MEDIENSPIEGEL 25.4.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, GH)
- Stadtrat will noch repressivere Drogenpolitik
- Stadtrat zu Rassismus + Clubleben
- Bollwerk/Schützenmatte: Hinauszögern von Massnahmen
- Bollwerk-Kunst: Nägeli ist kein Nägeli
- Progr-Mobil auf Abstimmungskampf-Tour
- Kornhaus-Probebühne: Christen statt Kultur
- Telehess 23.4.09
- 8 Jahre LaKuZ Langenthal
- 20 Jahre Kofmehl Solothurn
- RaBe-Info 23.+24.4.09
- Birsfelden, Thun, Schwyz: Privatpatrouillen + Bürgerwehren
- Reform 91 für Knastreform
- Unsichtbare Männerprostitution
- Wieder Fribourger Razzien in Bern und Solothurn
- SVP/SP wollen Schnellgerichte
- ZH: 6 Hausbesetzungen in 2 Wochen
- Programm Revolutionärer 1. Mai ZH
- UniaJugend-Protest gegen Nestlé-Brabeck am Menschenrechtsforum
- Gewalt-Debatte No Nato 2009
- Kleine Geschichte der Fingerabdrücke
- Mühleberg: Noch keine Akteneinsicht gewährt;
Bürgerliche ProAKW-Offensive; Verharmlosungen
- Stadtrats-Debatte Bettelei (26.3.09)
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REITSCHULE
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Sa 25.04.09
20.30 Uhr - Tojo - Auawirleben: Das
Heulen des Hundes von Cuckoos, Basel
21.00 Uhr - Kino - Tango Lesson, S.
Potter, GB/F 1996, OV/DF, 100min, 35mm
22.00 Uhr - Dachstock - Mardi Gras.BB
Hazelwood/DE & Puts Marie Hazelwood/CH - Trümmerblues/Jazz
Crime/Nightmare-Gypsy-Swing
So 26.04.09
13.00 Uhr - Münsterplatz - "Kein
Tschernobyl in Mühleberg!" feat. by Mundartisten
21.00 Uhr - Dachstock - Thau I/CH:
Sabina Meyer, Hans Koch, Paed Conca, Fabrizio Spera
Infos: www.reitschule.ch
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Bund 25.4.09
Sounds: Mardi Gras BB
Teutonischer Südstaaten-Sound
Beim ersten Hören würde niemand vermuten, dass diese
versoffen
klingende Blaskapelle aus dem deutschen Mannheim stammt und nicht aus
dem staubigen Süden Louisianas - und doch hat es sich in den
letzten
Jahren herumgesprochen, dass die Mannen von Mardi Gras BB teutonischen
Ursprungs sind. Nichtsdestotrotz fügen sie der Kategorie der
Brassband
ganz eigene Facetten hinzu, mit dreckigem Blues, genreuntypischen
Samples oder schepperndem Jazz. Unterstützt werden Mardi Gras BB
heute
Abend von den Bieler Breitband-Rockern Puts Marie. (kul)
Reitschule Dachstock, heute Samstag, 22 Uhr.
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Bund 24.4.09
Dancefloor: Unreal Drum'N'Bass Festival
Fern der Wirklichkeit
Bevor morgen der Technopapst Sven Väth mit seinem Tross in die
Grosse
Halle der Reitschule einzieht, gibts heute acht Stunden Drum'n'Bass -
danach fühlt man sich wohl wirklich etwas fern der Wirklichkeit,
wie
der Name des Festivals, Unreal, suggeriert. Bei der aktuellen Ausgabe
stammen die meisten Plattenleger aus dem Geburtsland des Drum'n'Bass,
dem Vereinigten Königreich. Zuoberst auf der Affiche prangt DJ
Friction
(Bild) aus Brighton, der es in seinem Genre zum Superstar gebracht hat.
Friction gilt als einer der abwechslungsreichsten DJs des Drum'n'Bass -
mit seiner Mixtur aus Techno und Jungle hat er den Neurofunk erfunden.
(kul)
Grosse Halle Reitschule, heute Freitag, 22 Uhr.
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20 Minuten 24.4.09
Nightfever
Sven Väth verkündet den Sound der Saison
BERN. Alle Jahre wieder legt der Techno-Pionier Sven Väth auf
seiner
Welttournee einen Zwischenhalt in Bern ein. Morgen Samstag ist er ab 22
Uhr in der Grossen Halle zu hören.
Jeweils zu Ende seiner Ibiza-Saison brennt Sven Väth den "Sound of
the
Season" auf CD - und geht damit auf eine weltweite Clubtournee.
Mittlerweile ist der Techno-Gott bei der neunten Ausgabe angelangt.
Diesmal sogar mit Schweizer Beteiligung: Der Zürcher Styro2000 und
der
Genfer Quenum haben es auf die Doppel-CD geschafft.
Um seinen Sound in Bern unters Volk zu bringen, scheut der deutsche
Top-DJ keinen Aufwand. Die Grosse Halle der Reitschule lässt er
von
Syntosil für den Gig komplett neu einkleiden. Auf seine Tour nimmt
Sven
Väth eine riesige Entourage mit, die bis in die frühen
Morgenstunden
mit ihm auf der Bühne das Publikum anheizt.
Sven Väth erhält als musikalische Verstärkung nur das,
was zur Spitze
zählt: Der Kanadier Mathew Jonson, die Zürcherin Manon und
der Berner
Benfay stehen ebenfalls an den Decks.
Pedro Codes
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Unreal-Festival
In der Grossen Halle schmeisst heute Freitag die Berner Agentur Ammonit
das D'n'B-Festival Unreal. Die englischen DJs Fabio, Friction, Ed Rush
und Fierce jagen neben dem Berner Support ab 22 Uhr vertrackte Beats
durch die Boxen.
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DROGENPOLITIK
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Telebärn 24.4.09
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Drogenszene-Gemeinderat-soll-handeln/story/11540596
(mit Video)
Drogenszene: Gemeinderat soll handeln
Von TeleBärn
Mit einer Motion hat der Stadtrat den Gemeinderat zum Handeln in der
Drogenpolitik aufgefordert. Gemeinderätin Edith Olibet reagiert
gelassen.
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Bund 24.4.09
Drogenpolitik: Rat will Korrektur
Stadtrat Das Parlament verlangt vom Gemeinderat eine Richtungskorrektur
in der städtischen Drogenpolitik. Der Rat überwies gestern
Abend eine
entsprechende Motion mit 37 zu 29 Stimmen. Eingereicht hatten sie
Vertreter alle Mitte- und Rechts-Parteien noch vor dem Entscheid des
Gemeinderates, auf eine zweite Drogenanlaufstelle an der Murtenstrasse
zu verzichten. Unabhängig davon, ob eine zweite Anlaufstelle
geschaffen
werde oder nicht: Die Regierung müsse ihre Haltung in der
Drogenpolitik
überdenken, forderten mehrere Votanten und Votantinnen. Sie solle
sich
an der Stadt Zürich orientieren, welche Drogendelinquenten
konsequent
verfolge und viel mehr für eine möglichst gute
Stadtverträglichkeit
unternehme, sagte Jan Flückiger (glp). Sozialdirektorin Edith
Olibet
(sp) versicherte, es gebe regelmässige Kontakte mit Zürich
und Basel.
Die Suchtpolitik des Gemeinderats sei keineswegs unrealistisch. Sie
ziele auf den verantwortungsbewussten Umgang mit Drogen aller Art ab.
Zudem lege sie grossen Wert auf Stadtverträglichkeit und
Jugendschutz.
(ruk)
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BZ 24.4.09
Fixerstübli bleibt ein Thema
Wie gehen Zürich und Basel mit der Drogenszene um? Der Stadtrat
beauftragt den Gemeinderat, dies vertieft abzuklären.
"Wir verlangen, dass der Gemeinderat die Drogenpolitik der Stadt Bern
überprüft und falls nötig eine Kurskorrektur vornimmt",
sagte Pascal
Rub (FDP) stellvertretend für die bürgerlichen Fraktionen,
welche
gemeinsam eine Motion eingereicht hatten. Alternativen zu einer zweiten
städtischen Drogenanlaufstelle müssten geprüft werden,
so die
Forderung. Das zweite Fixerstübli ist zwar seit Anfang Jahr vom
Tisch,
das weitere Vorgehen aber nach wie vor ein umstrittenes Thema.
Keinen akuten Handlungsbedarf sieht der Gemeinderat: "Von der Polizei
und den Betreibern der Anlaufstelle kommen zurzeit gute
Rückmeldungen",
betonte Sozialdirektorin Edith Olibet (SP). Der Gemeinderat zeigte sich
bereit, den Vorstoss in der unverbindlichen Form eines Postulats
entgegenzunehmen.
Dagegen wehrten sich die Motionäre. Die Stadt müsse ihre
Drogenpolitik
grundsätzlich überdenken, finden FDP, BDP/CVP, EVP, GLP und
SVP. Der
Gemeinderat solle sich darüber informieren, wie andere Städte
-
insbesondere Zürich - mit dem Drogenproblem umgingen, verlangten
sie.
"Die Drogenszene hat sich gewandelt. Darum müssen neue Massnahmen
geprüft werden." Die Motionäre stören sich insbesondere
daran, dass in
Bern rund um die Anlaufstelle an der Hodlerstrasse das Dealen toleriert
wird. Dieser sogenannte "Ameisendeal" (Kleinhandel) ist in Zürich
verboten. Jan Flückiger (GLP) regte an, Zürichs Drogenpolitik
zum
Vorbild zu nehmen. "Das Hauptziel ist dort, dass die Drogenszene
stadtverträglich ist." Davon sei man in Bern "meilenweit
entfernt",
doppelte Pascal Rub nach. Mit 37 Stimmen aus der Mitte und von den
Bürgerlichen wurde die Motion gegen den Willen des Gemeinderats
und der
Ratslinken überwiesen.
mm
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bernerzeitung 23.4.09
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Stadtrat-erhoeht-Druck-in-der-Suchtpolitik/story/14235510
(mit Video Stellungsnahme Olibet)
Stadtrat erhöht Druck in der Suchtpolitik
Das Berner Stadtparlament verlangt vom Gemeinderat eine vertiefte
Analyse und allenfalls eine Richtungskorrektur in der städtischen
Drogenpolitik.
Der Rat hat eine entsprechende Motion mit 37 zu 29 Stimmen
überwiesen.
Nachdem die Realisierung einer zweiten Drogen-Anlaufstelle an der
Murtenstrasse aus finanziellen Gründen gescheitert ist, stellte
sich
für die Motionäre aller Mitte- und Rechtsparteien die Frage,
"ob einzig
die Eröffnung einer zweiten Anlaufstelle der beste Weg aus der
schwierigen Berner Situation ist".
Die Konsumgewohnheiten hätten sich in den letzten Jahren stark
verändert, sagte Barbara Streit (EVP). Im Hof der Anlaufstelle an
der
Hodlerstrasse könne schon lange nicht mehr nur von einem
"Ameisenhandel" die Rede sein.
Der Drogenhandel habe gravierende Auswirkungen auf die nähere und
weitere Umgebung. Der Gemeinderat vermittle in seiner Antwort auf die
Begehren den Eindruck, er wolle sich nicht mit dem Anliegen befassen
und habe alles im Griff.
Unrealistisch und zu wenig repressiv
Der Gemeinderat müsse seine Suchtpolitik jedoch grundsätzlich
überdenken, sagte Jan Flückiger (GLP). Die aktuelle Politik
sei
unrealistisch; ganz im Gegensatz etwa zu jener der Stadt Zürich,
welche
die Probleme, die sich aus dem Konsum ergeben, konsequent verfolge und
viel mehr für eine möglichst gute Stadtverträglichkeit
unternehme.
Solange die Stadt Bern den Handel und Konsum auf der Strasse toleriere,
werde die GLP einer zweiten oder dezentralen Anlaufstellen auf keinen
Fall zustimmen, sagte Flückiger. Es fehle eine gesamtheitliche
Strategie, die tatsächlich auf vier Säulen und damit auch auf
einer
spür- und sichtbaren Repression beruhe.
Der Gemeinderat sei einfach nicht gewillt zu handeln, befand auch Erich
Hess (SVP), dem die Motion eigentlich noch viel zu wenig weit ging.
Aber man müsse nun wenigstens verbindlich vertiefte
Abklärungen von der
Stadtregierung verlangen, "wie wir in der verzwickten Lage
vorwärts
komme". Auch die FDP erwartet eine Richtungskorrektur in der
städtischen Drogenpolitik, wie Pascal Rub betonte.
Nur SP und GB/JA zurückhaltend
Die SP und GB/JA-Fraktion wollten den Vorstoss höchstens in der
unverbindlichen Postulatsform annehmen. Ursula Marti (SP) bedauerte,
dass die zweite Anlaufstelle nicht zustande gekommen ist und verlangte
zumindest die Prüfung eines Pilotprojekts.
Eine weitere Analyse der Suchtpolitik werde keine neuen Fakten zu Tage
fördern, wandte sich auch Lea Bill (JA) gegen die Motion. Ziel sei
nicht weniger Konsum um die Anlaufstelle, sondern der saubere und
medizinisch betreute Konsum. Ein Verbot des Handels verschiebe das
Problem nur in private Räume.
Sozialvorsteherin Edith Olibet versicherte, die Lage sei gemäss
Angaben
der Polizei und von Pinto derzeit gut. Es gebe auch regelmässige
Kontakte mit den Städten Zürich und Basel.
Die Suchtpolitik des Gemeinderats sei keineswegs unrealistisch. Sie
ziele auf den verantwortungsbewussten Umgang mit Drogen aller Art ab.
Zudem lege sie auch grossen Wert auf Stadtverträglichkeit und
Jugendschutz. (js/sda)
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RASSISMUS
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Bund 25.4.09
Viele Emotionen wegen Kontrollen
Stadtrat Die Eintrittskontrollen in einigen Nachtlokalen gaben am
Donnerstagabend einiges zu reden. Von "skandalös" bis "absolut
verständlich" war alles zu hören. Null Verständnis
für die dringliche
Interpellation von Hasim Sancar (gb) hat Jimy Hofer. Der Verfasser der
Anfrage habe keine Ahnung, was in der Nacht in und vor Berns Lokalen
abgehe, sagte der Ex-Broncos-Chef. Da sei ein einziges Beispiel zu
Unrecht zu einem Fall von Rassendiskriminierung hochgespielt worden.
Sancar bezeichnete die selektive Haltung einiger Lokalbetreiber als
gesetzeswidrig und verglich sie mit der Apartheid-Politik. Auch der
Gemeinderat sei der Ansicht, der "Art Café"-Betreiber habe einen
Gast
aus rassistischen Gründen aus dem Lokal gebeten, fuhr Sancar fort.
Nach
Angaben der Kantonspolizei haben sich unterdessen die
Strafverfolgungsbehörden des Vorfalls angenommen.
Von Rassendiskriminierung könne keine Rede sein, betonten Erich
Hess
(jsvp) und Dieter Beyeler (sd). Beide wiesen auf junge
ausländische
Staatsbürger hin, die vor und in Nachtlokalen immer wieder Leute
anpöbelten. Beim kritisierten Vorgang handle es sich um eine
Banalität,
meinte auch Hans Peter Aeberhard (fdp). Wer hier von Apartheid spreche,
verharmlose die frühere Apartheid in Südafrika und den lange
Zeit
herrschenden Rassismus in den USA.
Erich Mozsa (gfl) bezeichnete die Haltung von Lokalbetreibern, die
Menschen mit anderer Hautfarbe oder einer B-Bewilligung den Einlass
verweigern, als " skandalös und unverständlich". Er sei froh,
dass sich
die Strafbehörden des Falles annähmen. Das Verhalten, nicht
der Status
müsse für den Einlassentscheid massgebend sein, fügte
Guglielmo Grossi
(sp) an. (ruk/sda)
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bernerzeitung.ch 24.4.09
Die Protokolle von Jimy Hofers Reden
Von Martina Maurer
Jimy Hofer wehrte sich am Donnerstagabend im Stadtrat in zwei Reden
gegen die Rassismusvorwürfe an Berner Wirte und die Security.
bernerzeitung.ch hat die beiden Statements protokolliert.
Rede 1
"Man sieht, dass die Verfasser der Interpellation keine Ahnung haben,
was in den Berner Beizen abgeht. Ich weiss, wovon ich rede. Wenn ein
Wirt darauf angewiesen ist, dass er seine Klientel so wählen kann,
wie
er gerne möchte, darf er das vom Gesetz aus. Das ist auch richtig
so.
Es liegt nicht drin, dass ihm die Stadt oder sonst jemand vorschreibt,
wen er in seinem Laden zu bedienen hat. Das geht einfach nicht. Wenn
ein Wirt eine bestimmte Schicht in seinem Lokal will, ist dies ganz
normal. Dies wird zum Beispiel über die Preise oder über
Türsteher
reguliert. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. An gewissen Orten
ist
dies selbstverständlich. Uns Wirten werden sowieso schon Schikanen
auferlegt, das ist unglaublich. Wenn wir jetzt noch ein Rauchverbot
erhalten, kommt dann ein Alkoholeinschränkungsgebot und dann
erhalten
wir noch die Auflage für kalorienorientiertes Kochen und so
weiter.
Dazu kommen noch die feuerpolizeilichen Auflagen. Als Lokalbetreiber
hat man es heute nicht mehr einfach. Und wenn es noch rentieren soll,
braucht man ganz klare Vorgaben. Man hat ja schliesslich auch
Angestellte. Dies hat nichts mit Rassendiskriminierung zu tun. Das wird
völlig falsch verstanden. Der Vorfall ist ein Fall von einer
Million an
einem Wochenende. Soviel Leute werden am Wochenende in der
Agglomeration Bern in Beizen bedient. Und dieses eine Beispiel wird zu
einer Rassenfrage hochstilisiert. Es kann nicht sein, dass man uns
Wirten nun auch noch vorschreibt, welche Leute man zu bedienen hat. Es
gibt ganz klare Erfahrungswerte, wen man bedienen kann und wen nicht.
Ihr könnt es mir glauben, wir haben bei uns im Security-Dienst
Mitarbeiter aus allen Nationen. Sie können die Sprache und wissen,
was
vor den Lokalen gesprochen wird. Ich könnte jede Woche eine Beige
Eingaben einreichen, von den Belästigungsattacken der Gäste,
die nicht
ins Lokal gelassen werden. Das gäbe wahrscheinlich manche Anzeige
gegen
das Rassismusgesetz. Aber dies gilt ja eh nur für uns Schweizer.
Wenn
ich dies so lese, habe ich das Gefühl, dass der, der das
geschrieben
hat, in der Nacht nicht viel unterwegs ist."
Rede 2
"Indirekt wird den Wirten und der Security Rassismus unterstellt. Ich
kann bezeugen, dass dem nicht so ist. Unter unseren Leuten gibt es
keine Rassisten. Sie wissen wahrscheinlicht nicht, was das Wort
Rassismus bedeutet. Ich habe Rassismus in den Palästinenser
Gebieten,
in Kuwait, im Libanon und Saudi Arabien erlebt. Dort wird Rassismus
tagtäglich vorgeführt. Seither habe ich natürlich kein
Verständnis mehr
dafür, wenn jemand sagt, in der Schweiz gebe es Rassismus. Da habe
ich
nur ein müdes Lächeln übrig. Den echten Rassismus gibt
es hier nicht.
Deshalb ist dies grundsätzlich der falsche Begriff, der hier
gewählt
wurde. Es geht hier um Erfahrungswerte. Diese Interpellation ist eine
Schreibtischarbeit, die jeder Realität entbehrt. Die Realität
unserer
Arbeit in der Security und die Realität der Wirte, die jede Nacht
ein
Lokal sicher betreiben müssen, die spricht eine ganz andere
Sprache. Es
hat nichts mit Nettigkeit zu tun. Das ist der Dschungel in der Nacht.
Und wer dies nicht glaubt, soll einige Nächte unterwegs sein, mal
neben
den Türsteher stehen. Ich habe einmal am Gurtenfestival einem
Verantwortlichen eines Sponsors, der reklamiert hat, mein
Security-Shirt gegeben. Eine halbe Stunde später hat er es mir
zurückgegeben und gesagt: 'Jetzt weiss ich, was Du gemeint hast'."
(Bernerzeitung.ch/Newsnetz)
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20min.ch 23.4.09
http://www.20min.ch/news/bern/story/29931238
(mit Foto)
"Rassismus" in Gastlokalen
Dass in einigen Berner Lokalen Angehörige von bestimmten
Ausländergruppen nicht eingelassen werden, hat im Stadtparlament
einen
heftigen Disput ausgelöst. Von "skandalös" bis "absolut
verständlich"
war alles zu hören.
Der Autor der dringlichen Anfrage habe keine Ahnung, was in der Nacht
in und vor Berns Lokalen abgehe, zeigte Jimy Hofer null
Verständnis für
die Interpellation von Hasim Sancar (GB). Dieser bezeichnete die
selektive Haltung einiger Lokalbetreiber als gesetzeswidrig und
verglich sie mit der Apartheid-Politik.
Selektion
Auch der Gemeinderat sei der Ansicht, der Betreiber des Art Club
Cafés
habe einen Gast aus rassistischen Gründen aus dem Lokal gebeten,
so
Sancar. Nach Angaben der Kantonspolizei haben sich unterdessen die
Strafverfolgungsbehörden des Vorfalls angenommen.
Rassendiskriminierung
sei ein Offizialdelikt.
Von Rassendiskriminierung könne keine Rede sein, betonten neben
Hofer
auch andere rechtsbürgerliche Ratsmitglieder. Da sei ein einziges
Beispiel zu Unrecht zu einem Fall von Rassendiskriminierung
hochgespielt worden, sagte Hofer. Es gebe aber nun mal ganz klare
Erfahrungswerte in der Szene, wen man bedienen könne und wen nicht.
Verständnis für die Lokalbetreiber äusserten auch Erich
Hess (SVP) und
Dieter Beyeler (SD). Beim kritisierten Vorgang handle es sich um eine
Banalität, meinte auch Hans Peter Aeberhard (FDP). Wer hier von
Apartheid spreche, verharmlose die frühere Apartheid in
Südafrika und
den lange Zeit herrschenden Rassismus in den USA.
Skandalös
Erich Mozsa (GFL) wiederum bezeichnete die Haltung dieser
Lokalbetreiber, Menschen mit anderer Hautfarbe, einer Bewilligung B
oder einem entsprechenden Pass den Einlass zu verweigern, als
skandalös
und unverständlich.
Er sei froh, dass sich die Strafbehörden des Falles annähmen.
Das
Verhalten, nicht der Status, müsse für den Einlassentscheid
massgebend
sein, sagte auch Guglielmo Grossi (SP).
Quelle: SDA/ATS
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BOLLWERK
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BZ 24.3.09
Problemzone Bollwerk
Schützenmatte bleibt grau
Der Gemeinderat will die Parkplätze auf der Schützenmatte
vorderhand
nicht aufheben. Eine Neuanordnung der Parkfelder soll aber die
Übersichtlichkeit verbessern. Geplant ist auch eine kleine Anlage
für
Car-Reisende.
Vor zweieinhalb Jahren reichte das Grüne Bündnis einen
Vorstoss ein,
welcher eine städtebauliche Aufwertung der Schützenmatte
verlangt. Als
wichtigste Massnahme wurde die Aufhebung der Parkplätze für
PW
gefordert. Dies lehnt der Gemeinderat "in der momentanen Situation" ab,
wie es in der gestern publizierten Antwort heisst. Bei einer
Erweiterung des Parkhauses Neufeld schliesst der Gemeinderat eine
Aufhebung der Parkplätze auf der Schützenmatte als
Kompensation nicht
aus. Ob diese Erweiterung kommt, entscheidet sich laut der
Stadtregierung im Verlaufe des nächsten Jahres.
Bald Skater-Anlage
Egal, ob die Autos nun dereinst wegkommen oder nicht: Der Gemeinderat
will die Schützenmatte und damit die Problemzone Bollwerk (siehe
auch
Text rechts) mit weiteren Massnahmen aufwerten, nachdem Anfang dieses
Jahres bereits eine WC-Anlage zu diesem Zweck gebaut wurde. So soll "in
nächster Zeit" unter der Eisenbahnbrücke die seit Jahren
versprochene
Skater-Anlage erstellt werden.
Bis ins Jahr 2012 will der Gemeinderat die Parkplätze neu
anordnen, um
die Übersichtlichkeit zu verbessern. Dem werden zehn
Parkplätze zum
Opfer fallen. Ebenfalls bis 2012 soll die Infrastruktur für die
Car-Reisenden verbessert werden: Geplant ist ein Unterstand mit
integrierter WC-Anlage, Telefonkabine und Getränkeautomat.
Cars sollen weg
Trotz all diesen Verbesserungen für Car-Reisende hält der
Gemeinderat
aber an seinem längerfristigen Ziel fest, beim Parkhaus Neufeld
dereinst einen neuen Car-Terminal zu errichten. Dies, weil sich die
Schützenmatte zu weit weg von der Autobahnausfahrt befinde und der
Standort nicht ausbaufähig sei. Ein Ausbau ist aber laut dem
Gemeinderat wegen der wachsenden Bedeutung des internationalen
Linienbusverkehrs nötig.
Bereits ab diesem Sommer wird übrigens im Neufeld wieder ein
provisorischer Car-Terminal betrieben, wie er vor Beginn der
Bauarbeiten des Neufeldzubringers bestanden hat. Dieser entlastet
saisonal die Schützenmatte: Es werden vor allem Badeferien-Busse
von
dort verkehren.
Für die mittelfristige Umgestaltung der Schützenmatte
verweist der
Gemeinderat auf ein "Betriebs- und Gestaltungskonzept", welches bereits
als Entwurf vorliege. Dieses Papier soll nach der Abstimmung über
den
autofreien Bahnhofplatz diesen Herbst und dem Entscheid über die
Zukunft des Parkhauses Neufeld überprüft und gegebenenfalls
angepasst
werden.
Adrian Zurbriggen
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BOLLWERK-ART
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20min.ch 23.4.09
Kunstposse in Bern
Verwirrung um einen Nägeli, der keiner ist
von Thomas Pressmann
Beim Bahnhof Bern wird eine Mauer mit zwei Graffiti saniert. Pikant:
Diese sollen vom legendären "Sprayer von Zürich" Harald
Nägeli stammen.
Sagt die "Berner Zeitung". Falsch, sagt 20 Minuten Online - und
präsentiert den wahren Urheber. Dieser will seine Werke
übermalen
lassen.
Die SBB brechen zurzeit beim Bahnhof Bern eine Treppe ab und sanieren
eine Betonwand. Etwas ganz Alltägliches, wären da nicht zwei
überlebensgrosse, an die Sichtbetonmauer gesprayte Männchen.
Sie sollen
aus der Dose von Harald Nägeli stammen, schreibt die "Berner
Zeitung"
und befürchtet, dass die SBB im Rahmen des Umbaus die Sprayereien
verschwinden lassen könnten. Ein Kunstskandal, gelten doch die
teils
über dreissig Jahre alten Werke von Nägeli als wertvoll und
werden in
der Heimatstadt des heute 69-jährigen Sprayers von Zürich
aufwändig
restauriert und konserviert.
