MEDIENSPIEGEL 4.5.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- SP gegen Anti-Demo-Initiative
- SP vs Vineyard
- Bahnhof Bern ohne Milchkannen
- Biglen: Neonazis vs Linke
- Communiqué zum 1. Mai Bern
- Beatman-Beat
- Nestlé-Brabeck am Menschenrechtsforum Luzern
- JCVP will Bundessicherheitskorps
- NLZ-Inti mit Nachrichtendienstchef Markus Seiler
- Police GE: Roma-Pässe verschmiert
- Biometrie-Pässe: Mitlesen möglich
- Homophobie tötet
- Facebook: PolizistInnen outen sich
- 40 Jahre "Zivilverteidigung"
- Broschüre zu Sexualisierter Gewalt
- Gipfel-Soli-News 3.5.09
- Mühleberg: Krebs und Risse

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REITSCHULE
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Di 05.05.09  
21.00 Uhr - Rössli   - Brown vs Brown (nl)

Mi 06.05.09
19.00 Uhr - SousLePont - Griechenland Spezialitäten
20.00 Uhr - Rössli - Bätziwasser-Beat mit Bit-Tuner (ch)

Do 07.05.09
20.30 Uhr - Kino - UNCUT Warme Filme am Donnerstag: Sikil, Roni Bertubin, Philippinien 2008
21.00 Uhr - Grosse Halle - SIX FREAKS UNDER - ein Musik_Roboter_Objekt_Theater_Spektakel von RozzoBianca
21.00 Uhr - Dachstock - Cindy Blackman Group: Vernon Reid, Aurelien Budynek, Steve Jenkins, Cindy Blackman -- Rock/Jazz with the glorious Drummer-Lady of Lenny Kravitz!

Fr 08.05.09
20.30 Uhr - Tojo - Kurtli VI - Rebirthing eine Trash-Revue. Danach Disco mit DJ Tech-Niks
21.00 Uhr - Grosse Halle - SIX FREAKS UNDER - ein Musik_Roboter_Objekt_Theater_Spektakel von RozzoBianca
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! Por primera vez. Octavio Cortázar, Kuba 1967. La muerte de un burocrata. Tomás Gutiérrez Alea, Kuba 1966
22.00 Uhr - Dachstock - Resonanzraum mit Stef la Chef und Jürg Halter und dem Resonanzraum-Orchester, danach Party mit Coleton (live) & DJ Pablo - Lyrik/Poetry Slam & Freie Musik

Sa 09.05.09
20.30 Uhr - Tojo - Kurtli VI - Rebirthing eine Trash-Revue
21.00 Uhr - Grosse Halle - SIX FREAKS UNDER -ein Musik_Roboter_Objekt_Theater_Spektakel von RozzoBianca
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! Por primera vez. Octavio Cortázar, Kuba 1967. La muerte de un burocrata. Tomás Gutiérrez Alea, Kuba 1966
22.00 Uhr - SousLePont - Gentle Veincut (d, NoiseRock) Thee Irma & Louise (be, SurfNoise)
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock und Sirion Present: James What & Dan Berkson (live- Pokerflat/uk), Support: Nino Zolo, Feo Volt, Frango, Bird -- minimal/techno/house

So 10.05.09
18.00 Uhr - Rössli-Bar - Pianobar

Infos: www.reitschule.ch

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DEMO-VERREGLEMENTIERUNG
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sp-bern.ch 1.5.09

Die Initiative "Keine gewalttätige Demonstranten" ist unnötig

Die SP der Stadt Bern steht der Initiative "Keine gewalttätige Demonstranten" kritisch gegenüber. Selbstverständlich sollen gewalttätige Kundgebungen vermieden werden. Eine Änderung der heutigen heutigen Rechtsgrundlagen ist deswegen aber nicht nötig.

Die in der Initiative geforderte Ergänzung des Kundgebungsreglements durch den Entfernungsartikel wurde mehrmals sorgfältig geprüft und vom Stadtrat zwei Mal verworfen. Die SP steht zu dieser Haltung. Sie erachtet einen Entfernungsartikel einerseits als unnötig. Bereits heute kann eine Demonstration aufgelöst werden, und wenn sich die Teilnehmenden nach der Auflöungsbekanntgabe nicht entfernen, besteht die Möglichkeit, sie zu bestrafen. An den Möglichkeiten der Polizei zur Auflösung einer Demonstration und an der Strafbarkeit von Randalierern würde ein Entfernungsartikel nichts ändern.

Zum andern hält die SP den Entfernungsartikel für nicht umsetzbar. Wie sollen Teilnehmende einer Demonstration, die aufgelöst werden soll, von den Unbeteiligten unterschieden werden? Wie soll eine grosse Kundgebung aufgelöst werden, ohne dass eine Massenpanik entsteht? Ein Entfernungsartikel bringt aus Sicht der SP nichts. Er ist eine vermeintliche "Beruhigungspille".

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CHRISTEN STATT KULTUR
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Bund 4.5.09

SP kritisiert Vermietung der Kornhausbühne

"Vineyard" Bern Die Vermietung der ehemaligen Kornhausbühne an die religiöse Bewegung Vineyard missfällt der SP. "Wurde die Liegenschaftsverwaltung missioniert oder ist Geld alles, was zählt?", fragt SP-Stadträtin Giovanna Battagliero in einer dringlichen Interpellation. Die städtische Liegenschaftsverwaltung hatte kürzlich mitgeteilt, dass die seit November 2008 leer stehenden Räume an Vineyard Bern vermietet werden ("Bund" vom 24. 4.). Vineyard verstehe sich als "ökumenisch orientierte Laienbewegung innerhalb der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn", zähle rund 1000 Mitglieder und setze sich für einen "praktisch gelebten Glauben und soziale Gerechtigkeit" ein, so etwa durch eine "allwöchentliche Nahrungsmittelhilfe an mehr als 100 Personen", zitierte die Verwaltung die Vineyard-Selbsteinschätzung.

Miethöhe 10000 Franken?

Die Stadt hatte stets betont, dass für die Räume ein marktüblicher Zins entrichtet werden müsse. In der gemeinderätlichen Antwort auf einen früheren SP-Vorstoss war die Zahl von 10000 Franken genannt worden. Battagliero bezweifelt, dass Vineyard so viel bezahlt. Sie will wissen, welche Interessenten abgewiesen worden seien. Nach Internetrecherchen hat sie den Eindruck gewonnen, dass es sich bei Vineyard um eine Bewegung mit problematischen Ansichten handle.

Am Tag, als die Vermietung bekannt wurde, wollte Vineyard die kolportierte Mietsumme weder bestätigen noch dementieren. Marius Bühlmann, Sohn des Vineyard-Gemeindeleiters Martin Bühlmann, sagte auf Anfrage: "Wir gehen verantwortungsvoll mit Geld um, da wir von Spenden leben."

Umstrittene Vineyard-Themen

Battagliero reagiert bestürzt auf Vineyard-Berichte im Internet über Mission, Gebetsheilungen und die Haltung zur Homosexualität.

Vineyard, früher Basileia, hatte zu Pfingsten 1995 mit einem Kongress in Bern weitherum Aufsehen erregt. Der umstrittene US-amerikanische Ex-Gay-Aktivist und Vineyard-Pastor Andrew Comiskey führte Seminare mit Homosexuellen durch, um sie zu "heilen". Vor der Festhalle kam es zu Protesten von Schwulen und Lesben.

Schlagzeilen machte auch der "Toronto-Segen": Mitglieder der charismatischen Bewegung zitterten oder fielen um, was Vineyard damals als Manifestation des Heiligen Geistes deutete. (mdü)

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BAHNHOF STATT KUNST
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Bund 4.5.09

Bahnhof ohne "Milchkannen"

Stadt Bern Die in den Asphalt eingegossenen Milchkannen kehren nicht an den Berner Bahnhofplatz zurück. Der Platz habe einen "derart radikalen Umbau erfahren, dass in dieser von der Gestaltung geprägten Zone heute jede zusätzlich künstlerische Intervention aufgesetzt und überflüssig wirken muss", schreibt der Gemeinderat. Das Werk des im letzten November verstorbenen Künstlers Ueli Berger wurde 2007 beim Grossumbau des Platzes vom ehemaligen Milchgässli entfernt. Anfang dieses Jahres setzten sich 129 Personen per Petition für die Rückkehr der Milchkannen ein. Der Gemeinderat teilt gemäss Petitionsantwort "die Meinung der Kunstfachleute, dass die Wiederplatzierung einer Plastik, die für eine frühere städtebauliche Situation erstellt wurde, hier keinen Sinn mehr macht". Die Behörde erachtet das Anliegen der Petitionäre als "zu nostalgisch" motiviert und nicht ausreichend begründet, um die Wiederinstallation zu rechtfertigen. "Das Argument, die ,Milchkannen‘ würden nicht stören, sie seien nicht verletzungsgefährlich, robust und unterhaltsfreundlich, sagt nichts darüber aus, welchen Gewinn im Sinn einer gestalterischen Verbesserung sie an diesem Ort heute noch bringen." Es sei dem Gemeinderat durchaus bewusst, dass Bergers "Milchkannen" bei einem Teil der Bevölkerung sehr beliebt waren; auf das ehemalige Milchgässli könne man aber auch mit einem Schild hinweisen. Der Rat freue sich darüber, dass der Künstler mit seinem monumentalen "Chribu" vor dem Gebäude der Mobiliar-Versicherung "im öffentlichen Raum nach wie vor prominent vertreten ist".

Es sei ihm von Anfang an klar gewesen, dass der Gemeinderat nicht auf sein Anliegen eingehen werde, die "Milchkannen" von Ueli Berger wieder "an ihren vorgesehenen Ort zu stellen, wo sie ihre Geschichte erzählen", schrieb Petitionär Hans-Peter Liechti am Wochenende den Medien. "Auf dem ,verkehrsgerechten Mobilitäts-Platz‘ hat Nostalgie (und Ironie) verständlicherweise nichts mehr verloren!" Immerhin sei Ueli Berger eine Wiederplatzierung nach dem Umbau in Aussicht gestellt worden. Die vom Gemeinderat angebotene Alternative, mit einem Schild aufs Milchgässli hinzuweisen, "wirkt wirklich lächerlich". Es "beelende" ihn, "wenn unsere Stadtväter und -mütter so leichtfertig mit unserer Geschichte und Baukultur umgehen". (rss)

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NEONAZIS BE
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BZ 4.5.09

Rechte und Skins prügeln

Das Fest begann friedlich und endete in Schlägereien. Beim Bahnhof Biglen gerieten sich Linke und Rechte in die Haare.

Ein Verletzter, mehrere Schlägereien, zwei festgenommene Prügler, das ist die Bilanz eines Fests in Biglen. Am Samstagabend reisten 60 bis 80 Skins aus der linken Szene mit dem Zug nach Biglen. Ab 19 Uhr festeten sie beim Klubhaus des Ornithologischen Vereins. Die Hütte liegt zwar fernab. Besuch bekamen die Linken aber trotzdem: Die Polizei war da, sie hatte den Internet-Aufruf der Skins mitbekommen. Und Biglens Gemeindepräsident Jean-Paul Mange (FDP) war vor Ort. "Die Leute haben zwar ohne Bewilligung auf fremdem Terrain gefestet", stellt Mange klar. "Um grösseren Schaden abzuwenden, tolerierten wir das, stellten aber Bedingungen."

Die Skinheads hielten sich an die Spielregeln. Ab 22 Uhr wurde es gemäss Mange ruhiger. Gegen Mitternacht wanderten die Teilnehmer der Freiluft-Party zum Bahnhof. Dort geschah es: 10 bis 15 Gegner aus der rechten Szene warteten mit Schlagringen und Stöcken. Unterdessen hatte die Polizei ihr Aufgebot massiv verstärkt. Vergeblich: Weil sich Linke und Rechte an verschiedenen Orten prügelten, konnten die Polizisten nicht eingreifen. Ebenfalls nicht verhindern konnten sie, dass die Rechten einen 16-jährigen Linken spitalreif schlugen. Immerhin gelang es der Kapo, zwei Tatverdächtige festzunehmen. Unterdessen hat sie die beiden 19- und 22-jährigen Männer wieder entlassen.

