MEDIENSPIEGEL 15.5.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Progr: (K)eine zweite Reitschule für ein sicheres Bern...
- Police BE - Prügel...
- Police BE - ...für 28.3 Mio
- Promille-Hess
- Big Brother Video: nix Kamera in Bern City
- Soz-Proteste Uni BE: Fakultätssitzung besetzt
- Securitas gegen Arbeitskämpfende
- Randstand SO: Polizei gegen Alkis
- Anti-Gentech-Velokarawane Tag 5+6
- Knast-Soli für Camenisch und Co.
- Homophobie: Eminem + EDU
- Härtefall-Kommission ZH
- Neonazis Österreich

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REITSCHULE
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Do 14.05.09
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter mit DJ Dunch, DJ FRATZ, Janine, Mike & DJ ELfERich
21.00 Uhr - Rössli - Th‘mole (us)
20.30 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! El tigre saltó y mató, pero morirá... morirá..., Santiago Alvarez, Kuba 1973. Melodrama. Rolando Díaz, Kuba 1995

Fr 15.05.09
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! El tigre saltó y mató, pero morirá... morirá..., Santiago Alvarez, Kuba 1973. Melodrama. Rolando Díaz, Kuba 1995
22.00 Uhr - SousLePont - Alix (i, StonerRock)
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: La Minor (rus) & Bajanski-Bal (rus/ch), DJ Sunny Icecream -- St.Petersburg meets Odessa! Russian, Balkan, Gypsy and Folk Sounds.

Sa 16.05.09
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! Viviendo al limite. Belkis Vega, Kuba 2004
22.00 Uhr - SousLePont - Holger Burner (d, Rap), Webba (be, Rap), Kurzer Prozess (d, Rap) Soliabend für das LAK Thun
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: Break (Symmetry, DNAudio/uk), Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Rec), Kenobi (drumandbass.ch); El Grin (Neurocide Rec) - drum‘n‘bass

So 17.05.09
18.00 Uhr - Rössli-Bar - Pianobar
21.00 Uhr - Kino - Filme mit Live-Musik-Begleitung - PAED CONCA UND CO: Migraton. Paed Conca und Giorgio Andreoli, stumm mit Live-Vertonung

Mo 18.05.09
21.00 Uhr - Kino - Filme mit Live-Musik-Begleitung – PAED CONCA UND CO: Cowards Bend The Knee. Guy Maddin, Kanada 2003, 64’, stumm mit Live-Vertonung


Infos: www.reitschule.ch

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Bund 15.5.09

Sounds: La Minor & Bajanski-bal

Schwer- und Übermut

Gangster-Swing nennt die Band La Minor aus St. Petersburg ihr Genre - irgendwo zwischen jüdischem Klezmer, russischer Schwermut und dem Übermut der Swinging Twenties ist ihre Musik zu finden, wobei Tuba, Balalaika und Bayan, ein russisches Akkordeon, den Ton angeben. Am russischen Schlager, Klezmer, Polka und Volksliedern entzündet sich auch die Inspiration der russisch-schweizerischen Band Bajanski-Bal. Sie komplettiert den Abend, der im Rahmen der Reihe "Wild Wild East" stattfindet. (kul)

Reitschule Dachstock, heute Freitag, 22 Uhr.

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PROGR
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20min.ch 15.5.09
http://www.20min.ch/news/bern/story/10987962 (mit Fotos)

Progr-Abstimmung

"Bern ist schon langweilig genug"

von Adrian Müller, Bern

Kultur oder Kommerz, Ateliers oder Arztpraxen: Am Sonntag entscheidet das Berner Stimmvolk über das Schicksal des Kulturzentrums "Progr". 20 Minuten Online begab sich auf eine Entdeckungsreise hinter die Kulissen des Künstlerhauses, welches einige für das neue Wahrzeichen, andere für einen weiteren Schandfleck der Hauptstadt halten.

"Die Berner haben dreimal für die Reithalle gestimmt, warum sollten sie den Progr ablehnen?" Nicht alle Künstler sind so überzeugt wie Sara Weingart, dass sich die Künstlerinitiative "ProProgr" in der Volksabstimmung vom kommenden Sonntag gegen das Gesundheitszentrum "Doppelpunkt" der Zürcher Investorengrupe Allreal durchsetzen wird. Mundart-Rapper und Grafiker Basil Anliker alias Baze kämpft um jede Stimme: In seinem Atelier im zweiten Stock des 127-jährigen, unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes, kreiert er gerade den Flyer für das Progr-Beats-Konzert. Zusammen mit dem Rapper Greis ergreift er am Freitagabend im Hof des Zentrums für Kulturproduktion das Mikrofon. "Bern ist schon langweilig genug", lautet das Motto der spontanen Performance, die die Unverzichtbarkeit des Progrs für die Bundesstadt ausdrücken soll. Ganz und gar nicht zum Gähnen sieht die Ateliergemeinschaft im ehemaligen Klassenzimmer aus: Die hohen Wände sind mit unzähligen Flyern und Plakaten verziert, nur wenige Quadratzentimeter bleiben weiss. Glacéhüllen verzieren ein Gestell. Kreativchaos pur. An der Türe hängt ein Wahlplakat des JSVP-Präsidenten Erich J. Hess.

"Der Progr macht Bern sicherer"

Baze setzt sich an einen kleinen Tisch, zückt eine Zigarette: "Normalerweise rauchen wir hier aber nichts", grinst er. Während viele Kulturschaffende das einmalige Künstlernetzwerk des Progrs preisen, stellt Musiker Baze ein ganz anderes Argument voran : "Der Progr macht Bern sicherer." Das zwischen der Reitschule, der Drogenanlaufstelle, der Discomeile Aarbergergasse und dem Kunstmuseum gelegene Künstlerhaus belebe diesen Stadtteil und sorge für mehr Sicherheit, so Baze. Für die Nachtschwärmer, welche jeden Abend in Scharen in das Progr-Konzertlokal "Turnhalle" strömen, ist der Progr ein sicherer Wert in einem Teil der Bundesstadt, welcher vor allem mit offenen Drogenszenen und Reithalle-Krawallen für Schlagzeilen sorgt.

In den gut siebzig, zum Teil klassenzimmergrossen Ateliers (der Progr beherbergte bis 2004 zwei Mittelschulen) spriessen Künstlerprojekte, welche nur dank den günstigen Mieten und dem grossen Netzwerk überhaupt erst gedeihen können. Den Sänger und Gittarist Patrick Lerjen zog es eigentlich nach Zürich, doch nun werkelt er seit mehr als vier Jahren in seinem Musikatelier, einer Mischung aus MacBook, Gitarre und Kabelsalat. Für seine Projekte benötigt er nicht selten andere Instrumente. "Wenn ich ein Klavier brauche, können wir einfach rasch das Piano eines Ateliernachbarn durch den Gang schieben, fertig."

Bundesrat posierte im Progr

Dieses Kulturnetzwerk aus Fleisch und Blut vereint unzählige Kunstdisziplinen: Ob Dokumentarfilmer oder Tanzschüler, Theatergruppe oder Grafikergemeinschaft: Im Progr arbeiten rund 150 Leute, Tag und Nacht. Am Mittag jedoch sind die Gänge verwaist, nur der Gesang einer Frau hallt durch die kahlen Gänge. Diese sind teilweise mit Bildern geschmückt, welche wohl schon über hundert Jahre auf dem Buckel haben. In der Aula, wo 2008 Samuel Schmid und Konsorten für das Bundesratsfoto posierten, findet die Tagung eines Heimverbandes statt. Im Hof des imposanten Gebäudes versammeln sich derweil die Wahlkampfhelfer: "Nun zünden wir die letzte Stufe im Kampf David gegen Goliath - wir starten einen Progr-Zeppelin", sagt "ProProgr"-Kampagnenleiter Mike Bucher. Bei Peter Aerschmann, Präsident der Künstlerinitiative, klingelt derweil fast ununterbrochen das Mobiltelefon. Der Wahlkampf-Endspurt ist in vollem Gange. Trotzdem wirkt Aerschmann gegen Aussen ruhig und gelassen. Auf die Frage, was er für ein Abstimmungsresultat prognostiziere, erklärt er : "Nach den vielen positiven
Rückmeldungen bin ich zuversichtlich, mein Bauchgefühl wechselt aber jeden Tag."

Künstlerhaus mit Sogwirkung

Das Schiff ist noch lange nicht im Hafen. Dass es überhaupt ausgelaufen ist, ist einem Zufall zu verdanken: Der Progr war eigentlich als eine auf zwei Jahre beschränkte Übergangslösung für das sonst leer stehende ehemalige Progymnasium geplant. "Zu Beginn war sich die Stadt nicht einmal sicher, ob sie alle Ateliers vermieten kann", erzählt Aerschmann. Die Zeiten haben sich geändert: Der Progr ist DER Treffpunkt der Jungen und Junggebliebenen Berner, an lauen Abenden trinkt man sein Bier Ellenbogen an Ellenbogen im Hof, tanzt anschliessend in der Turnhalle und in Kellerbars bis zum Morgengrauen. Von der Anziehungskraft profitieren viele anliegende Bars und Restaurants. Dieses Sog erfasst auch die Künstler : Der Progr führt eine lange Warteliste und kann es sich leisten, nur die Besten ihres Faches aufzunehmen. Das Künstlerhaus zieht Kunstschaffende aus ganz Europa an: "Meine Studenten aus Venedig zeigten sich extrem angetan von diesem Projekt", sagt Sara Weingart, die in der italienischen Kunststadt arbeitet. Bis vor wenigen Wochen tüftelte im Nachbarsatelier von Rapper Baze eine Kanadierin an ihren Werken. "Sie schwärmt in Nordamerika vom Progr, während wir um unser Weiterbestehen zittern müssen", so Baze. ProProgr-Präsident Aerschmann plant derweil schon die Zeit nach der gewonnenen Abstimmung: "Sogar Banken wollen den Progr sponsern."

Von Tagedieben und Taugenichtsen

Künstlerprojekt oder Gesundheitszentrum: Obschon der Progr viel Sympathie bei der Bevölkerung geniesst, ist der Ausgang der Abstimmung völlig offen. Selbst die sonst äusserst kulturfreundliche, liberale Tageszeitung "Der Bund" schreibt Leitartikel gegen das Künstlerprojekt. "Der Progr ist ein Haus voller Tagediebe und Taugenichtse", sagte etwa JSVP-Präsident und Blaufahrer Erich J. Hess in der Stadtratsdebatte. Obschon er ihn zweimal eingeladen habe, sei Hess noch nie im Progr erschienen, sagt Präsident Aerschmann vielsagend. Auf dem Trottoir vor dem Progr blickt derweil ein Rentner skeptisch durch den Eisenzaun, welcher den Innenhof abschliesst. "Ich will keine zweite Reithalle, darum stimme ich für den Doppelpunkt."

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Info-Box

Zur Diskussion steht am 17. Mai, ob das ehemalige Progymnasium der Stadt Bern zu einem Gesundheits-, Büro- und Schulzentrum der Zürcher Firma Allreal werden soll oder ob der Progr so wie heute als Kulturzentrum weitergeführt wird.

Die Stadt als Besitzerin der Liegenschaft will diese per Ende Juli 2009 verkaufen. In einem Wettbewerb hatte ein Gesundheitszentrum das Rennen gemacht. Der Stadtrat wies das Projekt Anfang November aber an den Gemeinderat zurück und beauftragte ihn, auch ein Kaufangebot der jetzigen Nutzer, der 150 Kunstschaffenden, zu prüfen.

Allreal hat versprochen, die Turnhalle des Gebäudes, heute ein beliebter Ort für Konzerte und Bar, weiterhin als Kulturlokal weiterzuführen. Entfallen würden aber die zahlreichen Ateliers, welche über 100 Künstlern als Wirkungsstätte dienen.

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Bund 15.5.09

Progr: Fehler ohne Folgen

Stadtrat Der Makel eines formalen Fehlers behindere das Stimmvolk nicht, sich eine klare Meinung zur Progr-Abstimmung vom kommenden Wochenende zu bilden, hielt der Gemeinderat gestern Abend im Stadtrat fest. Die Grünliberalen hatten Bedenken: Im März hatte der Stadtrat zur Zukunft des Progr inhaltlich eine Alternativabstimmung verabschiedet, die fälschlicherweise als Variantenabstimmung bezeichnet war. Die GLP rügte das Vorgehen und den Irrtum deshalb in einem Vorstoss. Er werde aber auf eine Beschwerde verzichten, sagte Interpellant Michael Köpfli, denn eine solche diene niemandem. (sda/ige)

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POLICE BE - PRAXIS
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20min.ch 15.5.09

Kontrolliert und getreten

Die Polizei - dein Freund und Schläger?

von Amir Mustedanagic

Harte Vorwürfe gegen einen Berner Polizisten: Der Beamte soll einen 21-Jährigen während einer Kontrolle getreten und geschlagen haben. Von einer Anzeige gegen den Beamten riet man dem jungen Mann auf einem anderen Posten ab. Nun klärt die Berner Kantonspolizei den Vorfall ab.

