MEDIENSPIEGEL 20.5.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Kino, GH)
- Progr: Sanierung kommt, Finanzfragen auch
- Bonsoir Al-Kraida 2009
- Rabe-Info 15.-19.5.09
- Zbinden-Bashing vor Obergericht
- Bettelverbot Season 2009
- Privatpatrouillen Thun
- Razzia bei Dealerszene BE
- Risiko Tränengas
- Antira-Cup Soletta
- ZH will Taser + Co.
- Heroinabgabe auch ab 2010
- Sempach: Juso vs Neonazis; Pnos Langenthal
- Neonazis BRD: Zunahme Gewalt; Rolle der Frauen; Musik
- Stadtrat 30.4.09: Securitas-Spitzel; Wegweisungen; Pinto
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REITSCHULE
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Mi 20.05.09
19.00 Uhr - SousLePont - Dominikanische
Republik Spezialitäten
20.30 Uhr - Tojo - Das Orchester von
Jean Anouilh. Berner StudentInnentheater
23.00 Uhr - Dachstock - Groovebox:
Marek Hemmann (live) (freude am tanzen/de), Simon Stokes (live)
(Minibus,Sleaze/uk); Berybeat (live) (festmacher/be), Brian Python
(festmacher/be) -- minimal/techno/house
Do 21.05.09
20.00 Uhr - Frauenraum - HINTERHOF-LOUNGE
20.30 Uhr - Tojo - Das Orchester
von Jean Anouilh. Berner StudentInnentheater
20.30 Uhr - Kino - UNCUT:
Hue-Die - Butterfly, Yan Yan Mak, Hongkong 2004
Fr 22.05.09
20.30 Uhr - Tojo - Das Orchester
von Jean Anouilh. Berner StudentInnentheater
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees
no! Lista de espera. Juan Carlos Tabío,
Kuba/Spanien/F/Mexiko/D 2000
22.00 Uhr - SousLePont - Blind Pilots
(CH, Acustic Rock), Mnevis (CH, Jam Band)
21.00 Uhr - Frauenraum - TanzBar.
Gesellschaftstänze & Disco. MIT CRASHKURS ab 19.15 Uhr
Sa 23.05.09
20.30 Uhr - Tojo - Das Orchester
von Jean Anouilh. Berner StudentInnentheater
20.30 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees
no! La reina del condón. Silvana Ceschi , Reto Stamm,
Schweiz 2007. In Anwesenheit von Silvana Ceschi
23.00 Uhr - Frauenraum - ANKLANG -
die Erste: Elektroparty für das schwul-lesbische-heterogene
Partyvolk
23.00 Uhr - Dachstock - Diskoquake:
DJ Kaos & Khan "Disco Circus Tour" (Kitsune/K7/de), DJ Plastique de
Reve (DFA/ch/de) -- disko/electro/
So 24.05.09
18.00 Uhr - Rössli-Bar - Piano-Bar
19.00 Uhr - Tojo - Das Orchester
von Jean Anouilh. Berner StudentInnentheater
Infos: www.reitschule.ch
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Kulturagenda.be 21.5.09
"La reina del condón" im Kino in der Reitschule
Der einfühlsame Dokumentarfilm "Die Königin der Kondome"
erzählt die
Geschichte von Monika Krause. Die Liebe zu einem kubanischen
Kapitän
führte die Ostdeutsche in den 60er-Jahren nach Kuba, wo sie zur
staatlichen Sexualaufklärerin wurde und sich für die Rechte
der Frauen
und der Homosexuellen einsetzte. Koregisseurin Silvana Ceschi wird bei
der Vorführung am 23. Mai anwesend sein.
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"Life Games" mit der Jungen Bühne in der Reitschule
Im Zeitalter der kollektiven Massenbesäufnisse ist es lobenswert,
wenn
sich junge Menschen auf eine andere Weise mit Alkohol befassen. Im
Tanztheater "Life Games" thematisiert die Junge Bühne die Konsum-
und
Suchtproblematik und zeigt auf, was es bedeutet, heute jung zu sein.
Grosse Halle, Reitschule, Bern. Mi., 27.5., Do., 28.5., und Fr., 29.5.,
19.30 Uhr
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Bund 18.5.09
Film mit Musik: "Cowards bend the knee"
Film aus dem Guckloch
Der Regisseur Guy Maddin wird immer wieder mit dem frühen David
Lynch
verglichen, denn ins Mainstreamkino gehört der 1956 geborene
Kanadier
definitiv nicht.Zum einen ist Maddins Filmen ein Hang zum Bizarren und
Skurrilen eigen, zum anderen zeichnet sich sein Werk dadurch aus, dass
es den Stil und die Ästhetik von Stummfilm und frühen
Tonfilmen
nachbildet. "Cowards Bend the Knee" von 2003 ist ein Stummfilm, dessen
zehn Kapitel ursprünglich für eine Peep-Show-artige
Installation
geschaffen wurden. Fünf Musiker - Michael Thieke, Hans Koch, Paed
Conca, Burkhard Beins und Luca Ventuci - vertonen den Film in zwei
wechselnden Besetzungen. (kul)
Kino in der Reitschule, heute Montag, 21 Uhr.
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PROGR
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BZ 20.5.09
Progr
So wird saniert
Der Progr geht an die Umsetzung des Projekts. Die Gebäudesanierung
wird in Etappen und bei laufendem Betrieb geschehen.
Der Fahrplan für den vom Volk angenommenen Progr in Bern sieht
etwa wie
folgt aus: Nach der Gründung der Trägerstiftung nimmt diese
die
Umwandlung der Absichtserklärungen in Darlehensverträge an
die Hand. In
den nächsten Wochen wird der Baurechtsvertrag mit der Stadt
unterzeichnet. Günther Ketterer, der das Finanzierungskonzept
für den
Progr erstellte und im Stiftungsrat Einsitz nimmt, geht davon aus, dass
nach der Übernahme des Gebäudes am 1.August das
Baubewilligungsverfahren beginnt. Auf diesen Zeitpunkt wird auch der
Kaufpreis von 2,4 Millionen Franken fällig. Im Gegensatz zum
Siegerprojekt "Doppelpunkt" soll die Sanierung statt über 13
Millionen
nur 8 Millionen Franken kosten.
Nächstes Jahr
"Bis Ende Jahr ändert sich im Progr selber sicher nichts", sagt
Ketterer. 2010 würden voraussichtlich erste Sanierungsarbeiten
erledigt. Die Ateliers würden jederzeit verwendbar bleiben, denn
innen
werde kaum etwas gemacht. Die Sandsteinfassade wird flügelweise
saniert
und auch die Arbeiten am Dach tangieren den Betrieb nicht. Hingegen
werde wohl während deren Umbau die Café Bar Turnhalle
geschlossen
bleiben. Die Mieten für die Ateliers blieben ebenfalls bis auf
weiteres
auf dem heutigen Stand. Eventuell würden sie im Verlauf der
Sanierung
schrittweise angehoben.
Sponsoren suchen
"Bleibt es beim heutigen Finanzierungsmodell, beträgt die
Erhöhung
gegenüber heute 30 Prozent", sagt Peter Aerschmann, Initiant der
Künstlerinitiative. Doch er will nun die Suche nach Sponsoren
intensivieren. Die zentrale Lage und das Produkt machten den Progr zu
einer guten Adresse, ist er überzeugt. Zu Hansjürg Wyss kann
Aerschmann
nichts Neues sagen, ausser, dass er einer der 120 Geldgeber für
den
Progr ist. Weitere Zusicherungen habe der bekannte Mäzen nicht
gemacht.
Aerschmann hofft auch darauf, dass öffentliche Institutionen im
Progr
Ateliers für Stipendiengewinner mieten.
cab
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Bund 19.5.09
Progr: Zusammenhalt wird auf die Probe gestellt
Stadt Bern Die Progr-Abstimmung gibt auch nach dem klaren Ja zur
Künstlerinitiative zu reden. Der Fachverband SIA fordert
Entschädigung
für das Projekt "Doppelpunkt". Noch ist unklar, ob eine Beschwerde
gegen die Abstimmung eingereicht wird.
Nach dem Freudentaumel kündigen sich auch in der Kulturszene
Schwierigkeiten an: In den nächsten Monaten werde der Zusammenhalt
hart
geprüft, warnt Christian Pauli, Koleiter der Dampfzentrale: "Ein
ätzendes Gerangel kann nur vermieden werden, wenn die Progr-Leute
rasch
und offen skizzieren, wie sie ihr Provisorium definitiv einrichten
wollen." (jäg)
Seite 19
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Der Progr lasse sich ohne Weiteres mit den budgetierten acht Millionen
Franken sanieren, sagt die Stiftung Progr
"Das Haus ist unglaublich solide"
Wie viel kostet die Sanierung des Progr in Bern? Die
"Doppelpunkt"-Planer bezifferten die Minimalinvestitionen auf 13
Millionen Franken. Die Stiftung Progr hat fünf Millionen weniger
budgetiert.
Ruedi Kunz
Acht Millionen für die Sanierung des ehemaligen Progymnasiums: Im
Vorfeld der Abstimmung wurden erhebliche Zweifel geäussert, ob
diese
Summe reicht, um das denkmalgeschützte Gebäude auf Vordermann
zu
bringen. 13 Millionen seien notwendig, um das Haus einigermassen
instand zu stellen, erklärten die "Doppelpunkt"-Planer noch letzte
Woche.
Günther Ketterer, Finanzchef der Stiftung Progr, entgegnet auf
Anfrage:
"Wir sanieren nur, was dringend notwendig ist." Zudem liessen sich die
Kosten tiefer halten, "weil das Haus für den Eigengebrauch
bestimmt
ist". Architekt Viktor Hirsig erinnert daran, dass "85 Prozent der
Baukosten auf konkreten Offerten basieren". Er hat das weitläufige
Haus
im Auftrag der Künstlerinitiative Pro Progr vom Keller bis auf den
Dachgiebel unter die Lupe genommen. Dies, nachdem der Stadtrat den
Progr-Künstlern die Möglichkeit gegeben hatte,
nachträglich einen
Finanzierungsnachweis und ein Nutzungskonzept für das
Kulturzentrum
vorzulegen.
Hirsig blättert in einem Papierstapel, in dem die Baukosten fein
säuberlich aufgelistet sind. Für die Restauration der
Sandsteinfassaden
beispielsweise sind 2,8 Millionen Franken veranschlagt worden. Die
Dachsanierung verschlingt rund 1,4 Millionen Franken - wovon allein das
neue Ziegeldach mit 800000 Franken zu Buche schlägt. "Beim Dach
und der
Fassade haben wir vorsichtig kalkuliert", kommentiert Hirsig die beiden
grössten Ausgabeposten. Will heissen: Es sind Reserven vorgesehen
für
Unvorhergesehenes. Angst vor Leichen im Keller? Hirsig verneint: "Das
Haus ist unglaublich solide."
Äusserlich wird der Progr nach der Sanierung ein neues Gesicht
tragen.
Im Innenbereich sind die Veränderungen viel marginaler. Anders als
bei
"Doppelpunkt" verzichten die Kulturschaffenden auf eine umfassende
Erneuerung der elektrischen Installationen und sanitären
Einrichtungen.
Hirsig: "Wir ersetzen nur, was in schlechtem Zustand ist oder wegen
gesetzlichen Auflagen erneuert werden muss."
Bedeutend tiefer als bei "Doppelpunkt" fallen die Kostenstellen
Brandschutz und Innere Oberflächen aus. Den Künstlern kommt
entgegen,
dass sie nicht sämtliche bestehenden Türen durch
Brandschutztüren
ersetzen müssen. "Wir können darauf verzichten, weil wir die
Korridore
nicht nutzen", erläutert Hirsig. Bei den Böden,Wänden
und Decken konnte
Pro Progr die Kosten bewusst tief halten, weil der Progr nicht
fremdvermietet wird.
Kein Kopfzerbrechen mehr macht den Progr-Machern die vieldiskutierte
Heizung. Laut Hirsiger müssen nur einige Teile ersetzt werden,
damit
die Anlage den heutigen Energievorschriften entspricht. Energie Wasser
Bern, das die Heizung kenne, habe ihr ein sehr gutes Zeugnis
ausgestellt. Das Energiewerk ist im Rahmen eines "Contracting" bereit,
die Anlage zu unterhalten - sofern der Progr für den Strom vier
Rappen
pro Kilowattstunde mehr bezahlt.
Sanierung in vier Etappen
Die Stiftung Progr hat nach der Übernahme des Zentrums am 1.
August
2009 ein Jahr Zeit, um ein Baugesuch einzureichen. Mit der Sanierung
des Progrs dürfte nicht vor Ende 2010 begonnen werden. Sie soll in
vier
Etappen geschehen. Abgeschlossen sein müssen die Arbeiten
spätestens
Ende 2015. Ist dies nicht der Fall, fällt der Progr in die
Hände der
Stadt zurück.
Planer, investoren und Kulturveranstalter zur Progr-abstimmung
"Keinen nachhaltigen Schaden"
"Für uns ist der Fall noch nicht ad acta gelegt", sagt Sara
Montani,
Präsidentin der Sektion Bern des Schweizerischen Ingenieurs- und
Architekturvereins (SIA), einen Tag nach dem Abstimmungssieg der
Progr-Künstler. Die SIA beklagt, dass der Stadtrat die
Wettbewerbsordnung missachtet habe, da dieser die
Künstlerinitiative
zur Abstimmung zuliess. Für die Beteiligten sei eine
Entschädigung
fällig. Montani kann der Progr-Abstimmung dennoch eine positive
Seite
abgewinnen: "Das Wettbewerbswesen ist zum Thema geworden."
Die Beteiligten am Projekt "Doppelpunkt" hätten bereits eine
Million
Franken in das Projekt investiert, sagt Dieter Baumann-Stucki,
Konzeptentwickler von "Doppelpunkt". Da seien neben Allreal die Bauart
Architekten und die Konzeptentwickler von Fuhrer Buser Partner, aber
auch etliche Fachleute wie Bauphysiker, die nun für ihre Arbeit
nicht
entschädigt würden.
"Vielleicht besser für Bern"
Doch hat der Investitionsstandort nun nachhaltigen Schaden genommen, da
der eigentliche Wettbewerbssieger "Doppelpunkt" den Zuschlag nicht
erhielt? Thomas Frutiger, Vorsitzender der Geschäftsleitung der
Investitionsgesellschaft Frutiger, glaubt dies nicht: "Man muss den
Fall differenziert betrachten, da es sich um ein besonderes Projekt
handelt", meint Frutiger. In einem Planungsprozess müssten alle
Teilnehmer dieselben Chancen haben - dass dies beim Progr nicht der
Fall gewesen sei, sei ungünstig. "Gerade bei grösseren
Projekten werden
Investoren die Ausgangslage künftig wohl eingehender analysieren",
glaubt Frutiger. Dennoch dürfe man den Progr-Fall nicht
verallgemeinern, Bern bleibe ein attraktiver Standort. Aus Sicht der
Stadt sei es vielleicht langfristig sogar besser, dass die
Künstler den
Vorzug erhalten haben.
Und was meinen die Kulturveranstalter dazu, dass der Progr nun bleibt?
Es sei in erster Linie positiv, dass die Kulturszene gewonnen habe,
meint Philippe Cornu, Chef der Bierhübeli-Betreiberin Appalooza.
Und
auch Christian Pauli, Ko-Betriebsleiter der Dampfzentrale, freut sich:
"Das Ja zum Progr ist ein toller Erfolg für die ganze Berner
Kulturszene." Allerdings werde deren Zusammenhalt in den kommenden
Monaten auf die Probe gestellt, warnt Pauli. "Mit seinem Standort
mitten in der Stadt ist der Progr unschlagbar." Viele Veranstalter
würden genau hinschauen, was in den nächsten Jahren passiere.
(jäg)
--
Bernasconi zögert noch
Peter Bernasconi, Präsident der Stadtberner SVP, zögert noch,
ob er
Beschwerde gegen das Progr-Abstimmungsresultat einreichen soll. Bereits
vor dem Urnengang zur künftigen Progr-Nutzung hat Bernasconi den
Stadtratsentscheid, die Künstlerinitiative neben dem
Wettbewerbssieger
"Doppelpunkt" zur Abstimmung zu bringen, juristisch angefochten.
Regierungsstatthalterin Regula Mader lehnte die Beschwerde aber ab.
"Die Lust wäre sehr gross", sagt Bernasconi, "aber wenn man es tut
-
dann wird man bis vor Bundesgericht gehen müssen", glaubt
Bernasconi,
da er die Chancen der Beschwerde bei der Regierungsstatthalterin und
vor Verwaltungsgericht als gering einschätzt. Der Gang bis vor
Bundesgericht sei aber mit Kosten verbunden und die Chancen nicht allzu
hoch - "nach so einem Resultat", so Bernasconi. Daher wolle er nun
abklären, "wer mit ins Boot kommt".
Die zwei offenen Fragen
"Ich hätte es sein lassen, wenn Frau Mader klarer Stellung
genommen
hätte", sagt der SVP-Präsident. In zwei Punkten wünsche
er sich
Klarheit: So möchte er wissen, ob das Parlament nicht
übergeordnetes
Recht verletzt habe und zweitens, ob die Künstlerinitiative
tatsächlich
alle Kriterien des Stadtratsbeschlusses eingehalten habe. (jäg)
---
BZ 19.5.09
Allreal erwägt Klage
Die beim Progr unterlegene Investorin Allreal klärt ab, ob sie
rechtliche Schritte gegen die Stadt unternehmen soll.
"Der Volksentscheid ist zu akzeptieren", sagt Matthias Meier, Sprecher
der "Doppelpunkt"-Investorin Allreal. Das Siegerprojekt wurde am
Sonntag vom Berner Stimmvolk abgelehnt, das nachträglich
zugelassene
Konkurrenzprojekt "Pro Progr" dagegen deutlich angenommen. Auf Grund
der Vorgeschichte schliesst Meier aber eine Schadenersatzklage nicht
aus. Momentan werde abgeklärt, wie hoch die Erfolgsaussichten
seien.
Allreal müsse damit rechnen, dass Vertragspartner ausstehende
Forderungen geltend machten, gab er zu bedenken. Doch finanzielle
Überlegungen seien nur die eine Seite der Medaille. Die andere sei
der
Einsatz für ein verbindliches Wettbewerbswesen.
SIA will mitziehen
Ernst Hauser, Sekretär der SIA-Sektion Bern, lässt keinen
Zweifel
aufkommen: Die Stadt Bern habe Regeln verletzt. Wenn die
Wettbewerbsteilnehmer, insbesondere das Gewinnerteam von "Doppelpunkt",
auf Schadenersatz klagen, werde man beratend und ideell zur Seite
stehen. Aus eigenem Antrieb werde man aber nicht aktiv, schränkt
er
ein. Doch der Ärger ist gross beim SIA (Schweizerischen Ingenieur-
und
Architektenverein): "Wer sagt, dass er einen Wettbewerb nach SIA-Norm
142 durchführt, ist auch daran gebunden", sagt Hauser. Er ist
überzeugt, dass das Nichteinhalten der Spielregeln rechtliche
Folgen
haben kann. Ein Beispiel, in dem der Veranstalter eine
Entschädigung
bezahlen musste, kann er jedoch nicht nennen.
Hauser hebt den Wert des Wettbewerbswesens hervor: "Die
öffentliche
Hand erhält so zu einem günstigen Preis eine Auswahl von
hervorragenden
Vorschlägen." Müsste dasselbe in Aufträgen erarbeitet
werden, käme das
viel teurer zu stehen, und der Fächer würde nicht so weit
geöffnet.
Grössere Zurückhaltung
Hauser kann sich Stadtpräsident Alexander Tschäppäts
Meinung nicht
anschliessen, der davon ausgeht, dass künftige Wettbewerbe der
Stadt
keinen Schaden nähmen. Für Hauser ist klar, dass Bewerber das
Vorgefallene sehr wohl in ihre Abwägungen einbeziehen werden.
Die SP reichte bereits im März einen Vorstoss ein, der
Verbesserungen in der Wettbewerbspraxis der Stadt verlangt.
cab
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20min.ch 18.5.09
Aus für "Doppelpunkt"-Projekt
Kommt Beschwerde gegen Progr-Abstimmung?
Nach der Abstimmung zur Zukunft des Kulturzentrums Progr in der Stadt
Bern prüfen sowohl SVP-Präsident Peter Bernasconi wie die
Zürcher Firma
Allreal das weitere Vorgehen. Eine Abstimmungsbeschwerde wird nicht
ausgeschlossen.
Er habe "sehr grosse Lust", eine solche Beschwerde einzureichen, sagte
SVP-Präsident Bernasconi auf Anfrage. Zuerst müsse er aber
nun einmal
die Erfolgschancen prüfen und abklären, ob er von seiner
Partei und
anderen unterstützt würde, so der derzeit rekonvaleszente
Präsident der
SVP Stadt Bern.
Allreal werde nun die Faktenlage analysieren und dann entscheiden,
entweder die Sache auf sich beruhen zu lassen oder etwas zu
unternehmen, so Sprecher Matthias Meier auf Anfrage. Auf die Frage, ob
das auch eine Schadenersatzklage sein könne, wollte sich Meier
nicht
festlegen. Es gebe viele Möglichkeiten.
Wettbewerb gewonnen - und nun verloren
Die Stadtberner Stimmberechtigten gaben am Wochenende in der
Alternativabstimmung zum Verkauf des ehemaligen städtischen
Progymnasiums am Waisenhausplatz deutlich dem Angebot der heute dort
tätigen Künstlerinnen und Künstler den Vorzug. Allreal
blieb mit dem
Projekt "Doppelpunkt" auf der Strecke.
Es sah eine hauptsächlich kommerzielle Nutzung des Gebäude
vor, wollte
aber kulturelle Tätigkeiten ermöglichen. Die Zürcher
Immobilienfirma
war als Siegerin aus einem Wettbewerb der Stadt Bern hervorgegangen.
Zur Abstimmung kam es, weil der Berner Stadtrat beschloss,
"Doppelpunkt" dem Künstlerprojekt gegenüberzustellen.
Allreal hat laut Meier rund eine Millionen Franken ausgegeben, um das
Projekt auszuarbeiten. Es sei möglich, dass Planer nun mit
Forderungen
auf das Unternehmen zukämen, so Meier.
Bernasconi und die städtische SVP rügten schon im März
mit einer
Beschwerde den Stadtratsentscheid. Regierungsstatthalterin Regula Mader
ging aber nur auf Rügen zur Abstimmungsbotschaft ein und lehnte
diese
ab. Die Rechtmässigkeit der Abstimmungsvorlage als solcher
könne erst
nach erfolgter Abstimmung gerügt werden.
Bernasconi sagt nun, aus seiner Sicht blieben zwei Fragen
unbeantwortet: Ob das Wettbewerbsrecht verletzt und ob der
Stadtratsbeschluss eingehalten worden sei. Um Abstimmungsbeschwerde
einzureichen, hat Bernasconi 30 Tage Zeit.
Quelle: SDA/ATS
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Bund 18.5.09
Künstler bleiben im Progr
66 Prozent der Stadtberner Stimmbevölkerung spricht sich für
die Künstlerinitiative aus
Das Provisorium wird definitiv: Das ehemalige Progymnasium bleibt ein
Kulturzentrum für mehr als 100 Künstler.
Mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 66 Prozent sprachen sich die
Stadtberner Stimmberechtigten gestern in einer Alternativabstimmung
für
die Künstlerinitiative "Pro Progr" aus. 45 Prozent der Stimmen
entfielen auf das Projekt "Doppelpunkt" der Zürcher
Immobilienfirma
Allreal. Die Stimmbeteiligung betrug 42 Prozent.
Somit bleibt das ehemalige Progymnasium ein Kulturzentrum. Die
Künstler
müssen nun der Stadt einen Kaufpreis von 2,4 Mio Franken und
jährlich
320000 Franken Baurechtszins entrichten.
Allreal wollte im Progr ein Gesundheits-, Schulungs- und
Bürozentrum
unterbringen; die ehemalige Turnhalle sollte für kulturelle
Anlässe zur
Verfügung stehen.
Der Abstimmungskampf wurde von beiden Seiten engagiert geführt.
Für
Gesprächsstoff sorgte, dass das Parlament das Projekt der
Künstler zur
Abstimmung zuliess, obwohl der Gemeinderat die künftige Nutzung in
einem Wettbewerb bestimmt hatte. Verliererin Allreal fürchtet nun
eine
Schwächung des Investitionsstandorts Bern.
Bis 2015 müssen die Künstler das Haus sanieren und
investieren dafür
acht Millionen Franken. Die Sanierung sei sorgfältig vorbereitet,
sagt
der Initiator der Künstlerinitiative Peter Aerschmann.
(srg/sda)Seite 21
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Der Progr bleibt, was er ist
Die Berner Stimmbevölkerung spricht sich für das
Kulturzentrum Progr aus - mit deutlichen 66 Prozent
Überraschend klar hat sich die Berner Stimmbevölkerung
für die
Künstlerinitiative Pro Progr entschieden. Die unterlegenen
Parteien und
das Komitee "Doppelpunkt" befürchten eine Schwächung des
Investitionsstandorts Bern.
Simon Jäggi, Ruedi Kunz
Wer gestern in den Innenhof des Progrs trat, glaubte sich eher an einem
Grillfest unter Freunden als an einer politischen Veranstaltung. Die
Progr-Künstler haben sich versammelt, um gemeinsam dem
Abstimmungsresultat entgegenzufiebern, das über die Zukunft des
Kulturzentrums im ehemaligen Progymnasium am Waisenhausplatz
entscheidet. Ballons werden aufgeblasen, der Duft frischer
Crèpes hängt
in der Luft, Bier hält die Kehlen feucht. Manche der Künstler
haben in
den letzten Wochen mehr Politik als Kunst gemacht - im Innenhof scheint
die Anspannung mit Händen greifbar.