Die SBB haben jetzt Abklärungen eingeleitet. 20 Minuten Online hat
unterdessen den richtigen Künstler schon gefunden. Es ist nicht
Harald
Nägeli, sondern Peter Radelfinger. Der 1953 geborene Künstler
hat die
Figuren 1983 zur Neueröffnung des Kunstmuseums in Bern an die
Eisenbahnbrücke beim Bollwerk gesprayt. Radelfinger selbst lebt
seit
1984 in Zürich und ist heute als Kunstprofessor tätig.
Etwas Neues soll her - sagt der Künstler
Von der Aufregung in Bern über seine Kunstwerke hat Radelfinger
bisher
nichts mitbekommen. Auch die SBB haben ihn noch nicht kontaktiert. "Das
ist doch lustig!", sagt er auf Anfrage von 20 Minuten Online und freut
sich, dass seine Werke immer noch Diskussionen auslösen. Er
möchte nun
sein Werk endlich übermalen lassen. Dies habe er schon mehrmals
gefordert. "Es passt einfach nicht mehr in unsere Zeit, da es
während
den Unruhen in den 80er-Jahren entstand." So sollen nun junge
Künstler
die Gelegenheit erhalten, die kahle Betonwand zu gestalten.
"Restaurieren ist sinnlos, etwas Neues wäre viel interessanter",
sagt
der Radelfinger, dem das Berner Kunstmuseum im Sommer eine
Einzelausstellung widmet.
"Ich bin nicht Nägeli!"
Angesprochen auf die Verwechslung mit dem weltbekannten Sprayer Harald
Nägeli, der wegen seiner illegalen Werke einst für neun
Monate ins
Gefängnis musste, lacht Peter Radelfinger. "Das ist nett", sagt
er, die
Werke Nägelis finde er "sehr spannend".
Was nun mit den beiden Graffiti in Bern geschieht, ist noch unklar. Die
SBB untersuchen zusammen mit dem Bundesamt für Kultur und dem
Berner
Kunstmuseum, ob die Malereien als schützenswert eingestuft werden
und
somit trotz Bauarbeiten erhalten bleiben sollen.
--
Link-Box
Homepage von Peter Radelfinger
http://radelfinger.com/
Kunstmuseum Bern
http://www.kunstmuseumbern.ch/index.cfm?nav=567,1343,1344&SID=1&DID=9&aID=229
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BZ 9.4.09
Bollwerk
SBB-Treppe wird abgebrochen
Am Bollwerk saniert die SBB das Stellwerk und entfernt Sprayereien an
der Sichtbetonmauer. Darauf sind auch zwei Männchen des
Zürcher
Sprayers Harald Naegeli. Ob die Graffiti erhalten bleiben, ist noch
unklar.
Seit einigen Tagen sorgt im Bollwerk eine braune Ladenwand mit
Stacheldraht bei den Passanten für Aufmerksamkeit. Dahinter bricht
die
SBB am Stellwerkgebäude die Betonaussentreppe ab.
"Jetzt wird diese Aussentreppe nicht mehr gebraucht", sagt
SBB-Mediensprecher Roman Marti. Nach seinen Worten saniert die SBB
ausserdem die Betonfassade des Stellwerkgebäudes und erneuert die
Fenster. "Die Arbeiten haben keine Auswirkungen auf den Bahnbetrieb",
betont Marti. Ende Juni soll dann das SBB-Stellwerk am Bollwerk in
neuem Glanz erstrahlen. Bis dann wird die Renovation voraussichtlich
abgeschlossen sein.
Bleiben Naegelis Männchen?
Im Zug der Renovation des Stellwerkes will die SBB auch die Sprayereien
auf der Sichtbetonmauer in Richtung Reithalle entfernen. Dort hat auch
der Zürcher Sprayer Harald Naegeli in den 70er-Jahren zwei
Männlein
aufgespritzt.
SBB weiss von nichts
Offenbar wissen die SBB-Projektverwantwortlichen nicht, dass es sich um
"Kunstwerke" von Naegeli handelt. Denn: Diese Zeitung setzte die SBB
ins Bild. Was nun mit den beiden Graffiti von Naegeli passieren wird,
konnte gestern SBB-Mediensprecher Roman Marti nicht sagen. "Wir werden
jetzt abklären, ob Naegelis Männlein katalogisiert sind, und
dann
werden wir nach einer Lösung suchen", sagte Marti. Der
Künstler hatte
von 1977 bis 1979 gegen 600 Figuren auf Zürichs Betonwelt
gesprayt.
Dann setzten gegen ihn Strafprozesse ein: Das Zürcher Obergericht
verurteilte ihn wegen Sachbeschädigung zu 9 Monaten Gefängnis
ohne
Bewährung und auf 206000 Franken Schadenersatz. Doch der
Spraydosenkünstler setzte sich nach Deutschland ab.
jsp
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PROGR
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BZ 24.4.09
Progymnasium
Ein Bus mit Botschaft
Die Progr-Künstler wollen am 17.Mai gewinnen. Wo ihr Bus
auftaucht, wird also bunte Kultur mit Hintergedanken geboten.
Der Pro-Progr-Bus wurde gestern für das Kulturzentrum Progr auf
die
Strassen Berns geschickt. 150 Progr-Künstlerinnen und
-Künstler werden
ihn bis am 17.Mai für bunte Aktionen nutzen, verspricht
Kampagnenleiter
Mike Bucher. Der Bus wird je nach Bedarf beladen. Zum Beispiel am 8.Mai
für eine Baumpflanzaktion im Marzili wohl mit Schaufel und
Schubkarre.
Oder am 9.Mai bei "Nimm dir einen Teil des Kunstkuchens" mit Kaffee,
selbst gemachtem Kuchen und Festbänken. Wo das
Kaffeekränzchen
stattfindet, steht noch nicht fest. Selbstverständlich würden
die
notwendigen Bewilligungen vorgängig eingeholt, so Bucher. Geplant
sind
auch Konzerte. Das Programm ist unter http://www.proprogr.ch
einsehbar und wird laufend ergänzt.
Laut Peter Aerschmann, eine der treibenden Kräfte hinter der
Künstlerinitiative, lässt sich der Verein den
Abstimmungskampf 40000
Franken kosten. "Das Geld stammt vom Pro-Progr-Fest im Dezember sowie
von Leuten, die extra für die Kampagne gespendet haben", sagt er.
Das
für den Kauf und die Sanierung versprochene Geld werde hingegen
nicht
angetastet.
Nicht beirren lassen sich die Progr-Leute durch die hängige
SVP-Beschwerde, die den Urnengang verhindern könnte.
cab
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CHRISTEN STATT KULTUR
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Berner Rundschau 25.4.09
Bern Laienbewegung Vineyard zieht ins Kornhaus ein
Die Liegenschaftsverwaltung der Stadt Bern hat für die ehemalige
Probebühne des Stadttheaters im 4. Obergeschoss des Kornhauses
eine
neue Mieterin mit passendem Büro-Nutzungskonzept gefunden. Es
handelt
sich um Vineyard Bern, die die Räumlichkeiten im Sommer 2009
beziehen
wird. Die Vineyard Bern versteht sich als ökumenisch-orientierte
Laienbewegung innerhalb der reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn,
zu der sich rund 1000 Personen zählen. (MGT)
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bern.ch 23.4.09
Die ehemalige Probebühne ist vermietet: Vineyard Bern zieht ins
Kornhaus ein
Der Liegenschaftsverwaltung der Stadt Bern hat für die ehemalige
Probebühne des Stadttheaters im 4. Obergeschoss des Kornhauses
eine
neue Mieterin mit passendem Büro-Nutzungskonzept gefunden. Es
handelt
sich um Vineyard Bern, welche die Räumlichkeiten im Sommer 2009
beziehen wird.
Nebst einem marktüblichen Mietzins, war es wichtig eine Nutzung zu
finden, bei welcher die Infrastruktur in diesem rege besuchten
Gebäude
nicht übermässig belastet wird. Der schöne Saal sollte
so wenig wie
möglich unterteilt werden, um seinen Charakter nicht zu verlieren.
Die
neue Mieterin entsprach den Vorgaben der Liegenschaftsverwaltung am
besten und überzeugte unter anderem auch durch einen
professionellen
Auftritt.
Die Vineyard Bern versteht sich als ökumenisch-orientierte
Laienbewegung innerhalb der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn,
zu der sich rund 1000 Personen zählen. Sie setzt sich seit mehr
als 25
Jahren für einen praktisch gelebten Glauben und soziale
Gerechtigkeit
in der Region Bern ein. In den letzten Jahren wurde die Vineyard Bern
unter anderem durch allwöchentliche Nahrungsmittelhilfe an mehr
als 100
Personen und Familien in der Region bekannt. "Wir wollen die sozialen,
seelischen und materiellen Bedürfnisse der Menschen in der Stadt
und
der Region Bern aufnehmen und ihnen begegnen. Auf Basis christlicher
Grundwerte leisten wir unseren Beitrag zur Lösung der
gesellschaftlichen Brennpunkte unserer Stadt", so Martin Bühlmann,
Leiter der Vineyard Bern.
Direktion für Finanzen, Personal und Informatik
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TELEHESS
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telehess 23.4.09
Heute Folge 7:
Erich Hess zumThema Sozialhilfemissbrauch
http://telehess.ch/archiv.htm
Aufgezeichnet in Bern, 23. April 2009
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LAKUZ
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Berner Rundschau 25.4.09
Lakuz feiert den achten Geburtstag
An diesem Wochenende feiert das Lakuz - Langenthals autonomes
Kulturzentrum - sein achtjähriges Bestehen. Heute treten deshalb
die
Bands "Wazomba", "Normalos", "The Jackets" und "The Irma & Louise"
auf. Morgen um 12 Uhr wird ein Katerbrunch serviert. (tg)
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KOFMEHL
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Solothurner Tagblatt 25.4.09
Serie Kulturnacht: KULTURFABRIK KOFMEHL
Ein Biotop für Engagierte
Totgesagte leben länger: Bald kann die Kulturfabrik Kofmehl den
20.
Geburtstag feiern. Hunderte von Leuten halten den Betrieb in Schwung.
An der ersten Solothurner Kulturnacht spielt das Kofmehl eine tragende
Rolle.
Die Kulturfabrik Kofmehl polarisiert. Sie gilt als Quell von Lärm,
Schmutz und Radau. Kulturschaffende schätzen sie als Forum - und
die
Besucher freut es, dass etwas läuft. Ein Heer Freiwilliger
hält mit
ihrem Engagement den Betrieb im Gang. Pipo Kofmehl, Leiter des
Kofmehls: "Das A und O ist das freiwillige Engagement. Ohne dieses geht
nichts - oder wir wären nicht mehr zu bezahlen." 200 Leute, vom
Anwalt
bis zum Zimmermann, sind regelmässig am Werk, um das Kofmehl auf
Kurs
zu halten.
15000 Stunden arbeiten diese im Jahr in der rostigen Kulturkiste an der
Hans Huber-Strasse. Wenn jeder nur ein Zwanzigernötli pro Stunde
zu
Gute hätte, käme das 1.5 Millionen-Budget arg in Schieflage.
Man müsste
mit den Preisen rauf, Sponsoren finden oder die öffentliche Hand
vermehrt zur Kasse bitten. Da kommt Pipo Kofmehl in den Sinn: "Der
Kanton trug vor 20 Jahren wesentlich dazu bei, dass es heute das
Kofmehl gibt."
Anfangs ein Zwischenraum
Ein kurzer Blick zurück mit Kurt Rufer, der heute im Amt für
Volksschule und Kindergarten tätig ist: Um 1990 lag der erste
Jugendbericht des Kantons Solothurn auf dem Tisch. In diesem wurde
bemängelt, dass es an Frei-, Kreativ- und Spielräumen
für die Jugend
fehlt. Da reifte in der damaligen Koordinationsstelle für
Jugendfragen
im Departement des Innern die Idee des Projekts "Zwischenraum". Leer
stehende Gebäude sollten den Jugendlichen in einer Zwischennutzung
zur
Verfügung gestellt werden.
Ein Verein Zwischenraum wurde gegründet. Dieser wurde an der
Gibelinstrasse 15 in der alten Fabrikhalle der Otto Kofmehl Metallwaren
AG fündig. Eröffnung war im August 1992. Der temporäre
Aufenthalt
entwickelte sich bis 1999 zum Profidurium. Jeweils um ein Jahr wurde
der Mietvertrag immer wieder erneuert. Dann tat man sich mit dem
Creep-Club zusammen, in dem auch Pipo Kofmehl mitmachte und der an der
Dammstrasse ein Konzertlokal mitbetrieb. Seither ist der Verein Creep
Träger der Kulturfabrik Kofmehl.
Basis: Freiwillige
Trotz vielen Änderungen konnte das Kofmehl seine Identität
bewahren.
Dazu gehört das Engagement der Freiwilligen. Ein Teil von ihnen
steht
auf Abruf bereit. Wenn etwas repariert werden muss, wird nicht ein
Servicemonteur bestellt. Bald trabt ein qualifizierter Freiwilliger an,
dem nötigenfalls ein paar Helfer zur Hand gehen. Andere helfen in
den
unterschiedlichsten Funktionen bei der Organisation von Anlässen
mit.
Diese Mitarbeit schafft eine Verbindung zum Betrieb, ermöglicht
soziale
Kontakte und ist ein Lernfeld um Verantwortung zu tragen. Pipo Kofmehl:
"Wenn ein 18-jähriger einen Besucher zurechtweist, der an ‹seinem›
Kofmehl rummurkst, schafft das Respekt."
Hanspeter Flückiger
In einer losen Serie stellen wir hier kulturelle Einrichtungen vor, die
sich an der Kulturnacht Solothurn vom 2. Mai beteiligen.
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Viel Hip-Hop
kulturnacht
Neben dem Alten Spital hat auch das Kofmehl an der Kulturnachtparty
Freinacht. DJ Cut Norris & DJ Jools & Tigr Tigr Tigr werden
hier auflegen. Die Kulturnacht von 20.45 bis 00.30 Uhr steht mit
Chocolococolo von den Langenthaler Mundartisten, mit WAB als Vertreter
der lokalen Hip-Hop-Szene und mit den Berner Churchill im Zeichen des
Rap. Zwischen den Konzerten zelebrieren Zede Beat-boxing und DJ Redrum
Turntablism.
flü
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RABE-INFO 23.+24.4.09
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RaBe-Info 24.April 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-04-24-53200.mp3
- Greenpeace Schweiz fürchtet Spionage
- Mit der Metro in 12 Minuten von Bern nach Zürich
- Bern - Amerika einfach, eine Ausstellung über Geschichten von
Auswanderern
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RaBe-Info 23.April 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-04-23-53738.mp3
- Wasserstrategie für den Kanton Bern
- Kleinaktionäre kritisieren Nestlé
- Velokarawane gegen Gentechnologie http://www.karawane09.tk/
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PRIVAT-PATROUILLEN
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Basler Zeitung 25.4.09
SVPler gehen auf Patrouille
Birsfelden. Gemeindepräsident warnt vor möglicher
Eskalation
Georg Schmidt, Michael Rockenbach
Nur schon die Präsenz wachsamer Bürger wirke abschreckend,
glauben
Birsfelder SVP-Vertreter. Der Präsident der Kantonalpartei
unterstützt
die "Selbsthilfe-Aktion" der Bürger. Die Polizei reagiert
zurückhaltend, der Gemeindepräsident macht sich Sorgen.
Der Birsfelder SVP-Mann Christian Brechbühl hat genug. Seiner
Ansicht
nach sind die langen Abende in seiner Gemeinde viel zu laut und - vor
allem - zu gewalttätig. "Es werden Frauen angepöbelt,
Zäune umgerissen
und Abfall verstreut", sagt er. Und im vergangenen Jahr seien mehrfach
Töffli in Flammen aufgegangen. Soweit will es die Birsfelder SVP
nicht
mehr kommen lassen. Seit wenigen Tagen schieben nun einige Mitglieder
der Partei nachts Patrouille.
Noch haben sie keine Missetäter auf frischer Tat ertappen
können.
Brechbühl ist aber überzeugt, dass nur schon die Präsenz
der SVP-Männer
abschreckend wirkt. Darum wurde an der Parteiversammlung vom
Donnerstagabend beschlossen, die Kontrollgänge zu intensivieren.
Gestern Abend wandte sich die Partei mit einem Communiqué auch
an die
Öffentlichkeit.
Die Polizei, die eigentlich für Ruhe und Ordnung
zuständig ist,
beurteilt private Patrouillen für gewöhnlich skeptisch. Zu
den
Kontrollen in Birsfelden wollte sich der Baselbieter Polizeisprecher
Meinrad Stöcklin gestern auf Anfrage der BaZ aber nicht
äussern.
Brechbühl will erst gar keine Bedenken aufkommen lassen: "Wir
markieren
nur Präsenz, sind unbewaffnet und alarmieren die Polizei, sobald
es
brenzlig wird." Bis jetzt sei die Polizei in Birsfelden einfach zu
wenig präsent gewesen, bemängelt Brechbühl.
Pegoraro kommt. Verbieten könne man solche Patrouillen nicht, sagt
Gemeindepräsident Claudio Botti. Er warnt vor einer möglichen
Eskalation, wenn sich die Patrouilleure "als Polizisten aufspielen".
Die Probleme sieht aber auch er. Darum seien die Behörden aktiv
geworden: "Ende Monat gibt es bei uns einen runden Tisch mit der
zuständigen Regierungsrätin Sabine Pegoraro, dem
Polizeikommandanten
und dem Jugendanwalt - dort sind auch betroffene Birsfelder Einwohner
eingeladen, um ihre Anliegen zu deponieren."
Es sei schade, dass solche Patrouillen nötig seien, sagt
SVP-Kantonalpräsident Dieter Spiess, der am Donnerstag in
Birsfelden
bei seinen Parteigenossen war. Die Patrouillen seien zwar von seiner
Partei initiiert, aber "keine Partei-Aktion". Es gehe um "Selbsthilfe"
der Anwohner. Das Wort Bürgerwehr sei fehl am Platz.
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BZ 25.4.09
Mit Hunde-Patrouillen und Infos gegen den Nachtlärm
Stadt und Kanton reagieren auf Klagen wegen Nachtlärm:
Nächste Woche
gibt es einen Aktionstag. Und ab nächsten Donnerstag
patrouillieren
wieder private Sicherheitsleute mit Hunden durch die Thuner Innenstadt.
Je wärmer die Nächte werden, desto mehr Nachtschwärmer
ziehen durch die
Thuner Innenstadt. Bei der Kantonspolizei gingen in letzter Zeit wieder
vermehrte Klagen wegen Nachtlärm ein. Stadt und Kanton nehmen den
Internationalen Tag gegen Lärm vom nächsten Mittwoch zum
Anlass, um auf
dem Mühleplatz einen Informationsstand zu betreiben.
Zusammen mit dem Gewerbeinspektorat der Stadt Thun macht die
Kantonspolizei auf die verschiedenen Lärmstörungen
aufmerksam. Die
Besucher erfahren "mit eigenen Ohren", wie laut Gespräche sein
können,
und mittels Messgerät und Projektion werden die Schallpegel der
Umgebungsgeräusche und Gespräche visualisiert. "Ziel ist es,
die Leute
auf die zunehmenden Lärmstörungen in der Nacht zu
sensibilisieren",
heisst es in einer Pressemitteilung. Deshalb werde der Stand auch zur
Nachtzeit zwischen 20 und 24 Uhr betrieben. Nachtschwärmer werden
auf
ihr Verhalten angesprochen, um unnötigen Lärm vermeiden zu
können. Dies
sei ein sehr wichtiger Präventionsauftrag, wenn man bedenke, dass
heute
immer mehr Polizeieinsätze wegen Ruhestörungen erfolgen,
hält die
Polizei fest.
Kontrollen durch Fachstelle
Die Kantonspolizei verfügt bereits seit 1967 über die
Fachstelle
Lärmbekämpfung, in welcher heute drei auf Akustik und
Lasertechnik
spezialisierte Polizisten tätig sind. Sie setzen sich dafür
ein, dass
im Bereich Musiklärm die Vorschriften gemäss der
eidgenössischen
Schall- und Laserverordnung eingehalten werden. Dazu führen sie
regelmässig Kontrollen in verschiedenen Lokalen, wie Discos, Bars
oder
auch anlässlich von Veranstaltungen im Freien durch.
Überschreitungen
des Innenschallpegels werden zur Anzeige gebracht. Diese Kontrollen
werden vor allem unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes
durchgeführt.
"Denn es ist bekannt, dass insbesondere Jugendliche bei längeren
Aufenthalten in zu lauten Musikbetrieben gefährdet sind", heisst
es
weiter.
Bei Besucher- und Musiklärm von Gastgewerbebetrieben und im
Bereich
Alltagslärm berät die Fachstelle Gemeinden und
Regierungsstatthalter
und erstellt Gutachten bei Klagen, in Bewilligungsverfahren und bei
öffentlichrechtlichen Gerichtsverfahren. Auch die Prävention
gehört zu
den Aufgaben der Fachstelle.
Wieder ein Ordnungsdienst
Nächsten Donnerstag nehmen die Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen
Berner
Hunde Security und GSD Gayret Security ihren Patrouillendienst in der
Thuner Innenstadt wieder auf. Vom 30. April bis und mit 1. November
patrouillieren jeweils in den Nächten von Donnerstag auf Freitag,
Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag in der Zeit zwischen 0.30
und 4.30 Uhr vier Sicherheitsleute durch die Thuner Innenstadt. Die
Mitarbeiter der Berner Hunde Security werden von einem Hund begleitet.
"Ziel ist es, Nachtschwärmer auf die Nachtruhe aufmerksam zu
machen und
Verunreinigungen und Vandalenakte zu verhindern", teilen Stadt und
Kanton mit. Die Kosten belaufen sich auf rund 76000 Franken. Sie werden
zu zwei Dritteln von der Stadt Thun und zu einem Drittel von den Wirten
der Lokale mit verlängerten Öffnungszeiten getragen. Diese
2006
eingeführte Aktion wird nun bereits das vierte Jahr
durchgeführt.
rdh
http://www.laerm.ch
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bernerzeitung.ch 24.4.09
Private Sicherheitsleute patrouillieren in der Innenstadt
Ab dem 30. April patrouillieren Mitarbeiter einer privaten
Sicherheitsfirma während sechs Monaten an den Wochenenden in der
Thuner
Innenstadt.
Verhindern von Vandalenakten und Verunreinigungen und Durchsetzung der
Nachtruhe ist die Aufgabe der Sicherheitsfirmen "Berner Hunde Security"
und "GSD Gayret Security", wie die Polizei informiert. Sie
patrouillieren jeweils in den Nächten auf Freitag und Samstag von
0.30
bis 4.30 Uhr in der Thuner Innenstadt.
Die Kosten belaufen sich auf 76'000 Franken und werden zu zwei Dritteln
von der Stadt Thun und zu einem Drittel von den Lokalen mit
verlängerten Öffnungszeiten getragen.
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NLZ 24.4.09
Kanton Schwyz
Aus rechtlichen Gründen unmöglich
Private Sicherheitsleute sorgen für Ruhe und Ordnung. Ihre
Aufgaben
sind aber beschränkt. Die Regierung will daran nichts ändern.
inf. SVP-Kantonsrat Urs Birchler (Einsiedeln) und Mitunterzeichnende
ersuchten den Regierungsrat, die Polizeiverordnung so zu ändern,
dass
private Sicherheitsleute bevollmächtigt werden, randalierende
Personen
anzuhalten und die Identitätsfeststellung vorzunehmen. Der
Regierungsrat beantragt, die Motion als nicht erheblich zu
erklären.
"Den privaten Sicherheitsdiensten mehr Handlungsspielraum zu geben
würde bedeuten, das staatliche Gewaltmonopol teilweise auf Private
zu
übertragen. Dies ist aus rechtlichen Gründen nicht
möglich."
Polizei überfordert
Die Kantonsräte sehen es als erwiesen an, dass die Kantonspolizei
unterdotiert ist und deshalb die zunehmende Nachtruhestörungen
nicht
bekämpfen kann. Private Sicherheitsleute könnten zwar
auffallende
Nachtruhestörer ermahnen, nicht aber büssen und deren
Identität
feststellen. So würden Randalierer nicht von ihrem Tun ablassen.
Der Regierungsrat bestätigt, dass die Frage nach privaten
Sicherheitsleuten in der ganzen Schweiz steigt. "Damit polizeiliche
Aufgaben an private Sicherheitsunternehmen ausgelagert werden
können,
sind drei allgemeine Voraussetzungen zu erfüllen: eine gesetzliche
Grundlage, das öffentliche Interesse und die
Verhältnismässigkeit. Dazu
müsste aber nicht einfach die Polizeiverordnung geändert
werden,
sondern ein Gesetz über private Sicherheitsdienste geschaffen
werden.
Darin müssten nicht nur die Kompetenzen verteilt werden, es
müssten
auch Fragen der Qualifikation, der Fachaufsicht, der
Verantwortlichkeiten und des Rechtschutzes geregelt sein. Weiter
müsse
abgeklärt werden, ob die Akzeptanz in der Gesellschaft gegeben sei
und
ob polizeiliche Aufgaben durch Private tatsächlich günstiger
seien.
Diese Arbeit könne sonst auch von Hilfspolizisten übernommen
werden.
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KNAST
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Bund 25.4.09
Haftbedingungen werden kritisiert
Biel Die Insassen des Regionalgefängnisses Biel können an
Wochenenden
nicht ins Freie, obwohl die Empfehlungen des Europarates dies
verlangen. Grund ist Personalmangel. Bekannt machte dies die
Organisation Reform 91, eine Selbsthilfeorganisation von
Strafgefangenen. Sie hat beim Kanton Bern eine Beschwerde eingereicht.
Darin schreibt sie, kantonale Vorschriften, das Bundesgericht und auch
europäisches Recht verlangten täglich eine Stunde Aufenthalt
im Freien.
Beat Jost, stellvertretender Vorsteher des kantonalen Amts
für
Freiheitsentzug und Betreuung, anerkannte gestern auf Anfrage, dass in
Biel die Empfehlungen des Europarats nicht vollständig eingehalten
werden. In Biel habe sich das Problem gestellt, dass nach einem
Ausbruch eines Häftlings im Jahr 2006 bauliche und betriebliche
Massnahmen hätten ergriffen werden müssen. Der Kanton sei
derzeit
daran, zusätzliches Personal zu rekrutieren. Ab 1. Juli werde den
Häftlingen der Spaziergang im Freien auch an Wochenenden
ermöglicht.
Dasselbe Problem besteht laut Jost auch im Regionalgefängnis
Burgdorf.
Dort sei der Kanton Bern ebenfalls daran, Abhilfe zu schaffen: Er plant
ein neues Gefängnis. (sda)
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BZ 25.4.09
Strenge Praxis hat Gründe
Müssen Strafgefangene in der Bewachungsstation der Insel durch
eine Scheibe von Besuchern getrennt werden? Ja, sagt die Polizei.
