirale und fordert ultimativ Massnahmen. Sicherheitsdirektor Gass bezichtigt die SVP der "Angstmacherei".

David Weber

Zwei Raubüberfälle, eine Vergewaltigung, zahlreiche Schlägereien. Basel erlebte ein gewaltvolles Wochenende. Die SVP Basel-Stadt fuhr gestern schweres Geschütz auf und forderte die Regierung ultimativ auf, bis in 100 Tagen die Gewalt einzudämmen. Oder, wie der SVP-Präsident Sebastian Frehner präzisierte, endlich griffige Massnahmen zur Bekämpfung der Gewalt zu präsentieren. Falls das nicht geschehe, werde die SVP der "Unfähigkeit der Regierung" entgegenwirken, etwa mit einer Volksinitiative, Rücktrittsforderungen oder dem Aufstellen von Bürgerwehren.

Gass: "Basel ist nicht unsicher"

Die Drohungen lassen die Basler Regierung kalt. Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass sagte gestern nach der Regierungssitzung: Weder die Regierung noch er liessen sich von der SVP ein Ultimatum setzen. Der Polizeidirektor verneint eine Gewaltspirale. Basel werde nicht unsicherer, sagt er. Im letzten Jahr nahm zwar die Anzahl der Einbrüche zu, Sexual- und schwere Gewaltdelikte waren aber rückläufig. Mit ihrer "Angstmacherei" schüre die SVP das subjektive Gefühl der Unsicherheit, kritisiert Gass.

 SVP Präsident Sebastian Frehner fordert unter anderem auch mehr Mittel für die Basler Polizei. Das freut Gass zwar. Aber es entbehre nicht einer gewissen Ironie, wenn jene Partei, die noch vor ein paar Tagen Gratis-Polizeieinsätze an FCB-Spielen forderte (bz berichtete), nun mehr Geld für die Sicherheit will. Sicherheitspolitisch sei die SVP nicht glaubwürdig, kontert FDP-Mann Gass die Kritik der SVP. So sei es auch widersprüchlich, dass sich die SVP über die Ausländerkriminalität auslasse, gleichzeitig aber das Integrationsbudget zusammenstreiche. Die Regierung lässt sich vom in der Basler Politik wohl einmaligen Ultimatum der SVP nicht beeindrucken. Man werde weiterhin versuchen, das Gewaltproblem gesamtpolitisch anzugehen, etwa mit dem Politikschwerpunkt "Prävention gegen Jugendgewalt".

 Nicht nur die Regierung, auch die anderen Parteien zeigen sich befremdet vom SVP-Ultimatum. Dieses trage nichts zur Lösung des Problems bei. Seite 25

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Ultimatum stösst auf Unverständnis

Die "Provokation der SVP" trage nicht zur Lösung des Gewaltproblems bei, sagen Politiker

In 100 Tagen soll die Regierung die Gewalt eindämmen, fordert die SVP. Ansonsten droht sie mit Bürgerwehren, Initiativen oder Rücktrittsforderungen.

David Weber

Empörte Parteimitglieder hätten sich nach den Gewaltausbrüchen vom Wochenende (bz berichtete) bei der Parteispitze gemeldet, wie Präsident Sebastian Frehner erklärte. Diese reagierte prompt: In einer geharnischten Medienmitteilung droht sie der Regierung mit "Massnahmen", falls diese nicht innert 100 Tagen die Gewalt, "insbesondere die Ausländerkriminalität in unserem Kanton", nachhaltig eindämme.

Konkret hat die SVP parlamentarische Vorstösse, eine Volksinitiative, Rücktrittsforderungen oder das Aufstellen von Bürgerwehren im Visier. Genaue Vorstellungen, wie eine solche Initiative oder die Bürgerwehren aussehen könnten, hat der SVP-Präsident noch keine. Frehner: Auch die Partei habe nun 100 Tage Zeit, ihre Massnahmen zu konkretisieren.

Er lasse sich von der SVP kein Ultimatum setzen, sagte Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass (siehe Text auf der Frontseite). Auch bei den Präsidenten anderer Parteien sorgt das SVP-Ultimatum für Unverständnis. "Wenn die SVP Bürgerwehren aufstellen will, beweist sie, dass sie keine bürgerliche Partei ist", sagt FDP-Präsident Daniel Stolz, weil es gegen das Gewaltmonopol des Staates verstosse. Dass die SVP vor allem auf seinen Parteikollegen und Sicherheitsdirektor Gass zielt, dafür hat Stolz nur "ein müdes Lächeln übrig": Sicherheitspolitisch habe die SVP wenig Glaubwürdigkeit.