Dann schlägt es vier Uhr. In einem Halbkreis hat sich die Menge um
einen Radio versammelt, schweigend wartet man auf das Regionaljournal,
das das Abstimmungsresultat verkünden wird. Doch Matthias Kuhn,
Vorstandsmitglied des Vereins Pro Progr, ist mit dem Velo vom
Erlacherhof zum Progr gesprintet - und schneller als das Radio: "66
Prozent für uns", schreit er in den Innenhof. Jubel bricht aus,
Sekt
und Tränen fliessen. Aus dem Luftschloss, das der
Videokünstler Peter
Aerschmann (siehe Interview) mit seinem Effort erdacht hat, ist ein
längerfristiges Kulturzentrum im Herzen von Bern geworden.
"Ein Experiment"
Im Erlacherhof, an der Pressekonferenz des Gemeinderates, ist die
Stimmung aufgeräumter. Stadtpräsident Alexander
Tschäppät (sp)
kommentiert das deutliche Resultat - das auch eine Niederlage des
Gemeinderates ist: "Der Souverän hat überrascht", sagt
Tschäppät. Die
Stimmbevölkerung habe sich für "ein Experiment" entschieden.
Daraus
müsse geschlossen werden, dass sie das "Potenzial des Progr
erkannt
hat" und ihm eine Chance geben wolle. Nun sei es an den Künstlern,
den
Verpflichtungen nachzukommen und das Haus bis ins Jahr 2015 komplett zu
sanieren.
Den Verlierern wand Tschäppät ein Kränzchen: Die
"Doppelpunkt"-Initianten hätten sich jederzeit fair verhalten,
obwohl
sich die Planungsgeschichte nicht in ihrem Sinn entwickelt habe.
Zur Erinnerung: Bis im Herbst 2008 sah es so aus, als könne die
Zürcher
Generalunternehmerin Allreal das ehemaligen Progymnasium in ein Zentrum
für Gesundheit, Bildung und Kultur umwandeln. Dann kam der
überraschende Entscheid des Stadtrats, der Künstlerinitiative
bis Ende
Jahr Zeit zu geben, den Finanzierungsnachweis für das Projekt Pro
Progr
zu entwickeln. Ein Unterfangen, welches den Künstlern gelang und
ihnen
gleichzeitig die Tür öffnete, sich an der Urne mit dem
Projekt
"Doppelpunkt" zu messen.
Finanzdirektorin Barbara Hayoz (fpd) macht aus ihrem Herzen keine
Mördergrube. "Ich bedaure es sehr, kann ,Doppelpunkt‘ nicht
realisiert
werden." Die Stadt sei immer hinter diesem Projekt gestanden. Hayoz
gratuliert den Künstlern zu ihrem Erfolg. Gleichzeitig erinnert
sie an
die Fragezeichen punkto längerfristiger Finanzierung des Progr.
Die
Stadt werde wachsam sein: "Ich hoffe, die Geldgeber halten Wort." Mit
Enttäuschung reagiert freilich auch das Komitee, das sich für
das
Projekt "Doppelpunkt" engagiert hat (siehe Kasten).
Der Progr wird am 1. August 2009 an die Stiftung Progr
überschrieben.
Diese hat danach ein Jahr Zeit, eine Baubewilligung für den Umbau
des
Gebäudes einzureichen. Im Baurechtsvertrag, der für 30 Jahre
gilt, ist
weiter festgeschrieben, dass die Sanierung Ende 2015 abgeschlossen sein
muss. Ist dies nicht der Fall, fällt das Gebäude automatisch
an die
Stadt zurück. Das Risiko sei für die Stadt also nicht
wahnsinnig gross,
so Hayoz.
"Als Partnerin unglaubwürdig"
Am frühen Abend folgen die Reaktionen der Parteien.
Béatrice Stucki,
Ko-Präsidentin der SP Stadt Bern, führt das klare Verdikt auf
das
Wirken der Künstler zurück: "Es ist ihnen gelungen, einen
Unort zu
beleben und sie haben Veranstaltungen durchgeführt, die eine
breite
Ausstrahlung haben."
Das Grüne Bündnis (GB) gratuliert der Künstlerinitiative
zu ihrem
Erfolg und hofft, dass diese "ihre Innovationskraft und
kulturpolitische Ausstrahlung über Bern hinaus aufrechterhalten
kann".
Eine Niederlage eingefahren hat die Grünen Freie Liste
(GFL), hat sie
doch ein zweifaches Nein empfohlen. Sie nehme das Resultat mit
"gemischten Gefühlen" zur Kenntnis, schreibt die Partei in einer
Pressemitteilung. Einerseits freut sich die GFL "über das klare
Statement der Berner Bevölkerung zum Kulturbetrieb im Progr".
Andererseits gibt es laut der Partei gleich zwei Verlierer:
"Zunächst
die Allreal als Investorin - vor allem aber die Stadt Bern, welche sich
mit ihrem Vorgehen für künftige Investoren als Partnerin
unglaubwürdig
gezeigt hat."
Der Innenhof des Progr ist in der Zwischenzeit eine Disco geworden. Die
Progr-Künstler führen Freudentänze auf. Die Initiative
habe eine
Bewegung geformt, erzählen Progr-Künstler, eine Bewegung, die
Berns
Kulturszene wohl seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt habe. Ob das klare
Verdikt der Berner und Bernerinnen Früchte trägt, werden die
nächsten
Jahre zeigen.
--
"Ungleiche Spiesse"
Matthias Meier, Kommunikationsleiter von Allreal, gab sich keine
Mühe,
seine Enttäuschung zu verbergen. "Wir haben schon während
längerer Zeit
mit ungleichen Spiessen gekämpft." Der Entscheid des Stadtrats,
das
Projekt Pro Progr nachträglich ins Rennen zu schicken, sei ein
Schuss
in den Rücken gewesen. Verlierer sei nicht Allreal, sondern der
Wirtschaftsstandort Bern.
Zur Schadenersatzklage, welche Allreal der Stadt angedroht hat, sagte
Meier: "Wir werden sorgfältig prüfen, ob wir eine solche
machen."
Alexander Tschäppät sieht einer möglichen Klage relativ
gelassen
entgegen: "Die Teilnehmer eines Wettbewerbs wissen um die Risiken, die
damit verbunden sind." Die Stadt bleibe bei Wettbewerben "ein
attraktiver Partner". (ruk)
--
Der Progr-Initiator über den Abstimmungssieg
"Das hätte ich nie gedacht"
Er war es, der die Künstlerinitiative gestartet hat: Peter
Aerschmann.
Der Videokünstler über den Erfolg der Progr-Künstler -
und die offenen
Fragen der Zukunft.
Interview:Simon Jäggi
"Bund": An einem Septemberabend im letzten Herbst haben Sie sich
entschlossen, den Progr zu retten. Hätten Sie damals gedacht, dass
Sie
es schaffen würden?
Peter Aerschmann: Nein, das es so kommt, hätte ich nie gedacht.
Aber es
ist derweil so viel Gutes entstanden, dass es sich für mich auch
gelohnt hätte, wenn wir die Abstimmung verloren hätten.
Sie haben nun aber die Abstimmung gewonnen - und zwar gleich mit
deutlichen 66 Prozent.
Es ist fantastisch, wie klar das Resultat ausgefallen ist - das
hätte
ich nie gedacht. Wir haben uns in den letzten Wochen derart viele
negative Sachen anhören müssen - der Progr wurde zum Beispiel
immer
wieder als Fass ohne Boden bezeichnet. Das Resultat zeigt, dass uns die
Leute vertrauen.
Der Wahlkampf hat sich oftmals um formale Fragen gedreht - auch weil
die SVP eine Beschwerde eingereicht hat.
Genau, was der Progr eigentlich darstellt, ist dabei in den Hintergrund
gerückt. Aber das Thema Beschwerde hat sich ja nun erledigt.
Sie fürchten die Beschwerde der SVP, die inhaltlich noch nicht
beurteilt wurde, also nicht?
Ich glaube nicht, dass jemand an einer Beschwerde festhält, wenn
der Volksentscheid derart klar ausgefallen ist.
Die Künstlerinitiative hat den Abstimmungskampf mit einem deutlich
kleineren Budget als Allreal geführt - aber vielleicht einen
deutlich
wirksameren?
Ja, das Netzwerk hat funktioniert. Weit über hundert Leute haben
sich
freiwillig engagiert, die Progr-Künstler selber, aber auch Leute
von
ausserhalb. Wenn wir dafür hätte bezahlen müssen,
hätten wir freilich
auch enorme Aufwände gehabt.
Dem Künstlerprojekt ist vorgeworfen worden, dass die vorgesehenen
Mittel für die Sanierung nicht reichen werden. Werden Ihre
Kritiker in
Zukunft Recht bekommen?
Nein, das glaube ich nicht. Unsere Zahlen basieren auf Offerten, die
Unternehmen eingegeben haben. Unsere Architekten haben die Sanierung
sorgfältig vorbereitet.
Sie haben versprochen, dass die Stadt keinen Franken in den Progr werde
stecken müssen - werden Sie dieses Versprechen halten?
Ja, das Betriebskonzept sieht vor, dass kein Geld ins Gebäude
fliesst.
Aber die Stadt ist freilich eingeladen, die ansässigen
Künstler und
Veranstalter zu unterstützen - wie sie dies in vielen Fällen
bereits
tut.
--
Kommentar
Nun ruft die Pflicht
Ruedi Kunz
Zwei von drei Bernerinnen und Bernern, die am Wochenende an die Urne
gingen, stimmten für den Fortbestand des Progr in seiner heutigen
Form.
Das ist ein starkes Zeichen für ein Kulturzentrum, das vor
fünf Jahren
als Provisorium entstanden ist. Es zeigt, dass hinter den Mauern des
ehemaligen Progymnasiums viel entworfen, produziert und gezeigt wurde,
das weit über Kunstkreise hinausstrahlte. Zugegeben: Vielen, die
sich
jetzt für den Kunstort ausgesprochen haben, dürfte
primär die beliebte
Café-Bar Turnhalle ein Begriff sein. Doch nur mit der Turnhalle
allein
hätte sich das Projekt "Doppelpunkt" nicht bodigen lassen.
Die Aussicht, das Kulturlabor zu einer festen Institution zu machen,
hat im Progr ungeahnte Kräfte freigesetzt. Die Kulturschaffenden
rückten zusammen und führten einen äusserst engagierten
und frechen
Wahlkampf. Sie scheuten sich auch nicht, in die populistische Schublade
zu greifen. Sie warben mit Slogans, die direkt auf den Bauch zielten,
wie "Bärn oder Züüri" und "Kunst oder Kommerz". Dem
hatten die
"Doppelpunkt"-Initianten nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen. Eine
Mischnutzung mit einem Gesundheitszentrum, Bildung und Kultur,
finanziert von einem Zürcher Generalunternehmer: Das roch vielen
zu
stark nach Kommerz. Auch interessierte sie die Vorgeschichte der
Abstimmung wenig, die für die "Doppelpunkt"-Macher
unglücklich verlief
und ein schiefes Licht auf den Stadtrat wirft. Dieser öffnete der
Künstlerinitiative die Hintertür, indem er ihr lange nach
Abschluss des
Wettbewerbs eine Frist gewährte, um Geld für den Kauf des
Progr
zusammenzutragen.
Nun folgen für die Progr-Künstler die
Bewährungsproben. Sie müssen für
acht Millionen das Gebäude sanieren. Sie müssen ein
Betriebskonzept
ausarbeiten, das die Eigenständigkeit sicherstellt - denn für
Subventionen die hohle Hand machen: Das liegt nicht drin. Sie
müssen
neue Geldquellen erschliessen. Auch müssen sie dafür sorgen,
dass der
Progr ein dynamisches und lebendiges Gebilde bleibt. Denn kehrt einmal
Genügsamkeit ein, wird der Progr rasch an Ausstrahlung und
Attraktivität verlieren.
---
BZ 18.5.09
Progr-Künstler bleiben
Das ehemalige Progymnasium ist auch in Zukunft ein Kulturzentrum. Zwei
Drittel der Abstimmenden befürworteten dies.
Kurz nach 16 Uhr knallten gestern im Hof des Progr in Bern die Korken:
Die Künstlerinnen und Künstler hatten es geschafft. Knapp 66
Prozent
der Abstimmenden wollen weiterhin ein Kulturzentrum im ehemaligen
Progymnasium. Nur knapp 45 Prozent sprachen sich für den
Wettbewerbssieger "Doppelpunkt" aus, der unter anderem ein
Gesundheitszentrum vorsah.
Die Progr-Stiftung, die heute gegründet wird, übernimmt am
1.August das
Gebäude. Sie muss die Sanierung bis im Jahr 2015 abgeschlossen
haben.
Gelingt ihr dies nicht, fällt das Gebäude an die Stadt
zurück.
Die SVP kündigte eine weitere Beschwerde an. Denn die
Künstlerinitiative wurde erst nachträglich vom Parlament ins
Rennen
gebracht. Für die FDP bedeutet das Scheitern des
Wettbewerbssiegers
einen doppelten Schaden für den Wirtschaftsstandort Bern.
Einerseits
hätte "Doppelpunkt" Investitionen in Höhe von 25 Millionen
Franken
ausgelöst. Anderseits werde das Wettbewerbswesen ausgehöhlt,
was Berns
Ruf beschädige. Das rot-grüne Lager freute sich über den
Sieg.
Verhalten stimmte Stadtpräsident Alexander Tschäppät
(SP) mit ein: "Die
Bernerinnen und Berner anerkennen, dass hier etwas Interessantes
entstanden ist", sagte er. Der Beschwerde und allenfalls
Schadenersatzklagen sieht er gelassen entgegen. Bei der unterlegenen
"Doppelpunkt"-Investorin Allreal hat man sich noch keine Gedanken dazu
gemacht. "Wir glaubten an unsere Chance und sind enttäuscht",
sagte
Sprecher Matthias Meier. Das Vorgehen der Stadt bleibe "schwer
nachvollziehbar". cab
Seite 23
--
Erfolg für die Progr-Künstler
Die Abstimmung um das ehemalige Progymnasium, die im Vorfeld für
viel
Wirbel sorgte, hat einen klaren Sieger: Die Künstlerinitiative Pro
Progr. Zwei Drittel der Berner Stimmberechtigten sprechen sich für
das
Künstlerhaus aus.
Die Kulturschaffenden im Berner Progr sind am Ziel: Fast 66 Prozent der
Stimmbürger wollen, dass ihr Projekt im ehemaligen Progymnasium
weiterlebt. Mit knapp 45 Prozent Ja-Stimmen wurde "Doppelpunkt", das
Siegerprojekt des Investorenwettbewerbs, in der Alternativabstimmung
verworfen. "Die Bernerinnen und Berner wollen das Experiment wagen",
sagte Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) gestern
vor den Medien.
Der Progr habe in den letzten Jahren in der Schweiz und über deren
Grenzen hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt. Finanzdirektorin
Barbara
Hayoz (FDP) betonte, der Gemeinderat sei jedoch immer hinter dem
Wettbewerbssieger gestanden.
Wirtschaft als Verliererin
Matthias Meier, Sprecher von Allreal, der Investorin von "Doppelpunkt"
zeigte sich enttäuscht. Verlierer sei aber nicht in erster Linie
Allreal, sondern der Wirtschaftsstandort Bern. Komiteepräsidentin
und
FDP-Präsidentin Dolores Dana verdeutlichte dies: "Die
Investitionen in
der Höhe von 25 Millionen Franken hätten dem Gewerbe
genützt. Zudem
wären Arbeitsplätze geschaffen worden." Mit dem
nachträglichen Einbezug
der Künstlerinitiative habe Bern seinen Ruf als verlässlichen
Partner
aufs Spiel gesetzt.
Stiftung wird gegründet
Rundum froh war dagegen Peter Aerschmann, der die
Künstlerinitiative
ins Rollen brachte: "Ich dachte, es wird knapp", sagte er. Schon heute
soll die Trägerstiftung für den Progr gegründet werden.
Aerschmann wird
deren erster Präsident. Sie startet mit einem Kapital von etwas
mehr
als zwölf Millionen Franken. Am 1.August 2009 übernimmt sie
laut Hayoz
das Haus von der Stadt. Sobald die Baubewilligung vorliegt, wird die
Sanierung angepackt. Ist sie bis 2015 nicht beendigt, fällt das
Gebäude
an die Stadt zurück. "Bei der langfristigen Finanzierung bestehen
noch
Fragezeichen", erinnerte Hayoz. "Wir durften aber von potenten
Geldgebern Kenntnis nehmen", sagte sie mit Verweis auf den Mäzen
Hansjürg Wyss.
cab
Ja-Stimmen Pro Progr: 20078 (65,73Prozent)
Ja-Stimmen "Doppelpunkt": 13347 (44,67Prozent)
Stimmbeteiligung: 42Prozent
--
Pro Progr
"Endlich geschafft"
Im Innenhof des Progr wurde gestern gefeiert. Die Freude über das
klare Abstimmungsergebnis war riesig.
Musik, lachende Gesichter und tanzende Leute: Die Stimmung vor dem
Progr war gestern Nachmittag nach 16 Uhr total ausgelassen. Die
Erleichterung ob dem Abstimmungsergebnis war bei den
Progr-Anhängern
deutlich sichtbar. "Wir haben es geschafft, endlich. Das ist einfach
super", sprudeln die Wörter förmlich aus dem Mund von
Rose-Marie
Fankhauser. Mit einem solch klaren Resultat hätte sie niemals
gerechnet.
Jubel und Freudentänze
Am frühen Nachmittag fanden sich nach und nach die
Befürworter des
Projekts "Pro Progr" vor dem ehemaligen Progymnasium ein. Gespannt
hörten sie Radio und hofften, dass es ihnen die frohe Botschaft
verkünden würde. Plötzlich brach Jubel aus. Beim
Vorbeifahren hatte ein
Velofahrer das Abstimmungsergebnis hinausposaunt.
Nun gab es kein Halten mehr: Kinder, Künstler und Erwachsene jeden
Alters fielen sich vor Erleichterung in die Arme. Freudenschreie
ertönten ringsum. Auch der Gewitterregen hielt die feiernde Truppe
nicht vom Tanzen und Grillieren ab.
Der Entscheid kam jedoch nicht für alle überraschend: "Ich
habe damit
gerechnet", sagte Sascha Müller. Bern sei schon immer ein wenig
anders
gewesen. Hier könne ein solch einzigartiges Projekt eben noch zu
Stande
kommen. Ob erwartet oder nicht: Die Progr-Befürworter erlebten
gestern
einen riesen Moment nach langem Bangen.
pat
--
Kommentar
Deutlich genug
Christoph Aebischer
Charme siegt über Vernunft: Die Progr-Zwischennutzer werden zu
Eigentümern eines historischen Gebäudes, das saniert und
unterhalten
werden muss. Was der Stadtrat im Herbst aufs Eintrittsticket für
eine
bereits laufende Vorstellung schrieb, hat nun zu gelten: Die
Künstlerstiftung möbelt das Gebäude mit eigenen Mitteln
auf und
betreibt es ohne öffentliches Geld dreissig Jahre lang. Nur so
kann das
Haus zu einem Gewinn für Bern werden.
Auf einem anderen Blatt steht der ramponierte Ruf, den sich die Stadt
eingebrockt hat. Wenn Bern Wettbewerbe ausschreibt, dann müssen
sich
offenbar die Teilnehmer, nicht aber die Veranstalter an die Regeln
halten. Das ist nicht in Ordnung. Wettbewerbe sind ein Kulturgut, der
Wettstreit der Ideen ein Garant für gute Qualität. Ohne klare
Korrektur
trägt die Stadt Schaden davon, weil niemand gerne leichtfertig
Geld in
den Sand setzt und dazu noch die lange Nase gezeigt kriegt.
Beim Progr ist die Entscheidung aber gefallen: Das Stimmvolk hat die
Künstlerinitiative deutlich angenommen und den Wettbewerbssieger
"Doppelpunkt" abgelehnt. Vor diesem Hintergrund ist das weitere
juristische Seilziehen der SVP blosse Rechthaberei. Verbesserungen sind
auf politischem Weg anzustreben.
christoph.aebischer@bernerzeitung.ch
---
Berner Rundschau 18.5.09
Progr-Künstler feiern
Stadtberner Stimmvolk zeigt Investorin die kalte Schulter
Aus dem ehemaligen Gymnasium (Progr) am Berner Waisenhausplatz wird
kein Gesundheits- und Schulungszentrum, wie es das Siegerprojekt
Doppelpunkt eines vom Gemeinderat ausgeschriebenen öffentlichen
Wettbewerbs vorsah. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der
Stadt Bern
wollen hingegen, dass die über 100 im Progr eingemieteten
Künstlerinnen
und Künstler die Liegenschaft kaufen können. Eine am
Wochenende
durchgeführte Abstimmung ergab ein klares Bild: Für den
"Doppelpunkt"
sprachen sich 45 Prozent der Stimmenden aus, für die auch vom
Mäzen
Hansjörg Wyss finanziell und ideell unterstützte
Künstlerinitiative
hingegen 66 Prozent.
Damit machten die Berner für die von den Künstlern
gegründete Stiftung
pro Progr den Weg frei, die Liegenschaft für 2,4 Millionen Franken
zu
kaufen. Weiter investiert die Stiftung 8 Millionen Franken für die
Sanierung des Gebäudes bis Ende 2015. Zudem haben die
Künstler der
Stadt während der auf 30 Jahre festgelegten Laufzeit jährlich
einen
Baurechtszins von 320 000 Franken zu bezahlen. Während die
Künstler
gestern ihren Sieg feierten, herrschte auf Seite der Investorin
Katerstimmung: "Der Wirtschaftsstandort Bern hat verloren", hiess es.
(uz) Seite 22
--
Peter Aerschmann hat gut lachen
Zwei Drittel der Stadtberner wollen, dass die Progr-Künstler
weitermachen können
Die Stadt Bern verkauft das ehemalige Progymnasium (Progr) der
Künstlerinitiative. Die Wettbewerbssiegerin Allreal hatte gestern
mit
ihrem Wettbewerbssiegerprojekt Doppelpunkt beim Stimmvolk das Nachsehen.
Bruno Utz
66 Prozent der Stadtbernerinnen und -berner stimmten gestern für
den
Verkauf des Progr an die so genannte Künstlerinitiative. Das
Projekt
Doppelpunkt mit einem Gesundheitszentrum, Räumen für die
Lehrerausbildung der NMS und einem Kulturzentrum bevorzugten in der
Variantenabstimmung lediglich 45 Prozent. Die Stimmbeteiligung betrug
42 Prozent.
Damit ist sichergestellt, dass die seit vier Jahren als Zwischennutzer
im Progr tätigen gut 100 Künstlerinnen und Künstler dort
bleiben können.
"Bern hat sich für die Kultur entschieden", sagt Peter Aerschmann,
Präsident der Künstlerinitiative pro Progr. Das Stimmvolk
habe die
Chance genutzt und ein Zeichen gesetzt für eine lebendige Stadt.
"Es
gab Zeiten, wo ich mit einem solchen Resultat für uns gerechnet
hatte,
aber nicht mehr in den letzten beiden Wochen", sagt Matthias Kuhn. Der
Vizepräsident der Künstlerinitiative befürchtete, die
Stimmung im Volk
hätte sich gegen die Künstler gekehrt. "Aber jetzt sind wir
am Feiern,
der ganze Progr-Hof ist voll mit Leuten."
Schlecht für Bern
Gegenteilig tönt es bei den Unterlegenen; Dolores Dana,
Co-Präsidentin
des Komitees "pro Doppelpunkt" und Präsidentin der
städtischen FDP:
"Dieses Verdikt hat Folgen für den Wirtschaftsstandort Bern. Die
Stadt
gilt nicht mehr als zuverlässige Partnerin", verweist sie auf den
vom
Gemeinderat durchgeführten öffentlichen Wettbewerb, den die
Allreal AG
gewonnen hatte (wir berichteten). Mit der Änderung der Spielregeln
kurz
vor dem Endspurt habe die Stadt die Allreal vor den Kopf gestossen.
"Die fehlende Unterstützung durch den Gemeinderat war sicher ein
zusätzliches Erschwernis", sagt Allreal-Investor Matthias Meier.
Auch
die Tatsache, dass die beiden Projekte als gleichwertig in die
Variantenabstimmung geschickt worden seien, habe es nicht einfacher
gemacht. Anderswo sei die auf den Progr zugeschnittene
25-Millionen-Franken-Investition nicht realisierbar. Ob die Allreal der
Stadt für ihre Kosten - "wir haben viel Zeit und Geld ausgegeben"
-
Rechnung stellt, könne er nicht sagen. "Juristische Fragen haben
wir in
der kurzen Zeit vom Stadtratsentscheid bis zum Abstimmungssonntag nicht
klären können", so Meier.
Finanzen im Auge behalten
Barbara Hayoz (FDP), die für den Liegenschaftsverkauf
zuständige
Gemeinderätin, findet "das Engagement der Progr-Künstler
sympathisch".
Sie macht jedoch ein Fragezeichen hinter die längerfristige
Finanzierung. "Bedenken bleiben bestehen. Für die Stadt ist es
jetzt
wichtig, die finanzielle Entwicklung bei der Stiftung
Künstlerinitiative wachsam zu beobachten", so Hayoz.