Reform 91, eine Selbsthilfeorganisation von Strafgefangenen und
Entlassenen, kritisiert die Hausordnung der Bewachungsstation im
Inselspital. Am 2.April 2009 wurde ein Strafgefangener im Inselspital
an der Hüfte operiert. Als die Mutter des Patienten sich auf der
Bewachungsstation nach dem Verlauf der Operation erkundigte, erhielt
sie keine Auskunft. Dazu sagt Beat Jost von der bernischen
Polizeidirektion: "Über den Gesundheitszustand einer eingewiesenen
Person dürfen Mitarbeitende der Bewachungsstation keine
Auskünfte
erteilen. Informationen zum Gesundheitszustand eines Patienten an
Angehörige erteilt ausschliesslich die Ärzteschaft und das
Pflegepersonal des Inselspitals."
Zwar konnte die Mutter ihren Sohn am 14.April besuchen, doch waren die
beiden durch eine Scheibe getrennt. Diese Praxis hat für den
stellvertretenden Chef des Amtes für Freiheitsentzug und
Betreuung,
Beat Jost, Gründe: "In der Bewachungsstation finden Besuche aus
Sicherheitsgründen grundsätzlich mit Trennscheibe statt.
Zudem ist die
Infrastruktur nicht auf Besuche ohne Trennscheibe ausgelegt." In
Ausnahmefällen und wenn medizinisch indiziert wie auch auf Antrag
der
inhaftierten Person oder der Besucher könne die Leitung der
Bewachungsstation aber Ausnahmen bewilligen, ergänzt Jost. Er
macht
jedoch auf das Gefahrenpotenzial dieser Patienten aufmerksam. Diese
befänden sich nämlich in Untersuchungshaft, Ausschaffungshaft
oder auch
im Straf- und Massnahmenvollzug.
ue
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BZ 24.4.09
Biel
Häftlinge dürfen nicht spazieren
Die Selbsthilfegruppe Reform 91 hat eine Beschwerde gegen das
Regionalgefängnis Biel erhoben. Die Gruppe hat gemäss Canal 3
erfahren,
dass den Häftlingen im Bieler Gefängnis zum Teil der
tägliche
Spaziergang verwehrt wird. Peter Zimmermann, Präsident von Reform
91,
forderte gestern im Interview mit Canal 3, dass ab sofort das geltende
Gesetz eingehalten wird, wonach Strafgefangene eine Stunde pro Tag ins
Freie können.
Seit Monaten könnten die Gefangenen an Samstagen und Sonntagen
sowie an
allgemeinen Festtagen (wie Weihnachten 2008 und Ostern 2009) keine
Spaziergänge mehr machen. Die Leitung habe erklärt, diese
Massnahme
habe ergriffen werden müssen, weil zu wenig Personal zur
Verfügung
stehe. Sollte dies der Fall sein, müsste die Gefängnisleitung
die
Polizei oder eine Überwachungsfirma aufbieten, so der Vorwurf von
Reform 91.
Canal 3 wollte die Gefängnisleitung mit den Vorwürfen
konfrontieren, der Leiter war jedoch nicht zu erreichen.
mt
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SEXWORK
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20min.ch 24.4.09
Männerprostitution
"Die Mehrheit der Freier lebt heterosexuell"
von Katharina Bracher
Sie arbeiten im Versteckten und fallen weder der Polizei noch einer
breiten Öffentlichkeit auf: Bis zu 700 Männer bieten alleine
in Zürich
sexuelle Dienstleistungen an.
In jeder europäischen Grosstadt gibt es sie. Junge Männer,
die ihre
Dienste in Bars oder Sexkinos anbieten. Von den männlichen
Prostitutierten nimmt die breite Öffentlichkeit kaum Notiz. Laut
Schätzungen der Schweizer AIDS-Hilfe dürfte Zürich
über die grösste
Szene der Schweiz verfügen: Zwischen fünf- und siebenhundert
Männnern
bieten hier ihre Dienste an. Im Vergleich dazu ist die Zahl der Frauen,
die sich in der Limmatstadt prostituieren etwa sechsmal so gross.
Der Markt verlangt ständig nach neuen Männern
Wer sind die jungen Männer, die ihre sexuellen Dienstleistungen im
Internet, in Bars und Sexkinos zur Verfügung stellen? Einer der
wenigen, der dieser fast unsichtbaren Szene ein Gesicht geben kann, ist
Christian C. von der Beratungsstelle "Herrmann". Die Anlaufstelle
für
männliche Sexarbeiter befindet sich im Niederdorf und wird von der
Zürcher Aids-Hilfe finanziert. Christian C., der die
Beratungsstelle
leitet, kennt Schicksale und Nöte der jungen Männer wie kaum
ein
anderer. "Zu uns kommen vor allem junge Sexarbeiter, die aus Osteuropa
stammen", sagt Christian C. "Doch es arbeiten genausoviel
männliche
Prostituierte aus Brasilien und Thailand hier." Eines haben jedoch alle
gemeinsam: Sie sind lediglich auf Durchreise in der Schweiz. Der Grund:
Nach maximal drei Monaten finden Sexarbeiter bereits weniger Kunden.
Der Markt der Männerprostitution verlangt stets nach
Frischfleisch.
"Wer neu auf dem Markt ist, hat einen Vorteil", so Christian C. Und
deswegen ziehen die Sexarbeiter nach einer gewissen Zeit weiter, um
ihre Kundschaft in anderen Städten Europas zu suchen.
Die Freier: "Das reinste Altersheim"
Das Alter spielt eine wichtige Rolle für den kommerziellen Erfolg
der
Prostituierten. "Je jünger, desto besser", sagt Christian C. Doch
minderjährige Prostituierte findet man auf dem Männerstrich
keine. Wenn
Christian C. als Streetworker in Bars und Sexkinos die Sexarbeiter und
ihre Freier direkt anspricht, trifft er meist Prostituierte, die
zwischen 18 und 26 Jahren alt sind. Anders bei den Freiern: "Das
reinste Altersheim", charakterisiert Christian C. die Kundschaft, die
er auf seinen "Touren" durch die Szene antrifft. Viele Freier seien im
Pensionsalter. Und genau diese versucht der Streetworker anzusprechen,
denn über die gesundheitlichen Risiken, die der homosexuelle
Geschlechtsverkehr mit sich bringe, wisse gerade diese Altersgruppe
wenig. Laut Schweizer Aids-Hilfe ist einer von sechs Schwulen in der
Szene HIV-positiv. Umso wichtiger ist die Prävention.
Schwierig: "Etwa 60 Prozent der Freier sind heterosexuell"
Schwierig sei dabei, so Christian C., den Sexarbeiter und seinen Kunden
im richtigen Moment anzusprechen. Besonders sensibel sei dabei der
Umgang mit dem Freier. Denn der Szenekenner ist sich bewusst: "Viele
Kunden sind Männer mit heterosexuellen Lebensläufen." Sie
kommen aus
allen Schichten: Familienväter, Ehemänner, Studenten,
Rentner. Auf gut
60 Prozent schätzt Christian C. den Anteil von Freiern aus dem
heterosexuellen Umfeld. Die einzige Konstante dabei: Männer haben
Sex
mit Männern. Dabei ist, wie der Streetworker sagt, jede
Konstellation
denkbar. "Auch wenn nicht jeder, der zu einem männlichen
Prostituierten
geht, schwul ist. Manche reizt einfach das Abenteuer".
Die Freier tun viel, um ja nicht aufzufallen. Das männliche
Sexgewerbe
zeichnet sich dadurch aus, dass es der Polizei in der Regel weniger
Sorgen macht. Gewalt- und Drogendelikte kommen aus Sicht der
Stadtpolizei Zürich höchst selten vor. Auch sonst hat die
Polizei wenig
zu tun mit dem Mileu. "Die Szene der männlichen Sexarbeiter ist in
Zürich zurzeit unauffällig", brachte es Chefermittler Peter
Rüegger
kürzlich gegenüber der NZZ auf den Punkt. Offizielle Zahlen
über die
Struktur der Szene gibt es nicht.
Vorstufe zum Coming-Out
Einige nutzten die männliche Prostitution auch als Coming-Out
Instanz.
"Dies erlaubt, sexuelle Erfahrungen mit Männern zu machen, ohne
sich
gleich als "Schwuler" outen zu müssen." erklärt Christian C.
Der
überwiegende Anteil gehöre jedoch zur Sorte, die in der
Partnerschaft,
egal ob mit einer Frau oder einem Mann, ihre sexuellen Fantasien nicht
auszusprechen getrauen. Doch nicht nur die Freier haben Probleme mit
ihrer Sexualität, auch die Prostitutierten selbst tun sich oft
schwer
mit ihrer Neigung.
Stricher aus Osteuropa: Verklemmt und stockkonservativ
Gerade die ungarischen, polnischen und tschechischen "Sorgenkinder" der
Beratungsstelle "Herrmann" fallen diesbezüglich auf. Sie verachten
sich
in der Regel für das, womit sie hier in der Schweiz oder anderswo
in
Europa ihr Geld verdienen. "Sexarbeiter aus Osteuropa haben auffallend
häufig eine prüde Einstellung zur Sexualität", sagt
Christian C. Und
sie haben geradezu panische Angst vor Aids. "Bei den Jungs aus
Osteuropa sind Märchen über HIV-Infektionswege weit
verbreitet", sagt
Christian C. So denken einige der jungen Männer, dass sie sich
bereits
beim Kontakt von Sperma mit der Haut mit dem HIV-Virus anstecken
können. "Das ist natürlich Unsinn! Am häufigsten
passiert die
Ansteckung bei der analen Penetration", stellt der Streetworker klar.
Doch anale Praktiken bieten die Prostituierten aus dem
osteuropäischen
Raum eher selten an, dafür gebe es zu viele Tabus in den
Köpfen der
jungen Männer, die meistens aus stockkonservativen
Verhältnissen
stammen und ein tiefes Schamgefühl für ihre Veranlagung in
sich trügen.
In der Krise: Steigender Konkurrenzdruck
Eine homosexuelle Neigung sei bei männlichen Sexarbeitern aber
immer
irgendwie vorhanden. "Standfeste Heteros unter den männlichen
Sexarbeitern gibt es meiner Meinung nach aber keine." Ebenso seien kaum
männliche Sexarbeiter mit Schweizer Pass anzutreffen. In den
1980er
Jahren, als zahlreiche Heroinsüchtige das Stadtbild Zürich
mitprägten,
fanden sich mehr Schweizer Männer, die zur Finanzierung ihrer
Drogensucht zur Prostitution bereit waren.
Auch wenn die Drogenbeschaffung heute laut Streetworker Christian C.
kaum mehr eine Rolle spielt: "Der Konkurrenzdruck unter den
männlichen
Sexarbeitern ist riesig." Dies führe auch dazu, dass viele Freier
ungeniert ungeschützten Geschlechtverkehr verlangen und dieser
Wunsch
auch erfüllt werde. Dieser Druck könnte sich in
wirtschaftlich
schwierigen Zeiten zusätzlich verstärken, vorallem da immer
mehr
ausländische Prostituierte ohne Zukunftsperspektiven im eigenen
Land in
den Markt drängen.
--
Info-Box
Furcht der Bürgerlichen: "Abartige sexuelle Praktiken"
Der Anstoss zum Projekt "Herrmann" kam in den 90er Jahren von Seiten
einer Frau. Emilie Lieberherr setzte sich als populäre
Stadträtin vor
allem für die sozial Schwachen ein. Sie war die erste
Präsidentin des
Vereins Zürcher Sozialprojekte (VZSP), der die Schaffung der
Beratungsstelle Herrmann erst möglich machte. Heute wird die
Beratungsstelle von der Zürcher Aids-Hilfe getragen. Die
Beratungsstelle für männliche Sexarbeiter stiess im Vorfeld
ihrer
Eröffnung im Jahr 1997 auf einige Widerstände aus den Reihen
der
bürgerlichen Politiker. Man wolle "abartige sexuelle Praktiken
zwischen
Männern" nicht auch noch unterstützen, hiess es dort. Doch
was die
Existenz der Beratungsstelle damals wie heute rechtfertigt, ist mit den
Worten von Christian C. schnell gesagt: "Diese Jungs werden von
Schweizer Männern konsumiert. Sie haben es verdient, dass man sich
um
sie kümmert."
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RAZZIA
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Bund 25.4.09
Erneut Razzien bei Autonomen
Bei Hausdurchsuchungen in der Stadt Bern hat die Kantonspolizei diese
Woche vier Jugendliche verhaftet
Die Razzien erfolgten auf Anweisung der Freiburger Kantonspolizei. Sie
ermittelt gegen Personen aus der Autonomen-Szene. Diese werden
verdächtigt, an einem Überfall auf eine Freiburger Bar im
letzten
Oktober beteiligt gewesen zu sein.
Dinu Gauthier
Die Freiburger Kantonspolizei hat diese Woche in der Stadt Bern vier
Hausdurchsuchungen durchführen lassen und vier Jugendliche aus der
autonomen Szene verhaftet. Zwei weitere Razzien und Festnahmen fanden
zudem in Solothurn statt.
Gewalt, um Konzert zu verhindern
Die Polizeiaktion steht im Zusammenhang mit dem Überfall auf die
Freiburger Bar Elvis et moi vom Oktober letzten Jahres. Etwa dreissig
vermummte Personen hatten damals am Interieur einen Sachschaden von
rund 30000 Franken angerichtet und einen Polizisten leicht verletzt,
als dieser eine Person festzunehmen versuchte. Mit dem Angriff sollte
ein Auftritt der italienischen Gothikband Camerata Mediolanense
verhindert werden, so die Begründung in einem mit
"Antifaschistische
Aktion, Kommando nazifreie Subkultur" unterschriebenen
Communiqué. Die
Band war in der Vergangenheit an rechtsextremen Veranstaltungen
aufgetreten und hatte Neonaziblättern sympathisierende Interviews
gegeben, so Rechtsextremismusexperte Hans Stutz in der "Wochenzeitung"
(WOZ).
Erste Verhaftungen im Februar
Die Freiburger Polizei führt seit Oktober sehr aufwendige
Ermittlungen
durch. Aufgrund von DNA-Spuren an Vermummungsmaterialien, die in der
Nähe der Bar gefunden wurden, konnte sie einen Angreifer
identifizieren, worauf sie im Februar "neun bis zehn
Hausdurchsuchungen" in Bern durchgeführt hat, wie der Freiburger
Untersuchungsrichter Marc Bugnon sagt. Einen jungen Mann nahm sie
damals für eine Woche in Untersuchungshaft, die restlichen
Verhafteten
wurden als "Auskunftspersonen" im Schnitt etwa zehn Stunden
festgehalten.
Die Erkenntnisse, die durch die Massnahmen vom Februar gewonnen worden
seien, hätten nun zu erneuten Einsätzen geführt, sagt
Bugnon. Im
Gegensatz zum Februar habe man diese Woche aber nur Leute verhaftet,
gegen die "starker Verdacht" bestehe, die also als Beschuldigte und
nicht als Auskunftspersonen gelten. Alle Festgenommen seien bis
Freitagabend wieder freigelassen worden. "Ob es Geständnisse
gegeben
hat, kann ich auch aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen",
so
der Untersuchungsrichter, der damit rechnet, dass noch weitere zehn bis
zwanzig Personen befragt werden müssen.
Unverhältnismässiges Vorgehen?
Gegenüber dem "Bund" äussert sich ein Mann aus der Berner
Antifaszene
zu den polizeilichen Ermittlungen der letzten Monate. Er will anonym
bleiben. "Die Freiburger Polizei praktiziert Beugehaft." Mehreren
Festgenommenen sei gesagt worden, sie würden erst wieder
freigelassen,
wenn sie ihre Beteiligung am Überfall gestehen, so der Aktivist.
Überhaupt würden die Freiburger Behörden mit
"Sheriff-Methoden" und
"auf gut Glück" ermitteln. "Bei der Anzahl und der Art und Weise
der
Verhaftungen und Razzien könnte man meinen, es gehe um einen
Mordfall.
Bei der Aktion in Freiburg haben die Beteiligten aber bewusst keine
Personen verletzen wollen." Zahlreiche beschlagnahmte Gegenstände
wie
etwa Computer hätten die im Februar Verhafteten bis heute nicht
zurückerhalten, sagt der Antifaschist. Dies obwohl die Betroffenen
mit
einer Ausnahme formell gar nicht als Beschuldigte gelten.
Frage an Untersuchungsrichter Bugnon: Betreibt die Polizei
unverhältnismässige Ermittlungen? "Ganz und gar nicht. Der
Überfall hat
hier in Freiburg viele Leute geschockt. Zudem gilt es, eine grosse
Anzahl von Tätern zu ermitteln." Die Ermittlungen würden aber
auch
nicht mehrere Jahre dauern.
Franz Riklin, Strafrechtsprofessor an der Universität Freiburg,
kann
die Frage der Verhältnismässigkeit als Aussenstehender nicht
genau
beurteilen. "Dass man einen solchen Überfall in unserer
Gesellschaft
nicht akzeptieren kann, verstehe ich. Der Ermittlungsaufwand hängt
wohl
auch damit zusammen, dass die Wahrheitsfindung schwierig ist, weil die
Befragten kaum sehr kooperativ sein dürften", so Riklin. Hingegen
sei
eine Haftdauer von zehn Stunden für Auskunftspersonen wohl
unverhältnismässig, sagt der Strafrechtler.
Ähnliches Konzert in Zug
Heute Samstagabend findet in einem Jugendtreff in der Stadt Zug ein
Konzert statt, das einige Parallelen mit dem verhinderten Konzert vom
Oktober in Freiburg aufweist: Im Internet sind heftige Debatten
zwischen Antifas und Black-Metal-Fans zur Frage im Gange, ob die
auftretenden Bands lediglich "patriotisch" oder "rechtsextremistisch"
seien. Die Polizei hat vorsichtshalber zusätzliches Personal in
Bereitschaft versetzt, wie die "Neue Luzerner Zeitung" diese Woche
berichtete.
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SCHNELLGERICHTE
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Zürichsee-Zeitung 25.4.09
Strafrecht
Schnellgerichte für Geständige
Der Aargauer SVP-Nationalrat Luzi Stamm verlangt die Schaffung von
Schnellgerichten. Damit soll geständigen Drogenhändlern,
Ladendieben
und Hooligans innert 24 Stunden der Prozess gemacht werden.
Beschleunigte Verfahren hätten den Vorteil, dass ein Täter
bis zum
Vollzug der Freiheitsstrafe nicht mehr auf freien Fuss gesetzt werden
müsse, erklärt Luzi Stamm. Schützenhilfe erhält er
vom Zürcher
SP-Nationalrat Daniel Jositsch: "Ich unter-stütze Stamms Forderung
100-prozentig." (zl) Seite 12
--
Strafrecht SVP-Nationalrat Luzi Stamm will Schnellgerichte für
geständige Dealer und Diebe
SVP will kurzen Prozess machen
Geständige Täter sollen von einem Schnellgericht abgeurteilt
werden,
fordert SVP-Nationalrat Luzi Stamm. Er erhält Schützenhilfe
von links.
Isabel Drews, Bern
"Wenn die Polizei einen Drogendealer mit ein paar Gramm Heroin auf
frischer Tat erwischt, muss sie ihn nach einigen Stunden wieder laufen
lassen", wettert Luzi Stamm. Bis es nach Monaten endlich zur
Verhandlung komme, wiederhole sich dieses Geschehen in manchen
Fällen
noch einige Male. "Dies empfinden die Polizisten an der Front als
frustrierend", gibt der SVP-Nationalrat zu bedenken, der auf eine
zehnjährige Erfahrung als Gerichtspräsident von Baden
zurückblicken
kann.
Um diesen "ärgerlichen Missstand" zu beheben, fordert Stamm in
einem
parlamentarischen Vorstoss Schnellgerichte. Ginge es nach ihm, so
würde
einem Drogendealer, Ladendieb oder Hooligan innert 24 Stunden der
Prozess gemacht "wie in New York oder Paris". Für ein solches
Eilverfahren in Frage kämen ausschliesslich geständige
Beschuldigte,
bei denen der Tatbestand ohne Zweifel feststehe, weil sie von der
Polizei in flagranti erwischt worden seien. Beschleunigte Verfahren
hätten, so der Aargauer weiter, den Vorteil, dass ein Täter
bis zum
Vollzug der Freiheitsstrafe nicht mehr auf freien Fuss gesetzt werden
müsse. "Dies wird von der Bevölkerung oft als störend
empfunden", sagt
der Politiker, der sich zurzeit auch als Scheidungsanwalt betätigt.
Stamms Forderung nach Schnellgerichten ist eine von vielen, mit denen
seine Partei Druck aufs neue Strafrecht macht. Die SVP will erreichen,
dass die gegen ihren Widerstand abgeschafften Freiheitsstrafen unter
sechs Monaten wieder eingeführt werden. Als Mitglied der
nationalrätlichen Rechtskommission gibt sich Stamm siegesgewiss,
dass
es ihm gelingen wird, im Parlament eine Mehrheit hinter seinen
Vorschlag zu bringen. Schützenhilfe erhofft sich der SVP-Politiker
von
all jenen Parlamentariern, die sich für eine härtere Gang-art
in
Justizfragen einsetzen, und zwar quer über die Parteigrenzen
hinweg.
Jositsch leistet Schützenhilfe
"Ich unterstütze Stamms Forderung 100-prozentig", stellt der
umtriebige
SP-Abweichler Daniel Jositsch in Aussicht. In der Justiz gelte
schliesslich der Grundsatz: "Ein schnelles Verfahren ist ein gutes
Verfahren." Vorausgesetzt, die Prozessrechte würden nicht
eingeschränkt, wie der Strafrechtler umgehend anfügt. Bloss:
"Im Grunde
ist Stamms Ansinnen gar nichts Neues." Schon heute könne ein
Staatsanwalt bei Bagatelldelikten einen Strafbefehl erlassen, worin er
sich nur aufs Polizeiprotokoll stütze, erklärt der
Zürcher
Universitätsprofessor. Dies sei zwar nicht innert Tagesfrist
möglich,
aber immerhin nur ein oder zwei Monate nach dem Delikt.
Staatsanwälte auf Pikett
Um das Tempo nochmals zu beschleunigen, wäre indes ein ausgebauter
Pikettdienst von Staatsanwälten nötig, betont Jositsch.
"Dafür müsste
der Staat mehr Mittel sprechen." Es sei heuchlerisch, wenn die SVP zwar
das Verfahren beschleunigen wolle, sich im Parlament aber dagegen
wehre, den Justizapparat auszubauen. In den eigenen Reihen schafft sich
der Sozialdemokrat mit seiner Unterstützung für den
SVP-Vorstoss nicht
nur Freunde. Der grüne Nationalrat Daniel Vischer jedenfalls, der
mit
Jositsch in der Rechtskommission sitzt, will das Vorhaben mit allen
Mitteln bekämpfen: "In der Linken hat der Vorschlag keine Chance,
dafür
werde ich mich einsetzen", stellt er in Aussicht. "Denn der Ruf nach
Schnellgerichten ist bloss eine Schaumschlägerei", kritisiert der
Zürcher und verweist auf die gängigen Strafbefehle.
Ähnlich argumentiert FDP-Fraktionschefin Gabi Huber, auch sie von
Haus
aus Juristin: "Ich wehre mich gegen eine solche Fliessbandjustiz."
Ausserdem sei es unsinnig, schon wieder neue Prozessabläufe zu
verlangen. Schliesslich habe das Parlament in mühsamer Kleinarbeit
Ende
2007 eine neue Strafprozessordnung erlassen, die landesweit
Strafbefehle vorsehe. Sie trete 2011 in Kraft und löse die heute
geltenden, kantonalen Regelungen ab. "Ich finde es problematisch,
Gesetze bereits zu ändern, noch bevor sie in Kraft sind", betont
die
Urnerin. "Es gilt erst einmal abzuwarten, welche Erfahrungen wir damit
machen."
Umsetzung liegt im Dunkeln
Auch Felix Bommer, der an der Universität Luzern Strafrecht lehrt,
macht ein Fragezeichen hinter Stamms Forderung: Diese sei schwammig
formuliert und lasse bei der konkreten Umsetzung einiges im Dunkeln,
kritisiert er.
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SQUAT ZH
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Tagesanzeiger 25.4.09
Sechs Hausbesetzungen innert zwei Wochen
Eine Villa am See, Häuser in der Enge und in den Kreisen 3 und 6
sowie
ein Schulpavillon - Zürichs Hausbesetzer sind so aktiv wie selten
zuvor. Der Grund: In der Szene herrscht "Wohnungsnot".
Von Georg Gindely
Hausbesetzer haben innert kurzer Zeit sechsmal zugeschlagen. In der
Nacht auf Freitag haben mehrere Personen ein Gebäude an der
Kappelistrasse 7 in der Enge in Besitz genommen. Ganz in der Nähe,
an
der Scheideggstrasse 10 neben dem Rieterpark, haben Besetzer am 18.
April eine Liegenschaft okkupiert. Einen Tag zuvor traf es gleich zwei
Häuser: ein Wohngebäude an der Clausiusstrasse 72 im Kreis 6
sowie den
Schulpavillon Allenmoos II (TA vom 18. 4.). Von kurzer Dauer war eine
Aktion an der Birmensdorferstrasse 114 im Kreis 3. Da der
Eigentümer
eine Baubewilligung vorweisen konnte, haben Besetzer das am 13. April
in Beschlag genommene Haus gleich wieder geräumt.
Besonders schön wohnen rund 15 Personen seit dem 9. April: Sie
haben
eine Villa mit Bootshaus an der Seestrasse 426 in Wollishofen besetzt -
übrigens genau in der Nacht, als Unbekannte grosse Teile der
gleich
gegenüberliegenden Roten Fabrik weiss bemalten. Die Besetzer
beteuern
aber, nichts mit der Aktion zu tun zu haben: "Wir waren in jener Nacht
zu beschäftigt, um auch noch malen zu können."
Grund für die Häufung ist die "Wohnungsnot" in der Szene:
Gleich zwei
grosse Häuser mussten die Besetzer in den letzten Wochen
räumen. Das
vom Kanton an einen Privaten verkaufte Gebäude an der
Moussonstrasse 18
in Fluntern, in dem bis vor kurzem 12 Frauen wohnten (TA vom 25. 3.),
ist bereits abgerissen. Ebenfalls verlassen mussten die Besetzer die
Manessestrasse 190/ 192 im Kreis 3. Und auch die Bewohnerinnen und
Bewohner der Habsburgstrasse 9 in Wipkingen müssen eine neue
Bleibe
suchen. Die Eigentümerin dieses Hauses, die Beat Odinga AG,
beginnt
dort am 25. Mai mit dem Bau von Eigentumswohnungen. Sie hat den
Besetzern, mit denen sie einen Vertrag abgeschlossen hatte,
fristgerecht gekündigt.
