MEDIENSPIEGEL 24.5.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Nause wird Papi
- Bericht Innere Sicherheit 2008
- Big Brothers vs Hooligan-Grippe: Maurer will Pranger
- Spezialeinheit Adler (Glarus)
- Anti-Gentech-Karawane Tag 15
- Gipfel-Soli-News 23.5.09

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REITSCHULE
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So 24.05.09
18.00 Uhr - Rössli-Bar - Piano-Bar
19.00 Uhr - Tojo - Das Orchester von Jean Anouilh. Berner StudentInnentheater

Di 26.05.09
20.30 Uhr - Tojo   - Lustiger Dienstag 41 Mehr als Variété! LuDi-Crew und Gäste

Mi 27.05.09
19.00 Uhr - SousLePont - Graubünden Spezialitäten
21.00 Uhr - Rössli - Dachstock & Rössli present: SLEEPY SUN (usa/All Tomorrow‘s Parties Recordings) -- Dynamic High End Rock!
22.00 Uhr - SousLePont - Offene Bühne #113

Do 28.05.09
20.30 Uhr - Tojo - Stück für Stück vier Kurztheaterstücke von PPCie
20.30 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! Now! Santiago Alvarez, Kuba 1965. Habana Blues. Benito Zambrano, Spanien/ Kuba/F 2005

Fr 29.05.09
20.00 Uhr - Frauenraum - BLÜTEN DER DÄMMERUNG: Ein Lesestück von Miriam Erni und Corina Freudiger
20.30 Uhr - Tojo - Stück für Stück vier Kurztheaterstücke von PPCie
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! Now! Santiago Alvarez, Kuba 1965. Habana Blues. Benito Zambrano, Spanien/ Kuba/F 2005
22.00 Uhr - Dachstock - Irish Night with An Làr (ch) & DJ -- Irish Folk

Sa 30.05.09
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! La reina del condón. Silvana Ceschi , Reto Stamm, Schweiz 2007
23.00 Uhr - Dachstock - Cool & Deadly: Silly Walks Discotheque (d), Support: Moya ls. Boss Hi-Fi -- reggae/dancehall

So 31.05.09
18.00 Uhr - Rössli- Piano-Bar

Infos: www.reitschule.ch

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PAPA NAUSE
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Sonntagsblick 24.5.09

Reto Nause

Nachwuchs

CVP-Politiker Reto Nause (37) nimmt sich seinen Ex-Chef zum Vorbild. Wie Parteipräsident Christophe Darbellay (38) sorgt der ehemalige nationale Generalsekretär der Familienpartei CVP aktiv für Nachwuchs. Nause, der letzten Herbst in die Stadtberner Regierung gewählt wurde, wird im Juli Vater. Darbellay war ein wenig schneller: Er steht schon seit einem Monat am Wickeltisch.

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BERICHT INNERE SICHERHEIT 2008
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fedpol.ch 19.5.09
http://www.fedpol.admin.ch/fedpol/de/home/dokumentation/medieninformationen/2009/2009-05-19.html

Rechenschaftsbericht 2008 (2343 Kb, pdf)
http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/sicherheit/reberi_fedpol.Par.0010.File.tmp/reberi-2008-d.pdf

Fact-Sheet (712 Kb, pdf)
http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/sicherheit/reberi_fedpol.Par.0016.File.tmp/Faktenblaetter_D.pdf

Statistik (5612 Kb, pdf)
http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/sicherheit/reberi_fedpol.Par.0013.File.tmp/D-Statistik.pdf

Bericht innere Sicherheit 2008 (2881 Kb, pdf)
http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/sicherheit/bericht_innere_sicherheit.Par.0050.File.tmp/Bericht_Sicherheit_d.pdf

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Bericht zur Inneren Sicherheit und Rechenschaftsbericht des Bundesamtes für Polizei

Medienmitteilungen, fedpol, 19.05.2009

Bern. Das Bundesamt für Polizei (fedpol) hat heute den Bericht zur Inneren Sicherheit Schweiz (BISS) veröffentlicht. Zusätzlich zum BISS erscheint der jährliche Rechenschaftsbericht (REBERI), mit dem die Aufgabenschwerpunkte des Amtes im Jahr 2008 vorgestellt werden.