Nach Aussagen von Peter Aerschmann stellt das Geld hingegen kein
Problem dar. Die Stiftung bezahle den Kaufpreis von 2,4 Millionen
Franken per 1. August 2009. Gesichert seien auch die 8 Millionen
Franken für die nötige Sanierung, die Ende 2015 abgeschlossen
sein
soll. Weiter ist alljährlich ein Baurechtszins von 320 000 Franken
fällig.
---
Regionaljournal DRS 18.5.09
Ja zum Einmaligen im Progr - ein Kommentar (1:32)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe7v718052009.rm?start=00:01:08.399&end=00:02:40.799
Progr-Verlierer lassen sich Zeit (0:28)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe7v718052009.rm?start=00:02:40.007&end=00:03:08.358
---
20min.ch 17.5.09
Bern will Kultur im "Progr"
Das ehemalige Progymnasium der Stadt Bern mitten im Stadtzentrum bleibt
eine Kulturstätte mit Ateliers für mehr als 100
Künstler. Berns
Stimmvolk hat sich an der Urne deutlich für den Verkauf des Hauses
an
die Künstler ausgesprochen.
Mit einem Ja-Stimmenanteil von 66 Prozent sprachen sich die Stadtberner
Stimmberechtigten am Wochenende in einer Alternativabstimmung für
das
Angebot der Künstler aus. 45 Prozent der Stimmen entfielen auf das
Projekt "Doppelpunkt" der Zürcher Immobilienfirma Allreal. Die
Stimmbeteiligung betrug 42 Prozent.
Nach dem Urnenentscheid können somit die Künstlerinnen und
Künstler das
Kulturzentrum mit dem Namen "Progr" wie gehabt weiterführen. Sie
tun
dies bisher mit einem Zwischennutzungsvertrag und müssen nun der
Stadt
einen Kaufpreis von 2,4 Mio. Franken und pro Jahr 320 000 Franken
Baurechtszins entrichten.
Allreal sah eine hauptsächlich kommerzielle Nutzung des
Gebäudes als
Gesundheits-, Schulungs- und Bürozentrum vor, wollte aber die
ehemalige
Turnhalle auch weiterhin für kulturelle Anlässe zur
Verfügung stellen.
Die Abstimmungsvorlage füllte in Bern unzählige
Leserbriefseiten. Für
Gesprächsstoff sorgte, dass das Berner Stadtparlament das Projekt
der
Künstler zur Abstimmung zuliess, obwohl der Gemeinderat die
künftige
Nutzung in einem Wettbewerbsverfahren bestimmt hatte, den Allreal
gewann.
Bern will Entwicklung beobachten
"Das Engagement der Progr-Künstlerinnen und -Künstler ist
sympathisch",
erklärte die Berner Gemeinderätin Barbara Hayoz am Sonntag
nach der
Abstimmung. Für sie bestehen aber Fragezeichen bezüglich der
längerfristigen Finanzierung. Die Stadt werde die finanzielle
Entwicklung beim Künstler-Verein wachsam beobachten.
Die Künstler selber werteten das Resultat als Ja zu Kultur und als
Zeichen für eine lebendige Stadt mit urbanem Charakter. Bis 2015
wollen
sie das Haus saniert haben und dafür acht Mio. Franken
investieren. Sie
zählen auf die Unterstützung zahlreicher Gönner.
Darunter befinden sich
Persönlichkeiten wie der Kunstmuseum-Mäzen Hansjürg Wyss.
"Verlierer sind nicht wir, sondern der Wirtschaftsstandort Bern", sagte
Matthias Meier von Allreal im Regionaljournal Bern Freiburg Wallis von
Radio DRS. Es habe sicher nicht geholfen, dass vom Gemeinderat keine
eindeutige Unterstützung fürs Allreal-Projekt gekommen sei,
sagte er
weiter.
Auch bedauerte Meier, dass in der Abstimmungsvorlage die beiden
Projekte als gleichwertig bezeichnet worden seien. Das sei nicht der
Fall. Allreal hätte 24,7 Mio. Franken investieren wollen.
Zwei andere Vorlagen deutlich angenommen
Bei den zwei weiteren Abstimmungsvorlagen in der Stadt Bern
resultierten zwei deutliche Ja. Über 80 Prozent der Stimmenden
sagten
Ja zum neuen Zonenplan Bern-West und rund 90 Prozent sagten Ja zu einer
Teilrevision der Berner Gemeindeordnung.
Quelle: SDA/ATS
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Bern, 17.5.09
Medienmitteilung der Reitschule Bern zur Progr-Abstimmung:
Die Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule (IKuR) gratuliert dem
Kultur- und Begegnungszentrum Progr zum erfolgreichen und deutlichen
Abstimmungsresultat und freut sich über die Tatsache, dass die
StimmbürgerInnen der Stadt Bern sich einmal mehr für Kultur
und
Begegnung entschieden haben. Die KünstlerInnen vom Progr haben
gezeigt,
dass man sich nicht zwangsläufig dem Diktat der Wirtschaft beugen
muss
und dass es sich lohnt, für kulturelle Freiräume zu
kämpfen.
Die IKuR wünscht dem Progr nun viel Erfolg beim Umsetzen seiner
Pläne
und setzt weiterhin auf gutnachbarschaftliche Beziehungen und
punktuelle Zusammenarbeit beim gemeinsamen Ziel, die Berner
Innenstadt
mit spannenden kulturellen und sozialen Begegnungen zu bereichern.
Wir sind überzeugt, dass auf dem Weg dahin auch die
Anti-Reitschule-Initiative von Erich J. Hess bei der Berner
Stimmbevölkerung keine Chance haben wird und die (J)SVP endlich
einsehen muss, dass sie mit ihrer reaktionären Kulturpolitik auf
der
falschen Fahrbahn fährt.
Mediengruppe Reitschule Bern
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Regionaljournal DRS Bern 17.5.09
Künstler können im Berner Progr bleiben - Reaktionen von
Abstimmungs-Gewinnern, -Verlierern und Gemeinderätin Hayoz (3:15)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe1717052009.rm?start=00:00:49.931&end=00:04:05.170
Künstler können im Progr bleiben - Stimmungsbericht aus dem
Progr und Gespräch mit dem Berner Stadtpräsident
Tschäppät (6:57)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe1717052009.rm?start=00:11:26.600&end=00:18:24.260
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BONSOIR AL-KRAIDA 2009
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Bund 18.5.09
Kreidebunter Bahnhofplatz
Stadt Bern Viele Passanten gerieten ins Staunen, als sie am
Samstagabend den Bahnhofplatz überquerten: Um die zweihundert
junge
Erwachsene bemalten ab 21.30 Uhr den ganzen Platz mit Kreide.
Mobilisiert wurde - wie heutzutage schon fast üblich - über
die soziale
Internet-Plattform Facebook. Rund 1700 Personen konnten so ohne grossen
Aufwand angefragt werden, ob sie dem "Kreidemal-Fest" beiwohnen
möchten.
"Gegen was demonstriert ihr?", war die wohl häufigste Frage,
welche die
Passanten an die malende Schar richteten. Die Aktion sei in keiner Art
und Weise politisch motiviert, sagte Viola Iselin, eine der
Organisatorinnen, gestern auf Anfrage. Kreidemalen kenne jeder aus
seiner Kindheit - werde man jedoch älter, gehöre die kreative
Beschäftigung auf einmal nicht mehr ins Repertoire möglicher
Freizeitbeschäftigungen. "Das ist schade und mit ein Grund, warum
wir
zum Kampf gegen Langeweile am Boden aufriefen", so Iselin, die selbige
Aktion im Februar bereits in Zürich organisiert hatte.
Die Polizei wusste von nichts; eine Patrouille sei aber vorbeigekommen
und habe Fotos geschossen, so die Veranstalterinnen. Ein
Polizeisprecher konnte gestern keine weiteren Angaben machen - nur so
viel: "Ermittlungen sind im Gang."
Der Baldachin bietet beinahe optimalen Schutz vor der grössten
Gefahr
für jede Kreidezeichnung: dem Regen. Gleichwohl hat der
Wolkenbruch vom
Sonntag die bunten Bilder grösstenteils ausgelöscht. (phi)
[i]
Der Blog zum Kreidemal-Fest:
http://kreidefest.wordpress.com
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RABE-INFO 19.5.09
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RaBe-Info 19.Mai 2009
- Migration wird im Schweizer Rundfunk wenig und eher negativ
thematisiert
- Nestlé-Verwaltungsratspräsident Peter Brabeck über
das kostbare Nass
- Terre des Hommes auf heikler Mission in Afghanistan
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-05-19-53935.mp3
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RABE-INFO 18.5.09
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RaBe-Info 18.Mai 2009
- Queeramnesty an der "Baltic Pride" in Riga
- Kopf der Woche: Terry Boehm- der Kanadier kämpft gegen die
Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen.
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-05-18-53277.mp3
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RABE-INFO 15.5.09
-------------------------------
RaBe- Info 15. Mai 2009
- In Bern gibt es witerhin zwei Tageszeitungen
- Die Nestlé Spitzel-Attacke gegen Attac wird weiter Untersucht
- Am Sonntag ist der Internationale Tag gegen Homophobie
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-05-15-58952.mp3
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ZBINDEN-BASHING
--------------------------------
Bund 20.5.09
Zbinden beging Landfriedensbruch
Das bernische Obergericht hat die Strafe der Erstinstanz gegen
PdA-Stadtrat Rolf Zbinden bestätigt
Im Verlauf der Anti-SVP-Krawalle vom 6. Oktober 2007 hat Rolf Zbinden
nach Auffassung des Obergerichts Landfriedensbruch und Nötigung
begangen.
Markus Dütschler
Am 6. Oktober 2007 herrschte in Bern eine explosive Stimmung: Die SVP
wollte kurz vor den Nationalratswahlen einen bewilligten Umzug durch
die Altstadt durchführen. Sie musste ihn abbrechen, da
Gegendemonstranten - ohne Bewilligung - die Marschroute in der
Gerechtigkeitsgasse blockierten und sich auch nach polizeilicher
Aufforderung nicht entfernten. Unter ihnen befand sich Rolf Zbinden,
Berufsschullehrer und PdA-Stadtrat. Sein Transparent "Welcome to Hell"
wurde national bekannt.
Gestern beurteilte das Obergericht, ob ihn die Vorinstanz am 28.
Oktober 2008 zu Recht wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte,
Landfriedensbruchs und Nötigung verurteilt hatte. Das Urteil bezog
sich
auch auf eine Protestaktion vor der Botschaft Dänemarks vom 2.
März
2007. Damals soll Zbinden einem Polizisten einen "Chlapf" verabreicht
haben.
"SVP verdiente keinen Schutz"
Einige politische Freunde Zbindens waren im Gerichtssaal als
Zuschauer
zugegen, als sein Verteidiger und Parteifreund Willi Egloff darlegte,
dass sein Mandant zu Unrecht den Kopf für die Krawalle hinhalten
müsse.
Der Verteidiger legte in einem geschichtsphilosophischen Plädoyer
dar,
dass die SVP - zumindest ihr "unanständiger" Teil - keinen
Rechtsschutz
verdiene: Sie habe die Schweiz mit fremdenfeindlichem Gedankengut
überzogen und mit dem "Marsch auf Bern" bewusst an den Faschisten
Mussolini angeknüpft. Rechtsextreme seien mitmarschiert. Wer sich
diesen Machenschaften "gewaltfrei" entgegenstelle, handle moralisch
richtig, begehe also keine Nötigung. Demonstrieren sei ein
Grundrecht,
das keiner Bewilligung bedürfe. Sein Mandant sei diffamiert und in
einer konzertierten Aktion fertiggemacht worden, habe gar sein
Lehrpensum an der Gibb verloren.
"Kein politisches Urteil"
Oberrichter Martin Räz stellte als Vorsitzender der Strafkammer
fest,
dass hier weder die Gesinnung eines PdA-Stadtrats noch politische
Motive einer Demonstration oder Gegendemonstration verhandelt
würden,
sondern Straftatbestände. Dies geschehe im Rahmen der
bundesgerichtlichen Praxis. Räz wies die Andeutungen des
Verteidigers
zurück, wonach die Polizei Rapporte politisch manipuliert habe.
Konstrukte und Komplotte dieser Art seien dem Gericht noch nie
untergekommen, obwohl das Dreiergremium ein gutes Jahrhundert
Berufserfahrung auf sich versammle.
Zbinden habe den Polizisten vor der Botschaft geohrfeigt. Er sei am 6.
Oktober im Pulk der Gewalttätigen geblieben, anstatt sich zu
entfernen.
Somit habe er durch Gewaltandrohung die SVP genötigt, ihren
bewilligten
Umzug abzubrechen. Das Gericht bestätigte das Urteil der
Vorinstanz,
reduzierte aber die Strafe geringfügig. Es verhängte eine
bedingte
Geldstrafe von 4800 Franken - 32 Tagessätze zu 150 Franken.
Effektiv
bezahlen muss er eine Busse von 1200 Franken. Ob Zbinden das Urteil
weiterzieht, ist noch ungewiss.
In einer Erklärung schreibt Zbinden, an ihm sei ein Exempel
statuiert
worden, um sein Rückgrat zu brechen. Nicht "völkische
Hassprediger"
kämen vor Gericht, sondern jene, die Widerstand leisteten: "Ich
will,
ich muss weitermachen."
---
BZ 20.5.09
Obergericht
Zbinden: Urteil bestätigt
Das Obergericht hat den Schuldspruch gegen den Berner PdA-Stadtrat Rolf
Zbinden bestätigt. Dieser schlug im März 2007 einen
Polizisten. Die
Teilnahme an der Blockade der SVP-Demo vom 6.Oktober 2007 war eine
Nötigung.
Als Beweise zog der Oberrichter Presse- und Polizeifotos heran. Die
Bilder zeigen den Berner PdA-Stadtrat Rolf Zbinden an der
Anti-SVP-Kundgebung in der Gerechtigkeitsgasse in Bern. Er trägt
eine
dunkle Sonnenbrille und Handschuhe. Mit vermummten Demonstranten
hält
er ein Transparent mit der Aufschrift "Welcome to Hell" hoch. Die
Teilnehmer dieser unbewilligten Kundgebung haben am 6.Oktober 2007 die
Schweizerische Volkspartei (SVP) am bewilligten Umzug durch die
Bundesstadt gehindert.
Geldstrafe und Busse
Für das Berner Obergericht gilt dies gemäss
Bundesgerichtspraxis als
Nötigung. Zu diesem Schluss war bereits das Kreisgericht Bern
Laupen am
28.Oktober Oktober 2008 gekommen (wir berichteten). Die Vorinstanz
hatte Zbinden zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Ebenfalls
schuldig gesprochen wurde Rolf Zbinden wegen Landfriedensbruch sowie
wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte. Der PdA-Stadtrat hatte an einer
Demonstration im März 2007 vor der dänischen Botschaft einen
Polizisten
geschlagen.
Sämtliche Schuldsprüche wurden vom Obergericht
bestätigt. Das
angepasste Strafmass umfasst eine bedingte Geldstrafe von 4800 Franken
sowie eine Busse in der Höhe von 1200 Franken.
"Das gibt zu kauen"
"An vielen Fussballspielen gibts mehr Sachbeschädigungen als im
Oktober
2008 in der Gerechtigkeitsgasse", sagte Rolf Zbinden nach dem
Verfahren. An ihm werde ein Exempel statuiert. "Nun bin ich der Dumme,
weil ich mich damals nicht vermummt habe."
Wegen des Gerichtsverfahrens hatte Rolf Zbinden im letzten Oktober
seinen 20-Prozent-Job als Lehrer an der Gewerblich-Industriellen
Berufsschule Bern verloren. Gegen die Kündigung kämpft er nun
vor dem
Verwaltungsgericht an. "Eine geliebte Arbeit nach 25 Jahren durch
Rausschmiss und Berufsverbot zu verlieren - das gibt zu kauen", steht
in einer Erklärung, die Zbinden vor dem Gerichtsgebäude
verteilte. "Es
trifft mich tief. Aber: Ich kann noch in den Spiegel schauen."
Ob er das Urteil ans Bundesgericht weiterzieht, will Zbinden nach einer
Analyse mit dem Anwalt entscheiden. Es sei auch eine Kostenfrage, sagte
er.
Tobias Habegger
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BETTELVERBOT SEASON 2009
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BZ 20.5.09
Fremdenpolizei-chef Alexander Ott zur Bettelei:
"Ich will die Kinder vor Ausbeutung schützen"
Fremdenpolizei-Chef Alexander Ott will mit dem Pilotprojekt "Agora" die
organisierten Bettler von Bern fernhalten. Er liess sie
überwachen, um
an die Hintermänner heranzukommen. Ein Gespräch über
seine Strategie.
Herr Ott, Sie haben das Pilotprojekt "Agora" lanciert, was wollen
Sie damit erreichen?
Alexander Ott: Wir konnten nicht mehr zusehen, wie hier in Bern Kinder
und Behinderte von skrupellosen Banden ausgebeutet werden. Zudem haben
wir aus der Bevölkerung viele Anrufe bekommen, die sich für
die
ausgenutzten Bettler in der Bundesstadt schämen. Mit diesem
Projekt
wollen wir in Zusammenarbeit mit den zuständigen
Bundesbehörden wie
auch mit ausländischen Behörden Bettlerbanden bekämpfen
und von Bern
fernhalten.
Wie gehen Sie dieses Ziel an?
In den letzten Wochen haben wir in Bern die Bettler verdeckt
überwacht,
um herauszufin-den, wie sie arbeiten und von ihren Hintermännern
gesteuert werden.
Waren die Observationen für die Fremdenpolizisten gefährlich?
Wir sind für solche Aktionen ausgebildet. Zudem haben wir das
notwendige Sicherheitsdispositiv aufgebaut. Zudem haben wir im
Bedarfsfall die Möglichkeit, die Kantonspolizei beizuziehen.
Und wie arbeiten die Bettlerbanden?
Sie sind bestens organisiert und arbeiten mit Handys und
Strassenplänen, auf denen die Hotspots zum Betteln eingezeichnet
sind.
So zum Beispiel vor dem Loeb, Globus oder der Migros. Die von den
Banden abgesetzten Behinderten und Kinder werden ständig von gut
gekleideten Überwachern im Auge behalten. Sobald der Sammelbecher
halb
voll ist, kommt ein sogenannter Läufer, der das Geld dem Bettler
abnimmt.
Was geschieht mit diesem Geld?
Der Läufer gibt das Geld an einen Hintermann weiter oder wechselt
das
Münz sofort selber bei einer Bank in Noten. Der ganze Ablauf
passiert
blitzschnell. Der vom Aufpasser aufgebotene Läufer rennt
richtiggehend
durch die Stadt. Die Überwachung ist sehr aufwändig.
Wurde die verdeckte Überwachung der Fremdenpolizei von den
Bettlern bemerkt?
Ja, in einigen wenigen Fällen. Dies obwohl wir in Zivilkleidern
arbeiteten.
Wie haben die Bettler darauf reagiert?
Sie haben blitzschnell ihren Standort gewechselt. Oder der Bettler
wurde von den Hintermännern sofort ausgewechselt.
Wohin gingen die Bettler am Abend nach getaner Arbeit?
Zum Beispiel auf die Schützenmatte oder in die Aussenquartiere, wo
sie abgeholt wurden.
Und die Fremdenpolizei ist nicht eingeschritten?
Nein, wir wollen vorläufig in erster Linie im Gespräch mit
den Bettlern
Vertrauen schaffen. Unsere Überwachungsaktion hat sich ja nicht
gegen
die unschuldigen Kinder und Behinderten gerichtet. Wir wollen vielmehr
in einer späteren Phase an die Hintermänner herankommen.
Versteht denn die Fremdenpolizei die Sprache der Bettler aus
Rumänien und Bulgarien?
Nein. Für die Befragungen ziehen wir gegebenenfalls anerkannte
Dolmetscher bei.
Und was haben Sie herausgefunden?
Alle Bettelnden befinden sich in einer prekären
Abhängigkeits- und
Ausnützungssituation. Bei minderjährigen Kindern haben wir
die
Erkenntnisse gewonnen, dass sie zum Teil nicht zu den anwesenden
Müttern und Vätern gehören. Abklärungen sind auch
hier im Gang.
Warum?
Es gibt viele Eltern, die in einer grossen finanziellen Notlage
stecken. Um ihren Unterhalt bestreiten zu können, leihen sie
deshalb
ihre Kinder den Banden für eine bestimmte Dauer aus.
Üben die Banden auf die Bettler auch Gewalt aus, oder werden sie
zum Betteln sogar verstümmelt?
Ein Abhängigkeits- beziehungsweise ein
Ausnützungsverhältnis geht immer
mit physischer und psychischer Gewalt einher. Die Vulnerabilität,
also
die Verletzbarkeit, ist in jedem Fall sehr hoch.
Was unternehmen Sie, wenn Sie an die Hintermänner herankommen?
Als Grundlage dient uns das geltende Ausländergesetz. Bei
relevanten
Straftatbeständen werden die zuständigen
Strafverfolgungsbehörden ein
Verfahren einleiten.
Können Sie einschätzen, wie lange Ihr Kampf gegen die
Bettlerbanden dauern wird?
Die konzertierte Aktion "Agora" hat vor wenigen Wochen begonnen. Das
Phänomen der organisierten Bettelei muss jedoch
gesamtschweizerisch
angegangen werden, denn dieses Problem tritt nebst Bern auch in Basel
und Zürich auf. Die Zusammenarbeit mit den involvierten Stellen
läuft
bisher sehr gut.
Interview: Jürg Spori
---
BZ 19.5.09
Fremdenpolizei-chef Alexander Ott
"Den Bettlern ja nichts geben"
In Bern sind immer mehr Kinder und Bettler mit Behinderungen
anzutreffen, die von Banden eingesetzt werden. Alexander Ott, der
städtische Fremden-polizei-Chef, rät der Bevölkerung
nun, diesen
Bettlern kein Geld zu geben.
Ein beinamputierter Mann sitzt vor dem Globus an der Berner
Spitalgasse. Sein Geschäft mit dem Mitleid läuft gut.
Besonders ältere
Menschen geben ihm eine Münze oder sogar ein Nötli. An der
Marktgasse
vor der Migros sitzt eine junge Frau im Rollstuhl und bittet mit
leidender Stimme um Geld. Auch ihr "Geschäft" läuft wie
geschmiert.
In den letzten Wochen haben solche Bettler vermehrt gut frequentierte
Gassen und Plätze in der Berner Innenstadt in Beschlag genommen.
So
schnell sie morgens aufkreuzen, so schnell sind sie abends auch wieder
verschwunden.
Gut organisierte Banden
Der Chef der städtischen Fremdenpolizei (Frepo), Alexander
Ott,
bestätigte gestern einen Bericht der "SonntagsZeitung", wonach
diese
Bettelaktionen das Resultat minutiöser Planung sind. "Die
ausländischen
Bettlerbanden und ihre Hintermänner haben einen hohen
Organisationsgrad
und setzen moderne Kommunikationsmittel ein", sagt er. Das funktioniert
in Bern so: Die Banden setzen Kinder und Menschen mit Behinderungen zum
Beispiel auf der Schützenmatte ab, von wo sie dann in die Stadt
ausschwärmen. Dort werden sie beim Betteln von Mitgliedern der
Banden
ständig überwacht. Abends werden sie von ihren
Hintermännern wieder
abgeholt und in Camps nahe der Grenze zurückgekarrt. Bei diesem
Vorgehen stehen die Bettler in einem Abhängigkeitsverhältnis
zu ihren
Hintermännern.
Polizei überwacht
"Die Abläufe haben wir in den letzten zwei Wochen während
einer
Überwachungsaktion genau eruiert", sagt der Frepo-Chef. Bei der
Aktion
wurden über 100 Personen ins Visier genommen. Nach den
Beobachtungen
der Polizei werden in Bern zwei Varianten der organisierten Bettelei
angewendet. Bei der ersten kaufen "Betteltouristen" an einem Treffpunkt
im Ausland für 200 Franken eine "Tageskarte". Sie werden
dafür nach
Bern gefahren, erhalten am Bahnhof einen Stadtplan, auf dem die
lohnenden Standorte eingezeichnet sind, und abends werden sie wieder
nach Hause chauffiert.
Bei der zweiten Variante werden Menschen - darunter Kinder und
Menschen mit Behinderungen - nach Bern gefahren. "Ihr Sammelbecher wird
regelmässig von ‹Läufern› geleert, die das Münz in Noten
umtauschen
oder das Geld bei Strassenmusikern deponieren", weiss Ott. Diese Leute
"verdienen" pro Tag bis zu 500 Franken.
Ausgenutzte Bettler
Für Frepo-Chef Ott ist nach den Überwachungen klar: "Die
organisierten
ausländischen Bettlerbanden setzen gezielt Kinder und Behinderte
ein
und nutzen so ein Abhängigkeitsverhältnis, aus dem es oft
kein
Entrinnen gibt." Zwei versehrte Männer mussten vor einigen Wochen
sogar
medizinisch versorgt werden. Sie wurden inzwischen nach Rumänien
zurückgeführt. "Von dort und aus Bulgarien kommen die meisten
der
Bettler, viele sind Roma", sagt Alexander Ott.
Neuerdings sind in Bern auch immer mehr Bettler in Trams und
Bussen
unterwegs. Unter ihnen auffallend viele Frauen. "Sie zeigen den
Fahrgästen ein Foto eines verkrüppelten Kindes und fordern
Geld", sagt
Ott.