Kopfschüttelnd, aber einigermassen gelassen, reagiert CVP-Präsident Markus Lehmann auf die SVP-Provokation. Das sei eben der Stil der SVP, sagt er. Dass andere Parteien das Gewaltproblem negierten, kann der Grossrat so nicht stehen lassen und verweist auf die sechs politischen CVP-Vorstösse zum Thema Jugendgewalt vom letzten Jahr.

Zurückhaltend gibt sich Christoph Bürgenmeier. Das Ultimatum sei "fehl am Platz", sagt der LDP-Präsident. Wie seine bürgerlichen Kollegen sagte er, dass seine Partei das Thema Gewalt ernst nehmen würde. Er habe aber Vertrauen in die Arbeit von Polizei, Behörden, der Jugendprävention, etc.

Auch die SP verurteilt die Gewalttaten vom Wochenende. Aber die SVP fordere nur Massnahmen, biete aber keine Lösungen, kritisiert SP-Präsident Martin Lüchinger. Bürgerwehren seien nicht rechtstaatlich. Vielmehr müsste über eine stärkere Präsenz der Polizei in den Quartieren diskutiert werden.

Am deutlichsten verurteilt Jürg Stöcklin (Präsident der Grünen) das Vorgehen der SVP. Dieses sei bloss auf Provokation angelegt und habe einen rassistischen Unterton. "Das Problem der Kriminalität gibt es", sagte Stöcklin, "aber Pauschalurteile sind daneben." Das Ultimatum sei undemokratisch sei in keinster Weise lösungsorientiert.

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"Wenn Regierung vernünftig ist . . ."

SVP-Präsident Sebastian Frehner rechtfertigt das gestellte Ultimatum

Wie soll die Regierung Gewalt eindämmen, Herr Frehner?

Sebastian Frehner: Ich weiss kein Konzept. Aber wir geben nun der Regierung nochmals 100 Tage Zeit, um griffige Massnahmen gegen die Gewalt zu entwickeln. In der mittelfristigen Vergangenheit war sie dazu nicht in der Lage. Wenn die Regierung vernünftig ist, dann probiert sie nun mit allen Mitteln, etwas gegen das fundamentale Problem zu machen. Die Gewaltspirale dreht sich immer schneller.

Ist das wirklich so?

Frehner: Ich weiss schon, dass es Statistiken gibt, die das Gegenteil behaupten. Aber erstens glaube ich nur den Statistiken, die ich selber gefälscht habe. Und zweitens ist doch die subjektive Wahrnehmung von allen, mit denen ich rede, dass die Leute immer gewaltbereiter werden.

Greift die SVP mit dem Ultimatum an die Regierung nicht arg tief in die Populismuskiste?

Frehner: Populismus heisst auch nah beim Volk, insofern, von mir aus. Aber wir haben den Entwicklungen seit Jahren zugeschaut und immer wieder mehr Polizei auf den Strassen gefordert. Der jetzige Lösungsansatz greift nicht, und es wird zu wenig auf Repression gesetzt. Auch die Integrationspolitik des Förderns und Forderns funktioniert nicht. Ein Grossteil der Gewalttäter sind Ausländer. Aber uns Populismus vorzuwerfen, nur weil wir eine andere Meinung haben, ist billig.

Instrumetalisiert hier die SVP nicht ein ernsthaftes Thema, um Wählerstimmen zu gewinnen?

Frehner: Es sind keine Wahlen im Moment. Es ist ein bestehendes Problem, das die anderen Parteien mehr oder weniger negieren. (daw)

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EIDGENOSS
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Tagesanzeiger 22.4.09

Verwahrung aufgehoben

Der als Auschwitz-Leugner und Brandstifter bekannt gewordene Ernst Dünnenberger soll nach 14 Jahren Haft aus der Verwahrung entlassen werden.

Von Thomas Hasler

Zürich. - Mit 36 Liter Brennflüssigkeit und einem Zeitzünder hatte Ernst Dünnenberger Ende 1994 sein Haus angezündet. Dass sich darin noch eine ältere, leicht behinderte Nachbarin aufhielt, schien ihn nicht zu stören - zu gross war der Zorn über den Befehl des Eheschutzrichters, er müsse das mit der Ehefrau bewohnte Haus in Neftenbach verlassen. Die Nachbarin konnte sich noch rechtzeitig in Sicherheit bringen. Dünnenberger wurde wegen versuchter qualifizierter Brandstiftung mit drei Jahren Zuchthaus bestraft. Zudem wurde seine Verwahrung angeordnet.