Peter Steiger/pd

Zeugenaufruf. Hinweise nimmt die Kapo Konolfingen entgegen. Tel.031368 73 01.

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bernerzeitung.ch 3.5.09

16-Jähriger zusammengeschlagen

Ein 16-Jähriger ist in der Nacht auf Sonntag bei einer Schlägerei verletzt worden. Rund um den Bahnhof in Biglen ist es zu mehreren Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der rechten und der linken Szene gekommen.

Dies nachdem rund 60 bis 80 Personen aus der linken Szene an einem Fest beim Klubhaus des Ornithologischen Vereins in Biglen teilgenommen hatten, wie die Polizei mitteilt.

Von Gemeinde- und Vereins-Vertretern toleriert

Das Fest wurde nach Rücksprache mit der Kantonspolizei, welche den Anlass nach eigenen Angaben "mit erhöhter Präsenz überwachte", von Vertretern der Gemeinde und des Ornithologischen Vereins toleriert. Dies, obwohl die Veranstalter keine Bewilligung beantragt hatten.

Am Bahnhof abgefangen

Die Festteilnehmer begaben sich gemäss Mitteilung gegen Mitternacht gruppenweise zum Bahnhof, wo sie von 10 bis 15 Personen aus der rechten Szene erwartet wurden. Daraufhin kam es zu mehreren Schlägerein, wobei ein Festteilnehmer verletzt wurde. Die Polizei konnte zwei Verdächtige festnehmen. Die beiden 19- und 22-jährigen Männer wurden bereits wieder entlassen, weitere Ermittlungen sind im Gange.

Die Polizei sucht Zeugen des Vorfalls. Hinweise an: Kantonspolizei Bern, Tel. 031 368'73'01. (asu/pd)

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police.be.ch 3.5.09

Biglen / Zeugenaufruf

Mann bei Schlägerei verletzt

pkb. In der Nacht auf Sonntag kam es in Biglen zu Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der rechten und der linken Szene. Ein Mann wurde bei einer Schlägerei verletzt. Zwei Tatverdächtige wurden angehalten.

Am Samstag, 2. Mai 2009, ab 1800 Uhr besammelten sich beim Klubhaus des Ornithologischen Vereins in Biglen rund 60 bis 80 Personen aus der linken Szene zu einem Fest. Nach Rücksprache mit der Kantonspolizei Bern, die den Anlass mit erhöhter Präsenz überwachte, beschlossen Vertreter der Gemeinde und des Ornithologischen Vereins, das Fest auf Zusehen hin zu tolerieren. Dies, obschon die Organisatoren vorgängig nicht um eine Bewilligung des Grundeigentümers ersucht hatten. Von der Gemeindebehörde und der Kantonspolizei Bern wurden entsprechende Regeln aufgestellt.

Gegen Mitternacht begaben sich die Festteilnehmer gruppenweise zum Bahnhof Biglen, wo sie von rund 10 bis 15 Personen aus der rechten Szene erwartet wurden. In der Folge kam es rund um den Bahnhof zu mehreren Schlägereien. Dabei wurde gemäss aktuellem Kenntnisstand ein 16-jähriger Festteilnehmer verletzt. Er musste in der Folge mit der Ambulanz in Spitalpflege gebracht werden. In der Nähe des Fundorts des Verletzten konnte die Kantonspolizei Bern zwei Tatverdächtige anhalten. Nach einer Befragung wurden die beiden 19- und 22-jährigen Männer wieder entlassen. Weitere Ermittlungen sind im Gang.

Zur Klärung der Umstände, die zur erwähnten Verletzung geführt haben, sucht die Kantonspolizei Bern Zeugen. Personen, die sachdienliche Hinweise geben können, werden gebeten, sich unter der Telefonnummer 031 368 73 01 mit der Kantonspolizei Bern in Konolfingen in Verbindung zu setzen.

Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland

(bwb)

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Indymedia 23.4.09

2. Mai - Antifaschistisches- bräteln      

Auteur : ritter der kokosnuss     
 
Kick out PNOS     

Am 8.März konnten wir den marsch der PNOS in Bern nicht verhindern doch wir können verhindern, dass sie sich weiter Verbreitet.

Wir werden keine ruhe geben bis wir ohne Nazis leben
Kampf dem Faschismus an jedem Ort

2. Mai 18.00 Uhr Bhf Biglen (BE)
Bring your own Food
Günstiges Bier vor Ort
Schlafmöglichkeit vor Ort (geeignete Kleidung mitbringen)
Aufruhr widerstand es gibt kein ruhiges Hinterland

LAAK

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1. MAI BERN
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Indymedia 2.5.09

Communiqué zum Revolutionären 1.Mai in Bern ::

AutorIn : Revolutionäres 1.Mai Bündnis Bern

Revolutionäre Nachdemonstration Am diesjährigen 1.Mai, dem Kampftag der Arbeiterinnen und Arbeiter haben zwischen 400 und 500 Menschen im revolutionären Block am "offiziellen" 1.Mai Umzug in Bern teilgenommen. Am Block, welcher unter dem Motto: "Für die soziale Revolution ! Kapitalismus überwinden - Betriebe kollektivieren - Selbstverwaltung organisieren", stattfand, wurden Parolen gegen Ausbeutung und Konkurrenzkampf gerufen, weiterhin wurde eine Wirtschaft, welche sich nach den Bedürfnissen der Menschen richtet, und eine solidarische, selbstbestimmte Gesellschaft gefordert.     

Während des Umzuges wurden hunderte Flyer verteilt, in welchem unter anderem erklärt wurde warum eine revolutionäre Veränderung notwendig ist und dass reformistische Forderungen von etablierten Gewerkschaften und Linksparteien die grundsätzliche Situation von uns LohnarbeiterInnen nie verändern werden.
Die Spitze des revolutionären Blocks brach nach dem Waisenhausplatz aus dem 1.Mai Umzug aus und formierte sich zu einer Nachdemonstration, an welcher sich über 200 Leute beteiligten. Weiterhin lautstark und mit vielen Fahnen und Transparenten präsent, lief mensch via Bahnhof - Bollwerk zur Reitschule, wo im Anschluss das revolutionäre 1.Mai Fest stattfand.
Am revolutionären Fest auf dem Vorplatz der Reitschule angekommen, bedienten sich die Leute an den Informationsständen, diskutierten und genossen kühle Getränke und das Essen. Nach 17.00 Uhr begann das kulturelle Programm mit vier Bands aus dem In- und Ausland. Zwischen den Konzerten wurde eine Rede gehalten in welcher Themen wie Antikapitalismus, ArbeiterInnenkampf und die Weltwirtschaftskrise angesprochen wurden. Es wurde weiterhin erklärt, dass wir alle, KommunistInnen und AnarchistInnen, uns nicht spalten lassen sondern gemeinsam für die Überwindung des Kapitalismus kämpfen. Gegen 02.00 Uhr endete das Revolutionäre Fest, welches etwa 500 BesucherInnen angezogen hatte.

Der 1.Mai ist vorbei, der Kampf geht weiter!
Kapitalismus überwinden - Betriebe kollektivieren - Selbstverwaltung organisieren!
Für die soziale Revolution!

Revolutionäres 1.Mai Bündnis Bern

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BEATMAN
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Berner Rundschau 4.5.09

Beat-Man, der Mann mit dem Beat

Deshalb wurde aus dem Stadtberner Musiker und Wrestler Beat Zeller ein Reverend

Er sammelt, predigt, singt und bringt Platten heraus. Der Berner Beat Zeller hat Szene-Freunde auf der ganzen Welt. Damit hat er nun sein bedrohtes Plattenlabel Voodoo Rhythm retten können. Ein Porträt.

Katharina Schwab

Die Wohnung in Bern gleicht einem Museum. Gleich beim Eingang hängen kitschige Heiligenbilder, dazwischen der Taj Mahal, Henri Dunant und afrikanische Masken. In der Küche steht eine Jukebox aus den 1960ern, daneben prangen Wimpel aus St. Petersburg, Los Angeles und Atlantic City an der Wand. Immer wieder gibts Neues zu entdecken. "Ich kaufe überall, wo ich bin, Sachen ein", sagt Beat Zeller, alias Beat-Man. Seit zehn Jahren tritt der Berner auf der ganzen Welt als Reverend Beat-Man auf - dafür liess er sich von den amerikanischen Fernsehpredigern inspirieren. In seiner "Prediger-Show" macht er Musik, aber auch Theater und Comedy. Und da das Programm auf Englisch ist, funktioniert es beinahe überall. "Nur die Franzosen verstehen mich meistens nicht", sagt Zeller.

"Kämpfte gegen mich selber"

Beat Zeller sitzt am Küchentisch, trinkt verdünnte Mandelmilch und erzählt aus seinem Leben. Nachdem er eine Lehre als Elektriker absolviert hatte, war er als Tourbusfahrer und als Vorband mit verschiedenen Musikern auf Tour, als Wrestler. Wrestling ist vor allem in den USA bekannt und ist eine Art Schaukampf-Sportart. Normalerweise kämpfen Wrestler gegeneinander - "ich kämpfte jedoch gegen mich selber, somit gewann ich immer", erzählt der Berner. Doch dabei wurde sein Körper mächtig malträtiert: Er verlor seine Stimme für ein Jahr und sein Rücken war dahin. Da beschloss er, auf die ruhige Seite zu wechseln, ins Priestergewand zu schlüpfen und ab nun zu predigen. Als Reverend ist er Gott und Teufel in einer Person. Was bedeutet ihm also Religion? "Für mich ist der Glaube wichtig, mit Institutionen habe ich Mühe." Auch mit den Päpsten ist er nicht einverstanden. Und doch hängt ein Bild von Johannes Paul dem Zweiten an der Wand: "Den fand ich gut", lacht Beat Zeller. Er würde den Päpsten aber allgemein empfehlen, Kinder zu bekommen, "damit erlebt man endlose Liebe nicht erst im Himmel, sondern bereits hier auf der Erde".

 Als Reverend Beat-Man provoziert er mit seiner Show, denn seine Aussagen sind aufmüpfig und teilweise unter der Gürtellinie. Beschwerden von Gläubigen habe es gegeben, meist vor den Konzerten. In St. Gallen wurde er einmal angespuckt, ein anderes Konzert musste abrupt abgebrochen werden. Aber auch das Gegenteil hat er bereits erlebt: "Echte amerikanische Prediger besuchten meine Show und fanden sie super."

"Label meinen Kindern geben"

Neben seinen Auftritten als Reverend Beat-Man hat Beat Zeller aber auch noch ein anderes Standbein: Das Plattenlabel Voodoo Rhythm. Dieses Musik-Label hat Fans auf der ganzen Welt, bis zu 4000 Mal wird eine CD weltweit verkauft, die bei Voodoo Rhythm erscheint, sagt Zeller. Vergangene Woche erlebte er gerade einen Hype aus Mexiko. Warum, das weiss er selber nicht. Lateinamerika laufe ohnehin gut, da er dort lange getourt sei. Die 1980er- und 1990er-Jahre seien "eine wilde Zeit" gewesen. Damals trat er mehrmals beim Musiksender MTV auf und hatte auch sonst unzählige Auftritte auf der ganzen Welt.

 Dabei ist Voodoo Rhythm Beat Zellers Lebenswerk. Irgendwie unerwartet, da ganz bünzlig, sagt der 41-Jährige schliesslich: "Ich möchte das Label einmal meinem Sohn und meiner Tochter übergeben."

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NESTLÉ
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NLZ 4.5.09

Menschenrechtsforum

Autonome wollen Nestlé-Chef stören

Der Auftritt von Nestlé-Chef Peter Brabeck am 6. Internationalen Menschenrechtsforum Luzern (IHRF) sorgt für Gesprächsstoff. Unter dem Titel "Brabeck in die Wüste schicken" ruft die Jugendsektion der Gewerkschaft Unia für den kommenden Mittwoch zu einer "friedlichen Aktion gegen die Brabeck-Rede" auf. Der Nestlé-Chef referiert am Mittwochvormittag in der Swiss Life Arena.