Geld bekommen Banden
Frepo-Chef Ott forderte die Bevölkerung auf, diesen Bettlern kein
Geld
zu geben. "Wer Geld gibt, hilft nicht den Bettlern, sondern finanziert
die Banden", sagt er. Und: "Wenn die Bettler kein Geld mehr bekommen,
spricht sich das herum, und Banden platzieren ihre Opfer nicht mehr in
Bern", so Ott.
Nicht nur in Bern, sondern in der ganzen Schweiz sind die Behörden
auf
das Problem aufmerksam geworden. Alexander Ott hat mit der Stadt Bern,
den rumänischen Behörden und dem Bundesamt für Polizei
nun das
Pilotprojekt "Agora" lanciert. "Damit wollen wir die Reisewege der
Bettler nachverfolgen und so an die Hintermänner herankommen."
Jürg Spori
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PRIVAT-PATROUILLEN
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Berner Rundschau 18.5.09
Auf Tour mit Hund und Pfefferspray
Wegen Vandalismus und Verunreinigung lässt die Stadt Thun
neuerdings zwei private Securitys patrouillieren
Susanna Fazio
"Die Schliessung des Selve-Areals ist sicher mit ein Grund, weshalb es
in der Innenstadt vermehrt zu Unruhestiftung kommt", sagt Reto Keller,
Thuner Gewerbeinspektor. Zudem habe sich das Ausgehverhalten der
Jugendlichen über die letzten Jahre geändert, sagt er weiter.
"Viele
kaufen in Tankstellenshops billig Alkohol ein und betrinken sich auf
öffentlichem Gelände."
Um Vandalismus und Verunreinigung in der Kyburger Innenstadt zu
verhindern, wird daher seit vier Jahren von Mai bis Oktober an den
Wochenenden patrouilliert. Zwei private Sicherheitsfirmen teilen sich
den Job: Je zwei Personen der "Berner Hunde Security" und der "GSD
Gayret Security" sind donnerstags bis samstags, 0.30 bis 4.30 Uhr, in
den Gassen unterwegs. "Vor allem auch wegen der vielen Lärmklagen
von
Anwohnern wurde diese Sicherheitsmassnahme getroffen", sagt Keller.
"Die Kosten für diese Wachrundgänge werden zu zwei Dritteln
von der
Stadt übernommen, einen Drittel tragen die Wirte mit
Überzeiterlaubnis."
Teamarbeit der "Hündeler" via Funkgerät
"In erster Linie geht es darum, von Anfang an Präsenz zu
markieren",
sagt Manfred Nafzger von der "Berner Hunde Security". Die letzten
eineinhalb Stunden seien sie dann vor allem zur Kontrolle zwischen
Mühle- und Rathausplatz unterwegs.
Zu Beginn der Nachtpatrouille treffen sich die beiden Teams, um zu
besprechen, wer wo entlang geht. Die Zweiergruppen sind unabhängig
voneinander unterwegs, bleiben aber über Funk in Kontakt. "Auf
diese
Weise können wir schnell reagieren, wenn die anderen unsere Hilfe
brauchen", sagt Martin Rufer von "GSD Gayret Security". "Abhängig
von
der Situation ist es besser mit oder ohne Hund vor Ort zu sein", so
Nafzger. "Je nachdem kann der Hund als Provokation empfunden werden",
fügt Rufer an. Ausweiskontrollen beispielsweise würden
jeweils ohne
Hunde gemacht.
Verbale Nettigkeiten und Namen notieren
Rufer ist seit drei Jahren in Thun unterwegs und findet die Jugend
umgänglich. GSD-Leute würden mehr akzeptiert als die Polizei,
da deren
Uniform Aggressionen hervorrufe: "Drohungen erhalten wir zwar jede
Nacht, aber das ist normal. Da mache ich auf
<Göschenen-Airolo>",
so Rufer über Radaumacher. Auch Nafzger bestätigt, dass
Drohungen keine
Seltenheit sind: "Verbale Drohungen wie <Wir erschiessen euch!>
gabs auch schon." Eine wichtige Charaktereigenschaft sei deshalb "sehr
viel Toleranz", so Rufer. "Man kann ja mit den Leuten reden", fügt
Nafzger an.
Das beweist Nafzger auch gleich: Am Aareufer auf dem Mühleplatz
verschlägt ein Teenager mutwillig Flaschen. Nachdem ihn Nafzger
darauf
anspricht und auf sein gefährliches Verhalten hinweist, notiert er
seine Personalien. Diese Angaben werden in den Rapporten für die
Stadt
vermerkt. "Dort wird dann auch entschieden, ob Anzeige erstattet wird
oder nicht", beschreibt Keller das weitere Vorgehen. Je nach Vergehen
variiert die Höhe der Ordnungsbussen. Sie betragen zwischen 40 und
190
Franken.
Erfolgsgeschichten und Sicherheitsgefühl
Weder Hunde-Security- noch GSD-Leute sind bewaffnet. "Ziel unseres
Einsatzes ist die Erstintervention, indem wir störend wirken oder
ein
Gefühl der Sicherheit geben", so Nafzger. Falls es brenzlig
würde,
hätten sie ihre Hunde dabei. Pfefferspray dürfen sie nur zum
Selbstschutz anwenden. "Wir helfen mit unserer Arbeit der Polizei und
sie hilft uns, wenn es nötig ist", beschreibt Rufer die
Zusammenarbeit.
Nafzger freuts, dass sich ältere Personen durch seine Präsenz
wohler
fühlen: "Letztes Jahr haben wir einen Brand entdeckt und konnten
die
Feuerwehr alarmieren", erzählt er stolz. Auch Rufer kennt
Erfolgserlebnisse. "Jüngst wollte beispielsweise eine junge Frau
aus
Liebeskummer in die Aare springen. Ein unsriger hat sie davor bewahrt
und getröstet", schildert er. "Man braucht kein Fetzen zu sein -
wichtig ist nur, dass der Mensch dahinter überzeugt."
--
Utzenstorf, Niederbipp etc.
Securitys sind auch im Einzugsgebiet dieser Zeitung ein Thema. Seit
kurzem sorgen private Sicherheitskräfte in Utzenstorf nachts
für Ruhe
und Ordung (vgl. Samstagsausgabe). Auch in Burgdorfs Oberstadt und um
den Bahnhof patrouillieren und kontrollieren an Wochenenden Securitys
mit Hunden. Bereits länger schon kommen Private in Niederbipp zur
Wahrung der Sicherheit zum Einsatz.
Gedanken über Einsätze privater Sicherheitskräfte macht
man sich auch
in der Bundesstadt. Dort prüft die Innenstadtvereinigung BernCity
private Securitys gegen Randständige einzusetzen (wir
berichteten).
Entschieden ist nichts. (sat)
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DEALERSZENE BE
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police.be.ch 18.5.09
1,5 Kilogramm Kokain sichergestellt
pkb. Die Kantonspolizei Bern hat am Freitagabend, 15. Mai 2009 in einem
Verkaufsgeschäft im Morillon-Quartier in Bern und in Wohnungen
Hausdurchsuchungen vorgenommen. Dabei wurden nebst weichen Drogen auch
1,5 Kilogramm Kokain sichergestellt. 13 Personen wurden
vorübergehend
festgenommen; eine von ihnen befindet sich in Untersuchungshaft.
Im Rahmen von polizeilichen Ermittlungen hatte sich der Verdacht
erhärtet, dass im "African-Shop-Le Baron" an der Morillonstrasse
in
Bern Widerhandlungen gegen die Betäubungsmittelgesetzgebung
begangen
werden. Im Rahmen ihrer gezielten Aktion hat die Kantonspolizei Bern
vor Ort 27 Personen kontrolliert und 13 von ihnen vorübergehend
festgenommen. Bei ihnen handelt es sich vorwiegend um afrikanische
Staatsangehörige. Nach bisherigen Erkenntnissen halten sich
mindestens
zwei Person illegal in der Schweiz auf und werden diesbezüglich
verzeigt.
Bei untersuchungsrichterlich angeordneten Hausdurchsuchungen stellte
die Kantonspolizei rund 650 Gramm Marihuana und 1,4 Kilogramm Kokain
sicher. Im Weiteren trug eine der kontrollierten Personen zehn
Fingerlinge mit insgesamt 100 Gramm Kokain auf sich - versteckt in der
Unterhose. Ferner wurden nebst grösseren Geldbeträgen auch
über 40
Mobiltelefone und 11 Digitalkameras sichergestellt, deren Herkunft noch
abgeklärt werden muss.
Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland
(jümo)
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TRÄNENGAS
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Puls 18.5.09
Risiko Tränengas - Tränengas ist nur bei vorsichtigem
Gebrauch harmlos
Tränengas wird seit Jahrzehnten eingesetzt, um eskalierende
Demonstrationen und Krawalle zu zerstreuen. Vor allem in den
80er-Jahren wurden gesundheitliche Fragen zu den Einsätzen
aufgeworfen.
Bis heute ähnelt die medizinische Spurensuche dem Gehen in einer
Rauchwolke. Klar ist: In sehr hohen Konzentrationen in geschlossenen
Räumen kann Tränengas schwerwiegende gesundheitliche Folgen
haben.
http://www.sf.tv/videoplayer/embed/afe04a12-c9a0-4548-a26c-311ef80fb7dc&live=false
--
Tränengas - ein unbedenklicher Stoff?
Tränengas im Einsatz
Seit Jahrzehnten wird in der Schweiz der Reizstoff Tränengas
eingesetzt. Dabei werden die beiden Stoffe O-Chlorbenzyliden
Malononitril (CS) und Chlorazetophenon (CN) verwendet. Tränengase
gehören zu einer Stoffklasse, die sich dadurch auszeichnet, die
Schleimhäute der Augen, des Nasen- und Rachenraums aber auch die
Haut
zu reizen und durch diese sehr unangenehme Wirkung dazu geeignet
scheint, grossen Menschenansammlungen zu zerstreuen oder einzelne
Personen kampfunfähig zu machen.
Reaktion Augen
Tränengas wirkt sofort in den Augen. Wie der Name sagt, reagieren
die
Augen mit starkem Tränenfluss. Eine sehr lange und intensive
Einwirkung
kann indes auch dauerhafte Folgen haben: Die Trübung der Hornhaut
kann
im schlimmsten Fall zu einer Erblindung führen. Solche Fälle
können zum
Beispiel bei einem Einsatz in geschlossenen Räumen eintreten.
Reaktionen Atmungssystem
Ebenfalls innert kürzester Zeit reagiert das Atmungssystem auf
Tränengas. Das Atmen fällt schwer und es kommt zu Hustenreiz.
In
extremen Fällen - auch hier zum Beispiel bei langer Aussetzung von
Tränengas in geschlossenen Räumen - kann sogar ein
Lungenödem entstehen.
Reaktion Haut
Die Haut reagiert mit brennenden Rötungen auf Tränengas. Dies
geschieht
vor allem dann, wenn Tränengas in Verbindung mit Wasser auf die
Haut
trifft. Je länger dieses Gemisch wirkt, desto stärker kann
die
Hautreaktion sein.
Rasch handeln
Wer am Rande einer Demonstration mit dem Reizgas konfrontiert wird,
soll sich so schnell wie möglich aus dem Tränengas-Rauch
begeben. Damit
erübrigen sich meist schon alle gesundheitlichen Folgen. Experten
empfehlen die Augen unter fliessendem Wasser auszuwaschen und falls die
Kleidung nass geworden ist, diese schnellstmöglich zu wechseln.
Auch wenn Tränengas kein unbedenklicher Stoff ist: Trotz vieler
Einsätze in den letzten Jahrzehnten in der Schweiz sind nur wenige
gesundheitliche Schädigungen bekannt.
Experten im Beitrag:
Dr. med. Hugo Kupferschmidt
Direktor Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum
Freiestrasse 16
8032 Zürich
Dr. phil. Peter X. Iten
Toxikologe
Leiter Forensische Chemie/Toxikologie, Institut für Rechtsmedizin
Zürich
Winterthurerstrasse 190
8057 Zürich
Hans Peter Michel
Landammann
Gemeinde Davos
Berglistutz 1
Postfach
7270 Davos Platz 1
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ANTIRA-CUP SOLETTA
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Solothurner Zeitung 18.5.09
Luzerner waren zuletzt unter sich
Der Antira-Cup stand nicht nur im Zeichen des runden Leders, sondern
auch des Outfits
An den Füssen Chucks statt Stollenschuhe, für einmal Tutu
statt Trikot
und politische Parolen anstelle von Fussballhymnen: Am Samstag fand im
Rahmen des Antira-Cups zum dritten Mal das Fussballturnier gegen
Rassismus in Solothurn statt.
Raffaela Kunz
"Love football - hate racism" lautete das Motto, Fairplay die Devise:
Der Pausenplatz des Vorstadtschulhauses diente am Samstag als Kulisse
für ein Fussballturnier, an dem sich nicht alles nur um den runden
Ball
drehte. Klar, es wurde Fussball gespielt - aber die weiteren
Gemeinsamkeiten mit anderen Fussballturnieren beschränkten sich
auf die
zwei Tore auf jedem Spielfeld und die vom FC Solothurn gezogenen
Spielfeldlinien. Rote Karten hingegen oder Schiedsrichter suchte man
vergeblich: Die einzige Regel lautete Fairplay, für das Befolgen
waren
die Teams selber verantwortlich. Im Zentrum standen weder der Sieg noch
ausschliesslich der Spass. Ziel war es vielmehr, "Rassismus auf
spielerische Art zu thematisieren", so ein Mitglied der Aktionsgruppe.
Grosses Interesse
Und die Idee schien zu gefallen: 24 Teams aus der ganzen Schweiz waren
angereist, um am Turnier teilzunehmen. Das Interesse war gar so gross,
dass zehn Mannschaften mangels Kapazität vertröstet werden
mussten. Zu
bewundern waren indes nicht nur Fussballkünste, sondern auch
originelle
Trikots: Das Spektrum reichte von Ballerinas über eine Mannschaft
in
roten Schottenröcken bis hin zum Solothurner Frauenteam
"Tussi-Fraktion", das in orangen Hotpants und Netzstrümpfen
aufwartete.
Letzteres griff zu allen Mitteln, um Tore zu ergattern. So scheute sich
eine "Tussi" nicht, den Ball von Hand ins Goal zu tragen. Gefeiert
wurde das Tor dann, als wäre es ein richtiges gewesen.
Doch ein bisschen ernster wurde der Fussball von anderen Teams
genommen. "Ultras Säli" aus Luzern etwa, die schon zum dritten Mal
dabei waren, kamen zwar hauptsächlich aus "Freude am Fussball",
ein
gutes Resultat war aber dennoch das Ziel. Wenn zwischendurch der
Ehrgeiz die Mannschaften allzu sehr packte, kam es auch vor, dass das
Fairplay etwas arg strapaziert wurde. Ein Spieler namens "Paul der
Hooligan" etwa erzürnte sämtliche Beteiligte derart, dass
beinahe die
Fetzen flogen und von "love" nicht mehr viel zu spüren war.
Grössere
Zwischenfälle gab es dennoch keine; im Sanitätszelt mussten
einzig ein
paar Schürfwunden behandelt werden. Der Wunsch von "Ultras
Säli"
schliesslich ging in Erfüllung. Die Luzerner Mannschaft
eliminierte die
Solothurner Halbfinalisten im Penaltyschiessen und setzte sich im Final
gegen ein ebenfalls luzernisches Team durch. Für die Solothurner
ist
allerdings noch nicht alle Hoffnung verloren: Ende Juli soll in Luzern
ein weiterer Antira-Cup stattfinden. Vielleicht ist das die
Möglichkeit, sich bei den Luzernern zu revanchieren.
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TASER
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NZZ 19.5.09
Sitzung des Kantonsrats
Wenn nötig, soll die Polizei durchgreifen können
Abschliessende Liste der polizeilichen Einsatzmittel enthält
Taser, Gummischrot und Reizstoffe
Zwar ist das vom Volk genehmigte Polizeigesetz noch vor
Bundesgericht
hängig. Trotzdem hat der Kantonsrat eine abschliessende Liste der
erlaubten polizeilichen Einsatzmittel genehmigt, die das Gesetz
ergänzt. Wann beides in Kraft tritt, hängt vom Lausanner
Entscheid ab.
wbt. Der Kanton Zürich erhält eine abschliessende
Liste der
polizeilichen Einsatzmittel. Mit 135 zu 31 Stimmen hat der Kantonsrat
eine Verordnung über die polizeiliche Zwangsanwendung genehmigt,
die
neben Schusswaffen auch Handschellen, Diensthunde, Gummischrot,
Reizstoffe, Wasserwerfer, Polizeistöcke und
Destabilisierungsgeräte
(auch Elektroimpulsgeräte oder nach der gebräuchlichsten
Marke, Taser,
genannt) zulässt. Eine solche Liste hatte der Kantonsrat
anlässlich der
Verabschiedung des Polizeigesetzes verlangt. Die am Montag
verabschiedete Verordnung regelt auch die Verwendung der Mittel nach
dem Prinzip der Verhältnismässigkeit. So dürfen Taser
nur von
geschulten, vom Kommando der Kantonspolizei oder der kommunalen Polizei
bezeichneten Spezialisten eingesetzt werden. Nach jedem Einsatz muss
dem Kommando schriftlich Bericht erstattet und die betroffene Person
ärztlich kontrolliert werden. Bisher ist der Einsatz der
Zwangsmittel
in Dienstbefehlen geregelt worden.
Taser als "Waffe der Zukunft"
Gegen die Liste haben sich AL, GP und fast die Hälfte der
SP-Fraktion
gestellt. Nicht nur beim Polizeigesetz, sondern auch bei der Verordnung
gelte es zu verhindern, dass die ohnehin vorhandene Macht sich noch
ausdehne, argumentierte Markus Bischoff (al., Zürich). So handle
es
sich beim Taser, einem Gerät zum Verschiessen kleiner Pfeile aus
kurzer
Distanz, die dazu dienen, die getroffene Person mittels Stromstoss
kurzfristig ausser Gefecht zu setzen, um eine "Waffe der Zukunft". Sie
werde wohl bald viel breiter eingesetzt - mit ungeklärten Folgen.
Yves
de Mestral (Zürich) hielt es als Sprecher der SP-Minderheit
für
problematisch, dass auch kommunale Polizeikommandos den Taser-Einsatz
anordnen können. Mestral sprach sich zudem gegen die Zulassung von
Reizstoffen in geschlossenen Räumen aus und wehrte sich gegen die
Möglichkeit, für die Polizei Seriefeuerwaffen anzuschaffen.
Die
Begründung der Polizei, sie sei für die innere Sicherheit
zuständig,
nicht mehr die Armee, könne einen Sozialdemokraten schon aus
historischen Gründen nicht überzeugen. Martin Naef
(Zürich) gestand als
Sprecher der SP-Mehrheit hingegen zu, dass die Polizei namentlich beim
Reizstoff-Einsatz Fortschritte gemacht habe. Solche Distanzmittel
verhinderten zudem Nahkämpfe, die zu mehr Verletzten führen
würden.
Höheres Risiko der Schusswaffe
Damit war er gleicher Meinung wie der Polizist René Isler
(svp.,
Winterthur). Isler betonte, dass die Verordnung nur festhalte, was
bereits langjährige Praxis darstelle. Beat Badertscher (fdp.)
ergänzte,
dass mit dem Schusswaffeneinsatz weit höhere Risiken verbunden
sind als
mit dem Taser. Für Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein stehen
Dialog
und Deeskalation bei Polizeieinsätzen an erster Stelle. Müsse
die
Polizei aber durchgreifen, soll sie über geeignete Mittel
verfügen
können. Gefragt, warum das Polizeigesetz nicht trotz hängigem
Gerichtsverfahren in Kraft gesetzt werde, antwortete Hollenstein
indirekt. Er werde in Lausanne diskret nachhaken, Poltern bringe nichts.
Weiterer Bericht aus dem Kantonsrat Seite 44
--
Kanton Zürich tritt Konkordat zur Bekämpfung des
Hooliganismus bei
wbt. Mit 139 zu 26 Stimmen hat der Kantonsrat am Montag den Beitritt
zum Konkordat über Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen
beschlossen. Einen Tag vorher war es nicht nur zu erneuten
Ausschreitungen nach dem Spiel FC Zürich - FC Basel gekommen,
sondern
im Kanton Luzern auch zu einer beinahe 90-prozentigen Zustimmung zum
gleichen Konkordat in einer Referendumsabstimmung. Mit dem Konkordat
wollen die Kantone die polizeilichen Instrumente weiterführen, die
vom
Bund im Hinblick auf die Fussball-Europameisterschaft 2008 und die
Eishockey-Weltmeisterschaft 2009 in unserem Land befristet erlassen
wurden.
Gegen den Beitritt gestimmt haben AL, GP, Teile der SP-Fraktion
und
SVP-Kantonsrat Claudio Zanetti (Zollikon), der in seiner Fraktion mit
seiner Haltung unterlegen war. Für Markus Bischoff (al.,
Zürich) haben
die Ereignisse vom Sonntag in Zürich nur gezeigt, dass
Rayonverbote,
Meldeauflagen und Polizeigewahrsam als präventive Massnahmen
nichts
nützten. Es werde trotzdem geprügelt. In diesen Fällen
müsse das
Strafgesetzbuch zur Anwendung kommen. Die Massnahmen des Konkordats
gingen zu weit. Wenn Stadionbetreiber und Veranstalter potenzielle
Gewalttäter bezeichneten, gebe der Staat das Gewaltmonopol aus der
Hand.
---
Landbote 19.5.09
Arztbesuch nach Taser-Einsatz
Pascal Unternährer
In einer Verordnung wird geregelt, welche Einsatzmittel der
Kantonspolizei und den kommunalen Polizisten zur Verfügung stehen.
Der
Kantonsrat hat den Katalog gestern genehmigt. Am meisten zu reden gaben
die sogenannten Taser.
Zürich - Laut dem vom Stimmvolk im Februar 2008 angenommenen
Polizeigesetz hatte der Regierungsrat eine Verordnung über die
polizeilichen Einsatzmittel und deren Anwendungsmodalitäten zu
erlassen. Diese Verordnung sollte durch den Kantonsrat zwar nicht
abgeändert, aber angenommen oder verworfen werden können. Die
Einsatzmittel sind abschliessend erwähnt. Es geht um
Fesselungsmittel,
Diensthunde, Gummischrot, Reizstoffe, Wasserwerfer,
Mehrzweckstöcke,
Destabilisierungsgeräte (Elektro-Taser) und Schusswaffen. Andere
Mittel
sind nur bei Notwehr, Notwehrhilfe und Notstand erlaubt, steht in der
Verordnung. Die Regelung gilt für die Kantonspolizei und alle
Stadt-
sowie Gemeindepolizeien.
"Nicht wie in den USA"
Die SP-Mehrheit könne nun hinter der Verordnung stehen, sagte
Martin
Naef (Zürich) gestern. "Unsere Skepsis galt den Tasern und
Reizstoffen." Die Taser-Einsätze seien nun aber strenger geregelt
als
anfänglich, so Naef. So dürfen nur wenige speziell
ausgebildete
Mitglieder von Sondereinheiten die sogenannten
Destabilisierungsgeräte
("Taser" ist eine Marke wie Aspirin) einsetzen. Zudem ist eine
ärztliche Untersuchung der angeschossenen Person vorgeschrieben
und ein
schriftlicher Rapport obligatorisch. "Es ist nicht wie in den USA, wo
fast alle Polizisten einen Taser auf sich haben", stellte Naef
zufrieden fest. Auch die Tränengaseinsätze seien befriedigend
gelöst
worden: Sie sollen "verhältnismässig" sein. Naef machte klar:
"Wenn man
keine Distanzmittel zur Verfügung hat, bedeutet das Nahkampf und
viel
mehr Verletzte."
Für einmal befand sich die SP auf der Linie der SVP. René
Isler (SVP,
Winterthur) sagte, die Regelung entspreche der langjährigen
Praxis. Als
Vorteil der Taser bezeichnete Isler, dass deren Einsatz "nicht
definitiv", also tödlich ist. Zudem würden keine
Drittpersonen
gefährdet wie bei einem Schusswaffeneinsatz. Genau dieser Punkt
fand
auch bei Beat Badertscher (FDP, Zürich) lobende Erwähnung.
Maleica-Monique Landolt (GLP, Zürich) nannte die Verordnung eine
"pragmatische und nötige Ergänzung zum Polizeigesetz", Thomas
Ziegler
(EVP, Elgg) lobte, dass das Prinzip der Verhältnismässigkeit
grossgeschrieben wird.
Die Waffe der Zukunft
Nicht einverstanden mit der Verordnung waren Grüne/AL sowie
einzelne
Sozialdemokraten. Markus Bischoff (AL, Zürich) warnte vor
Machtmissbrauch durch Ordnungshüter und vor der Verbreitung der
Taser.
"Das ist die Waffe der Zukunft", prophezeite er. Weiter kritisierte er
gewisse todbringende Fesselungsarten und Spezialpatronen sowie die
Gummigeschosse, die nicht umsonst in Deutschland verboten seien. Yves
de Mestral (SP, Zürich) stört, dass bei entsprechender
Ausbildung auch
Gemeindepolizisten Taser brauchen dürfen. Inakzeptebel findet er,
dass
Reizstoffeinsätze auch in geschlossenen Räumen erlaubt sind.
Zudem
verbiete die Verordnung nicht explizit den Kauf von Seriefeuerwaffen
durch die Polizei.
Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein (CVP) beschwichtigte, dass die
Tränengaseinsätze heute "überlegter als noch vor zehn
Jahren"
erfolgten, und erinnerte daran, dass alle Gemeinden das Polizeigesetz
angenommen haben. Es ist noch immer blockiert durch eine
Bundesgerichtsbeschwerde von linken Juristen, die vor allem die
Videoüberwachung anprangern.
Die Verordnung wurde mit 135 zu 31 Stimmen (Grüne/AL, 12 SP)
angenommen.
Pascal Unternährer
---
Aargauer Zeitung 19.5.09
Verordnung hält fest: Polizei darf Taser anwenden
Klare Zustimmung des Zürcher Kantonsrats zum Einsatz von
Gummischrot, Reizstoffen und Destabilisierungsgeräten
Grüne und Alternative waren dagegen, auch ein Teil der SP, doch
das
genügte bei Weitem nicht, der Polizei die Verwendung von
Destabilisierungsgeräten (Taser) und anderen Einsatzmitteln zu
verwehren: Der Kantonsrat genehmigte deren Einsatz mit 135 zu 31
Stimmen klar.
Alfred Borter
Fesseln, Gummischrot, Tränengas, Pfeffersprays,
Polizei-Mehrzweckstöcke, Schusswaffen und auch
Destabilisierungsgeräte
werden in einer Verordnung zum Polizeigesetz ausdrücklich als
erlaubte
Einsatzmittel der Polizei genannt. Es wird aber auch einschränkend
festgehalten, unter welchen Bedingungen diese Mittel zum Einsatz
gebracht werden dürfen.
Die grosse Mehrheit des Kantonsrats war damit einverstanden, was die
Regierung vorschlug, in der Überzeugung, dass die Polizei jeweils
das
Verhältnismässigkeitsprinzip beachte und stets das Mittel
einsetze, das
die davon betroffenen Personen am wenigsten beeinträchtige.
Gleichwohl
kamen einige Bedenken zur Sprache. Der Präsident der Kommission
für
Justiz und öffentliche Sicherheit, Christoph Holenstein (CVP,
Zürich),
erläuterte bezüglich der Destabilisierungsgeräte, mit
denen einer
Person ein derartiger Stromstoss versetzt werden kann, dass sie die
Kontrolle über die Muskulatur verliert und dingfest gemacht werden
kann, das sei unter Umständen ein sehr gutes Mittel, um Leute
kampfunfähig zu machen. Taser dürften nur durch speziell
ausgebildete
Polizeibeamte angewandt werden, ausserdem sei jeder Einsatz zu
dokumentieren. Dadurch werde sichergestellt, dass man solche
Geräte
nicht unnötigerweise einsetze.
René Isler (SVP, Winterthur), selber Polizist, gab zu
verstehen, was
jetzt in der Verordnung stehe, sei das, was der Praxis entspreche.
Zwei Meinungen in der SP
Das sah Martin Naef (SP, Zürich) ähnlich. Es dürfe
natürlich nicht so
sein wie in den USA, wo man die Taser viel zu vielen Polizeibeamten
mitgebe, meinte er. Obschon er in seiner Sturm- und Drangphase selber
auch Erfahrungen mit gewissen Einsatzmitteln gemacht habe,
befürworte
er sie. Er spreche allerdings nicht für die ganze SP-Fraktion, gab
er
zu verstehen, und man werde die Arbeit der Polizei kritisch begleiten.
Tatsächlich widersprach ihm Yves de Mestral (SP,
Zürich). Man könne
nicht damit einverstanden sein, dass Reizgas in geschlossenen
Räumen
versprüht werden dürfe, auch müsste man Serienwaffen
verbieten. Auch
Markus Bischoff (AL, Zürich) sprach, auch im Namen der
Grünen, gegen
die Zustimmung zur Verordnung, während FDP, CVP, EVP und GLP
einverstanden waren.
Beschwerde verhindert Inkrafttreten
Regierungsrat Hans Hollenstein bestätigte, was jetzt als erlaubt
deklariert werde, sei gut überlegt und sinnvoll. Allerdings
können das
Polizeigesetz und die Verordnung noch nicht in Kraft gesetzt werden,
obschon das Volk das Gesetz im Februar 2008 angenommen hat, denn es ist
immer noch eine Beschwerde beim Bundesgericht hängig. Er werde
dort mal
diskret nachfragen, wann mit einem Entscheid zu rechnen sei.
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20min.ch 18.5.09
Polit-Entscheid
Zürcher Polizisten dürfen jetzt auch tasern
Die Zürcher Polizei darf neben Schusswaffen auch Handschellen,
Diensthunde, Gummischrot, Reizstoffe, Wasserwerfer, Polizeistöcke
und
Taser einsetzen. Der Kantonsrat genehmigte eine entsprechende
Verordnung.
Dagegen wehrten sich Grüne und AL sowie Teile der SP. Mit 135 zu
31
Stimmen wurde jedoch ihr Antrag abgelehnt, die Verordnung nicht zu
genehmigen.
Andere polizeiliche Einsatzmittel, als die in der abschliessenden Liste
erwähnten, seien nur in Fällen von Notwehr, Notwehrhilfe und
Notstand
zulässig, heisst es in der "Verordnung über die polizeiliche
Zwangsanwendung". Die Verordnung zum neuen Polizeigesetz, das vom Volk
im Februar 2008 angenommen wurde, lehnt sich weitgehend an die
Zwangsanwendungsverordnung des Bundes an.
Bisher wurde der Einsatz der Zwangsmittel in den zürcherischen
Polizeikorps durch Dienstbefehle geregelt und präzisiert. Wann die
neue
kantonale Verordnung in Kraft gesetzt werden kann, ist noch offen, weil
das Polizeigesetz beim Bundesgericht angefochten wurde.
Kritik gegen Taser und Seriefeuerwaffen
Die Kritik gegen die Verordnung richtete sich gegen die Taser, den
Reizstoffeinsatz in geschlossenen Räumen und die Möglichkeit
für die
Polizeien, Seriefeuerwaffen zu beschaffen. Ein SP-Sprecher kritisierte,
dass auch kommunale Polizisten solche "Destabilisierungswaffen"
einsetzen dürfen, wenn sie dafür ausgebildet wurden.
Grundsätzlich seien die Taser allerdings "keine schlechte Sache",
wenn
mit ihnen ein Schusswaffeneinsatz verhindert werden könne. Der
Einsatz
von Reizstoffen in geschlossenen Räumen müsse dagegen ganz
verboten
werden. Die Regelung, dass die Leute den Raum verlassen können
müssen,
reiche nicht aus, sagte der Vertreter der SP- Minderheit. Für ihn
kommt
es auch nicht in Frage, dass im Kanton Zürich Polizisten
Seriefeuerwaffen in die Hand bekommen.
Die Verordnung regele den Einsatz der polizeilichen Einsatzmittel nach
bisheriger Praxis, hielten Vertreter der bürgerlichen Parteien
fest.
Wenn Taser statt Schusswaffen benützt würden, könne das
Risiko für die
Betroffenen verringert werden. Die Verordnung halte ja fest, dass nur
speziell ausgebildeten Polizisten die Geräte anwenden
dürften.
Quelle: SDA/ATS
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HEROIN-ABGABE
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20min.ch 20.5.09
Heroinabgabe ab 2010 geregelt
Die heroingestützte Behandlung als Therapieform von
Schwerabhängigen
kann im nächsten Jahr weitergeführt werden. Der Bundesrat hat
die neuen
Bestimmungen auf den 1. Januar 2010 in Kraft gesetzt.
Die heroingestützte Behandlung ist im Betäubungsmittelgesetz
auf den
31. Dezember 2009 befristet geregelt. Damit sie weitergeführt
werden
kann, müssen die entsprechenden Artikel des revidierten
Betäubungsmittelgesetzes spätestens am 1. Januar 2010 in
Kraft sein.
Mit der am 30. November 2008 vom Stimmvolk angenommenen Änderung
des
Betäubungsmittelgesetzes ist die heroingestützte Behandlung
als
unbefristete, reguläre Therapieform für schwerabhängige
Heroinkonsumentinnen und -konsumenten im Gesetz verankert worden.
Die restlichen Änderungen des Betäubungsmittelgesetzes sollen
zu einem
späteren Zeitpunkt - voraussichtlich auf den 1. Januar 2011 - in
Kraft
gesetzt werden, da diese umfangreiche Anpassungen im Verordnungsrecht
verlangen.
Quelle: SDA/ATS
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NEONAZIS CH
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Tagesanzeiger 20.5.09
Juso will auf Rechtsextreme treffen
Sempach. - Der Kanton Luzern fürchtet, dass es an der Gedenkfeier
zur
Schlacht bei Sempach vom kommenden 27. Juni zu einer Konfrontation
zwischen Rechtsextremen und jungen Linken kommt. Die Jungsozialisten
(Juso) haben laut dem "SonntagsBlick" in Sempach ein Gesuch
eingereicht, um am gleichen Samstag mit einer Kundgebung gegen
neonazistische Gruppen demonstrieren zu dürfen.
Sie will damit erreichen, dass die Luzerner Behörden die
Rechtsextremen
künftig an der Feier nicht mehr tolerieren. "Wir sind nicht
erfreut
über dieses Gesuch", sagt Urs Hangartner, Sprecher der Luzerner
Kantonsregierung. "Die Formulierungen der Juso lassen Zweifel daran,
dass die Feier ruhig verläuft", sagt Hangartner. Die Regierung
werde
das Gespräch mit allen Gruppen suchen und die Situation dann neu
beurteilen. Bisher stellte sie sich stets auf den Standpunkt, die
Rechtsextremen so lange gewähren zu lassen, wie sie die Feier
nicht
stören.
In grösserer Zahl erschienen die Neonazis erstmals 2006 an der
Sempacher Feier. Im gleichen Jahr beschränkten die Organisatoren
der
1.-August-Feier auf dem Rütli zum ersten Mal den Zugang zur
Nationalwiese. Die Rechtsextremen suchten sich daher eine neue
Plattform für ihre provokativen Auftritte. Letztes Jahr
marschierten
250 Rechtsextreme am Umzug in Sempach mit. Ob die Juso mit ihrer
Gegendemonstration in Sempach willkommen ist, hat die Stadt noch nicht
entschieden. Zurzeit prüft sie das Gesuch. Stadtpräsident
Franz
Schwegler sagt jedoch, dass "die Rechtsextremen bisher keinen Anlass
zur Kritik gegeben haben". (dav)
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20min.ch 20.5.09
Neonazi-Aufmarsch in Sempach
"Eine Gegendemo ist kontraproduktiv"
von Adrian Müller
Jedes Jahr marschieren mehr Rechtsextreme an der Schlachtfeier von
Sempach auf. Nun ruft die Juso zu einer Gegendemo auf. Der
Stadtpräsident von Sempach fürchtet sich derweil vor
Grabenkämpfen.
In glühender Mittagssonne marschieren die verkleideten
historischen
Krieger mit Hellebarde und Armbrust bewaffnet vom Städtchen
Sempach zum
Winkelrieddenkmal, dem Zentrum des einstigen Schlachtfelds. Am Umzug
nehmen rund 1000 Personen teil, darunter etwa 250 Rechtsextreme aus dem
Dunstkreis der Partei National Orientierter Schweizer PNOS. Eine Person
trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift "Friedrich Laibacher -
Nationalheld" und feiert damit den Amokschützen von Zug.
Rechtsextreme in die Schranken weisen
So spielte sich die Schlachtfeier von Sempach im vergangenen Jahr ab.
"Solange die Rechtsextremen die Feier nicht stören, stellen sie
für uns
kein Problem dar. Darum distanzieren wir uns auch nicht von ihnen",
sagte damals der Luzerner CVP-Regierungspräsident Markus Dürr
gegenüber
20 Minuten Online. Die Regierung distanzierte sich wiederholt nur
zaghaft von den Neonazis. Jetzt wollen die Jungsozialisten die
Rechtsextremen in die Schranken weisen. Sie organisieren am 27. Juni
2009, dem Tag der Schlachtfeier, eine Kundgebung gegen eben diese
gängige Praxis und fordern die Luzerner Regierung und das OK der
Schlachtfeier auf, sich endlich von Rechtsextremen zu distanzieren und
ihnen keinen Platz bei ihrem Umzug zu gewähren.
Gegendemo ist kontraproduktiv
Der Stadtpräsident von Sempach hält gar nichts vom Gebaren
der
Jungsozialisten: "Die Demo der Juso ist kontraproduktiv, denn so
bekommen die Rechtsradikalen, was sie wollen: Aufmerksamkeit",
erklärt
Franz Schwegler auf Anfrage. Er befürchte, dass die Schlachtfeier
politisch missbraucht und für ideologische Grabenkämpfe
benutzt wird.
Schwegler hält es durchaus für möglich, dass die
Rechtsextremen wieder
in gleichem Rahmen auftreten dürfen wie im vergangenen Jahr. "Wie
der
Anlass gestaltet wird, entscheiden wir zusammen mit der Luzerner
Kantonsregierung." Sowieso werde die Brisanz dieses Anlasses
überschätzt.
Die Pnos zeigt sich unbeeindruckt über den Aufmarsch der Linken:
"Die
stören uns nicht, es herrscht schliesslich Meinungsfreiheit", so
Pnos-Mediensprecher Markus Martig. Auf ihrer Homepage geben sich die
Rechtsextremen lammfromm: "Während des Marsches ist der Konsum von
Tabak und Alkohol zu unterlassen", steht auf der Parteiwebseite.
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Berner Rundschau 19.5.09
Langenthal
Weitere Geschäfte
Pnos macht Rückzieher
"Alle religiösen Bauten sollen in Zukunft durch das Volk
gutgeheissen
werden." So die Absicht von Motionär Timotheus Winzenried (Pnos).
Der
Gemeinderat stellte gestern Abend Antrag auf
Nichterheblicherklärung
dieses Vorstosses, "weil die Umsetzung schwierig wäre", so Stapi
Thomas
Rufener (SVP). Es stelle sich nämlich die Frage, ob nach der
Umsetzung
des Vorstosses der Bau eines Vordachs beim Kirchgemeindehaus auch vom
Volk gutgeheissen werden müsste. "Die Erteilung von
Baubewilligungen
ist aber kein politischer Entscheid", begründete Rufener die
Haltung
des Gemeinderates. Winzenried glaubte offenbar nicht an Erfolgschancen
im Stadtrat und zog seine Motion deshalb zurück. Der Pnos-Stadtrat
begründete: "Es herrschen zu viele Unklarheiten." (tg)
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NEONAZIS BRD
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Tagesanzeiger 20.5.09
In Deutschland nehmen die rechtsextremen Gewalttaten zu
Berlin. - In Deutschland ist die Zahl rechtsextremer Straftaten im
letzten Jahr um 15,8 Prozent auf 19 894 angestiegen. Doch ist die
Bundesrepublik nach den Worten von Innenminister Wolfgang Schäuble
vor
allem weiter im "Visier gewaltbereiter Islamisten". Es sei dem
Glück
und der Arbeit der Sicherheitsbehörden zu verdanken, dass es
bisher
keine erfolgreichen Anschläge gegeben habe.
Beunruhigt äusserte sich Schäuble auch über einen
wachsenden Einfluss
von Neonazis in der rechtsextremen NPD. Besorgt stimmten den Minister,
der am Dienstag den Jahresbericht 2008 des Verfassungsschutzes
vorlegte, zudem die "autonomen Nationalisten", die ähnlich wie
Gruppierungen im linksextremen Spektrum gewaltsame Auseinandersetzungen
wollten. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz,
Heinz
Fromm, schätzte die "autonomen Nationalisten" auf 400 bis 500
Personen.
Dies sei nur ein Zehntel der gewaltbereiten Linksextremisten. Neu sei
aber, dass nun auch Rechtsextremisten gezielt gewaltsam vorgingen.
sagte Fromm. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth warf
Schäuble vor, die
Gefahr durch Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus vollkommen
unterschätzt zu haben. Auch in Österreich, Ungarn, Tschechien
und
Italien gewinnen rechtsextreme Kräfte an Gewicht. (SDA)
Kommentar 5. Spalte, Bericht Seite 5
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Mehr Neonazis, mehr Gewalt in Deutschland
Doerfler Kordula; Hénard Jacqueline; Knellwolf Thomas; Odehnal
Bernhard
In Deutschland steigt die Zahl der rechten Gewalttaten. Der
Innenminister aber hat vor allem die Islamisten im Blick.
Von Sascha Buchbinder, Berlin
Die Rechtsextremen in Deutschland sind zunehmend gut organisiert und
gewalttätiger. Der am Dienstag in Berlin vorgestellte
Verfassungsschutzbericht zeigt, dass die Zahl der Gewalttaten von 980
im Jahr 2007 auf 1042 letztes Jahr stieg. Erstmals seit langem weist
der Bericht auch wieder zwei Getötete aus. Dennoch zeigte sich
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gelassen. "In dieser
·Legislatur haben wir im Kampf gegen Terrorismus und Extremismus
einiges erreicht", erklärte er und lobte die
Sicherheitsbehörden. Den
Anstieg rechter Gewaltdelikte um 6,3 Prozent schob er mit der Bemerkung
beiseite, dass dies dem Auftreten der neuen, besonders gewaltbereiten
Gruppe von 400 bis 500 "Autonomen Nationalisten" zuzuschreiben sei.
Das "Erreichte" in Sachen Bekämpfung rechter Gewalt sieht
allerdings
eher beunruhigend aus, wenn man tatsächlich auf die Zeit vor
Schäuble
zurückblickt: Im Jahr 2004 wurden in Deutschland 832 rechte
Gewalttaten
registriert. Mithin ist die Zahl während der laufenden
Legislaturperiode um 25 Prozent gestiegen. Darauf angesprochen,
schränkte Schäuble die Gültigkeit seines Stolzes auf den
Antiterrorkampf ein. Im Übrigen appellierte er an die Zivilcourage
seiner Landsleute. "Das Wichtigste sind engagierte Bürger",
erklärte er.
146 rechtsextreme Bands
Die engagierten Bürger in Deutschland sind durch die rechten
Umtriebe
jedoch wachsenden Belastungen ausgesetzt. Die Zahl der NPD- und
Neonazi-Demonstrationen stieg letztes Jahr um 19 auf 155.146
rechtsextreme Bands und 30 Liedermacher hetzen in ihrer Musik gegen
Andersdenkende, Ausländer und Juden. Der Präsident des
Bundesverfassungsschutzes, Heinz Fromm, wies darauf hin, dass dieses
Jahr zweimal Gewerkschafter von Rechtsextremisten angegriffen worden
waren. "Das ist ein neues Phänomen", stellte Fromm fest.
Die Fälle unorganisierter, spontaner Gewalt gingen letztes Jahr
leicht
zurück. "2008 waren die Taten stärker rechtsextremistisch
motiviert",
lautet Fromms Einschätzung. Passend dazu registrierten die
Behörden bei
der vergleichsweise moderat rechtsextremen Deutschen Volksunion (DVU)
einen Mitgliederschwund von 7000 auf 6000. Auch bei der rechtsextremen
NPD führten Richtungsstreit und Finanzprobleme zu einem leichten
Rückgang der Mitgliederzahlen von 7200 auf 7000 Personen. Dagegen
zählte der Verfassungsschutz 4800 Neonazis in Deutschland - 400
mehr
als ein Jahr zuvor.
Dennoch warnte Fromm davor, die NPD zu unterschätzen. Zwar
scheiterte
die Partei letztes Jahr bei den Landtagswahlen in Hessen, Niedersachsen
und Bayern. Aber bei den Kommunalwahlen in Sachsen konnte sie ihre
Sitzzahl verdreifachen. Und im Unterschied zur DVU versucht die NPD
seit längerem, die wachsende Zahl von Neonazis und Kameradschaften
zu
integrieren, um eine rechte Volksfront zu schaffen. Finanzchaos und
hohe Strafzahlungen machten die NPD nicht handlungsunfähig, meinte
Fromm. Trotzdem bekräftigte Schäuble am Dienstag sein Nein zu
einem
Verbotsverfahren. Die Hürden für ein Parteiverbot seien sehr
hoch. Das
gescheiterte erste Verfahren habe sich als Bumerang erwiesen, weil die
Partei sich anschliessend als verfolgte Unschuld darstellen konnte.
Unübersehbar beschäftigt der islamistische Terror den
Innenminister
ungleich stärker als die Gewalttaten rechter Schläger und
Brandstifter.
2008 wurde Deutschland erstmals in eigenen Videobotschaften von
al-Qaida bedroht. Inzwischen kursieren mehrere deutschsprachige Droh-
und Werbevideos im Netz. "Wir reden hier nicht von
Spassveranstaltungen", erklärte Schäuble. Die sogenannte
Sauerlandgruppe habe versucht, Bomben zu bauen, die 40-mal stärker
sein
sollten als bei den Anschlägen in London: "Das sind keine
eingebildeten, sondern reale Gefahren." Als grösste Bedrohung
werten
die Behörden die wachsende Zahl von Islamisten, die in Deutschland
aufgewachsen sind und nun nach Pakistan reisen. Aus den dortigen
Terrorlagern kämen sie radikalisiert und im Widerstand ausgebildet
zurück.
--
Europas Rechtsextremisten sind unterschiedlich stark
Schweiz
Das Bundesamt für Polizei weist einen Rückgang von
Gewalttaten der
Szene mit konstant 1200 Mitglieder aus: Statt vorher jährlich 50
bis 64
Delikte verzeichnete es für 2008 noch 24 - vom Brandanschlag auf
eine
Fricktaler Asylunterkunft bis zur Attacke Schweizer Rechtsextremer an
einem Liechtensteiner Fest. Beobachter Hans Stutz erklärt sich den
Gewaltrückgang so: "Da sich die Szene gefestigt und besser
organisiert
hat, werden gewaltbereite Angehörige diszipliniert." (tok)
Frankreich
Hat Nicolas Sarkozy es geschafft, die Rechtsextremisten in Frankreich
zu marginalisieren? Die Absichtserklärungen zur Europawahl deuten
in
diese Richtung: Für den Front national wollen nur noch 4 Prozent,
für
zwei neue linksextremistische Parteien hingegen rund 10 Prozent der
Befragten stimmen. Die Schwäche der Rechtsextremisten hängt
mit dem
Alter ihrer Führungsfigur, Jean-Marie Le Pen, zusammen. Seine
Tochter
Marine hat zwar den Biss, nicht aber die Anziehungskraft ihres Vaters.
An Konkurrenten, die das Wählerpotenzial des Front national
umwerben,
mangelt es nicht. (JH)
Italien
In Italien, das seine faschistische Vergangenheit nie wirklich
aufgearbeitet hat, ist unter der neuen Regierung Berlusconi ein
Rechtsruck der Gesellschaft zu beobachten. Immer wieder werden Akte von
Selbstjustiz gegenüber Immigranten bekannt. Zahlen über
rechtsextreme
Straftaten sind selbst beim Innenministerium nur schwer
erhältlich, das
sich auf den Kampf gegen illegale Einwanderer konzentriert.
Anfällig
gegenüber rechtsextremem Gedankengut ist die militante Ultra-Szene
der
Fussballklubs. (kd)
Österreich
Parallel zum Aufstieg der Freiheitlichen Partei (FPÖ) gewinnt auch
die
rechtsextreme Szene an Stärke. Etliche Politiker der FPÖ sind
Mitglieder deutschnationaler Burschenschaften. Vor allem in den
Bundesländern Steiermark und Oberösterreich stellen die
Verfassungsschützer Aktivitäten von Neonazi-Gruppen fest.
Neonazis aus
dem nahen Bayern halten ihre Feiern und Konzerte gerne in kleinen
oberösterreichischen Orten ab, da die Polizei hier eher wegsieht.
2008
verzeichnete die Polizei 831 Anzeigen wegen rechtsextremer
Aktivitäten.
Im Jahr zuvor waren es noch 752. (bo)
Ungarn
Die rechtsextreme Partei Jobbik kandidiert bei den EU-Wahlen zum ersten
Mal bei nationalen Wahlen, das Ergebnis gilt deshalb auch als
Gradmesser für die Stärke der Rechtsextremen in Ungarn. Die
von Jobbik
gegründete paramilitärische Ungarische Garde rekrutiert
weiterhin
Mitglieder und provoziert mit Aufmärschen durch Roma-Quartiere.
Die
Ungarische Garde wurde zwar wegen Verhetzung gerichtlich verboten, die
Regierung tut jedoch nichts, um dieses Verbot auch umzusetzen. (bo)
--
Kommentar
Rechte Gefahr verharmlost
Von Bernhard Odehnal, Wien
Die rechtsextreme Gewalt in Europa hat einen neuen Höhepunkt
erreicht.
In Deutschland haben rechte Straftaten seit 2004 um 25 Prozent
zugenommen. In Österreich werden KZ-Opfer attackiert, in Italien
machen
rechte Bürgerwehren Jagd auf Rumänen und Afrikaner, in Ungarn
werden
Roma gelyncht. Die Szene ist gut vernetzt: Wird ein Skinhead-Konzert in
Deutschland verboten, weicht man nach Tschechien oder Österreich
aus.
Aktionen werden über Homepages koordiniert, deren Server für
die Justiz
unerreichbar in den USA stehen.
Die Wirtschaftskrise bringt den rechtsextremen Gruppen neue
Mitläufer.
Wer seiner Wut über die Globalisierung, die Politik oder den
verlorenen
Arbeitsplatz Luft machen will, provoziert mit dem Bruch des letzten
Tabus: mit Witzen über den Holocaust, mit NS-Symbolen. Das
garantiert
Aufregung und mediale Aufmerksamkeit. Wie bei jenen Jugendlichen in
Oberösterreich, die vor Besuchern einer KZ-Gedenkstätte mit
dem
Hitlergruss aufmarschierten.
