MEDIENSPIEGEL 23.5.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Demo gegen Polizerazzien BE
- Mahnwache Ausschaffungshaft SO
- Stiftung Progr gegründet
- Hyper-Nause im Tagi
- Homophobie: Comingout der SVP VS
- Anti-Gentech-Karawane Tag 13-14
- Big Brothers vs Hooligan-Grippe

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REITSCHULE
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Sa 23.05.09
20.30 Uhr - Tojo - Das Orchester von Jean Anouilh. Berner StudentInnentheater
20.30 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! La reina del condón. Silvana Ceschi , Reto Stamm, Schweiz 2007. In Anwesenheit von Silvana Ceschi
23.00 Uhr - Frauenraum - ANKLANG - die Erste: Elektroparty für das schwul-lesbische-heterogene Partyvolk
23.00 Uhr - Dachstock - Diskoquake: DJ Kaos & Khan "Disco Circus Tour" (Kitsune/K7/de), DJ Plastique de Reve (DFA/ch/de) -- disko/electro/

So 24.05.09
18.00 Uhr - Rössli-Bar - Piano-Bar
19.00 Uhr - Tojo - Das Orchester von Jean Anouilh. Berner StudentInnentheater

Infos: www.reitschule.ch

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POLIZEI-KRITIK BE
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BZ 23.5.09

Kundgebung

Afrikaner wehren sich gegen Polizei

Vertreter der afrikanischen Gemeinschaft fühlen sich von der Kantonspolizei schlecht behandelt. Sie verweisen in einem Communiqué auf zwei Razzien, die laut der Betroffenen auf inhumane Art und Weise durchgeführt worden waren. Die Razzien hatten am 15.Mai in zwei Läden stattgefunden, welche den afrikanischen Gemeinschaften als Treffpunkt dienen. Dabei stellte die Polizei laut einer Zeitungsmeldung 1,5 Kilogramm Kokain sicher. Gestern veranstaltete die afrikanische Gemeinschaft eine Demo, um gegen die rassistische Haltung der Polizei gegenüber Afrikanern zu protestieren. Sie marschierten von der Heiliggeistkirche zur Kantonspolizei am Waisenhausplatz.
pd

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AUSSCHAFFUNGSHAFT SO
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Indymedia 22.5.09
http://ch.indymedia.org/de/2009/05/69320.shtml (mit Fotos)

Ausschaffungshaft verlängert - Familie auseinandergerissen

AutorIn : augenauf Bern: http://www.augenauf.ch     

Mutter mit gemeinsamer Tochter Ausschaffungshaft verlängert - Solothurner Behörden reissen Familie auseinander

Medienmitteilung von augenauf Bern vom 20. Mai 2009     

Dokumentation des Falles
http://ch.indymedia.org/media/2009/05//69324.pdf

Forderungen
http://ch.indymedia.org/media/2009/05//69325.pdf

Die Menschenrechtsgruppe augenauf Bern hat heute Nachmittag vor dem Amt für öffentliche Sicherheit des Kantons Solothurn eine Mahnwache durchgeführt, um gegen die Verlängerung der Ausschaffungshaft des Liberianers Alpha Konneh zu protestieren. Mit Transparenten, Flugblättern und einer theatralischen Aktion, bei der symbolisch eine Familie auseinandergesägt wurde (siehe Bild), machten die AktivistInnen von augenauf auf ihr Anliegen aufmerksam.

Die Aktion richtete sich gegen ein Urteil des Haftgerichts Solothurn von vergangenem Freitag, dem 15. Mai 2009, das trotz schriftlicher Interventionen der Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und augenauf Bern die Verlängerung der Ausschaffungshaft von Alpha Konneh um zwei weitere Monate genehmigte.

Alpha Konneh reiste im September 2007 in die Schweiz ein, wo sein Asylgesuch zwei Monate später abgelehnt wurde. Bereits seit 11 Monaten befindet er sich im Untersuchungsgefängnis Solothurn in Ausschaffungshaft, ohne eine Straftat begangen zu haben. Er ist Vater eines im Oktober 2008 in der Schweiz geborenen Sohnes. Seit Monaten kämpft seine Lebenspartnerin und Mutter des gemeinsamen Kindes um eine Aufenthaltsgenehmigung für Alpha Konneh, gestützt auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, welcher das Recht auf Achtung vor dem Familienleben garantiert. Obwohl der Prozess der Vaterschaftsanerkennung kurz vor dem Abschluss steht und die beiden vorhaben zu heiraten, und obwohl bereits zwei Ausschaffungsversuche mit zahlreichen Unstimmigkeiten gescheitert sind (siehe Dokumentation im Anhang), beabsichtigt das Amt für Ausländerfragen des Kantons Solothurn hartnäckig, Alpha Konneh mit allen Mitteln auszuschaffen. Diese Praxis macht einmal mehr deutlich, dass sich Personen in Ausschaffungshaft de facto in einer entrechteten Situation befinden.

Vaterschaftsanerkennungsverfahren, Heiratsvorbereitungen, laufendes Strafverfahren, offensichtliche Schwierigkeiten mit der liberianischen Regierung bei der Rückführung - Selbst jenseits aller humanitären Überlegungen ist es nicht nachvollziehbar, warum der Kanton Solothurn und das BFM soviel Energie und Geld mit dem Versuch verschwenden, Alpha Konneh auszuschaffen.

augenauf Bern kritisiert die Haftverlängerung und die versuchten Ausschaffungen aufs Schärfste. Mit diesen unnötigen und kostenintensiven Massnahmen reisst die schweizerische Migrationspolitik, in diesem Fall ausgeführt vom Kanton Solothurn, in menschenverachtender Weise eine junge Familie auseinander.

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PROGR
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bernerzeitung.ch 23.5.09

Stiftung Progr gegründet

Am Freitag ist in Bern die Stiftung Progr gegründet worden. Sie übernimmt per 1. August von der Stadt Bern das Kulturzentrum Progr.

Erster Präsident ist der Videokünstler Peter Aerschmann, der auch den Abstimmungskampf geleitet hat.

Im Stiftungsrat sind weiter Matthias Kuhn (Musiker), Leila Kühni (Filmschaffende), Günther Ketterer (Immobilientreuhänder) und Sibyl Matter (Anwältin), wie Aerschmann am Freitagabend mitteilte.

Am 17. Mai hatten sich die Stadtberner Stimmberechtigten für den Verkauf des ehemaligen Progymnasiums (Progr) an die Künstlerinnen und Künstler ausgesprochen, welche das heutige Kulturzentrum Progr weiterführen wollen. Das Gegenprojekt von Zürcher Investoren unterlag in der umstrittenen Abstimmung.

Zweck der Stiftung ist die Unterstützung und Förderung von zeitgenössischem Kulturschaffen. In der Stiftungsurkunde ist verankert, dass die Stiftung Künstlerinnen und Künstlern aller Sparten günstige Arbeitsräume zur Verfügung stellt. (rue/sda

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proprogr.ch 22.5.09

Medienmitteilung

Stiftung PROGR gegründet

Am Freitag (22. Mai 2009) ist in Bern die Stiftung PROGR gegründet worden.
Sie verwaltet die von den PROGR-KünstlerInnen gesammelten Spenden und Darlehen und übernimmt per 1. August von der Stadt Bern das Kulturzentrum PROGR am Waisenhausplatz.

Die Gründung der Stiftung erfolgte plangemäss nach dem Ja zum Kulturzentrum PROGR in der Abstimmung vom 17. Mai. Die weiteren Schritte sind damit eingeleitet: Der Baurechtsvertrag ist unterschriftsbereit, die Vorarbeiten zur Sanierung laufen.

Die Stiftung bezweckt die Unterstützung und Förderung von zeitgenössischem Kulturschaffen. In der Stiftungsurkunde ist verankert, dass die Stiftung zu diesem Zweck das Gebäude am Waisenhausplatz übernimmt und KünstlerInnen aller Sparten günstige Arbeitsräume zur Verfügung stellt.

Erster Präsident des Stiftungsrates ist der Videokünstler Peter Aerschmann, der bisher als Präsident der KünstlerInnenvereinigung Pro PROGR amtete. Im Stiftungsrat sind ausserdem die PROGR-KünstlerInnen Matthias Kuhn (Musiker und Dirigent) und Leila Kühni (Filmschaffende) sowie die externen Fachpersonen Günther Ketterer (Immobilientreuhänder) und Sibyl Matter (Anwältin, Notarin und Mediatorin).

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HYPER-NAUSE
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Tagesanzeiger 22.5.09

Berns oberster Ordnungshüter - ein Polizeidirektor ohne Polizei

Fussballfans randalieren, Tamilen protestieren: Der ambitionierte CVP-Politiker Reto Nause hat sich mit der Berner Sicherheitsdirektion eine schwierige Aufgabe aufgebürdet.

Von Christine D'Anna-Huber, Bern

Er sieht müde aus, hat einen langen Arbeitstag hinter und weitere Sitzungen vor sich. Doch im Gespräch kommt der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause gleich wieder in Fahrt. Dankbar sei die Aufgabe, hatte der 37-Jährige nach seiner Wahl im vergangenen Dezember der Lokalpresse beschieden. Weil man im Bereich Sicherheit Lebensqualität schaffe und ganz unmittelbar bei den Leuten sei.

Er sagt es immer noch. Und immer noch scheint "dankbar" eine wenig angemessene Wortwahl. Die Berner Sicherheitsdirektion steht, da die Sicherheit in der Bundesstadt landesweit ein Thema ist, permanent im Fokus der Öffentlichkeit. Um das Schicksal von Nauses freisinnigem Vorgänger Stephan Hügli zu besiegeln, reichten ein paar ungeschickte Aussagen nach der Anti-SVP-Kundgebung von 2007.

Nause ist, wenn möglich, noch exponierter: Seit gut einem Jahr führt der Kanton Bern die Polizei auch in der Stadt operativ. Nause ist, wie es Tom Locher, Mitglied der Mediengruppe im Berner Jugendzentrum Reitschule ausdrückt, "ein Polizeidirektor ohne Polizei".

Berner Highnoon

Sein Vorgänger Hügli nahm noch dann für sich in Anspruch, die Situation im Griff zu haben, als die dramatischen Bilder aus der Berner Innenstadt längst ein anderes Bild malten. Nause, "trotz jungen Alters ein extrem erfahrener Politiker", wie der Politologe Lukas Golder vom Forschungsinstitut GfS Bern sagt, geht mit seinen Zweifeln an die Öffentlichkeit, bevor die Situation entgleist. Räumt ein, dass er die Trennung der operativen und strategischen Leitung bei Grosseinsätzen als "sehr schwierig" erachte. Weil es "denkbar sei", dass er im Konfliktfall den Kopf für Dinge hinhalten müsste, die nicht wirklich in seiner Verantwortung lägen.

Müssige Spekulation ist das nicht: Mit den zahlreichen unbewilligten Tamilen-Kundgebungen in den letzten Wochen hat Bern in Nauses Worten "eine Art Highnoon" erlebt. Und er geht nicht davon aus, dass das Problem mit dem Ende des Krieges in Sri Lanka gelöst sei: Eher werde alles noch komplizierter. Noch unklarer, wer die Ansprechpartner seien, noch beunruhigender, weil im Hintergrund zunehmend radikale Gruppierungen agierten, während an den Kundgebungen nach wie vor viele Frauen und Kinder teilnähmen: "Ich möchte nicht gezwungen werden, hier polizeilich einzugreifen", sagt der Berner Sicherheitsdirektor.

Der studierte Historiker, Politologe und Staatsrechtler ist seit gut vier Monaten im Amt, nach seinem überraschenden Wahlsieg. Überraschend deshalb, weil Reto Nause in der Stadt Bern in mehr als einem Sinn ein Hors-sol-Politiker bleibt: ein Zuzüger aus dem Aargau, dessen Berndeutsch, trotz Berner Mutter, in einheimischen Ohren nicht ganz astrein klingt. Ein CVP-Politiker, dessen Partei im reformierten Bern eine Randerscheinung bleibt. Einer, dem aus seiner Zeit als durchs Land wirbelnder CVP-Generalsekretär der nicht nur schmeichelhafte Ruf anhaftet, ein "begnadeter Verpackungskünstler" zu sein.

Als Nause 2004 ins Berner Stadtparlament einzog, konnte die Bärenstadt diese Hyperaktivität aus nächster Nähe miterleben. Für Strassencafés, zusätzliche Kindertagesstätten, einen Skaterpark, Umweltschutz, mehr Polizisten, weniger Kampfhunde und Gebühren setzte er sich ein und bestritt den Wahlkampf für die Stadtregierung mit Youtube-Filmchen und Wählerwettbewerben: "Nause steht immer unter Starkstrom", sagt der Berner Politbeobachter Mark Balsiger, "er ist einer, der krampft, das aber auch stets gut zu verkaufen weiss."