"Profit- und Machtgier"

Seit dem Wochenende machen nun auch verschiedene linke autonome Gruppen gegen Peter Brabeck mobil. "Ziel unserer Aktion ist es, dass Brabeck sein Referat am Mittwoch nicht halten kann. Wie wir dabei vorgehen wollen, lassen wir noch offen", erklärt ein Sprecher gegenüber unserer Zeitung. In einer Mitteilung werfen die autonomen Gruppen dem Chef des weltgrössten Nahrungsmittelherstellers Nestlé "Profit- und Machtgier" vor. Sie kritisieren, dass Brabeck Wasser nicht als Menschenrecht, sondern als Handelsware betrachte.

Gesprächsangebot abgelehnt

Dass die Gewerkschaft-Unia-Jugend gegen den Brabeck-Auftritt mobil macht, wissen die Organisatoren des Menschenrechtsforums. Man habe den Verfassern eines offenen Unia-Briefes geantwortet und ein klärendes Gespräch angeboten. "Darauf ging man aber nicht ein", wie Peter Kirchschläger, Co-Leiter des IHRF, auf Anfrage sagt.

Das angekündigte Störmanöver der Autonomen hingegen ist neu. Kirchschläger: "Am Forum geht es darum, das Thema Menschenrechte öffentlich und durchaus auch kontrovers zu diskutieren, um die Durchsetzung der Menschenrechte zu fördern. Dementsprechend bedauern wir es, wenn sich Kritiker nicht einem konstruktiven Dialog stellen wollen." Man werde Sicherheitsvorkehrungen treffen, damit die Veranstaltung im geplanten Rahmen friedlich stattfinden könne.

Jérôme Martinu

Internet: http://www.ihrf.phz.ch

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Indymedia 2.5.09

Brabek in die Wüste jagen! ::

AutorIn : Brabeck in die Wüste Jagen         

Das International Human rights forum, das am 5ten und 6ten Mai in der Luzerner Swisslifearena stattfinden wird, hat es geschafft Peter Brabek einzuladen. - Paradox!; gerade auch bei Betrachtung des Themas, über das er ein Referat halten sollte: "Wasser und Menschenrechte"...     

Brabek war lange Zeit CEO des Nahrungsmittelmultis Nestlé.
Seine Profit- und Machtgier kannte, und kennt nun auch als
Verwaltungsratspräsident, keine Grenzen:

- Nestlé bespitzelt KritikerInnen -
Gemäss einem Bericht des westschweizer Fernsehens vom Juni 2008 wurde Securitas von der Firma Nestlé SA beauftragt, die Gruppe attac in Lausanne auszuspionieren: Eine Mitarbeiterin der Securitas bespitzelte die Gruppe unter dem falschen Namen Sarah Meylan von September 2003 bis Mai 2004.
Securitas lieferte Nestlé regelmässig Berichte über Namen und Personen, die an Sitzungen und Aktionen von attac teilnahmen

- Nestlé missachtet ArbeiterInnenrechte -
z.B. Im September 2008 wurde Jacek Kotula, der Präsident der
Betriebskomission der Gewerkschaft "Solidarnosc” in der Alima Gerber S.A. in Polen (Im Moment im Besitz von Nestlé) aus "disziplinarischen” Gründen gefeuert.

- Nestlé verfolgt GewerkschafterInnen -
Nestlé lässt Gewerkschafter/innen durch paramilitärische Gruppen verfolgen. Damit versucht Nestlé zu verhindern dass sich ArbeiterInnen in den Betrieben gewerkschaftlich organisieren.

- Nestlé privatisiert Wasser -
Herr Brabek ist vor allem mit Aussagen wie, Wasser sei eine Handelsware wie alles Andere, oder es sei eine radikale Haltung von ein paar Chaoten, zu behaupten, Wasser sei ein Menschenrecht, zu Berühmtheit gelangt.

Es kann nicht sein, dass ein Mensch mit einer solch inhumanen Einstellung, seine Haltung rechtfertigen kann, dazu noch unter dem Mantel der sogenannten Menschenrechte.

Die Verantwortlichen des Forums wurden angehalten Herrn Brabek wieder auszuladen. Leider, aber wie zu erwarten war, ging mensch nicht darauf ein.

Wir rufen deshalb zu Aktionen rund ums Forum auf!
Lassen wir einen Menschenverachter nicht zu Wort kommen!
Brabek in die Wüste schicken!


Anarchist Black Cross
Autonome Gruppe Luzern
Autonome Gruppe Zentralschweiz
Und Einzelpersonen

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JCVP-POLIZEI
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jcvp-be.ch 3.5.09

Sicherheit im Brennpunkt: Kann eine private Bahnpolizei die Lösung sein?

von: Martin Fröhlich, Politischer Sekretär JCVP CH

Vergangene Woche hat sich der Nationalrat dafür ausgesprochen, dass für die Sicherheit in Zügen weiterhin eine private Transportpolizei (Bahnpolizei) zuständig sein soll. Diese soll aber keine vollen Polizeikompetenzen erhalten. Vorläufige Festnahmen und Durchsuchungen bleiben somit Sache der ordentlichen Polizeikräfte. Damit folgt der Nationalrat dem Ständerat, der der Bahnpolizei ebenfalls keine weitgehenden polizeilichen Kompetenzen einräumen wollte.
 
Dieser Entscheid ist nicht nur zu begrüssen. Denn eine private Quasipolizeikraft mit polizeilichen Kompetenzen auszustatten, ist an sich schon fragwürdig genug. Das Gewaltmonopol des Staates durch private Sicherheitskräften aufrechterhalten zu lassen, kann denn auch nicht eine langfristige Lösung sein. Erst recht nicht wenn in wahrscheinlich absehbarer Zeit, das beschlossene Gesetz gibt diese Kompetenz in die Hände des Bundesrats, die Bahnpolizei auch (zu Recht) mit Schusswaffen ausgerüstet werden soll.
 
Stattdessen sollte die Diskussion um die Einrichtung eines "Bundessicherheitskorps" wieder aufgenommen werden. Ein solches würde garantieren, dass wieder alle relevanten Sicherheitskräfte der notwendigen demokratisch legitimierten Kontrolle und Aufsicht unterstehen. Das Korps könnte die Sicherheit in Zügen ebenso gewährleisten, wie die Assistenzdienste im Asylwesen, beim Schutz von Einrichtungen nationaler Wichtigkeit oder bei Grossveranstaltungen. Es würde ausser beim Schutz von Bundeseinrichtungen und im schweizweiten Transportwesen immer dort zum Einsatz kommen, wo die kantonalen Polizeien mit ihren Kräften an ihre Grenzen stossen.
 
Um die kantonale Polizeihoheit zu gewährleisten müsste zudem garantiert sein, dass die Kräfte des Korps im Fall von Unterstützungseinsätzen der kantonalen Einsatzführung unterstellt sind. Auch müsste dieses grundsätzlich von den Kantonen angefordert werden und nicht etwa vom Bundesrat eingesetzt werden können. Denn eins ist klar, eine solche Lösung soll den Föderalismus nicht aushebeln, sondern stärken.
 
Die grösste Stärke eines solchen Korps läge jedoch darin, dass die Milizarmee sich wieder auf ihre Kernaufgaben konzentrieren könnte. Botschaftsschutz und andere Polizeiaufgaben gehörten endlich der Vergangenheit an. Dies wäre gerade unter dem Blickwinkel der Professionalität und Motivation der Truppe eine sehr willkommene Entwicklung.

Zugegebenermassen wäre die Einrichtung eines Bundessicherheitskorps nicht die günstigste Lösung. Würde jedoch der Mut aufgebracht, alle bestehenden Bundeseinheiten, die im Bereich innere Sicherheit tätig sind, in das Korps zu integrieren, würde der im Vergleich zu den privaten Sicherheitsdiensten bestehende Kostennachteil sicher zu einem wesentlichen Teil ausgeglichen.

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BIG BROTHER
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NLZ 4.5.09

Markus Seiler, neuer Chef des Nachrichtendienstes

"Es geht darum, Misstrauen abzubauen"

Interview von Eva Novak und Jürg Auf der Maur, Bern

Aus der Reorganisation soll der beste Nachrichtendienst der Welt hervorgehen. Die Schweiz auf dem Weg zum Schnüffelstaat? Nein, sagt der neue Chef entschieden.

Markus Seiler, besitzen Sie einen Schlapphut?  

Markus Seiler: (lacht) Nein, leider nicht.  

Braucht man das nicht als Chef eines Super-Geheimdienstes, wie es ihn in der Schweiz noch nie gegeben hat?  

Seiler: Nein, und es ist auch kein Super-Geheimdienst, sondern es ist der Nachrichtendienst des Bundes.  

Immerhin werden zum ersten Mal in der Schweiz Inland- und Auslandnachrichtendienst zusammengeführt.

Seiler: Für die Schweiz ist dieses Modell, das es bereits etwa in Holland und Spanien gibt, tatsächlich neu. Man hat gemerkt, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Diensten nicht immer optimal spielt. Die Zusammenführung soll bewirken, dass mit den gleichen Mitteln die Leistungsfähigkeit besser wird.  

Sie sind kein ehemaliger "Spion" ...  

Seiler: ... richtig, deshalb habe ich auch keinen Schlapphut.  

Sie haben als Aussenstehender die Herkulesaufgabe, zwei völlig unterschiedliche Kulturen zusammenzuführen.  

Seiler: Sicher ist das keine einfache Aufgabe, aber eine sehr spannende. Die Zusammenführung der beiden Dienste wird alle Beteiligten in den nächsten zwei, drei Jahren beschäftigen. Und der Erfolg hängt am Ende davon ab, ob es uns gelingt, den Zusammenschluss auch kulturell zu erreichen.

Wie wollen Sie das angesichts der ausgeprägten Rivalitäten zwischen dem Inlanddienst DAP und dem Auslanddienst SND konkret bewerkstelligen?  

Seiler: Mein Ziel ist, auch die räumliche Zusammenlegung bis zum 1. Januar 2010 zu schaffen. Bis dahin gibts ein neues Bundesamt und für die allermeisten Mitarbeiter ein neues Büro. Viele werden neue Kollegen bekommen, einige einen neuen Chef. Sie werden nicht nur intellektuell Abschied nehmen vom alten Job, sondern auch physisch. Davon erhoffe ich mir eine positive Dynamik.

Wie transparent wird das neue Bundesamt - wird beispielsweise die Anzahl der Mitarbeiter bekannt?  

Seiler: Das ist möglich. Ich habe von VBS-Chef Ueli Maurer den Auftrag, den Dienst so transparent wie möglich aufzubauen. Über die einzelnen Mitarbeiter, Quellen und Arbeitsmethoden werden wir auch künftig nichts sagen können, über die Eckwerte wie den Budgetrahmen oder die Mitarbeiterzahl aber hoffentlich schon.  

Kein Glasnost im Nachrichtendienst?  

Seiler: Kochrezepte auf dem Internet, wie es die Deutschen anbieten, werden Sie von uns nie bekommen. Das Wichtigste ist, dass die Leute eine Vorstellung bekommen, was der Nachrichtendienst macht, und namentlich sehen, dass die gesetzlichen Restriktionen für den Inlandnachrichtendienst sehr eng sind. Es geht darum, das Misstrauen abzubauen und ein Grundvertrauen in die Dienste aufzubauen.  

Wie denn?

Seiler: Das werden wir jetzt mit den beiden Chefs der Dienste anschauen. Ich kann mir aber gut vorstellen, Informationsveranstaltungen durchzuführen. Die Polizei geniesst ja auch ein hohes Grundvertrauen und legt trotzdem ihre Methoden nicht offen.

Sie werden das Staatsschutzgesetz überarbeiten, nachdem der erste Anlauf zum Lauschangriff im Parlament gescheitert ist. Wie weit sollen Staatsschützer in den Privatbereich eindringen können?  