Doch der harte Kern, die gewaltbereite Szene, ist in allen Ländern
noch
relativ klein. Zum echten Problem wird Rechtsextremismus erst, wenn
bürgerliche und sozialdemokratische Parteien sich nicht klar
abgrenzen.
Wenn Skinheads Ausländer verprügeln, Asylbewerberheime
anzünden oder
Gewerkschafter attackieren, ist die Empörung gross. Im politischen
Alltag verpufft sie. Die ungarischen Konservativen arbeiten in den
Gemeinden mit der rechtsradikalen Partei Jobbik zusammen, in Tschechien
bekommen die Neonazis vor ihren Aufmärschen durch Roma-Quartiere
oft
Informationen aus den lokalen Verwaltungen. Österreichische
Volkspartei
und Sozialdemokraten buhlen um die ausländer- und islamfeindliche
FPÖ
als Koalitionspartner. Verbote rechtsextremer Organisationen werden
diskutiert - und verworfen.
Die Verharmlosung sendet ein Signal an die Wähler, an die Polizei
und
die Gerichte: So schlimm sind die Rechtsextremen gar nicht. Auch
Deutschlands Innenminister Wolfgang Schäuble sieht sein Land trotz
der
neuen Zahlen vor allem von Islamisten bedroht. Den Kampf gegen den
Rechtsextremismus überlässt er dem "engagierten Bürger".
---
NZZ 20.5.09
Mehr rechtsextreme Gewalt in Deutschland
Innenminister Schäuble warnt vor dem militanten Islamismus
Deutsche Rechtsextreme haben im vergangenen Jahr noch mehr
Straftaten
verübt als 2007. Eine Gefahr für die Demokratie geht laut dem
Verfassungsschutz auch von militanten Islamisten aus. Innenminister
Schäuble hält die Republik trotzdem für ideell
krisenresistent.
U. Sd. Berlin, 19. Mai
Das Grundgesetz, die deutsche Verfassung, wird dieser Tage 60
Jahre
alt, und seit Anfang der fünfziger Jahre wird seine Einhaltung vom
Bundesamt für Verfassungsschutz geschützt. Zusammen mit
dessen
Präsidenten Heinz Fromm hat Innenminister Wolfgang Schäuble
am Dienstag
den Verfassungsschutzbericht 2008 vorgestellt, in dem im Vergleich zum
Vorjahr eine starke Zunahme politisch motivierter Kriminalität
konstatiert wird, vor allem bei Rechtsextremen, die um 15,8 Prozent
mehr Straftaten und 6,3 Prozent mehr Gewalttaten verübten.
Gegen ein NPD-Verbots-Verfahren
Sorgen bereitet Schäuble primär das Erstarken der
autonomen
rechtsextremen Szene, die nicht nur gewalttätiger geworden ist,
sondern
immer öfter die Verhaltensweisen von Linksextremen imitiert und
auch
bei bewilligten Demonstrationen und ähnlichen Anlässen
auftaucht. Bei
Maifeiern beispielsweise zeigen sich seit längerem
regelmässig
Neonazigruppen, so dieses Jahr in Berlin oder in Dortmund, wo
Rechtsextremisten friedlich demonstrierende Gewerkschafter angriffen.
Häufiger geworden sind auch Attacken auf Linksextreme, die
ihrerseits
ihre Angriffe gegen Rechtsextreme oder vermeintliche Rechtsextreme 2008
geringfügig zurückgeschraubt haben. Beunruhigend ist laut
Schäuble,
dass die Zahl der Neonazis erneut gestiegen ist. Dagegen gibt es
weniger NPD-Mitglieder. Dezidiert und mit der ihm eigenen Lakonie
lehnte Schäuble einmal mehr einen neuen Anlauf zu einem
Verbotsverfahren gegen die NPD ab. Ein solches stünde
verfassungsrechtlich auf tönernen Füssen und könnte sich
im Falle eines
Scheiterns als Bumerang erweisen, sagte er.
Stark zugenommen hat laut dem Verfassungsschutzbericht die
Gefahr, die
Deutschland durch gewaltbereite Islamisten droht. Dass sich Berlin im
Rahmen der Uno-Bemühungen zum Wiederaufbau in Afghanistan
engagiert,
hat laut Fromm Deutschland verstärkt ins Visier islamistischer
Terroristen gerückt. Deren Ausbildungslager im
pakistanisch-afghanischen Grenzbereich würden auch von jungen, in
Deutschland aufgewachsenen Islamisten besucht und stellten damit eine
reale Gefahr für die Sicherheit des Staates dar. Fromm sprach von
einer
neuen Qualität der Bedrohung. Ein spezielles Augenmerk der
Verfassungsschützer gilt der Gruppe von Terroristen oder
potenziellen
Terroristen, die der zweiten Einwanderergeneration angehören und
in
Deutschland aufgewachsen sind, sowie dem Internet, das auch für
die
Islamisten längst zum wichtigsten Kommunikations- und
Propagandamedium
geworden ist.
Spionage ist offenbar "normal"
Nicht ganz so dramatisch sieht es bei den Gewalttaten mit
linksextremem Hintergrund aus. Hier stieg die Zahl der Straftaten um 13
Prozent, die der Gewalttaten ging indessen um 15,8 Prozent zurück.
Während Rechtsextreme konstant und flächendeckend kriminell
werden und
dabei oft auf eigene Faust Hatz gegen Ausländer - vor allem gegen
solche mit dunkler Haut - machen, treten gewaltbereite Linksextreme
meist geballt und bei besonderen Anlässen wie etwa Kundgebungen
gegen
die Globalisierung, gegen Kernenergie oder Rechtsextremismus in
Erscheinung. Nach wie vor beobachtet wird auch die Partei "Die Linke".
Sie bietet laut dem Bericht noch immer Anhaltspunkte für
extremistische
Bestrebungen, da sie eine politische Umgestaltung der Republik
verfolge, die mit den entscheidenden Merkmalen eines freiheitlichen
demokratischen Staates unvereinbar sei. Eher belustigend wirkt in einer
Zeit, in der selbst CDU-Politiker Staatsbeteiligungen an Banken
vorschlagen, der Hinweis, dass die Linken-Europaabgeordnete Sahra
Wagenknecht die Frage, ob sie den BMW-Konzern enteignen würde,
bejaht
habe.
Wegen seiner geopolitischen Lage und als Standort von zahlreichen
Unternehmen mit Spitzentechnik ist Deutschland ein attraktives Ziel
für
fremde Geheimdienste. Laut dem Verfassungsschutzbericht werden deutsche
Unternehmen und Regierungsstellen immer öfter zum Ziel von
Hackern, die
im Auftrag ausländischer Geheimdienste arbeiten. Besonders aktiv
sind
dabei offenbar Russland und China. An die grosse Glocke wollten dies am
Dienstag allerdings weder Schäuble noch Fromm hängen.
Solcherlei
Aktivitäten scheint man im offiziellen Berlin - im Gegensatz zum
gewaltbereiten Extremismus - augenscheinlich nicht als
aussergewöhnlich
oder besonders besorgniserregend einzustufen. Spionage, so das nicht
ausgesprochene Fazit, ist unangenehm, aber "normal".
"Erwachsene" Bundesrepublik
Schäuble verfolgte bei der Präsentation des
Verfassungsschutzberichts
ein doppeltes Ziel. Einerseits war ihm spürbar daran gelegen,
seinen
Verfassungsschützern und ihrem Chef Fromm gute Arbeit zu
attestieren.
Mit Glück und Umsicht sei man an schweren Anschlägen im
vergangenen
Jahr vorbeigekommen, was nicht zuletzt solider Aufklärungsarbeit
zu
verdanken sei, sagte der Minister. Anderseits wies er klar auf die
steigende Gefährdung der inneren Sicherheit hin und qualifizierte
die
wachsende Gewaltbereitschaft im rechten und im islamistischen Lager als
sehr besorgniserregend. Dass die Wirtschaftskrise den Extremisten
Zulauf bescheren könnte, stellte Schäuble indessen mit
erstaunlicher
Verve in Abrede. Man habe es in Deutschland mit einer "erwachsen
gewordenen Demokratie" zu tun. Anders als vor dem Zweiten Weltkrieg sei
der Respekt vor der Rechtsstaatlichkeit tief verankert, und Umfragen
zeigten, dass die Bevölkerung der Krise erstaunlich ernst und
gelassen
begegne.
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Bund 20.5.09
In Rüschenbluse statt Springerstiefeln
Frauen erobern sich ihren Platz in Deutschlands Neonazi-Szene
Frauen spielen in der deutschen Rechtsextremen-Szene eine zunehmend
wichtige Rolle. Unauffälliger als die Männer, aber nicht
minder radikal
versuchen sie die Gesellschaft mit neonazistischem Gedankengut zu
unterwandern.
Fabian Löhe, Berlin
Als sie ihre Karriere in der rechtsextremen Szene startete, konnte es
für Tanja Privenau nicht radikal genug zugehen. Drogendealern
wünschte
die damals 13-Jährige die Todesstrafe, Juden die Vernichtung und
dem
politischen Feind den "Tag der Abrechnung". Vor allem aber faszinierte
sie die klare Rollenteilung. "Echte Mannsbilder gab es dort noch. Der
Mann an der Waffe, die Frau am Herd", erinnert sich die Aussteigerin.
25 Jahre später sind aus den Heimchen am Herd heimliche Herrinnen
geworden. Innerhalb der Rechtsextremen sind die Neonazi-Frauen heute
der soziale Kitt, ohne den praktisch nichts mehr läuft. Nach
aussen
unterwandern sie dabei gezielt andere soziale Gruppen wie etwa
Jugendtreffs. Und weil die Frauen nicht grölen, sondern über
den
Gartenzaun hinweg plaudern, wirkt die rechte Szene weniger brutal.
Statt den Springerstiefeln wird das Image poliert. In Wahrheit aber
denken die Frauen nicht weniger radikal und schrecken auch vor Gewalt
nicht zurück. 30 Prozent der Neumitgliedschaften in der
Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) sollen Frauen sein,
ebenso viele wie bei den etablierten Parteien. Und der Ring Nationaler
Frauen (RNF), eine NPD-Unterorganisation, buhlt offenbar noch
erfolgreicher um Mitglieder: Ihre Zahl hat sich laut eigenen Angaben
innerhalb eines Jahres auf rund 150 verfünffacht. Qualitativ
gewinnen
Frauen ebenfalls an Einfluss: Der Verfassungsschutz geht davon aus,
dass sie den Rechtsextremismus in den vergangenen Jahren "ideologisch
modernisiert" haben.
Mitläuferin, dann Funktionärin
Auch Privenau ist über die Jahre bis in die Kaderspitze
gestürmt.
Nachdem sie mit der Neonazi-Ideologie von Kindesbeinen an aufgewachsen
war, wurde die heute 38-Jährige zunächst Mitglied in der
später
verbotenen Wiking-Jugend. In der Szene fand sie auch ihren ersten
Freund. Als Jugendliche schloss sie sich der - ebenfalls später
verbotenen - Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei an. Danach leitete
sie Freie Kameradschaften und brachte den rechten Nachwuchs auf Linie.
Zunächst musste sich Privenau gegen die Vorherrschaft der
Männer
durchboxen. Erst nach etwa zehn Jahren wurde klar: Aus der
Mitläuferin
war eine Funktionärin geworden. "Ich habe viele Demonstrationen
angemeldet und in Mecklenburg-Vorpommern die sogenannten national
befreiten Zonen mit aufgebaut", bekennt die Ex-Neonazi-Frau. Wenn es zu
Krawallen mit der Polizei kam, schleuderte auch sie Pflastersteine
gegen den "politischen Feind". Andere Aussteigerinnen berichten, dass
sie bei Gruppengewalt gegen Einzelne Schmiere gestanden, mit dem Handy
gefilmt oder selbst zugeschlagen haben.
Von aussen ist indes meist schwer zu erkennen, bei wem das Herz rechts
schlägt. Als die NPD kürzlich in ihrer Parteizentrale in
Berlin-Köpenick eine Versammlung zum 1. Mai abhielt, betreuten
Neonazi-Frauen die Hüpfburg auf dem Hinterhof und sorgten für
Speis und
Trank. Auf Plakaten wirbt der RNF für ein Muttergehalt. Mit Blusen
und
Röcken oder Hosenanzug wirken die rechtsextremen Frauen allenfalls
konservativ und adrett. Auf der RNF-Website etwa zeigt sich die
60-jährige Edda Schmidt aus Baden-Württemberg artig in
trachtenähnlicher Rüschenbluse an der PR-Front, die
47-jährige Katrin
Köhler aus Chemnitz mit geflochtenen Zöpfen. Wahlweise setzen
sie sich
für Brauchtum oder Alleinerziehende ein.
Unauffälliges Doppelleben
Solche Frauen lassen sich auch gerne in Elternbeiräte wählen;
hier
können sie die Gesellschaft relativ ungestört formen,
während sie für
die Aussenwelt ein Doppelleben führen. Stella Palau etwa hielt
sich
nach ihrem Umzug ins brandenburgische Hohen-Neuendorf zunächst mit
politischen Äusserungen zurück. Mutterrolle statt
Strassenkampf lautet
die Devise: An vorderster Front sprach sie in einem alternativen
Familienzentrum lieber über Ernährung und Kindererziehung.
Erst durch
einen Zufall erfuhren die Verantwortlichen dort: Palau ist Mitglied im
NPD-Bundesvorstand. Im Familienzentrum ist sie heute unerwünscht.
"Die Frauen sind weniger sichtbar als die Männer", sagt Esther
Lehnert
von der Mobilen Beratung Rechtsextremismus (MBR) in Berlin. Immer noch
greife das gängige Vorurteil, Frauen seien friedfertiger. "So sind
sie
als Rechtsradikale schwerer zu erkennen: Sie wirken sehr nett und
bürgerlich." Ein Trugschluss: "Die Frauen sind meist ideologisch
gefestigter", sagt Lehnert.
Behinderten Sohn misshandelt
Tanja Privenau hat vor vier Jahren mit ihren fünf Kindern mit
Hilfe der
Aussteiger-Organisation Exit dennoch den Absprung geschafft. Ihr
geistig behinderter Sohn wurde in Ferienlagern der mittlerweile
verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" eingesperrt, gefesselt und
verprügelt. Zu Hause warf ihr Ehemann beim Streit auch schon mal
den
Tisch durch das Zimmer, erinnert sie sich. Er brach ihr mehrere
Knochen, darunter das Steissbein. "Ich habe mich gefragt, ob ich das
für meine Kinder will - und bin dann aufgewacht", sagt Privenau.
Doch gerade für die 25 Frauen unter den 300 Aussteigern, die Exit
bisher betreut hat, ist die Kehrtwende besonders schwierig. Häufig
kommt es bei Paaren mit Kindern zum Sorgerechtsstreit. Privenau
erzählt, ihr Ex-Mann sei während der Scheidung von den
rechten
Kameraden finanziell unterstützt worden. Sie dagegen habe nicht
einmal
Prozesskostenhilfe beantragen können. Denn dann hätte sie
ihre neue
Identität offenlegen müssen. Geld sei aber auch für die
Therapien der
Kinder notwendig gewesen. "Ich kann es Frauen nicht empfehlen
auszusteigen. Es ist sehr gefährlich", warnt Privenau. "Ich
zweifle
jeden Tag daran, ob es mir noch einmal möglich sein wird, ein
normales
Leben zu führen."
---
Radio Corax (Halle) 15.5.09
Blut und Geist - Eisenacher Austellung über die Verbreitung der
nationalsozialistischen Ideologie durch Musik
http://www.freie-radios.net/mp3/20090515-blutundgei-28014.mp3
Musik ist ein herrliches Transportmittel. Alles mögliche wurde
schon
mit Hilfe von Musik vermittelt. Vom ABC bis hin zum Lied der
Ampelmännchen. Mit Musik geht eben alles besser. Sagt man ja so.
Oder
auch: Böse Menschen haben keine Lieder. Das würde ich so
allerdings
nicht ohne weiteres unterschreiben. Man denke nur an Charles Manson
oder an die CDs die hin und wieder von Alt- und Neonazis auf
Schulhöfen
verteilt werden. Mit Musik kann man nämlich herrlich politisieren
und
auch ein wenig die Gedanken der Zuhörer vernebeln. Dass dies kein
Phänomen des heutigen Medienzeitalters ist, zeigt eine aktuelle
Ausstellung in Eisenach. Dort wird nicht nur gezeigt, wie schon die
Nazis Musik für ihre ideologischen Zwecke einspannten, sondern
auch wie
die daran beteiligten Wissenschaftler nach dem Krieg weiter Karriere
machten.
Radio Corax sprach dazu mit Dr. Jörg Hansen, Eisenacher
Museumdirektor.
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STADTRAT 30.4.09
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SECURITAS-SPITZEL
15 Interpellation Luzius Theiler (GPB)/Lea Bill (JA!): Bespitzelt die
Securitas auch in Bern?
Geschäftsnummer 08.000237 / 08/385 Reg. 22/-00
Ein Bericht des westschweizer Fernsehens hat aufgedeckt, dass die
globalisierungskritische Organisation "Attac" während
längerer Zeit
durch eine eingeschleuste Agentin der Sicher-heitsfirma "Securitas",
offenbar in Zusammenarbeit mit der Waadtländer Polizei,
ausspioniert
wurde. Im Zusammenhang mit diesem Skandal ist bekannt geworden, dass
die Firma Securi-tas eine Tochtergesellschaft namens CRIME
INVESTIGATION SERVICES CIS AG betreibt, die gemäss Handelsregister
"das
Erbringen von Sicherheitsdienstleistungen, namentlich der
Durchführung
von Überwachungen und Nachforschungen sowie Einholung und
Vermittlung
von Auskünften und Informationen jeglicher Art" bezweckt. Die CIS
AG
führt nach eigenen Aussagen auch Aufträge von Gemeinden
durch, wobei
jedoch weiterhin die Securitas Anbie-terin und Auftragnehmerin bleibt.
Gemäss WOZ vom 19. Juni 2008 nahm ein Securitas-Angestellter an
der
bewilligten Anti-Wef-Demonstration vom 26. Januar 2008 teil und
fotogra-fierte die DemonstrantInnen. Wie im Geheimdienst-Milieu
üblich,
distanzierte sich der Securi-tas-Chef nach Enttarnung des Agenten von
der Aktion.
Die Stadt Bern hat mit der Securitas AG Leistungsverträge
über die
Kontrolle des ruhenden Verkehrs in Zonen mit Parkscheibenpflicht und
Parkkartenregelung sowie die Bewachung des öffentlichen Raums
(teilweise zusammen mit der Tochterfirma Securitrans AG)
abgeschlos-sen.
- Welche Leistungsverträge hat die Stadt mit der Securitas AG und
mit
Gesellschaften, an denen die Securitas AG wesentlich beteiligt ist,
abgeschlossen? Wurden einzelne dieser Leistungsverträge nach
Einführung
der "Police Bern" zu Beginn dieses Jahres vom Kanton übernommen?
- Werden auch Aufträge ausserhalb der Leistungsverträge
erteilt?
- Auf welchen Betrag belaufen sich 2007 gesamthaft die Vergütungen
der
Stadt an die Se-curitas AG und ihre Tochtergesellschaften?
- Hat die Stadt der Abteilung lnvestigation Services (IS) der Securitas
Aufträge erteilt? Wenn Ja, welche Aufgabenbereiche betrafen oder
betreffen sie?
- Ist die Abteilung lnvestigation Services (IS) der Securitas auch im
Rahmen der Securitas- Präsenz vor der Reitschule tätig? Wenn
Ja, in
welchen Funktionen?
- Erfolgte die "Begleitung" der Demonstration vom 26. Januar 2008 durch
die Securitas im Auftrag oder in Zusammenarbeit mit der Direktion
für
Sicherheit, Umwelt und Energie oder der "Police Bern"?
Bern, 26. Juni 2008
Interpellation Luzius Theiler (GPB)/Lea Bill (JA!), Hasim Sancar,
Cristina Anliker-Mansour, Urs Frieden, Emine Sariaslan, Christine
Michel, Stéphanie Penher, Karin Gasser, Rolf Zbin-den, Anne
Wegmüller,
Margrith Beyeler-Graf, Claudia Kuster
Antwort des Gemeinderats
Am 1. Januar 2008 wurde die Stadtpolizei Bern zum Kanton
überführt.
Seitdem tätigt die Stadt Bern keine gerichtspolizeilichen Aufgaben
mehr. Diese Aufgaben nimmt die Kantonspo-lizei wahr. Die
verkehrspolizeilichen Aufgaben sind allesamt an die Kantonspolizei
überge-gangen, so auch die Verträge zwischen der Securitas
und der
Stadt Bern im Zusammenhang mit der Überwachung des ruhenden
Verkehrs.
Die Stadtpolizei hat in den letzten Jahren zudem verschiedene
Bewachungsaufträge ausge-schrieben. Diese Verträge sind am 1.
Januar
2008 an das Polizeiinspektorat übergegangen.
Zu Frage 1:
Die Stadt Bern (Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie) hat
folgende Leistungsverträge mit der Securitas AG und mit
Gesellschaften,
an denen die Securitas AG wesentlich beteiligt ist, abgeschlossen:
Vertrag Reitschule Bern
Ziel: Gewährleisten der Sicherheit und Ordnung im
öffentlichen Bereich
in der Umgebung der Reitschule sowie Verhindern von Ansammlungen von
Drogendealerinnen und Drogendealern sowie Drogenkonsumentinnen und
Drogenkonsumenten.
Vertrag Hodlerstrasse 22
Ziel: Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung im
Eingangsbereich, im
Hof sowie punktuell in der näheren Umgebung zur
Drogenanlaufstelle.
Vertrag Kleine Schanze/Bundeshaus
Ziel: Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in der Parkanlage
Bundeshaus/Kleine Schanze sowie Durchsetzung der Parkordnung
(Grünanlage).
Vertrag Bereich Publikumsanlagen Bahnhof
Ziel: Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung während den
Nachtstunden im Bahnhof Bern. Insbesondere sollen Passantinnen und
Passanten vor Angriffen, Gefahren und Belästi-gungen
geschützt und das
Sicherheitsgefühl erhöht werden.
Vertrag Münsterplattform
Ziel: Schliess- und Öffnungsdienst gewährleisten.
Zu Frage 2:
Es wurden keine Aufträge ausserhalb der Leistungsverträge
erteilt.
Zu Frage 3:
Die Vergütungen der Stadt Bern an die Securitas AG und ihre
Tochtergesellschaften beliefen sich im Jahr 2007 auf knapp Fr. 900
000.00. Dieser Betrag resultiert aus den obgenannten Verträgen.
Mit SRB
179 vom 3. Mai 2007 wurde zur Verstärkung der
Sicherheitsmassnahmen im
Zusammenhang mit dem Vertrag Reitschule Bern ein Nachkredit zum
Globalbudget von Fr. 273 882.00 gesprochen. Mit SRB 488 vom 25. Oktober
2007 beschloss der Stadtrat in gleicher Sache einen weiteren Nachkredit
von Fr. 279 742.00.
Zu Frage 4:
Der Gemeinderat hat keine Aufträge an die Abteilung Investigation
Services (IS) der Securitas erteilt.
Zu Frage 5:
Die Abteilung Investigation Services (IS) ist nicht vor der Reitschule
tätig.
Zu Frage 6:
Weder die Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie noch die
Kantonspolizei haben der Securitas einen Auftrag erteilt. Die von den
Interpellanten erwähnte Begleitung ist dem Ge-meinderat nicht
bekannt.
Bern, 22. Oktober 2008
Der Gemeinderat
- Die Diskussion wird nicht verlangt. -
Interpellantin Lea Bill (JA!): Die enorm kurze Antwort des Gemeinderats
ist von einer Abwehr-haltung geprägt. Das lässt darauf
schliessen, dass
sich der Gemeinderat für das Thema nicht interessiert. Das ist
insofern
alarmierend, als dass der Gemeinderat alles andere als geizig ist mit
der Vergabe von Aufträgen an private Sicherheitskräfte.
Beispielsweise
beim Bahnhofreg-lement. Die negativen Folgen interessieren ihn
anscheinend nicht, was aus unserer Sicht sehr fragwürdig ist. Wir
fordern den Gemeindrat deshalb auf, in Zukunft mehr Weitblick und
Auf-merksamkeit an den Tag zu legen, ob die Aufgabenkompetenz jetzt bei
Police Bern liegt oder nicht. Wir sind mit der Antwort nicht zufrieden.
Beschluss
Die Interpellanten sind mit der Antwort des Gemeinderats nicht
zufrieden.
---
WEGWEISUNGEN
16 Interpellation Luzius Theiler (GPB): Weniger Wegweisungen in der
Stadt Bern
Geschäftsnummer 08.000279 / 08/434 Reg. 22/-00
Gemäss WOZ Die Wochenzeitung vom 21. August 2008 hat die
Kantonspolizei
im ersten Halbjahr 2008 in der Stadt Bern 78 Wegweisungen auf Grund von
Art. 29 des kantonalen Po-lizeigesetzes verfügt. Im Vorjahr hat
die
damals noch zuständige Stadtpolizei 448 Wegwei-sungen
verfügt. Noch
drastischer ist die Abnahme der Anzeigen wegen Widerhandlung gegen eine
Wegweisungsverfügung, nämlich von 668 im Jahre 2007 auf nur
noch 18 im
ersten Halb-jahr 2008. Allerdings seien diese Zahlen laut
Kapo-Sprecherin "noch nicht endgültig". Dies wirft folgende Fragen
auf:
1. Wann werden endgültige Zahlen über die Wegweisungen
bekannt gegeben?