Permanent im Wahlkampf

Allerdings waren Nauses eigene politische Ambitionen lange zu kurz gekommen: Nacheinander scheiterten Kandidaturen für das Aargauer Kantonsparlament und den Nationalrat. "Reto Nause hat einen langen Weg hinter sich", sagt Balsiger. "Bei einer anderen Partei oder in CVP-Stammlanden wäre er mit so viel Einsatz schon früher zu einer Schlüsselposition gekommen." Umso ungerechter muss ihm nun erscheinen, dass die endlich errungene Exekutivwürde zum Schleudersitz werden könnte.

Noch hat Nause als neuer Sicherheitsdirektor "nicht mehr als eine Duftnote hinterlassen". Man sieht ihn durch die Laubengänge der Stadt hasten. Seine Anhänger nehmen es als Beweis, dass er eben mit ungeheurem Einsatz dabei sei. Seine Gegner orten etwas Verbissenes. Einig sind sie sich darüber, dass der dank zahlreichen Panaschierstimmen gewählte "Exot Nause" weiter permanent im Wahlkampf stehe. Das macht seinen Posten noch exponierter, zwingt ihn dazu, sich ständig zu beweisen. Er muss die CVP in Bern als eine Kraft positionieren, welche tragfähige Allianzen schmieden und die Stadt aus ihrer bipolaren Blockierung herauszulösen vermag.

Für den Politologen Golder verkörpert Nause die neue Mitte, mit der in Zukunft landesweit zu rechnen sei: extrovertierte, kommunikative, eher pragmatische, nicht besonders ideologische und nicht sehr intellektuelle Politiker, die fähig seien, eine neue urban-moderne, grün-liberale Wählerschaft anzusprechen.

Als Sicherheitsdirektor muss sich Nause einer polizeikritischen rot-grünen Mehrheit gegenüber behaupten, die wenig von den Lösungen hält, die er anstrebt: vom Bettelverbot etwa, den unbewaffneten Ortspolizisten, den Sicherheitskameras im öffentlichen Raum, der Beschränkung von Demonstrationen auf Platzkundgebungen, den mobilen Sperrzäunen zur Fantrennung rund um Sportstadien. "Unser Freund ist Nause nicht", meint Stadträtin Lea Bill von der Jungen Alternative. "Er fährt auf der repressiven Schiene weiter, formuliert seine Ziele wenn möglich noch forscher."

Dialogbereitschaft bringt Ruhe

Immerhin: Der Bettel-, Video- oder Sauber-Nause wie sie ihn in der Reitschule manchmal nennen, sei der erste Polizeidirektor, der jemals zu ein paar Bier vorbeigekommen sei, sagt Tom Locher. Diese Dialogbereitschaft habe dazu beigetragen, dass es in Bern in letzter Zeit relativ ruhig geblieben sei, ist Nauses ehemaliger Stadtratskollege Ueli Stückelberger von der Grünen Freien Liste überzeugt.

Dialog macht auch müde: "Nach wie vor elektrisiert mich Politik. Aber am Freitagabend geh ich schon mal um halb neun ins Bett", sagt der Berner Sicherheitsdirektor.

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HOMOPHOBIE
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Tribune de Genève 23.5.09

Jeunes UDC valaisans: le coming out des antihomos?

Sandra Weber

Tolérance A l'occasion de la Journée contre l'homophobie du 17 mai, la formation politique a pris position contre la "banalisation de l'homosexualité" qu'elle considère comme un "comportement déviant". Dit-elle tout haut ce que beaucoup pensent tout bas?

Vicieuse, la Journée mondiale contre l'homophobie? C'est l'avis des Jeunes UDC du Valais romand, regroupant 200 membres. Dans une prise de position musclée, ils font état de leur attachement au "droit naturel et chrétien et condamnent fermement ce comportement déviant. " Comportement, martèlent-ils encore, qui "s'inscrit contre la famille, lieu de perpétuation de la génération humaine et donc de la survie d'une nation". Quatre ans après l'entrée en vigueur de la Loi sur le partenariat entérinée par 58% des citoyens suisses, ces propos génèrent quelques légitimes crispations.

"Médias gay friendly"

"Le langage des médias est très gay friendly", note Jean-Paul Guisan, secrétaire romand de Pink Cross, association faîtière des organisations homosexuelles en Suisse. Cette unanimité ne se retrouve pas dans la population, estime-t-il cependant. "Une minorité est encore clairement homophobe. L'acceptation de l'homosexualité n'est parfois qu'une façade. "

L'historien Thierry Delessert, qui rédige actuellement une thèse sur l'homosexualité masculine pendant la Seconde Guerre mondiale, se montre préoccupé. "Je décèle dans cette prise de position la réactualisation du vocabulaire de la déviance et de la naturalité employée jusqu'à la fin de la guerre 39-45. "

Arguments d'avant-guerre

L'universitaire constate que de nombreuses personnes envisagent l'homosexualité comme un choix de vie tout à fait délibéré. Cette conception lui apparaît comme nettement rétrograde. "L'un des arguments en faveur de la dépénalisation des actes homosexuels en Suisse intervenue en 1942 était précisément qu'il ne s'agit pas d'un choix. Remettre cela en question me paraît dangereux. " Thierry Delessert est surtout inquiet que l'intolérance envers les homosexuels puisse devenir un argument politique.

L'Union démocratique fédérale (UDF) a également développé un argumentaire de réprobation de l'homosexualité. Le président de la section vaudoise précise cependant que le parti n'a rien à reprocher à la Journée contre l'homophobie. "Bien au contraire, insiste Jérôme Wulliamoz. Nous ne condamnons pas les personnes. Nous sommes contre le fait quel'homosexualité déborde dela sphère privée et impose des exceptions juridiques. "

"Banalisation de l'homophobie"

Lorsque Filippo Rivola, 25 ans, a lu les propos des Jeunes UDC valaisans dans la presse, il a d'abord jugé inutile de réagir. "Mais il y a des choses qu'il ne faut pas laisser passer. On assiste à une banalisation de l'homophobie. " Cet étudiant lausannois, engagé dans diverses associations de défense des droits des homosexuels, a créé sur Facebook un des deux groupes exprimant leur désapprobation. L'un compte plus de 800 membres et l'autre quelque 1500.

Christian Leu, étudiant en histoire à l'Université de Berne, attire l'attention sur les dangers engendrés par de tels propos. Il a publié un récent rapport démontrant que les adolescents homosexuels et bisexuels présentent un risque de suicide significativement plus élevé que la moyenne.

Le malaise d'une partie de ces jeunes vient en effet de réactions intolérantes qui leur transmettent une mauvaise image d'eux-mêmes. "Le communiqué haineux de l'UDC peut être de nature à faire baisser l'estime de soi de certains homosexuels. " Christian Leu se réjouit des réactions critiques envers la formation politique valaisanne. "Souhaitons qu'elles soient nombreuses. Cela montrera que les positions homophobes émanent d'une minorité."

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La secrétaire d'associations homosexuelles

" La droite n'est pas homophobe "

(swr)

"Les valeurs prônées par ce texte sont dangereuses, car elles appellent à la haine. " Barbara Lanthermann est très fâchée contre la "terrible" prise de position des Jeunes UDC du Valais romand. La secrétaire romande de l'organisation des lesbiennes (LOS), qui est également celle d'Alpagai, association mixte homosexuelle valaisanne, connaît bien le contexte dans lequel ces propos s'inscrivent. "Une frange du PDC a rejoint l'UDC car elle jugeait les démocrates-chrétiens trop progressistes. Parmi ces personnes, on trouve des catholiques intégristes. D'où la référence au droit chrétien, que l'UDC n'invoque habituellement pas. " Si Barbara Lanthermann est inquiète de cette prise de position, elle estime toutefois qu'il s'agit de la façon de penser d'une petite minorité. "Je suis très dérangée par la désinformation qui est faite. Le 17 mai était la Journée internationale contre l'homophobie, et non pas pour l'homosexualité. " De manière générale, la population valaisanne est de plus en plus ouverte d'esprit, dit-elle. "Les gens de droite ne sont en principe pas homophobes. Les radicaux valaisans sont le premier groupe politique à avoir réagi contre les propos des jeunes UDC. "

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ANTI-GENTECH-KARAWANE
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Indymedia 23.5.09

Tag 13-14: http://ch.indymedia.org/de/2009/05/69332.shtml

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BIG BROTHERS vs HOOLIGAN-GRIPPE
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Bund 23.5.09

Der kantonale Polizeidirektor Hans-Jürg Käser bemängelt fehlende Videoüberwachung

Käser kritisiert Stadt Bern

Nach den Ausschreitungen am Cupfinal fordert der bernische Polizeidirektor Hans-Jürg Käser hartes Durchgreifen. Dazu brauche es auch Videoüberwachung in der Innenstadt.

Der Sicherheitsdirektor des Kantons Bern ist nicht mehr bereit, Ausschreitungen wie am Mittwoch beim Cupfinal YB - Sion hinzunehmen. Käser verlangt härtere Strafen gegen Hooligans. "Die Sanktionen müssen schmerzen. Die Leute müssen eingesperrt werden, und die Bussen müssen wehtun." Kritik übt der kantonale Polizeidirektor an der Stadt Bern, die sich weiterhin dagegen wehre, Videokameras etwa an neuralgischen Stellen anzubringen. Mit Kameras könnten Gewalttäter auch ausserhalb der Stadien identifiziert werden. Gleicher Meinung ist Reto Nause, Berns Sicherheitsdirektor. Gegen mehr Repression wehren sich einzig die Fanarbeiter, die auch die Pyrotechnik in Stadien relativieren: Fackeln dürften nicht mit Gewalt gleichgesetzt werden, sagt YB-Fanarbeiter Lukas Meier.

"Wir verteilen keine Fackeln"

"Wir sind nicht die Täter, wir verteilen keine Fackeln", sagt Stefan Niedermaier, der Direktor des Stade de Suisse, im "Samstagsinterview". Auch für die Auseinandersetzungen unter Fangruppen in der Stadt sieht sich Niedermaier nicht in der Verantwortung. "Wenn etwas so ,in‘ ist wie YB vor dem Cupfinal, zieht das offensichtlich Leute an, die nicht führbar sind. Leute, die nur eines im Sinn haben: Krawall." (br/phi/bur)

Seiten 2, 6, 23 und 41

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Die Grenze ist überschritten

Kommentar

Markus Brotschi

Innert einer Woche ist es im Schweizer Fussball zweimal zu wüsten Ausschreitungen gekommen. Am Sonntag in Zürich, am Mittwoch in Bern. Natürlich kann man Ursachenforschung betreiben: Woher kommt die hohe Gewalt- und Trinkbereitschaft der meist jugendlichen Randalierer? Doch die besten Fanprojekte und tiefschürfendsten soziologischen Studien werden das Übel nicht beseitigen, dessen Wurzeln in einer Gesellschaft liegen, die zu wenig Grenzen setzt. Die Frage lautet: Wie viel Gewalt will die Gesellschaft dem Fussball zuliebe hinnehmen?

Das Mass des Erträglichen ist auch in der Schweiz überschritten. Die Club- und Verbandsverantwortlichen machen es sich zu einfach, wenn sie sich nur für die Sicherheit im Stadion zuständig fühlen. Zumal sie diese mit privaten Sicherheitsdiensten auch dort nicht gewährleisten können. Mit Glück ist bisher niemand mit Feuerwerkskörpern schwer verletzt worden.

Als Vorbilder gelten England und Deutschland, die das Hooliganproblem aus ihrer obersten Liga verbannt haben. Das hatte einen hohen Preis: totale Videoüberwachung, massive Polizeipräsenz in Stadien und Innenstädten, harte und rasche Strafen für Hooligans. Der in einigen Ländern gängige Aufwand überfordert die Möglichkeiten des Schweizer Fussballs, es braucht einen Mittelweg. Aber die Exzesse müssen auch hier bekämpft werden. Schwer betrunkene, mit Feuerwerk bewaffnete Fanhorden haben in Innenstädten und Stadien nichts zu suchen. Um das durchzusetzen, braucht es mehr Polizei, und das Gros der Kosten haben die Clubs zu tragen. Zudem sollten sich die Verteidiger der Grundrechte klar darüber werden, dass sie mit der Verhinderung härterer Strafen nicht Bürger, sondern Randalierer schützen.

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Der bernische Polizeidirektor Hans-Jürg Käser will schärfere Gesetze gegen Hooligans - Kritik an Stadt wegen fehlender Videoüberwachung

"Die Sanktionen müssen schmerzen"

Der bernische Polizeidirektor Hans-Jürg Käser fordert rigoroses Durchgreifen gegen Hooligans. Die kantonalen Polizeidirektoren müssten sich über Massnahmen absprechen. Kritik übt der Regierungsrat an der Stadt Bern, die gegen Videoüberwachung sei.

Interview: Markus BRotschi

"Bund":

Wie beurteilen Sie die Ausschreitungen vor und nach dem Cupfinal vom Mittwoch?

Hans-Jürg Käser: Es ist höchst beschämend, dass der Sport einmal mehr im Hintergrund stand. Dabei sind 99 Prozent der Zuschauer kein Problem, die wollen nur Freude haben am Match.

Was wollen Sie als kantonaler Polizeidirektor tun?