Ein feucht-fröhlicher Ausflug endete für den Berner Michael Fischer* im Verhörzimmer der Polizei. Er und sieben Freunde wurden vergangenen Samstag nach einer Beizentour von der Polizei angehalten. "Es war wie im Film", sagt der 21-Jährige. Zwei Streifenwagen seien mit Blaulicht vorgefahren, die Beamten aus dem Auto gesprungen und hätten geschrien: "Hände an die Wand und Beine auseinander", so Fischer. Die Polizei war auf der Suche nach einer Gruppe randalierender Jugendlicher. "Offenbar dachten die Polizisten, dass wir es waren", sagt Fischer.

Getreten, geschlagen und auf den Boden geworfen

Die Polizisten wollten anschliessend die Ausweise der jungen Männer kontrollieren. Doch bevor er seinen zücken konnte, habe er von einem Beamten bereits einen Tritt gegen den Oberschenkel erhalten, sagt Fischer. Darauf habe er den Beamten nach seinem Namen gefragt. Als Antwort habe es laut Fischer eine üble Beschimpfung gegeben: Er solle die Schnauze halten, sein Name gehe ihn nichts an. Er solle lieber die Zigarette aus dem Mund nehmen. "Als ich das nicht gleich tat, schlug er mir mit der Faust auf den Mund", so Fischer. Anschliessend habe der Polizist ihn zu Boden geworfen und ihm Handschellen angelegt. "So fest, dass ich am nächsten Tag noch Abdrücke hatte", sagt Fischer. Laut seinen Ausführungen soll es dabei aber nicht geblieben sein.

Im Verhörzimmer gegen die Wand geschlagen

Während des Verhörs auf dem Polizeiposten sei derselbe Polizist "wieder ausgerastet", nachdem Fischer ihn erneut nach seinem Namen gefragt hatte. "Er packte mich und schlug mich gegen die Wand." Der Beamte ohne Namensschild habe "vollkommen überreagiert". Die anderen Beamten hingegen seien die ganze Zeit bestimmt, aber ruhig und höflich geblieben. Gegen 5 Uhr früh liess man Fischer gehen. "Sie konnten keinem von uns nachweisen, dass wir randaliert hatten."

Am Montag darauf wollte Fischer auf dem Polizeiposten in Burgdorf den Beamten anzeigen. "Ich wollte nicht, dass so ein Benehmen ohne Konsequenz bleibt", so der 21-Jährige. Vom Polizisten vor Ort sei er zwar unterstützt worden. Der beschuldigte Beamte habe sich falsch verhalten, teilte man ihm mit. Trotzdem riet man ihm von einer Anzeige ab. Laut Fischer hiess es: "Ich solle lieber meine Busse zahlen und ruhig sein. Es stehe mein Wort gegen das des Polizisten."

Busse wegen "Beschimpfung und unanständigem Benehmen"

Tatsächlich blieb der Vorfall für Michael nicht ohne Folgen: Der 21-Jährige erhielt eine Busse wegen "Beschimpfung und unanständigem Benehmen", wie ein Sprecher der Kantonspolizei Bern gegenüber 20 Minuten Online bestätigte. Zu den Vorwürfen des jungen Mannes will sich die Polizei nicht äussern. Doch der Vorfall wird Polizei intern untersucht, teilte Mediensprecher Jürg Mosimann mit: "Die Kantonspolizei Bern wird die erhobenen Vorwürfe im Detail abklären."

*Name geändert

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POLICE BE - KOSTEN
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20min.ch 14.5.09

Stadtrat

Berner murren wegen Polizeikosten

Im Berner Stadtparlament herrscht nach gut einem Jahr kantonale Einheitspolizei mittlere Unzufriedenheit, vor allem im linken Lager. Insbesondere die Kosten zulasten der Stadt Bern sowie die Zuständigkeiten gaben zu reden.

Es gehe einfach nicht an, dass die Bürger der Stadt Bern für die Sicherheitskosten des gesamten übrigen Kantons aufkommen müssten, hiess es mehr als nur einmal. Derzeit zahlt die Stadt der Kantonspolizei 28,3 Mio. Franken im Jahr für deren Dienste in der Stadt.

Das ergibt pro Kopf und Jahr einen Betrag von 231 Franken. In der Stadt Biel liegt der entsprechende Wert bei 187 Franken, in Thun bei 88, in Spiez und Steffisburg bei je 23 Franken pro Kopf und Jahr. 80 Prozent der bernischen Gemeinden bezahlen gar nichts.

Auch der Gemeinderat findet das im Prinzip ungerecht und stossend. Diese Ungerechtigkeit müsse jedoch in Verhandlungen beseitigt werden, nicht primär mit der Anpassung des Ressourcenvertrages, schreibt er in einer seiner Antworten auf die verschiedenen Vorstössen.

Sicherheitsdirektor Reto Nause erklärte im Rat, der Gemeinderat werde auf jeden Fall den konstruktiven Dialog über Solidarität im Sicherheitsbereich pochen. Für eine Vertragsauflösung brauche es indes die aktive Kündigung eines Partners.

Controlling verbessern

Echter Handlungsbedarf bestehe beim Controlling, räumte Nause ein. Es fehlten Angaben über das Gesamttotal der Leistungen, die von Police Bern auf Stadtberner Boden erbracht werden.

Im übrigen betonte der Sicherheitsdirektor, die Kriminalstatistik habe sich seit der Einführung von Police Bern nicht gross verändert, die operative Zusammenarbeit klappe gut und die Sicherheit im Alltag sei soweit gewährleistet. Eine erste Bilanz zu Police Bern könne er Ende 2009 vorlegen.

Diese optimistische Sichtweise teilte Anne Wegmüller (JA) nicht. Sie sei besorgt über die Entwicklung, der Gemeinderat nehme das Heft zu wenig in die Hand und verweise in heiklen Situationen zu oft auf die operative Zuständigkeit des Kantons. So richtig glücklich sei mit Police Bern niemand, meinte auch Corinne Mathieu (SP).

Beat Zobrist vermisste die Anwendung des Verursacherprinzips. Zahlen müssen sollten alle, die Kosten verursachen, dazu gehörten auch Gemeinden in der Peripherie, nicht nur die Städte. Philippe Müller (FDP) hielt dagegen und sagte, immerhin seien die Kosten für die Stadt Bern mit Police Bern um rund einen Fünftel gesunken.
Quelle: SDA/ATS

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PROMILLE-HESS
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BZ 15.5.09

Hess-Unfall

"Lösung finden"

Am Sonntag hatte SVP-Stadtrat Erich J.Hess mit dem Auto seines Parteifreundes Thomas Fuchs einen Unfall gebaut, bei dem zwar niemand verletzt wurde, jedoch erheblicher Sachschaden entstand. Weil Hess alkoholisiert war, wurde ihm der Ausweis entzogen (wir berichteten). Pikant: Hess ist von Beruf Lastwagenchauffeur. Er werde mit seinem Arbeitgeber eine Lösung finden müssen für die Zeit, während der er nicht fahren könne, sagte Hess gestern.

Fuchs sagte, er habe eine Vollkasko-Versicherung abgeschlossen. Inzwischen sei er bereits im Besitz eines anderen Autos: "Es ist ein gebrauchter BMW X3 der Stadtpolizei Bülach."
mar

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BIG BROTHER VIDEO
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BZ 15.5.09

Stadtrat

Keine Videokameras

Der Stadtrat lehnt die Einführung von Videoüberwachung ab. Er zweifelt an der Wirkung und hat datenschützerische Bedenken.

Die Bürgerlichen forderten gestern in einer Motion die Einführung von Videokameras zur Überwachung von ausgewählten öffentlichen Orten in der Stadt. Für einen restriktiven Einsatz von Videokameras an einzelnen neuralgischen Stellen hätte sich wohl eine Mehrheit der Stadträtinnen und Stadträte aussprechen können. Schlecht an kam jedoch der kantonale Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP), der durch die Hintertür eine vom Grossen Rat explizit unerwünschte Echtzeitüberwachung in die Verordnung "eingeschmuggelt" habe. "Damit hat er das Vertrauen verspielt, etwas Unabdingbares in dieser Frage", so Daniel Klauser (GFL/EVP). Seitens der SP erinnerte Giovanna Battagliero an die Erfahrungen in England: "Dort kann kaum ein Meter unüberwacht gegangen werden, die Sicherheitslage aber hat sich nicht verbessert." Andere Massnahmen böten sich an wie eine bessere Beleuchtung, eine bessere Sicht, eine Belebung des öffentlichen Raums und als letztes Mittel eine Erhöhung der Polizeipräsenz.

Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) appellierte vergeblich, den Vorstoss doch in ein Postulat zu wandeln. Der Rat lehnte darauf die Motion mit 25 gegen 41 Stimmen ab.
cab

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Bund 15.5.09

Kritische Fragen an Polizeidirektor

Videoüberwachung Ende April hatte Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (fdp) überraschend entschieden, auch Live-Videoüberwachungen des öffentlichen Raums zuzulassen. Viele Grossrätinnen und Grossräte waren davon ausgegangen, dass Videoaufzeichnungen nur zur Aufklärung eines Verbrechens ausgewertet werden ("Bund" vom 1. Mai). In einer dringlichen Interpellation will SP-Grossrat Markus Meyer nun wissen, ob der Regierungsrat bereit sei, die Echtzeitüberwachung wieder aus der Videoverordnung zu streichen. Er gehe davon aus, dass es sich um ein Missverständnis beim Ausarbeiten der Verordnung handle.

Als Präsident der vorberatenden Kommission habe er bei der Gesetzesberatung 2008 klargemacht, dass mit dem Polizeigesetz keine Live-Videoüberwachung zugelassen werde. Diese Feststellung sei im Plenum "absolut unwidersprochen" geblieben. Auch sei im Grossen Rat klar gewesen, dass lediglich die Kantonspolizei Videobänder auswerten dürfe. Mit einer Echtzeitüberwachung werde dieser Grundsatz über Bord geworfen. Für Meyer ist klar, dass weder die vorberatende Kommission noch der Grosse Rat eine Echtzeitüberwachung unterstützt hätten. Meyer: "Wenn nun die Videoverordnung durch die Hintertüre - hinter dem Rücken des Grossen Rats - genau dies einführt, so kann das nicht akzeptiert werden." (rw)

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20min.ch 14.5.09

Stadtrat

Keine Videoüberwachung in Bern

In der Stadt Bern gibt es vorläufig keine Videokameras im öffentlichen Raum zur Vorbeugung und Aufklärung von kriminellen Handlungen. Das Stadtparlament hat am Donnerstag einen Vorstoss der FDP mit 41 zu 25 Stimmen abgelehnt.

Es war der erwartete Glaubensstreit: die Linke wehrte sich mit Händen und Füssen gegen die ungebührliche Einschränkung des Persönlichkeitsschutzes, die FDP und SVP warben mit Verve für den punktuellen Einsatz an neuralgischen Orten.

Allseits wurde bedauert, dass Motionär Philippe Müller (FDP) seinen Vorstoss nicht in ein unverbindliches Postulat wandelte. Damit mache sich Müller zum Totengräber der Videoüberwachung, sagte Henri-Charles Beuchat (CVP). Das Festhalten an der Maximalforderung sei kontraproduktiv.

Auch Sicherheitsdirektor Reto Nause bat Müller vergeblich zu wandeln. Mit einem Ja zum unverbindlichen Postulat würden immerhin die Vorarbeiten zur Einführung einer Videoüberwachung ermöglicht. Persönlich sei er der Meinung, so Nause, dass so oder so dereinst das Volk das letzte Wort in dieser Frage haben sollte.

Auf jeden Fall nicht flächendeckend

Inhaltlich räumte auch Müller ein, dass Videokameras kein Allheilmittel gegen die Kriminalität seien. Aber es gebe durchaus Stellen, wo man die Gefahren reduzieren könnte. Auch Peter Bühler (SVP) verwies auf die guten Erfahrungen von SBB und BLS in ihren Zügen.

Studien zeigten, dass nicht die Strafhöhe, sondern die Strafwahrscheinlichkeit eher von einer Straftat abhalte, sagte der Parteilose Claude Grosjean. Deshalb könnten gezielt eingesetzte Videokameras durchaus ein probates Mittel sein.