Noch ist unklar, ob die Besetzer in den neu okkupierten Häusern
bleiben
können. So hat die Eigentümerin der Villa an der Seestrasse
die
Besetzer aufgefordert, das Haus bis Montag zu verlassen. Diese
vermuten, dass die Besitzerin das Haus anschliessend unbewohnbar machen
will. Laut Szenekennern kommt es immer häufiger vor, dass leer
stehende
Häuser abgebrochen oder unbenutzbar gemacht werden, auch wenn
keine
Baubewilligung vorliegt - wie an der Moussonstrasse.
Die Stadt kann solche "Abbrüche auf Vorrat" nur in der Kernzone
verhindern oder bei Gebäuden, die im Inventar der Denkmalpflege
aufgeführt sind. Im Rest der Stadt können die Eigentümer
machen, was
sie wollen. "Lange leer stehende Häuser oder mehrjährige
Baulücken sind
aber nicht im Sinn der Stadt", sagt Urs Spinner vom Hochbaudepartement.
Die Polizei spricht trotz der vielen Aktivitäten in der Szene
nicht von
einer ungewöhnlichen Häufung - meist seien kleinere
Liegenschaften
betroffen. Im Moment sind 18 Gebäude in der Stadt besetzt.
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1. MAI ZÜRICH
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Polit- und Kulturprogramm Revolutionärer 1. Mai Zürich
http://ch.indymedia.org/de/2009/04/68596.shtml
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NESTLÉ
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Indymedia 24.4.09
Menschenrechtsforum: Brabeck in die Wüste schicken ::
AutorIn : Unia Jugend / Unia Jugend Zentralschweiz: http://www.unia.ch/jugend
Die Unia Jugend ist empört, dass dem
Nestlé-Verwaltungsratspräsident
Peter Brabeck am Menschenrechtsforum in Luzern eine Plattform geboten
wird. In einem offenen Brief fordern wir die Organisatoren des
Menschenrechtsforums auf, ihn wieder auszuladen und stattdessen einen
Vertreter einer nestlé-kritischen Bürgerrechtsbewegung oder
einer NGO
einzuladen. Andernfalls sehen wir uns verpflichtet, zu friedfertigem
Widerstand gegen den Image-Auftritt aufzurufen.
Dass ausgerechnet der Nestlé-Chef Brabeck an einem
Menschenrechts-Forum
als Hauptreferent angekündigt wird, ist blanker Hohn. Wenn er
obendrauf
zum Thema "Wasser und Menschenrechte" sprechen soll, wird's richtig
peinlich. Offenbar ist den Organisatoren entgangen, dass Nestlé
seit
Monaten nicht nur in der schweizerischen Presse, sondern auch
international am Pranger steht: Weil die globalisierungskritische
Gruppe attac aus dem Kanton VD ein Buch über Nestlé
schrieb, das auch
die Wasserprivatisierung durch Nestlé behandelte, beauftragte
Nestlé
kurzerhand die Securitas die Gruppe zu infiltrieren. Diese hat zwischen
2003 und 2008 mindestens zwei Spioninnen in die Gruppe eingeschleust,
und teilweise äusserst heikle Daten über Aktivitäten in
der Schweiz,
aber auch beispielsweise über kolumbianische oder brasilianische
Aktivisten an Nestlé weitergegeben. Derzeit läuft ein
Strafverfahren
gegen Nestlé.
Es gibt zahlreiche weitere Gründe, warum nicht dem
Lebensmittelmulti
Nr. 1, der immer wieder Grundrechte verletzt, sondern den Betroffenen
dieser Geschäftspraktiken das Wort gegeben werden muss. In Polen
wurde
etwa ein Gewerkschaftsführer unter gesuchten Vorwänden
entlassen, in
Indien hat Nestlé ein Dauerverbot von Arbeitnehmerversammlungen
gerichtlich beantragt, in Nestlé-Fabriken in Kolumbien kam es in
den
letzten Monaten wiederholt zu Morddrohungen gegen Gewerkschafter durch
paramilitärische Gruppen (mehr zu diesen Fällen: http://www.multiwatch.ch).
Auch die Sekretärin der Unia Jugend Schweiz, Elena Obreschkow,
verurteilt, "dass das Menschenrechtsforum Luzern einem Vertreter des
ausbeuterischen Wirtschaftsystems, Peter Brabeck, eine Plattform
bietet, sich von Kritik reinzuwaschen."
Sollte Brabeck trotz allem doch sprechen können, ruft die Unia
Jugend
Schweiz die gesamte Bevölkerung zu Aktionen gegen die PR-Rede von
Brabeck auf!
Weitere Informationen können dem offenen Brief entnommen werden.
--
Offener Brief an das Menschenrechtsforum Luzern
24.04.2009 20:33
Offener Brief der Unia Jugend
und der Unia Jugend
Zentralschweiz an das
Menschenrechtsforum Luzern
Bern, 21. April 2009
Kein Platz für Nestlé-Chef Peter Brabeck!
Sehr geehrte Herren Kirchschläger
Sehr geehrte Verantwortliche des Menschenrechtsforums Luzern
Anlässlich des Menschenrechtsforums Luzern 2009 haben Sie Peter
Brabeck, Nestlé-Verwaltungsratspräsident, eingeladen, am 6.
Mai einen
Vortrag zu "Menschenrechte und Wasser" zu halten. Damit geben Sie einem
umstrittenen multinationalen Konzern die Möglichkeit, sich von der
massiven Kritik an seiner eschäftspraxis reinzuwaschen. Damit
tragen
Sie ausserdem dazu bei, dass Wasser als Menschenrecht in weite Ferne
rückt. Ausgerechnet der Firma Nestlé, welche in den letzten
Jahren
immer wieder durch Skandale und Menschenrechtsverletzungen in der
gesamten Welt, wie auch in der Schweiz aufgefallen ist, kommt diese
Ehre zu.
So hat Nestlé zum Beispiel:
• die globalisierungskritische Gruppe attac Waadt durch die Securitas
bespitzeln lassen, als diese an einem Buch über Nestlé
gearbeitet hat.
Dadurch hat Nestlé in gravierender Weise
Grundrechte wie der Schutz der Privatsphäre verletzt.
• in verschiedenen Ländern wie Kolumbien, Indien oder Polen
gewerkschaftliche Rechte missachtet oder versucht, diese zu
unterbinden. Gegen Morddrohungen von paramilitärischen
Gruppen gegen Gewerkschafter in Nestlé-Fabriken, wie sie etwa
gegen
Mitglieder der Gewerkschaft Sinaltrainal in Kolumbien gemacht werden.
Das Recht auf Organisations- und Meinungsfreiheit wird dabei in
gravierender Weise verletzt.
• als grösster Flaschenwasserproduzent der Welt die Privatisierung
von
Wasser an vorderster Front vorangetrieben. Durch den Kauf von
Konzessionen für die Nutzung von öffentlichen
Quellen, kann Nestlé mit geringsten Kosten Flaschenwasser - wie
etwa
die Marke "Pure Life" - herstellen, und es mit hohen Gewinnen an
wohlhabende Schichten verkaufen, während
ärmere Bevölkerungsschichten keine Mittel für eine
Verbesserung der
Trinkwasserversorgung haben. Immer öfter werden Menschenrechte und
Ethik als Feigenblatt von multinationalen Unternehmen gebraucht, um ihr
angeschlagenes Image zu reparieren. Solange aber Nestlé
wachsenden
Profitraten verpflichtet ist, werden auch PR-Kampagnen daran nichts
ändern, dass der Respekt vor den Menschen erst an zweiter Stelle
steht.
Wer seinen Aktionären Gewinn nach Hause bringen muss, der wird den
Menschen auch nicht mehr Lohn, billiges Wasser oder mehr
gewerkschaftliche Rechte.
Mit der Einladung von Peter Brabeck an das Menschenrechtsforum
verhindern Sie somit eine wirkliche Diskussion über Wasser und
Menschenrechte welche sich mit den lebensbedrohlichen Problemen der
Menschen, und nicht mit den Imageproblemen von Firmen auseinandersetzt.
Die Unia Jugend fordert Sie daher als Verantwortliche des
Menschenrechtsforums Luzern dazu auf, Peter Brabeck wieder auszuladen
und stattdessen einen Vertreter einer nestlé-kritischen
Bürgerrechtsbewegung oder einer NGO einzuladen. Andernfalls sehen
wir
uns verpflichtet, zu friedfertigem Widerstand gegen den Image-Auftritt
aufzurufen.
Freundliche Grüsse
Unia Jugend und Unia Jugend Zentralschweiz
AutorIn: Unia Jugend / Unia Jugend Zentralschweiz | Web: http://www.unia.ch/jugend
--
Link
24.04.2009 20:48
Hier noch 2 funktionierende Links:
UNIA
http://www.unia.ch/news_aktionen.9.0.html?&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news]=4296&tx_ttnews[backPid]=1&cHash=a001e76e2e
HUMAN RIGHTS
http://www.humanrights.ch/home/de/idart_6859-content.html?zur=79
AutorIn: Ergänzung
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NO NATO 2009
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linksunten.indymedia.org
24.4.09
http://linksunten.indymedia.org/de/node/5086
Nach Strasbourg: Zum Umgang mit der Gewalt in den eigenen Reihen
Verfasst von: war resisters international.
Je mehr Gewalt, desto weniger Revolution ", schrieb Bart de Ligt
bereits 1936 in "The Conquest of Violence”. Folgt man dem, gab es in
Strasbourg trotz aller Revolutionsromantik aus bestimmten Kreisen sehr
wenig Revolution. Ich stelle dies vorweg um klar zu machen, dass es
hier um eine Kritik aus revolutionärer Perspektive geht, und nicht
um
eine grün- oder Linkspartei staatsreformistische, das staatliche
Gewaltmonopol bejahende Kritik an Gewalt.
Als GraswurzelrevolutionärInnen, als gewaltfreie AnarchistInnen
müssen
wir uns jedoch auch mit Gewalt aus den Reihen sozialer Bewegungen
auseinandersetzen, denn diese Gewalt ist in unserer
Revolutionsperspektive kontraproduktiv.
Es ist klar, dass es in Strasbourg massiv auch nicht-provozierte Gewalt
von Seiten der Polizei gab: so wurde Tränengas auch ohne jede
Vorwarnung gegen friedliche DemonstrantInnen eingesetzt, z.B. auch bei
einigen der Blockaden von Block-NATO. Es ist auch klar, dass zahlreiche
ProvokateurInnen im Einsatz waren. Es gibt mindestens zwei
unabhängige
Beobachtungen, die bezeugen, dass als "schwarzer Block" verkleidete
Personen in Polizeiwannen saßen. Es ist ebenso klar, dass es im
Zusammenhang mit dem Abbrennen des Ibis-Hotels und anderer Gebäude
noch
zahlreiche offene Fragen gibt. Doch trotz alledem ist unbestreitbar: es
gab in Strasbourg ein Problem mit Gewalt von Seiten der Bewegung, ein
Problem, mit dem als Bewegung konstruktiv umzugehen ist. Und dies gilt
nicht nur für den 4. April.
Problematische Aktions- und Umgangsformen im Camp
Als NATO-ZU - eine Koalition gewaltfreier Gruppen mit dem Ziel, den
NATO-Gipfel gewaltfrei zu blockieren, die von der War Resisters'
International mit initiiert wurde (vgl. GWR 336 & GWR 337) - hatten
wir im Camp in der Rue de la Ganzau im Süden Strasbourgs unsere
Basis.
Das Camp selbst war von einer Koalition deutscher und
französischer
Gruppen organisiert worden, mit dem Ziel, eine gemeinsame Infrastruktur
für Aktionen während des NATO-Gipfels bereitzustellen1. So
weit, so
gut.
Problematisch waren jedoch einige der Aktionen, die vom Camp ausgingen,
und der Umgang mit den Folgen dieser Aktionen im Camp. Beispiele:
Am Donnerstag, den 2. April, gab es eine Antirepressionsdemo, die vom
Camp ausging. Im Rahmen dieser Demonstration wurde nicht nur eine
französische Kaserne weiträumig entglast (eine Aktion,
über die man ja
durchaus diskutieren kann, auch wenn ich bezweifle, dass sie zu diesem
Zeitpunkt und in dieser Form taktisch Sinn machte), sondern es wurden
auch wahllos Bushaltestellen und andere öffentliche Einrichtungen
sowie
Müllbehälter zerstört bzw. in Brand gesteckt2. In Folge
der
Demonstration verfolgte die Polizei einige DemonstrantInnen bis in die
Nähe des Camps, was bei einigen Leuten Befürchtungen
über einen
bevorstehenden Angriff der Polizei auf das Camp auslöste. Es
wurden
Barrikaden errichtet, und am nordöstlichen Ausgang des Camps kam
es zu
Auseinandersetzungen mit der Polizei sowie zum Einsatz von
Tränengas.
In diesem Fall bemühte sich NATO-ZU gemeinsam mit dem
Internationalen
Koordinationskomitee Nein zur NATO um eine Deeskalation - NATO-ZU
innerhalb des Camps, und das Koordinationskomitee intervenierte bei der
Polizei.
Am Freitag, den 3. April, kam es auf der Rue de la Ganzau zu einer
Eskalation mit der Polizei, nachdem eine Gruppe der Clownarmee von der
Polizei zur Personalienfeststellung länger festgehalten worden
war. Es
wurden auf der Rue de la Ganzau Barrikaden errichtet, und die erste
Barrikade wurde angezündet. Versuche einzelner Clowns, von NATO-ZU
und
anderer Personen, die Menschen zur Rückkehr ins Camp zu bewegen,
scheiterten. In diesem Falle kam es nicht zu einer weiteren Eskalation,
da die Polizei daran kein Interesse hatte.
Problematisch war in beiden Fällen, dass hier von wenigen Menschen
den
CampteilnehmerInnen quasi eine militante "Verteidigung" des Camps
aufgezwungen wurde. Auch jenseits der Grundsatzfrage der Gewalt war
eine Auseinandersetzung darüber, ob diese Militanz zu dieser Zeit
an
diesem Ort taktisch Sinn machen würde, quasi nicht möglich.
Ebenso
problematisch war aber auch, dass großen Teilen des Camps dies
egal zu
sein schien, und die Menschen weiter in Ruhe beim Essen saßen,
während
die Situation um das Camp herum eskalierte. Nur wenige nahmen
Verantwortung wahr für das, was im Camp und um das Camp herum
geschah.
Während nur wenige sich an der Eskalation selbst beteiligten,
wurde
diese aber oft durch die Anwesenheit Anderer, die faktisch eine stillte
Unterstützung darstellte, unterstützt.
Die Demo
Nach der erfolgreichen gewaltfreien Blockade von NATO-ZU war es uns
nicht mehr möglich, zur Demonstration zu kommen. An der Pont
d'Anvers,
der Brücke, die die Stadt mit dem Hafengebiet verbindet, wurden
wir von
Polizei gestoppt. Mir fehlen also Erfahrungsberichte aus erster Hand
zur Demonstration selbst.
Ohne die massiven und oft nicht provozierten Angriffe der
französischen
Polizei herunterspielen zu wollen (die Strategie der Polizei war
eindeutig auch eine Strategie der Eskalation), ist jedoch klar, dass es
bei oder im Umfeld der Demonstration auch zu massiven Angriffen auf die
Polizei kam, und zu starken Zerstörungen. Das abgebrannte
Ibis-Hotel
ist hier nur das weithin sichtbare Symbol einer Gewalt, die teilweise
auch wahllos Dinge zerstörte, die für die dort lebenden
BewohnerInnen
eines ohnehin benachteiligten Stadtteils von Bedeutung waren: eine
Apotheke, Bushaltestellen, usw.
Unabhängig davon, ob hier auch ProvokateurInnen beteiligt waren,
wirft dies für uns viele Fragen auf.
Gewalt als Folge struktureller Gewalt?
Ein häufiges Begründungsmuster für die Anwendung von
Gewalt ist, dass
strukturelle Gewalt in unserer Gesellschaft Gewalt quasi erzwingt. Es
ist sicher richtig, dass Gewalt oft die ohnmächtige Antwort auf
strukturelle Gewalt in unserer Gesellschaft darstellt. Die Gewalt in
benachteiligten Stadtteilen ist dabei nur ein Beispiel. Die
polizeiliche Antwort auf diese durch soziale Probleme produzierte
Gewalt ist dabei Teil des Problems, und führt nur zu einer
Eskalation
der Gewalt, die sich dann auch zu anderen Anlässen entladen kann.
Mit
der Verschärfung der Krise des Kapitalismus wird sich dieses
Problem in
Zukunft eher verschärfen - auch bei Demonstrationen.
Im Zusammenhang mit den Ereignissen in Strasbourg sehe ich drei
miteinander verbundene und sich gegenseitig verstärkende
Problembereiche:
* eine Strategie autonomer Gruppen, die auf Anonymität und auch
auf
militante Auseinandersetzungen setzt. Dabei werden andere AktivistInnen
ungefragt und ungewollt als Schutz und Unterstützung bietende
Masse
genutzt;
* die Gewalt der Vorstädte, die sich mit Aktionen autonomer
Gruppen
vermischen kann, aber wenig politisches Ziel oder Taktik beinhaltet;
* der Einsatz von ProvokateurInnen durch die Staatsorgane,
begünstigt
durch die Anonymität und die oben beschriebene Gemengelage.
Unabhängig davon, wer denn nun im Detail für was
verantwortlich war,
drängt dies soziale Bewegungen - im Falle von Strasbourg die
Antikriegs- und Friedensbewegung - in eine militante Auseinandersetzung
mit der Polizei, eine Auseinandersetzung, die sie nur verlieren kann.
Dabei geht es mir nicht um die von Wolfgang Kraushaar so bezeichnete
"Militanzfalle"3, sondern um eine grundsätzlichere
Auseinandersetzung
mit Gewalt.
Gegen die Logik der revolutionären Gewalt
"Wir sprechen allen revolutionären Gewalthandlungen jede
sittliche,
sozialistische Würde entschieden ab. Die Gewalt, immer Attentat
gegen
den Menschen, steht im schärfsten Widerspruch zum Geist des
sozialistischen Ideals. (…) Es liegt für die Gewalt auch darin
keine
Rechtfertigung, daß sie im Namen der Interessen und Leiden der
Mehrheit
der arbeitenden und bedrückten Menschheit angewandt wird, "4 diese
Äußerung des russischen Sozialrevolutionärs Isaak
Steinberg ist auch
für die Auseinandersetzung nach Strasbourg relevant.
Jede Bewertung politischer Aktionen und der angewendeten Mittel muss
ihre Maßstäbe aus dem angestrebten Ziel nicht nur der
einzelnen
konkreten Aktion, sondern der politischen Utopie entwickeln - so sie
denn vorhanden ist. Alles andere führt zu einer Beliebigkeit der
Mittel, zu der Leerformel "Der Zweck heiligt die Mittel", mit der in
der Geschichte von allen Seiten noch jede Grausamkeit gerechtfertigt
wurde.
Noch einmal Isaak Steinberg: "Und immer wurde von den Hütern der
Zwecke, von den zeitweiligen Beherrschern der menschlichen Geschichte,
oft aufrichtig, gedacht und vor sich selbst oder vor anderen
wiederholt: ‘Der Zweck heiligt die Mittel!' (…)
Wenn aber der ‘technische' Standpunkt sich auf diese Formel
stützt, so
muß der ‘moralische' Standpunkt eine andere Formel besitzen. Ich
glaube, daß sie ohne Schwierigkeiten erfaßt und festgelegt
werden kann.
Sie würde lauten: Nicht der Zweck heiligt die Mittel, sondern der
Zweck
wird durch die Mittel geheiligt. Nicht alles ist erlaubt - besagt diese
Formel. Es genügt nicht, das Ziel zu bestimmen, zu vergeistigen
und zu
schmücken; es wird ein leerer Schall bleiben, wenn der zu ihm
führende
Weg mit ihm nicht innig und tief verwandt ist. Das Ziel ist ein
meisterhafter Plan, den der schöpferische Menschengeist entwirft,
eine
ferne Silhouette an dem geistigen Horizont, ein breites, viel
umfassendes Gefäß, das seiner schöpferischen
Erfüllung harrt. Die
‘Mittel' sind die ausgewählte, feinempfindliche, dem Zweck
verwandte
Hand, die nach diesem Plan das Gebäude errichtet, die wahre
Silhouette
zum Leben weckt, das düstere Gefäß bis zum Rande
füllt. Nur durch
ausgewählte und verwandte Mittel kann der ideelle Umriß des
Ziels mit
dem Fleisch und Blut der ideellen Tat und des verkörperten Ideals
bekleidet werden. ‘Der Zweck heiligt die Mittel' bedeutet: Durch
Skrupellosigkeit in der Auswahl der Wege ist die Verwirklichung des
äußeren Rahmens der Aufgabe möglich. ‘Der Zweck wird
durch die Mittel
geheiligt' bedeutet: Nur durch die scharfe Auswahl der Wege kann der
innere Sinn der Aufgabe verwirklicht werden. "
Auch wenn "wir … weit davon entfernt [sind], aus der Gewaltfreiheit
wieder ein Dogma zu machen" (Clara Wichmann), so kann es doch auch
nicht darum gehen, Differenzen in der linken und revolutionären
Bewegung zuzukleistern und durch Aussparung der Gewaltdiskussion
letztendlich einem "Alles ist möglich" das Wort zu reden. Auch die
"Toleranz der Aktionsformen" hat ihre Grenzen, und die sind nicht erst
da erreicht, wo Menschenleben bedroht werden, sondern da, wo durch die
Militanz einiger die gesamte Bewegung in eine aus meiner Sicht falsche
militante Auseinandersetzung gedrängt wird.
Konsequenzen
Es ist zu hoffen, dass die Ereignisse von Strasbourg auch in der
autonomen Szene zu einer Reflexion über Aktions- und
Organisationsformen führen. Auch wenn ich schon jetzt den
Spaltungsvorwurf höre, so gibt es für mich klare Bedingungen
für eine
zukünftige Zusammenarbeit. Und dem Spaltungsvorwurf entgegne ich,
dass
hier faktisch der spaltet, der Menschen und Gruppen durch die
Nichtbeachtung ihrer Aktionsformen und -grenzen aus der Bewegung
drängt. Es gab nach dem Samstag von vielen TeilnehmerInnen an
gewaltfreien Aktionen das Gefühl, sich in Zukunft lieber in einem
eigenen Camp zu organisieren - und dies ist keine Spaltung, sondern
eine Konsequenz der Eskalation um das Camp in der Rue de la Ganzau.
Folgende Bedingungen kann ich mir für eine zukünftige
Zusammenarbeit vorstellen:
* eine Selbstkritik aus autonomen Reihen zu den Ereignissen in
Strasbourg;
* klare Absprachen zu einem eventuellem gemeinsamen Camp, und zum
Umgang mit Eskalationen und der Polizei, sowie die Bereitschaft, diese
Absprachen auch gegenüber nicht an den Absprachen beteiligten
Gruppen
und Einzelpersonen mit durchzusetzen;
* klare Absprachen, Demonstrationen nicht für eine
Auseinandersetzung mit der Polizei zu nutzen.
Diese Liste ist mit Sicherheit nicht vollständig.
Unabhängig davon stellt sich aber auch für die
OrganisatorInnen großer
Demonstrationen die Frage, wie in Zukunft eine Eskalation vermieden
werden kann. Es ist klar, dass es dabei nicht um eine Zusammenarbeit
mit der Polizei gehen kann, oder um einen eigenen "Sicherheitsdienst".
Das Demonstrationen inhärente Problem ist jedoch, dass sie als
unorganisierte Masse in der Regel nicht handlungsfähig sind. Es
wäre
daher vielleicht über trainierte Bezugsgruppen nachzudenken, die
schnell deeskalierend eingreifen können, ohne Menschen
auszugrenzen
oder gar der Polizei auszuliefern.
Für mich bleiben nach Strasbourg für die zukünftige
spektrenübergreifende Arbeit in sozialen Bewegungen noch viele
Fragen
offen. Ich denke, dass sich viele der Probleme, die in Strasbourg
auftraten, in Zukunft eher verschärfen werden. Eine konstruktive
Debatte darüber ist dringend notwendig.
Andreas Speck
War Resisters' International
http://wri-irg.org/node/7262
Dieser Artikel erschien in Graswurzelrevolution Nr. 339, Mai 2009
http://www.graswurzel.net/
Anmerkungen
1 Ich möchte mich ausdrücklich bei den OrganisatorInnen des
Camps für
ihre Arbeit bedanken. Ohne Euch wären auch unsere gewaltfreien
Aktionen
nicht möglich gewesen.
2 Nach Aussagen von AnwohnerInnen haben sich an diesen Aktionen auch
einheimische Jugendliche, die nicht aus dem Camp kamen, beteiligt
3 Illusionen einer Protestbewegung. Frankfurter Rundschau, 3. April
2009 http://tinyurl.com/militanzfalle
4 Isaak Steinberg: Gewalt und Terror in der Revolution. Berlin, 1931
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FINGERPRINT
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Bund 25.4.09
Der kleine Bund
Tinte am Finger
In drei Wochen wird über den Pass mit dem Fingerabdruck
abgestimmt.
Schon in den Zwanzigerjahren wollte der Bund den Pass biometrisch
aufrüsten. Er scheiterte an einem Unbehagen, das sich heute wieder
meldet: Am Fingerabdruck haftet der Ruch der Verbrecherjagd.
Daniel Di Falco
"Die ganze Welt stand uns offen", heisst es in Stefan Zweigs Roman "Die
Welt von gestern": "Wir konnten reisen ohne Pass und Erlaubnisschein,
wohin es uns beliebte."
Zweig meinte die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg. Wer damals nicht als
"Vagant", "Zigeuner" oder "gefährlicher Ausländer" von der
bürgerlichen
Gesellschaft ausgeschlossen war und unter Generalverdacht der
Behörden
stand (diese Randgruppen kommen in Zweigs Erinnerung nicht vor), der
hatte bis dahin von Grenzkontrollen ziemlich unbehelligt durch Amerika
und Europa reisen können. Dafür sorgten
Freihandelsverträge aus dem 19.
Jahrhundert. In der Schweiz gab es bis dahin eigentlich nicht einmal
einen Pass: Jeder Kanton stellte eigene Pässe aus; daneben dienten
andere Papiere wie der Geburts- oder der Heimatschein als
Identitätsnachweis.
Per Notrecht zum Pass
Der Krieg machte mit der Freiheit Schluss. 1914 schlossen die Staaten
Europas ihre Grenzen und verlangten Pässe. Die Schweizer hatten
allerdings nur ihre kantonalen Papiere in der Tasche, und von
Schaffhausen oder Graubünden hatte man in Tsingtau oder Caracas
noch
nie etwas gehört. So häuften sich die Klagen von Schweizer
Bürgern, die
im Ausland nicht anerkannt wurden. Und es gab Fälle "wenig
skrupulöser
Individuen", wie es in einer amtlichen Akte von damals heisst, die sich
mit gestohlenen, gefundenen oder gefälschten Heimatscheinen als
Schweizer ausgaben oder mit diesen Scheinen handelten.