Wenn man nicht bereit ist, die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen, kommen wir nie weiter. Ein Beispiel ist die Videoüberwachung des öffentlichen Raums an sogenannten Hotspots. Dazu gehört auch das Stade de Suisse und die Umgebung. Man müsste in und um das Stadion Videoüberwachung durchführen, wie das in allen Stadien der englischen Premier League der Fall ist. Und was beschloss der Berner Stadtrat letzte Woche: Es gibt keine Videoüberwachung. Wir haben das kantonale Gesetz nicht geändert, um in Rüschegg Videoüberwachung zu einzuführen, sondern beispielsweise an gefährdeten Orten der Stadt Bern. Aus politischen Gründen will man das dort aber nicht. Die persönliche Freiheit wird höher gewichtet als die Mittel, um solche Chaoten packen zu können.

Hat die Polizei genug Personal, um aufgrund der Videobilder rechtzeitig zugreifen zu können?

Das ist ein weiteres Problem: Die Polizei ist personell am Anschlag. Deshalb wollen wir die Polizei aufstocken.

Im Ausland erlauben die Gesetze viel mehr. Hooligans werden etwa von Schnellgerichten abgeurteilt.

Bei uns hat man eben nicht Nulltoleranz. Bei uns heisst es immer wieder: Denen muss man noch eine Chance geben und nochmals eine und noch eine.

Die Präsidentin der kantonalen Polizeidirektoren, die St. Gallerin Karin Keller-Sutter, will gewalttätige Fans länger in Haft behalten können, damit Arbeitgeber oder Eltern von den Ausschreitungen erfahren. Teilen Sie diese Forderung?

Absolut. Wir haben begonnen, Personalien von Hooligans aufzunehmen und diese am Arbeitsplatz aufzusuchen. Das wirkt. Wenn am Arbeitsplatz eine Polizeipatrouille auftaucht, weiss der Chef, dass die nicht wegen einer Parkbusse kommt. Aber es ist personalintensiv.

YB zahlt 60000 Franken im Jahr für die Sicherheitsaufwendungen. Ist das nicht viel zu wenig?

Natürlich reicht der Beitrag nirgends hin. Im Kanton Bern betrugen die Sicherheitskosten im Bereich der Stadien vor 6 Jahren 200000 Franken. 2008 waren es 2,8 Millionen. Letztes Jahr schickten wir der Stadt Langenthal für den Sicherheitsaufwand für einen einzigen Einsatz bei einem Spiel des SC Langenthal eine Rechnung von 60000 Franken. Da kann man sich ausmalen, dass das ein Tropfen auf den heissen Stein ist.

Wenn YB die ganze Rechnung bezahlen müsste, würde das den Club in Existenzprobleme bringen.

Die Frage ist, ob es stattdessen der Steuerzahler tragen muss. Ein weiteres Problem sind die Eingangskontrollen im Stadion. In England schafft man es, dass Leute mit Stadionverbot nicht ins Stadion kommen. Und wenn einer mit Verbot doch erwischt wird, zahlt er 15000 Franken Busse. Bei uns belaufen sich die Bussen auf einen Bruchteil. Wir haben die Zusicherung der Stadionbetreiber, dass die Eingangskontrollen rigoros durchgeführt werden. Was stellen wir fest: Jede Menge Feuerwerkskörper werden abgebrannt. Also waren die Kontrollen nicht so wie zugesichert.

Vielleicht sind die Security-Firmen von der Aufgabe überfordert.

Das mag ein Grund sein, aber die Verantwortung liegt beim Stadionbetreiber und beim Club.

Im Ausland ist die Polizei im Stadion präsent. Wieso in der Schweiz nicht?

In der Schweiz gibt es eine Aufgabenteilung: Im Stadion sind Stadionbetreiber und Club verantwortlich, ausserhalb die Polizei. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass das funktioniert. 

Vielleicht ist diese Aufgabenteilung überholt, und die Polizei muss auch ins Stadion. Was spricht dagegen?

Dann braucht die Polizei noch mehr Personal. Wenn meine Polizisten wegen Sportanlässen und politischer Demonstrationen in Bern pro Monat noch ein freies Wochenende haben, geht das an die Substanz.

Wenn es aber einmal im Stadion zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt, sind die privaten Security-Leute doch überfordert.

Ich kann das nicht schlüssig beantworten, aber das kann sein.

Gemessen an der bedrohlichen  Stimmung in der Innenstadt ist der Cupfinal noch einmal glimpflich abgelaufen: Die Zahl der Verletzten und die Sachschäden halten sich in Grenzen. Muss Schlimmeres passieren, bis die Politik reagiert ?

In England und in Italien gab es Tote, bevor man durchgriff. Wenn man solches verhindern will, müssen die Sanktionen schmerzen. Die Leute müssen eingesperrt werden, und die Bussen müssen wehtun.

Muss das Hooligangesetz auf Bundesebene verschärft werden?

Ich bin davon überzeugt. Heute ist Hooliganismus nur ein "Vergehen", über das man mehr oder weniger hinwegsieht. Das wird unter den kantonalen Polizeidirektoren weiterhin sicher ein Thema sein.

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Nach dem Cupfinal zwischen YB und Sion erschallt überall der Ruf nach mehr Repression - die Fanarbeiter halten dies für kontraproduktiv

Debatte um Hooligans neu entfacht

Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause (cvp) fordert nach den Sachbeschädigungen am Cupfinal die Videoüberwachung.

Philipp Schori

Krawalle vor und nach grossen Fussballspielen sind in der Schweiz längst keine Ausnahme mehr. Gleichzeitig sind auch die reflexartig formulierten Forderungen nach mehr Repression zur Routine geworden. Im Zuge der jüngsten Ausschreitungen nach dem Match zwischen den Fussballclubs aus Zürich und Basel vor einer Woche und den einzelnen Schlägereien und Sachbeschädigungen am Rande des Schweizer Cupfinals polarisierte vor allem eine Forderung: die des Schweizer Fifa-Präsidenten Joseph Blatter. Ginge es nach ihm, gäbe es in Schweizer Stadien schon morgen keine Stehplätze mehr.

Echte Stehplatz-Sektoren kennen in der Schweiz lediglich noch die Stadien in Basel und St. Gallen. In Bern stehen die Fans im Bereich der billigsten Sitzplätze, im Sektor D.

Für seine Forderung erhält Blatter nur wenig Sukkurs: "Das ist nicht die Lösung des Problems", sagt Ulrich Pfister, Sicherheitsverantwortlicher des Schweizerischen Fussballverbands. Dies, obwohl er persönlich auch für Sitzplatzstadien plädiert. Auf noch weniger Verständnis stösst die Forderung bei YB-Fanarbeiter Lukas Meier: "Den Zusammenhang zwischen Stehplätzen und Gewalt muss mir Herr Blatter erst noch erklären . . ." Stehplätze seien für die Stimmung im Stadion immens wichtig. Im Weiteren lobt Meier die YB-Fans: Sie hätten am Mittwoch beim Cupfinal einen guten Job gemacht. Das Gewaltproblem sei zweifellos vorhanden, allerdings nur ausserhalb der Stadien - "und vor allem wegen der Krawalltouristen".

Nause versus Stadtrat

Auch Reto Nause (cvp), Berns Sicherheitsdirektor, ist mit von der Partie, wenn es darum geht, Forderungen nach mehr Sicherheit aufzustellen: Die Kontrollen beim Eingang ins Stadion müssten verschärft werden, zudem brauche es rigorosere Strafen für Hooligans. Ferner befürwortet Nause - wie sein kantonaler Amtskollege Hans-Jürg Käser (fdp) - die Videoüberwachung im öffentlichen Raum: "Die Krawalle nach dem Cupfinal haben es wieder einmal bewiesen: Videoüberwachung könnte uns einiges ersparen", sagt Nause. Vor Kurzem hat der Stadtrat einen entsprechenden Vorstoss abgelehnt. Die Kantonspolizei startete gestern einen Aufruf an die Bevölkerung, Bildmaterial zur Verfügung zu stellen, welches Straftäter überführen könnte.

 Gleichzeitig fühlt sich der Sicherheitsdirektor als Vertreter der Stadt Bern alleingelassen. Die Weichen müssten auf nationaler Ebene, vor allem beim Schweizerischen Fussballverband, gestellt werden.

"Veränderung der Fankultur!"

"Wir sind dran", sagt Pfister vom Fussballverband: Am runden Tisch von Swiss Olympic würden Sicherheitsfragen gegenwärtig rege diskutiert. Er könne den "echten Fussballfans" versichern, dass ihre Anliegen nicht versanden würden. Als konkrete Massnahme, die eingeleitet werden müsse, nennt Pfister die vereinheitlichte Schulung der Securitys.

Langfristig betrachtet, könne aber doch nur eines eine Verbesserung der Sicherheit in und um die Schweizer Fussballstadien bewirken: "Eine Veränderung der Fankultur!" Denn für Pfister ist klar: Pyrotechnik in Stadien zu bringen, werde immer möglich bleiben. Laut Charles Beuret, dem Mediensprecher der Stade de Suisse AG, hat das abgefackelte Pyromaterial die Young Boys am Mittwoch aus dem Tritt gebracht - "auch wenn das keine Ausrede sein kann".

Polizeieinsatz kostet Viertelmillion

Die Kosten für den Polizeieinsatz während des Cupfinals gibt die Kantonspolizei nicht bekannt. Sie bewegen sich aber offensichtlich im gleichen Rahmen wie jene für den Einsatz am Sonntag beim Fussballspiel zwischen Zürich und Basel, lies: bei rund einer Viertelmillion Franken. Zusätzlich hat der Fussballverband einen tiefen sechsstelligen Betrag für die Sicherheit im Stadion ausgegeben.

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Schwinger sichern Feld

Die Stade de Suisse AG wollte verhindern, dass die Fans nach dem Schlusspfiff das Spielfeld stürmen. Die Sicherheitsverantwortlichen griffen dabei auf unkonventionelle Mittel zurück und postierten Schwinger sowie American-Football-Spieler in der untersten Reihe der Tribüne.

Unmittelbar nach Spielende erhoben sich die robusten Männer von ihren Sitzen, zogen sich eine gelbe Weste über, drehten sich um und reichten ihrem Nächsten die Hand. Die Menschenkette sollte die Fans davor abhalten, auf das Feld zu rennen: Man fürchtete Handgreiflichkeiten zwischen Hooligans und Schäden am Kunstrasen. Die Strategie sei aufgegangen, sagt Charles Beuret, Mediensprecher der Stade de Suisse AG, der den Einsatz der Schwinger und Football-Spieler inzwischen bestätigt; dies nachdem er vor dem Match der "WochenZeitung" noch keine Auskunft hatte geben wollen.

Die meisten der gut fünfzig Männer stellte der Football-Club Grizzlies Bern. Man sei auch schon während der Fussball-EM im Einsatz gestanden, sagt Clubpräsident Lorenz Wermuth. Gleichzeitig stellt er klar: "Wir übernehmen keine Security-Aufgaben - das wäre rechtlich zu problematisch." Zur Nagelprobe kam es nicht: Die Fans seien friedlich gewesen, so Wermuth. (phi)

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Pyros im Intimbereich

Die Pyrotechnik: ein Dauerbrenner, wenn es um die Sicherheit in Fussballstadien geht. Für YB-Fanarbeiter Lukas Meier gehören die farbig-grellen Fackeln zur Fankultur der Ultras. Rechtlich fallen sie unter das Sprengstoffgesetz und können für Fussball-Anhänger drei Jahre Stadionverbot zur Folge haben. Die geltenden Gesetze seien zu repressiv, sagt Meier. Sie führten in einen Teufelskreis: Die Fans würden kriminalisiert, vermummten sich und würden in der Folge noch stärker in eine illegale Ecke gedrängt. Kurzum, Pyrotechnik sei mit Gewalt nicht gleichzusetzen, werde doch auch am 1. August reichlich Feuerwerk in die Luft gejagt. Diametral anderer Meinung sind die weiteren Player im Berner Fussballgeschäft: die Stade de Suisse AG, der Schweizerische Fussballverband sowie die Stadt Bern: Pyros hätten in der Fankultur nichts zu suchen, sagt etwa Reto Nause (cvp), Berns Sicherheitsdirektor. "Wenn ich mir den Cupfinal anschaue, muss ich sagen: Die Kontrollen sind zu lasch." Die Fackeln werden meist in der Schamgegend angeklebt und so durch die Tore geschleust. Die privaten Sicherheitsdienste sind indes nicht berechtigt, den Intimbereich abzutasten. "Das muss sich ändern", sagt Ulrich Pfister, Sicherheitsbeauftragter des Fussballverbands. (phi)

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Kampf gegen Hooliganismus

Reden um den Ball herum

Was planen Politiker und

Vereine gegen die Gewalt nach Fussballspielen? Sitzungen.