Die Erwartungen in die Videoüberwachung seien zu hoch und irreführend, meinte dagegen Hasim Sancar (GB). Das Beispiel England zeige, dass Videokameras die Kriminalitätsrate nicht zu drücken vermöge, meinte auch die GFL/EVP-Fraktion. Ein Blankocheck an den Gemeinderat sei gefährlich.

Jimy Hofer wiederum erklärte, der Gemeinderat müsse endlich einmal Farbe bekennen. Hans Peter Aeberhard bezeichnete die Ängste der Linken als lächerlich. Sie würden heute schon in jedem Warenhaus, bei jeder Tankstelle, in jedem Parking oder auf jeder Bank per Video überwacht, doch davon rede niemand.
Quelle: SDA/ATS

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UNI-PROTEST BE
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derbund.ch 15.5.09

Ungehorsame Studierende störten Fakultätssitzung

Von Simona Isler

Rund 30 Studentinnen und Studenten der Uni Bern haben gestern unerlaubterweise an einer Fakultätssitzung teilgenommen. Sie wollten den neuen SoWi-Bachelor verhindern.

Laut einer Medienmitteilung der Aktion ungehorsamer Studierender (AUS) hat gestern Nachmittag eine Gruppe von Studentinnen und Studenten eine Sitzung der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät gestört.

Ziel der rund 30 Studierenden war es, eine definitive Absegnung des geplanten Bachelors in Sozialwissenschaften zu verhindern, so die Mitteilung. Dies sei gelungen. Die Gruppe habe eine schriftliche Zusicherung erhalten, dass an der entsprechenden Sitzung nicht über den SoWi-Bachelor entschieden würde. (DerBund.ch/Newsnetz)

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Indymedia 15.5.09

Es knistert an der Uni Bern II
http://ch.indymedia.org/de/2009/05/69121.shtml (mit Fotos)

AutorIn : Aktion Ungehorsamer Studierender         

Gestern fand an der Uni Bern eine vorübergehende Besetzung der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultätssitzung statt. Ziel der Aktion war es, den Beschluss über den neuen sozialwissenschaftlichen Bachelor zu verhindern, was den AktivistInnen auch gelang.

Mal schauen, wie es weiter geht...     
    
Mediencommuniqué zur vorübergehenden Besetzung der WiSo-Fakultätssitzung durch die Aktion Ungehorsamer Studierender "AUS"

Gestern Donnerstag (14.05.2009) haben dreissig StudentInnen die Sitzung der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät (dem Gremium, in welchem nahezu ausschliesslich die DozentInnen über das Schicksal der Fakultät entscheiden) vorübergehend besetzt. Die Aktion hatte zum Ziel, die definitive Absegnung des geplanten Bachelors in Sozialwissenschaften zu verhindern. Sie kann als Etappensieg gewertet werden.

Nach anfänglicher Konsternation der Fakultätsdelegierten erhielten die StudentInnen die Möglichkeit ihre Sicht der Dinge darzulegen. Anschliessend versuchten die Professoren und DozentInnen die StudentInnen zu beschwichtigen, indem sie ausweichende Antworten auf die Befürchtungen der StudentInnen gaben. Zudem behaupteten die Professoren, dass der sozialwissenschaftliche Bachelor bereits beschlossene Sache sei und die StudentInnen mit ihren Anliegen zu spät kämen. Wie sich herausstellte, war dies aber nur ein Vorwand, um die StudentInnen loszuwerden. Nach ca. 15 Minuten Diskussion hatten die Fakultätsdelegierten genug und forderten die StudentInnen auf den Raum zu verlassen, um die Sitzung wie geplant fortsetzen und den umstrittenen Studienplan des sozialwissenschaftlichen Bachelors endgültig absegnen zu können.

Die ungehorsamen Studierenden weigerten sich allerdings den Raum zu verlassen. In der Folge wollten die Fakultätsdelegierten die Sitzung in einen anderen Raum verlegen. Jedoch blieben die StudentInnen hartnäckig und folgten den SitzungsteilnehmerInnen durch das Hauptgebäude der Universität. Der Sitzungsleiter Prof. Dr. Emons und die restlichen Fakultätsdelegierten führten die Studierenden zu Rektor Würgler, um sie dort loszuwerden. Erneut blieben die StudentInnen beharrlich und liessen die SitzungsteilnehmerInnen nicht unbegleitet einen neuen Raum aufsuchen.

Weil sich der Rektor und der Sitzungsleiter nicht mehr anders zu helfen wussten, gab der Dekan den StudentInnen eine schriftliche Zusicherung, dass über den SoWi-Bachelor an der Sitzung nicht entschieden werde und dass im Rahmen der Reglementsdiskussion die bisherigen Studiengänge Soziologie und Politologie nicht gestrichen würden (Zitat: "Die alten Soz und Politologie Studiengänge werden nicht aus dem RSL [Reglement über Studium und Leistungskontrollen der Bachelor-/Master-/Doktoratsstufe, Anmerkung der VerfasserInnen] gestrichen."1). Fürs Erste genügte diese Zusicherung den StudentInnen, da so der Beschluss vertagt wurde und die Studierenden nun weiter Druck aufsetzen können.

Die AUS fordert:

- Keine Schwächung der Soziologie, kein SoWi-Bachelor!

- Die drei Professuren der Soziologie müssen zuerst wieder besetzt werden, bevor weiter über die Zukunft des Instituts diskutiert wird.

- Falls die Diskussion über den SoWi-Bachelor wieder aufgenommen wird, müssen die Studierenden auf gleicher Augenhöhe mit den Professoren und DozentInnen und der Grösse ihrer Gruppe entsprechend einbezogen werden.

- DozentInnen und Studierende sollen in Zukunft gemeinsam in Selbstverwaltung über die Studiengänge und deren Inhalte entscheiden können.

Wir kommen wieder - wir haben AUSgeschlafen!

Aktion Ungehorsamer Studierender

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Bund 15.5.09

Leserbriefe

"Berner Soziologie ist wichtig"

Kein eigener Studiengang Soziologie mehr in Bern - Studierende und Professoren melden sich zu Wort

"Unüberlegte Hauruck-Übung", Interview mit Prof. Claudia Honegger,

"Bund" vom 12. Mai

Im Interview wird leider zu wenig deutlich, welche Bedeutung die Berner Soziologie hat und warum es wichtig ist, sie in der jetzigen Form zu erhalten. In Ergänzung zum Lehrstuhl "Empirische Sozialforschung" hat Honegger einen Lehrstuhl mit einem klaren Profil innegehabt und geprägt: Die qualitativen Methoden in ihrer Verbindung mit theoretischer Soziologie und die historische Perspektive hatten einen Ort in der Schweiz. Viele Soziologen und Soziologinnen, die in unterschiedlichen Berufsfeldern tätig sind, profitieren von diesem Lehrstuhl.

Von hier wird die soziologische Debatte in der ganzen Schweiz aus einem spezifischen Blickwinkel entscheidend mitgeprägt. Auch die ausseruniversitäre Arbeitswelt profitiert seit Jahren von den Qualifikationen, die die Absolventinnen und Absolventen dieses Studiengangs mitbringen - so "praxisfern" ist gar nicht, was man an diesem Lehrstuhl studieren konnte. Dass im soziologischen Denken und Forschen dieses Lehrstuhls eine Kontinuität bestand, ist für Bern eine Errungenschaft. Bei der - dringend vorzunehmenden - Besetzung der drei Professuren ist die Erhaltung des wissenschaftlichen Profils dieses Lehrstuhls daher zu garantieren.

Prof. Dr. Ursula Streckeisen (PH Bern),
Prof. Dr. Christoph Maeder (Präsident Schweiz. Gesellschaft Soziologie),
Prof. Dr. Urs Staehli (Uni Basel),
Prof. Dr. Franz Schultheis (Uni St. Gallen),

stellvertretend für 31 Soziologen

Die Soziologie bildet den Kern der Sozialwissenschaften. Sie fragt nach dem Zusammenleben der Menschen in Gesellschaften, nach dem Sinn und nach Strukturen gemeinsamen Handelns und befasst sich überdies mit den brennenden Fragen unserer Zeit: soziale Konflikte und Integrationsfragen.

Jede und jeder mit wachem Geist erkennt, dass unsere Gesellschaft gerade jetzt eine mutige und starke Soziologie mehr braucht als je zuvor. Sie soll sich dabei mit den anderen Wissenschaften vernetzen und so nicht nur das Bildungsbedürfnis Einzelner befriedigen, sondern auch der Gesellschaft Antworten auf die Fragen der Zukunft geben. Eigentlich ist das unbestritten. Trotzdem haben ein paar professorale "Chnuschtis" aus der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät es geschafft, einen Vorschlag zurechtzuwursteln, der genau in die gegenteilige Richtung geht. Dies, weil sie die Prozessabläufe und dicken Empfehlungshandbücher selbstherrlich ignorierten, ja selbst Reglement und Gesetz der Uni missachteten. Zum Glück hat die Gesetzgeberin für solche Fälle vorgesorgt. Sowohl Unileitung wie auch Erziehungsdirektor haben explizit die Möglichkeit, den Stosstrupp zu stoppen. Für eine vernünftige Reform der Sozialwissenschaften, aus der sowohl die Disziplinen wie die Uni gestärkt herausgehen, braucht es diese Schritte:

- Die ausgeschriebenen Lehrstühle werden besetzt.

- Es wird gemäss Empfehlung des Uni-eigenen Kompetenzzentrums Bologna ein 12-monatiger Planungsprozess eingeleitet.

- Studierende, Assistierende und Dozierende werden gemäss Gesetz und Statut an der Planung beteiligt.

Sie sind es, die das Lehrangebot am Schluss erfolgreich machen.

Franz-Dominik Imhof
Präsident des StudentInnenrates der Universität Bern

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ARBEITSKAMPF
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work 15.5.09

Umstrittene Security-Einsätze bei Streiks und Entlassungen

Securitas spielt Arbeitgeber-Polizei

Wenn der Chef bei Konflikten private Sicherheitsleute anheuert, wirft das Fragen auf.

Ralph Hug

Als Ende April die 20 Angestellten des Spar-Tankstellenshops in Heimberg BE streikten, sollte ein Securitas-Mann auf Geheiss der Geschäftsleitung den bestreikten Shop öffnen. Das gelang nicht. "Wir haben ihm klargemacht, dass er keine Streikbrecherfunktion übernehmen kann", sagt Unia-Sekretär Udo Michel, der vor Ort bei den Streikenden war. Dass der Konflikt nicht eskalierte, ist einer Direktintervention in der Securitas-Zentrale zu verdanken. Mauro Moretto, bei der Unia zuständig für den Bereich der privaten Sicherheitsdienste, beschwerte sich bei Generalsekretär Reto Casutt: "Wollen Sie wirklich mithelfen, dass die Arbeitnehmenden an der Ausübung ihres verfassungsmässig garantierten Streikrechts gehindert werden?" Es stellte sich heraus, dass der Securitas-Mann derjenige war, der auch sonst den Tankstellenshop bewacht.

Securitas in Sedrun

Es ist nicht das erste Mal, dass Moretto bei der Überwachungsfirma intervenieren musste. Schon beim Arbeitskampf auf der Neat-Baustelle in Sedrun im Oktober 2007 reklamierte er. Dort waren ebenfalls Mitarbeiter von Securitas bei den Streikaktionen involviert. Rufen Chefs vermehrt Security-Leute, wenn es heiss wird? "Das kann man so nicht sagen", wiegelt Max Scheidegger, Sekretär der Schweizerischen Gesellschaft für Human Resources Management (SGP), ab. Security sei unter Personalchefs kein dringliches Thema. Berichte in Gratisblättern, wonach Firmen aus Angst vor Gewalt Entlassungen nur noch mit Security-Schutz bekanntgeben würden, erweisen sich als überzogen.

Das räumen selbst Branchenverantwortliche ein. Laut Securitas-Mediensprecher Urs Stadler nimmt die Nachfrage nach Sicherheitsdiensten zwar zu, doch sind ihm Einsätze bei Entlassungen nur vereinzelt bekannt. Regelfall seien begleitete Freistellungen in den oberen Etagen, wenn ein Manager Knall auf Fall sein Büro räumen muss und heikle Daten im Spiel sind. "Es kommt vor, dass dann im Nebenzimmer diskret ein Wachmann aufgeboten wird - für alle Fälle", so Stadler. Inspiriert sind solche Massnahmen von tatsächlichen Vorfällen, bei denen Personalchefs angegriffen wurden. Laut Stadler spielt die Firmenkultur eine Rolle. Dort, wo ohnehin schon Security-Leute für Überwachungsaufgaben im Hause seien, liege es nahe, diese auch für heikle Situationen zu ordern. Dies wird von anderen Security-Dienstleistern wie Protectas bestätigt. Vor allem US-Firmen, das brutale Hire-and-Fire-System gewohnt, setzen nicht nur auf Objekt-, sondern auch auf Personenschutz: "Das ist dort seit langem üblich", sagt Unia-Sekretärin Valérie Boillat.