Seiler: Diese Frage muss die Politik beantworten. Die Diskussion über das Staatsschutzgesetz hat weit über die Parteigrenzen hinaus gezeigt, dass die Güterabwägung zwischen dem Schutz der Privatsphäre und Eingriffen in Grundrechte im Zweifelsfall zu Gunsten der Privatsphäre ausfallen muss.  

Die Schweizer Dienste haben weniger Möglichkeiten als jene im Ausland. Soll sich das ändern?

Seiler: Dass wir heute mit kürzeren Spiessen kämpfen als die anderen, ist das Ergebnis einer politischen Willensbildung nach der Fichenaffäre. Ich denke, der Schweizer hat grundsätzlich höhere Erwartungen an den Schutz der Privatsphäre als andere - und das zu Recht. Da muss jedes Land seinen Weg finden.  

Was halten Sie von Wanzen im Wohnzimmer ohne richterlichen Befehl?  

Seiler: Das kann ich mir nur höchstens bei ganz schweren Delikten und mit einer externen Prüfung vorstellen. Zum Standardrepertoire darf es aus meiner Sicht nicht gehören.  

Ihr Chef Ueli Maurer möchte die beste Armee der Welt aufbauen. Steuern Sie den besten Geheimdienst der Welt bei?  

Seiler: Nicht den besten Geheimdienst, aber den besten Nachrichtendienst der Welt. Genau so, wie es Bundesrat Maurer meint: Gemessen an unseren Bedürfnissen, Mitteln und Aufträgen müssen wir die Besten sein.  

Obwohl Sie präventiv viel weniger machen dürfen als alle anderen Dienste?  

Seiler: Gerade deswegen. Für mich als Liberalen ist der beste Geheimdienst nicht jener, der am undurchsichtigsten ist und die meisten Eingriffe in die Grundrechte vornimmt. Der beste Dienst ist jener, der mit den wenigsten Eingriffen am weitesten kommt. Wir dürfen den Bürger nur dann überwachen, wenns wirklich nötig ist, und das auch entsprechend kontrollieren.  

Bonus: Weitere Aussagen des Geheimdienstchefs Markus Seiler finden Sie unter www.zisch.ch/bonus  
http://www.zisch.ch/FTP-Upload/ZischDaten/zischbonus/interview_seiler.pdf

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"Mit Ueli Maurer kann man offen reden"

Welches war der Höhepunkt Ihrer vier Jahre als Generalsekretär des VBS?

Markus Seiler: Generell haben wir vier schwierige Jahre hinter uns. Für mich war einer der schönsten Erfolge, dass wir beim Abbau von fast 2000 Stellen fast niemanden entlassen mussten und die Übung im besten Einvernehmen mit den Gewerkschaften gelungen ist. Für besonders spannend halte ich überdies die Fortschritte in der sicherheitspolitischen Organisation. Die Euro war unter diesem Aspekt ein Höhepunkt.

Was war der Tiefpunkt?

Seiler: Sicher gehörte die zweite Hälfte des vergangenen Jahres zu den schwierigsten Phasen.

Sie sprechen vom Fall Nef, nachdem Sie ja zur Findungskommission des Armeechefs gehört haben?

Seiler: Das war nicht das Problem. Vielmehr war das Departement während Monaten massiv belastet, bis zur politischen Bereinigung Ende Jahr. Unabhängig davon, ob man direkt beteiligt war oder nicht, spürte man einen Druck.

Den Druck, der auf Bundesrat Samuel Schmid lastete?

Seiler: Der Druck lastete nicht nur auf dem Departementschef. Wenn etwa von einer "Schrottarmee" geschrieben wurde, mussten 10 000 Angestellte lesen, dass sie offenbar nur Schrott produzieren. Das hat die Leute zermürbt.

Also hat die SVP nicht nur ihren abtrünnigen Bundesrat zermürbt, sondern alle VBS-Angestellten?

Seiler. Es war nicht nur eine parteipolitische Auseinandersetzung, der Ausdruck "Schrottarmee" kam von den Boulevardmedien. Auf dem Rücken der Armee wurde eine ganz generelle Auseinandersetzung ausgetragen, was es für die VBS-Angestellten sehr schwierig gemacht hat. In dieser Situation Zuversicht auszuströmen, war schon recht anspruchsvoll.

Haben Sie sich mit Ihrem neuen Chef Ueli Maurer darüber ausgesprochen?

Seiler: Selbstverständlich haben wir das thematisiert. Mit Bundesrat Maurer kann man sich sehr offen und sehr direkt auseinandersetzen und austauschen, er hat keine Berührungsängste.

Innerhalb von 15 Jahren haben Sie eine Bilderbuchkarriere hingelegt, die Sie vom FDP-Sekretariat über das Finanzdepartement bis an die Spitze eines Bundesamtes geführt hat. Welcher Job war der spannendste?

Seiler: Eigentlich alle. Besonders faszinierend ist aber das VBS, da man das, was man oben anteigt, unten ausbaden muss  bis hin zur "Schrottarmee". Jetzt freue ich mich unglaublich auf die neue Aufgabe, von der ich einen Teil noch entdecken muss. Ich benütze gerne die Gelegenheit, um einen Werbespot abzusetzen: Es gibt keinen spannenderen und vielfältigeren Arbeitgeber als die Bundesverwaltung.

Und keinen sichereren?

Seiler: Früher sagte man, der Job beim Bund sei schlechter bezahlt, dafür sicher. Heute ist der Lohn gestiegen und die Sicherheit gesunken. Dass der Abbau von Stellen beim VBS ein Kündigungsgrund ist, wäre früher nicht möglich gewesen.

eno/adm

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Markus Seiler

Steile Karriere

Markus Seiler ist designierter Chef des neu zu schaffenden Bundesamtes, das die Nachrichtendienste des Bundes zusammenfasst. Am letzten Freitag hat er seine neue Aufgabe angetreten; bis Ende Jahr will er die im Inland (Dienst für Analyse und Prävention) und im Ausland (Strategischer Nachrichtendienst) operierenden Nachrichtendienste zusammenführen. Die Zusammenlegung der beiden Dienste hatte das Parlament gefordert; dagegen hatte sich der Bundesrat lange gewehrt.

40-jähriger Thurgauer

Der 40-jährige Markus Seiler stammt aus Ermatingen im Kanton Thurgau. Er studierte an der Universität St. Gallen, wo er als Staatswissenschaftler promovierte. Seine Karriere begann er vor 15 Jahren im Sekretariat der FDP. 1997 wechselte Seiler ins Finanzdepartement, wo er unter anderem der persönliche Mitarbeiter von Bundesrat Kaspar Villiger war. Fünf Jahre später folgte der Wechsel ins VBS, wo er zunächst stellvertretender Generalsekretär war und seit 2005 das Generalsekretariat leitete. Markus Seiler ist Fachoffizier im Rang eines Oberstleutnants und Vater von vier Kindern.
eno

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POLICE GE
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Bund 4.5.09

Roma-Pässe verunstaltet

Polizei Mehrmals sollen Genfer Polizisten bei der Kontrolle bettelnder Roma mit Kugelschreiber Wörter wie "Bettler" oder "böse und gewalttätig" in deren Pässe geschrieben haben. Ihr lägen rund zwanzig solcher Fälle vor, hatte Dina Bazarbachi, Präsidentin des Vereins zur Wahrung der Rechte der Roma, am Freitag erklärt. Die Roma können wegen der verunstalteten Pässe bei der Rückkehr in ihr Heimatland Rumänien Probleme kriegen.

 Der Genfer Justizdirektor Laurent Moutinot erklärte am Samstag gegenüber dem Westschweizer Radio, was sich die Polizisten geleistet hätten, sei "völlig unzulässig und illegal". Eine eingeleitete Untersuchung soll demnächst beendet sein. Die Stadt Genf werde für den Ersatz der Pässe aufkommen müssen. (sda)

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BIOMETRIE
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Bund 4.5.09

Lesegeräte sind nicht genügend sicher

Untersuchungen am elektronischen Pass haben ergeben, dass sich der Passleser aus bis zu 500 Metern Entfernung anzapfen lässt

Beim Test durch das Bundesamt für Kommunikation sind die Lesegeräte für den biometrischen Pass durchgefallen. Jetzt muss der Bund nachbessern, um Sicherheitslücken zu stopfen. Entschlüsselt wurden die Daten allerdings nicht.

Patrick Kühnis

Für die Fachleute ist der Fall klar: "Bei beiden Geräten kann das Signal mit einfachen Mitteln beim normalen Lesevorgang mitgehört werden." Der Befund lässt aufhorchen. Denn er stammt nicht aus der Abstimmungspropaganda gegen den biometrischen Pass, sondern aus einem offiziellen Bericht des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom). Dieses wurde vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) beauftragt, die "Datenauslesung auf Distanz beim biometrischen Pass" zu untersuchen.

Unveröffentlichter Bericht

Die Frequenzspezialisten des Bakom wurden fündig. In ihrem bisher unveröffentlichten Schlussbericht vom 28. November 2008, der dem "Bund" vorliegt, decken sie vor allem bei den Passlesern mehrere Sicherheitsmängel auf:

- Mithören aus der Luft: Um den verschlüsselten Chip des biometrischen Passes lesen zu können, brauchen Grenzwächter und Fluggesellschaften ein dazu passendes Lesegerät mit Magnetfeld. Das Bakom hat zwei Modelle getestet: den Cross Match A100 und das ACG Passport Reader Module. Bei beiden konnte es mit einer 50 Zentimeter grossen Antenne problemlos Daten abfangen, die das Lesegerät aus dem Pass abrief. Das funktioniere auch mit einem gewöhnlichen Kurzwellenempfänger. Fazit der Tester: "Unter idealen Bedingungen ist das drahtlose Mithören bis zu einer Distanz von etwa 25 Metern möglich." Der gewonnene Datenstrom könne nach einer Aufzeichnung auch offline weiterbearbeitet werden.

- Mithören über das Stromnetz: Aus noch weit grösserer Distanz lassen sich die Lesegeräte über das Stromnetz anzapfen. Denn die Spezialisten des Bakom fanden heraus, dass die Apparate (mit angeschlossenem Notebook) die gelesenen Daten "ungewollt über das 230-Volt-Netz weiterleiten". Messungen und Berechnungen hätten gezeigt, dass "ein Mitlesen auf der Hausinstallation bis zu einer Distanz von über 500 Metern möglich ist".

Roman Vanek vom Fedpol betont zwar, dass die Daten, die drahtlos und über das Stromnetz abgefangen wurden, immer noch verschlüsselt seien. Dennoch hat der Bericht des Bakom im Departement von Eveline Widmer-Schlumpf für Aufsehen gesorgt. "Das Fedpol hat die Ergebnisse mit Interesse zur Kenntnisse genommen", sagt EJPD-Sprecher Guido Balmer. Den Befund, dass sich die Passleser übers Stromnetz abhören lassen, stufte die Bundespolizei gar als derart wichtig ein, dass sie ihn der Internationalen Zivilluftfahrtbehörde ICAO präsentierte. Deren New Technologies Working Group überwacht weltweit die Einführung und den Einsatz biometrischer Pässe.

Nachrüstung wird nötig

Das Fedpol zieht jetzt Konsequenzen aus dem brisanten Bericht: Es will vor der Einführung des neuen Passes die Lesegeräte mit Filtern nachrüsten. Damit setzt es Empfehlungen des Bakom um. Dieses legte dem Fedpol dringend nahe, die Passleser besser abzuschirmen und darin Netzfilter einzubauen, damit das Mitlesen aus der Luft und übers Stromnetz erschwert wird. "Damit macht die Schweiz mehr, als die für elektronische Geräte anzuwendenden Normen verlangen", heisst es beim EJPD. Andere Warnungen des Bakom schlägt es dagegen in den Wind (siehe Kasten).

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Braucht der E-Pass eine Schutzhülle?

Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) warnt davor, den biometrischen Pass ohne Schutzhülle aufzubewahren. Grund: Es hat nachgewiesen, dass sich der Pass aus Distanz heimlich lesen lässt, auch wenn er zugeklappt in der Handtasche liegt.