Jean-Martin Büttner

Sportminister Ueli Maurer finde die Ausschreitungen um die letzten Fussballspiele in Zürich und Bern "unwürdig und beschämend". Sie schadeten nicht nur dem Sport, sagt VBS-Sprecher Martin Bühler, sondern letztlich dem Land. Für die Sicherheit bei Sportanlässen ist zwar nicht der Bund, sondern sind Kantone und Städte, aber auch die Fussballvereine und Stadionbetreiber zuständig. Allerdings gilt zurzeit das Hooligangesetz, mit dem sich ausfällige Fans erfassen, kontrollieren und bei Bedarf von Stadien fernhalten lassen. Das Gesetz müsse nun "einheitlicher, rascher und konsequenter angewendet werden", fordert Maurers Sprecher; die Hooligans müssten "gesellschaftlich isoliert werden, und sie dürfen auch in der Masse der Fans keinen Schutz mehr geniessen".

Beides scheint nicht zu funktionieren. Das habe damit zu tun, sagt Catherine Weber von den Demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz, "dass sich immer jüngere Fans radikalisieren und dass sich die Szene sehr schnell wandelt". Ohnehin würde die Schweiz viel zu wenig für die Fanarbeiter machen. Diese bemühen sich um eine Fankultur innerhalb der Klubs und suchen während der Spiele den Kontakt mit potenziellen Hooligans. Schon vor der Euro 08 habe man versprochen, mehr in diese deeskalierende Arbeit zu investieren. Davon habe man bis heute nichts gemerkt.

Für solche Investitionen, hört man vonseiten der Kantone, müssten vor allem die Fussballverbände aufkommen. Vom Sprecher des Schweizerischen Fussballverbandes ist aber zu erfahren, diese Frage lasse sich nur gemeinsam beantworten. Anders gesagt: Niemand fühlt sich zuständig, alle verweisen auf andere. Um anzufügen, dass man immerhin miteinander rede. Gemeint ist der runde Tisch gegen Gewalt im Sport, den Maurers Vorgänger 2007 aufstellen liess. In der zweiten Junihälfte treffen sich die Zuständigen dort das nächste Mal. Dann wollen die obersten Ligen von Fussball und Eishockey konkretisieren, wie sie sich die Fanarbeit, aber auch die Alkoholprävention und die bessere Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte vorstellen.

Umstritten bleibt, wer was bezahlt. Der Zürcher Justizdirektor Markus Notter erwartet, dass die Vereine die meisten Polizeikosten übernehmen, und sieht sich dabei vom Bundesgericht bestätigt. Dennoch wehrt sich die Gegenseite weiterhin. Der runde Tisch wird vor allem eines ergeben: dass es ihn weiterhin braucht.

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"Knallharte Repression"

Ulrich Pfister, der Sicherheitsverantwortliche beim Schweizerischen Fussballverband (SFV) fordert ein härteres Durchgreifen gegen Chaoten. Es brauche "knallharte Repression", aber auch eine starke Prävention und Fanarbeit, sagte Pfister gestern zum "Bund". In allen Bereichen brauche es ein Zusammenspiel aller involvierter Parteien, also der Clubs, der Liga, des Verbands, aber auch der Behörden und der Politik. Nichts hält Pfister vom Vorschlag des Fifa-Präsidenten Sepp Blatter, der sich vom Verzicht auf Stehplätze einen Rückgang der Gewalt verspricht. Im Letzigrund oder im Stade de Suisse gebe es nur Sitzplätze. "Jene, die stehen wollen, stehen dann einfach auf oder vor den Sitzen. Um hier eine Wirkung zu erzielen, braucht es ein verändertes Fanverhalten." (pmb)

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Stefan Niedermaier

"Wir sind nicht Täter, wir verteilen keine Fackeln"

"Unverständnis, Ratlosigkeit, grosser Frust" - so reagierte Stefan Niedermaier auf das entscheidende dritte Tor des FC Sion im Cupfinal gegen die Young Boys.

YB müsse mental stärker werden, sagt der Direktor des Stade de Suisse. Er wehrt sich gegen Schuldzuweisungen wegen des abgebrannten Feuerwerks im Stadion und der Krawalle in der Stadt. "Viele suchen die Provokation. Der Klub, der Sport ist das Opfer."

Interview: Rudolf Burger

"Bund":

Herr Niedermaier, wie war Ihre Stimmung nach dem 1:0 für YB?

Stefan Niedermaier: Ich habe mich riesig gefreut.

Nach dem 2:0?

Etwas weniger Freude, ich habe geahnt, dass es gefährlich werden könnte, aber gehofft, das 2:0 in die Pause zu bringen.

Aber kurz vor der Pause kam das 2:1.

Da kamen Déjà-vu-Gedanken auf.

Wie war es beim 2:2?

Es blieb die Hoffnung.

Und dann, kurz vor Schluss, beim 2:3?

Unverständnis, Ratlosigkeit, grosser Frust.

Viele YB-Fans haben das Stadion sofort nach Spielschluss verlassen. Aber Sie mussten wohl bleiben.

Ja, wir waren im Auftrag des Fussballverbands für die Organisation im Stadion zuständig. Wir mussten sicherstellen, dass keine Fans auf den Platz stürmten. Zum andern musste ich für die Leute, die in der Vorbereitung hart gearbeitet haben, tröstende Worte finden. Dasselbe nachher auch bei der Mannschaft. Wir haben wie immer gemeinsam gegessen. Natürlich war die Stimmung getrübt. Ich habe versucht, mit jedem zu sprechen und aufbauende Worte zu finden, so gut das eben so kurz nach dem Spiel ging.

"Wo ist YB, wenn es zählt?", schrieb die "Basler Zeitung" vorgestern im Online-Dienst.

YB hat unter Trainer Petkovic eine grosse Anzahl Spiele gewonnen, YB hat Tausende Minuten hervorragenden Fussball gespielt und viele Fans begeistert.

Und doch: Jetzt geht das Wort "Verlierermentalität" um.

Daran müssen wir arbeiten, diesen Makel lassen wir nicht auf uns sitzen. Die Mannschaft hat bewiesen, dass sie gewinnen kann. Aber es ist sicher so: In einem Spiel ohne zweite Chance muss YB mental deutlich stärker werden.

Wieso hat YB nach Ihrer Analyse verloren?

Es war ein Zusammentreffen vieler kleiner Details, die dazu führten, dass die Mannschaft im entscheidenden Moment nicht als Team auftreten konnte. Es soll nicht nach Entschuldigung tönen, aber einige Spieler sind angeschlagen angetreten oder sind während des Spiels verletzt worden. Das führte zu taktischen Veränderungen, die wiederum bewirkten, dass wir nicht unser Spiel machen konnten. Dazu kamen individuelle Fehler, die den Gegner ins Spiel gebracht haben.

Da und dort wird der Gedanke aufgekommen sein: Es fehlte ein Regisseur, es fehlte vielleicht jemand wie Hakan Yakin.

Das Thema Yakin wird hier erstmals angeschnitten, seit er weg ist. Die Mannschaft kommt gut ohne ihn aus, auch er hat in entscheidenden Spielen nicht geglänzt. Gilles Yapi hat als Regisseur Verantwortung übernommen und - mit einem angerissenen Innenband - lange gut gespielt. Aber man kann die Niederlage nicht an einzelnen Spielern aufhängen. Die Mannschaft hat zusammen verloren. In der Verantwortung stehen alle, Spieler, Trainer, Betreuer.

Insbesondere das Defensivverhalten war schlecht. Gehen Sie jetzt auf Einkaufstour?

Die Frage, ob jede Position mit der bestmöglichen Person besetzt ist, wird in einem Klub, der höchste Leistungen erbringen muss, dauernd gestellt. Sicher wird es auf die nächste Saison hin Veränderungen geben, aber nicht wegen des Cupfinals, sondern weil das ein laufender Prozess ist.

Im Fussball geht es um Finanzen. Haben Sie auch daran gedacht, wie viel Geld YB mit der Niederlage verspielt hat?

Ein Sieg hätte bestimmt viele positive Veränderungen gebracht, die sich auch finanziell ausgewirkt hätten. In den nächsten 12, 18 Monaten wäre die Planungssicherheit grösser, und es würde eine noch grössere Euphorie herrschen. Trotz der Niederlage: Wir stehen mit dem Klub auf einem gesunden Fundament. Es hat jetzt vielleicht einen Riss bekommen, wir bauen aber weiter auf langfristige Sponsoren- und VIP-Verträge.

Als Cupsieger hätten Sie eine bessere Ausgangslage im Uefa-Cup gehabt, statt in der dritten hätten sie in der zweiten Qualifikationsrunde einsteigen können.

Sicher zählt das, aber auch dann hängt viel vom Gegner ab, der zugelost wird. Das Ziel, im Europacup zu spielen, haben wir mit dem dritten Rang in der Meisterschaft erreicht - aber das ist ein schwacher Trost. Mit einem Cupsieg im Rucksack könnten wir sicher anders auftreten.

Über allen Erwägungen steht ja, dass YB seit über 20 Jahren einem Titel nachrennt.

Jede Saison fängt wieder bei null an. Wir werden alles daransetzen, um diesen Bann so bald wie möglich zu brechen.

Ihr Rezept, damit der Titel endlich kommt?

Man muss die Saison analysieren und Schwächen ausmerzen. Wenn wir überall dort, wo wir noch nicht bei 100 Prozent sind, sauber, ernsthaft und ehrlich arbeiten, wird es auch Fortschritte geben. Wir müssen versuchen, der ganzen Liga einen Schritt voraus zu sein. Die Mannschaft ist auf einem guten Weg, sie muss punktuell verstärkt werden, aber wir dürfen nicht alles infrage stellen. Sie können aber sicher sein, dass wir alles kritisch hinterfragen.

"Alles kritisch hinterfragen" würde auch bedeuten, sich mit dem Geschehen in- und ausserhalb des Stadions auseinanderzusetzen. Wer war zuständig für die Sicherheit im Stadion?

Veranstalter war der Schweizer Fussballverband. In seinem Auftrag haben wir die Dispositive zur Sicherheit und Organisation umgesetzt. Wir haben an den Stadioneingängen einiges an Feuerwerksmaterial sicherstellen können, offenbar aber nicht genug.

Wie viel Material war das?

Wir haben ein paar Taschen und Rucksäcke erwischt, aber offensichtlich wurde doch einiges hineingeschmuggelt. Für uns ist das höchst bedauerlich. Wir versuchen, mit den Fanorganisationen zu arbeiten, aber es gelingt nicht, die ganze Fangemeinde anzusprechen. Wenn etwas so "in" ist wie YB vor dem Cupfinal, zieht das offensichtlich Leute an, die nicht führbar sind. Leute, die nur eines im Sinn haben: Krawall. Dafür liefert der Fussball die richtige Plattform, da gibt es die nötige Masse an Menschen. Wir haben im Stadion aber sicherstellen können, dass der Match ruhig über die Bühne ging.

Es sind nach dem Abpfiff keine Zuschauer aufs Feld eingedrungen. War das für Sie schon ein Erfolg?

Ja, in den letzten Cupfinals hat es das - ausser im Stade de Suisse - immer gegeben. Bilder wie nach dem Spiel Luzern - Sion, als Fans den Platz stürmten und sich prügelten, wollte am Mittwoch niemand sehen. Die Pyroaktionen verurteilen wir aufs Schärfste, aber dieses Problem wird nicht so einfach lösbar sein.

Wieso werden keine Leibesvisitationen durchgeführt?

Das geht nicht, da müssten Sie eine Masse an Personal aufbieten, oder aber es würde sechs, sieben Stunden dauern, bis 30000 Leute im Stadion wären.

Betroffen ist im Fall der YB-Fans eigentlich nur der Sektor D. Dort müsste rigoroser untersucht werden.

Das tun wir, davon können Sie jederzeit einmal einen Augenschein nehmen. Aber man kann nicht bei jeder Person jeden Zentimeter des Körpers abtasten.

Ich selber war im Sektor D und bin kaum untersucht worden.

Junge werden eben genauer untersucht als etwas ältere Männer.

Was ist mit jenen passiert, die bei den Kontrollen mit Pyromaterial erwischt worden sind?

Wir haben die Leute, es war eine Handvoll, der Polizei übergeben.

Werden die Unbelehrbaren, die Feuerwerk gezündet haben, zur Rechenschaft gezogen?

Ja. Wir haben Videomaterial in sehr guter Qualität. Dieses Material wird ausgewertet, die Leute werden identifiziert, verzeigt und mit einem Stadionverbot belegt.

Wie viele Stadionverbote sind in Kraft?

Zwischen 40 und 50. Diese Verbote gelten für zwei Jahre. Je nach Fall kommt das Programm "Zweite Chance" zur Anwendung, d.h., die Leute können mit Begleitung den Beweis erbringen, dass sie aus dieser Geschichte gelernt haben. Diesen konstruktiven Dialog müssen wir vielleicht überprüfen. Wenn wir merken, dass er nichts nützt, müssen wir härter durchgreifen.

Wird YB wegen des Abbrennens von Feuerwerk gebüsst werden?

Wenn man es an einem Spiel der Super League misst, haben die Fackeln eine Busse von 6000 bis 8000 Franken zur Folge.

Der Stadtberner Polizeidirektor Reto Nause hat erklärt, die Stadionverbote seien nicht rigoros durchgesetzt worden, die Sicherheitskontrollen hätten versagt.