Sofort intervenieren

"Übergriffe von privaten Sicherheitsleuten bei Arbeitskämpfen dürften nicht hingenommen werden", sagt Unia-Mann Moretto: "Da müssen wir sofort intervenieren, auch aus präventiven Gründen." Er glaubt, dass die Reklamationen bereits Erfolg hatten. So habe ihm Securitas versichert, dass weitergehende Sicherheitseinsätze auf den Tisch müssten. Die Unia ist Sozialpartnerin der Security-Branche und hat seit 2004 mit dem Verband Schweizerischer Sicherheitsdienstleistungsunternehmen (VSSU) einen Gesamtarbeitsvertrag abgeschlossen.

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RANDSTAND SOLOTHURN
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Solothurner Tagblatt 15.5.09

Amthausplatz

Alki-Szene umgezogen?

"Seit der Adler in Betrieb ist, spüren wir auf dem Amthausplatz eine deutliche Entspannung", sagt der stellvertretende Kommandant der Stadtpolizei Walter Lüdi. Täglich führt die Stadtpolizei Kontrollen durch. Seit einer Woche trafen die Polizisten aber nicht mehr als drei Randständige auf einmal auf dem Amthausplatz an. Diejenigen, welche die Stadtpolizei dennoch auf dem Amthausplatz antrifft, werden jetzt konsequent weggewiesen. "Mit dem Adler haben sie ja einen Ort, an den sie hingehen können", so Lüdi. Die Verantwortlichen von Stadt und Perspektive zeigen sich mit diesem Zwischenresultat zufrieden, warnen aber vor einer Euphorie. Der Adler sei brandneu und habe schon deswegen eine gewisse Anziehungskraft, mahnt Perspektive-Geschäftsführer Roberto Zanetti. Zudem "half" wohl auch das regnerische Wetter in der letzten Woche.rahSeite 25

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Alki-Szene am Amthausplatz

"Entspannung ist spürbar"

Der Adler ist gut gestartet. Bereits eine Woche nach der Eröffnung der neuen Gassenküche hat sich die Alki-Szene auf dem Amt-hausplatz merklich ausgedünnt. Die Verantwortlichen warnen aber vor Euphorie.

Manch einer, der in den letzten Tagen über den Amthausplatz spazierte, hielt auf einmal verwundert inne. War da nicht mal was? Richtig, die Alki-Szene. Seit einer Woche ist diese aber deutlich geschrumpft, teilweise gar verschwunden, wie Walter Lüdi, stellvertretender Kommandant der Stadtpolizei auf Anfrage bestätigt: "Seit der Adler in Betrieb ist, spüren wir auf dem Amthausplatz eine deutliche Entspannung."

Von Seiten der Stadt und der Adler-Betreiberin Perspektive - der Organisation welche unter anderem Menschen mit Suchtproblemen betreut und begleitet - ist man mit dieser Zwischenbilanz zufrieden.

"Das ist doch ein toller Start für den Adler", freut sich Perspektive-Geschäftsführer Roberto Zanetti. Auch Kurt Fluri ist mit den jüngsten Entwicklungen auf dem Amthausplatz zufrieden. "Ich war diese Woche zwei Mal auf dem Amthausplatz und ich habe niemanden gesehen, der dieser Szene angehört", so der Stadtpräsident. Weiter lobt Fluri die Arbeit von Roberto Zanetti, der die Betroffenen offenbar sehr gut informiert hat. Jetzt werde die Stadt die Bushäuschen wieder auf Vordermann bringen, so dass sich die Passagiere dort wieder wohler fühlen können, sagte Fluri.

Tägliche Kontrollen

Täglich führt die Stadtpolizei Kontrollen durch. Seit einer Woche trafen die Polizisten aber nicht mehr als drei Randständige auf einmal auf dem Amthausplatz an. Gestern morgen zum Beispiel hielt sich gar keiner dort auf. Diejenigen, welche die Stadtpolizei dennoch auf dem Amthausplatz antrifft, werden jetzt konsequent weg gewiesen. "Mit dem Adler haben sie ja einen Ort, an den sie hingehen können", so Lüdi. Gehen sie aber tatsächlich in den Adler? "Wir haben zumindest keine Anhaltspunkte, um etwas anderes anzunehmen", sagt Lüdi.

"Nicht überrannt"

Es sei nicht so, dass der Adler am Nachmittag jeweils überrannt werde, sagt Roberto Zanetti. Erst nach und nach würden sich die Leute richtig in der Gassenküche und der Kontakt- und Anlaufstelle ‹einleben›. Es brauche noch eine gewisse Angewöhnungszeit, so Zanetti. Zwischen zehn und fünfzehn Leuten fänden sich aber jeweils am Nachmittag im Adler ein. Ungefähr dieselbe Anzahl, die sich vorher auf dem Amthausplatz aufgehalten hat.

Keine Euphorie

Die erste Zwischenbilanz ist zwar positiv, die Verantwortlichen warnen aber vor Euphorie. Der Adler ist brandneu und habe schon deswegen eine besondere Anziehungskraft. Der Reiz des Neuen könne aber wieder verpuffen, mahnt Zanetti. Zudem war das Wetter in der letzten Woche nicht gerade so, dass ein Aufenthalt unter freiem Himmel eine echte Alternative zur Gassenküche dargestellt hätte.

 "Euphorie ist in der Politik immer ein schlechter Ratgeber", sagt Kurt Fluri. "Ich bin aber zuversichtlich, dass wir die Situation langfristig so beibehalten können, wie sie jetzt ist."

Der stellvertretende Stadtpolizeichef Walter Lüdi stellt zudem klar: "Wir werden keine Verlagerung der Szene an einen anderen Ort dulden."

Ralph Heiniger

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ANTI-GENTECH-KARAWANE
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Indymedia 14./15.5.09

Tag 6: http://ch.indymedia.org/de/2009/05/69113.shtml
Tag 5: http://ch.indymedia.org/de/2009/05/69110.shtml

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KNAST-SOLI
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Rundmail 15.5.09

Soli-Konzert in Züri 30.5.09

hallo da draussen!

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wir fordern euch alle sehr herzlich auf, euer geld an der soliparty für die bussen vom letzten knastspaziergang liegen zu lassen...
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das soli-konzert findet am 30. mai 2009 ab 21.00
im squat an der kalkbreitestr. 4 in zürich statt.
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es spielen:
    the bashing somethings (ska/zh)
    the droogs (pönk/winti)
    schäfer (crust-hc/ag)
anschliessend spielt dj king kong zum tanz auf.
***
wer keine lust auf laute musik hat, darf gerne auch einfach so was spenden:
postcheck-konto: 87-112365-3 (PAN-IG, 8000 zürich)

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aus aktuellem anlass senden wir euch auch noch unser flugblatt zum 1. mai 09 in zürich:

UNTERSTÜTZT DIE KÄMPFENDEN GEFANGENEN!

"...wir haben keine wahl: entweder rebellieren und kämpfen oder langsam in den lagern, in den ghettos, in den irrenhäusern sterben, in die uns die bürgerliche gesellschaft zwingt, und auf die art, die die gewalt uns aufzwingt." (nuclei armati proletari, 1.10.74)

infos zu:
(1) portlaoise/irland, april 09
(2) bruges/belgien, april 09
(3) ashwell/england, april 09
(4) baskenland - spanien/frankreich, märz-april 09
(5) griechenland, märz 09
(6) strasbourg/frankreich, april 09
(7) trapani/italien, april 09
(8) prozesse in italien und brd
(9) wauwilermoos/schweiz, feb.-märz 09
(10) kanton zürich/schweiz, seit 08
(11) regensdorf/schweiz, seit okt. 08

(1) portlaoise/irland, april 09
nach den jüngsten aktionen antiimperialistischer guerillas in nordirland hat der britische staat - mit unterstützung der an der politischen macht beteiligten sinn féin - eine breite verhaftungswelle losgetreten. auch der irische staat beteiligt sich an der repression: in einer bestrafungsaktion wurde vor einigen tagen den langjährigen republikanischen gefangenen von portlaoise der freigang für wichtige familienanlässe (wie taufe, heirat, beerdigung) gestrichen. einfach so, ohne jede begründung. die gefangenen nehmen das nicht hin: seit mitte april befinden sich mehrere gefangene im schmutzstreik, dem sich immer mehr anschliessen werden, bis der gesamte gefängnistrakt im streik ist. sie fordern die unverzügliche einstellung der bestrafungsaktion. (zur aktuellen situation in portlaoise informiert die irish republican prisoners' welfare association unter http://irpwa.blogspot.com)

(2) bruges/belgien, april 09
in belgien ist seit jahren eine militante gefangenenbewegung aktiv, die immer wieder mit aktionen auf sich aufmerksam macht. um widerständige gefangene besser kontrollieren zu können, hat der belgische staat in brügge/bruges und lantin neue hochsicherheitstrakte eröffnet. anfang april haben nun insassen des neuen isolationstrakts von brügge/bruges den trakt zerlegt und danach ihre zellen überschwemmt. (quelle: infomonde belgique, 2.4.09; infos zum knastkampf in belgien bei http://www.325collective.com)

(3) ashwell/england, april 09
vor drei wochen wurde während einer gefangenenrevolte 3/4 des knasts von ashwell (bei oakham, rutland/east midlands) zerstört. die gut 500 gefangenen wehrten sich mit nachdruck gegen die schlechte behandlung und willkürlichen bestrafungen durch die wärter. spezialeinheiten der schmier brauchten 22 stunden, um den aufstand niederzuschlagen. (quelle: guardian und bbc, 11.4.09)

(4) baskenland - spanien/frankreich, märz-april 09
kaum eine woche vergeht ohne neue meldungen von verhaftungen baskischer militanter. mehrere aktivist/innen wurden mitte april in paris, bei perpignan, in gasteiz, bilbo und otxandio verhaftet. auch im märz kam es zu mehreren verhaftungswellen. den gefassten droht während der "incommunicado" die in spanien übliche folter. der spanische staat hat es - mit tatkräftigter unterstützung von frankreich - darauf abgesehen, die linke baskische unabhängigkeitsbewegung mit repression zu brechen. mehr als 760 baskische politische gefangene sitzen derzeit. ihre haftstrafen werden oft nachträglich verlängter, damit sie nicht rauskommen. anfang märz ging der in frankreich einsitzende xabier etxebarria in den hungerstreik, weil er fürchtete, nach absitzen seiner strafe an die spanische polizei übergeben zu werden, wo man ihn foltert und erneut inhaftiert. (aktuelles: http://irishbasquecommittees.blogspot.com und http://www.info-baskenland.de)

(5) griechenland, märz 09
mitte märz wurde die knastaktivistin katerina goulioni während einer verlegung in ein anderes gefängnis ermordet. goulioni war bekannt für ihren kampf gegen erzwungene vaginaluntersuchungen an gefangenen frauen. die nachricht ihrer ermordung hat - ausgehend vom frauenknast in thiva/theben - eine aufstandsbewegung in griechischen knästen ausgelöst, die von gezielten solidaritätsaktionen draussen unterstützt wird (wie bei den grossen hungerstreiks letzten nov.). die gefangenen wehren sich gegen die harten bedingungen, unter denen sie in den hoffnungslos überfüllten knästen dahinvegetieren müssen. sie kämpfen für ein minimum an würde. (aktuelles aus griechenland unter http://www.occupiedlondon.org/blog und http://athens-indymedia.org)

(6) strasbourg/frankreich, april 09
vor gut zwei wochen gingen in strasbourg zwei inhaftierte nato-gegner in den hungerstreik. beide wurden nach den protesten gegen den nato-gipfel per schnellverfahren zu knast verurteilt. die hungerstreikenden, von denen einer schwerverletzt im spital verhaftet wurde, verlangen unter anderem eine angemessene medizinische behandlung, die ihnen verwehrt bleibt. (quelle: junge welt, 22.4.09; allg. infos zu strasbourg unter http://breakout.blogsport.de)

(7) trapani/italien, april 09
die notorische überbelegung und miese haftbedingungen haben vor zwei wochen im knast von trapani (sizilien) zu einer gefangenenrevolte geführt, bei der mehrere wärter in die mangel genommen wurden. der aufstand konnte nur mit mühe niedergeschlagen werden. in trapani hat es für 280 gefangene platz - derzeit sind es über 500. (weitere infos unter http://www.informa-azione.info)