Das Lesen gelang einerseits aus 35 bis 50 Zentimetern Entfernung mit einer Antenne, die in einem Koffer versteckt war. Andrerseits bauten die Tester eine Antenne in einen Türrahmen ein, die den Chip im Pass sogar lesen konnte, wenn sich dessen Besitzer langsam bewegte. "Der Bau einer Türrahmenantenne ist aufwendig. Wenn sich aber an einem Schalter oder an einer Kasse eine Person für 10 Sekunden nicht bewegt, kann man die Konstruktion stark vereinfachen."

Sicherheitscode bleibt

Der E-Pass nur mit Hülle? Für den Projektausschuss des Bundesamts für Polizei zielt diese Empfehlung ins Leere. "Die Hülle ist unnötig", sagt Guido Balmer, Sprecher des Justizdepartements. Auch wenn der Chip im Pass heimlich von ausserhalb aktiviert werden könne, seien Personalien und Foto durch den Zugriffsschutz der Internationalen Zivilluftbehörde gesichert.

Diese Basic Access Control verhindere, dass sich die Daten beim Vorbeigehen ausspionieren liessen. Tatsächlich sagt auch das Bakom, dass es dafür "die Daten zur Generierung des Schlüssels" brauche. Will jemand noch dazu an die Fingerabdrücke herankommen, muss er einen weiteren Sicherheitscode knacken, über den nur Schweizer Behörden verfügen. Balmer: "Wer genug Zeit hat, kann alle Schlüssel ausprobieren. Das dauert aber bis zu 300 Jahre." (pak)

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HOMOPHOBIE
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Sonntagszeitung 3.5.09

"Lieber Gott, lass dieses Elend ein Ende haben"

Die Suizidgefahr bei jungen schwulen Männern ist deutlich höher als bei Heterosexuellen

"Gott schenkt Befreiung aus der Homosexualität!", rief Michael Welz, Landwirt und Fraktionschef der religiösen EDU, vergangenen Montag in den Plenarsaal des Zürcher Kantonsrats. Es war der Höhepunkt einer Tirade gegen Schwule und Lesben und sorgte schweizweit für Konsternation. Zuvor lancierte der Verein Familienlobby Schweiz eine Protestbrief-Kampagne gegen Euro-Pride 09. Bei den Organisatoren trafen Briefe ein mit Begriffen wie "schwule Arschlöcher".

Schwule und Lesben sind heute zwar besser vernetzt und akzeptiert denn je. Aber für junge Schwule kann ein homo-feindliches Klima, das eine Minderheit schürt, fatale Folgen haben. Das zeigt eine neue Studie vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich, die den Zusammenhang zwischen sexueller Orientierung und Freitod untersucht hat. Ihr Fazit: Junge schwule Männer unter 25 Jahren haben ein fünf- bis sechsfach höheres Suizidrisiko als heterosexuelle Altersgenossen.

"Sie leiden, weil sie Probleme mit dem Umfeld haben"

"Die Jugendlichen wollen sich nicht umbringen, weil sie schwul sind", erklärt Jen Wang, Mitverfasser der Studie, "sie leiden, weil sie aufgrund ihrer Homosexualität massive Probleme mit ihrem Umfeld haben." Ein Umstand, den junge Schwule auf Anfrage bestätigen.

Der 18-jährige T.S. realisierte bereits mit 12, dass er schwul ist. Schon in diesem Alter musste er viel Spott von Freunden und Familie über sich ergehen lassen. Mit 16 hatte er seinen ersten Freund. Der Vater bemerkte es und zwang ihn mit der Frage "Bist du schwul?" zum Comingout. Nicht seine Sexualität, sondern die heftigen negativen Reaktionen darauf stiessen den Schüler in eine tiefe Depression.

"Man vermittelte mir den Eindruck, dass Homosexualität ein Verbrechen sei", erinnert sich T.S., "dass die daraus resultierenden Beziehungen nur körperlich seien und dass es keine zärtlichen Gefühle und Liebe geben könne zwischen zwei Jungen." Schliesslich sah T.S. keinen Ausweg mehr und versuchte, sich mit einer Überdosis Medikamenten das Leben zu nehmen.

Ähnliches erlebte C.R., der beim Eintritt ins Gymnasium bemerkte, dass er sich zu Männern hingezogen fühlt. Er versuchte sich anzupassen, stiess damit aber auf Widerstand und Ablehnung. "Dies führte so weit, dass ich mich selbst ablehnte. Ich wurde immer unglücklicher, trauriger." In der Folge begann er, sich selber zu verletzen, Suizidgedanken kamen auf: "Ich habe beim Einschlafen oft gedacht, lieber Gott, lass mich einfach nicht mehr aufwachen und nimm mich zu dir, lass dieses Elend ein Ende haben."

Erst eine Therapie brachte die Wende, sowohl bei T.S. wie bei C.R. Heute leben sie ihre Homosexualität offen aus. Und trotzdem wollen sie nicht genannt werden. Zu gross ist die Angst vor neuen Kränkungen und Schwierigkeiten.  

Katrin Roth

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Wer sich im Fussball outet, sieht die rote Karte

Viele Sportarten gelten als die letzten Reservate hemmungsloser Homophobie

Am Samstagabend, 2. Mai 1998, fanden Passanten Justin Fashanu, 37, erhängt mit einem Elektrokabel an einem Balken in einer Londoner Garage. Er ist der erste und einzige Fussballprofi, der sich als Schwuler bekannte. Nach seinem Outing wurde er gefeuert, kam ins Gerede, Medien spotteten. Im Abschiedsbrief steht: "Schwul und im öffentlichen Lebens zu sein, ist hart. Bevor ich Freunden und der Familie weiteres Unglück zufüge, will ich lieber sterben."

Viele Disziplinen des Sports, allen voran König Fussball, gehören zu den letzten Reservaten hemmungsloser Homophobie. Alle Versuche, diese Bastionen zu schleifen, scheiterten. Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fussballbundes, bat schwule Profis öffentlich, sich bei ihm zu melden. Noch immer gibt es keinen geouteten Bundesligaprofi. Das gilt auch für die Schweiz.

Auf Vereinsebene ist man heute weiter als 1994, als der FC Wettswil seine Frauenmannschaft auflöste mit der Begründung: "Der Verein wird ausgenützt für das Ausleben von abnormen Veranlagungen (lesbisch)." Dennoch sind Fans und Sportler nicht bereit für einen zweiten Fashanu. Ein Blick in die Stadien genügt:

Werder Bremen musste Torhüter Tim Wiese 2006 sein rosa Trikot verbieten. "Da steht ein Homo im Tor", grölte es stets von den Rängen. 2008 entrollten HC-Davos-Fans ein riesiges "Bern ist schwul"-Plakat. Die Reaktionen, wenn ein schwuler Spieler anscheinend simuliert oder einen Penalty verschiesst, sind absehbar.

Auch unter Spielern ist Schwulsein oft nicht akzeptiert. "Schlimm ist es immer im Vorfeld von Weihnachten", erzählte ein anonymer Jugendfussballer vom Hamburger SV im Januar dem "Hamburger Abendblatt": "Der Trainer sagt: ‹Ihr könnt eure Freundin mitbringen - oder natürlich auch euren Freund›, und die ganze Truppe grölt." Würde er sich outen, nähme ihn keiner für voll, so der Mann. "Eine Tunte grätscht ja keinen um, wenn es sein muss."

Oft fehlt es schon beim Unrechtsbewusstein. Auf Vorwürfe, er habe einen farbigen Spieler "schwarze Sau" genannt, wehrte sich der Dortmunder Torhüter Roman Weidenfeller mit dem Argument, er habe "nur schwule Sau" gesagt. Der Fanforscher Gunther Pilz zog in der "Stuttgarter Zeitung" das logische Fazit: "Man kann keinem Spieler raten, sich zu outen."  

Oliver Zihlmann

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FACEBOOK
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Sonntagsblick 3.5.09

Schweizer Bundesfahnder auf facebook

Dümmer gehts nicht

von Beat Kraushaar

Dutzende Geheimnisträger beim Bund geben auf Facebook ihre Identität preis. Darunter viele Polizisten. Sie gefährden damit sich und ihre Familien.

Bundeskriminalpolizisten: In geheimen Sondereinheiten wie Tigris und Tiago jagen sie mutmassliche Terroristen und Mafiosi. Dabei tarnen sie sich mit Schutzmasken, damit ihre Identität geschützt bleibt. Aus Furcht vor Drohungen gegen sich und ihre Familien tun sie auch sonst alles, um unerkannt zu bleiben. Sie haben keinen Eintrag im Telefonbuch, ihre Autonummern sind geheim.

Doch im Internet vergessen sie jede Vorsicht. Bei Facebook verraten sie nicht nur ihre Identität, sondern auch intime und private Details. So ist auch Flavio Gibellini (51), Chef der Tessiner Bundeskripo, der auch schon in einem Werbevideo eines Luxushotels zu sehen war, auf der beliebten Internet-Plattform präsent. Dort ist ein merkwürdiges Video hochgeladen, auf dem zu sehen ist, wie seine Lebenspartnerin, eine Ex-Agentin, zum Schein verhaftet wird (SonntagsBlick berichtete).

Damit nicht genug: Auf Facebook sind unter Gibellinis Freunden weitere Fahnder zu finden. Darunter eine Frau in sexy Pose und mit einer Tätowierung am Arm. Sie scheut sich nicht, ihre amtliche E-Mail-Adresse beim Bundesamt für Polizei anzugeben.

Bei einem weiteren Bundeskriminalpolizisten finden sich unter dessen "Freunden" die Kinder eines bekannten Bundesanwaltes. Dieser ist bei der obersten Strafverfolgung des Bundes vor allem im Antiterrorbereich tätig.

Und mit ein paar weiteren Klicks ist man auch schon bei den frivolen Fotos angelangt. So präsentiert sich die Facebook-Freundin eines Fahnders halbnackt: mit BH, Föhn und wehendem Haar (siehe Foto oben).

Beim Bund gibt es neben den Top-Fahndern Hunderte von Geheimnisträgern. Dutzende sind auf Facebook präsent. "Dümmer gehts nicht", sagt ein Informatik-Experte beim Bund, der anonym bleiben will. Aber auf Bundesebene gibt es punkto Facebook keine Regelungen - nicht einmal für Geheimdienstleute, Militärs oder Polizisten.

Ludwig Rademacher von der auf Unternehmensspionage und Internetmissbrauch spezialisierten Firma Prevent AG kann dazu nur den Kopf schütteln: "Mit Informationen in sozialen Netzwerken können sich Kriminelle ein Bild von einer Person machen. Der Einzelne kann sich gar nicht vorstellen, wie umfassend so etwas möglich ist und welcher Missbrauch damit allenfalls betrieben wird." Möglich ist vieles, von Spionage bis zu Erpressung.

Dies weiss auch Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (53). In einem "Bund"-Interview wunderte sie sich, dass Jungparteien den biometrischen Pass verhindern wollen. Dabei sei Facebook datenschutztechnisch viel gefährlicher. Junge Leute würden dort sorglos Privates auf die Community-Plattform laden.

Dumm nur: Das machen auch ihre Bundeskriminalpolizisten.

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Facebook

Stahel fordert Totalverbot

Von Beat Kraushaar und Marcel Odermatt

Verluderung

Der Sicherheitsexperte Albert A. Stahel kritisiert den Facebook-Umgang der Bundesangestellten. Die Internet-Plattform berge grosse Risiken.

Der Drang der Bundesmitarbeitenden nach Selbstdarstellung auf Facebook sei "nicht nur peinlich, sondern wegen der Spionagemöglichkeit auch gefährlich", sagt Professor Albert A. Stahel (66) zu SonntagsBlick. Als einer der bekanntesten Sicherheitsexperten der Schweiz hat er sich jahrelang mit Gefahrenlagen beschäftigt. Nach seiner Meinung ist der Facebook-Boom in der Staatsverwaltung eine "Verluderung" der Sitten, die mit der Abschaffung des Beamtenstatus ihren Anfang genommen habe. Stahel: "Dieser müsste wieder eingeführt werden, dann würden solche unverantwortlichen Clownereien im Internet nicht mehr vorkommen."