Nach einer solchen Veranstaltung kernige Aussagen zu machen, ist ziemlich einfach. Wir werden zusammen mit allen Verantwortlichen alle Abläufe und Massnahmen genau hinterfragen. Dann kann man urteilen, was misslungen und was gelungen ist. Man kann sich zum Beispiel auch fragen, ob es nicht besser gewesen wäre, die Extrazüge mit den Walliser Fans statt zum Hauptbahnhof zur Station Wankdorf zu bringen. Es ist aber falsch, wenn man vor einer gemeinsamen Analyse einander die Schuld in die Schuhe schiebt.

Das Alkoholverbot im Stadion hat - mit Blick auf die Krawalle nach dem Spiel in der Stadt - nicht viel genützt.

Die Fans waren ja schon auf dem Marsch zum Stadion ziemlich alkoholisiert. Da müsste man wohl ein regionales Alkoholverbot aussprechen, und auch das würde nichts nützen. Alkohol spielt in der ganzen Bewegung leider eine grosse Rolle.

Fifa-Präsident Josef Blatter verlangt, dass auch Schweizer Stadien nur noch Sitzplätze anbieten sollten, weil es dann weniger Zwischenfälle gäbe.

Wir haben ja im Stade de Suisse nur Sitzplätze. Unsere Analyse ist klar: Wir hatten in der Stadt böse Ausschreitungen, die unter dem Einfluss von Alkohol geschahen. Hier im Stadion haben wir ein friedliches Fussballspiel erlebt, allerdings mit 30 Vollidioten, die Feuerwerk abgebrannt haben. Die standen vor ihren Sitzplätzen. Es wäre auch für Herrn Blatter schwierig, den Leuten in einem Stadion zu befehlen, sich zu setzen. Ein Fussballspiel ist keine Oper.

"Ein friedliches Fussballspiel im Stadion". Sieht das der Fussballverband auch so?

Ja. Der Verband war mit unserer Arbeit sehr zufrieden. Auch wenn das nach Schönreden tönt: Wir haben für die gesamte Durchführung grosse Komplimente erhalten. Das versteht niemand, der gesehen hat, dass Feuerwerk gezündet wurde, aber wir werden sicher nicht müde, noch mehr und noch besser zu kontrollieren.

Also machen Sie in Sachen Fanarbeit noch nicht genug?

Wir haben sehr viel gemacht, wir haben einen YB-Match mit speziellem schwarzem Trikot dem Thema Antirassismus und Gewalt gewidmet, mehrmals ist die Mannschaft mit speziellen Banderolen gegen Gewalt und Rassismus eingelaufen. Wir haben ein Fanprojekt, wir haben Spieler und Fans zusammengebracht, und die Spieler haben sich gegen Feuerwerk ausgesprochen.

Die Polizei hat bei Krawallen in der Stadt 60 Leute festgenommen, alle waren kurz darauf wieder frei. Sollten Krawallanten härter bestraft werden?

Eindeutig. In England sind Schnellrichter vor Ort, die Gewalttäter im Stadion mit einem Stadionverbot auf Jahre hinaus und mit einer anständigen Busse und Gefängnis belegen. Wenn Eltern oder Lehrmeister erfahren, dass ihr Kind oder ihr Lehrling hinter Gittern steckt, hat das eine andere Wirkung. Es liegt nicht an mir, das Gesetz zu ändern, aber Strafen, die einen höheren Leidensdruck bewirken würden, würden wir sicher unterstützen. Ich wäre dafür, im Stadion auf der Grossleinwand die Leute zu zeigen, die ein Stadionverbot haben.

Aber das dürfen Sie nicht.

Nein, da würden wir geprügelt. In St. Gallen hat die Polizei das gemacht, sie wollte die Informationen, die sie hat, transparenter machen. Der Leidensdruck bei den Übeltätern muss steigen. Der Klub ist nicht der Täter, Geisterspiele, Bussen schaden nur dem Klub. Die meisten der 30000 Zuschauer sind auch keine Täter, das trifft vielleicht auf ein Prozent davon, 300, zu.

Die Polizeikosten für den Cupfinal haben ein Mehrfaches der 60000 Franken gekostet, die Sie der Stadt jährlich für die Sicherheit bezahlen. Wie stehen Sie zu Forderungen, Fussballklubs müssten für die gesamten Sicherheitskosten aufkommen?

Ein Klub kann nicht für etwas aufkommen, dass er nicht verursacht hat. Im Fokus muss stehen, die Leute zu erwischen, die randalieren. Der Klub, der Sport ist das Opfer. Wir sind nicht die Täter, wir verteilen keine Fackeln. Der Fluch ist, dass viele die Provokation suchen. Sie haben mit YB und Fussball nichts zu tun, sie warten, bis das Spiel vorüber ist, und suchen den Krawall.

Sie wollen also nicht mehr bezahlen.

Ich habe Verständnis für die Leute und Politiker, die finden, wir müssten mehr bezahlen. Aber was wird geschehen? Wir müssten die Eintrittspreise erhöhen, und es kämen weniger Zuschauer. Gut, damit hätten wir vielleicht das Problem gelöst, aber in absehbarer Zeit gäbe es vielleicht keinen grossen Fussballklub mehr in Bern.

Am Sonntag spielt Luzern im Stade de Suisse. Da gibt es schlechte Erinnerungen ans letzte Spiel. Sicherheitsleute der Protectas haben mit Gewalt ein Transparent aus der Luzerner Fanzone herausgeholt.

Die Untersuchung ist abgeschlossen, und wir haben Fehler eingestanden. Wir haben mit den Luzerner Fangruppen mehrere Treffen gehabt, wir haben uns kulant gezeigt und für die Luzerner Fanarbeit Geld gegeben. Der Konflikt ist gelöst.

Sie erwarten am Sonntag also keine Konflikte?

Wir müssen auf alles vorbereitet sein, auch in der Luzerner Szene gibt es - wie bei uns - Bewegungen, die dem Fussball wenig förderlich sind. Aber grundsätzlich erwarte ich ein ruhiges Spiel.

Was erwarten Sie fussballerisch?

Es ist eine Charakterfrage. Die Mannschaft muss den wahren Charakter zeigen, aber auch die Fans müssen sich von ihrer besten Seite zeigen.

Die Fans kommen nach der Enttäuschung im Cupfinal vielleicht gar nicht.

Dann sind es keine Fans. Ein echter Fan gewinnt und verliert mit YB. Aber sicher gibt es keinen Zuschauerrekord.

Die Niederlage im Cupfinal steht am Ende einer Saison, die für YB halt doch ein bisschen enttäuschend war.

In dieser Saison hat es viele tolle Momente mit vielen guten Spielen gegeben. Schön, sind wir nach drei Jahren wieder in den Cupfinal gekommen. Das hat die ganze Stadt bewegt, aber eine solche Niederlage ist brutal. Die ganze Saison können wir erst beurteilen, wenn wir gegen Basel gespielt haben.

Sie haben vor ein paar Jahren einmal erklärt, das Ziel sei in der folgenden Saison Rang drei, dann Rang zwei, dann eins.

Das ist definitiv nicht aufgegangen. Aber man muss sich im Leben doch Ziele setzen. Auch dieses Jahr haben wir Schritte vorwärts gemacht. Um in den Cupfinal zu kommen, mussten wir gegen GC und Basel gewinnen. Aber wir haben es nicht geschafft, einen Pokal nach Hause zu holen.

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BZ 23.5.09

Kantonaler Polizeidirektor zu Krawallen am Cupfinal

"Klubs kennen schwarze Schafe"

Nach den Ausschreitungen am Cupfinal kritisiert Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP) das Nein zu Videoüberwachung in Bern. Er fordert: "Klubs und Stadionbetreiber müssen mit der Polizei endlich am gleichen Strick ziehen."

Herr Käser, wie sind Sie mit dem Polizeieinsatz rund um den Cupfinal zufrieden?

Hans-Jürg Käser: Im Rahmen der nicht optimalen gesetzlichen Möglichkeiten, die wir leider in der Stadt Bern haben, bin ich zufrieden.

Was meinen Sie damit? Welche gesetzlichen Möglichkeiten fehlen?

Etwa die Videoüberwachung. Der Berner Stadtrat hat diese abgelehnt. So ist es ganz generell viel schwieriger , die Hooligans zu eruieren und auch strafrechtlich zu verfolgen. In Rüschegg braucht es sicher keine Videoüberwachung. Doch hier in Bern sind an gewissen Hotspots unbedingt Kameras nötig, um gewalttätige Fans zu eruieren. In England funktioniert das mit der Videoüberwachung rund um Fussballspiele bestens.

Beim Cupfinal wären die Kameras ja noch nicht zur Verfügung gestanden. Dennoch: Eine Mehrheit im Stadtrat hat die Videoüberwachung letzte Woche abgelehnt. Erschwert dies der Polizei die Arbeit in Zukunft?

Ja, dieser Entscheid erschwert uns nicht nur die Arbeit, sondern gefährdet auch die Sicherheit der Bevölkerung.

Wie viel hat der Polizeieinsatz gekostet?

 Der Polizeieinsatz ist im Rahmen des Ressourcenvertrages zwischen der Stadt Bern und der Kapo geregelt. Das heisst, die Stadt muss keine zusätzlichen Kosten tragen.

Wie viele Polizisten waren im Einsatz?

 Aus polizeitaktischen Gründen geben wir diese Zahlen ganz generell nicht bekannt. Es ist aber offensichtlich, dass wir zusätzliche Polizisten aus anderen Kantonen haben beiziehen müssen.

Warum haben die Polizisten im Bahnhof die betrunkenen und randalierenden Chaoten nicht härter angepackt?

Diesen Vorwurf weise ich zurück. Die Beamten haben immerhin 60 Anhaltungen gemacht und gezielt Gummischrot eingesetzt. Leider muss ich vier verletzte Polizisten beklagen. Weil neben ihnen im Bahnhof Petarden gezündet wurden, haben sie einen Hörschaden erlitten. Und wegen der vielen Reisenden und Passanten konnten wir auf keinen Fall Tränengas einsetzen. Es ist doch so: Die Polizisten und Polizistinnen können machen was sie wollen, sie ernten meistens Kritik. An der unbefriedigenden Situation sind sicher nicht nur Politiker schuld…

…sondern?

Auch die Fussball- und Fanklubs sowie die Stadionbetreiber, die ihre Verantwortung nicht umfassend wahrnehmen.

Inwiefern?

Sie halten sich nicht an klar abgemachte Regeln mit der Polizei. Es darf einfach nicht sein, dass sich die Sion-Fans am Mittwoch im Bahnhof versammelten, obwohl die Abmachung bestand, dass sie sich auf der Schützenmatte treffen und von dort aus in einem Umzug zum Stade de Suisse ziehen würden. Und es darf nicht sein, dass vermummte Fans auf dem Marsch solche Petarden zünden und die Stimmung in der Stadt anheizen. Es sind immer kleine Gruppen von Hooligans, welche Auseinandersetzungen auslösen. Ferner bin ich unzufrieden mit der Stadioneingangskontrolle.

Müsste man diese Chaoten nicht isolieren?

Nicht nur isolieren, sondern vor, während und nach dem Match unter Arrest stellen. Diese gewaltbereiten Hooligans müssen endlich härter angepackt werden. Die Klubs kennen ihre schwarzen Schafe genau.

Gibt es für ein solches Vorgehen denn die rechtlichen Grundlagen?

Chaoten, die mit einem Stadionverbot belegt sind, können verhaftet werden, wenn man ihrer habhaft wird. Im Weiteren kann die Polizei erst dann zugreifen, wenn Straftaten begangen werden - um solche zweifelsfrei zu erkennen, wäre eben eine Videoüberwachung ein geeignetes Mittel.

Wie kann das Problem mit randalierenden Fussballanhängern aus Ihrer Sicht gelöst werden?

Für mich ist klar, dass es so nicht weitergehen kann. Das Problem kann nur durch schweizweite Massnahmen gelöst werden. Wir müssen alle am gleichen Strick ziehen. Ich werde mit den Verantwortlichen aller betroffenen Städte die Gespräche weiterführen. Und was mir ganz wichtig ist: Die Fussball- und Fanklubs sowie die Stadionbetreiber müssen endlich zu mehr Verantwortung gezwungen werden.

Wie soll das geschehen? Wie kann man denn die Vereine mehr in die Verantwortung nehmen?

 Die Klubs tragen für ihre Fans eine Mitverantwortung. Somit muss der Schweizerische Fussballverband dafür sorgen, dass diese Verantwortung getragen wird.

Interview: Jürg Spori

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SBB übergibt Krawall- Bilder der Polizei

Polizeidirektor Käser kritisiert die fehlende Videoüberwachung in Bern. Doch nicht überall ist dafür die Stadt zuständig.

Im Interview fordert Hans-Jürg Käser Videoüberwachung von Hotspots als taugliches Mittel zu Bekämpfung von Hooligans. Er kritisiert damit auch den Berner Stadtrat, der die Videoüberwachung letzte Woche einmal mehr abgelehnt hat.

Indes: Zwei wichtige Hotspots rund um Fussballspiele sind längst videoüberwacht. So die Bahnhofhalle, welche SBB-Grund ist, und das Stade de Suisse selbst, welches eigentlich privates Terrain ist.