Auf den Ämtern war das nicht erst seit dem Krieg ein Thema, doch
jetzt
griff der Bund zum Notrecht: 1915 ersetzte er die kantonalen Pässe
durch einen einheitlich-eidgenössischen. Das war der erste
Schweizer
Reisepass, und er enthielt erstmals auch ein Foto: Das wies jenen, der
das Papier vorzeigte, als dessen rechtmässigen Inhaber aus.
"Die Staatsangehörigkeitsbestätigung ist für sich allein
meist wertlos,
ja sie ist ohne Identitätssicherung irreführend und
gefährlich",
erklärte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
(EJPD)
einige Jahre später. Jetzt, Anfang der Zwanzigerjahre, ging es
darum,
aus der provisorischen Regelung der Kriegszeit ordentliches Recht zu
machen; bei der Gelegenheit wollte der Bund jene
"Identitätssicherung"
noch verbessern. Und zwar mit dem Fingerabdruck: Er sei so viel wert
"wie Signalement, Photographie und Unterschrift zusammen", hiess es im
EJPD. So kam es, dass sich der Bund schon vor fast einem Jahrhundert
mit der biometrischen Aufrüstung des Passes beschäftigte. Die
Schweiz
war damit - anders als heute - praktisch allein auf weiter Flur: Ausser
Portugal und Spanien hatte damals kein Staat in Europa den
Fingerabdruck im Ausweis.
Die Zürcher Historikerin Nicole Schwager hat diese Geschichte aus
den
Akten gehoben, und sie erklärt den Abbruch der Übung 1926 mit
der
Symbolik, die am Fingerabdruck haftete: Der Bürger sah sich mit
einem
Verfahren konfrontiert, dem sich ansonsten Verbrecher unterziehen
mussten. Der biometrische Pass sollte darum - auch das im Gegensatz zu
heute - freiwillig sein. Doch auch das konnte nicht verhindern, dass
das Projekt damals scheiterte.
Der Körper als Ausweis
Rein technisch war der Fingerabdruck über jeden Zweifel erhaben.
Bloss
0,1 bis 0,4 Millimeter tief sind die Rillen auf der Haut, die an den
Fingerkuppen charakteristische Muster bilden, wirbel-, bogen- oder
schlingenförmige. Doch genau diese Zehntelmillimeter boten der
Polizei
vor der DNA-Ära die beste Möglichkeit, Identität
dingfest zu machen:
Die Hautmuster verändern sich im Laufe eines Lebens nie, sie
bilden
sich auch nach Verletzungen wieder, und sie sind von Mensch zu Mensch
verschieden - in ihnen steckt das Individuelle am Individuum. So macht
der Fingerabdruck den Körper zum Ausweis; er sei eine
"vollkommene,
direkte Kopie" des Menschen, erklärte 1895 ein deutscher
Gefängnisdirektor. Und noch 1938 geriet der Gründer des FBI
ins
Schwärmen: Das Sammeln von Fingerabdrücken, sagte J. Edgar
Hoover, sei
"eines der zuverlässigsten Einzelbollwerke im Kampfe der
menschlichen
Gesellschaft gegen das Verbrechertum".
"Zuverlässig und unveränderlich"
Von einer solchen Wunderwaffe hatten Polizisten und Wissenschaftler
schon lange geträumt. Im 19. Jahrhundert war die
"Personenfeststellung"
zum Problem geworden. Denn erstens waren die Brandmarkungen und
Verstümmelungen verboten worden, die die Justiz den Verurteilten
bis
dahin beigebracht hatte, um die Wiederholungstäter sicher
wiederzuerkennen. Und genau in diesen rückfälligen
"Gewohnheitsverbrechern" sah die Justiz die Gefahr.
Zweitens formulierte die moderne bürgerliche Gesellschaft neue
Kontrollansprüche: Die kapitalistische Ordnung hatte sich
etabliert,
und damit war nicht nur die Bedeutung des Eigentums gewachsen, sondern
auch die der Eigentumsverletzung - eine neue Klasse von Delikten und
Delinquenten war entstanden.
Und drittens hatte die Industrialisierung die Städte anwachsen
lassen.
In den neuen Metropolen drängten sich mobile Massen; die
herkömmliche
Sozialkontrolle war ausser Kraft. Das machte die öffentliche
Sphäre zur
Bedrohung. Wer wollte, konnte sich in dieser neuen
Unübersichtlichkeit
ziemlich problemlos unerkannt halten: mit einem neuen Namen, einer
Verkleidung, einem falschen Ausweis.
"Jedem Einzelnen eine zuverlässige, unveränderliche
Individualität zu
sichern, die jederzeit wiedererkannt und nachgewiesen werden kann" -
das ist der Traum des polizeilichen Erkennungsdienstes, wie ihn 1885
Louis Herbette formulierte, der Generaldirektor des französischen
Straf- und Anstaltswesens. Dieser Traum wurde zu einem Fieber, das
Beamte und Wissenschaftler umtrieb. Zunächst war es die
Porträtfotografie, die der Polizei Hoffnung machte: Sie versprach,
die
Individuen in automatenhafter Objektivität abzubilden. Ersten
Gebrauch
von der Kamera machte die Polizei in Belgien und Frankreich bereits in
den 1840er-Jahren.
Dann war es die Methode, die der Pariser Polizeibeamte Alphonse
Bertillon um 1880 entwickelte: ein System millimetergenauer Messungen
an der menschlichen Anatomie, von der Armspannweite über die
Breite des
Kopfs bis zur Länge des mittleren Fingers. Wobei, wie Bertillon
nachwies, sechs bis sieben solcher Messungen genügen, um einen
Menschen
eindeutig zu identifizieren. Das war Biometrie in ihrer allerersten
Form.
Spuren des Abwesenden
In der Theorie funktionierten die zwei Verfahren bestens. In der Praxis
dagegen stiessen sie an ihre Grenzen: unmöglich, über
Tausende von
Porträtfotos eine Codierung zu legen, nach der sie sich
hätten
sortieren, ablegen und wiederfinden lassen; unmöglich auch, mit
einem
Bild in der Hand unter den Abertausenden anderen Bildern in der Kartei
zu recherchieren. Die "Bertillonage" verwandelte den Körper dann
zwar
in Millimeterwerte, und nach diesen liessen sich die Personenkarten
ordnen. Doch die Messungen waren umständlich und die Resultate
ungenau.
Dagegen der Fingerabdruck: einfacher in der Handhabung, aber auch in
der Registrierung, weil jedem entscheidenden Merkmal des Hautmusters
ein Zahlencode zugewiesen werden konnte. Bertillon selbst nahm den
Fingerabdruck nachträglich in seine Systematik auf, und schon um
1920
hatte die "Daktyloskopie" - die Lehre und Technik des Fingerabdrucks -
seine Körpervermessung verdrängt.
Dazu kam, dass der Fingerabdruck nicht nur Verhaftete kenntlich machte,
sondern auch Täter, die ihre Spur am Ort des Verbrechens
hinterliessen:
Er identifizierte das Individuum auch dann, wenn es gar nicht da war.
Als Erster wurde 1892 in Argentinien ein Mörder anhand seiner
Fingerabdrücke überführt; den ersten Erfolg in der
Schweiz verbuchte
die neue Technik 1912, nach einem Einbruch in ein Café in
Lausanne.
Fingerabdruck für Neugeborene
1933 erschien das Fingerabdrucklehrbuch des Kriminalisten Josef Albert,
eine "gemeinverständliche Darstellung zur leichten Erlernung der
Daktyloskopie für jedermann". Für jedermann - aber auch an
jedermann:
"Es wäre überhaupt von grossem Vorteil", so Albert, "wenn die
gesamte
Menschheit mit dem Eintritte in die Schule oder dem Erreichen eines
bestimmten Lebensalters amtlich daktyloskopiert werden würde."
Beflügelt von Identifizierungs- und Ermittlungserfolgen,
propagierte
eine Reihe von Kriminalisten die maximale Ausweitung ihrer Datenbanken:
Die Aussicht auf Fahndungserfolg wuchs mit jedem Fingerabdruck, der
schon erfasst war. Zugleich setzten sich immer wieder Experten
dafür
ein, ihre Hightechwissenschaft auch im zivilen Alltag zu verwenden. Die
ganze Gesellschaft, so ihr Argument, sollte von den neuen
Kontrollmöglichkeiten und Sicherheitsgewinnen profitieren (und sie
selber von einer Aufwertung ihrer Profession). So schlug Albert den
Fingerabdruck für die "Gebäranstalten" vor, zur
"Verhütung des
Verwechselns neugeborener Kinder". Oder für die Kunst, wo er
Gemälde
vor Fälschungen schützen sollte. Oder eben für
Reisepässe,
Vereinsausweise, Arbeitszeugnisse.
Die Kriminalisten hatten die "Steckbriefähnlichkeit" des
Fingerabdrucks
sehr wohl im Auge, und sie kannten die "Abneigung des
Durchschnittsbürgers". Wer seinen Fingerabdruck hergebe, werde
"sich
wie ein Verbrecher vorkommen", erklärte der Kriminalist Robert
Heindl
1908 in einem Plädoyer für eine internationale Passreform.
Und
trotzdem: Er und seine Kollegen spekulierten darauf, das Verfahren
werde den Ruch seiner kriminalistischen Herkunft verlieren, sobald es
einmal verbreitet und alltäglich würde.
Damit machten sie es sich allerdings zu einfach. Das erfuhr zum
Beispiel Juan Vucetich, Pionier der Daktyloskopie in Südamerika,
der
1916 die gesamte Bevölkerung Argentiniens per Fingerabdruck
erfassen
wollte: Er erntete eine "wahre Revolution an Ablehnung", wie der
Rechtshistoriker Milos Vec in seiner Geschichte der kriminalistischen
Identifikationstechniken berichtet. Und auch anderswo kam der
Fingerabdruck nur in Einzelfällen in die persönlichen Papiere
(Abb.
unten). Vec erklärt das mit dem "Stigma des Verdachts": "Der
Bevölkerung fehlte die Bereitschaft, sich verdachtsunabhängig
diesem
Mittel der sozialen Kontrolle zu unterwerfen."
Zum gleichen Schluss kommt Nicole Schwager im Fall der Schweiz, wo der
Bund 1926 das Projekt des biometrischen Passes schon im
Verwaltungsstadium aufgab und für den Entwurf des Passgesetzes auf
den
Fingerabdruck verzichtete. Gründe waren der fehlende
internationale
Druck und die praktischen Probleme, zumal die Zollbeamten jeden
Fingerabdruck von blossem Auge hätten prüfen und vergleichen
müssen.
Vor allem aber lag es daran, dass er "als kriminalisierendes Zeichen
wahrgenommen" worden sei, so Schwager. Das belegen die Antworten der
Kantone und Gesandtschaften, die das EJPD zur Vernehmlassung eingeladen
hatte.
"Spott über Schweizerbürger"
"Gegen Fingerabdrücke herrscht ein derartiges Vorurteil, dass man
den
Inhaber eines Passes mit Fingerabdruck wenn nicht für einen
Verbrecher,
so doch sicherlich für ein verdächtiges Individuum halten
würde",
schrieb etwa das Budapester Generalkonsulat nach Bern. Aus Prag kam die
Befürchtung, der internationale Alleingang könnte zur "Quelle
des
Spottes über Schweizerbürger" werden. Und der Konsul in Hull
erklärte,
solange der Fingerabdruck sein "Stigma" nicht verloren habe, sei eine
Verwendung im Pass undenkbar. Mit derartigen "Vorurteilen" hatte der
Bund zwar gerechnet und darum von vornherein auf ein Obligatorium
verzichtet. Doch das half nichts - eher noch im Gegenteil: Wenn zwei
Arten von Pässen existierten, könnte der neue den "Kredit"
des alten
schmälern und dessen Inhaber in Verdacht bringen, erklärten
mehrere
Konsulate. "Es wäre ungerecht", fand der Konsul in Livorno,
"ruhige,
rechtschaffene Bürger, die keinen Fingerabdruck wünschen,
wenn auch nur
theoretisch zu benachteiligen."
Der Schritt ins Zivile
Heute, achtzig Jahre später, macht sich der biometrische Pass vor
allem
wegen der geplanten Registrierung Gegner. Neben den schriftlichen
Angaben und dem Foto wie bisher soll neu auch der Fingerabdruck in der
zentralen Passdatenbank abgespeichert werden. Von so etwas war in den
Zwanzigerjahren nicht die Rede. Damals ging es um die blosse Abnahme
der Fingerabdrücke, die die "Rechtschaffenen" auf die gleiche
Stufe
gestellt hätte wie Vagabunden, Prostituierte und Berufsverbrecher.
Zwar
bloss symbolisch, aber nicht weniger wirkungsvoll hätte die Tinte
am
Finger die bürgerliche Gesellschaft in Verbindung gebracht mit
jener
kriminellen Gegenwelt, von der sie sich sonst mit allen Mitteln
absetzte.
Und doch, bei allen Unterschieden: Wieder geht es heute um den
Übertritt des Fingerabdruckverfahrens aus der kriminalistischen in
die
zivile Sphäre. Und wieder ist es dieser Übertritt, der
Probleme macht.
Zwar funktioniert die Technik mittlerweile auch rein elektronisch und
hinterlässt keine Tinte an den Fingern mehr. Und sie dient heute
zur
Benutzeridentifikation auf jedem Laptop. Doch den Makel ihrer Herkunft
hat sie damit nicht abgestreift. Zumal wenn es nicht ums Private geht,
sondern um die Anwendung durch den Staat. Tatsächlich kommt hier
ja
nicht irgendeine weitere Information in die Passdatenbank: Der
Fingerabdruck ist nach wie vor das meistbenutzte
Identifikationsverfahren bei der Polizei, und er ist - anders als das
Signalement und das Gesichtsfoto - eben auch eine Tatortspur. Damit
bringt er den Konnex zur Verbrecherjagd in eine Sphäre ziviler
Daten.
Theoretisch jedenfalls. Was technisch machbar wäre, verbietet das
Gesetz: Zur Fahndung dürften die Daten aus dem Passregister nicht
verwendet werden. Das beteuert der Bundesrat - doch den
eidgenössischen
Datenschützer beruhigt das nicht. Gegen "eine mögliche
Zweckänderung"
hälfen nur technische Barrieren, sagt Hanspeter Thür. Und das
heisst
für ihn nichts anderes, als auf die zentrale Speicherung der
Fingerabdrücke ganz zu verzichten ("Bund" vom 31. März).
Polizisten protestieren
In der Diskussion der Zwanzigerjahre erkennt Nicole Schwager ein
"grundsätzliches Problem staatlicher Kontrolltechniken". Es gilt
auch
für die Gegenwart: Jene Kontrollmethoden, die sich der
Nationalstaat
zulegte, um die Rechte seiner Bürger zu schützen und die
staatliche
Gemeinschaft nach aussen abzugrenzen - sie bergen immer auch die
Gefahr, eine gegenläufige, eben repressive Wirkung zu entfalten.
"Die
Unschuldigen, die vor den Verdächtigen geschützt werden
sollen, werden
selbst zu Verdächtigen."
Das Unbehagen angesichts dieser Möglichkeit erklärt viel vom
Widerstand, auf den die aktuelle Passvorlage stösst. Wobei dieses
Unbehagen mitunter sogar die Profis packt. Anno 1927 beispielsweise bei
der Zürcher Stadtpolizei, wie Schwager berichtet. Damals schickte
der
Kommandant sein ganzes Korps zum Erkennungsdienst, wo die Beamten ihren
Fingerabdruck und ein Foto lassen sollten. Doch daran hatten sie wenig
Freude; nicht zuletzt, weil sie "auf der gleichen Sitzvorrichtung, wo
Verbrecher und Dirnen photographiert werden, Platz zu nehmen" hatten.
So stand es seinerzeit im "Schweizerischen Polizeiblatt", und dort
wurde auch berichtet, wie weit der Protest ging: Einer der Beamten
zerriss seine fertige Ausweiskarte - "vor den Augen des betreffenden
Bürovorstehers".
Nicole Schwager: Der Fingerabdruck als kriminalisierendes Zeichen. In:
Claudia Opitz u.a. (Hrsg.): Kriminalisieren, entkriminalisieren,
normalisieren. Chronos-Verlag, Zürich 2006. - Milos Vec: Die Spur
des
Täters. Nomos-Verlag, Baden-Baden 2002. - Unser Dossier im
Internet:
abstimmung.derbund.ch.
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ANTI-ATOM
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Bund 25.4.09
Verlangte Einsicht in Akten noch nicht gewährt
AKW/Mühleberg Der Berner Energiekonzern BKW möchte für
sein
Atomkraftwerk (AKW) in Mühleberg eine unbefristete
Betriebsbewilligung
- im Moment ist diese bis 2012 beschränkt. Gegen das entsprechende
Gesuch beim Bund sind 1900 Einsprachen eingegangen. Zudem verlangt eine
Untergruppe der Einsprecher Einsicht in zusätzliche Akten. Dabei
geht
es um die letzte periodische Sicherheitsüberprüfung des AKW,
welche die
BKW unter Verschluss hält. Um diese Dokumente einsehen zu
können, haben
die Einsprecher Klage beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Diese
Klage ist hängig und verzögert die Entscheidung für oder
gegen die
Aufhebung der zeitlichen Beschränkung der Betriebsbewilligung. Das
Bundesamt für Energie (BFE) verkündete nun diese Woche in
einer
Medienmitteilung, die Parteien des Verfahrens könnten zwischen dem
27.
April und dem 26. Mai Einsicht in weitere Akten nehmen. Diese
Mitteilung ist jetzt unter anderm auch im "Bieler Amtsanzeiger"
erschienen.
"Wir haben nach der Publikation der BFE-Mitteilung viele Anrufe
erhalten", sagt Jürg Joss von Fokus Anti-Atom, der an vorderster
Front
gegen die unbefristete Betriebsbewilligung Mühlebergs kämpft.
Viele
Menschen hätten angenommen, dass die AKW-Gegner im Kampf um die
Einsicht von Akten, die die BKW unter Verschluss hält, endlich
einen
Erfolg verbuchen könnten. "Dies ist aber nicht der Fall." Bei den
sogenannt zusätzlichen Akten handle es sich lediglich um die im
Rahmen
eines normalen Einspracheverfahrens üblichen Stellungnahmen der
involvierten Parteien, in diesem Fall also der BKW und des
eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi). Man
könne die
Akten mit der Antwort eines Hausbesitzers auf die Einsprache gegen die
Verlegung seines Gartenzauns vergleichen. "Ich habe die Dokumente
bereits gesehen. Sie enthalten bloss die hinlänglich bekannten
Argumente der Atomlobby für die Aufhebung der befristeten
Betriebsbewilligung." Das BFE führe die Menschen mit seiner
Formulierung bewusst in die Irre und gaukle ihnen vor, den AKW-Gegnern
würden Zugeständnisse gemacht.
"Diese Vorwürfe möchte das Bundesamt nicht kommentieren",
sagt Matthias
Kägi vom BFE. Es sei einfach eine Tatsache, dass zwei neue
Stellungnahmen vorlägen, die die Einsprecher einsehen
könnten. "An
unserer Formulierung gibt es deshalb nichts auszusetzen, sie entspricht
der Wahrheit." (sn)
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NZZ 25.4.09
Standortregion für Mühleberg-Ersatz
Berner Wirtschaft legt repräsentative Umfrage vor
Der Ersatz bestehender durch neue Kernkraftwerke findet in
jüngerer
Zeit landesweit immer mehr Zustimmung. Dasselbe gilt auch unter
regionalen Aspekten und in Bezug auf Mühleberg, wie die Resultate
einer
von der Berner Wirtschaft vorgelegten Umfrage zeigen.
kfr. Bern, 24. April
Seit 2001 lässt Swissnuclear, die Fachgruppe Kernenergie von
Swisselectric, jedes Jahr über 2000 Personen zu ihrer Einstellung
zur
künftigen Stromversorgung in der Schweiz befragen. Für eine
fast
gleichbleibende Mehrheit von rund 70 Prozent genügt Stromsparen
nicht,
um bestehende Kernkraftwerke ausser Betrieb zu setzen. 2008 war
erstmals nur eine Minderheit der Meinung, dass Stromsparen
zusätzliche
Kernkraftwerke überflüssig mache. Zwei Drittel der Befragten
rechnen
zudem mit Engpässen in der Stromversorgung; das führte - nach
einer
Trendwende ab 2005 - im letzten Jahr fast 57 Prozent dazu, den Ersatz
bestehender durch Kernkraftwerke der neuesten Generation zu
befürworten. In jüngster Zeit beantwortete eine knappe
Mehrheit auch
die Sonntags-Frage ("wenn am Wochenende über den Ersatz abgestimmt
würde") positiv.
Auf dieser Grundlage beauftragte der Handels- und Industrieverein
des
Kantons Bern (HIV) das Meinungsforschungsinstitut Demoscope, eine
repräsentative Erhebung unter Einbezug weiterer Fragen und
regionaler
Aspekte durchzuführen. Im Februar 2009 wurden 2416 Personen in den
drei
Kantonen Bern, Freiburg und Neuenburg befragt. Nicht überraschend
stimmen 79 Prozent der Aussage zu, der Stromverbrauch werde auch in den
kommenden Jahren stetig steigen; überdies erwarten 58 Prozent eine
"Stromlücke", und eine Mehrheit hält es für denkbar,
dass dadurch der
Wirtschaftsstandort geschwächt wird. Der Ausbau der Windenergie
wird
deutlich befürwortet, der Bau von Gaskraftwerken klar abgelehnt.
Der
Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg am selben Standort erhält
nach
Einschätzung des HIV eine deutliche Zustimmung. 55 Prozent der
Befragten im Kanton Bern, 59 Prozent im Kanton Freiburg und 52 Prozent
im Kanton Neuenburg beurteilen die Pläne der BKW
grundsätzlich als
positiv oder eher positiv, und noch etwas höher fallen die
Prozentzahlen für einen Ersatz am heutigen Standort aus. Für
mehr als
die Hälfte der Befragten ist er zudem wichtig für eine
sichere
Stromversorgung. Die Sonntags-Frage (58 Prozent Zustimmung) ergab, dass
dem Bau eines neuen Kernkraftwerks Mühleberg derzeit nichts im
Wege
stehen würde.
Für Christoph Erb, den Direktor der Berner KMU
(Gewerbeverband),
bestätigt die Umfrage eine frühere Studie, welche die
Vorteile für den
Kanton Bern hervorgehoben hatte. Diese lägen in der
Wertschöpfung (500
Millionen Franken pro Jahr), bei der Beschäftigung (1300
Arbeitsplätze)
sowie bei den Steuererträgen (84 Millionen Franken) - ohne die
Bauphase. Adrian Haas, Direktor des HIV, erinnerte an die kantonale
Abstimmung von 2000, die über 64 Prozent Nein zur Stilllegung des
Kernkraftwerks Mühleberg ergeben hatte, und an die landesweiten
Ergebnisse von 2003 zur Initiative "Strom ohne Atom".
Nationalrat Christian Wasserfallen stellte als
Gründungsmitglied das
"Forum Pro Mühleberg" mit Persönlichkeiten aus vier Kantonen
vor, das
den Befürwortern zu mehr Präsenz verhelfen und zur
Standortsicherung
beitragen soll. Aus der Umfrage zieht die Berner Wirtschaft den
Schluss, dass die Bevölkerung anders denke als der in der Mehrheit
rot-grüne Regierungsrat. Wenn Kernkraftwerke dereinst abgestellt
würden, müsse Mühleberg beim Ersatz mit Beznau "in der
ersten Reihe"
stehen, sagte Niklaus J. Lüthi als Präsident des HIV. Nachdem
sich die
Aargauer Regierung immer klar positioniert habe, erwarte man dasselbe
nun auch im Kanton Bern.
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Basler Zeitung 24.4.09
Der unermüdliche Mahner
Anti-AKW-Aktivist Jürg Joss warnt vor den grösser werdenden
Rissen in Mühleberg
Barbara Spycher, Mühleberg
In den nächsten Wochen soll das Bundesamt für Energie
über die
unbefristete Betriebsbewilligung für das AKW Mühleberg
entscheiden.
Jürg Joss ist einer von 1900 Einsprechern: Das Sicherheitsrisiko
sei zu
gross. Am 26. April demonstriert er deswegen in Bern.
Erst wenn man um die letzte Kurve biegt, sieht man das AKW. In einer
Senke versteckt, liegt es an der Aareschlaufe, mit seinem rot-weissen
Abluftkamin und dem Reaktorgebäude. Es riecht nach Gülle;
rundherum
Weiden, Ackerland und Bauernhöfe. Das AKW liegt auf dem Boden der
Gemeinde Mühleberg, die Stadt Bern ist 14 Kilometer entfernt.
Jürg Joss
blickt hinunter auf den Atommeiler, mit dem er sich seit bald 20 Jahren
auseinandersetzt: Der 46-Jährige aus Bätterkinden (BE) ist
einer der
vehementesten und versiertesten Kritiker des AKW Mühleberg, als
Mitglied der Gruppe Fokus Anti-Atom fordert er aus
Sicherheitsgründen
dessen sofortige Stilllegung.
Geheimhaltung
In jüngster Zeit stösst dieses Anliegen auf grössere
Resonanz, in
Zusammenhang mit der unbefristeten Betriebsbewilligung, welche die
Betreiberin BKW für Mühleberg verlangt. "Was, dieses AKW ist
40-jährig,
hat Risse und soll eine unbefristete Betriebsbewilligung erhalten?"
Solche Kommentare hört Joss neuerdings auch von Leuten, die nicht
per
se gegen AKW sind. Gegen die unbefristete Betriebsbewilligung kamen
letzten Sommer innert Kürze 1900 Unterschriften zusammen, von
Privatpersonen, Organisationen und Gemeinden wie Bern oder Köniz.
In den nächsten Wochen oder Monaten wird der Entscheid des
Bundesamts
für Energie erwartet. Dieses will zuerst abwarten, wie das
Bundesverwaltungsgericht in einer Teileinsprache entscheidet, welche
volle Akteneinsicht fordert. Denn den jüngsten Sicherheitsbericht
hält
die BKW "wegen dem Sabotageschutz" unter Verschluss - im Gegensatz zum
Bewilligungsverfahren 1992 oder zu demjenigen in Beznau. Dennoch ist
bekannt, dass die Risse im AKW Mühleberg stark gewachsen sind.
Diese
wurden erstmals vor 20 Jahren entdeckt und betreffen den Kernmantel,
der die Kernbrennstäbe umhüllt und für die
Kühlwasserführung
entscheidend ist, im Normalbetrieb und bei Notfällen. Im Februar
machte
der "Beobachter" aufgrund eines vertraulichen Jahresberichts der BKW
publik, dass die am stärksten betroffene Schweissnaht inzwischen
neun
Risse aufweist, die sich gesamthaft über 2,4 Meter erstrecken. Der
längste dieser Risse misst 91 Zentimeter.
Arbeit im AKW.