(8) prozesse in italien und brd
* italien: der seit mitte märz 08 in mailand laufende prozess gegen militante der pc-pm (politisch-militärische kommunistische partei) kommt diesen mai zu seinem ende. die staatsanwaltschaft hat insgesamt 192 jahre knast und mehr als 250'000 euro geldbusse gefordert. (aktuelle infos unter http://www.aufbau.org)
* brd: ebenfalls seit märz 08 läuft in stuttgart-stammheim ein mehr als dubioser prozess gegen fünf linke wegen unterstützung der türkischen dhkp-c (revolutionäre volksbefreiungspartei-front). die angeklangten sind mit erschwerten haftbedingungen konfrontiert und teilweise schwer krank. (infos unter http://no129.info)
* brd: seit sept. 08 stehen in berlin vier antimilitaristen wegen angeblicher mitgliedschaft in der "militanten gruppe" vor gericht. (infos: http://einstellung.so36.net)

(9) wauwilermoos/schweiz, feb.-märz 09
mitte feb. protestierten die gefangenen im wauwilermoos (kt. luzern/schweiz) mit einem offenen brief gegen die unzureichende medizinische versorgung und häufigen schikanen durch die wärter. im auftrag der luzerner kantonalregierung haben die leiterin des justizvollzugs barbara ludwig - früher leiterin des ausschaffungsknastes kloten/zürich - und der anstaltsdirektor andreas naegeli den protest gebrochen. sie brachten die gefangenen dazu, in einem zweiten brief anfang märz die beschwerden wieder zurückzunehmen. (quelle: nzz, 4.3.09)

(10) kanton zürich/schweiz, seit 08
seit dem letzten jahr häufen sich in zürcher asyllagern und ausschaffungsknästen fälle von tuberkulose-erkrankungen. mehrere flüchtlinge sind bereits gestorben. um gesundheitskosten zu sparen, können erkrankte flüchtlinge in durchgangszentren, minimalunterkünften und knästen nicht zu einem arzt/einer ärztin. sie müssen sich zuerst an eine betreuungsperson wenden, die dann über einen allfälligen arztbesuch entscheidet. bei abgewiesenen flüchtlingen kommt hinzu, dass sie seit dem letzten jahr nur noch nothilfe kriegen - eine angemessene ernährung, für tb-erkrankte wichtig, ist mit 60.- pro woche (in migros-gutscheinen; kt. zürich) nicht möglich. auch die unterbringung in zivilschutzbunkern ist der gesundheit nicht gerade förderlich. (infos unter http://www.augenauf.ch)

(11) regensdorf/schweiz, seit okt. 08
im grössten schweizer knast pöschwies (bei regensdorf, kt. zürich) - wo sich die gefangenen vor zwei jahren erfolglos gegen die miesen haftbedingungen gewehrt hatten - läuft zur zeit eine üble schmierenkomödie. im letzten herbst hat der neue sicherheitschef thomas noll vom einem auf den anderen tag verboten, dass die gefangenen beim sport draussen lange unterhosen unter ihren sporthosen tragen. denn das sei unschicklich. bloss: nicht alle gefangenen wussten davon. einige kriegten deshalb empfindliche geldstrafen, als sie wegen der kälte draussen lange unterhosen trugen. einsprachen gegen die bussen wurden verhindert. ein paar gefangene - darunter unser genosse marco camenisch - weigerten sich, das absurde verbot anzuerkennen. einer wanderte daraufhin gleich in den bunker, dann in faktische isolationshaft; schliesslich wurde er per helikopter (!) nach chur ausgeflogen. eine solidemo zur unterstützung der gefangenen wurde im dez. von der  kantonspolizei kurzerhand eingekesselt, leute durch das dorf gejagt. wegen der absurden unterhosengeschichte laufen derzeit einige verfahren. das verbot zielt nur auf eines ab: die gefangenen zu gängeln, zu schikanieren, ihnen das leben schwer zu machen, wo's nur geht.

marco freut sich über post:
marco camenisch, postfach 3134, ch-8105 regensdorf, schweiz
(abs. nicht vergesssen!)

->AM 30.5.09 FINDET IM SQUAT AN DER KALKBREITESTR.4 IN ZÜRICH EINE SOLIPARTY FÜR DIE BUSSEN DER EINGEKESSELTEN KNASTSPAZIERGÄNGER/INNEN STATT

freund/innen und unterstützer/innen von marco camenisch, im april 09
kontakt: marco_camenisch@yahoo.de

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HOMOPHOBIE
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20 Minuten 15.5.09

Pink Cross entsetzt über Eminem

Zürich. Die Schweizer Schwulenorganisation Pink Cross ist entsetzt: US-Rapper Eminem (36) schiesst auf seinem heute erscheinenden Album "Relapse" massiv gegen Homosexuelle.

Slim Shady lässt einmal mehr keine Beleidigung aus: So bezeichnet sich Eminem unter anderem als "Homosexuellenzerstückler" und rappt davon, wie er "Lesben in flüssigen Zement wirft". "Pink Cross"-Geschäftsleiter Moël Volken kann nur den Kopf schütteln: "Unvorstellbar, dass jemand so was in die Regale stellt, unvorstellbar, dass man dafür rechtlich nicht belangt werden kann." Zudem verstehe er auch nicht, dass die Politik den Handlungsbedarf gegen solche Beleidigungen nicht erkenne. Dass Eminem nicht von seinen Hasstiraden ablässt, erklärt sich Volken wie folgt: "Auf Schwache einzuprügeln, war immer der einfachste Weg zum Heldentum", so Volken. nil

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reformiert/Kirchenbote 15.5.09

Das Evangelium ist für alle da

EURO PRIDE/ Ist Homosexualität widergöttlich? Seit in Zürich die Euro Pride begonnen hat, entfachen christliche Gruppierungen erneut die Frage um deren Akzeptanz.

Am 28. April kam es im Zürcher Kantonsrat zum Eklat. "Homosexualität ist weder gottgewollt noch gesellschaftsfördernd", führte Kantonsrat Michael Welz von der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) aus. In ihrer Fraktionserklärung warf die religiös-konservative EDU der Stadt Zürich vor, mit der Euro Pride eine gottlose Werbeplattform für den homosexuellen Lebensstil zu unterstützen.

Sünde

Ins gleiche Horn stösst die Vereinigung Familienlobby. Seit mehreren Monaten versucht der christliche Verein, das jährlich in einer anderen Stadt durchgeführte schwul-lesbische Festival zu verhindern. Noch vor dem Start am 2. Mai waren die Sponsoren mit Hunderten von Briefen aus dem Umfeld der Familienlobby eingedeckt worden. "Homosexualität ist eine Sünde", hiess es zum Beispiel in den Briefen, "es ist eine anormale, perverse Art, eine Beziehung zu führen."

"Wir haben nichts gegen Homosexuelle", sagt Daniel Regli von der Familienlobby. Für einen christlichen Verein sei es aber Pflicht, die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, "dass die Bibel Homosexualität ablehnt und deregulierter Sex ins Unglück führt".

 Ausschluss

"Entwürdigend", kommentiert Michael Rüegg, der Euro-Pride-Pressesprecher, den Inhalt der von der Familienlobby initiierten Briefe wie auch die Behauptungen der EDU. Dass die Angriffe gerade aus christlichen Kreisen kommen, bedauert er sehr. Denn unter den Homose-xuellen gebe es viele religiöse oder christlich gläubige Menschen. Rüegg: "Ökumenische Gottesdienste gehören bei jeder Euro Pride zum festen Programm." Der diesjährige Abschlussgottesdienst findet am letzten Tag der Euro Pride, am 7. Juni, im Fraumünster statt - notabene mit kirchlicher Unterstützung.

Gegen Vorurteile

Während Regli als Mitglied der reformierten Landeskirche von dieser eine Stellungnahme gegen die Homosexualität erwartet, geht es Rüegg umgekehrt: Er vermisst eine Intervention gegen die negativen Aussagen der christlichen Gruppen. Kirchenratspräsident Ruedi Reich winkt ab: "Gruppierungen wie die EDU oder die Familienlobby wollen mit ihren Äusserungen Aufmerksamkeit erreichen." Zur Euro Pride äussere sich der Kirchenrat nicht. Die Haltung der Zürcher Landeskirche sei aber klar. Bereits 1999 habe der Kirchenrat festgehalten, dass er sich dafür einsetze, "dass Vorurteile und Diskriminierungen gegenüber homosexuellen Menschen überwunden werden". Gleichzeitig habe der Kirchenrat damals darauf hingewiesen, dass die Kirche nicht unschuldig an der "leidvollen Geschichte gleichgeschlechtlich empfindender Menschen in Vergangenheit und Gegenwart" sei.

Fünf Jahre später hat die reformierte Kirche noch einen weiteren Schritt getan und Segnungsfeiern für homosexuelle Paare zugelassen. Für Reich ist es keine Frage, dass der Anspruch des Evangeliums sowohl für heterosexuelle wie für homosexuelle Paare gilt: eine respektvolle und verantwortungsvolle Beziehung zu leben.  

Judith Stofer

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Kommentar

Vom Privaten und vom Öffentlichen

Respekt

Im März 2009 wurde die sich als lesbisch bekennende Corine Mauch zur Zürcher Stadtpräsidentin gewählt. Was zeigt: Lesbisch- oder Schwulsein ist in der Zürcher Politik kein Makel mehr. So kann die Stadt den Tausenden von angereisten Lesben und Schwulen bei der Euro Pride (s. rechts) zeigen, dass Toleranz und Respekt möglich sind. Selbst die aggressiven Stimmen jener, die pauschal die gleichgeschlechtlich Liebenden mit "Homo-Perversen" gleichsetzen, können dieses Image nicht beschädigen.

Aufreizend

Aber es gibt auch viele, für die die Euro Pride dann ein Problem ist, wenn Sexualität zur Schau gestellt wird. Wer die Abbildungen früherer Euro Prides anschaut, stösst auf schrille Bilder mit viel nackter Haut und aufreizenden Posen.

Verstaubt

Aber wer lässt sich denn im Jahr 2009 noch von lasziven Gesten provozieren? Moralisches Spiessertum? So einfach sollten wir Menschen nicht aburteilen, für die ein halbnackter Körper nur im intimsten Refugium des eigenen Schlafzimmers seinen Platz hat. Ob diese Ansichten verstaubt sind, darüber sollten Schwule nicht richten. Ebenso wenig, wie fromme Fanatiker die Hausordnung der Clubs von Homosexuellen diktieren sollten.

Trennschärfe

Das Private und das Öffentliche schärfer auseinanderzuhalten - das ist ein zentrales Anliegen, um das friedliche Nebeneinander von verschiedenen Lebenswelten zu ermöglichen, wo Menschen mit unterschiedlichen Moralvorstellungen zusammenkommen. Das gilt nicht nur für die Euro Pride. Das gilt für jeden Tag im öffentlichen Raum.

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SANS-PAPIERS ZH
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Tagesanzeiger 15.5.09

"Unabhängiger Rat" wird Härtefälle prüfen

Eine Härtefallkommission soll neu Fälle von abgewiesenen Asylsuchenden prüfen. So will es die Regierung. Was die SVP erzürnt, freut die Linke. Die SP will noch einen Schritt weitergehen.

Von Stefan Häne

Zürich. - Hans Hollenstein (CVP) rühmte sich und den Gesamtregierungsrat gestern vor den Medien: "Wir haben sehr rasch gehandelt." Fünf Monate nach der Besetzung der Predigerkirche durch abgewiesene Asylsuchende schafft die Regierung eine Härtefallkommission und folgt damit dem Beispiel von Kantonen wie Luzern und Bern. Zusammensetzen soll sich das Gremium aus sieben oder neun Repräsentanten von Landeskirchen, Hilfswerken, Gemeindevertretern und kantonalen Integrationsbeauftragten - laut Hollenstein ein "unabhängiger Rat" mit Persönlichkeiten, die juristisch geschult oder mit dem Ausländer- und Asylwesen vertraut sind.

Auf die Einbindung von Kantonsräten in den Ausschuss verzichtet die Regierung, um eine "Verpolitisierung" zu vermeiden. Auch in einem anderen Punkt hat der Kantonsrat nichts zu sagen: Die Regierung regelt das Geschäft in einer Verordnung, die am 1. September in Kraft treten soll. Ein neues Gesetz auszuarbeiten, hätte nach Ansicht der Regierung zu lange gedauert und womöglich eine Volksabstimmung nach sich gezogen. Hollenstein will "nicht drei Jahre warten, bis es vorwärtsgeht".