"Bei Ereignissen wie bei den Krawallen am Cupfinal übergeben wir jeweils die aufzeichneten Bilder der Kantonspolizei", sagte gestern SBB-Mediensprecher Roland Binz. Doch die Aushändigung erfolge erst auf Anordnung des Untersuchungsrichters.

Um Straftaten rund um den Cupfinal zu klären, sucht die Polizei Foto- und Filmmaterial. E-Mail: polizei.kommando@police.be.ch.
azu/jsp

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Gewalt rund um den Fussball

"Die Fankultur muss sich sofort ändern"

Ulrich Pfister, Sicherheitsverantwortlicher beim Schweizerischen Fussballverband, spricht über die jüngsten Ausschreitungen.

Wie kann das massive Gewaltproblem rund um Fussballspiele in der Schweiz gelöst werden?

Ulrich Pfister: Ich stehe für knallharte Repression ein, den Chaoten kann man nur so beikommen. Mit diesem Mittel lässt sich das Problem aber nur entschärfen und nicht lösen. Parallel dazu braucht es eine starke Prävention und die Fanarbeit.

Die Klubs sind in dieser Angelegenheit alleine überfordert.

Die Realität ist die, dass die Vereine für die Organisation und damit die Sicherheit in ihren Stadien zuständig sind. Der Verband und die Liga können auf die Durchführung keinen unmittelbaren Einfluss nehmen. Wir können aber die mittel- und längerfristige Planung beeinflussen. Denn am Ende ist eines klar: Es geht nur gemeinsam. Es benötigt ein Zusammenspiel aller involvierten Parteien wie der Klubs, der Liga, des Verbandes, aber natürlich auch der Behörden und der Politik.

Gewaltszenen gab es am letzten Sonntag beim Spiel Zürich - Basel nicht nur ausserhalb des Stadions, sondern auch innerhalb des Letzigrunds auf den Rängen.

Was sich abgespielt hat, ist inakzeptabel und beschämend. Und was auch zu denken geben muss: Wir hatten während dieser Runde und am Cupfinal in allen Stadien Pyros. Die Fankultur muss sich sofort ändern. Aber das ist ein Prozess, der nicht über Nacht abgeschlossen werden kann. Mit Massnahmen wie Prävention und Fanarbeit muss man versuchen, dass Bewusstsein in die richtige Richtung zu lenken. Und wer davon nichts wissen will, der muss das zu spüren bekommen. Wer sich strafbar macht, muss büssen.

Ist man in der Schweiz gleich weit wie vor zehn Jahren?

Nein, das kann man so nicht sagen. Vor zehn Jahren waren die Hooligans das Problem. Die hatten einen klaren Bezug zu den Klubs. Heute haben wir es auch mit Ultras und Chaoten zu tun. Die feiern sich primär selbst.

In den Stadien sind nur private Sicherheitsdienste tätig. Wie weit dürfen sie gehen?

Die Kompetenzen sind wirklich eingeschränkt. Und solange es auf Grund des Datenschutzes nicht möglich ist, dass die Polizei Daten von Chaoten an die privaten Organisationen wie beispielsweise die Veranstalter weitergeben darf, sind uns leider die Hände gebunden.

Das allein dürfte aber kein Hindernis für bessere Eingangskontrollen sein. Am Cupfinal wurden im YB-Sektor unzählige Fackeln gezündet, wobei die Kontrollen eher lasch waren.

Die Problematik am Mittwoch war die, dass gut 4000 Leute gleichzeitig den Sektor der YB-Fans füllten. Sie mussten alle durch zwei Eingänge ins Stade de Suisse. Wenn vor den Toren ein Gedränge entsteht, herrscht die Gefahr von Panik und dadurch von Verletzten. Eine lückenlose Kontrolle ist kaum mehr möglich, zumal die Fans sich Zeit lassen und relativ spät ins Stadion kommen. Ausserdem ist es den Stewards untersagt, die Leute an intimen Stellen abzutasten. Das nützen sie gezielt aus, um die Ware ins Stadion zu bringen.

Fifa-Präsident Sepp Blatter glaubt neuerdings, dass die Gewalt eingedämmt werden kann, indem in allen Stadien die Steh- durch Sitzplätze ersetzt werden. Ist das wirklich die Lösung für die grossen Probleme?

Das glaube ich nicht. Grundsätzlich bin ich ein Verfechter von Sitzplätzen, das schon. Aber im Letzigrund haben wir ausschliesslich Sitzplätze, im Stade de Suisse ebenso. Was machen die Leute? Jene, die stehen wollen, stehen einfach auf oder vor den Sitzen. Um eine Wirkung zu erzielen, braucht es ein verändertes Fanverhalten.

Interview: Peter M. Birrer

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Telebärn 22.5.09

Krawallnacht nach Cupfinal gibt zu reden

Von Telebärn

Zwei Tage nach der Krawallnacht steht die politische Nachbearbeitung auf dem Tagesprogramm. Unter anderem die fehlende Videoüberwachung teilt die Meinungen.
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Krawallnacht-nach-Cupfinal-gibt-zu-reden/story/29441223

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Tagesanzeiger 23.5.09

Debatte: Was tun gegen Gewalt im Fussball?

Die Polizei soll den Klubs doch Rechnung stellen!

Von Roger Keller

Müssen wir uns daran gewöhnen, dass es in Zürich nach brisanten Fussballspielen jeweils zu massiven Ausschreitungen kommt? Dass Strassenzüge in Tränengasschwaden versinken? Und dass neuerdings selbst unbeteiligte Zugreisende wegen emotional und psychisch irregeleiteter Chaoten stecken bleiben?

Sicher wäre es unrealistisch, ein völlig gewaltfreies Umfeld für kampfbetonte Sportarten wie Fussball oder Eishockey zu erwarten. Aber es darf nicht sein, dass Gewaltexzesse wie am letzten Sonntag nach dem Heimspiel des FCZ gegen Basel quasi als normale Begleiterscheinung angekündigt, hingenommen und schliesslich noch als gesellschaftliches Phänomen verharmlost werden, das mit dem Fussball angeblich wenig zu tun habe.

Solche Gewaltexzesse haben mit dem Spitzenfussball einiges zu tun. Vielen Klubs fehlt es an der Entschlossenheit, klare Regeln aufzustellen und auch durchzusetzen und ihr Publikum wirksam zu kontrollieren. Das mag zwar unbequem sein, ist aber dringend nötig. Und keineswegs aussichtslos, sondern erfolgversprechend, wie Beispiele vor allem im Ausland zeigen. Interessant ist ja auch, dass es rund um andere Grossanlässe wie Konzerte, etwa im Hallenstadion, nicht zu derartigen Ausschreitungen kommt.

Hilfloses Gejammer der Fussballer

Statt zu handeln, verlegen sich die Fussballklubs und ihre Fans lieber darauf, mit Ausreden abzulenken. So behaupten sie, die Vereine würden von Staat und Politik im Stich gelassen, weil sie mit eigenen Mitteln für die Sicherheit im Stadion sorgen müssten. Das ist ein Gejammer, das sich durch nichts rechtfertigen lässt. Auch nicht durch den Hinweis auf das Geld, das die Fans in die Stadt bringen.

Richtig ist das Gegenteil: Der Spitzensport profitiert von hohen finanziellen Leistungen der öffentlichen Hand. Sie stellt ihm die Infrastruktur zur Verfügung - in Zürich das neue Letzigrund-Stadion, das über 100 Millionen Franken gekostet hat. Eine Zumutung ist es hingegen, dass die Steuerzahler von Stadt und Kanton Zürich seit Jahren für die Nachlässigkeit der Klubs aufkommen müssen. Denn nach wie vor leisten die Polizeikräfte ihren undankbaren Sicherheitsdienst ohne Verrechnung an die Organisatoren. Und während sich die Polizisten mit Fussball-Chaoten herumschlagen müssen, leidet die Sicherheit anderswo.

Wahrscheinlich könnten sich Stadt und Kanton ihre Polizeieinsätze bei Fussballspielen schon heute entschädigen lassen. Vor fünf Jahren hat der Stadtrat von Zürich den Berner Young Boys den Sicherheitsaufwand jedenfalls verrechnet, als diese ausnahmsweise im Hardturm ein internationales Heimspiel austrugen. Er hat die verlangten 84 000 Franken auch vor Bundesgericht durchgesetzt, ohne dass es für eine solche Verrechnung eine explizite Rechtsgrundlage gab.

Bei den Heimspielen von GC und FCZ hingegen hat der Stadtrat bisher darauf verzichtet - weil er sich nicht unbeliebt machen will. Das ist eine ziemlich hasenfüssige Haltung, die anderen Stadtregierungen, etwa jener von Basel, fremd ist. Mit dieser falsch verstandenen Toleranz muss es nun ein Ende haben, spätestens wenn das neue, zurzeit noch durch eine Beschwerde blockierte kantonale Polizeigesetz in Kraft ist. Es schreibt eine Rechnungsstellung zwar nicht vor, lässt sie aber ausdrücklich zu.

Das Geld wird es richten

Es gibt keinen Grund, das Verursacherprinzip bei Fussball-Spitzenspielen nicht anzuwenden, wenigstens mit einer teilweisen, aber doch spürbaren aufwandbezogenen Überwälzung der Kosten. Auch der Ruf nach einer Gleichbehandlung der Organisatoren des 1. Mai ändert daran nichts: Die Nach- und Nebendemos an diesem Tag sind zwar regelmässig genauso übel wie jene vom letzten Sonntag. Aber beim 1. Mai handelt es sich um einen Anlass mit "ideellem Zweck". Und in solchen Fällen kann die öffentliche Hand laut Gesetz darauf verzichten, die Organisatoren die Kosten des Polizeieinsatzes zu verrechnen.

Spitzenfussball hingegen hat mit Idealismus längst nichts mehr zu tun, sondern zählt zum kommerziellen Freizeit-Business. Der FCZ etwa ist eine gewinnstrebige Aktiengesellschaft mit einem Umsatz von über 22 Millionen Franken, und auf dem Rasen lässt er nicht etwa elf gute Kameraden, sondern elf hochbezahlte Profi-Artisten auftreten. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass viele Klubs tief in den roten Zahlen stecken. Das belegt höchstens die notorische Unfähigkeit ihrer Verantwortlichen, ein Unternehmen wirtschaftlich zu führen.

Für das durchschnittliche Rechtsempfinden wäre es daher - je länger desto mehr - störend, wenn Kanton und Stadt ihre Leistungen im Zusammenhang mit Spitzenfussballspielen nicht verrechnen würden. Die Klubs müssten dann unter Umständen halt eine Sicherheitsgebühr auf die Ticketpreise schlagen. Genauso wie es die Airlines am Flughafen Kloten auch tun müssen - dort verrechnet die Kantonspolizei ihren Aufwand für die Sicherheit ebenfalls. Dies, obwohl der Flughafen wohl noch etwas mehr Leute nach Zürich bringt als FCZ und GC.

Die Fussballklubs haben weder eine Sonderbehandlung noch Langmut verdient. Es braucht offensichtlich einen Zwang, damit sie ein genügendes Interesse an einem friedlichen Umfeld entwickeln. So gesehen, gibt es doch ein einfaches Rezept - das Geld. Es wirkt.

Weitere Berichte Seite 15, 35


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Nur geständige Chaoten können sofort bestraft werden

Warum werden Hooligans und Chaoten nicht durch Schnell-richter abgeurteilt? Das Problem liegt in der Beweisführung, sagt die Staatsanwaltschaft.

Von Stefan Hohler

Zürich. - Anlässlich der Euro 08 wurde in der Kaserne eine sogenannte Haftstrasse eingerichtet, damit Polizei und Staatsanwaltschaft für Massenverhaftungen von Hooligans und Chaoten gewappnet waren. Vor Ort waren Staatsanwälte und Jugendanwälte, denen die Polizei die Verhafteten vorführen sollten. Die Haftstrasse wurde aber nicht gebraucht, die Euro 08 verlief in Zürich friedlich. Warum wird bei Hochrisikospielen wie jüngst Basel gegen den FCZ nicht ein ähnliches Konzept verwendet?

"Das Problem besteht in der Beweisführung", sagt Andreas Brunner, Leitender Oberstaatsanwalt. Bei gewalttätigen Ausschreitungen setzte die Polizei vor allem auf die 3-D-Strategie, das heisst Dialog, Deeskalation und Durchgreifen. Dies sei nachvollziehbar, aber die strafrechtliche Verfolgung von Einzelnen würde darunter leiden. Zudem brauche die Auswertung von Filmaufnahmen Zeit. Ein Urteil noch am gleichen Abend sei nur in Einzelfällen möglich.

Ähnlich tönt es bei der Jugendanwaltschaft. Laut Beat Fritsche, Leitender Jugendanwalt, scheitert die Forderung, "sur place" abzuurteilen, meistens an den Beweismitteln. Ein Strafbefehl (wenn der Täter erwachsen ist) oder eine Erziehungsverfügung (falls minderjährig) sei nur möglich, wenn die Täter geständig sind; andernfalls kommt es zu einer Anklage vor Gericht oder Jugendgericht. Man überlege sich, so Oberstaatsanwalt Martin Bürgisser, nach dem Ende der Fussballsaison einen runden Tisch mit Polizei und Klubs einzuberufen. Dabei soll ein Bündel von Massnahmen zu den Bereichen Alkohol, Billettverkauf (siehe Box) oder Entanonymisierung besprochen werden.