Jürg Joss erachtet diese Risse als "höchst beunruhigend und
gefährlich", was er mit Unfallszenarien belegt. Dem widerspricht
die
Aufsichtsbehörde Ensi: Die Risse am Kernmantel hätten "keinen
Einfluss
auf den sicheren Betrieb der Anlage". Für einen Langzeitbetrieb
nach
2012 - dann läuft die befristete Betriebsbewilligung aus - sei
aber
absehbar, dass "die bruchmechanischen Zulässigkeitskriterien"
nicht
mehr erfüllt seien. Die BKW hat bis 2010 Zeit, das
Sicherheitskonzept
für den rissigen Kernmantel zu überarbeiten. Joss verweist
auf ähnlich
alte ausländische AKW mit Rissen, die vom Netz genommen wurden,
oder
auf jüngere, bei denen der Kernmantel ausgetauscht worden ist.
Joss bezeichnet es als "fahrlässig", das AKW "aus
ökonomischen Gründen
am Limit zu betreiben". "Je mehr man sich mit Technik befasst, umso
mehr weiss man, was alles schiefgehen kann - auch Unvorhergesehenes",
sagt der Automationstechniker. Für einen früheren Arbeitgeber
musste er
im AKW Leibstadt arbeiten, um während einer Revision Instrumente
des
Druckhaltesystems zu kalibrieren. Als er durch die Sicherheitsschleuse
hinausging, piepste diese: zu starke radioaktive Kontamination auf der
Haut. Zweimal musste er duschen, bis sein Körper nicht mehr
strahlte.
Da fragte er sich: "Wie gefährlich ist das eigentlich?"
Nach einer privaten Asienreise, bei der er knapp dem Tod entkommen war,
setzte er sich neue Prioritäten: 1991 trat er der Gruppierung "AKW
Mühleberg stilllegen" bei, die sich jüngst in "Fokus
Anti-Atom"
umbenannte. Sie gehört zu den Mitorganisatoren der nationalen
Kundgebung vom Sonntag, dem Jahrestag des Reaktorunfalls von 1986 in
Tschernobyl. Auch Joss wird an der Demo in Bern dabei sein. Das Motto:
"Kein Tschernobyl in Mühleberg".
> http://www.keintschernobyl.ch
---
Bund 24.4.09
Unterstützung für AKW
Berner Politiker gründen Internet-Plattform für ein neues
Atomkraftwerk in Mühleberg
Ein neues AKW nütze der Berner Volkswirtschaft und sei bei der
Bevölkerung erwünscht, sagen bürgerliche Politiker und
Wirtschaftsvertreter.
Sarah Nowotny
Das neue Atomkraftwerk (AKW), das der Stromkonzern BKW in
Mühleberg
plant, erhält Unterstützung: Gestern trat erstmals ein
Pro-Mühleberg-Forum an die Öffentlichkeit, das "sachlich"
informieren
und "der schweigenden Mehrheit" in der Diskussion um neue AKWs eine
Stimme geben will. So umschrieb Christian Wasserfallen, Berner
FDP-Nationalrat, vor den Medien in Bern die Ziele des Forums. Weitere
Exponenten sind BDP-Nationalrat Hans Grunder, SVP-Grossrat Peter Brand,
FDP-Grossrat und Direktor des Handels- und Industrievereins (HIV)
Kanton Bern, Adrian Haas, sowie Christoph Erb, Direktor des Verbands
der kleinen und mittleren Unternehmen (Berner KMU). Auch
bürgerliche
Politiker aus Berns westlichen Nachbarkantonen lobbyieren für ein
neues
Kraftwerk in Mühleberg.
Hintergrund ist die Tatsache, dass die drei ältesten Schweizer
AKWs
wahrscheinlich 2020 vom Netz gehen. Bis 2025 will die BKW deshalb ihr
bestehendes Werk durch ein rund vier Mal leistungsstärkeres
ersetzen.
Die Axpo verfolgt ähnliche Pläne in Beznau, Alpiq
(früher Atel) in
Gösgen. Drei Rahmenbewilligungsgesuche sind beim Bund hängig,
obwohl es
auch laut AKW-Befürwortern höchstens zwei neue Werke braucht.
Schon gegen eine unbefristete Betriebsbewilligung für
Mühleberg gingen
1900 Einsprachen ein, mehrere Organisationen wehren sich gegen neue
AKWs in der Schweiz, und der Berner Regierungsrat will die
Abhängigkeit
von der Atomenergie verringern. "Die Mehrheit des Grossen Rats steht
aber hinter der Kernenergie", sagte Haas. Diese brauche es, um die
drohende Stromlücke zu verhindern. Mühleberg sei als Standort
ideal,
weil ein neues AKW dort die Versorgungssicherheit der Westschweiz
gewährleiste und sich gut in die Landschaft eingliedere. Im Kanton
Bern
würden durch das Werk 820 neue Arbeitsplätze geschaffen, und
die
Bruttowertschöpfung betrage 439 Millionen Franken, in der Bauphase
sogar 1,3 Milliarden. "Diese Vorteile dürfen wir nicht einem
Standort
ausserhalb des Kantons opfern. Wir erwarten, dass auch die Regierung
standortpolitische Argumente gewichtet", sagte Erb. Zudem schneide
Kernenergie sehr gut ab bei den Nachhaltigkeitsindikatoren wie
Produktionskosten, Abhängigkeit vom Ausland, CO2-Emissionen und
Gesundheitsschäden.
Entscheidend sei auch, dass die Bevölkerung hinter einem neuen
Mühleberger Werk stehe. So habe eine Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts Demoscope bei rund 2400 Menschen in Bern,
Freiburg und Neuenburg ergeben, dass 58 Prozent mit einer
Stromlücke
rechneten, 66 Prozent Gaskraftwerke ablehnten und 55 Prozent den Ersatz
des heutigen Werks wünschten. "Würde jetzt abgestimmt,
wären 58 Prozent
der Stimmbürger für ein neues Mühleberger Kraftwerk",
sagte Haas. Auch
Studien der Swissnuclear, einer Fachgruppe der Stromunternehmen,
zeigten, dass die Bevölkerung zunehmend für Kernenergie sei
und den
Ersatz der bestehenden Werke befürworte.
Gegner mit Zulauf
Am Sonntag, dem Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe, wollen mehrere
Organisationen und Parteien wie Greenpeace und die SP Interessierte auf
dem Berner Münsterplatz unter dem Motto "Kein Tschernobyl in
Mühleberg"
von den Gefahren der Atomkraft überzeugen. "Diese ist zudem nicht
einmal CO2-neutral. Der Abbau von Uran etwa verursacht hohe
CO2-Emissionen", sagt Jürg Joss von Fokus Anti-Atom. Den Umfragen
der
Mühleberg-Befürworter (siehe Text oben) traue er nicht. "Wenn
man Leute
fragt, ob sie Angst vor etwas haben, sagen sie meistens Ja." Dies gelte
nicht nur für die Angst vor der Stromlücke, sondern auch
für die Angst
vor AKWs, wie Studien von Atom-Gegnern zeigten. Gegner hätten
zudem
grossen Zulauf. (sn)
[@]
forumpromuehleberg.ch
---
BZ 24.4.09
Patrick Miazza, AKW Mühleberg
Ihn beunruhigen die Risse nicht
AKW-Kritiker wollen am Sonntag in Bern vor den Folgen der
Kernmantelrisse warnen. Doch Patrick Miazza, Direktor des
Kernkraftwerks Mühleberg, sieht darin kein Risiko. Wer anderes
behaupte, betreibe Polemik, sagt er.
"Kein Tschernobyl in Mühleberg". Unter diesem Slogan führen
AKW-Kritiker am kommenden Sonntag auf dem Berner Münsterplatz eine
Informationsveranstaltung durch. Laut der Einladung wollen sie unter
anderem aufzeigen, "welche Gefahren von den Rissen im Kernmantel von
Mühleberg" ausgehen. Auf einem Flyer bezeichnen die Organisatoren
das
Werk in Mühleberg als "AKW mit Kernschmelzrisiko".
Dass die ominösen Risse länger werden, ist unbestritten und
tönt
tatsächlich Besorgnis erregend. Wenig beruhigend wirkt auch, dass
die
BKW als Betreiberin des AKW Mühleberg nicht daran denkt, den
offenbar
lecken Kernmantel zu ersetzen. Doch während AKW-Gegner auf Grund
der
Risse befürchten, im Kanton Bern könnte sich über kurz
oder lang eine
nukleare Katastrophe ereignen, sieht Patrick Miazza, Leiter des
Kernkraftwerks Mühleberg, keinen Grund zur Sorge. Im Gegenteil:
"Es
enthielte mehr als einen Hauch von Wahrheit, wenn ich behaupten
würde,
Mühleberg sei noch nie so sicher gewesen wie heute."
Wie gestapelte Tassen
Um das zu belegen, will Miazza erst einmal erklären, was ein
Kernmantel
eigentlich ist - und dass es sich dabei eben nicht um einen
Behälter
handelt, aus dem radioaktives Material austreten könnte, wie man
sich
landläufig vielleicht vorstellen könnte. "Der Kernmantel ist
ein
zylindrisches Umlenkungsblech", sagt Miazza. Er stapelt ein paar
Kaffeetassen aufeinander und bittet, Böden und Henkel wegzudenken.
Aus
sieben derart aufeinandergestapelten Teilen bestehe der Kernmantel.
Schweissnähte würden dafür sorgen, dass die einzelnen
Elemente auch bei
allfälligen Erschütterungen aufeinander stehen blieben.
Entlang dieser
Nähte wurden die berühmten Risse entdeckt. "Unser AKW hatte
nicht als
erstes solche Risse, aber wir waren die Ersten weltweit, die sie
entdeckt haben", sagt Miazza. Es spreche für die "vorausschauende
Vorsicht" und das in Mühleberg herrschende Sicherheitsdenken, dass
1990
erstmals entsprechende Messungen durchgeführt worden seien.
Angst vor Kernschmelze
Kritiker befürchten nun: Die angerissenen Stellen könnten bei
einem
Unfall ganz durchreissen, das Wasser würde aus dem Kernmantel
ablaufen,
die Brennelemente würden freigelegt, und es käme zur
Kernschmelze. Das
sei "reine Polemik", kommentiert Miazza. Der drei Zentimeter dicke
Stahlzylinder, der oben und unten offen ist, befinde sich
vollumfänglich im abgeschlossenen, 10 bis 12 Zentimeter dicken
Reaktordruckbehälter - "wie in einem mit Wasser gefüllten
Dampfkochtopf".
Mehrere Hüllen
Miazza erklärt weiter: Innerhalb des Reaktordruckbehälters
laufe das
Wasser zuerst ausserhalb des Kernmantels von oben nach unten und werde
danach von unten zu den Brennstäben geleitet, die sich innerhalb
des
Kernmantels befänden. Aufgabe des Zylinders sei es, diese
Wasserumwälzung zu ermöglichen. "Er stellt keine
Sicherheitsbarriere
dar", sagt Miazza. Der Reaktordruckbehälter und weitere
Hüllen würden
sicherstellen, dass kein Wasser auslaufen könne. Entgegen den
Behauptungen der AKW-Kritiker müsse der Kernmantel auch keinen
mechanischen Druck aushalten.
Stabiler "Stapel"?
Problematisch würde es laut Patrick Miazza hingegen, wenn
sich die
aufgeschichteten Teile verschieben würden. Weil es dann, wie er
erläutert, nicht mehr jederzeit möglich wäre, von unten
Stäbe zu den
Brennelementen einzuführen und den Reaktor abzuschalten.
Miazza erachtet den Kernmantel aber gegenwärtig als derart stabil,
dass
dessen Geometrie auch ein "sehr, sehr starkes Erdbeben, wie es Europa
seit Menschengedenken noch nie erlebt hat", überstehen könnte.
Heute sind die Risse insgesamt 2,7 Meter lang. Um den
erwähnten
"hypothetischen Störfall" zu überstehen, dürften sie
laut Miazza um
mehr als das Doppelte wachsen. "Mit andern Worten", so der AKW-Leiter,
"der Kernmantel ist heute stabil und sicher." Trotzdem sei in
Mühleberg
1996 aber eine "zweite Sicherheitsebene" eingebaut worden. Vier
Zuganker wurden angebracht. Wie riesige Schraubzwingen halten sie die
sieben "Tassen" aufeinander fest und verhindern, dass sich diese
verschieben können. Zusätzlich seien die Techniker in
Mühleberg nun
daran, weitere Verstärkungselemente zu entwickeln, die auf den am
stärksten betroffenen Schweissnähten angebracht werden
könnten. "Wir
haben also mehr als zwei Fallschirme", sagt Miazza und fügt an:
"Die
Risse sind sicherheitstechnisch nicht von Bedeutung."
Miazza an der Demo?
Noch weiss Patrick Miazza nicht, ob er am Sonntag an der Demonstration
auf dem Münsterplatz teilnehmen wird. Er ist am Abwägen: "Auf
der einen
Seite will ich das Fest nicht stören, auf der anderen Seite
wäre es
wohl nötig, die eine oder andere Aussage unserer Gegner
richtigzustellen."
Susanne Graf
Die Veranstaltung "Kein Tschernobyl in Mühleberg" findet am
Sonntag auf dem Münsterplatz Bern von 13 bis 15 Uhr statt.
--
Patrick Miazza
"62 Prozent wollen neues AKW"
Die Berner KMU und der Handels- und Industrieverein sind sicher: Die
Berner Bevölkerung will in Mühleberg ein neues AKW.
Drei Tage vor der Anti-Atomkraft-Veranstaltung auf dem Berner
Münsterplatz (siehe Text oben) haben gestern auch die Berner KMU
und
der Handels- und Industrieverein (HIV) des Kantons Bern die Atomkraft
thematisiert. Sie luden zu einer Medienorientierung, um das Resultat
einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Demoscope mitzuteilen.
Sie kommt zum Schluss: Würde nächsten Sonntag eine
Volksabstimmung über
den Bau eines Ersatzkraftwerks am gleichen Standort in Mühleberg
durchgeführt, würden 58 Prozent der Befragten in den Kantonen
Bern,
Freiburg und Neuenburg Ja stimmen. In Bern läge der Anteil der
Zustimmenden gar bei 62 Prozent.
"Die Lücke erkannt"
Das Resultat freut Niklaus J.Lüthi, Präsident des HIV, der
die Umfrage
in Auftrag gegeben hat. Erstaunlich sei es nicht, fand HIV-Direktor
Adrian Haas: "Die Bevölkerung hat klar erkannt, dass wir auf eine
Stromlücke zusteuern und Bedarf haben nach einem Ersatz-AKW."
1320 Arbeitsplätze
Christoph Erb, Direktor der Berner KMU, erinnerte an eine Studie, die
bereits 2007 von BAK Basel erarbeitet wurde. Diese hat die
volkswirtschaftliche Bedeutung der Stromwirtschaft untersucht und kam
zum Schluss, dass das AKW Mühleberg mit einem neuen Reaktor pro
Jahr
eine Bruttowertschöpfung von 439 Millionen Franken (heute 94 Mio.)
erwirtschaften könnte. Zudem könnten in Mühleberg statt
der bisher 500
neu 1320 Arbeitsplätze angeboten werden, und das Werk würde
nicht mehr
15 Millionen Franken an Steuern abliefern, sondern 84 Millionen.
Aus ökonomischer Sicht sei ein Ersatz in Mühleberg im
Vergleich zum
Bau eines Gaskraftwerks oder Stromimporten "die beste Variante", fasste
Erb zusammen. Investitionen in erneuerbare Energien erwähnte er
nicht.
Gegenüber dieser Zeitung sagte er: Erneuerbare Energiequellen
seien
auszubauen, "aber die Stromlücke können sie nicht
schliessen". Erb
sagte: "Ich erwarte vom Berner Regierungsrat, dass er die Studie auf
politischer Ebene entsprechend gewichten wird."
Forum pro Mühleberg
Jetzt wollen die Berner Unternehmer der "schweigenden Mehrheit" jener,
die in Mühleberg ein neues AKW befürworten, "eine Stimme
geben", wie
Lüthi sagte. Bisher hätten sie sich zurückgehalten. "Es
ist höchste
Zeit, dass sie sich akzentuieren." Unter der Federführung von
FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen wurde im Internet das "Forum Pro
Mühleberg" ins Leben gerufen. Es sei von Vertretern aus Politik
und
Wirtschaft gegründet worden, sagte Wasserfallen, "aber wir wollen,
dass
darauf ein Austausch mit der gesamten Bevölkerung stattfindet".
Wasserfallen weiss: "Der politische Weg zu einem neuen Kernkraftwerk in
Mühleberg dürfte nicht einfach werden."
sgs
•http://
www.forumpromuehleberg.ch
---
Berner Rundschau 24.4.09
AKW-Befürworter formieren sich
55 Prozent der Berner wollen neues Mühleberg - Wasserfallen
präsentiert Pro-Komitee
Berner Befürworter der Atomenergie gehen in die Offensive und
gründen
das "Forum Pro Mühleberg". Eine Umfrage in ihrem Auftrag ergibt 55
Prozent Zustimmung für den geplanten AKW-Ersatz.
Samuel Thomi
Bevor die AKW-Gegner aus Anlass des 23. Jahrestages der
Reaktorkatastrophe in Tschernobyl am Sonntag in Bern zur Demo aufrufen,
gaben die Berner Befürworter der Atomenergie gestern die
Gründung des
"Forums Pro Mühleberg" bekannt. "Zu lange haben wir
Befürworter uns zu
stark zurückgehalten", sagte Niklaus J. Lüthi, Präsident
des Handels-
und Industrievereins (HIV) des Kantons Bern. An der Spitze des
Pro-Komitees der Berner Wirtschaftsverbände steht Nationalrat
Christian
Wasserfallen. Der junge Berner FDP-Vertreter betonte vor den Medien,
ein AKW-Neubau am bestehenden Standort bringe "zahlreiche Vorteile,
nicht zuletzt auch wirtschaftliche".
"Schweigende Mehrheit"
Axpo und BKW haben Ende letztes Jahr zwei Rahmenbewilligungsgesuche
für
den Ersatz der Atomkraftwerke Beznau I und II sowie Mühleberg am
bisherigen Standort eingegeben. Die Atel Holding ihrerseits will ein
neues, leistungsstärkeres AKW beim heutigen Standort im
solothurnischen
Gösgen bauen. Einig sind sich die drei Energieunternehmen darin,
dass
jedoch nur zwei neue Atomkraftwerke nötig sind, um die
vorausgesagte
Stromlücke zu verhindern. Angesprochen auf diesen noch immer
offenen
Machtkampf kommentierte Wasserfallen: "Wandert das Kernkraftwerk ab,
sind die ökonomischen Vorteile für uns Berner wohl für
immer verloren."
Nicht zuletzt gehe es jetzt auch darum, "mit dem Forum der bisher
schweigenden Mehrheit eine Stimme zu geben". Er spielte auch auf die
Brückenfunktion des Kantons zur Westschweiz an. Jean-Pierre
Siggen,
Direktor des Freiburger Arbeitgeberverbandes und CVP-Grossrat, sagte:
"Die fast CO 2-freie Kernenergie ist umweltfreundlich. Sie garantiert
auch eine relative Unabhängigkeit vom Ausland." Die
Versorgungssicherheit spricht laut Siggen ebenfalls für Bern:
"Beim
Sturm Lothar wären wir ohne Mühleberg abgeschnitten gewesen."
Frauen kritischer - Nein zu Gas
"Wir kämpfen für den Standort Mühleberg. Über alles
andere machen wir
uns zum heutigen Zeitpunkt keine Gedanken", kommentierte Niklaus J.
Lüthi. Eine ebenfalls von den Wirtschaftsverbänden vor
Jahresfrist in
Auftrag gegebene Studie ergab für den Ersatz des bisherigen AKWs
Investitionen von 4 Milliarden Franken; 1,3 Milliarden davon entfielen
als Wertschöpfung auf den Kanton Bern, während 10 Jahren
entspricht das
rund 1200 Arbeitsplätzen. Mit 1320 Arbeitsplätzen würde
das neue,
leistungsfähigere AKW einst gut doppelt so viele Stellen schaffen
und
auch die Steuern würden laut der Studie von Basel Economics (BAK)
von
15 auf 84 Millionen Franken jährlich steigen. "Bei der
angespannten
Wirtschaftslage des Kantons Bern ist das auch nicht gerade wenig", so
Christoph Erb, Direktor von Berner KMU.
"Das Volk hat erkannt, dass wir trotz Sparmassnahmen auf eine
Lücke
zusteuern", kommentierte HIV-Direktor Adrian Haas. Der
FDP-Fraktionspräsident im Berner Grossen Rat sieht diese Annahme
auch
in der jüngsten, vom Zürcher Marktforschungsinstitut
Demoscope im
Februar durchgeführten Umfrage bestätigt. Laut dieser stimmen
55
Prozent der Berner einem Ersatz des AKW Mühleberg zu; 59 Prozent
im
Kanton Freiburg sowie 52 Prozent in Neuenburg. Schweizweit sind es 55
Prozent. Frauen sind AKWs gegenüber nur gut halb so positiv
eingestellt; über 50-Jährige stärker.
Mit 76 Prozent Ja-Anteil ergibt die Demoscope-Umfrage zudem ein klares
Bild für massiven Ausbau der Windenergie, auch wenn diese das
Landschaftsbild beeinträchtigte. Eine klare Absage erteilen die
Umfrageergebnisse mit 65 Prozent Nein-Anteil allerdings dem Bau von
neuen Gas-Grosskraftwerken.
Gegner erhalten Einsicht
Etappensieg für die Gegner einer unbefristeten Betriebsbewilligung
für
das bisherige AKW Mühleberg. Wie das Bundesamt für Energie
(BFE)
mitteilte, erhalten die Einsprecher vom 27. April bis 26. Mai auf
Voranmeldung auch Einsicht in zwei zusätzliche Dokumente. Es soll
sich
dabei um Stellungnahmen der BKW und der neuen, nationalen
Nuklearaufsichtsbehörde (ENSI) handeln. Laut dem BFE werde das
eigentliche Verfahren für eine unbefristete Betriebsbewilligung
nicht
verzögert. Dagegen gingen letzten Sommer zahlreiche Einsprachen
ein
(vgl. Ausgabe vom 18. April). Mühleberg ist das einzige Schweizer
Atomkraftwerk mit einer Befristung bis 2012. (sat)
Internet www.forumpromuehleberg.ch
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BETTELVERBOT BERN
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Stadtrats-Debatte 26.3.09
4 Motion Beat Schori (SVP)/Philippe Müller (FDP): Jetzt aber
Schluss mit der Bettelei!
Geschäftsnummer 08.000251 / 08/428
Der Presse ist zu entnehmen, dass in Bezug auf die Bettelei bei der SP
ein Meinungsum-schwung stattgefunden hat. Sie hat sich inzwischen klar
für ein Bettelverbot ausgesprochen, da die Sozialwerke ein
menschenwürdiges Leben in der Schweiz ermöglichen.
Die EURO ist vorbei, der Sommer ist in den Lauben zurück und in
der
Innenstadt ist die Bette-lei wieder ein offensichtliches Problem. Wie
in den Jahren zuvor fallen zahlreiche Bettelnde in der Stadt und nahe
den Einkaufszentren in den Quartieren auf, teilweise mit dem Vorwand,
Musik zu spielen, allerdings mit Musikinstrumenten, die sie nicht
beherrschen. Auch wird nicht davor zurückgeschreckt, Kleinkinder
einzusetzen um Mitleid zu erwecken. Aufdringliches Ver-halten, immer
mehr Platzanspruch durch ausgelegte Decken dienen nicht gerade dem
Image der Stadt Bern.
Nach wie vor ist Fakt, dass es keine Begründung gibt, welche in
unserem
Sozialstaat die Bet-telei rechtfertigt. Die Stadt Bern hat durch die
unnötige Bettelei nicht nur als UNESCO Welt-erbe viel von ihrem
Charme,
ihrer Schönheit und ihrem Ansehen verloren, sondern durch all die
negativen Randerscheinungen, die eine Duldung dieser grösstenteils
bandenmässig orga-nisierten Bettelei mit sich bringt, auch im
Hinblick
auf den Tourismus an Attraktivität einge-büsst.
Da nun auch die SP ein Bettelverbot unterstützt, wird der
Gemeinderat
aufgefordert, noch in diesem Jahr einen Entwurf für ein
Bettelverbot
auszuarbeiten und dem Stadtrat vorzulegen.
Bern, 3. Juli 2008
Antwort des Gemeinderats
Seit dem 1. Oktober 2008 wird das neue Reglement vom 1. Juni 2008
betreffend die Benüt-zung des städtischen Teils des Bahnhofs
Bern
(Bahnhofreglement; BHR; SSSB 732.21) um-gesetzt, wonach Betteln im
städtischen Teil des Bahnhofs Bern untersagt ist. Die
Durchset-zung des
Bettelverbots erfolgt ohne nennenswerte Probleme. Bereits nach wenigen
Tagen waren keine Bettelnde in diesem Bereich mehr anzutreffen. Das
Aufrechterhalten dieses Zu-stands bedingt allerdings eine tägliche
Präsenz der Kontrollorgane, ansonsten wieder eine Verschiebung der
Bettelnden in den städtischen Teil des Bahnhofs Bern erfolgt.
Momentan ist es noch zu früh, weitere Schlüsse zu ziehen. Der
Gemeinderat hat jedoch ein Interesse an der Klärung der Thematik.
Aus
diesem Grund hat er bereits im Mai 2008 dem Stadtrat beantragt, ein
Postulat mit ähnlichem Inhalt (Postulat Fraktion SP/JUSO, Giovanna
Battagliero, SP: Auswertung Kontrolle Bettelei im Stadtzentrum und
Durchsetzung Bettelver-bot im Bahnhof) erheblich zu erklären. Der
Gemeinderat wird in dessen Rahmen die aufge-worfenen Fragen klären
und
die Situation erneut analysieren sowie Bericht erstatten.
"Bettelnde Musizierende" wurden in der letzten Zeit von den
Vollzugsbehörden vermehrt kon-trolliert und sind aus diesem Grund
momentan kaum mehr in der Stadt Bern anzutreffen.
Folgen für das Personal und die Finanzen
Ein Bettelverbot würde einen Ausbau der Kontroll- und
Vollzugstätigkeit
mit sich bringen und somit eine Aufstockung des Personalbestands
bedeuten. Dies hätte eine Erhöhung der Per-sonalkosten zur
Folge.
Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Motion abzulehnen; er ist
jedoch bereit, den Vorstoss als Postulat entgegen zu nehmen.
Bern, 17. Dezember 2008
Peter Bühler (SVP) für den Interpellanten: Seit der Grossrat
in den
Neunzigern das Bettelver-bot aufhob, diskutieren wir im Stadtrat
regelmässig über dieses Thema. Das Hauptproblem sind die
Banden, die
ihr Unwesen treiben, indem sie skrupellos behinderte Menschen oder
Kinder einsetzen, um ein paar Franken zu ergattern. Es gibt auch
Bettler um des Bettelns willen. Die machen lieber so ihr eigenes Geld,
anstelle des Fürsorgegeldes, damit sie darüber frei
verfügen können.