Hollenstein will nicht kuschen

Keine Prognose wagte Hollenstein zur Frage, ob der Kanton Zürich dank der Kommission von seiner bislang rigiden Bewilligungspraxis abrücken und mehr Härtefallgesuche bewilligen wird. Und er stellte in Abrede, mit der Schaffung eines solchen Gremiums vor den Linksparteien zu kuschen, die diese Forderung im Zuge der Kirchenbesetzung Ende Dezember erhoben hatten. Ausschlaggebend seien die Erfahrungen mit dem seit 2007 geltenden Asyl- und Ausländergesetz gewesen, sagte Hollenstein und versicherte, die Problematik bereits im letzten Spätsommer erkannt zu haben.

Die Kommission wird bei voller Akteneinsicht Einzelfälle beurteilen und dem Migrationsamt Empfehlungen abgeben; ihr 2002 aufgelöstes Vorläufermodell hatte sich lediglich mit allgemeinen Fragen aus dem Asylbereich beschäftigt und war deshalb zahnlos geblieben. Weichen die Empfehlungen der neuen Kommission von der Beurteilung des Migrationsamtes ab, landet das Dossier auf dem Pult von Hollenstein. Der Sicherheitsdirektor wird so zum Zünglein an der Waage. Auf diese Verantwortung und damit verknüpfte Ängste angesprochen, sagte Hollenstein, Angst sei ein schlechter Ratgeber. "Ich werde sachlich entscheiden." Er wies zudem darauf hin, dass der Bund die positiven Zürcher Beschlüsse jeweils absegnen müsse.

Unter die Lupe nehmen wird die Kommission Gesuche von abgewiesenen Asylsuchenden und solchen mit Nichteintretensentscheid. "Der Entscheid über ein Härtefallgesuch ist für die betroffenen Personen von besonderer Tragweite", sagte Hollenstein. Werde ihr Gesuch abgelehnt, müssten sie die Schweiz definitiv verlassen, weil sich der Entscheid des Migrationsamts nicht mit einem Rechtsmittel anfechten lasse. Es sei deshalb sinnvoll, wenn nebst dem kantonalen Migrationsamt eine weitere Stelle eine Beurteilung vornehme, so Hollenstein. "Dies steigert die Akzeptanz der Beschlüsse." Im Kanton Zürich geht es um jährlich 100 bis 150 derartige Fälle.

Beurteilen soll die Kommission auch Gesuche von Sans-papiers, also Ausländerinnen und Ausländern, die seit Jahren in der Schweiz leben und noch nie ein asyl- oder ausländerrechtliches Verfahren durchlaufen haben. Mit einer Härtefallbewilligung soll nach dem Willen der Regierung deren Aufenthalt legalisiert werden. In den letzten Jahren gab es im Kanton Zürich laut Hollenstein ein bis zwei solche Gesuche pro Jahr.

Die Parteien haben unterschiedlich auf die Neuerung reagiert. Die CVP zeigt sich erfreut, warnt aber vor falschen Hoffnungen: Ein Bleiberecht für alle bleibe eine Illusion. Die SP will noch einen Schritt weitergehen: Neben der Härtefallkommission fordert sie "klare Entscheidungsgrundlagen" für das Ausländer- und Asylgesetz. Dies soll eine einheitliche Rechtsanwendung gewährleisten und die Willkür in der kantonalen Migrationspolitik beenden.

Voller Zorn ist hingegen die SVP. Sie wirft Hollenstein "eklatante Schwäche" vor. Die Regierung sei nicht bereit, das Migrationsamt zu stützen, sondern verstecke sich feige hinter einer Kommission aus "Gutmenschen", welche die Verschärfungen im neuen Asyl- und Ausländergesetz aushebeln würden. Die FDP kritisiert, die Regierung schleuse ein staatlich finanziertes Gremium am Kantonsrat vorbei, dessen Wiedereinführung das Parlament erst kürzlich abgelehnt habe.

Keine Hilfe für Familie Comagic

Zürich. - Gibt es dank der Härtefallkommission wieder mehr Hoffnung für die serbische Familie Comagic, die seit Jahren gegen ihre Ausschaffung kämpft? Nein, sagt Irene Schwitter von der kantonalen Sicherheitsdirektion. "Dieser Fall wird nicht vor die Härtefallkommission kommen." Das Gremium werde grundsätzlich nur über Fälle entscheiden, bei denen keine Rechtsmittel bestünden. Auf die Comagics treffe dies jedoch nicht zu. Der Fall ist vor dem Verwaltungsgericht hängig, nachdem die Regierung im März einen Rekurs der Familie abgewiesen hat. Die Familie war 1995 in die Schweiz eingereist. Nachdem der Bund das Asylgesuch abgelehnt hatte, musste sie 2000 das Land wieder verlassen. Nach der Scheidung in Serbien reisten beide ehemaligen Ehepartner wieder nach Zürich und heirateten Schweizer Staatsangehörige - ohne mit ihnen zusammenzuleben. Laut Regierung hatten sie sich damit in missbräuchlicher Weise den Aufenthalt in der Schweiz gesichert. (sth)

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NZZ 15.5.09

Die Regierung setzt wieder eine Härtefallkommission ein

Das Zürcher Migrationsamt muss seine Karten offenlegen

 Im Kanton Zürich wird künftig eine vom Migrationsamt unabhängige Kommission Härtefallgesuche von abgewiesenen Asylbewerbern und Sans-Papiers begutachten und Stellungnahmen abgeben. Bei unterschiedlichen Einschätzungen entscheidet der Sicherheitsdirektor.

 vö. Die rigide Zürcher Härtefallpraxis hat Ende Dezember zur Besetzung der Predigerkirche durch Sans-Papiers geführt. Das damalige Versprechen von Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein löst der Regierungsrat nun ein: Per September nimmt eine Härtefallkommission ihre Arbeit auf. Am Donnerstag erläuterte Hollenstein die entsprechende Verordnung, die der Regierungsrat erlassen hat. Die Härtefallkommission wird Stellung nehmen zu allen Gesuchen von abgewiesenen Asylsuchenden und von Asylsuchenden mit Nichteintretensentscheiden. Gesuche von schon lange in der Schweiz lebenden Ausländern, die kein ausländerrechtliches Verfahren durchlaufen haben (eigentliche "Sans-Papiers"), prüft die Kommission ebenfalls. Beurteilt sie den Fall anders als das Migrationsamt, entscheidet der Vorsteher der Sicherheitsdirektion, ob der Gesuchsteller ein Bleiberecht erhält oder nicht.

 Unabhängiges Gremium

 Das vom Regierungsrat zu wählende sieben- bis neunköpfige Gremium soll sich aus Vertretern der kantonalen Fachstelle für Integrationsfragen, der Kirchen, Hilfswerke und Gemeinden zusammensetzen. Die Mitglieder müssen entweder mit dem Ausländer- und Asylwesen vertraut sein oder über eine juristische Ausbildung verfügen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit dürfen sie keine Rechtsvertretungen von Asylsuchenden übernehmen. Vom Einsitz von Vertretern der politischen Parteien wurde bewusst abgesehen, ebenso von einem parlamentarischen Prozedere. "Wir wollten das Geschäft auf keinen Fall verpolitisieren und eine zeitliche Verzögerung von zwei bis drei Jahren riskieren", sagte Hollenstein. Ziel sei ein sachliches, effizientes Verfahren, um insbesondere die jährlich vom Migrationsamt gefällten 100 bis 150 Entscheide zu Gesuchen von abgewiesenen Asylbewerbern breiter abzustützen. Ein negativer Entscheid ist für diese Personen von besonderer Tragweite, da er gemäss Bundesgesetzgebung rechtlich nicht angefochten werden kann und die definitive Ausreise besiegelt, wie Hollenstein festhielt.

 Vor zehn Jahren hat die Regierung bereits einmal eine Härtefallkommission gebildet, die später unter Rita Fuhrer praktisch inaktiv war. Da die Kommission keine Akteneinsicht hatte und keine Beurteilung im Einzelfall vornehmen konnte, sondern nur zu allgemeinen Fragen des Asylwesens Stellung beziehen durfte, plädierte die Mehrheit der Kommissionsmitglieder für die Auflösung. 2002 wurde diesem Anliegen entsprochen. Vier Jahre später war der Regierungsrat bereit, aufgrund von zwei Postulaten die Wiedereinführung des Gremiums zu prüfen. Die Vorstösse fanden aber im Kantonsrat keine Mehrheit.

 Höhere Akzeptanz erhofft

 Mit dem Inkrafttreten des revidierten Asylgesetzes am 1. Januar 2007 erhielten die kantonalen Migrationsämter die Möglichkeit, abgewiesenen Asylbewerbern, die seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz leben, eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, sofern ein "schwerwiegender persönlicher Härtefall" vorliegt (Art. 14 AsylG) und der Bund das Gesuch bewilligt. Auch vorläufig Aufgenommenen und Sans-Papiers können die Kantone das Bleiberecht gewähren. Zu den Kriterien des Bundes gehören unter anderem Offenlegung der Identität, Leumund, Integrationsgrad und Gesundheitszustand. Wie die Praxis zeigt, handhaben die Kantone ihren Ermessensspielraum sehr unterschiedlich. Während der Kanton Zürich kaum Härtefallgesuche bewilligt, ist der politische Druck auf die Ausländerbehörden von Kantonen mit Härtefallkommissionen und mehr positiven Entscheiden weniger gross (NZZ 20. 1. 09). Ein solches Instrument habe er allerdings bereits letzten Spätsommer, also lange vor der Besetzung der Predigerkirche, ins Auge gefasst, betonte Hollenstein gestern.

 SP erfreut, SVP und FDP verärgert

 Seine Partei, die CVP, stellt sich hinter die Wiedereinsetzung der Härtefallkommission. Sie begrüsse die Unabhängigkeit und Fachkompetenz der Mitglieder, dürfe doch ein solcher "Rat der Weisen nicht zum Tummelfeld für Asyl-Ideologen aus der linken oder rechten Ecke verkommen", meint die CVP. Mit dem Beratergremium würden die Verantwortlichkeiten verwedelt, findet dagegen die FDP. Der zuständige Regierungsrat müsse seinen Ermessensspielraum wahrnehmen und allenfalls die Bewilligungspraxis überprüfen, hält die FDP in einer Mitteilung fest. Die SVP geisselt den Regierungsrat als "wankelmütig und feige". Mit seinem eigenmächtigen Entscheid heble er die verschärften Bestimmungen des Asyl- und Ausländergesetzes aus und öffne Tür und Tor für den Missbrauch, heisst es. Die SP zeigt sich erfreut und wertet die Wiedereinführung der Härtefallkommission als einen Etappenerfolg. Es brauche nun klare Entscheidungsgrundlagen für das Ausländer- und Asylgesetz.

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Gefahr des Feigenblatts

 Das Zürcher Migrationsamt muss sich künftig bei seinen Härtefall-Entscheiden in die Karten schauen lassen, und zwar von einem politisch unabhängigen Gremium. So will es die Regierung auf Antrag von Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein, der letztes Jahr wegen der Eigenmächtigkeit des ihm unterstellten Migrationsamtes von verschiedenen Seiten unter Druck geraten ist. Während der Besetzung der Predigerkirche durch Sans-Papiers erreichte die Unmutswelle einen Höhepunkt. Um sie zu glätten, brachte Hollenstein die Idee einer Härtefallkommission ins Spiel, die er gemäss seinen Worten schon viel früher ins Auge gefasst hatte. Weniger wichtig ist heute zu wissen, weshalb er erst zur Tat schritt, als es brannte. Entscheidend ist, dass der Regierungsrat innert Kürze eine Verordnung erlassen hat, die mehr Transparenz bei einzelnen Härtefall-Entscheiden schafft. Sie überträgt zudem dem Sicherheitsdirektor die Verantwortung im Zweifelsfall. Gespannt darf man nun sein, wie häufig Hans Hollenstein gegen sein Amt entscheiden wird.

 Die Härtefallkommission darf auf keinen Fall zu einem Feigenblatt verkommen, das die insgesamt restriktive Zürcher Bewilligungspraxis unangreifbar machen soll. Befürchtungen wecken aber Aussagen von Hollenstein, der die im schweizweiten Vergleich strenge Interpretation der Kriterien mit fehlenden Bundesvorgaben begründet und klare Richtlinien verlangt. Diese Haltung ist falsch: Die Zürcher Ausländerbehörden müssen sich endlich zu einem pragmatischen Umgang mit schon lange in der Schweiz anwesenden und offensichtlich gut integrierten Ausländern durchringen. Es ist stossend, wenn jahrelang Entscheide in Einzelfällen in der breiten Öffentlichkeit Unverständnis wecken, die Behörden aber unbeirrt ihren Kurs weiterfahren. Wenn dank der Härtefallkommission die wiederkehrende öffentliche Diskussion über einzelne Fälle beendet werden kann, weil sich eine liberale Handhabung durchgesetzt hat, ist ein wichtiges Ziel erreicht.
 vö.