Nach Stahels Überzeugung unterminieren die fragwürdigen Auftritte auf Facebook die Glaubwürdigkeit des Staates. "Auf diesen sozialen Netzwerken geht es vor allem darum zu wetteifern, wer mehr Freunde präsentieren kann. Ganz zu schweigen von peinlichen Fotos und Videos, die dort anzutreffen sind."

Der Sicherheitsexperte fordert ein totales Facebook-Verbot für Staatsangestellte: "Zuerst muss man Geheimnisträgern den Zugang zu diesen Netzwerken verbieten. Danach muss dieses Verbot auf die gesamte Bundesverwaltung ausgedehnt werden."

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Plattform für Freunde

"Facebook" heisst das Internetangebot zur Organisation von Freundeskreisen. Auf der Plattform erstellt man sein Profil, lädt Bilder und Videos hoch, um seinen Freundeskreis darüber auf dem Laufenden zu halten, was man so tut. Freunde sind bei Facebook das Wichtigste. Jeder kann Personen seiner Wahl hinzufügen. Diese können untereinander chatten, Nachrichten hinterlassen und dürfen Bilder und Videos ansehen. •

Verbote der Arbeitgeber

Zunehmend sperren Firmen ihren Angestellten den Zugang zu Facebook. Dazu gehören unter anderen: UBS, CS, SBB, Post und Coop. Auch Verwaltungen sprechen Verbote aus, so unter anderen Bern, Brugg AG, der Kanton Thurgau und viele weitere Gemeinden. Die Gründe des Verbots: Angst vor Spionage, Auskundschaften von Mitarbeitenden und übermässiges Surfen auf Facebook während der Arbeitszeit.

"Facebook ist zu einem Zeitvertreib geworden. Ich verstehe, wenn ein Arbeitgeber Restriktionen erlässt " SVP-Chef Toni Brunner (34)

"Facebook ist offen und ungeschützt. Das ist gefahrlich. Ich verwende es zurückhaltend"

"Facebook ist Freizeitvergnügen und Ablenkung. Während der Arbeit sollte man arbeiten" Bastien Girod (28), Nationalrat Grüne

"Wir zahlen die Löhne der Staatsangestellten. Der Bund kann ihnen Facebook sperren " Philipp Müller (56), FDP-Nationalrat

Sex-Diplomat auf Facebook

Marco K.*, Ex-Leiter der Sektion US-Interessen an der Schweizer Botschaft in Teheran, wurde in einem militärischen Sperrgebiet beim romantischen Tête-à-Tête mit seiner einheimischen Freundin erwischt. Im Iran sorgte der "Sex-Skandal" im Februar für Schlagzeilen. Auch K. tummelt sich sorglos auf Facebook. Einer von seinen (mit Foto, siehe links) präsentierten Freunden ist Alessandro C.*, seit 1988 im diplomatischen Dienst der Schweiz tätig, etwa als Antiterror-Experte. Albert A. Stahel: "Dass solche Top-Diplomaten auf Facebook präsent sind, ist unverantwortlich."

* Namen der Redaktion bekannt

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ZIVILVERTEIDIGUNG
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Sonntag 3.5.09

Als die Schweiz ihre "Mao-Bibel" bekam

Vor 40 Jahren wurde das Buch "Zivilverteidigung" an alle Schweizer Haushalte verteilt

Von Bojan Stula

Nein, es war nicht die Antwort eines verzweifelten Bundesrats auf das Revolutionsjahr 1968, Flowerpower und den Aufstand der Jugend. Dafür war die Broschüre "Zivilverteidigung" viel zu lange im Voraus geplant, entworfen, redigiert, umgeschrieben und schliesslich vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement publiziert worden.

Doch der Inhalt des rot eingebundenen, 1969 an alle Haushalte gratis verteilten Büchleins erschien wie der ultrakonservative Gegenentwurf zur damals im Aufbruch befindlichen Gesellschaft. Statt des erhofften Erneuerungsschubs für die geistige Landesverteidigung und für den Wehrwillen gegenüber der kommunistischen Gefahr aus dem Osten geriet "Zivilverteidigung" für alle Beteiligten zum Fiasko. "Eine ganz unsägliche Geschichte", nennt der Historiker und Prattler SP-Landrat Ruedi Brassel noch 40 Jahre später die ganze Affäre.

Auf 320 Seiten wurden nicht nur die in einem solchen Reglement üblichen Anleitungen zum Anlegen eines Notvorrats, zur Ersten Hilfe oder zur Brandbekämpfung gegeben, sondern auch eine fiktive Geschichte erzählt, wie die Schweiz von einer feindlichen Grossmacht unterwandert, angegriffen und besetzt wird. Das war in diesem Zusammenhang etwas völlig Neues. Dabei wurde trotz der fiktiven Erzählweise kein Zweifel gelassen, von welchen inneren Strömungen die fatale Gefahr für das eigene Land ausging: von Pazifisten, Intellektuellen, Linksparteien, Gewerkschaften, Atomgegnern oder Homosexuellen. Die subversiven Tätigkeiten von "Adolf Wühler" und "Erich Quiblinger", die die Schwächen der helvetischen Demokratie ausnützen, personifizierten die Kollaboration mit dem Feind. Dazwischen gestreut waren Passagen "aus dem Tagebuch einer Schweizerin", die im Gegensatz dazu beispielhaft für richtiges Verhalten, Bodenständigkeit und wehrhafte Gesinnung standen. "Die Rationierung wird auch ihr Gutes haben (. . .) Unser Volk wird sich wieder auf das Wesentliche besinnen lernen", war etwa im Tagebuch der "Schweizerin" zu lesen, die sich darüber aufregte, dass manche Kinder "bald alle Tage mit neuen Kleidern in die Schule" kommen. Genau solche Zeilen sorgten in der Öffentlichkeit für einen Sturm der Entrüstung.

"Mein Vater, ein tief liberaler Pfarrer, war entsetzt darüber, dass so viele Gesellschaftsgruppen unter Generalverdacht gestellt wurden", erinnert sich der damals 14-jährige Ruedi Brassel. "Und mein älterer Bruder hat sich jahrelang nur ‹Wühler› genannt." Bald wurde "Zivilverteidigung" weitum als "rote Schweizer Mao-Bibel" verspottet.

Als spektakulärste Direktfolge kam es 1970 zum Bruch innerhalb des Schweizerischen Schriftsteller-Vereins (SSV). Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt und andere bekannte Schweizer Autoren kritisierten die Mitarbeit von SSV-Präsident Maurice Zermatten an der französischen Ausgabe, traten demons-trativ aus dem Verband aus und gründeten 1971 die "Gruppe Olten". "Die Veröffentlichung von Zivilverteidigung hat letzten Endes dazu geführt, dass selbst in bürgerlichen Kreisen die Vorbehalte gegenüber der 68er-Bewegung abgebaut wurden", urteilt Brassel im Rückblick. Auf der anderen Seite mussten die "Unheimlichen Patrioten" zum Schluss kommen, dass die Zersetzung des Schweizer Wehrwillens noch viel weiter fortgeschritten war, als von ihnen befürchtet. Fichenaffäre und Geheimarmee P26 als Spätfolgen lassen grüssen.

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SEXUALISIERTE GEWALT
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Indymedia 4.5.09

Neuer Ansatz im Umgang mit sexualisierter Gewalt ::

AutorIn : mia: http://transformation.blogsport.de/     

Sexuelle Belästigung, Gewalt und sexualisierte Gewalt in Beziehungen sind Phänomene mit denen fast alle in ihren persönlichen Beziehungen irgendwann einmal konfrontiert waren. Immer wieder stellt sich auch der Linken die Frage: wie gehen wir um mit Menschen, die die Würde und sexuelle Selbstbestimmung von anderen Menschen nicht respektieren? Zu dieser Frage gibt es neue Impulse in Form einer Broschüre, die Ansätze aus den USA zugänglich macht.     

Gedanken über gemeinschaftlilche Hilfe in Fällen von intimer Gewalt
http://transformation.blogsport.de/images/TransformativeHilfe.pdf

Transformative Hilfe - ein neuer Ansatz beim Umgang mit sexualisierter Gewalt

Sexuelle Belästigung, Gewalt und sexualisierte Gewalt in Beziehungen sind Phänomene, über die zu wenig geredet wird, mit denen aber fast alle in ihren persönlichen Beziehungen irgendwann einmal konfrontiert waren. Es gibt wohl kaum eine Frau, die nicht aus ihrer persönlichen Erfahrung über Belästigungen, dumme Sprüche, Grabschen, Exhibitionismus oder Schlimmeres berichten kann. Dasselbe gilt auch für andere Menschen die nicht in die "Norm" passen wie z.B. Transmänner - und frauen. In der überwältigenden Mehrheit der Fälle gehen Gewalt und Belästigung von Männern aus.
In einer Gesellschaft, in der Sexualität in den Formen von Besitz, Eroberung und Macht gedacht wird, kommt allerdings auch die umgekehrte Form vor, und auch in schwul-lesbischen oder queeren Beziehungen sind solche Gewaltverhältnisse noch lange nicht ausgeschlossen. Immer wieder stellt sich in solchen Fällen die Frage: wie gehen wir um mit Menschen, die die Würde und sexuelle Selbstbestimmung von anderen Menschen nicht respektieren? Zu dieser Frage gibt es neue Impulse in Form einer Broschüre, die Ansätze aus den USA zugänglich macht.

Bürgerliche Realitäten und linke Antworten

In der bürgerlichen Justiz gilt auch bei sexueller Gewalt die Unschuldsvermutung: Belästigung, Gewalt oder Vergewaltigung müssen bewiesen werden, obwohl sexuelle Belästigung, auch Vergewaltigung, selten objektiv beweisbar ist. Dazu müssen die Vorwürfe vor Gericht öffentlich wiederholt und Fragen zum Hergang beantwortet werden.Dies kann für die Betroffenen, gerade in schweren Fällen, eine erneute Traumatisierung sein und ist daher oft unzumutbar. . Oftmals steht Aussage gegen Aussage, selbst wenn ein Täter bekannt ist. Die Betroffenen bleiben allein mit ihrem Trauma.

Seit Langem gibt es deswegen innerhalb der Frauenbewegung und der politischen Linken Aufrufe und praktische Ansätze zu Selbsthilfe und Selbstschutz. Diese beziehen sich überwiegend darauf, Betroffene ohne Mißtrauen und Beweisforderungen ernstzunehmen und ihnen Schutzräume zu verschaffen.
Diese Schutzräume, können unter Umständen soweit reichen, dass die beschuldigte Person - etwa durch pauschale Aufenthaltsver- oder -gebote - aus allen linken Räumen ausgeschlossen wird. Auch der Ausschluss aus "allen linken Strukturen" wird so manches mal gefordert oder umgesetzt.
In der Vergangenheit führte diese Praxis immer wieder zu heftigen Polarisierungen und Streits innerhalb der linken und feministischen Szene.

Linke Debatten mit hohem Spaltungspotential

Und trotz der in der (radikalen) politischen Linken kaum bestrittenen Notwendigkeit, eine Art von Selbstschutz gegen sexualisierte Gewalt und Belästigung auf die Beine zu stellen, hat das Thema bis heute ein ungeheures Streit- und Spaltungspotential bewahrt. Die Konflikte spielen sich im wesentlichen ab zwischen Leuten, die aus der feministischen Patriarchatskritik eine
Forderung nach bedingungsloser Solidarität mit Betroffenen und sofortigem Vorgehen gegen Beschuldigte ableiten. Auf der anderen Seite steht die Gegenforderung, auch Beschuldigte müssten gewisse Schutzrechte gegenüber falschen Vorwürfen genießen und dürften nicht ungeprüfter Repression ausgesetzt werden. Beide Positionen stehen in konkreten Fällen leider meist unvermittelt gegeneinander, schnell werden Vorwürfe über "Täterschutz" und "Männersolidarität" laut, die andere Seite kontert mit Vorwürfen zu "Selbstjustiz" und "Denunziationskultur".