2. Kann der Gemeinderat dafür garantieren, dass die polizeilichen
Statistiken durch die "Po-lice Bern" nach den gleichen
Erfassungsmethoden weitergeführt werden, wie bisher?
3. Welche rechtlichen politischen Handhaben hat der Gemeinderat, eine
korrekte statistische Erfassung der Polizeiarbeit durchzusetzen?
4. Auf welche Gründe führt der Gemeinderat den offenbar
starken Rückgang der Anwendung des Wegweisungsartikels
zurück?
5. Teilt der Gemeinderat die Ansicht, dass angesichts der schwindenden
Bedeutung der Wegweisungen auf die Anwendung des Wegweisungsartikels
gänzlich verzichtet werden kann?
Bern, 21. August 2008
Interpellation Luzius Theiler (GPB), Rolf Zbinden, Andreas
Flückiger,
Hasim Sancar, Karin Gasser, Stéphanie Penher, Lea Bill, Anne
Wegmüller,
Christine Michel, Emine Sariaslan, Margrith Beyeler-Graf, Christof
Berger, Ruedi Keller, Liselotte Lüscher, Corinne Mathieu,
Gio-vanna
Battagliero, Annette Lehmann, Miriam Schwarz, Guglielmo Grossi, Markus
Lüthi, Ursu-la Marti
Antwort des Gemeinderats
Die Anzahl der Wegweisungsverfügungen ist in den letzten Jahren
rückläufig.
Die in der Interpellation gestellten Fragen können vom Gemeinderat
wie folgt beantwortet werden:
Zu Frage 1:
Die Aussage der Kapo-Sprecherin, dass die Zahlen der Wegweisungen im
Jahr 2008 "noch nicht endgültig" seien, ist dahingehend zu
verstehen,
dass eine verbindliche Aussage mit ge-nauen Zahlen erst mit der
Jahresschlussstatistik (Anfang 2009) möglich sein wird.
Zu Frage 2:
Nein. Die administrativen Abläufe der Kantonspolizei Bern wurden
in
einigen Punkten ange-passt. Eine deckungsgleiche Statistik kann dadurch
nicht erstellt werden. Trotzdem kann der Gemeinderat bei der
Kantonspolizei die erforderlichen statistischen Zahlen einfordern, die
es ihm ermöglichen, politische Entscheidungen zu fällen.
Zu Frage 3:
Im Rahmen der jährlich zu erstellenden Jahresplanung können
die
Vertragsparteien des Res-sourcenvertrags die Bemessung und das
Controlling der Leistungen gemeinsam definieren. Dies erlaubt es dem
Gemeinderat, in der Jahresplanung auch die konkrete statistische
Erfas-sung der Anzahl ausgestellter Fernhalteverfügungen
aufzunehmen.
Diesbezüglich gilt es je-doch zu beachten, dass die
Fernhalteverfügung
eine konkrete polizeiliche Massnahme unter vielen ist, um ein
sicherheitspolizeiliches Problem zu lösen. Die Kantonspolizei Bern
ent-scheidet bei der operativen Aufgabenerfüllung autonom, welche
polizeilichen Massnahmen sie ergreifen muss. Als Controllinginstrument
für den Nachweis polizeilicher Leistungen ist die Anzahl
ausgestellter
Fernhalteverfügungen daher ungeeignet. Dennoch könnte der
Gemein-derat
der Stadt Bern in der Jahresplanung 2010 darauf hinwirken, dass die
konkrete statisti-sche Erfassung der Anzahl Fernhalteverfügungen
als
Kennzahl aufgenommen wird, ohne dar-aus eine direkte Messgrösse
für die
erbrachten polizeilichen Leistungen abzuleiten.
Zu Frage 4:
Die verschiedenen Prozessanpassungen in den ersten Monaten des Jahrs
2008 erschwerten die Arbeit der Kantonspolizei wie auch die
zeitverzugslose Erfassung von statistischen Daten. Zudem wirkten sich
die personalintensiven Repressionstätigkeiten der Stadtpolizei
Bern in
den letzten Monaten des Jahrs 2007 sowie die kalte Jahreszeit zu Beginn
des Jahrs 2008 auf das Verhalten der Drogenabhängigen in der
Innenstadt
aus. Im Vergleich zum Vorjahr war die Drogensituation in den ersten
Monaten des Jahrs 2008 bedeutend ruhiger und die An-sammlungen waren
geringer. Die Bautätigkeiten im Bahnhofbereich und die daraus
resultie-renden Auswirkungen veränderten das Verhaltensmuster der
Suchtkranken zusätzlich. Zudem kam es aufgrund der hohen
Polizeipräsenz
während der EURO 08 zu weniger Ansammlungen im Drogenbereich.
Schliesslich hat die Evaluation des Projekts PINTO gezeigt, dass dort,
wo PINTO tätig ist, die Zahl der Wegweisungen deutlich
zurückgegangen
ist.
Zu Frage 5:
Die Kantonspolizei Bern ist verpflichtet, den von den Stimmberechtigten
des Kantons Bern angenommenen Gesetzesartikel (Art. 29 Bst. b PolG) in
der Praxis umzusetzen. Seit dem 1. Januar 2008 sind zudem strategische
und operative Aufgaben im Bereich der Sicherheit zwischen der Stadt
Bern und der Kantonspolizei Bern aufgeteilt. Gemäss Artikel 12d
PolG
legt die Kantonspolizei die operativen und taktischen Belange,
insbesondere die Einsatzstär-ke sowie die einzusetzenden Mittel
fest.
Dabei werden Wegweisungen und Fernhaltungen nur als ultima ratio
angewendet, sind aber ein wichtiges Mittel für die tägliche
Polizeiarbeit. Im Rahmen der strategischen Belange kann somit die Stadt
Bern nicht über die Anwendung von polizeilichen Massnahmen
entscheiden.
Bern, 17. Dezember 2008
Der Gemeinderat
Der Stadtrat gewährt die Diskussion (39 Ja, 19 Nein). -
Interpellant Luzius Theiler (GPB-DA): Danke, dass Sie die Diskussion
gewähren und damit nicht eine Tradition eingeläutet haben,
nämlich dass
jetzt sämtliche Diskussionen kategorisch abgelehnt werden. Ich bin
mit
der Antwort nicht zufrieden. Sie bestätigt die Befürchtung,
die wir
bezüglich der Kantonalisierung der Polizei hatten. In Zukunft
werden
wir noch weniger statistische Angaben über die Tätigkeit der
Polizei
haben. Das ist in der Antwort zu Frage 3 eindeutig herauszulesen. In
der Antwort ist etwas falsch. Es stimmt nicht, dass die Kantons-polizei
verpflichtet ist Artikel 29 des kantonalen Polizeigesetzes anzuwenden.
Die Polizei ist überhaupt nicht verpflichtet Leute wegzuweisen. Im
kantonalen Polizeigesetz Artikel 29 steht, "Die Kantonspolizei kann
Personen von einem Ort vorübergehend wegweisen." Die Antwort ist
zeitlich völlig überholt. Sie stammt vom 21. August 2008 und
es ist ein
Witz, dass wir erst heute über diese Antwort diskutieren. Ich
weiss
nicht, ob es zuviel verlang ist, wenn man eine derart überholte
Antwort
kurz bevor sie dem Stadtrat vorgelegt wird, updaten würde. Aber da
ist
der Gemeinderat wahrscheinlich überfordert. In der zweiten
Jahreshälfte
2008 hat es wie-der mehr Wegweisungen gegeben. Es wäre wichtig,
dass
man solche Zahlen jeweils im Jah-resbericht veröffentlicht. Ich
bin mit
der Antwort nicht zufrieden.
Fraktionserklärungen
Beat Zobrist (SP) für die SP/JUSO-Fraktion: Der Interpellant weist
auf
einen Schwachpunkt hin. Der Gemeinderat weiss nicht, wie häufig
die
Kapo wegweist, er kennt deren Abläufe zu-wenig. Seine Antwort
überzeugt
nicht. Er könnte die erforderlichen statistischen Zahlen
ein-fordern
und darauf hinwirken, dass die Fernhalteverfügungen als Kennzahl
aufgenommen werden. Der Gemeinderat sagt nicht, ob er dies wirklich
macht. Vielleicht weiss er es noch gar nicht. Aber eigentlich ist es ja
alles gar nicht so erstaunlich. Obschon wir explizit eine Auswer-tung
der Wegweisungen gefordert haben, hat der Gemeinderat nie eine gemacht.
Der Ge-meinderat kennt also die konkreten Auswirkungen im
öffentlichen
Raum nicht. Er weiss nicht, wie lange die Wegweisungen wirken und ob
die Weggewiesenen nicht nach einiger Zeit wie-der dort sind, wo sie
eigentlich nicht sein sollten. Der Gemeinderat gebraucht einmal mehr
das Allerweltswort "ultima ratio". Er kennt aber die Kriterien für
"ultima ratio", die effektive Wegweisung, nicht. Wir müssen
vermuten,
dass die Reklamationen der Passanten und Pas-santinnen, die
Tagesstimmung einzelner Polizisten, das politische Tagesgeschäft,
die
Forde-rung der Medien oder einfach der Zufall ist, wenn eine Wegweisung
ausgesprochen wird. Wir sind immer noch der Meinung, dass Wegweisungen
unnötig sind. Vor allem wenn die Wegge-wiesenen
Drogensüchtige und
Dealer sind. Bei den Drogensüchtigen nützt es nichts und
dea-len ist
strafbar. Dann würde man die Dealer besser festnehmen. Immerhin
weist
der Gemein-derat darauf hin, dass die Wegweisungen in den letzten
Jahren zurückgegangen sind. Wir bitten den Gemeinderat, sich mit
dem
Thema Wegweisungen wieder ernsthaft zu befassen. Man kann nicht einfach
sagen, dass dies jetzt operativ und die Kantonspolizei verantwortlich
sei. Man kann den Wegweisungsartikel anwenden, muss aber nicht. Das ist
dann immer auch eine strategische Frage. Wir wollen eine seriöse
Statistik. Wir fordern eine klare Absicht. Wir wollen auf das
Instrument, das Menschen ausgrenzt, in Zukunft verzichten. Wir weisen
darauf hin, dass der Stadtrat bereits am 18. Januar 2007 eine Motion
von GB/JA! angenommen hat, die den Verzicht auf die Anwendung des
Instruments Wegweisung beinhaltet. Der nächste Schritt wird jetzt
sein,
dass der Gemeinderat eine anständige, interessante und wirklich
auf-klärende Antwort auf ein Postulat der GB/JA!- und
SP/JUSO-Fraktion
gibt, das am 26. März eingereicht wurde. Dort verlangen wir, dass
der
Gemeinderat aufzeigen soll, was er in Rich-tung Verzicht bisher gemacht
hat und wie er Informationen bei der Kapo erhält. Wir bleiben
dran.
Lea Bill (GB) für die GB/JA!-Fraktion: Statistische Erfassungen
der
Wegweisungen sind wich-tig. In diesem Punkt stimmen wir dem Gemeinderat
zu. Deshalb stellen wir dem Gemeinderat die Frage, ob er bereit ist zu
versprechen, dass er die konkrete statistische Erfassung der
Wegweisungen als Kennzahl aufnehmen wird. Das hat er nämlich in
der
Antwort zu Frage 3 erwähnt. Die Erfassung von Wegweisungen ist
aber nur
die eine Seite. Genauso wichtig ist, dass die Entwicklung rund um die
Wegweisungen verfolgt wird. Dabei muss unter anderem die Frage gestellt
werden, wo sich die weggewiesenen Leute aufhalten. Die Weggewiesenen
lösen sich ja nicht einfach in Luft auf, sie werden vom einen zum
anderen Ort vertrieben.
Hans Peter Aeberhard (FDP) für die FDP-Fraktion: So wie man die
Fragen
stellt, gibt es auch die Antworten. Luzius Theiler nimmt es sonst sehr
genau. Ich verstehe die Frage so, dass die Polizei oder der Gemeinderat
Zahlen bekannt geben sollen, wie viele Wegweisungen nach Artikel 29 im
besagten Jahr verfügt worden sind. Wenn man aber Artikel 29 des
Polizeigeset-zes liest, kann es sich offensichtlich nur um die
Wegweisungen gemäss Ziffer b handeln. Die-se werden verfügt,
wenn der
begründete Verdacht besteht, dass eine Person andere Perso-nen
oder
innerhalb einer Versammlung die öffentliche Sicherheit
gefährdet oder
stört. Es geht nur um diesen Absatz. Ich nehme nicht an, dass, was
zum
Verzicht der Wegweisungen ge-sagt wurde, auch auf Ziffer f angewendet
werden soll. Dort geht es um Wegweisungen, wenn eine Person eine oder
mehrere andere Personen in der physischen, psychischen oder sexuel-len
Integrität gefährdet oder ernsthaft bedroht an Leib und Leben
zu
verletzen, insbesondere in Fällen häuslicher Gewalt. Alle
diese Fälle
sind in der Statistik enthalten. Die Frage hätte sich also allein
auf
Wegweisungen nach Ziffer b beziehen sollen. Zudem sollte man dann auch
noch wissen, was genau verfügt wird. Die Leute werden nicht vom
Bahnhof
nach Hinter-fultigen verwiesen, sondern nur von einem bestimmten Stein
oder einer Sitzgruppe oder ei-nem sehr lokalen Bereich. Sonst
können
sie sich frei in der Stadt bewegen. Sie können ge-mäss
Bundesgericht
sogar zum fraglichen Ort zurückkehren, wenn sie sich anders
verhalten,
als zum Zeitpunkt der Verfügung. Wir verstehen nicht, warum der
Gemeinderat derart auf Trab gehalten wird wegen dem bescheidenen
polizeilichen Instrumentarium. Die Wegweisung ist kein Drama. Wer sich
nicht anständig aufführt, soll weiterhin für eine
gewisse Zeit
wegge-wiesen werden können.
Beschluss
Der Interpellant ist mit der Antwort nicht zufrieden.
---
18 Motion Daniele Jenni (GPB)/Catherine Weber (GB)/Anne Wegmüller
(JA!)
vom 1. Juni 2006: Die Anwendung von Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe b
PolG: Anpas-sung der Wegweisungspraxis an neu festgelegte rechtliche
Vorgaben und Einlei-tung des Verzichts auf ihre Anwendung; Abschreibung
Geschäftsnummer 06.000148 / 08/449 Reg. 22/-00
Die Motion Daniele Jenni (GPB)/Catherine Weber (GB)/Anne Wegmüller
(JA!) vom 1. Juni 2006 wurde vom Stadtrat am 18. Januar 2007 erheblich
erklärt.
Seit nunmehr achteinhalb Jahren macht die Stadtpolizei in Bern
intensiven Gebrauch von Art. 29 Abs. 1 Bst. b des kantonalen
Polizeigesetzes (PolG), dem Wegweisungsartikel.
Die Bilanz dieser Praxis ist in jeder Hinsicht negativ:
Der Eingriff richtet sich gegen strafrechtlich zulässiges
Verhalten und
schränkt namentlich die Versammlungsfreiheit und die
Möglichkeiten
Betroffener, miteinander zu kommunizieren, in spürbarer Weise ein.
Seine Anwendung hängt überwiegend von der subjektiven
Beurteilung der
zuständigen Polizeiangehörigen ab und bildet damit Gegenstand
eines
kaum eingrenzba-ren Ermessens. Die Gefahr willkürlicher Anwendung
ist
naturgemäss gross und in der Realität kaum zu umgehen.
Die Massnahme trifft immer weitere Personenkreise, ohne dass die vielen
Verzeigungen we-gen Missachtung der entsprechenden Verfügungen zu
anderem führten als zu einer Kriminali-sierung der Betroffenen.
Selbst
möglicherweise gut gemeinte Massnahmen wie PINTO liessen die Zahl
der
Wegweisungen und Anzeigen nicht sinken. So wurden 2004 560 Wegweisungen
verfügt, die 1'035 Anzeigen wegen Aufenthalts im verbotenen
Perimeter
zur Folge hatten, und 2005 führten 407 Wegweisungen zu mehr als
1'400
derartigen Anzeigen wegen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen
(Art.
292 StGB).
Das Aufenthaltsverbot, als präventives Mittel gedacht, ist zur
rein
repressiven Massnahme geworden, von einer "ultima ratio" kann entgegen
den wiederholten Zusicherungen des Ge-meinderates nicht die Rede sein.
Zu Gunsten unsäglicher Ziele wie Stadthygiene und Säube-rung
des
öffentlichen Raumes werden auf Kosten von Grundfreiheiten Symptome
bekämpft, Probleme aber nicht gelöst, sondern
verschärft.
Am 21. April 2006 hat das Bundesgericht den Entscheid 1 P.579/2005 vom
25. Januar 2006 zur Staatsrechtlichen Beschwerde von dreizehn auf Grund
von Art. 29 Abs. 1 Bst. b PolG vom Berner Bahnhof-Perimeter A
weggewiesenen Personen mit schriftlicher Begründung eröffnet
und im
Internet publiziert: http://www.bger.ch/index/iuridiction/jurisdiction-inherit-template/
jurisdiction-recht/jurisdiction-recht-urteile2000.htm [Eingabe:
1P.579/2005].
Bereits am 16. August 2005 hatte auch der Regierungsstatthalter I von
Bern den Entscheid 8.9.9/6-2005 zur Verwaltungsbeschwerde einer
weiteren weggewiesenen Person gefasst.
Beide Entscheide haben zusammen mit dem Entscheid 21758U des kantonalen
Verwaltungs-gerichts vom 17. Mai 2004 der Wegweisungspraxis bei
grundsätzlicher Genehmigung von Art. 29 Abs. 1 Bst. b PolG einen
immerhin eingrenzenden Rahmen gegeben.
So werden die Beschwerdeführer laut Bundesgericht "durch die
Wegweisungs- und Fernhal-teverfügungen in ihrer individuellen
Bewegungsfreiheit nicht berührt. Sie können ungeachtet der
streitigen
Massnahmen den Bereich des Bahnhofs und den umschriebenen Perimeter zu
beliebigen Zwecken benützen. Sie werden auch nicht daran
gehindert,
sich im bezeichneten Areal zu treffen und zu versammeln und
meinungsbildende, -austauschende und -äussernde Kontakte zu
pflegen,
wie das möglicherweise auch andere Gruppen tun. Der Eingriff in
die
Versammlungsfreiheit und die persönliche Freiheit beschränkt
sich
vielmehr auf das mit er-heblichem Alkoholkonsum gekoppelte
Zusammenfinden und Zusammensein und die nachteili-gen
Begleiterscheinungen."
Das Bundesgericht ergänzt so den Regierungsstatthalter, welcher
schon
festgestellt hatte, "der Konsum von Alkohol allein genügt im
Übrigen
nicht, um einen begründeten Verdacht auf Gefährdung und/oder
Störung
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung anzunehmen, ebenso wenig
der
Konsum eines einzelnen Joints. ... Nach dem Gesagten vermag der
Alkohol- und Drogenkonsum der Personenansammlung die
Wegweisungsverfügung nicht zu rechtfertigen". Laut
Regierungsstatthalter gilt auch, "das gestörte sittliche Empfinden
der
Passantinnen und Passanten wäre zudem allenfalls ein
zusätzlicher
Hinweis darauf, dass eine Störung oder Gefährdung der
öffentlichen
Ordnung stattgefunden hat. Für sich alleine genügt es nicht,
um eine
Störung oder Gefährdung zu bejahen. Das Empfinden der
Passantinnen und
Passanten ist sehr subjektiv und bildet keinen objektiven Massstab. Dem
Beschwerdeführer ist demnach recht zu geben, wenn er vorbringt,
dass
die Beschwerden, Gesten und Bemerkungen von Passantinnen und Passanten
keinen qualifizierten Verdacht auf Störung und/oder
Gefährdung der
öffentlichen Ordnung begründen würden, da ansonsten
Einschätzungen
beliebiger Dritt-personen zum Richtmass polizeilichen Handelns werden
würden".
Zusammenfassend stellt die bisherige Rechtspraxis damit folgende
Richtlinien auf:
1. Wegweisungen sind erst dann möglich, wenn der Alkohol- und
leichte
Drogenkonsum in Gruppen erfolgt, erheblich ist und sich darüber
hinaus
nachteilige Begleiterscheinungen daraus ergeben.
2. Auch Weggewiesene dürfen sich in Gruppen treffen, soweit der
Alkohol- und leichte Dro-genkonsum nicht erheblich ist und sich
darüber
hinaus nicht nachteilige Begleiter-scheinungen daraus ergeben.
3. Negative Reaktionen Dritter bilden keinen Wegweisungsgrund.
4. Die Polizei hat Wegweisungen und Anzeigen wegen angeblicher
Missachtungen von Wegweisungen genau und konkret zu begründen. Die
Verwendung von Textbausteinen mit Verallgemeinerungen reicht nicht.
Diese Grenzsetzungen sind in Zukunft einzuhalten. An der
grundsätzlichen Fragwürdigkeit der Wegweisungsbestimmung
ändern sie
aber wenig, denn Sanktionen wegen nicht strafbarem Verhalten und
Eingriffe in Grundrechte auf Grund subjektiver Urteile über
zulässiges
Verhal-ten sind und bleiben mit einer freiheitlichen Ordnung letztlich
unvereinbar. Am Verzicht auf die Anwendung von Art. 29 Abs. 1 Bst. b
PolG führt darum kein Weg vorbei.
Aus all diesen Gründen werden dem Gemeinderat folgende Richtlinien
gegeben:
1. Ab sofort und so lange Art. 29 Abs. 1 Bst. b PolG angewendet wird,
sind die sich aus der Rechtspraxis dazu ergebenden Richtlinien
einzuhalten.
Dies gilt insbesondere für folgende Grundsätze:
a) Wegweisungen sind erst dann möglich, wenn der Alkohol- und
leichte
Drogenkonsum in Gruppen erfolgt, erheblich ist und sich darüber
hinaus
nachteilige Begleiterscheinungen daraus ergeben.
b) Auch Weggewiesene dürfen sich in Gruppen treffen, soweit der
Alkohol- und leichte Dro-genkonsum nicht erheblich ist und sich
darüber
hinaus nicht nachteilige Begleiter-scheinungen daraus ergeben.
c) Negative Reaktionen Dritter bilden keinen Wegweisungsgrund.
d) Die Polizei hat Wegweisungen und Anzeigen wegen angeblicher
Missachtungen von Wegweisungen genau und konkret zu begründen. Die
Verwendung von Textbausteinen mit Verallgemeinerungen genügt
nicht.
2. Die Zahl der in Anwendung von Art. 29 Abs. 1 Bst. b PolG
verfügten
Wegweisungen wird innerhalb von höchstens sechs Monaten nach
Oberweisung dieser Motion sukzessive ge-senkt, danach wird der Erlass
solcher Verfügungen ganz eingestellt.
3. Spätestens nach diesem Zeitpunkt sind ausschliesslich
problembezogene, faire, nichtpo-lizeiliche und nicht auf polizeiliche
Intervention gerichtete Möglichkeiten, mit dem Ver-hältnis
zwischen
strafrechtlich zulässigem Verhalten und sich daraus ergebenden,
als
störend empfundenen Auswirkungen umzugehen, anzuwenden. Dabei kann
sich
der Ge-meinderat an Modellen orientieren, die diesen Voraussetzungen
entsprechen. Im Falle, dass es beibehalten werden sollte, ist das
Projekt PINTO an diesen Rahmen anzupas-sen.
4. Die Präventionsmassnahmen im Suchtbereich sind unter Beizug
gassennaher Institutio-nen zu überprüfen, anzupassen und
allenfalls
auszubauen.
Bern, 1. Juni 2006
Motion Daniele Jenni (GPB), Catherine Weber (GB), Anne Wegmüller
(JA!),
Natalie Imboden, Urs Frieden, Hasim Sancar, Myriam Duc, Simon
Röthlisberger, Stefanie Arnold, Franziska Schnyder, Beni Hirt,
Sarah
Kämpf, Gisela Vollmer, Ursula Marti, Giovanna Battagliero,
And-reas
Krummen, Miriam Schwarz, Stefan Jordi, Raymond Anliker, Patrizia
Mordini, Liselotte Lüscher, Hasim Sönmez, Annette Lehmann,
Claudia
Kuster, Michael Aebersold, Ruedi Keller, Andreas Zysset, Rolf Schuler,
Karin Gasser, Christof Berger, Nadia Omar, Thomas Göttin
Bericht des Gemeinderats
Zu den in der Motion vorgeschlagenen Richtlinien nimmt der Gemeinderat
wie folgt Stellung:
Zu Ziffer 1:
Entgegen der Ansicht der Motionärinnen und Motionäre setzt
die
Kantonspolizei Bern bei der Anwendung von Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe
b des kantonalen Polizeigesetzes vom 8. Juni 1997 (PolG; BSG 551.1)
auch weiterhin die sich aus der Rechtspraxis ergebenden Richtlinien
umgehend um. Die Mitarbeitenden der Kantonspolizei Bern werden dazu
laufend geschult. Ausserdem wird eine Qualitätskontrolle
durchgeführt.
Damit wird sichergestellt, dass die Kan-tonspolizei Bern die
Anforderungen bei der Anwendung des Wegweisungsartikels (z.B.
Um-schreibung des Sachverhalts) einhält.