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Landbote 15.5.09

Zweitmeinung zu Asylhärtefällen

Pascal Unternährer

Ein unabhängiges Gremium soll ab September Härtefall- gesuche von abgewiesenen Asylsuchenden und Sans-Papiers beurteilen. Die neue Kommission wird aber keine Entscheidungskompetenz haben. Sie gibt Empfehlungen ab.

zürich - Er handle nicht auf Druck, betonte gestern Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein (CVP). Er hätte Anfang Januar nicht die Neuauflage einer Härtefallkommission ankündigen können, wenn sich die Gesamtregierung nicht schon im Herbst darüber Gedanken gemacht hätte. Druck aufgesetzt hatten dennoch rund 150 Asylsuchende und Sans-Papiers, die in der Weihnachts- und Neujahrszeit die Predigerkirche in Zürich besetzt hatten, um unter anderem für eine weniger rigide Härtefallpraxis im Kanton Zürich zu demonstrieren. Die Zahlen sprechen für sich: In Zürich wurden 2007 fünf von knapp 300 Härtefallgesuchen bewilligt und 2008 zehn. Zum Vergleich: In St. Gallen wurden 2007 rund 50 Gesuche gutgeheissen, 2008 über 70. Im Kanton Bern waren es 2007 rund 100 gutgeheissene Gesuche, in der Waadt in beiden Jahren insgesamt rund 500.

Jetzt hat der Regierungsrat entschieden, dem von linken Kreisen kritisierten Migrationsamt, das die Entscheide trifft, ein Fachgremium zur Seite zu stellen. Gesuche von abgewiesenen Asylsuchenden, solchen mit Nichteintretensentscheid (NEE) sowie Sans-Papiers werden neu zuerst von Hollensteins Migrationsamt beurteilt und danach von der neuen Kommission. Sollten die Anträge divergieren, entscheidet der Sicherheitsdirektor. Die bewilligten Gesuche müssen darauf noch vom Bund abgesegnet werden.

Letzte Chance

Hollenstein unterstrich, dass die Entscheide über die Härtefallentscheide von abgewiesenen Asylsuchenden und jenen mit NEE von besonderer Tragweite sind. Denn im Gegensatz zu den vorläufig Aufgenommenen und anderen Personen, die nicht dem Asyl-, sondern dem Ausländergesetz unterstellt sind (wie etwa die Familie Comagic), haben sie kein Rechtsmittel gegen einen Ausweisungsentscheid zur Verfügung. Hollenstein erwartet zwischen 100-150 Fälle im Jahr. Sein Wille sei, dass die Unterschiede zu den anderen Kantonen verringert werden.

Die Härtefallkriterien sind vom Bund vorgegeben. Berücksichtigt werden Integrationsgrad, Vorstrafen, Gesundheitszustand, Familienverhältnisse und der Zeitpunkt der Einschulung von Kindern. Auch die finanziellen Verhältnisse und die Möglichkeiten der Wiedereingliederung im Herkunftsland werden untersucht. Die Gesuchsteller müssen mindestens fünf Jahre hier sein und ihre Identität offenlegen.

Die Rolle der Härtefallkommis-sion beschrieb Hollenstein als konsultativ. Die Verantwortung bleibe beim Migrationsamt und ihm. Die sieben bis neun Kommissionsmitglieder werden vom Regierungsrat ernannt. Die Landeskirchen, Hilfswerke, Integra- tionsfachleute sollen genauso vertreten sein wie der Gemeindepräsidentenverband. Es sollen unabhängige Personen "mit einer gewissen Lebenserfahrung" sein, wie Hollenstein sagte. Juristisches Fachwissen ist gefragt.

Erster Versuch gescheitert

Nun werden potenzielle Kommissionsmitglieder angefragt. Am 1. September soll sich das Gremium konstituieren. Von 1999 bis 2002 gab es bereits eine Härtefallkommission. Diese war von der damaligen Sicherheitsdirektorin Rita Fuhrer (SVP) contre cœur eingesetzt worden und beriet nur Grundsätzliches zum Asylwesen, nicht aber Einzelfälle. Der Winterthurer Stadtrat Ernst Wohlwend (SP) war eines von elf Mitgliedern und hat sie als "zahnlose Institution" betitelt, die nichts bewirken konnte. Deshalb wurde die Kommission 2002 auf eigenen Antrag wieder abgeschafft. Im Kantonsrat war die Kommission immer wieder Thema. Letztmals abgelehnt wurde deren Einführung im März 2007.

SVP, FDP: Ablehnung, Mitte-links: Zustimmung

Die CVP hofft, dass sich die Kommission zu einem "Rat der Weisen" eta- bliert, der mit Argumenten überzeugt. Dass sie bloss Stellungnahmen abgeben könne, sei deshalb nicht erheblich. Die SP spricht von einem Etappensieg. Sie ist zwar erfreut, dass die Regierung einer alten SP-Forderung nachkommt. Die Arbeit sei aber noch nicht getan. Es brauche endlich eine einheitliche Rechtsanwendung, welche der Willkür in der kantonalen Migrationspolitik ein Ende setze.

Als "überflüssig" bezeichnet die FDP die neue Kommission. Die nötigen Spezialisten seien bereits im Migrationsamt tätig, so Fraktionspräsident Thomas Vogel. Nötig sei einzig ein Sicherheitsdirektor, der die Härtefallkriterien etwas grosszügiger handhabe. Unzufrieden ist auch die SVP. Hollenstein sei nicht bereit, zu regieren und das Migrationsamt zu stützen, sondern verstecke sich feige hinter einer Kommission. Weil davon auszugehen sei, dass die Kommission vorwiegend aus "Gutmenschen" zusammengesetzt werde, könne man davon ausgehen, dass die vom Volk gewünschten Asylverschärfungen ausgehebelt würden. Die Partei kündigt an, "mit allen Mitteln" gegen die Kommission vorzugehen. (sda)

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Kommentar

Wertvolle Sicht von aussen

Pascal Unternährer

Der Kanton Zürich erhält wieder ein Fachgremium, das sich mit sogenannten Härtefällen im Asylwesen befasst. Das ist zu begrüssen, zumal die Defizite der früheren, im Jahr 2002 abgeschafften Härtefallkommission behoben wurden. So wird das neue Gremium nicht mehr nur über grundsätzliche Asylfragen plaudern, sondern sich mit konkreten Fällen, also menschlichen Schicksalen, eingehend befassen. Es schadet gewiss nicht, wenn unabhängige Experten ausserhalb der Verwaltung Einschätzungen und Empfehlungen abgeben können. Das versach- licht die Diskussion und erhöht die Akzeptanz der Beschlüsse. Deshalb ist auch richtig, dass keine Politiker Einsitz in der Kommission erhalten. Ansonsten hätte die Gefahr bestanden, dass die Diskussion verpolitisiert wird. Am Schluss und bei einer Differenz zwischen Kommission und Verwaltung entscheidet ja wieder ein gewählter Politiker: der Vorsteher der zuständigen Direktion - im Moment Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein.

Noch viel wichtiger als die Frage "Ja oder Nein zur Härtefallkommission?" ist aber, dass die im neuen Asylgesetz verankerte Härtefallklausel landesweit einigermassen einheitlich angewendet wird. Es darf nicht sein, dass dieselbe antragstellende Familie in einem Kanton gute Aussichten hat, zu bleiben, während sie das Gesuch in einem anderen Kanton gleich in den Papierkorb werfen könnte. Bisher waren die Chancen in den Kantonen Bern oder St. Gallen ungleich höher als im Kanton Zürich. Hier liegt die Gesamtzahl der bewilligten Gesuche in den letzten zwei Jahren bei 15, während sie in bevölkerungsärmeren Kantonen in die Hunderte geht.

Einen schalen Nachgeschmack hinterlässt allerdings die Tatsache, dass der Regierungsrat mit einer Verordnung am Parlament vorbeiagiert. Der Kantonsrat hatte die Wiedereinführung der Härtefallkommission bisher mehrmals abgelehnt. Diese hätte eine höhere Legitimation, wenn sie demokratisch besser abgestützt wäre. lpascal.unternaehrer@landbote.ch

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Zürichsee-Zeitung 15.5.09

Asylwesen Sicherheitsdirektor Hollenstein lässt Asyl-Härtefälle künftig von Fachleuten beurteilen

Härtefallkommission zum Zweiten

Zürichs letzte Härtefallkommission löste sich 2002 aus Langeweile selbst auf. Die neue soll mehr zu tun bekommen. Gestern präsentierte der Regierungsrat die "Verordnung über die Härtefallkommission".

Martin Reichlin

Etwa 100 bis 150 Dossiers von Asylsuchenden wird die Härtefallkommission ab September jährlich behandeln, schätzte Regierungsrat Hans Hollenstein gestern vor den Medien - Fälle, in denen ein Asylgesuch abgelehnt oder ein Nichteintretensentscheid gefällt wurde. "Diese Entscheide sind für die Betroffenen schwerwiegend, weil sie die Schweiz definitiv verlassen müssen und es laut Bundesgesetz kein Rechtsmittel dagegen gibt", sagte der Vorsteher der Sicherheitsdirektion.

Das Recht auf einen Rekurs erhielten die Abgewiesenen auch künftig nicht, fuhr Hollenstein fort. Aber die Gewissheit, dass ein unabhängiges Gremium alle Fälle noch einmal unter die Lupe nimmt und eine zusätzliche Stellungnahme abgibt. Erachtet die Kommission die vom Bund definierten Härtefallkriterien wie hohe Integration, besondere Familienverhältnisse, lange Aufenthaltsdauer in der Schweiz oder geringe Chancen zur Wiedereingliederung im Heimatland als erfüllt, geht das Dossier künftig an Hollenstein - egal, ob das Migrationsamt dies unterstützt. Er entscheidet schliesslich, ob Zürich das Härtefallgesuch ans Bundesamt für Migra- tion stellt. In der Vergangenheit war Zürich in die Kritik geraten, weil es den Spielraum, den das seit 2007 gültige Asylgesetz den Kantonen bei der Beurteilung von Härtefällen zugesteht, nur äusserst zurückhaltend genutzt habe.

Die Härtefallkommission wird auch Gesuche von Sans-Papiers beurteilen, also von seit Jahren anwesenden Ausländern, die nie einen asyl- oder ausländerrechtlichen Antrag gestellt haben. Im Kanton Zürich gab es laut Hollenstein in den letzten Jahren ein bis zwei solche Gesuche pro Jahr.

Unabhängige Experten

Eine erste Härtefallkommission war 1999 eingesetzt, auf eigenen Wunsch aber 2002 wieder aufgelöst worden. Forderungen nach einer Wiedereinführung wurden dann zu Beginn dieses Jahres wieder laut, nachdem eine Gruppe Sans- Papiers mit der Besetzung der Predigerkirche auf sich aufmerksam gemacht hatte. Laut Hans Hollenstein hätten aber vor allem die Änderungen des Bundesrechts 2007 und das Bestehen von derartigen Kommissionen in anderen Kantonen dafür gesprochen, die neue Härtefallkommission zu schaffen: "Es war mir schon lange vor der Kirchenbesetzung klar, dass wir um der betroffenen Menschen willen rasch handeln müssen." Im nun vorgesehenen Gremium sollen sieben bis neun von Politik und Verwaltung unabhängige Experten Einsitz nehmen. Sie werden durch den Regierungsrat für eine Amtszeit ernannt.

Die Reaktionen der politischen Parteien fielen nicht unerwartet aus. Die SP klopfte sich selbst auf die Schulter und sprach von der "Erfüllung einer alten SP-Forderung". "Es ist weise, einen Rat der Weisen einzusetzen", philosophierte die Hollenstein-Partei CVP derweil daher. Die SVP heulte empfindlich getroffen auf und sprach vom "wankelmütigen und feigen Regierungsrat", der das vom Volk gewollte "Asyl- und Ausländergesetz aushebelt", und die FDP hielt das Ganze schlicht für "überflüssig".

Unzufriedenheit beim Bleiberecht-Kollektiv

"Was der Regierungsrat vorstellte, ist sehr, sehr wenig", sagte Stefan Schlegel vom Bleiberecht-Kollektiv zur "Verordnung über die Härtefälle". Schlegel setzt sich für die Rechte der Sans-Papiers ein, die ohne Aufenthaltserlaubnis und häufig ohne gültige Papiere in der Schweiz leben. "Wir haben geschätzte 30 000 Sans-Papiers im Kanton Zürich, und nur wenige von ihnen werden je die Chance haben, ihr Dossier von der Härtefallkommission prüfen zu lassen."