Dann gibt es diejenigen, die von der Fürsorge leben, aber nebenbei
auch
noch betteln. Das Volk setzte ein deutliches Signal mit der Annahme des
neuen Bahn-hofreglements. Im öffentlichen Teil des Bahnhofs gilt
daher
ein Bettelverbot. Es ist an der Zeit, dieses Gesetz auf dem ganzen
Stadtgebiet umzusetzen. Die Politik politisierte bis anhin an diesem
Volksentscheid vorbei. Man schob Ausreden vor, wie Rücksichtnahme
auf
Rand-ständige etc. Die Motion von Beat Schori und Philippe
Müller
zeigt, dass die Bedürfnisse an-ders liegen. Dagegen kämpft
die SP, die
zwar vor den Nationalratswahlen noch deutlich aus-drückte, sie sei
auch
für ein Bettelverbot. Wir hatten diesbezüglich den Vorstoss
von
Giovan-na Battagliero zur Erhebung von Daten und Fakten über die
Situation am Bahnhof.
Was geschieht in der Stadt Bern? Einige Kontrollen werden deutlicher
durchgeführt. Es gibt Momente, wo kaum Bettler anzutreffen sind.
Aber
kaum sind die Kontrollen vorbei, erscheinen sie wieder. Andere Bettler
verlegen sich auf die Aussenquartiere. In Bümpliz gibt es
mindes-tens
vier neue Standorte, wo immer mehr und aufdringlich gebettelt wird.
Dasselbe gilt auch in Bethlehem, das Betteln nimmt dort zu und es ist
bandenmässig organisiert. Der Stadtrat muss handeln und auf das
klare
Signal des Volks reagieren. Wir unterstützen diese Motion und
werden
sie nicht umwandeln, ebenso unterstützen wir die Motion von
Bernhard
Eicher.
Motionär Philippe Müller (FDP) für die FDP-Fraktion: Es
geht hier nicht
darum, arme Bedürfti-ge zu schikanieren oder gewissen Leuten eine
wie
auch immer geartete Lebensform zu ver-bieten. Es geht vielmehr darum,
dass man von sogenannten Bettlern aggressiv angegangen und
angepöbelt,
ja sogar bedroht wird, wenn man nicht zahlt. Es geht um die
Unsicherheit und die offene oder latente Gewalt, die zum Ausdruck
kommt. Es geht um missbrauchte Kin-der, die gezwungen werden, auf
Betteltour zu gehen. Es geht um behinderte Mitmenschen, die zur
Bettelei missbraucht werden. Es geht um organisierte Bettelbanden, also
um kriminel-le Organisationen. Das hat mit Grundrechten und Toleranz
nichts zu tun. Die ausländerrecht-lichen Bestimmungen nützen
kaum. Man
hält sich nicht daran, den Leuten sieht man ihren Status ja nicht
an.
Aber wenn ein Bettelverbot existierte, würde die Sache
augenfällig. Bei
der Abwägung erscheint den Linken das Festhalten an einem alten
ideologischen Zopf wichtiger, als das Leid von Kindern und behinderten
Mitmenschen zu verhindern und das Unsicherheits-gefühl weiter
Teile der
Bevölkerung zu verbessern. Zum Argument, Bettler gehörten zu
unse-rer
Gesellschaft: Autos gehören auch zu unserer Gesellschaft, trotzdem
ist
das Autofahren in gewissen Gebieten verboten. Also wird es möglich
sein, das Betteln in gewissen Zonen zu verbieten. Unser Vorstoss
fordert ein Bettelverbot in der Innenstadt. Die Beschränkung auf
die
Innenstadt wird im Vorstoss nicht deutlich, ergibt sich aber indirekt,
dies sei hier klarge-stellt. Das Argument, es scheitere an der
Durchsetzung, wirkt seltsam, wenn es von der Seite kommt, die sich
ansonsten nicht für die Durchsetzung gewisser Vorschriften
starkmacht.
Wäre die Durchsetzung tatsächlich so problematisch, wie die
Linken
meinen, würde sie ja durch ein Verbot erleichtert. In den
wichtigsten
Städten, in Basel, Zürich und Genf gilt das Bettelverbot, nur
für die
Berner Altstadt haben die Linken offenbar den Sonderfall entdeckt.
Diskussion unter Fraktionserklärungen
---
5 Motion Fraktion FDP (Bernhard Eicher, JF): Bevölkerung soll
über stadtweites Bettelverbot entscheiden
Geschäftsnummer 08.000202 / 08/416
Mit der Volksabstimmung vom 01. Juni 2008 wurde ein Bettelverbot
für
den Bahnhof von rund 75% der StimmbürgerInnen deutlich angenommen.
Damit ist klar: Die Bernerinnen und Berner haben von organisierten
Bettelbanden, welche auch nicht vor Kinderarbeit zurückschrecken,
genug.
Weiter hat das Bundesgericht mit seinem Entscheid vom 09. Mai 2008 klar
gemacht, dass ein gemeindeweites Bettelverbot zulässig ist. Die
Bundesrichter gewichten die öffentliche Sicher-heit sowie den
Schutz
von Kindern höher als das individuelle Recht zu betteln. Zwar sei
Bet-teln als Form der Hilfesuche ein elementares Freiheitsrecht, doch
sei zu beachten, dass Bett-ler - insbesondere Kinder - häufig im
Rahmen
von organisierten Netzen ausgenutzt würden. Zudem weist das
Bundesgericht darauf hin, dass ein gemeindeweites Bettelverbot sinnvoll
sei, da sich bei einem örtlich beschränkten Verbot die
Bettelszene an
andere Orte verlagere. Die Befürchtung, ein stadtweites
Bettelverbot
verletzte unrechtmässig elementare Grundrech-te, ist somit
unbegründet.
Bisher war ein gemeindeweites Bettelverbot im Stadtrat sehr umstritten.
Das Abstimmungsre-sultat vom 01. Juni 2008 zeigt nun, dass die
Bevölkerung zum Bettelverbot offensichtlich eine andere Haltung
als die
Parlamentsmehrheit vertritt. Die Bernerinnen und Berner sollen des-halb
die Möglichkeit erhalten, sich direkt über ein gemeindeweites
Bettelverbot zu äussern.
Der Gemeinderat wird beauftragt:
1. Dem Stadtrat möglichst rasch eine Vorlage inklusive
Abstimmungsbotschaft für ein stadt-weites Bettelverbot vorzulegen.
2. Alle weiteren nötigen Schritte einzuleiten, um eine
möglichst rasche
Volksabstimmung über ein stadtweites Bettelverbot zu
ermöglichen.
Das vorgeschlagene Vorgehen bietet insbesondere drei Vorteile:
- Die seit Jahren andauernde Diskussion um ein stadtweites Bettelverbot
kann mit einer Volksabstimmung klar entschieden werden.
- Der Volksentscheid vom 01. Juni weist auf einen Meinungsunterschied
zwischen Parla-mentsmehrheit und Bevölkerung hin. Eine
Volksabstimmung
schafft hier Klarheit.
- Dank der neuen Bahnhofsordnung erhalten sowohl Befürworter als
auch
Skeptiker bis zur Volksabstimmung Zeit, Erfahrungen mit dem
Bettelverbot zu sammeln und ihre Schlüsse daraus zu ziehen.
Begründung der Dringlichkeit:
1. Es ist bereits eine Motion zum Bettelverbot hängig. Im Sinne
eines
effizienten Ratsbe-triebs sollen die beiden Vorstösse
möglichst
zusammen behandelt werden.
2. Die Volksabstimmung vom 01. Juni 2008 brachte ein klares Verdikt
hervor. Die Bevölke-rung sollte deshalb raschmöglichst die
Gelegenheit
erhalten, über ein städtisches Bettel-verbot abzustimmen.
Bern, 5. Juni 2008
Antwort des Gemeinderats
Seit dem 1. Oktober 2008 wird das neue Reglement vom 1. Juni 2008
betreffend die Benüt-zung des städtischen Teils des Bahnhofs
Bern
(Bahnhofreglement; BHR; SSSB 732.21) um-gesetzt, wonach Betteln im
städtischen Teil des Bahnhofs Bern untersagt ist. Die
Durchset-zung des
Bettelverbots erfolgt ohne nennenswerte Probleme. Bereits nach wenigen
Tagen waren keine Bettelnde in diesem Bereich mehr anzutreffen. Das
Aufrechterhalten dieses Zu-stands bedingt allerdings eine tägliche
Präsenz der Kontrollorgane, ansonsten wieder eine Verschiebung der
Bettelnden in den städtischen Teil des Bahnhofs Bern erfolgt.
Bisher konnte festgestellt werden, dass sich die Bettelnden seit dem
Inkrafttreten des neuen Bahnhofreglements vermehrt in der ganzen
Innenstadt verteilen. Momentan ist es noch zu früh, weitere
Schlüsse zu
ziehen. Der Gemeinderat hat jedoch ein Interesse an der Klärung
der
Thematik. Aus diesem Grund hat er bereits im Mai 2008 dem Stadtrat
beantragt, ein Pos-tulat mit ähnlichem Inhalt (Postulat Fraktion
SP/JUSO, Giovanna Battagliero, SP: Auswertung Kontrolle Bettelei im
Stadtzentrum und Durchsetzung Bettelverbot im Bahnhof) erheblich zu
erklären. Der Gemeinderat wird in dessen Rahmen die aufgeworfenen
Fragen klären und die Situation erneut analysieren sowie Bericht
erstatten.
Folgen für das Personal und die Finanzen
Die Durchsetzung des Bettelverbots bindet durch die notwendige
Präsenz
der Kontrollorgane beträchtliche personelle Ressourcen. Ein
Bettelverbot würde einen Ausbau der Kontroll- und
Vollzugstätigkeit mit
sich bringen und somit eine Aufstockung des Personalbestands bedeu-ten.
Dies hätte eine Erhöhung der Personalkosten zur Folge.
Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Motion abzulehnen; er ist
jedoch bereit, den Vorstoss als Postulat entgegen zu nehmen.
Bern, 3. Dezember 2008
Motionär Bernhard Eicher (JF): Mein Einsatz für ein
Bettelverbot dient
nicht der Citypflege, sei es der Innenstadt oder des gesamten
Stadtgebiets. Mein Einsatz für ein klares Bettelver-bot steht vor
dem
Hintergrund, dass man dadurch den Missbrauch von Kindern oder von
be-hinderten Menschen bekämpfen kann. Leider ist es Tatsache, dass
man
beim Gang durch die Innenstadt von Leuten mit einer leichten
Behinderung angebettelt wird. Die werden dorthin platziert und
dafür
eingesetzt andere um Geld anzugehen. Wir wissen alle, dass diese Leute
nicht freiwillig dort stehen, sondern dorthin gebracht wurden, mit der
Auflage betteln zu müs-sen. In den Quartieren werden vermehrt
Kinder
eingesetzt. Wir müssen klar sehen, dass die-se Kinder nicht
freiwillig
betteln, sondern einem Auftrag folgen. Der Hintergrund ist - und das
mag zynisch tönen -, dass Menschen mit einer Behinderung oder
Kinder
eine höhere Rendite abwerfen. Solches dürfen wir in unserer
Stadt nicht
tolerieren. Wer dies für das blosse Hirn-gespinst eines
Jungfreisinnigen hält, sei auf das Bundesgericht verwiesen: Am 9.
Mai
2008 hielt das Bundesgericht in einem Urteil zum Bettelverbot der Stadt
Genf fest, dass Bettelei häufig mit kriminellen Organisationen und
der
Ausnutzung von Kindern und handicapierten Menschen verknüpft ist.
Weiter heisst es da, ein stadtweites Verbot stelle ein geeignetes
Mit-tel dar zur Bekämpfung der Bettelei, krimineller
Organisationen und
deren Ausnützung von geschwächten Menschen. Das Bundesgericht
nimmt
eine Gewichtung vor zwischen individuel-lem Recht auf Betteln und dem
Schutz von Kindern und behinderten Menschen, sowie der Bekämpfung
krimineller Organisationen und kommt zum Schluss, dass individuelles
Recht dem unterliegt.
Mir geht es nicht um die Verfolgung der Menschen, die jemanden auf der
Strasse um Klein-geld oder eine Zigarette angehen. Dagegen soll der
Polizei ein zusätzliches Mittel gegeben werden, um gegen
Machenschaften
krimineller Organisationen, gegen Ausnutzung von Kin-dern und
behinderten Menschen eingreifen zu können. Die Gegnerinnen und
Gegner
eines Bettelverbots behaupten gerne, es gehe um den Erhalt von
Freiräumen im öffentlichen Raum. Selbstverständlich gibt
es Leute, für
die das Betteln eine Lebenskunst bedeutet oder sogar ein Mittel zur
Bestreitung des Lebensunterhaltes. Wollen wir denn wegen einiger
weniger Personen den Missbrauch von Kindern und Behinderten in Kauf
nehmen oder kriminellen Or-ganisationen hinter dem Recht auf das
Betteln ein Versteck bieten? Das dürfen wir nicht in Kauf nehmen,
das
ist bekämpfenswert und unserer Stadt nicht würdig. Laut der
Presse ist
die Fraktion GFL/EVP hinsichtlich des Verhältnisses von Aufwand
und
Ertrag kritisch. Was ist der Schutz eines Kindes wert, welche Art von
Ertrag wirft dies ab? Wäre eine Antwort hierauf möglich,
könnte
bemessen werden, welchen Aufwand das wert ist. Zentral ist doch, den
Miss-brauch schutzbedürftiger Menschen zu verunmöglichen.
Die Diskussion und die Argumente zu diesem Thema sind nicht neu. Die
Abstimmung vor ei-nem Jahr fiel knapp aus, daher der Versuch eines
Kompromissvorschlages: Als ein erster Schritt wird der Gemeinderat
beauftragt einen konkreten Vorschlag zur Gestaltung eines
Bet-telverbotes zu erarbeiten. In einem zweiten Schritt können wir
dann
im Parlament über eine konkrete Vorlage diskutieren und nicht mehr
nur
auf der ideologischen Ebene. Im dritten Schritt gelangt die Vorlage an
die Bevölkerung. Dadurch erhalten wir einen gültigen
Entscheid und
können den wiederkehrenden Streit zu diesem Thema für ein
paar Jahre
beilegen. Es ist höchste Zeit, dass die Bevölkerung über
ein
Bettelverbot mitbestimmen kann. In diesem Sin-ne halte ich an meiner
Motion fest und bitte Sie, diese zumindest zu überweisen, damit
wir
erfahren, was die Bevölkerung dazu meint.
Fraktionserklärungen zu Traktanden 4 und 5
Nadia Omar (GFL) für die Fraktion GFL/EVP: Bei der aktuellen
Diskussion
über das Bettel-verbot geht es nicht um den Bahnhofperimeter oder
die
Innenstadt, sondern um ein stadtwei-tes Bettelverbot. Unsere Meinung
dazu bleibt unverändert: Wir verurteilen organisierte Bette-lei.
Zur
Verhinderung dieser Form der Bettelei ist die heutige Handhabe
ausreichend. Die Kontrolle ist Aufgabe der Fremdenpolizei, deren
Stellenetat ja letzte Woche, auch mit unserer Unterstützung
aufgestockt
wurde. Um diese Art von Bettelei in den Griff zu kriegen,
benötigen wir
kein stadtweites Bettelverbot. In der Stadt Bern wird niemand zum
Betteln gezwungen, die städtischen Sozialangebote sind
ausreichend.
Leider beeinflusst das Betteln das Sicherheits-gefühl der
Bernerinnen
und Berner in negativer Richtung, das anerkennen wir als Problem. Seit
Beendigung des Umbaus des Bahnhofplatzes hat die Situation sich aber
entschärft. Es ist lang nicht mehr so bedrückend und so
dringend wie
vorher.
Ein Bettelverbot bedeutet ein rechtliches Mittel, das andere
Städte,
wie Genf oder Zürich, schon lange einführten. Nachdem ich
selber vier
Jahre lang in Genf wohnte, kann ich sagen, dass dort trotz Bettelverbot
mehr Bettelei vorkommt, als es hier der Fall ist. Dieses Instrument
greift nur, wenn dessen Umsetzung überwacht wird. Wir glauben
nicht,
dass ein Bettelverbot ein hinreichendes Mittel für den
Kindesschutz
darstellt. Wir wollen erst die Auswertung des Bettelverbotes am Bahnhof
Bern abwarten, um anhand dieser Daten den zur Durchsetzung eines
Bettelverbotes nötigen Aufwand einschätzen zu können.
Grundsätzlich
befürwortet eine Mehrheit unserer Fraktion die Option eines
Bettelverbotes. Dies aber nur für die Innenstadt, ein stadtweites
Bettelverbot lehnen wir ab. Wir warten gespannt auf den
gemeinderätlichen Bericht über die Bettelei und sind alsdann,
aufgrund
dieser neuen Daten, zur weiteren Dis-kussion bereit.
Hasim Sancar (GB) für die Fraktion GB/JA!: Betteln ist kein neues
Phänomen. Schon in der Antike gab es Bettelnde. So hat der
griechische
Philosoph Diogenes während seines ganzen Lebens in einem Fass von
gespendeter Nahrung gelebt. Auch musste man im alten Griechen-land, um
ins Parlament gewählt zu werden, in den ältesten Kleidern von
Tür zu
Türe gehen und um Stimmen betteln.
Es gab aber auch immer wieder Versuche, das Betteln zu verbieten. Trotz
all der Bemühun-gen ist diese Praxis indes nicht verschwunden. Vor
allem Städte müssen sich wiederholt mit bettelnden Menschen
befassen.
Die religiösen Institutionen wie Kirchen und Moscheen sind mit
dieser
Frage oft besser umgegangen als die Politik, auch viele Linke tun sich
schwer da-mit. In vielen Religionen gehört das Betteln zum
Engagement
für den Glauben, Betteln wird als Pflicht verstanden, wie bei den
muslimischen Derwischen und den tibetischen Mönchen. Auch das
Prinzip
der Almosen als Gabe für die Armen wurde als wichtige soziale
Verpflich-tung in religiösen Systemen verankert. Die Bereitschaft
während Weihnachten zu spenden, zeigt, wie die Religion auch in
der
Schweiz einen respektvollen Umgang mit Betteln vorsieht: Nicht die
Schuld der einzelnen steht im Zentrum. Es geht vielmehr um Fragen nach
gesell-schaftlicher Ausgrenzung und Ursachen von Armut. Sicher gibt es
auch andere Formen des Bettelns, die nicht direkt auf gesellschaftliche
Konflikte zurückzuführen sind, zum Beispiel wenn Reisende um
Geld
fragen, wenn ihnen das Geld für die Rückfahrt fehlt. Es gibt
immer
Gründe zu betteln. Das Betteln zu verbieten ist ein Armutszeugnis
für
eine Stadt, denn damit verschliesst sie die Augen vor der
Realität. Das
Problem wird nämlich nicht gelöst, im Gegen-teil, ein Verbot
"verbietet" das Suchen nach sinnvollen Lösungen.
Öffentliche Räume gehören allen. Die Manager als
Globalisierungsgewinner gehören zu den öffentlichen
Räumen, niemand
streitet ihnen das Recht ab. Der Zugang zu den öffentlichen
Räumen soll
allen offen sein, unabhängig vom Besitzstand. So gehören auch
die
Globalisie-rungsverlierer und -verliererinnen und Benachteiligten zu
öffentlichen Räumen. Wenn Bet-telnde aus dem
öffentlichen Raum
ausgeschlossen sind, wird der öffentliche Raum von
"Un-erwünschtem"
gesäubert, natürlich der Sauberkeit und Ästhetik willen,
wie es heisst.
Die ver-schiedensten Lebensformen sollen Platz finden, auch wenn uns
nicht alle passen. Klar ist von allen Nutzenden Rücksicht gefragt.
Betteln sollte aber nicht automatisch auch Störung bedeu-ten.
Betteln
ist ein einfacher Vorgang, bei dem eine Person eine andere um Geld oder
Essen anfragt. Es muss weiter erlaubt sein, unbekannte Menschen um
etwas anzufragen. Die Ange-sprochenen sind frei, eine Spende zu geben
oder nicht. Es ist nicht die Aufgabe des Staates sich in diesen
sozialen Akt einzumischen, die Bettelnden mit einem Verbot zu
kriminalisieren und sie polizeilich zu verfolgen. Das bedeutet nur mehr
Kosten. Für die Polizei sollten keine unerwünschten neuen
Aufgaben
geschaffen werden. Bei offensichtlichen Störungen gibt es bereits
heute
genügend Instrumente zum Eingreifen.
Man kann dem Betteln ausweichen, wenn man angefragt wird. Man muss
Bettelnden kein Geld geben. Dem gegenüber können wir den
Telefonaten
von Krankenkassen, Telefongesellschaften, Fernseh- und
Internetanbietern, die wir an den Wochenenden und abends nach Hause
bekommen, nicht ausweichen. Die wissen, dass die Familienväter und
-mütter während der Abendessenszeit zu Hause sind. Diese
Telefonbettler
sind schlau, wenn sie oft genau zu diesen Zeiten anrufen. Wenn wir
ihnen keine einleuchtenden Antworten servieren, rufen sie bestimmt
wieder an. Die aggressive Werbung auf der Strasse gehört ins
gleiche
Kapitel. Die einfache Antwort, man wolle den Fernsehanschluss nicht
wechseln genügt nicht, gleich folgt die Frage: "Darf ich wissen,
warum
Sie nicht wechseln möchten?"
Der Grossrat hat ein Bettelverbot abgelehnt. Auch das Parlament von
Thun hat im Dezember 2008 ein Bettelverbot abgelehnt. Nehmen wir uns
Thun in dieser Sache als Vorbild. Ein Bet-telverbot passt nicht zu
Bern. Die Stadt Bern ist für ihre sozialen Errungenschaften in der
Ge-schichte bekannt: 1890 baute sie als erste Stadt in der Schweiz
Sozialwohnungen, am 1. April 1893 eröffnete die Stadt Bern die
erste
kommunale Arbeitslosenversicherung in ganz Europa. Oder die
Speiseanstalt Spysi, die 1877 gegründet wurde mit dem Ziel "der
hilfsbedürftigen Bevölkerung während der Winterszeit
gesunde Nahrung zu
vorteilhaftem Preis anzubieten".
Das Bettelverbot geht auf Kosten der Globalisierungsverlierer und
-verliererinnen. Das Bettel-verbot höhlt schleichend die
Errungenschaften einer modernen demokratischen Stadt aus. Deshalb lehnt
die Fraktion GB/JA! die beiden Vorstösse in jeder Form ab.
Edith Leibundgut (CVP) für die Fraktion BDP/CVP: Wir müssen
aufhören,
die Freiheit des Bettelns zu glorifizieren. So eng an
Handlungsspielraum ist nicht einmal das Leben eines Strafgefangenen und
so wenig Perspektive muten wir nicht einmal einer streunenden Katze zu.
Es gibt einen riesigen Unterschied in der Sozialisation zwischen einem
Menschen, der betteln muss und einem Menschen, der seinen
täglichen
Bedarf über die Sozialhilfe beziehen kann. Wer sich hin und wieder
beim
Sozialdienst einfindet, hat wenigstens Zugang zu Menschen, die ihm
Mittel und Wege für ein besseres Dasein aufzeigen und den
Betreffenden
in seinen Bemühungen Zugang zu Familie und Gesellschaft zu finden
unterstützen können. Wer auf der Strasse bettelt, lässt
alles zurück,
lässt alle Stricke reissen, ist um jeden Handlungsspielraum und um
jede
Perspektive betrogen - und das schmerzt nicht nur die Person selbst,
nein, das trifft uns alle. Obdachlos, verwahrlost, gesundheitlich
angeschlagen, ohne Beziehungen ist es meistens unmöglich, wieder
in der
Gesellschaft Fuss zu fassen. Es ist unwürdig, Menschen in diesem
Zustand sich selbst zu überlassen. Und schlimm ist, man
gewöhnt sich
scheinbar dar-an, sowohl der Bettelnde, als auch die Gesellschaft um
ihn herum.
Dass bettelnde Musizierende in der Stadt und in den Quartieren kaum
mehr anzutreffen sind, wie der Gemeinderat in seiner Antwort
aufführt,
stimmt leider nicht. Bei Migros und Loeb in Bethlehem wurde
während des
ganzen kalten und langen Winters bandenmässig gebettelt. So sassen
denn
über Monate teilweise todkranke Menschen auf dem nassen und kalten
Boden und bettelten für ihre Peiniger. Letztes Jahr waren es noch
junge
Männer, dieses Jahr waren es alte, kranke, bis auf die Knochen
abgemagerte Frauen, die abends abgeholt und irgend-wohin transportiert
wurden, um am nächsten Tag wieder betteln zu müssen. Wir
müssen
auf-hören, die sogenannte Freiheit des Bettelns zu glorifizieren.
Hier
werden Menschen auf kras-seste Art und Weise missbraucht.
Unsere Fraktion ist klar der Meinung, dass dem Betteln ein Riegel
geschoben werden muss. Wir fordern den Gemeinderat zum Kampf gegen
diesen unsinnigen Menschenhandel auf. Entweder werden diese Personen in
unser Sozialsystem integriert, oder wir zeigen klar auf, dass solches
Verhalten in unserem Land nicht toleriert wird. Solange wir unsere
Augen ver-schliessen und nicht handeln, werden solche Gruppen immer
dreister vorgehen. Jeder in die-sem Saal weiss, dass dem Betteln ohne
Verbot nicht beizukommen ist und es ein generelles Verbot braucht, um
auch den Menschenhandel gezielt unterbinden zu können. Wenn Sie
den
drogenabhängigen Bettlern die sogenannte Freiheit des Bettelns
lassen
wollen, geschieht das auf Kosten jener, die mit Gewalt in unser Land
geschleppt und zum Betteln gezwungen wer-den. Das ist doch völlig
ungerecht, asozial und abwertend.
Handeln wir also, solange wir handeln können. Die Fraktion BDP/CVP
unterstützt den Vor-stoss von SVP/FDP als Motion und denjenigen
der
Fraktion FDP nur als Postulat, da aus un-serer Sicht eine
Bevölkerungsbefragung zu diesem Thema unverhältnismässig
aufwendig ist.
Erich J. Hess (JSVP) für die Fraktion SVPplus: Der Bezug von Hasim
Sancar zu den alten Griechen lässt etwas ausser Acht: Im alten
Griechenland oder in der Schweiz bestand bis Anfang des letzten
Jahrhunderts keine Sozialhilfe. So war es für alle
verständlich, wenn
je-mand, der zum Leben nicht genug hatte, jemanden um
Unterstützung
anfragte. Grundsätzlich will unsere Fraktion keine neuen Gesetze
in
dieser Stadt. Also bietet sich folgende Wahl: Entweder wir erlauben das
Betteln und schaffen dafür die Sozialhilfe ab, somit hätten
wir uns
vieler Gesetze entledigt. Die andere Variante besteht darin,
Sozialhilfegelder zu zahlen, aber dafür das Betteln in der
Innenstadt
zu verbieten.