Zu Ziffer 2:
Die Kantonspolizei Bern ist verpflichtet, den von den Stimmberechtigten
des Kantons Bern angenommenen Gesetzesartikel (Art. 29 Bst. b PolG) in
der Praxis umzusetzen. Seit dem 1. Januar 2008 sind zudem strategische
und operative Aufgaben im Bereich der Sicherheit zwischen der Stadt
Bern und der Kantonspolizei Bern aufgeteilt. Gemäss Artikel 12d
PolG
legt die Kantonspolizei die operativen und taktischen Belange,
insbesondere die Einsatzstär-ke sowie die einzusetzenden Mittel
fest.
Im Rahmen der strategischen Belange kann somit die Stadt Bern nicht
über das wie, d.h. die Anwendung von polizeilichen Massnahmen,
entschei-den.
Zu Ziffer 3:
Die Erfahrungen der Kantonspolizei in den beiden letzten Jahren haben
die Ansicht des Bun-desgerichts bestätigt, wonach der
Wegweisungsartikel ein geeignetes Mittel darstellt, um die
Szenenbildung im öffentlichen Raum zu verhindern. Die vom
Gemeinderat
zusätzlich ange-ordneten Massnahmen wie der Einsatz von Pinto oder
die
Patrouillentätigkeit der Securitas haben gezeigt, dass
nicht-polizeiliche Massnahmen einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung
von Szenenbildungen im öffentlichen Raum leisten und damit die
Anzahl
der Wegweisungen reduzieren.
Zu Ziffer 4:
Angebote der Suchtprävention und allgemeinen
Gesundheitsförderung
werden gemäss Sozi-alhilfegesetz von der Gesundheits- und
Fürsorgedirektion des Kantons Bern bereitgestellt. In der Stadt
Bern
bieten im Auftrag des Kantons verschiedene Institutionen
suchtpräventive An-gebote an. Dazu gehören: Blaues Kreuz,
Stiftung
Berner Gesundheit, Stiftung Contact Netz. Ob und wie die gassennahen
Institutionen bei der Ausarbeitung von Präventionsmassnahmen
einbezogen
werden, ist daher Sache dieser Institutionen bzw. des Kantons. Ein
Einbezug der gassennahen Institutionen in die städtische
Suchtpolitik
erfolgte bei der Ausarbeitung der neuen Suchtstrategie. Zudem kommt es
themenweise immer wieder zu Kontaktaufnahmen (z.B.
Strassenprostitution, Wohnen etc.).
Folgen für das Personal und die Finanzen
Keine.
Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die erheblich erklärte
Motion abzuschreiben.
Bern, 17. Dezember 2008
Der Gemeinderat
FSU-Sprecher Bernhard Eicher (JF): Die Kommission FSU empfiehlt mit
knappem Mehr die Abschreibung der Motion. Die Minderheit ist der
Auffassung, dass die Motion noch nicht erfüllt ist. Ich werde die
Standpunkte der Mehrheit zu den vier geforderten Punkten darlegen. Bei
Punkt 1 ist die Kommission der Meinung, dass es die Pflicht der
Kantonspolizei ist, die ge-setzlichen Regelungen und Entscheide des
Bundesgerichts einzuhalten. Dieser Punkt ist ob-solet. Ausserdem hat
uns der Gemeinderat versichert, dass regelmässige Schulungen und
auch
eine Qualitätskontrolle stattfinden. Bei Punkt 2 ist die Mehrheit
der
Auffassung, dass es sich bei der Wegweisung um eine kantonale
Bestimmung handelt. Die Stadt kann nicht ein-fach sagen, dass diese
hier nicht gelten soll. Punkt 3 erfüllt der Gemeinderat bereits,
wie er
der Kommissionsmehrheit glaubhaft darlegen konnte, darum wollen wir
auch diesen Punkt abschreiben. Zu Punkt 4: Gesundheitsorganisationen
wie das Blaue Kreuz, Contact Netz oder Stiftung Berner Gesundheit sind
kantonal. Der Kanton entscheidet also, ob bei diesen aus- oder abgebaut
wird.
Fraktionserklärungen
Lea Bill (JA!) für die GB/JA!-Fraktion: Der Gemeinderat beantragt
die
Abschreibung einer Mo-tion, die er noch nicht annähernd
erfüllt hat. In
den drei Jahren seit der Überweisung hat er bestimmt nicht viel
Zeit
damit verbracht, ernsthaft über die Möglichkeiten eines
Verzichts auf
den Wegweisungsartikel nachzudenken. Stattdessen stell er sich auf den
Standpunkt, dass der Wegweisungsartikel unabdingbar und aus dem
Repertoire der Polizei nicht wegzudenken sei. Dass dies dazu
führt,
dass die Leute auf der Gasse vom einen zum anderen Ort getrieben
werden, wird völlig ausgeblendet. Ebenso ausgeblendet wird, dass
Wegweisungen immer wieder zu Willkür führen. Die
Grenzziehung, wann
eine Wegweisung möglich ist, ist nicht im-mer klar. Die Antwort
des
Gemeinderats darauf ist, dass die Mitarbeitenden der Kantonspoli-zei
laufend geschult werden und dass es eine Qualitätskontrolle gibt.
Warum
es in der Praxis trotzdem immer wieder zu Willkür kommt,
beantwortet er
nicht. Aufgrund der sturen Haltung und der Tatsache, dass der
Gemeinderat nicht annähernd auf die Forderungen der
Motionä-rinnen und
Motionäre eingeht, sind wir nicht bereit, der Abschreibung
zuzustimmen.
Damit wollen wir den Gemeinderat zwingen, sich doch noch einmal
Gedanken über Sinn und Unsinn von Wegweisungen zu machen.
Barbara Streit-Stettler (EVP) für die GFL/EVP-Fraktion: Wir
stimmen der
Abschreibung aus formalen Gründen zu. Es handelt sich um eine
Richtlinienmotion und es macht wenig Sinn, diese aufrecht zu erhalten.
Wir finden es besser, möglichst rasch einen neuen Vorstoss zu dem
Thema
einzureichen. Beispielsweise ein Postulat, bei dem man über den
Prüfungsbericht diskutieren kann. Das Thema ist für uns
keineswegs
erledigt. Wir sind enttäuscht, dass die Zahl der Wegweisungen
trotz
PINTO immer noch so hoch ist. Dies zeigt, dass die Wegwei-sung noch
immer nicht als "ultima ratio" angewendet wird, nämlich dann, wenn
alle
anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Wegweisungen sind
nicht bloss
ein operatives Mittel der Polizei. Sie gehören zur Strategie, wie
man
in der Stadt Bern mit Problemen umgeht. Wir er-warten, dass der
Gemeinderat weiter mit der Kantonspolizei verhandelt und sich nicht auf
den Standpunkt stellt, dass man mit Police Bern nichts mehr machen
könne. Für uns ist die Ab-grenzung von operativ und
strategisch noch
nicht klar. Wir erwarten einen starken Gemeinde-rat, dem es nicht egal
ist, wie der Kanton in der Stadt Polizeiarbeit leistet. Wir haben einen
Vertrag mit dem Kanton und bezahlen für bezogene Leistungen. Da
haben
wir bei den Leis-tungen auch mitzureden.
Tanja Sollberger (GLP) für die GLP-Fraktion: Den
Wegweisungsartikel im
Polizeigesetz gibt es nun seit acht Jahren. Er ist gemäss
Bundesgericht
verfassungskonform und geeignet, Szenenbildungen zu vermeiden. Er ist
auch vom Berner Stimmvolk gutgeheissen worden. Das Problem an der
Motion ist, dass sie sich mit kantonalem Recht befasst, das nur sehr
be-schränkt in unserer Kompetenz liegt. Wir können aber
konkrete Zahlen
und Gründe über Wegweisungen einfordern. Darum sind wir
bereit, die
Motion abzuschreiben. In einer freiheit-lichen und liberalen
Gesellschaft darf eine Wegweisung nur als letztes Mittel eingesetzt
wer-den. Selbst dann besteht immer die Gefahr der Willkür. Aus
pragmatischer Sicht muss man aber anerkennen, dass es Situationen gibt,
in welchen Wegweisungen unumgänglich sind.
Giovanna Battagliero (SP) für die SP/JUSO-Fraktion: Wir wollen die
Motion aus inhaltlichen Gründen nicht abschreiben. An dem Vorstoss
sieht man deutlich, dass sich der Gemeinderat seit Police Bern gerne
auf den Standpunkt stellt, dass er nichts mehr zu sagen habe, weil dies
in den operativen Bereich falle. Gerade Wegweisungen sind aber nicht
operative, sondern strategische Entscheidungen. Darum darf sich der
Gemeinderat nicht einfach hinter Police Bern verstecken. Er muss
handeln und dezidiert die Haltung vertreten, die ihm der Stadtrat
vorgibt. Wir sind nicht bereit, die Motion abzuschreiben.
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PINTO
17 Interpellation Luzius Theiler (GPB): Angekündigte Bussenrazia
gegen sogenann-te Abfallsünder: PINTO als Ghüder-Polizei?
Geschäftsnummer 08.000269 / 08/437 Reg. 22/-00
Interpellation Luzius Theiler (GPB): Angekündigte Bussenrazzia
gegen sogenannte Abfallsünder: PINTO als Ghüder-Polizei?
Ab dieser Woche will die Stadt "Schwerpunktaktionen im Bereich der
Repression" gegen sog. Abfallsünder durchführen. Neben
wirklichem
Fehlverhalten sollen nach Berlusconi-italienischem Vorbild auch
Lappalien wie das achtlose Wegwerfen eines Zigarettenstummels oder das
um kurze Zeit zu frühe Herausstellen eines Kehrichtsackes
gebüsst
werden. Eben-falls soll gegen sog. "wilde" Plakate, oft von
kulturellen, politischen oder anderen gemeinnüt-zigen
Organisationen
aufgehängt, vorgegangen werden. Mit der Bussenverfügung ist
eine
Registrierung der Personalien verbunden. Gemäss Medienmitteilung
der
Direktion für Sicher-heit, Umwelt und Energie sollen neben
Gewerbepolizei und Kantonspolizei auch die Einsatz-gruppe PINTO
für die
Bussenrazzia eingesetzt werden.
1. PINTO wurde als Organ der aufsuchenden Gassenarbeit ohne
Verfügungsbefugnisse konzipiert. KritikerInnen haben allerdings
von
Anfang an vorausgesagt, dass PINTO zum Werkzeug der Polizei wird. Wird
PINTO jetzt als Ghüder-Polizei eingesetzt?
2. Die angekündigte Bussenaktion stützt sich auf den
kantonalen
Ordnungsbussenkatalog. Zu dessen Anwendung braucht es jedoch in jedem
konkreten Falle eine genügende recht-liche Grundlage. Für die
angekündigten Bussenerhebungen für Bagatellvergehen finden
sich weder
im kantonalen Abfallgesetz noch im städtischen Abfallreglement
genügende rechtliche Grundlagen. Nach Urteil eines Berner
Einzelrichters ist z.B. das "wilde" Plaka-tieren auf Bauwänden
legal.
Auf welchen rechtlichen Grundlagen will die Stadt Bussen für die
erwähnten Bagatelltatbestände erheben?
3. Auf welchen rechtlichen Grundlagen beruht die Registrierung der
"Abfallsünder" und was passiert mit diesem Register?
4. Wie verhält sich im Zeitpunkt der Beantwortung dieses
Vorstosses das
Verhältnis zwi-schen Kosten und Nutzen der repressiven Massnahmen?
Bern, 14. August 2008
Interpellation Luzius Theiler (GPB), Rolf Zbinden, Cristina
Anliker-Mansour, Lea Bill
Antwort des Gemeinderats
Die Schwerpunktaktion im Bereich der Repression ist Teil der
Gesamtkampagne "Subers Bärn - zäme geit's!". Seit
Frühling 2008 hat die
Stadt Bern ihre Reinigungsleistungen ausgebaut und appelliert mit
Präventions- und Sensibilisierungsmassnahmen an die
Selbstverantwortung
der Bernerinnen und Berner. Ziel ist es, Strassen, Plätze, Tram,
Bus
und Grünanlagen sauber und attraktiv zu halten. Als Teil dieser
Kampagne setzte die Stadt von Mitte August bis nach Mitte September
2008 einen Schwerpunkt im Bereich der repressiven Massnahmen gegen
Littering. An ausgewählten Plätzen und Entsorgungsstellen
führte das
Polizeiinspektorat ver-mehrt Patrouillen durch und wurde dabei von der
Kantonspolizei, Pinto sowie der Direktion für Tiefbau, Verkehr und
Stadtgrün unterstützt. Die Kontrollen sollten durchaus auch
im Sinne
der Prävention wirken. Im Rahmen dieser zeitlich begrenzten
Schwerpunktaktion nahm Pinto an vier Tagen während jeweils drei
Stunden
Sensibilisierungsaktionen zum Thema Littering vor. Dabei wurden
Benut-zerinnen und Benutzer des Waisenhausplatzes und der Grossen
Schanze darauf aufmerksam gemacht, dass Littering in Bern generell
gebüsst werden kann.
Zu Frage 1:
Die Pinto-Mitarbeitenden verfügen über keinerlei polizeiliche
Kompetenzen und stellen daher auch keine Bussen aus. Im Gegensatz zur
Polizei können sie aber gesetzeswidriges Verhal-ten thematisieren
und
über das Gespräch Verhaltensänderungen
herbeiführen, ohne dass es zu
einer Anzeige oder einer Abmahnung kommt. Genau dies wurde im Rahmen
der Sensibili-sierungsaktion angestrebt. Es handelt sich also in keiner
Weise um einen Einsatz, der als "Ghüder-Polizei"-Einsatz
bezeichnet
werden kann.
Zu Frage 2:
Es ist richtig, dass die Sanktionierung von Littering sich auf die
Verordnung vom 18. Sep-tember 2002 über die Ordnungsbussen
(Kantonale
Ordnungsbussenverordnung; KOBV; BSG 324.111) stützt. Massgebend
sind
dabei folgende Tatbestände gemäss Anhang der KOBV, Buchstabe
E:
E Abfallbewirtschaftung CHF
13. Hinauswerfen von Gegenständen aus dem
Fahrzeug (Art. 60 Abs. 6
der Verkehrsregelverordnung vom 13. November 1962 [VRV [SR 741.11]] )
100.00
14. Zurücklassen, Wegwerfen oder Ablagern
folgender Kleinabfälle
ausser-halb von Abfallanlagen oder Sammelstellen (Art. 37 Abs. 1 Bst.
ades Gesetzes vom 18. Juni 2003 über die Abfälle,
Abfallgesetz [AbfG
[BSG 822.1]]):
14.1 Hundekot 80.00
14.2 Inhalt eines Aschenbechers
80.00
14.3 Einzelne Kleinabfälle wie Dosen, Flaschen,
Papier, Verpackungen, Zigarettenstummel, Kaugummi, Essensreste
40.00
14.4 Kleinabfälle wie Dosen, Flaschen, Papier,
Verpackungen,
Zigaretten-stummel, Kaugummi, Essensreste bis zu einer Menge von
fünf
Litern 80.00
In der Regel erheben die uniformierten Polizeiorgane des Kantons die
Ordnungsbussen zu obgenannten Tatbeständen. Gemäss Artikel 8
Absatz 1
des Polizeigesetzes vom 8. Juni 1997 (PolG; BSG 551.1) kann der Kanton
die Erfüllung einzelner geeigneter Aufgaben der gerichtli-chen
Polizei
durch Vertrag an die Gemeinde übertragen. Im Rahmen des
vorliegenden
Pilot-projekts wurde ein von Mitte August 2008 bis Anfang November 2008
geltender Vertrag betreffend die Erhebung von Ordnungsbussen bei der
Abfallbewirtschaftung abgeschlossen. Somit waren die rechtlichen
Grundlagen gegeben, um Bussen gemäss den oben erwähnten
Tatbeständen
auszusprechen. Voraussetzung war, dass die Erhebung von Ordnungsbussen
ausschliesslich von entsprechend ausgebildeten und uniformierten
Personen erfolgen müsse. Die eingesetzten Mitarbeitenden der Orts-
und
Gewerbepolizei wurden im Vorfeld entspre-chend ausgebildet.
Rechtliche Grundlage betreffend wildes Plakatieren bildet das Reglement
vom 16. Mai 2004 über die Reklame in der Stadt Bern
(Reklamereglement;
RR; SSSB 722.51). Im Reklamereglement geht es nicht um das wilde
Plakatieren an Baugerüsten, sondern um Plakatieren an
schützens- und
erhaltenswerten Objekten (UNESCO-Weltkulturerbe).
Zu Frage 3:
Das Polizeiinspektorat führt kein Register der
"Abfallsünderinnen" und
"Abfallsünder". Von Gesetzes wegen müssen jedoch die
Anzeigedoppel 10
Jahre lang aufbewahrt werden.
Zu Frage 4:
Wie die Gesamtkampagne "Subers Bärn - zäme geits!" wird auch
der
Repressionsversuch evaluiert. Für den Repressionsschwerpunkt
(inkl.
Präventionsarbeit) wurden zirka 200 Ar-beitsstunden vor Ort
aufgewendet. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt kann gesagt werden, dass
die Plätze, auf denen die Aktionen durchgeführt wurden,
sauberer wurden
und die Bevölke-rung bezüglich Littering sensibilisiert
werden konnte.
Auch wurde die Aktion durch viele posi-tive Reaktionen untermauert. Zu
beachten ist sodann, dass der Grosse Rat des Kantons Bern in der
Novembersession 2008 die Motion Grimm (konkrete Massnahmen gegen
Littering) in-soweit überwiesen hat, als die Kantonspolizei
künftig
Littering strikter ahnden soll. Vor diesem Hintergrund hat der
Gemeinderat die zuständigen Stellen beauftragt, mit der
Kantonspolizei
Verhandlungen aufzunehmen, um die Art und Weise der Umsetzung der
Motion Grimm auf Stadtgebiet zu klären. Davon erhofft er sich
einen
deutlich spürbareren Beitrag der Kantons-polizei zur
Durchführung der
repressiven Massnahmen gegen Abfallsünderinnen und -sünder.
Bern, 17. Dezember 2008
Der Gemeinderat
- Der Stadtrat stimmt dem Antrag auf Diskussion zu (44 Ja, 9 Nein, 2
Enthaltungen). -
Interpellant Luzius Theiler (GPB-DA): Ich bin teilweise befriedigt von
der Antwort. Sie enthält interessante Informationen, auch wenn
einem
die Tatbestände nicht gefallen. Sie bestätigt, dass PINTO im
Rahmen
einer kurzfristigen Sondererlaubnis tatsächlich als eine Art
Polizei
eingesetzt worden ist. Mit diesem Pilotversuch wollte man herausfinden,
ob sich dies dauer-haft bewähren würde. Darum hat man wohl
zumindest
mit dem Gedanken gespielt, PINTO als Ortspolizei einzusetzen mit der
Befugnis, Ordnungsbussen einzusammeln. Das wäre in mei-nen Augen
ein
Missbrauch von PINTO, wenn man PINTO überhaupt missbrauchen kann.
Wir
waren genau aus diesem Grund PINTO gegenüber schon immer sehr
skeptisch. Wir haben immer vorausgesagt, dass PINTO zu diesem Zweck
eingesetzt würde und die eigentlichen Ziele nicht erreichen kann.
Weiter heisst es in der Antwort, dass sich die Ordnungsbussen auf das
kantonale Recht beziehen. Dieses widerspricht aber dem
eidgenössischen
Ordnungsbus-sengesetz, das sich ausschliesslich auf Vergehen im
Strassenverkehr bezieht. Man dürfte also auf kantonaler und
Gemeindeebene keine Ordnungsbussen erheben, die nicht im Zu-sammenhang
mit dem Strassenverkehr stehen. Schliesslich bestätigt die
Antwort, was
wir schon immer gesagt haben: Beim wilden Plakatieren bildet das
Reklamereglement die rechtli-che Grundlage. "Beim Reklamereglement geht
es nicht um das wilde Plakatieren an Bauge-rüsten, sondern um
Plakatieren an schützens- und erhaltenswerten Objekten
(UNESCO-Weltkulturerbe)." Wir haben immer wieder gesagt, dass das wilde
Plakatieren an sich nicht verboten ist, sondern nur, wenn es
beispielsweise Altstadtbauten verunstaltet. Es gibt aber viele andere
Orte, Baugerüste etwa oder wüste Betonwände, wo
Plakatieren nichts
Negatives hat. Endlich bestätigt die Stadt, dass dies erlaubt ist.
Nun
werden aber nach amtlichen Anga-ben von einer Equipe Arbeitsloser jedes
Jahr 12'000 Plakate heruntergerissen. Diese arbeiten zu einem sehr
schlechten Lohn, und trotzdem kostet das Ganze noch immer 91'000
Franken. Zum grössten Teil werden die Plakate nicht von
schützenswerten
Bauten abgerissen. Warum also setzt man so viel Geld und Energie ein,
um etwas zu bekämpfen, das gar nicht verboten ist? Ich bin
gezwungen,
einen weiteren Vorstoss zum Thema zu machen. Das ist wirklich eine
groteske Situation, aber ich bin dem Gemeinderat dankbar, dass er dies
so klar bestätigt hat. Ich bin nicht für Littering in der
Stadt, aber
das Problem lässt sich nicht mit Repression lösen. Die
Kübel müssten
häufiger geleert werden. Man hält sich auch mehr zurück,
seine Sachen
wegzuwerfen, wenn es sauber ist.
Fraktionserklärungen
Beat Zobrist (SP) für die SP/JUSO-Fraktion: Wenn der Interpellant
glaubt, PINTO werde als "Ghüder-Polizei" eingesetzt, befindet er
sich
auf dem Holzweg. PINTO ist einmal im Rahmen einer gezielten
Sensibilisierungsaktion auf der grossen Schanze und auf dem
Waisenhaus-platz eingesetzt worden. Dagegen ist nichts einzuwenden.
Abgesehen davon hat PINTO ein Pflichtenheft, das die Leute mit ihren
5,7 Stellen nicht einmal annähernd erfüllen können. Das
Verteilen von
Bussen für Littering gehört nicht dazu und liegt auch nicht
in ihrer
Kompetenz. Der Gemeinderat hat gesagt, dass PINTO im Jahr 2008 5'700
Stunden patrouillieren konnte. Wenn man das auf das Jahr verteilt, sind
das 6 Stunden, die eine Zweierpatrouille jeden Tag unterwegs sein kann.
PINTO ist ein sehr kleines Grüppchen verglichen mit der Polizei.
Nicht
schlecht finden wir aber, dass das Wegwerfen und Liegenlassen von
Abfall vermehrt gebüsst wird. Wir sind uns bewusst, dass es
schwierig
ist, die Täter zu ermitteln. Kartonschachteln und
Fast-Food-Verpackungen haben leider keine Erkennungsnummer, mit der
sich ermitteln liesse, wer sie weggeworfen hat. Die Blechkisten, die
überall in der Altstadt herumstehen, haben hingegen solche
Nummern.
Trotzdem bleibt die Kantonspolizei untätig, wie wir auf dem
Heimweg in
der Rathausgasse sehen werden.
Rahel Ruch (JA!) für die GB/JA!-Fraktion: Es ist ganz klar nicht
die
Aufgabe von PINTO, Pas-santinnen und Passanten auf fehlerhaftes
Verhalten bei der Abfallentsorgung hinzuweisen. Schliesslich steht auch
im Beschrieb der Aufgaben und Ziele von PINTO nichts dergleichen. Das
ist auch richtig so, ist doch PINTO das einzige Projekt in Bern, das
aufsuchende Gas-senarbeit macht. Auf diese Aufgabe soll sich PINTO
konzentrieren können. Wir gehen davon aus, dass PINTO mit seinem
Kerngeschäft genug zu tun hat. Die Kampagne "Subers Bärn -
Zäme geits"
muss mit anderen Mitteln durchgeführt werden. Ausserdem ist es
eine
Aufgabe von uns allen, einander darauf aufmerksam zu machen, dass
Abfall nicht liegengelassen wird.
Pascal Rub (FDP) für die FDP-Fraktion: Littering gehört
geahndet. Ich
bin aber auch nicht dafür, dass PINTO dafür eingesetzt wird.
Eine
Stunde Arbeit von PINTO kostet 130 Franken, eine Stunde der Securitas
50, 60 oder 70 Franken. Es macht darum auch aus wirtschaftlichen
Gründen keinen Sinn, wenn sich PINTO um Abfallsünder
kümmert. Ich
hoffe, es bleibt bei diesem einmaligen Versuch.
Henri-Charles Beuchat (CVP) für die BDP/CVP-Fraktion: Was Luzius
Theiler als wüste Be-tonwände bezeichnet, ist fremdes
Eigentum. Wenn er
dazu aufruft, darauf zu plakatieren, ist das mangelnder Respekt vor
fremdem Eigentum. Was es braucht, sind drakonische Strafen von 500
Franken und mehr für Littering. Die ersten, die diese Kasse
füllen
können, sind jene Stadträtinnen und Stadträte, die ihre
Zigaretten hier
unten einfach wegwerfen
Direktor SUE Reto Nause: "PINTO-Mitarbeitende verfügen über
keinerlei
polizeiliche Kompe-tenzen und stellen daher auch keine Bussen aus". Das
steht in der Antwort des Gemeinde-rats. PINTO-Mitarbeitende als
"Ghüder-Polizei" zu bezeichnen ist einfach falsch.
Beschluss
Der Interpellant ist mit der Antwort des Gemeinderats teilweise
zufrieden.