Um diese Möglichkeit zur Legalisierung ihres Status zu erhalten, wären die Papierlosen - oft seit Langem in der Schweiz lebend, wohnend und arbeitend - gezwungen, beim Migrationsamt ein Gesuch für eine Aufenthaltsbewilligung zu stellen. Dabei müssten sie ihre Arbeitgeber oder Wohnungsvermieter "verpfeifen", die ihnen jahrelang Obdach und Auskommen boten. "Eine eher unmenschliche Vorstellung", so Schlegel. Zudem würden in der Praxis viele Sans-Papiers schon an den bürokratischen Hürden zum Nachweis ihrer Identität scheitern - obwohl sie Anrecht auf eine vorläufige Aufnähme hätten, sobald "erstellt ist, dass sie vom Heimatland keine Papiere bekommen. Für diese Fälle bräuchte es keine Härtefallkommission." Das ganze Ausländer- und Asylrecht beruhe eben auf der Annahme, dass jeder einen Ausweis erhalte, der sich darum bemühe, fährt Schlegel fort. "Das ist so irrig wie der Glaube, überall wo die Sonne scheine, gebe es auch eine Glace-Karte." (mre)

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Linth-Zeitung 15.5.09

Zürich Der Kanton führt die Härtefallkommission ein

Eine Chance für Sans-Papiers

Zürich führt wieder eine Härtefallkommission ein. Ab September wird ein Gremium die Härtefallgesuche von abgewiesenen Asylsuchenden beurteilen. Zu entscheiden hat die Kommission aber nichts.

Das Gremium, das aus sieben bis neun Fachleuten bestehen wird, verfasst lediglich eine Stellungnahme, die sie ans Zürcher Migrationsamt weiterleitet. Dieses entscheidet schliesslich darüber, ob es sich bei den Gesuchstellern um Härtefälle handelt oder nicht.

Wie Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein (CVP) am Donnerstag vor den Medien erklärte, werden die Kommissionsmitglieder von Landeskirchen, Hilfswerken, Integrationsstellen oder von Gemeinden gestellt. Wichtig sei, dass die Leute juristisches Fachwissen mitbrächten und unabhängig seien. Auf Politiker wie etwa Kantonsräte verzichtet Hollenstein dabei bewusst. "Wir wollen in dieser Kommission keinen politischen Schlagabtausch", sagte er. Es gehe darum, dass man sachlich und unabhängig über die Einzelschicksale berate.

Hollenstein fällt die Entscheidung

Beurteilen wird die Kommission die Härtefallgesuche von abgewiesenen Asylsuchenden, solchen mit Nichteintretensentscheid (NEE) und Sans-Papiers. Diese Menschen haben gemeinsam, dass sie über keinerlei Rechtsmittel verfügen. Das Recht, Rekurs einzulegen, werden sie auch in Zukunft nicht haben. Für Einzelschicksale ist die Kommission laut Hollenstein aber eine Chance, weil sie "die Sache nochmals anschaut".

Um als Härtefall anerkannt zu werden, muss die Person seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz leben und ihre Identität offenlegen. Weitere vom Bund vorgegebene Kriterien sind die Integration, die Respektierung der Schweizer Rechtsordnung, die Familienverhältnisse und der Gesundheitszustand.

Kommt die Härtefallkommission zu einem anderen Ergebnis als das kantonale Migrationsamt, landet das Dossier auf dem Tisch des Sicherheitsdirektors. An ihm liegt es dann, den Stichentscheid zu fällen. Über Einzelschicksale zu entscheiden, sei gewiss eine anspruchsvolle Herausforderung, sagte Hollenstein. "Ich werde aber sachgerecht entscheiden."

Letztes Wort beim Bundesamt

Falls der Kanton Zürich dem Härtefallgesuch zustimmt, wird dieses ans Bundesamt für Migration weitergeleitet, das dann definitiv über Ausweisung oder Aufnahme entscheidet. Die Einführung einer Härtefallkommission im Kanton Zürich ist nichts Neues: Ein ähnliches Gremium war bereits von 1999 bis 2002 aktiv, wurde aber aufgelöst, weil es lediglich generelle Fragen zum Asylwesen erörterte und keine Einzelfälle behandelte. Mit der Besetzung der Zürcher Predigerkirche im Dezember 2008 forderten Sans-Papiers eine neue Härtefallkommission. Hollenstein betonte am Donnerstag jedoch, dass der Regierungsrat seit Herbst die Wiedereinführung einer solchen Kommission geprüft und nicht auf Druck der Papierlosen gehandelt habe.

Die Zustimmung des Kantonsrates brauchte der Regierungsrat für die Einführung nicht. Aus folgendem Grund: Die Kommission hat nur eine beratende Funktion und fällt keine eigenen Entscheide. Könnte das Gremium über die Härtefälle entscheiden, hätte es vom Kantonsrat abgesegnet werden müssen. Hollenstein ist davon überzeugt, dass es per Referendum angefochten worden wäre, "bis hin zur Volksabstimmung". (sda)

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Lob und Kritik an Hollenstein

Die grossen Parteien des Kantons Zürich sind geteilter Meinung, was die neue Härtefallkommission betrifft. Lob gibt es einzig von der CVP. Die SP fordert mehr, die FDP findet das Ganze überflüssig und die SVP kündigte gar an, mit allen Mitteln dagegen vorzugehen. Die CVP hofft, dass sich die Kommission zu einem "Rat der Weisen" etablieren werde, der mit seinen Argumenten überzeuge. Dass die Kommission lediglich Stellungnahmen abgeben könne, sei deshalb nicht erheblich, schreibt die Partei in einer Mitteilung.

Etappensieg der SP

Für die SP ist die Wiedereinführung der Härtefallkommission erst ein Etappensieg. Die Partei ist zwar erfreut, dass der Regierungsrat einer alten SP-Forderung nachkommt, die Arbeit sei aber noch nicht getan, schreibt sie. Es brauche endlich eine einheitliche Rechtsanwendung, welche der Willkür in der kantonalen Migrationspolitik ein Ende setze. Als überflüssig bezeichnet die FDP die neue Kommission. Die nötigen Spezialisten seien bereits im Migrationsamt tätig, sagte Fraktionspräsident Thomas Vogel auf Anfrage. Eine zusätzliche Kommission aus Kirchen- und Hilfswerkleuten sei nicht notwendig. Nötig sei einzig ein Sicherheitsdirektor, der die Härtefallkriterien etwas grosszügiger handhabe und zu seiner Verantwortung stehe.

"Kommission aus Gutmenschen"

Mit der Lösung absolut unzufrieden ist hingegen die SVP. Der Sicherheitsdirektor sei nicht bereit zu regieren und das Migrationsamt zu stützen, sondern verstecke sich feige hinter einer Kommission, schreibt die Partei in einer Mitteilung. Weil davon auszugehen sei, dass die Kommission vorwiegend aus Gutmenschen zusammengesetzt werde, könne man zudem davon ausgehen, dass die vom Volk gutgeheissenen Verschärfungen ausgehebelt würden. Fraktionspräsident Hans Frei kündigte auf Anfrage an, im Kantonsrat "mit allen Mitteln" gegen die neue Kommission vorzugehen. (sda)

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NEONAZIS AUSTRIA
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Bund 15.5.09

Die Hemmschwellen fallen

In Österreich dominieren Neonazis und Rechtsextremisten den Europa-Wahlkampf

Rechtsextreme und Neonazis treten in Österreich unverschämter denn je in Erscheinung. Erstmals haben Jugendliche Holocaust-Opfer während einer Gedenkfeier tätlich angegriffen. Und die FPÖ nutzt den Europa-Wahlkampf, um im Nazi-Jargon der angeblich "schleichenden Islamisierung" den Kampf anzusagen.

Rudolf Gruber, Wien

Das gab es noch nie. Fünf Jugendliche haben vorigen Samstag während einer Gedenkfeier im früheren Konzentrationslager Ebensee im Salzburger Land Holocaust-Opfer attackiert. Im weitverzweigten Stollensystem sah sich eine Gruppe von früheren Ebensee-Häftlingen aus Italien und Frankreich plötzlich einer Bande von fünf Maskierten gegenüber. Sie brüllten "Heil Hitler!" und "Sieg heil!", einer der Täter schoss mit einer Softgun herum. Laut Polizeiangaben wurden zwei Franzosen durch Plastikgeschosse verletzt. Die schwer schockierten, hochbetagten Nazi-Opfer reisten umgehend ab.

Entsetzen über Tabubruch

Aufgrund von Zeugenaussagen konnten die Täter schnell ausfindig gemacht werden. Die bisher unbescholtenen Schüler und Lehrlinge stammen aus der Region Ebensee und sind zwischen 14 bis 17 Jahre alt; dreien von ihnen droht Anklage wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Darauf stehen für Minderjährige bis zu fünf Jahren Haft.

Alle Parteien - mit Ausnahme der rechtsradikalen FPÖ - verurteilten den Vorfall. Von Tabubruch ist die Rede, von Entsetzen und Schande für das Land. Doch wie so oft in der Vergangenheit besteht auch diesmal die Sorge, dass es das offizielle Österreich bei der längst ritualisierten Empörung belässt.

"Kultur der Verharmlosung"

Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, beklagt seit Jahren bei österreichischen Obrigkeiten "eine Kultur der Verharmlosung". Bezeichnend ist die Reaktion der Innenministerin Maria Fekter: Sie will zwar jetzt "entschieden" gegen Neonazis vorgehen, spricht aber seltsamerweise auch von "gegenseitigen Provokationen". Als hätten die KZ-Überlebenden die Jungnazis herausgefordert.

Der Vorfall in Ebensee ist der bislang traurige Höhepunkt einer Reihe von Provokationen der letzten Monate. Laut Verfassungsschutz hat die Zahl der Anzeigen nach NS-Verbotsgesetz 2008 um über 40 Prozent gegenüber 2007 zugenommen. Doch Ursache sei nicht die Zunahme rechtsextremistischer Aktivität, sondern die erhöhte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, heisst es.

Unappetitlicher Wahlkampf

Experten warnen seit längerer Zeit, dass in Österreich die Hemmschwelle kontinuierlich sinkt. Die Grünen und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) machen diese Beobachtung an einem konkreten Datum fest: Die Wahl des FPÖ-Spitzenpolitikers Martin Graf zum dritten Präsidenten des Nationalrats vergangenen Oktober mit Unterstützung der rot-schwarzen Koalitionsparteien.

Graf ist Mitglied der früher verbotenen, gleichwohl unverändert rechtsradikalen Burschenschaft Olympia, die bekennende Holocaust-Leugner wie den Briten David Irving als Gastredner einlädt und alljährlich im Mai auf dem Wiener Heldenplatz - statt der Befreiung Österreichs vom Nazi-Regime - ihre "Wehrmachtshelden" feiert. Notabene von Behörden unbehelligt.

Auch im Wahlkampf zum Europaparlament lotet die FPÖ die Grenzen des Erträglichen bewusst aus. In ihrem Visier sind die rund 300000 in Österreich lebenden Muslime. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache schreckt nicht vor dem Jargon des NS-Hetzblattes "Stürmer" zurück: So werden auf Plakaten die Europa-Kandidaten der übrigen Parteien pauschal als "EU-Verräter" verunglimpft, die nichts gegen die "schleichende Islamisierung" unternähmen. Daher fordert die FPÖ "Abendland in Christenhand", und der Wahltag vom 7. Juni wird als "Tag der Abrechnung" angekündigt.

Regierungsparteien schweigen

Derlei Botschaften haben helle Empörung bei allen Religionsgemeinschaften ausgelöst: Man verwahre sich, hiess es einhellig, "gegen den Missbrauch der Religion" für Wahlkämpfe. Von den Regierungsparteien ist kein kritisches Wort zu hören. Hinter dem feigen Schweigen der sozialdemokratischen SPÖ und ihres Kanzlers Werner Faymann steckt das zynische Kalkül, sich bei Bedarf die FPÖ als Koalitionspartner "warmzuhalten". Die konservative Volkspartei ÖVP umwirbt mangels ausreichend bürgerlicher Gefolgschaft heftig das grosse Wählerreservoir rechts von ihr - das sind mit FPÖ und BZÖ fast 30 Prozent.

Die überwiegende Mehrheit freilich sind keine Neonazis, sondern Protestwähler, die in Zeiten der Wirtschaftskrise wieder vermehrt zu den Rechtsparteien überlaufen.