Am Prozess damals vor dem Geschworenengericht zeigte sich, dass Dünnenberger auch bereits minutiöse Vorbereitungen getroffen hatte, um 13 Menschen - darunter seine Ehefrau und 10 Mitglieder der SVP - umzubringen. Er war nämlich aus der SVP ausgeschlossen worden, nachdem er sich bereit erklärt hatte, die rechtsextreme Zeitschrift "Der Eidgenoss" in der eigenen Druckerei herzustellen. Das Blatt war nicht nur regelmässig gespickt mit Hitler-Zitaten, sondern stellte auch wiederholt die Judenvernichtung in Auschwitz in Frage. Laut damaligem psychiatrischem Gutachten lebte Dünnenberger in einer Wahnwelt. Er sei unberechenbar und gemeingefährlich und müsse "hinter dicken Mauern" verwahrt werden.

Nicht mehr gemeingefährlich

Mit der Einführung des neuen Strafrechts musste nun überprüft werden, ob die Verwahrung noch notwendig ist. Sie ist es offenbar nicht mehr - obwohl der mittlerweile 70-Jährige während der ganzen Haft jede deliktorientierte Therapie abgelehnt hat. Laut dem neuen Gutachten leidet Dünnenberger weiterhin an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung. Wegen seines hohen Alters und der stark angegriffenen Gesundheit sei die Gefahr weiterer Gewalttaten aber gering. Zu rechnen sei zwar mit erneuten persönlichkeitsverletzenden Äusserungen. Aber dies allein rechtfertige keine Verwahrung.

Weil die Persönlichkeitsstörung behandelbar ist, ordnete das Obergericht im letzten Oktober anstelle der Verwahrung eine ambulante Behandlung und eine Bewährungshilfe an. Denn eine Verwahrung kommt nicht in Frage, solange eine therapeutische Massnahme sinnvoll erscheint. Genau dies bezweifelte die Oberstaatsanwaltschaft, die sich beim Kassationsgericht beschwerte. Das Gutachten begründe nicht, weshalb Dünnenberger plötzlich therapiefähig sein soll. Das Kassationsgericht hielt das psychiatrische Gutachten für plausibel und wies die Beschwerde ab, wie der gestern veröffentlichte Beschluss zeigt. Wann Dünnenberger freikommt, ist unklar. Der Entscheid kann noch beim Bundesgericht angefochten werden.

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RADIO RABE INFO 22.4.09
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RarBe 22.4.09

RaBe-Info 22. April 09
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-04-22-51945.mp3

Umstrittener Auftritt des ehemaligen Nestlé-CEOs Brabeck am internationalen Menschenrechtsforum in Luzern
http://www.humanrightsforum.ch/

Europäische Konferenz der gentechfreien Regionen in Luzern

Vereine diskutieren über einen Eignungstest für Freiwillige
http://www.benevol.ch/

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SOCIALISME OU BARBARIE
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Radio Corax (Halle) 21.4.09

Socialisme ou Barbarie

Die Gruppe "Socialisme ou Barbarie" war eine wichtige Anregerin der Neuen Linken und des Mai '68 in Frankreich. Auch andere internationale Strömungen wie der italienische Operaismus, der angelsächsische Autonomist Marxism oder libertäre Gruppierungen haben sich von den Ideen von "Socialisme ou Barbarie" inspirieren lassen.

1949 von Cornelius Castoriadis, Claude Lefort und anderen gegründet, hat "Socialisme ou Barbarie" bis Mitte der 1960er Jahre Theorien und Konzepte entwickelt, die bis heute nichts von ihrer Frische und Originalität verloren haben. Dies trifft insbesondere für die Arbeitsanalysen der Gruppe zu. Das von ihr entwickelte Konzept der "témoignages" - Erfahrungsberichte aus dem Arbeitsalltag und deren politische Interpretation - war der Versuch, Arbeitserfahrungen im modernen Kapitalismus authentisch zu artikulieren, theoretisch zu reflektieren und zu politisieren. Die einzelnen Arbeitenden selbst wurden ermutigt, Arbeit und Betrieb zu beschreiben und zu analysieren. Anknüpfend an die stets vorhandenen Keime der Selbstorganisation in der Arbeit soll daraus eine autonome Arbeitspolitik entwickelt werden. Ziel dieser Politik war für "Socialisme ou Barbarie" nicht nur die betriebliche, sondern die verallgemeinerte direkt-demokratische Selbstverwaltung durch Räte.

Radio Corax sprach darüber mit Andrea Gabler, Soziologin.
http://www.freie-radios.net/mp3/20090421-socialismeo-27553.mp3

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NO NATO 2009
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coloRadio Dresden 22.4.09 (21:55 Min.)