Aufgrund der Problematik, dass hier mit dem Schutz vor struktureller sexualisierter Gewalt und dem Schutz vor im Einzelfall vielleicht grundloser Repression zwei legitime Bedürfnisse nebeneinander stehen, steigert sich die Debatte in der Behandlung von konkreten Fällen oft auf ein Maß, dass weder den Interessen der Betroffenen noch ihrem Umfeld dient, geschweige denn dem Beschuldigtem die Einsicht in ein mögliches Fehlverhalten nahelegt. Differenzierungen haben es in einer solchen Debatte schwer, schnell werden abweichende Stimmen pauschal der "Gegenseite" zugerechnet und nicht mehr ernstgenommen. Die Beschuldigten haben es in diesem Klima leicht, sich als Opfer zu stilisieren und nichts an seinem Denken und Tun zu ändern. Erschwert wird das ganze zusätzlich durch die Tatsache, das unter dem Label "Sexualisierte Gewalt" nahezu alles subsumiert werden kann, von einem dummen Spruch über Grabschen bis hin zum erzwungenen Geschlechtsverkehr. Dieses Feld zu objektivieren scheitert unter anderem daran, dass eine Handlung auf sehr verschiedene Art und Weise erlebt werden kann. VertreterInnen des Konzeptes der "Definitionsmacht" fordern daher, allein die Betroffenen entscheiden zu lassen, wie sie einen erlebten Vorfall bewerten und ob sie ihn z.B. als Vergewaltigung empfinden oder nicht - und diese Definition dann auch als allgemeingültig anzuerkennen. Dies wiederum löst immer wieder Kritik aus. GegnerInnen des Definionsmacht-Ansatzes, die sich durchaus auch dem linken Spektrum zugehörig fühlen, sehen hier die Problematik, dass der Terminus "Vergewaltigung" relativiert wird und zur Sammelbezeichnung für Vorfälle wird, über die eigentlich eher in der Rubrik "Sexuelle Belästigung" verhandelt werden müßte. Einige sehen ausserdem das Problem, dass aus der Bezeichnung "Vergewaltigung" logischerweise abgeleitet werden kann, dass der "Beschuldigte" ein Vergewaltiger ist - mit all den Assoziationen, die sich bei diesem Begriff einstellen, aber oft gar nicht Teil des Geschehenen waren.

Transformation statt Positionierungszwang?

Dem ganzen schwierigen Problemkomplex "Sexualisierte Gewalt" widmet sich nun eine neue Broschüre, die von einer Berliner Übersetzungsgruppe aus dem Englischen übertragen wurde und unter  http://transformation.blogsport.de auch online verfügbar ist. Der aus den USA stammende Text stellt nicht die Sanktion, sondern die Verhaltensänderung im Vordergrund. Aufbauend auf den Erfahrungen des "community-organizing" soll ein Prozess angeregt werden, in dem aus dem Umfeld der Beteiligten Bezugsgruppen gebildet werden, die Gewaltbeziehungen unterbrechen und bei allen Beteiligten eine langfristig wirksame Verhaltensänderung bewirken sollen. Regelmäßige Gesprächssitzungen, Unterstützung im Alltag, Schutzräume und Begleitung sollen sicherstellen, dass eine gewalttätige Beziehung beendet wird oder sich zukünftig gewaltfrei gestaltet.

Die Broschüre bricht insofern ein Tabu, als sie ausdrücklich auch die der sexualisierten Gewalt Beschuldigten in einen Prozess einbezieht - mit dem Ziel, Verhaltensänderungen zu bewirken. Vor solcher "Täterarbeit" scheuen nahezu alle in Deutschland zur Thematik aktiven Gruppen zurück. Ein Zugehen auf die Beschuldigten und der Versuch, ihr Verhalten, ihre Einstellung zur Sexualität gemeinsam durchzusprechen (mit dem Ziel, diese zu ändern) wird als "Täterschutz", als unsolidarisch mit den Betroffenen interpretiert. Das Ergebnis ist daher oft, dass gegen Beschuldigte zwar Sanktionen verhängt wurden und die Person aus ihrem lokalen Umfeld ausgeschlossen wird, jedoch das Verhalten anderswo fortsetzt. Die lokale Gemeinschaft hat ihre Ruhe, aber das strukturelle Problem ist nicht gelöst, ein Lerneffekt findet nicht statt.

Grenzen des "community supports"

Bei Beschuldigten auf Verhaltensänderungen hinzuwirken, das sagen die AutorInnen der neuen Broschüre gleich vorneweg, setzt jedoch eine gewisse Einsicht dieser Person voraus. Menschen, die nicht wahrnehmen, daß sie für andere zum Problem werden und jede Einmischung abblocken, vielleicht sogar mit erneuter Aggression beantworten, sind eindeutig nicht Adressaten des vorgeschlagenen Verfahrens. Dem prügelnden Verlobten, der sein Verhalten für normal hält und sich jede Einmischung in seine "Privatangelegenheiten" verbittet kann mit transformativer Hilfe sicher nicht begegnet werden. Hier, so die AutorInnen, seien im Notfall auch Baseballschläger als Verteidigungsmittel angebracht. Ob man nun eine solche Drohgebärde gut findet oder nicht - Fakt ist, dass damit eine klare Grenze der Methode des "communitiy support" abgesteckt ist. Denn nur da, wo Beschuldigte eine Umgebung haben, die sich überhaupt kümmert und überdies selbst willens sind, eine Intervention zu akzeptieren, kann das vorgeschlagene Verfahren angewandt werden.

Eine weitere Einschränkung ist die ziemlich klare Konzentration auf Gewalt in intimen Beziehungen, oft in einer gemeinsamen Wohnung (häusliche Gewalt). Ziel ist es, Auswege aufzuzeigen aus verfahrenen Gewaltbeziehungen, die sich hochschaukeln und deren Beteiligte aus eigener Kraft keine Lösung finden. Für den Umgang mit Vorfällen zwischen Unbekannten auf Parties oder in eher flüchtigen Beziehungen lassen sich die Vorschläge der Broschüre nur eingeschränkt anwenden.

Um so wertvoller ist allerdings das vorgeschlagene langfristige Verfahren, dass mit zahlreichen Hinweisen, Erfahrungsberichten, Ideen und Fallbeispielen aufwartet, um in eine Gewaltbeziehung verstrickten Leuten ernsthaft Auswege aufzuzeigen. Beim Lesen merkt man, dass hier Leute am Werk waren, die solche Prozesse mitgemacht haben und die dabei entstehenden Probleme kennen. Probleme wie die Tatsache, das Gewaltopfer freiwillig zum Partner zurückkehren weil sie ihn "ja doch lieben" - oder aber die Beobachtung, dass manche Menschen von einer Gewaltbeziehung in die nächste geraten, sei es als Betroffene oder als Gewalt ausübende. Oder die Tatsache, dass in manch einem Fall das Täter-Opfer Schema nicht so recht passen mag, dass beide Partner ihre eigene Art von Gewaltanwendung haben, die in einer Beziehung zum Alltag wird und für Außenstehende schwer zu durchschauen ist.

Solche Verhältnisse zu entzerren, erlernte Muster abzulegen und andere zu lernen, andere Wege von Kommunikation ohne Gewalt zu finden und dadurch überhaupt erst beziehungsfähig zu werden - all das ist ein hartes Stück Arbeit. Sowohl für die in Gewaltbeziehungen steckengebliebenen Leute als auch für ihre Unterstützungsgruppen.

Ein etwas anderer Blick auf "initimate violence"

Daher wünscht man sich, dass die in der Broschüre gemachten Vorschläge Verbreitung finden, denn sie stellen sich Fragen, die in der bisherigen Diskussion oft tabuisiert werden. Die Frage z.B, wie man einen Umgang mit Beschuldigten findet, der jenseits von Ausschluss und Strafe eine langfristige Verhaltensänderung bewirkt. Oder aber die Frage, wie man mit Fällen umgeht, in denen sich nicht so leicht ein Täter-Opfer Schema entlang den Linien struktureller Gewalt des herrschenden Patriarchats finden lässt. Denn solch patriarchale strukturelle Gewalt bedeutet zwar, dass im Gesellschaftlichen ganzen eine sehr reale Unterdrückung herrscht, nicht aber, dass sich diese Unterdrückung in jedem Einzelfall genau widerspiegelt.

Der Text vermeidet dementsprechend Vor-Verurteilungen und setzt sogar geschlechtslose Symbole an die Stellen, wo man eigentlich die Worte "Täter" und "Betroffene" vermuten würde. Dies soll eindimensionale Täter-Opfer Schemata hinterfragen, den Blick auf verwickelte Gewaltbeziehungen lenken, und einer sprachlich fixierten Ent-Machtung der von Gewalt Betroffenen vorbeugen.
Der Verweis auf zahlreiche Fälle von gegenseitiger Gewalt lässt dies sinnvoll erscheinen, dennoch wird er damit sicher heftige Kritik und Diskussionen auslösen: wird nicht durch eine solche Darstellungsweise das Patriarchat relativiert? Kann der Text nicht benutzt werden, um ein hartes Vorgehen gegen sexuell gewalttätige Leute zu vermeiden? Wer genau hinliest, wird schnell merken, dass dies nicht die Idee des Textes ist. Denn der zielt energisch darauf ab, sexualisierte Gewalt im Patriarchat ein für allemal zu beenden.

Im Anhang gibt es dazu eine Art Leitfaden, geschrieben von einem Mann für andere Männer, der sich spezifisch gegen das Schweigen und nicht-Einmischen richtet und danach fragt, wie Männer ihr eigenes Selbstbild verändern, gegen andere gewalttätige Männer vorgehen und eine Kultur schaffen können, in der Brutalität und "Männlichkeit" nicht mehr selbstverständlich zusammengehören.

Die wichtige Diskussion um das Verhältnis von Patriarchat in der Gesellschaft und dem Umgang mit sexualisierter Gewalt ist unbedingt weiterzuführen, auch in Auseinandersetzung mit diesen neuen Ansätzen. Wichtig wäre allerdings, dass in solchen Diskussionen nicht nur die wohlbekannten vorformulierten Positionen und Reflexe wiederholt werden, sondern dass die z.B. in diesem Text enthaltenen Hinweise, Überlegungen und Erfahrungen ernstgenommen werden als Anregung für das eigene Verständnis von Antisexismus und die daraus folgende Praxis.

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ANTI-ATOM
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Bund 4.5.09

Umstrittenes Krebsregister

AKW Mühleberg

Einwohner von Mühleberg führen Krebsregister. Sie bringen Krebserkrankungen mit dem Atomkraftwerk Mühleberg der BKW in Verbindung, ohne jedoch Vergleichszahlen für andere Orte vorzuweisen. Unter Experten ist denn auch höchst umstritten, ob ein Zusammenhang zwischen AKWs und Krebs besteht. Es sei unwissenschaftlich, solch eine Verbindung herzustellen, sagt Markus Straub, Sprecher des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi).

Laut einem Bericht des Ensi belastet kein AKW die Umgebung und die Menschen, die in seinem Innern arbeiten, so stark mit radioaktiven Strahlen wie Mühleberg. Allerdings werden Flugpassagiere schon durch einen einzigen Flug höheren Dosen ausgesetzt.

Derweil wachsen die vor 20 Jahren entdeckten Risse im Kernmantel des AKW Mühleberg weiter. Umstritten ist, wie gefährlich sie sind. (ktn)

Seite 21

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AKW Mühleberg strahlt am stärksten

Mühleberg strahlt stärker als andere Schweizer Atomkraftwerke - Radioaktiviät als Ursache von Krebsfällen in der Gemeinde?

Einige Einwohner Mühlebergs führen private Krebsregister. Unter Experten ist derweil höchst umstritten, ob ein Zusammenhang zwischen Atomkraftwerken und Krebs besteht.