Inzwischen fordern Politiker ein härteres Vorgehen bei verhafteten Chaoten. So verlangte Karin Keller-Sutter, St. Galler Regierungsrätin (FDP) und Vizepräsidentin der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren, im gestrigen "Blick", dass Verhaftete übers Wochenende in Gefängnis bleiben müssen: "Sie sollen am Montag ihre Arbeitgeber oder Schulen anrufen müssen: ‹Ich sitze noch im Knast.›"

Greift Polizei nun härter durch?

Die am Sonntag beim Bahnhof Altstetten verhafteten Chaoten waren bereits nach einigen Stunden wieder frei. Greift die Polizei am Sonntag, wenn Basel auf GC trifft, härter durch? Stapo-Medienchef Marco Cortesi: "Die Forderungen von Frau Keller-Sutter müssen auf Politikerebene geprüft werden."

Vorarbeit haben die Politiker schon geleistet. Das Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit gibt den Behörden die Möglichkeit, Hooligans zu verbieten, ein Gebiet rund um das Stadion zu betreten. Wenn befürchtet werden muss, dass sich die Person an Gewalttätigkeiten beteiligen könnte, kann sie verpflichtet werden, sich während eines Spiels auf dem Polizeiposten zu melden. In schwerwiegenden Fällen könnte die krawallbereite Person sogar für 24 Stunden in Polizeigewahrsam genommen werden.

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NZZ 23.5.09

Keine Handhabe gegen Krawallmacher

Freier Zutritt ins Stadion für die Verantwortlichen der jüngsten Ausschreitungen

 Für das morgige Hochrisikospiel in Zürich zwischen dem GC und dem FC Basel haben auch jene 14 Personen freien Zutritt, die bei den Ausschreitungen vom vergangenen Sonntag vorübergehend festgenommen worden sind: Ein Datenaustausch zwischen der Polizei und dem Stadionbetreiber ist nicht gestattet. Sicherheitschef Ulrich Pfister ärgert sich.

 -yr.  Nach den Ausschreitungen vom letzten Sonntag im Anschluss an das Fussball-Meisterschaftsspiel zwischen dem FC Zürich und dem FC Basel sind von verschiedener Seite Vorschläge eingegangen, wie in Zukunft derartige Krawalle verhindert werden könnten. Doch sobald es um die konkrete Umsetzung geht, hapert es. So bietet die derzeitige Gesetzeslage keine Handhabe, zumindest jenen 14 Personen den Zutritt für die morgigen Spiele zu untersagen, die bei den Scharmützeln rund um den Bahnhof Altstetten vorübergehend festgenommen worden sind. Hiezu wäre ein Datentransfer von der Stadtpolizei Zürich zum Stadionbetreiber nötig, im Fall des Letzigrundstadions also der Stadt Zürich. Dieser direkte Austausch von Informationen ist aber aus Gründen des Datenschutzes nicht möglich.

 Zwar wird seit der Einführung des Bundesgesetzes zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) vor gut zwei Jahren eine Hooligan-Datenbank namens Hoogan geführt. Diese Datenbank hinkt aber der Aktualität hinterher. Denn bis gewaltbereite Personen, die im Umfeld von Sportveranstaltungen von der Polizei erfasst worden sind, in die Datenbank eingetragen werden, läuft ein beschwerdeberechtigtes Verfahren. Dieses beansprucht mehrere Wochen bis mehrere Monate.

 Keiner der Krawallmacher war registriert

 Laut Auskunft von Marco Bisa, Pressesprecher bei der Stadtpolizei Zürich, war seines Wissens keiner der am Sonntag vorübergehend Festgenommenen in der Datenbank Hoogan registriert. Somit kann ihnen von polizeilicher Seite der Zutritt in ein Stadion vorerst nicht verwehrt werden. Dies gilt sowohl für das morgige Spiel im Zürcher Letzigrundstadion wie auch für die gleichzeitig ausgetragene Partie im Tessin zwischen der AC Bellinzona und dem FC Zürich. Es ist sehr wohl möglich, dass die Krawallmacher von Altstetten bereits eine Woche später erneut straffällig werden. "Solche Dinge ärgern mich gewaltig", kommentiert Ulrich Pfister, Sicherheitschef beim Schweizerischen Fussballverband.

 Laut Pfister wird Hoogan von der Polizei zudem nicht konsequent genutzt, womit die Datenbank ihre Wirkung verliere. Anfang nächsten Jahres, wenn das vom Bund für die Fussball-EM 2008 und die Eishockey-WM 2009 temporär ausgearbeitete BWIS durch ein kantonales Hooligan-Konkordat abgelöst wird, sollen diese Lücken gestopft werden. Im Konkordat ist nämlich explizit ein Datenaustausch zwischen der Polizei und den Stadionbetreibern vorgesehen. Im gegenwärtigen Fall würde dies der Stadtpolizei Zürich ermöglichen, die Namen der 14 Festgenommenen den städtischen Verantwortlichen für das Letzigrundstadion bekanntzugeben. Diese wiederum könnten gegen die verdächtigen Personen kurzfristig ein Stadionverbot aussprechen, das für den gesamten Schweizer Spitzenfussball Gültigkeit hätte.

 Griffigere Handhabe in Sicht

 Das Stadionverbot ist eine Art von privatrechtlichem Hausrecht, das keine Beschwerdemittel vorsieht. Es birgt also die Gefahr der Willkür, entsprechend einem Wirt, der ein Hausverbot gegen einen unliebsamen Gast ausspricht. Dieser rechtsstaatliche Mangel muss nach Ansicht von Sicherheitschef Pfister angesichts des Gefahrenpotenzials, das von Gewalttätern im Umfeld von Fussballspielen ausgeht, in Kauf genommen werden. Schon jetzt sei rund ein Drittel der Personen, die in der Schweiz Stadionverbot haben, nicht rechtskräftig verurteilt, sondern anderweitig aufgefallen. Insgesamt umfasst die Liste des Verbandes mit den Stadionverboten rund 520 Namen.

 Die Kontrolle bei den Stadioneingängen wird optisch vorgenommen, und zwar von Sicherheitsbegleitern des jeweiligen Klubs und von spezialisierten Polizisten. Dass diese Kontrolle nicht hundertprozentig zuverlässig sein kann, liegt auf der Hand. So wurden beispielsweise am Cup-Final vom vergangenen Mittwoch in Bern zwei Zuschauer mit Stadionverbot aufgrund von Videoaufnahmen erst nachträglich identifiziert und strafrechtlich belangt.

 Ein weiteres probates Mittel gegen Ausschreitungen ist der Stadtpolizei aus der Hand genommen worden: Das Verbot, in einem bestimmten Umkreis des Stadions Alkohol zu verkaufen, wurde kürzlich vom Statthalteramt wegen fehlender gesetzlicher Grundlage aufgehoben. Gegen die daraufhin lancierte Gesetzesvorlage des Stadtrats ist bereits Widerstand angekündigt worden. Dies, obwohl nach Ansicht von Christoph Vögeli, Hooligan-Experte bei der Stadtpolizei und bei der schweizerischen Fachstelle Hooliganismus, 99 Prozent aller Ausschreitungen im Umfeld von Sportveranstaltungen auf übermässigen Alkoholkonsum zurückzuführen sind.

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Zürichsee-Zeitung 23.5.09

Hooliganismus Nach den Ausschreitungen der vergangenen Tage schaltet sich die Politik ein

Polizei soll im Stadion eingreifen

In Deutschland oder England schreiten Polizisten rigoros gegen querulatorische Fans ein - auch innerhalb des Stadions. Diese Massnahme wird jetzt auch in der Schweiz gefordert.

Kari Kälin

Den sonntäglichen Fussballmatch GC gegen Basel hat die Stadtpolizei Zürich als Hochrisikospiel eingestuft. Räumt GC die Hürde Basel aus dem Weg, kann der FC Zürich mit einem Sieg in Bellinzona vorzeitig den Meistertitel feiern - was ein erhebliches Frustpotenzial für enttäuschte Fans birgt. Oder auch nur einen Vorwand liefert, inner- und ausserhalb des Stadions Krawalle anzuzetteln. Die Vorkommnisse der vergangenen Tage lassen jedenfalls wenig Gutes erahnen. Sowohl nach dem Knüller Zürich gegen Basel als auch nach dem Cup-Final erschütterten heftige Ausschreitungen die helvetische Fussballwelt.

Sitzplätze als Voraussetzung

Nun schaltet sich die Politik in die Debatte um das latente Hooligan-Problem ein. Was anderswo - zum Beispiel in England und Deutschland - bereits an der Tagesordnung ist, soll nun auch in der Schweiz geprüft werden: der Einsatz von Polizisten im Stadion, die Feuerwerkskörperabfackler, Schläger, Querulanten, kurzum Gesetzesbrecher, subito aus dem Verkehr ziehen. Dies forderte gestern Karin Keller-Sutter, Vizepräsidentin der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz (KKJPD), im Gespräch mit dieser Zeitung. "Die Polizei müsste über Greiftrupps verfügen", präzisiert die St. Galler FDP-Regierungsrätin. Dieses Konzept könne allerdings nur dann umgesetzt werden, falls die von Fifa-Präsident Sepp Blatter erhobene Forderung nach Abschaffung der Stehplätze erfüllt werde, denn: "Aus den Stehrampen kann man die Täter nicht entfernen. Das ist quasi ein rechtsfreier Raum." Momentan kümmern sich im Stadioninnern die von den Vereinen engagierten privaten Security-Firmen um die Sicherheit der Zuschauer.

Zudem wünscht sich Keller-Sutter ein härteres Vorgehen gegen die Hooligans. Sie sollen etwa übers Wochenende im Gefängnis schmoren, damit sie am Montag den Arbeitgeber und die Schule über ihren aktuellen "Wohnort" orientieren müssen. Verstösst jemand gegen Stadion- oder Rayonverbot, sollen Bussen englischen Kalibers, also mehrere Tausend Franken, aufgebrummt werden. Keller-Sutter ist sich bewusst: "Vorübergehend brauchen wir mehr Polizeikräfte, um die Gewalt einzudämmen." Mit Repression, aber auch verstärkter Fan-Arbeit, will sie dem Hooliganismus langfristig den Nährboden entziehen - damit die Polizei letztlich ihre Präsenz rund um Sportanlässe verringern könne.

Schärli für Schnellgerichte

Auch die Luzerner Sicherheitsdirektorin Yvonne Schärli kann sich - wenn auch nicht als vordringliche Massnahme - Polizisten im Stadion vorstellen. "Damit rückt allerdings umso mehr die Frage nach der Kostenbeteiligung der Vereine ins Zentrum", sagt die SP-Regierungsrätin - was für die Klubs gesalzene Rechnungen bedeuten könnte. So kostet etwa in Luzern eine Polizeimannsstunde 100 Franken. Schärli plädiert für Schnellgerichte wie in Holland, wo Hooligans rasch und unbüro- kratisch abgestraft werden können. Nachhaltig lasse sich das Übel aber nur bekämpfen, wenn "ein ganzes Bündel an Massnahmen getroffen wird", unter anderem der Ausbau der Fan-Arbeit. Und: "Man sollte prüfen, ob an Spielen teilweise oder gar kein Alkohol mehr ausgeschenkt werden sollte."

Verband hofft auf runden Tisch

Auf offene Ohren stösst Keller-Sut-ters Vorschlag nach Polizisten in Stadien bei Ulrich Pfister. "Das ist der einzig gangbare Weg", sagt der Sicherheitschef des Schweizerischen Fussballverbandes. Auch Schnellgerichte würde Pfister begrüssen. Neben der Repression setzt er auf den runden Tisch von Swiss Olympic, dem Dachverband der Schweizer Sportverbände, an dem Vereine, Politik, Fussballverband und die privaten Sicherheitsfirmen Lösungen zur Bekämpfung des Gewaltproblems auf- zugleisen versuchen. Pfister plädiert für ein nationales, verbindliches Fan- und Sicherheitskonzept, das für sämtliche Sportarten gelten soll.

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Aargauer Zeitung 23.5.09

Hooligan-Datenbank wirkt kaum

Immer mehr Gewalttäter sind erfasst, trotzdem häufen sich Ausschreitungen

Morgen spielt der FC Basel in Zürich gegen GC. Dann droht zum dritten Mal innerhalb einer Woche Gewalt an einem Fussballspiel: Experten fordern jetzt, dass die Schweiz mehr tun müsse, um Ausschreitungen zu verhindern.