Im Ausland ist es verständlich, dass Leute auf der Strasse betteln
gehen, weil der Staat den Leuten, denen es nicht so gut geht, kein
soziales Auffangnetz bietet. Einmal begegnete ich in Istanbul zwei
bettelnden Kindern, denen ich für ihren wunderschönen Gesang
ein
Geldstück gab. Doch danach beschäftigte mich der Gedanke, ob
diese
Kinder das Geld wirklich für sich behalten konnten oder ob sie es
jemandem abgeben mussten. Sangen diese Kinder für den Unterhalt
der
eigenen Familien oder wurden sie von Aussenstehenden ausgenützt?
Wer
bet-telt denn hier in der Stadt Bern? Es sind kriminelle
Organisationen, wie bereits gesagt wurde. Oder ein junger Mann, dem ich
einmal begegnete, der bettelte, aber nicht verarmt aussah und im
Gespräch auf meine Frage, was er mit dem Geld denn mache,
schliesslich
antwortete, er finanziere auf diese Weise seine Ferien.
Deswegen fordere ich Sie auf, im Interesse einer sauberen Stadt, einem
Bettelverbot zuzu-stimmen, worin die gesamte Altstadt involviert ist.
Während die GFL noch auf die Auswertung über die Auswirkungen
des
Bettelverbotes im Bahnhof wartet, kann ich das Resultat bereits
vorwegnehmen: Es wird manche Seite Papier verbraucht werden, um unterm
Strich zu sagen, dass die Bettler vom Bahnhof weg sind und sich in der
Altstadt und der weiteren Bahnhofsre-gion verteilen. Wir haben die
Sozialhilfe, in Bern und der gesamten Schweiz ist niemand auf das
Betteln angewiesen. Wir finanzieren allen ein Dach über dem Kopf,
die
Krankenkasse und das Essen, niemand braucht zu betteln. Es ist Zeit
für
ein Bettelverbot.
Tanja Sollberger (GLP) für die Fraktion GLP: In einer freien und
liberalen Gesellschaft hat jeder das Recht jemanden um eine Zigarette
oder einen Franken anzufragen. Die individuel-len Freiheiten sollten
nur in Ausnahmesituationen und sehr gut begründeten Fällen
mit
Verbo-ten beschränkt werden. Im Bereich des Bahnhofs war der Fall
gegeben, dass die Freiheit von anderen übermässig tangiert
wurde.
Deswegen befürworteten wir das neue Bahnhofsregle-ment. Die
Ausweitung
des Bettelverbots auf das ganze Stadtgebiet finden wir
übertrieben.
Zwar stimmt es, dass in der Schweiz mit einem gut ausgebauten
Sozialstaat grundsätzlich niemand auf das Betteln angewiesen ist.
Nur
weil etwas nicht notwendig ist, rechtfertigt dies aber kein Verbot. Es
ist genauso legitim zu betteln, wie es auch legitim ist, einem Bettler
kein Geld zu geben. Gegenüber gewerbsmässiger und
organisierter
Bettelei, gegenüber dem Missbrauch von Kindern, Kranken und
Behinderten, fordern wir null Toleranz. Wir verurteilen solche
Praktiken auf das Schärfste. Die nötigen Instrumente dagegen
existieren
bereits. Mich wundert, dass man tagtäglich an diesen Leuten
vorbeigeht,
ohne sie anzusprechen oder bei der Fremdenpolizei zu melden. Dass dies
nur mit einem generellen Bettelverbot durchzuset-zen wäre, muss
sehr
gut begründet sein.
Die Abwägung der beiden Argumente: Nulltoleranz bezüglich
organisierter
Bettelei gegenüber der Freiheit von Einzelnen führte auch in
unserer
Fraktion zu Diskussionen. Als Fazit daraus fordern wir die Ausarbeitung
eines Entwurfes, der spezifische Massnahmen gegen die organi-sierte
Bettelei vorsieht und nicht ein generelles Bettelverbot. Die Motion
fordert zwar die Aus-arbeitung eines Entwurfes, zielt aber auf ein
generelles Bettelverbot. Die Randständigen, die gelegentlich einen
Franken erbetteln, sollen nicht von so einem Gesetz betroffen sein. Mit
der Überweisung als Postulat wären wir einverstanden. Der
Gemeinderat
soll einen Entwurf aus-arbeiten, der die Ausmerzung von organisierter
und gewerbsmässiger Bettelei zum Ziel hat. Wir sind gegen ein
flächendeckendes Bettelverbot. Die Mehrheit unserer Fraktion lehnt
die
Motion ab.
Rolf Schuler (SP) für die Fraktion SP/JUSO: Unsere Fraktion lehnt
das
Bettelverbot in der ganzen Stadt Bern ab. Die Durchsetzung einer
entsprechenden Bestimmung würde enorme Personalressourcen in
Anspruch
nehmen. Das weiträumige Territorium erlaubt keine konse-quente
Durchsetzung der Forderung der Vorstossenden. Es versteht sich, dass
die Umset-zung der Forderung im ganzen Gemeindegebiet nach
einheitlichen qualitativen und quantitati-ven Standards umgesetzt
werden müsste. Mit der gegenwärtigen Finanzsituation unserer
Stadt ist
dies kaum umsetzbar.
Machen wir uns nichts vor: Betteln ist kein Schleck! Unsere
Weltwirtschaftsordnung zwingt Menschen, ihr tägliches Brot zu
erbetteln, sei es in unseren Gassen oder stellvertretend durch Brot
für
Alle, Caritas, das Arbeiterhilfswerk oder andere Institutionen,
während
Banken vom Staat mitsubventionierte Boni einstreichen.
Wenn wir uns die gegenwärtige Suchtpolitik vor Augen führen,
fällt auf,
dass die in unserem Land restriktive Haltung bei der Abgabe sogenannter
illegaler Drogen zu einem guten Teil für das Betteln in der Stadt
verantwortlich ist. Mit einem generellen Bettelverbot würden
Drogen-abhängige vermehrt zur Prostitution gezwungen. Weiter
führt ein
Bettelverbot zu vermehrter Kleinkriminalität. Profiteure dieser
Politik
sind Drogenbarone, Finanzakrobaten und nicht zu-letzt jene Banken mit
der gegenwärtigen grössten Medienpräsenz in unserem
Land.
Die von den Motionären vorgetragene Einschätzung, dass die
Stadt Bern
durch die Bettelei viel von ihrem Charme verloren habe, bestreiten wir
ganz entschieden. Dieser Behauptung liegen keine wissenschaftlich
fundierten Aussagen zugrunde.
Das Recht zu betteln ist ein integrierender Bestandteil unserer
Rechtsordnung. Es ist legitim, etwas mehr als nur das
Allernötigste in
der Tasche zu haben. Wer trinkt nicht gerne einen Kaffee in der Stadt?
Wer schätzt nicht den Zopf mit Honig am Sonntagmorgen? Wer
möchte nicht
einmal einen Ausflug ins Berner Oberland machen? Die Sozialhilfe reicht
nicht aus und solche Dinge gehören zur Steigerung der
Lebensqualität
von Menschen mit einer Behinde-rung oder Krankheit.
Die SP-Juso-Fraktion lehnt beide Vorstösse ab, sowohl als Motion
wie auch als Postulat.
Einzelvoten
Rolf Zbinden (PdA): Dieser Rat kennt ein paar Themen, die
regelmässig
gepflegt werden, als Beispiele: Sozialhilfe, Reitschule, Bettelei.
Manche Bürgerinnen und Bürger mögen sich fra-gen, ob wir
hier nicht
Wichtigeres und Besseres zu tun hätten. Die PdA Bern meint, bei
diesen
Themen handelt es sich nicht um Nebensächlichkeiten, die auf
Nebenschauplätze abgescho-ben gehören. In genau diesen Themen
zeigt
sich deutlich, wie es die verschiedenen Parteien halten mit der
sozialen Solidarität, der kulturellen Toleranz und mit der Achtung
derjenigen, die an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wurden.
Wie in allen bisherigen Vorstössen zum Thema werden auch in diesen
beiden Vorstössen die "organisierten Bettelbanden" und ihre
Ausbeutung
von Kinderarbeit angeprangert. Kein Kind, keine behinderte Person,
keine Familie verdient es, auf diese Art ihr Leben zu fristen. Sogar
auf der Flucht vor materiellem Elend und rassistischer Verfolgung
können sich die Schwächsten der Schwachen dem Teufelskreis
der
Ausbeutung nicht entziehen. Wer es mit der morali-schen Kritik der
grenzenlosen Ausbeutung ernst meint, wird nicht darum herumkommen, den
Skandal zur Sprache zu bringen, der zu Flucht und Vertreibung
führt:
Die skrupellose Plünde-rung von natürlichen,
ökonomischen und
menschlichen Ressourcen in den jeweiligen Her-kunftsländern. Die
Abschiebung der bettelnden Armen aus den Oasen des Wohlstandes
fügt dem
ersten einen weiteren Skandal hinzu. Die Motionäre wollen davon
nichts
wissen, sie lie-ben einfache Lösungen. Was wäre, wenn die
"bandenmässig
betriebene Bettelei", gegen die sie uns moralisch aufrüsten
wollen,
sich gar nicht so einfach nachweisen liesse? Wenn diese Aufgabe die
Kapazität der überstundengeplagten Ordnungshüter bei
Weitem überstiege?
Die-sem Beweisnotstand kommen die Motionäre aber zuvor, indem sie
einem
generellen Bettel-verbot das Wort reden. So funktionieren einfache
Lösungen eben. Damit aber noch nicht ge-nug, denn mit dem
moralischen
Schwung aus den Bettel- und Bandengeschichten geht es über in die
Putzteufelei zur Rettung des Weltkulturerbes. Um dieses Erbe wäre
es
wahrlich schlecht bestellt, wenn durch "diese Randerscheinungen Charme,
Schönheit und Ansehen" verloren würden. Was macht den
Unterschied
zwischen einer lebendigen Stadt und einem Vergnügungs-, Kommerz-
und
Verblödungspark? Sicherlich gibt es in diesem Rat und zwar in fast
allen Fraktionen sensible Gemüter, die sich der elenden Seite
dieser
Gesellschaft lieber nicht so direkt aussetzen möchten. Das
Gleichgewicht könnte dadurch gefährdet werden und sie
brächten es nicht
übers Herz nein zu sagen, wenn sie um eine kleine Spende gebeten
werden. Also wollen sie die leidliche Angelegenheit lieber gleich den
Ordnungshütern über-tragen. Die Steuergelder für diese
sentimentalen
Luxusbedürfnisse werden wir uns sparen.
Dass Bettelvorstösse aus den Reihen derjenigen kommen, die keine
Gelegenheit auslassen, das Hohelied auf einen befreiten Markt zu
singen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Geht doch ihre
deregulierte Saat so prächtig auf. Wenn aber immer mehr Verarmte
sich
in die laut gepriesene Ich-AG verwandeln, dann wird nach Verboten
geschrien. Auch die PdA fragt sich, wie es um den Charme und das
Ansehen bestellt ist. Welche Charmeure haben denn die
Her-kunftsländer
der Armen geplündert, weil sie dort das schnelle Geld rochen? Wie
steht
es denn mit dem Ansehen derjenigen Institute, die sich vom Staat
Milliarden in den Rachen stopfen lassen? Die allerdings betteln nicht,
sondern die erpressen.
Wegen Überschreitung der Redezeit wird das Mikrofon ausgeschaltet.
Lea Bill (JA!): Die beiden vorliegenden Motionen kranken am selben
Punkt: Es scheint den Motionären nicht möglich, zwischen
organisierter
Bettelei und Betteln, als Suche nach Hilfe, wie es das Bundesgericht
ausdrückt, zu unterscheiden. Bernhard Eicher hat den Unterschied
in
seinem Votum zwar erwähnt, in seinem Vorstoss wird er aber nicht
gemacht. Die Negation des Bettelns als Suche nach Hilfe, wie es vom
Bundesgericht als elementares Freiheitsrecht benannt wird, ist wohl
dadurch zu erklären, dass Sie nie einen Fuss in die Innenstadt
setzen.
Hielten Sie sich in der Innenstadt auf, würde Ihnen nämlich
klar, dass
es wirklich Leute gibt, die durch die sozialen Netzwerke fielen und aus
diesem Grund auf der Strasse betteln. Wenn die Motionäre Philippe
Müller und Beat Schori die Einführung eines Bettelverbots
auch noch
hauptsächlich damit begründen, dass die Bettler nerven und
das Image
der Stadt Bern be-schädigen, ist das sehr fragwürdig. Manches
in dieser
Stadt mag nerven, das reicht aber lan-ge noch nicht, es zu verbieten.
Solche Begründungen zeugen von einer unermesslichen Arro-ganz.
Denn Sie
gehen davon aus, dass es Bettelnden darum ginge, auf die Strasse zu
gehen und zu nerven. Die JA! wehrt sich vehement gegen diese
Einstellung, die an der Realität vor-beigeht und zudem die
Bevölkerung
in zwei Gruppen teilt: Diejenigen, die den Normen ent-sprechen und die
Guten sind gegenüber denjenigen, die den Normen nicht entsprechen
und
deshalb keine Berechtigung haben sich frei zu bewegen.
Die Motion von Bernhard Eicher beinhaltet zusätzlich noch folgende
Probleme: Erstens lässt sich von einem Ja zum Bahnhofreglement
nicht
die Befürwortung eines städtischen Bettelver-bots ableiten,
denn das
Bahnhofreglement beinhaltete noch viel mehr als nur ein Bettelverbot.
Zwischen einem räumlich begrenzten und einem gemeindeweiten
Bettelverbot gibt es einen grossen Unterschied. Dass dieser
Zusammenhang vom Motionär erstellt wird, bestätigt nur unsere
Befürchtungen, dass das begrenzte Bettelverbot als Grundlage
gebraucht
wird, um ein gemeindeweites Bettelverbot einzuführen. Zweitens ist
die
Anführung des Bundesgerichtsent-scheides in der Motion von
Bernhard
Eicher fragwürdig. Wenn das Ziel unter dem Motto "aus den Augen
aus dem
Sinn" gefasst ist, kann nur ein städtisches Bettelverbot dahin
führen,
weil ein räumlich begrenztes Bettelverbot, nur zur Verlagerung,
beziehungsweise zur Vertreibung der Bettelnden führt. Die "aus den
Augen aus dem Sinn"-Politik führt nicht zu Problemlösun-gen,
sondern
ist blosse Augenwischerei. Vielmehr stellt sich die Frage, aus welchem
Grund die Leute eigentlich betteln. Nur so kann das Problem an der
Wurzel gepackt werden und das bedeutet in diesem Fall, die Armut dieser
Menschen zu bekämpfen. In diesem Sinne sind die beiden
Vorstösse als
Motion oder auch umgewandelt in ein Postulat abzulehnen.
Motionär Bernhard Eicher (JF): Wie Lea Bill richtig bemerkt,
lässt sich
aus der Annahme des Bahnhofreglements nicht eine Annahme des
Bettelverbotes ableiten. Aber das lässt sich mit einer
Volksabstimmung
herausfinden. Ich bin überzeugt, dass ein Bettelverbot bei der
Ab-stimmung durchkommen wird. Auf folgende drei Punkte will ich
nochmals hinweisen: Es wur-de mehrmals gesagt, der Missbrauch von
Menschen sei zu verurteilen, die bestehenden Ge-setze seien dazu
hinlänglich. Wieso aber sehen wir dann immer wieder bettelnde
Kinder
oder Leute, die offenbar zum Betteln missbraucht werden? Die Gesetze
reichen offensichtlich nicht. Es bedarf einer Konkretisierung: Wie
lauten denn diese Bestimmungen in unserer Ge-setzgebung, die solche
Fälle verhindern helfen? Ich persönlich kenne keine konkreten
Be-stimmungen dazu. Zweitens gibt es die Lippenbekenntnisse gegen die
organisierten Bettel-banden, aber ohne den Willen, das Betteln generell
zu verbieten. Was machen Sie denn ge-gen diese Bettelbanden? Ich habe
noch keine Idee und keinen Vorstoss von Ihnen dazu ge-sehen. Wenn Sie
das Bettelverbot ablehnen wollen, müssen Sie wenigstens
Alternativen
brin-gen. Drittens zum Argument, das Bettelverbot sei kein
Allerweltsheilmittel. Dem ist wohl so, trotz Bettelverbot würden
weiterhin einzelne Menschen missbraucht werden. Immerhin erach-tet das
Bundesgericht das Bettelverbot als adäquates Mittel zur
Bekämpfung
krimineller Or-ganisationen, zum Schutz von Kindern und schwachen
Menschen. Wenn Sie sich mit Ihren Argumenten gut gerüstet
fühlen,
dürfen Sie die Volksentscheidung nicht fürchten.
Jimy Hofer (parteilos): Es geht nicht nur darum mit dem Bettelverbot
der Polizei ein neues Instrument zu geben, sondern auch um eine
Rechtssicherheit für Gewerbetreibende vor deren Geschäften
sich Bettler
niederlassen. Ruft man die Polizei an, hat sie keine Zeit.
Bestünde ein
Bettelverbot, wäre eine einfache und klare Regelung gegeben, nach
der
jedermann den Bettler vor der Türe mit dem Hinweis auf das Verbot
in
allem Anstand wegweisen könnte. Die Polizei müsste nicht
erscheinen. So
herrschten Rechtssicherheit und -gleichheit und die klare Abmachung,
dass man in dieser Stadt nicht betteln darf. In dieser Wohlfahrtsstadt
im reichs-ten Land der Welt hat es niemand nötig zu betteln.
Peter Bühler (SVP): Hätten wir ein Sozialnetz wie die USA
würde ich dem
von Hasim Sancar Gesagten zustimmen. Die Schweiz hat aber eines der
dichtesten Sozialnetze. Die GFL weise ich darauf hin, dass wir zwei
Vorstösse diskutieren: Einer beinhaltet ein Bettelverbot für
die
Innenstadt, der andere fordert eine Volksabstimmung über ein
stadtweites Bettelverbot. Es ist interessant, wie die GFL zwischen
dafür und dagegen hin und her schwankt. Bei diversen
Vorstössen, die
von mir kamen, waren Sie dagegen. Darauf kam ich mit dem Kompromiss,
uns nur noch auf die organisierten Banden zu konzentrieren. Sie
versagten da die Unterstüt-zung mit dem Einwand, es sei noch nicht
richtig formuliert. Dem anschliessenden Vorstoss von Hasim Sönmez
gaben
Sie Ihre Unterstützung. Mit dem Vorstoss von Philippe Müller
und Beat
Schori liegt nochmals derselbe Vorstoss vor, der die Innenstadt
bettelfrei machen will. Nun aber reden Sie wieder dagegen. Das
Argument, Bettler bräuchten diese Unterstützung,
entkräftete Peter
Bernasconi in einer der letzten Sitzungen. Im Auftrag der Fraktion
suchte er das Gespräch mit diesen Leuten und offerierte jedem ein
Essen. Von 15 Personen nahm ei-ner das Angebot dankend an, alle anderen
zogen es vor, das Geld zu nehmen. Und da kom-men Sie und sagen, die
müssten betteln! Wir können noch ein anderes Spiel machen:
Wenn Sie
Angst haben zu fragen, was das Volk zu einem Bettelverbot meint, bleibt
uns noch ein demokratisches Instrument, die Initiative. Wenn wir die
Unterschriften dazu zusammenbrin-gen, können Sie nicht mehr
blockieren,
dass das Volk dazu Stellung nimmt. Dann haben Sie gewiss ein Problem.
Motionär Philippe Müller (FDP): Eine Bemerkung zur GLP und
der
gesetzlichen Handhabung: Es stimmt, das steht auch in der Antwort des
Gemeinderates. Nur leider ist die ausländer-rechtliche eine bloss
theoretische Handhabe. Sie können nicht von jedem Bettler einen
Aus-weis verlangen und in danach vielleicht am Betteln hindern. Mit dem
Bettelverbot hingegen sieht man den Leuten an, wer delinquiert, das
sind dann eben jene, die trotzdem betteln. Falls unsere Motion
überwiesen wird, geht die eindeutige Direktive an den Gemeinderat
für
ein Bettelverbot auf dem Gebiet Innenstadt. Die GFL unterstützte
vor
einem Jahr dieses Bettel-verbot, schwenkt nun aber um. Sie sind
offenbar unter dem Druck der Bündnispartnerin SP umgekippt.
Immerhin
haben Sie Alexander Tschäppät den Sitz im Verwaltungsrat des
ewb
verweigert, aber nun müssen Sie wieder parieren. Sie lehnen
dasselbe
Bettelverbot ab, das Sie vor einem Jahr angenommen hätten, es
fehlt
Ihnen offenbar an Rückgrat.
Direktor SUE Reto Nause für den Gemeinderat: In seiner alten
Zusammensetzung hat dieser Rat schon einmal abgelehnt ein Bettelverbot
einzuführen. Wenn der Gemeinderat kritisiert wird, er unternehme
nichts, muss ich einwenden, dass der Rat dazu keinen Auftrag erteilte.
Heute müssen wir einen neuen Richtungsentscheid fällen. Die
konkrete
Ausgestaltung und die Vollzugsmechanismen eines Bettelverbotes bleiben
dabei noch offen. Der Gemeinderat ist der Meinung, die Durchsetzung des
Bettelverbotes im Bahnhof erfolgte ohne Probleme. Das ist eine
praxisnahe, einfache Regelung, die sich durchsetzen lässt. Sie
wurde
vom Volk an-genommen und hatte Vorbilder in anderen Städten, die
bereits so praktizierten. Bei der heuti-gen Debatte zeichnet sich ein
dahin gehender politischer Konsens ab, dass man das ban-denmässig
organisierte Betteln unter Einsatz von Kindern und Invaliden rigoros
bekämpfen soll. Gegen diese Form des Missbrauchs und der
Kriminalität
verfügen wir heutzutage nur über indirekte Instrumente. Wie
in der
Debatte angesprochen, macht unsere Fremdenpolizei einen guten Job und
geht das Phänomen nachhaltig an, dabei stehen ihr aber nur die
Mittel
des Ausländerrechts zur Verfügung. Zur Forderung der
Nulltoleranz muss
ich einwenden, dass uns dazu heute die Mittel und Instrumente fehlen.
Die Leute an der Front werden Ihnen auf die Frage, wie denn das
bandenmässige und organisierte Betteln künftig zu verhindern
wäre, zur
Antwort geben, dass es ausserordentlich schwierig sei, diese
Verstrickungen nach-zuweisen. Es kann nicht darum gehen jemanden
anzuzeigen, der einem um einen Franken oder eine Zigarette angeht.
Möglicherweise könnte ein Bettelverbot in einem stark
begrenzten
Perimeter ein einfaches und starkes Instrument sein, um die Arbeit an
der Front zu erleich-tern. Aber ohne neue finanzielle Mittel wird man
den Vollzug dieses Verbotes nicht sicherstel-len können.
Beschluss
1. Der Stadtrat lehnt die Motion Traktandum 4 ab (26 Ja, 36 Nein, 3
Enthaltungen).
Die Abstimmung erfolgt unter Namensaufruf.
Mit Ja stimmen: Hans Peter Aeberhard, Vinzenz Bartlome, Thomas Begert,
Dieter Beyeler, Manfred Blaser, Peter Bühler, Philippe Cottagnoud,
Bernhard Eicher, Jan Flückiger, Claude Grosjean, Erich J. Hess,
Kurt
Hirsbrunner, Jimy Hofer, Mario Imhof, Ueli Jaisli, Vania Kohli, Edith
Leibundgut, Claudia Meier, Philippe Müller, Pascal Rub, Martin
Schneider, Hasim Sön-mez, Peter Wasserfallen, Thomas Weil,
Béatrice
Wertli, Christoph Zimmerli
Mit Nein stimmen: Cristina Anliker-Mansour, Giovanna Battagliero,
Kathrin Bertschy, Lea Bill, Conradin Conzetti, Susanne Elsener, Regula
Fischer, Andreas Flückiger, Urs Frieden, Tho-mas Göttin, Beni
Hirt,
Natalie Imboden, Ruedi Keller, Peter Künzler, Annette Lehmann,
Anna
Magdalena Linder, Daniela Lutz-Beck, Ursula Marti, Corinne Mathieu,
Christine Michel, Patri-zia Mordini, Stéphanie Penher, Rahel
Ruch,
Hasim Sancar, Emine Sariaslan, Daniela Schä-fer, Rolf Schuler,
Miriam
Schwarz, Tanja Sollberger, Barbara Streit-Stettler, Luzius Theiler,
Aline Trede, Gisela Vollmer, Nicola von Greyerz, Rolf Zbinden, Beat
Zobrist
Enthaltungen: Rania Bahnan Büechi, Nadia Omar, Martin Trachsel
Abwesend: Michael Aebersold, Peter Bernasconi, Henri-Charles Beuchat,
Rithy Chheng, Do-lores Dana, Anastasia Falkner, Jacqueline Gafner
Wasem, Simon Glauser, Beat Gubser, Ley-la Gül, Stefan Jordi,
Daniel
Klauser, Michael Köpfli, Erik Mozsa.
2. Der Stadtrat lehnt die Motion Traktandum 5 ab (27 Ja, 39 Nein).
Die Abstimmung erfolgt unter Namensaufruf.
Mit Ja stimmen: Hans Peter Aeberhard, Vinzenz Bartlome, Thomas Begert,
Dieter Beyeler, Manfred Blaser, Peter Bühler, Philippe Cottagnoud,
Dolores Dana, Bernhard Eicher, Jan Flü-ckiger, Claude Grosjean,
Erich
J. Hess, Kurt Hirsbrunner, Jimy Hofer, Mario Imhof, Ueli Jaisli, Vania
Kohli, Edith Leibundgut, Claudia Meier, Philippe Müller, Pascal
Rub,
Martin Schneider, Hasim Sönmez, Peter Wasserfallen, Thomas Weil,
Béatrice Wertli, Christoph Zimmerli
Mit Nein stimmen: Cristina Anliker-Mansour, Rania Bahnan Büechi,
Giovanna Battagliero, Kathrin Bertschy, Lea Bill, Conradin Conzetti,
Susanne Elsener, Regula Fischer, Andreas Flückiger, Urs Frieden,
Thomas
Göttin, Beni Hirt, Natalie Imboden, Ruedi Keller, Peter
Künz-ler,
Annette Lehmann, Anna Magdalena Linder, Daniela Lutz-Beck, Ursula
Marti, Corinne Mathieu, Christine Michel, Patrizia Mordini, Nadia Omar,
Stéphanie Penher, Rahel Ruch, Ha-sim Sancar, Emine Sariaslan,
Daniela
Schäfer, Rolf Schuler, Miriam Schwarz, Tanja Sollber-ger, Barbara
Streit-Stettler, Luzius Theiler, Martin Trachsel, Aline Trede, Gisela
Vollmer, Ni-cola von Greyerz, Rolf Zbinden, Beat Zobrist
Abwesend: Michael Aebersold, Peter Bernasconi, Henri-Charles Beuchat,
Rithy Chheng, A-nastasia Falkner, Jacqueline Gafner Wasem, Simon
Glauser, Beat Gubser, Leyla Gül, Stefan Jordi, Daniel Klauser,
Michael
Köpfli, Erik Mozsa.