Sarah Nowotny

Die meisten der vielen Frauen, die in ihrer Nachbarschaft an Krebs gestorben sind, haben das 60. Altersjahr nicht erlebt; die Mehrzahl der Männer ist nicht älter als 62 geworden. "In meinem Quartier, der Oberei, gibt es 15 Häuser. Allein in den letzten zehn Jahren sind dort zwölf Menschen an Krebs erkrankt oder bereits gestorben", sagt Katharina Heim*, die vor 40 Jahren nach Mühleberg zog. Schon seit 20 Jahren sei Krebs in ihrer Umgebung "erstaunlich" häufig. "Das hat mich stutzig gemacht." Seit Jahren führt Heim deshalb eine Liste, auf der sich Namen und Quartiere aneinanderreihen. Mauss: sieben Fälle in einem Jahr. Dorf Mühleberg: etliche Fälle. Vergleichszahlen zu Orten weiter weg vom AKW Mühleberg kann Heim jedoch nicht vorweisen.

Auch andere Menschen aus der Gegend, die ebenfalls anonym bleiben wollen, führen Buch über die in ihren Augen häufigen und seltsamen Krebserkrankungen. "Wer sie mit dem Atomkraftwerk Mühleberg in Zusammenhang bringt, wird aber belächelt", sagt Heim. Ohne das AKW wären die Steuern in Mühleberg viel höher, heisse es jeweils.

Filterpanne als Grund

Tatsache ist, dass kein Schweizer AKW die Umgebung und die Menschen, die in seinem Innern arbeiten, so stark mit radioaktiven Strahlen belastet wie Mühleberg. 0,0051 Millisievert (mSv) hätte jemand, der am Zaun des AKW wohnt und sowohl Lebensmittel als auch Wasser von dort bezieht, im Jahr 2007 abbekommen. Auf dem zweiten Platz folgt das AKW Leibstadt mit 0,0029 mSv. Die Belegschaft Mühlebergs war 2007 insgesamt 1320 mSv ausgesetzt. Auch hier schafft es Leibstadt mit 612 mSv auf den zweiten Rang. Diese Zahlen finden sich im Aufsichtsbericht 2007 des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi). Laut einer internationalen Studie müssen AKW-Angestellte zudem nirgendwo auf der Welt so hohe Strahlendosen in Kauf nehmen wie in der Schweiz.

"Ein Grund für die hohen Werte in der Umgebung ist die Filterpanne von 1986, bei der radioaktiver Staub entwich", sagt Jürg Aerni, Präsident von Fokus Anti-Atom. "Dabei ist vor allem Cäsium, das eine Halbwertszeit von 30 Jahren hat, ausgetreten." Auch die Tatsache, dass es sich bei Mühleberg um einen Siedewasserreaktor handle, spiele eine Rolle. "In diesen Reaktoren gibt es nur einen Dampfkreislauf. Radioaktivität erreicht deshalb auch Turbine und Kondensator." In der Schweiz hat nur noch Leibstadt einen solchen Reaktor - allerdings neuerer Generation. Weltweit gehört Mühleberg zu den 17 ältesten Reaktoren. "Beim Bau vor rund 40 Jahren stand die Strahlenbelastung nicht so im Mittelpunkt wie heute", sagt Patrick Miazza, Leiter des AKW. Die höhere Belastung der Belegschaft erkläre sich auch dadurch, dass Mühleberg aus Altersgründen oft umfassend überprüft werde.

Personal weiss nicht Bescheid

Gemessen am Grenzwert von 1 mSv sind die Mühleberger Strahlendosen jedoch winzig klein. Zum Vergleich: Schon das einmalige Röntgen des Brustkorbs bringt eine zehnmal höhere Strahlendosis mit sich als Mühleberg. Dasselbe gilt für einen Flug von Zürich nach San Francisco. Jährlich ist jeder Mensch in der Schweiz durchschnittlich 2,5 mSv an natürlicher und 1,5 mSv an künstlicher Strahlung ausgesetzt. Die Strahlung sei denn auch kein Thema für das Personal, sagt ein AKW-Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Über die höheren Werte in Mühleberg habe er gar nicht Bescheid gewusst. "Die Kernkraft-Branche hat nicht mehr und nicht weniger Schwierigkeiten, Ingenieure zu rekrutieren, als andere Industriezweige", sagt Horst-Michael Prasser, Professor am Institut für Energietechnik der ETH Zürich.

"Es ist unwissenschaftlich, eine Verbindung zwischen Krebs und AKWs herzustellen", sagt Markus Straub, Sprecher des Ensi. Eine deutsche Studie habe zwar zeigen können, dass Kinder unter fünf Jahren, die im Umkreis von fünf Kilometern eines AKW aufwachsen, eher an Krebs erkranken als andere. Es habe aber kein Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und der Strahlendosis nachgewiesen werden können. "Radioaktivität sollte nicht verharmlost werden, aber unterhalb der Grenzwerte besteht kein gesundheitliches Risiko."

"Grenzwerte zehnmal zu hoch"

Ganz anders sieht dies Martin Walter von der Organisation Ärzte für soziale Verantwortung. "Die Behörden müssten den Krebserkrankungen in Mühleberg nachgehen", sagt er. Ein wichtiger Schritt zur Erforschung der Zusammenhänge zwischen Radioaktivität und Krebs sei die Studie des Bundesamts für Gesundheit, die herausfinden will, ob Kinder in der Nähe eines Schweizer AKW ein höheres Krebsrisiko haben. "Dies ist nur dank dem Krebsregister bei Kindern möglich." Es brauche nun auch für Erwachsene ein nationales Register. "Zudem sollten die Grenzwerte zehnmal tiefer sein als heute." In den letzten 30 Jahren sei das Gesundheitsrisiko durch radioaktive Strahlung mit jeder Publikation höher eingeschätzt worden. "Eine gering höhere Dosis könnte durchaus einen Unterschied machen; vielleicht auch nur dann, wenn gewisse genetische Gegebenheiten hinzukommen." Dass Atomkraftbefürworter den Zusammenhang zwischen Krebs und AKWs bestritten, gleiche der Haltung Asbest gegenüber vor 20 Jahren. "Grundsätzlich gilt: je tiefer die Strahlendosis, desto besser", sagt auch Prasser.

Auch wenn sich die Experten noch lange uneinig sind: Katharina Heim zumindest wird ihr privates Krebsregister weiterführen.

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Die Risse im Kernmantel des AKW Mühleberg

"Wir haben doppelt vorgesorgt"

Die Risse im Kernmantel des Atomkraftwerks Mühleberg wachsen weiter. Streitpunkt bleibt, ob sie gefährlich sind.

Es klingt dramatisch: Die vor rund 20 Jahren entdeckten Risse im Kernmantel des 40-jährigen Atomkraftwerks Mühleberg wachsen. Die am stärksten betroffene Schweissnaht wird inzwischen von neun Rissen durchzogen, die insgesamt eine Länge von 2,4 Metern aufweisen. Dies entspricht einem Viertel des Umfangs des Kernmantels. Der längste Riss erstreckt sich über 91 Zentimeter, die tiefste Spalte frisst sich 2,4 Zentimeter in den Mantel und durchdringt dessen Wand um mehr als zwei Drittel. Vor zehn Jahren waren die Risse insgesamt nicht einmal halb so lang. 2006 wurden zudem zwei Risse an der Kernsprühleitung entdeckt.

Berner Politiker nicht beunruhigt

Diese Angaben finden sich im Jahresbericht 2007 zu Mühleberg, den der Energiekonzern BKW als Betreiber jedes Jahr dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) als Aufsichtsbehörde abliefern muss. Gekennzeichnet ist der Bericht mit "nicht öffentlich", der "Beobachter" hat ihn nun aber publik gemacht. Andere Dokumente veröffentlicht die BKW ebenfalls nicht: Atomkraftgegner, die unter anderem wegen der Risse keine unbefristete Betriebsbewilligung für Mühleberg wollen, fordern vor Gericht die Herausgabe der periodischen Sicherheitsüberprüfung aus dem Jahr 2005.

Die bernische Politik - der Kanton Bern ist mit 52,5 Prozent an der BKW beteiligt - scheint ob der Risse aber nicht beunruhigt zu sein: Der Grosse Rat verweigerte während der Aprilsession die Diskussion über eine Interpellation von EVP-Grossrat Josef Jenni. Jenni hatte von der Regierung wissen wollen, ob wegen der Risse nicht Handlungsbedarf bestehe. "Laut dem Ensi stellen die Risse keine Gefahr dar", lautete die Antwort der Regierung. Der Regierungsrat müsse sich auf die Aufsichtsbehörde verlassen können. Gemäss Jenni handelt er damit "nicht gerade verantwortungsbewusst", berufe er sich doch auf eine Behörde, die für ihre "Pro-Kernenergie-Haltung" bekannt sei.

Der Kernmantel ist ein rund sieben Meter hoher, geschweisster, oben und unten offener Stahlzylinder, der die 240 Brennstäbe umhüllt und das Wasser zu ihnen leitet. Er befindet sich innerhalb des Druckbehälters (siehe Grafik), steht aber nicht unter Druck. Atomkraftgegner befürchten, die angerissenen Nähte könnten - etwa bei einem Erdbeben - ganz reissen. Sollte dann zusätzlich eine Umwälzleitung brechen, würde das Wasser auslaufen. Aufgrund der Überhitzung der Brennstäbe käme es zur Kernschmelze. Kernkraftbefürworter und -gegner streiten sich darüber, ob solche Horrorszenarien möglich sind. Im Fall eines durchgerissenen Kernmantels warnen die Gegner etwa auch vor dem Verkanten von Steuerstäben, mit deren Hilfe der Reaktor abgeschaltet wird.

"Wasser kann nicht auslaufen"

"Der Kernmantel ist heute so sicher, dass die Steuerstäbe auch bei einem Erdbeben, wie es in der Schweiz seit Menschengedenken keines gegeben hat, nicht verkanten", sagt dagegen Patrick Miazza, Leiter des AKW Mühleberg. Und das Wasser könne dank den Niederdrucksystemen auf keinen Fall auslaufen. Auch wenn sich die Länge der Risse an der am stärksten betroffenen Naht verdopple, bestehe keine Gefahr. Sollte Mühleberg eine unbefristete Betriebsbewilligung erhalten, würde der Kernmantel trotzdem nicht ersetzt. Dies liege nicht an den Kosten von bis zu 500 Millionen Franken, sondern daran, dass durch den Ersatz des Mantels zusätzlich 80 Tonnen radioaktiver Abfall entstünden und die AKW-Mitarbeiter einer stark erhöhten Strahlendosis ausgesetzt wären - "und dies ohne messbare Erhöhung der Sicherheit".

"Was den Ersatz des Kernmantels ferner unnötig macht, sind die vier 1996 eingebauten Zuganker." Diese hielten den Mantel fest wie ein Schraubstock. "Wir haben also doppelt vorgesorgt." Ausserdem werde der Einbau von zusätzlichen Verstärkungselementen geprüft. Dank einer neuen Methode könne man zudem bald noch präziser berechnen, wie stark die Risse noch wachsen dürften. "Ich bin überzeugt, dass der Mantel auch nach 2020 halten wird." 2020 wird Mühleberg aber wohl aus Altersgründen stillgelegt. Auch den Vorwurf, Berichte "böswillig" unter Verschluss zu halten, lässt Miazza nicht gelten: "Diese Dokumente sind sehr technisch. Für die Öffentlichkeit müssten wir sie sprachlich vereinfachen. Im Übrigen müssen die Behörden über die Akteneinsicht entscheiden." Die Papiere enthielten nämlich schützenswerte Informationen wie Namen von Mitarbeitern.

BKW setzte voll auf Zuganker

"Momentan kann der Kernmantel nicht versagen", sagt auch Horst-Michael Prasser, Professor am Institut für Energietechnik der ETH Zürich. Allerdings habe die BKW voll auf Zuganker setzen wollen. "Das Ensi dagegen wollte die angerissenen Schweissnähte nicht unbeachtet lassen." Das Ensi überwache die Risse und könne jedes AKW sofort abschalten lassen, sollte die Sicherheit nicht mehr gewährleistet sein, sagt denn auch Markus Straub, Ensi-Sprecher. "Bis 2010 muss uns die BKW zudem ein überarbeitetes Sicherheitskonzept vorlegen." (sn)
 

* Name der Redaktion bekannt