Benno Tuchschmid, hans-Peter wäfler

Die Krawalle vor einer Woche beim Match zwischen dem FC Zürich und dem FC Basel › und dann die Ausschreitungen am Cupfinal in Bern am Mittwoch. Sachbeschädigungen, Verletzte, Verhaftungen. Für die Stadtpolizei Zürich ist jetzt klar: Auch beim Spiel vom Sonntag zwischen den Grasshoppers und dem FC Basel ist wieder mit Gewalt zu rechnen. Der Match gilt inzwischen als "Hochrisikospiel", und die Zürcher Polizei hat ihr Dispositiv nach den jüngsten Vorfällen in Zürich und Bern nochmals angepasst: "Wir werden mit einem Grossaufgebot vor, während und nach dem Spiel präsent sein", sagt Marco Bisa, Mediensprecher der Stadtpolizei Zürich.

Berner Polizei prüft Anzeigen

In Bern ist die Polizei derweil damit beschäftigt, die Krawalle rund um den Cupfinal aufzuarbeiten. 64 Personen nahm die Polizei fest. "Wir prüfen nun, wer von den Verhafteten angezeigt werden soll", sagt Ursula Stauffer, Mediensprecherin der Kantonspolizei Bern. Dann entscheide die Polizei auch, so Stauffer, wessen Daten an den Bund übermittelt werden › damit sie in der Hooligan-Datenbank (Hoogan) gespeichert werden.

 Die Hooligan-Datenbank: Anfang 2007 hatte sie das Bundesamt für Polizei (Fedpol) im Hinblick auf die Euro 08 in Betrieb genommen. Erfasst sind darin Gewalttäter, gegen die Stadion- oder Rayonverbote verhängt wurden oder die im Zusammenhang mit Ausschreitungen an Sportveranstaltungen verhaftet wurden.

Kritik an Fussballklubs

Schon Ende 2007 waren in der Datenbank Hoogan 260 Personen registriert › nur ein Jahr nach deren Einführung. Und seither hat sich die Zahl der Erfassten nochmals mehr als verdoppelt: 576 waren es Mitte Mai.

 Und trotzdem: Ausschreitungen an Sportveranstaltungen häufen sich. Maurice Illi, Soziologe mit Spezialgebiet Hooliganismus, sagt dazu: "Die Hooligan-Datenbank ist nur so gut, wie man sie anwendet." Und er kritisiert die Sicherheitsvorkehrungen der Klubs: "Wenn man bloss eine neue Frisur braucht, um Stadionverbote zu umgehen, dann stimmt etwas nicht."

 Auch der erfahrene Zürcher Sicherheitsexperte Adolf Brack relativiert im Interview gegenüber der MZ (siehe unten) die Wirksamkeit der Hooligan-Datenbank: "Den Polizeikorps fehlen die Leute, um Stadion- und Rayonverbote konsequent durchzusetzen." Und sogar Beat Hensler, Präsident der kantonalen Polizeikommandanten, sagt: "Wer glaubt, die Datenbank allein genüge, der täuscht sich."

 Um die Gewalt in den Griff zu bekommen, bringen Sicherheitsexperten deshalb jetzt Massnahmen ins Spiel, die weiter gehen als bisher:

·Strafen: "Wenn Repression, dann richtig", sagt Maurice Illi. Strafen müssten schneller verhängt werden. Heute daure es bis zu einem halben Jahr, bis gegen einen Gewalttäter ein Verfahren eröffnet werde. "Bis dann hat gerade ein Jugendlicher schon wieder vergessen, was er eigentlich gemacht hat."

·Sicherheitskräfte: Auch ausserhalb der Stadien brauche die Polizei Unterstützung, findet Adolf Brack. Er fordert, dass auch auf öffentlichem Grund die Polizei mit privaten Sicherheitsdiensten zusammenarbeiten soll.

·Fans im Stadion: Nur noch Sitzplätze soll es geben, verlangt Brack. Und er findet: "Bei Risikospielen sollten keine gegnerischen Fans mehr ins Stadion dürfen."

·Fan-Arbeit: Prävention sei wichtig, man müsse sie sich aber auch etwas kosten lassen, sagt Illi. Gegenüber dem Ausland habe die Schweiz Nachholbedarf: "In Deutschland geben der Fussballverband und die Bundesliga 1,8 Millionen Euro für Fan-Arbeit aus."

Fan-Arbeit: Vorbild Deutschland

In der Schweiz wird die Fan-Sozialarbeit erst seit wenigen Jahren ernsthaft betrieben › in Zürich, Basel, Bern und Luzern. Grosses Vorbild ist Deutschland. Dort gibt es 44 Fan-Projekte. Das Ziel dieser Projekte: Friedliche Fussballfans vor, während und nach dem Match. Über 280 Sozialarbeiter versuchen in den Projekten Einfluss auf die Fangruppen zu nehmen. Und es funktioniert: Ausschreitungen bei Bundesliga-Spielen sind die Ausnahme. Finanziert werden die Fanprojekte von den Gemeinden, den Bundesländern und dem Fussballverband. 8,3 Millionen Franken fliessen jedes Jahr in diese Arbeit. Die Fanbetreuung hat Tradition, das erste Projekt wurde bereits 1981 in Bremen gegründet. Die Finanzierung der Projekte ist national geregelt. Der Deutsche Fussball-Bund (DFB) und die Deutsche Fussball-Liga (DFL) zahlen gemeinsam bis zu 91 000 Franken an die einzelnen Projekte, wenn Gemeinden und Länder zusammen die restlichen zwei Drittel finanzieren. Neben der Prävention setzt Deutschland auch stark auf Repression. An einem Heimspiel von Bayern München stehen bis zu 1000 Polizisten im Einsatz. Bei Zwischenfällen greift die Polizei hart durch. Trotzdem: Auch in Deutschland kommt es zu Ausschreitungen, besonders in unteren Ligen im Osten des Landes, wo Rechtsextreme die Fan-Szene unterwandern. (btu)

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"Es braucht Schnellrichter in Fussballstadien"

Sicherheitsexperte Adolf Brack über Gewalt an Fussballspielen und Massnahmen dagegen

Gewalttäter an Fussballspielen sollten härter und schneller bestraft werden, findet Sicherheitsexperte Adolf Brack.

Hans-Peter Wäfler

Herr Brack, Sie waren lange Zeit Hooligan-Experte bei der Stadtpolizei Zürich. Weshalb kommt es wieder vermehrt zu Gewalt an Fussballspielen?

Adolf Brack: Zunächst muss man festhalten: Was wir jetzt erleben, hat nichts mit Hooliganismus zu tun. Hooligans suchen sich Gleichgesinnte als Gegner, sie gehen aber nicht auf Polizisten los. Die aktuell gewalttätige Szene rund um Fussballspiele ist unterwandert von Chaoten, so wie wir das auch vom 1. Mai in Zürich kennen. Die Situation ist viel unübersichtlicher geworden.

Es gibt die Hooligan-Datenbank des Bundes, um Gewalttäter zu erfassen. Bringt das etwas?

Brack: Die Datenbank ist ja gut und recht. Aber den Polizeikorps fehlen die Leute, um Stadion- und Rayonverbote konsequent durchzusetzen.

Muss die Polizei stärker präsent sein?

Brack: Das Problem ist, dass es oft ausserhalb der Stadien zu Gewalt kommt. Dort, auf öffentlichem Grund, ist die Polizei für die Sicherheit zuständig. Fehlen ihr aber Ressourcen, braucht es neue Lösungen. Auch auf öffentlichem Grund sollte es eine Zusammenarbeit zwischen Polizei und privaten Sicherheitsdiensten geben.

Braucht es härtere Strafen?

Brack: Ja › und sie müssten viel schneller verhängt werden. Wie in Holland sollten auch hier Schnellrichter im Stadion sein, um Strafen sofort auszusprechen.

Fifa-Präsident Joseph Blatter fordert, dass es in Schweizer Fussballstadien keine Stehplätze mehr geben soll . . .

Brack: . . . und da sollten die Klubs auch endlich handeln. Gibt es Stehplätze, gibt es viel mehr Bewegung in den Stadien. Und dann ist es kaum möglich, potenziell Gewalttätige mit Videokameras zu erfassen. Gäbe es nur noch Sitzplätze, auf denen die Fans auch sitzen bleiben müssten, würde das die Sicherheit erhöhen.

Dann wäre das Problem gelöst?

Brack: Es braucht mehr. Bei Risikospielen sollten keine gegnerischen Fans mehr ins Stadion dürfen. Da müssen auch die Spieler umdenken: Wer als Fussballer meint, er brauche immer seine Fans im Rücken, sollte zum Sackhüpfen wechseln.

Und Alkoholverbote auch rund um die Stadien?

Brack: Auch das braucht es. Rädelsführer bei Krawallen bleiben zwar meist nüchtern. Aber sie sind angewiesen auf die Horde Betrunkener, die ihnen nachrennt.

Adolf Brack (67) war bis 2001 Hooligan-Experte bei der Stadtpolizei Zürich. Heute ist er Sicherheitschef im Zürcher Hallenstadion und Sicherheitsdelegierter der Axpo Super League.

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St. Galler Tagblatt 23.5.09

Keller-Sutter will Polizisten in die Stadien schicken

Sowohl nach dem Fussballspitzenspiel Zürich-Basel vom vergangenen Sonntag als auch nach dem Cupfinal YB-Sion vom Mittwoch in Bern kam es zu schweren Ausschreitungen. Nun schaltet sich die Politik ein. Die St. Galler Sicherheitsdirektorin Karin Keller-Sutter (FDP) fordert, der Einsatz von Polizisten innerhalb der Stadien müsse geprüft werden.

"Die Polizei müsste über Greiftrupps verfügen", sagt die Regierungsrätin gegenüber unserer Zeitung. Dieses Konzept könne jedoch nur umgesetzt werden, falls die von Fifa-Präsident Sepp Blatter erhobene Forderung nach Abschaffung der Stehplätze erfüllt werde.

Keller-Sutters Forderung stösst bei Ulrich Pfister, dem Sicherheitschef des Schweizerischen Fussballverbandes, auf offene Ohren. "Das ist ein gangbarer Weg", sagt Pfister auf Anfrage. Er plädiert ausserdem für ein nationales Sicherheitskonzept, das künftig für alle Sportarten gelten soll. (red.) inland 3

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Polizisten sollen bereits im Stadion eingreifen

In Deutschland oder England schreiten Polizisten rigoros gegen gewalttätige Fans ein - auch im Stadion. Diese Massnahme wird nun auch von der St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter gefordert.

Kari Kälin

Den sonntäglichen Fussballmatch GC gegen Basel hat die Stadtpolizei Zürich als Hochrisikospiel eingestuft. Räumt GC die Hürde Basel aus dem Weg, kann der FC Zürich mit einem Sieg in Bellinzona vorzeitig den Meistertitel feiern - was ein erhebliches Frustpotenzial für enttäuschte Fans birgt. Oder auch nur einen Vorwand liefert, im und ausserhalb des Stadions Krawalle anzuzetteln.

Die Vorkommnisse der vergangenen Tage lassen jedenfalls wenig Gutes erahnen. Sowohl nach dem Knüller Zürich gegen Basel als auch nach dem Cupfinal gab es heftige Ausschreitungen.

Sitzplätze als Voraussetzung

Nun schaltet sich die Politik in die Debatte um Hooligans ein. Was anderswo - zum Beispiel in England und Deutschland - bereits an der Tagesordnung ist, soll auch in der Schweiz geprüft werden: der Einsatz von Polizisten im Stadion, die Pyromanen, die mit Raketen auf Matchbesucher zielen, Schläger oder Querulanten subito aus dem Verkehr ziehen.

Dies forderte gestern Karin Keller-Sutter, Vizepräsidentin der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz (KKJPD), im Gespräch mit unserer Zeitung. "Die Polizei müsste über Greiftrupps verfügen", sagt die St. Galler FDP-Regierungsrätin. Dieses Konzept könne jedoch nur umgesetzt werden, falls die von Fifa-Präsident Sepp Blatter erhobene Forderung nach Abschaffung der Stehplätze erfüllt werde, denn: "Aus den Stehrampen kann man die Täter nicht entfernen. Das ist quasi ein rechtsfreier Raum." Momentan kümmern sich im Stadioninnern die von den Vereinen engagierten privaten Security-Firmen um die Sicherheit.

Zudem wünscht sich Keller-Sutter ein härteres Vorgehen gegen die Hooligans. Sie sollen etwa übers Wochenende ins Gefängnis gesteckt werden, damit sie am Montag den Arbeitgeber und die Schule über ihren aktuellen "Wohnort" orientieren müssen. Verstösst jemand gegen Stadion- oder Rayonverbot, sollen ihm Bussen englischen Kalibers, also mehrere tausend Franken, aufgebrummt werden.

Keller-Sutter ist sich bewusst: "Vorübergehend brauchen wir mehr Polizeikräfte, um die Gewalt einzudämmen." Mit Repression, aber auch verstärkter Fanarbeit will sie dem Hooliganismus langfristig den Nährboden entziehen - damit die Polizei letztlich ihre Präsenz rund um Sportanlässe wieder verringern könne.

Verband hofft auf runden Tisch

Auf offene Ohren stösst Keller-Sutters Vorschlag nach Polizisten in Stadien bei Ulrich Pfister. "Das ist der einzig gangbare Weg", sagt der Sicherheitschef des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV) auf Anfrage unserer Zeitung. Auch Schnellgerichte würde Pfister begrüssen.