Claudia Haydt (IMI): Nachbetrachtung zum NATO-Gipfel

- Kurzvorstellung IMI
- Aktivitäten der IMI beim NATO-Gipfel: Gegengipfel / Infozelt im Camp
- Resümee aus Sicht der Friedensbewegung
- Wie hat sich die NATO weiterentwickelt
- Spannungsverhältnis GASP (Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik der EU ) - NATO
- Verhältnis NATO-Russland

.. ziemlich ausufernd, komme hoffentlich noch zu nem Zusammenschnitt
http://www.freie-radios.net/mp3/20090422-claudiahayd-27556.ogg
http://www.freie-radios.net/portal/streaming.php?id=27556

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GIPFEL-SOLI-NEWS 21.4.09
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gipfelsoli.org/Newsletter 21.4.09

21.4.2009 Strasbourg/ Baden-Baden -- London -- La Maddalena

- Sarkozy plant Kapuzenverbot bei Demonstrationen
- NATO-Gegner seit zwei Wochen im Hungerstreik
- Zelthering = Eisenstange = Waffe?
- Biedermann und die Brandstifter
- Demonstranten verklagen Polizei nach Nato-Gipfel
- Discussion following my report "NATO Demo in Strasbourg ends in disarray..."
- Rampart Collective: Life After the G20
- Critical Legal Thinking
- Riot police taught to treat the public 'as their enemy', former chief claims
- Protestbewegung gegen den G8-Gipfel auf La Maddalena
- Sicherheitsmaßnahmen, Straßensperrungen und geschlossene Fähr- und Flughäfen zum G8-Gipfel
- Kritik am "Stockholm Programm"
Mehr: http://www.gipfelsoli.org/Newsletter/6848.html

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ANTI-ATOM
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BZ 22.4.09

AKW Mühleberg

Einsichtsmöglichkeit in weitere Akten

Im Verfahren für eine unbefristete Betriebsbewilligung des KKW Mühleberg erhalten die Einsprecher Einsicht in weitere Akten.

Eine weitere Runde wurde eingeläutet: Das Kernkraftwerk Mühleberg bemüht sich um eine unbefristete Genehmigung des Betriebes. Dabei stösst das KKW auf breiten Widerstand. Die Parteien, die gegen das Gesuch um eine unbefristete Betriebsbewilligung für das Kernkraftwerk Einsprache eingereicht haben, erhalten nun Einsicht in weitere Akten. Das Verfahren wird dadurch nicht verzögert.

Normaler Verfahrensweg

Es entspreche dem normalen Vorgehen, den Parteien im Verfahren Einsicht in zusätzliche Akten zu gewähren, sagte Marianne Zünd vom Bundesamt für Energie (BFE) zu einer entsprechenden Mitteilung ihrer Behörde vom Dienstag.

Die Einsichtsfrist läuft bis am 26.Mai 2009. Bei den zwei zusätzlichen Dokumenten handle es sich um Stellungnahmen der BKW als Betreiberin des KKW Mühleberg und des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI).

Keine Verzögerung

Das Verfahren werde dadurch nicht verzögert, sagte Zünd weiter, da noch eine Beschwerde von Anwohnern gegen eine nicht gewährte Akteneinsicht vor dem Bundesverwaltungsgericht hängig sei. Erst wenn diese Beschwerde rechtskräftig geklärt ist, kann das BFE in der Sache entscheiden. Dies kann noch zwischen einem halben und anderthalb Jahre dauern.

Das Kernkraftwerk Mühleberg ist das einzige Kraftwerk der Schweiz mit einer befristeten Betriebsbewilligung. Diese läuft am 31.Dezember 2012 ab. Am 25.Januar 2005 hat die BKW FMB Energie AG deshalb um Aufhebung der Befristung der Betriebsbewilligung des Kernkraftwerks Mühleberg vom 14.Dezember 1992 ersucht. Vom 13.Juni 2008 bis zum 14.Juli 2008 erfolgte bei den Staatskanzleien der betroffenen Kantone sowie bei den betroffenen Amtsbezirken und Gemeindeverwaltungen die öffentliche Auflage des Gesuches sowie weiterer Akten, unter Hinweis auf die Möglichkeit der Einspracheerhebung. Gegen das Gesuch sind zahlreiche Einsprachen eingegangen.

Akteneinsicht

Die Akten können nach vorgängiger telefonischer Anmeldung (Tel. 031 322 56 26) vom 27.April bis zum 26.Mai 2009 beim Bundesamt für Energie (BFE) eingesehen werden. Allfällige Stellungnahmen zu den aufgelegten Akten können beim BFE bis zum 26.Mai 2009 eingereicht werden. Eine öffentliche Auflage der Akten erfolgt nicht.
sda