 Der seit 2001 jährlich erscheinende Bericht zur Inneren Sicherheit Schweiz (BISS) informiert über die wichtigsten Bedrohungen der inneren Sicherheit der Schweiz und tut dies auch dieses Jahr mit dem bewährten Dreischritt: Zunächst stellt er die Lage im Berichtsjahr 2008 dar und beurteilt anschliessend, inwiefern und wie stark die innere Sicherheit der Schweiz durch die geschilderten Ereignisse und dargestellten Gruppierungen bedroht wurde. Der dritte Schritt besteht schliesslich darin, auf mögliche künftige Entwicklungen hinzuweisen.

Der BISS behandelt islamistisch motivierten Terrorismus und Gewaltextremismus, organisierte Kriminalität, politisch motivierten Gewaltextremismus und Terrorismus, verbotenen Nachrichtendienst, Proliferation und weitere Aspekte der inneren Sicherheit. Gegenüber den Vorjahren blieb die Bedrohungslage im Wesentlichen unverändert.

Hinsichtlich des islamistisch motivierten Terrorismus und Gewaltextremismus ist weiterhin festzustellen, dass es wie in den Vorjahren keine konkreten Hinweise auf Anschlagsplanungen in der Schweiz gab. Verbindungen etwa ins Umfeld der in Deutschland ausgehobenen Sauerland-Zelle weisen jedoch darauf hin, dass es in der Schweiz nebst dem bekannten propagandistischen und logistischen auch ein operatives Potenzial gibt. Im Bereich der organisierten Kriminalität bleiben nach wie vor Gruppierungen aus der GUS und aus Südosteuropa eine Bedrohung der inneren Sicherheit. Im Bereich des gewalttätigen Extremismus ist feststellbar, dass namentlich die Lageverschärfung in der Türkei respektive im Irak und auf Sri Lanka zur Akzentuierung der Bedrohung in der Schweiz führte. Eine Serie von Brandanschlägen, die dem Umfeld der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) zuzurechnen war, veranlasste den Bundesrat dazu, Massnahmen zur Eindämmung der Aktivitäten zu ergreifen.

Der Rechenschaftsbericht

Mit dem Rechenschaftsbericht (REBERI) vermittelt fedpol einen Überblick über die Schwerpunkte der Tätigkeiten im Jahr 2008 und gibt Aufschluss darüber, wie das Amt die zur Verfügung stehenden Ressourcen eingesetzt hat. So hat fedpol das Schengen-Assoziierungsabkommen polizeiseitig umgesetzt, damit es am 12. Dezember 2008 in Kraft treten konnte. Teil der Umsetzung war eine erfolgreich verlaufene Evaluation durch EU-Experten, die der Schweiz ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt haben. Die ersten Erfahrungen mit dem Schengener Informationssystem als neuem Fahndungsmittel sind äussert positiv.

Praktisch alle Einheiten haben 2008 Sonderaufgaben im Rahmen der EURO 08 übernommen und mit den Partnern dafür gesorgt, dass das drittgrösste Sportereignis der Welt sicher durchgeführt werden konnte und sich die Probleme im Promillebereich bewegt haben.

Neben der strategischen und operativen Tagesarbeit war fedpol 2008 mit zwei grösseren Reorganisationsprojekten beschäftigt. So hat das Amt den Bundesratsentscheid vom 21. Mai 2008 umgesetzt, die mit nachrichtendienstlichen Aufgaben betrauten Teile des Dienstes für Analyse und Prävention und das Bundeslagezentrum per 1. Januar 2009 ins Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) zu transferieren.

fedpol hat diesen Transfer dazu genutzt, um mit dem Projekt "EQUILIBRE" betriebliche Abläufe zu verbessern, Synergien zu nutzen und die Organisation punktuell zu verbessern. Hauptziele der Reorganisation waren, die Polizeiinfrastruktur (IT) in der Hauptabteilung Dienste und die internationalen Geschäfte in der Hauptabteilung "Internationale Polizeikooperation" (die bis Ende 2008 unter dem Namen SINDEC fungierte) zu konzentrieren. So können sich die operativen Einheiten auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.

Der Rechenschaftsbericht besteht aus drei Teilen: Neben dem eigentlichen Berichtsteil finden sich Factsheets, die die Struktur und die Aufträge der verschiedenen Organisationseinheiten von fedpol per 1. Januar 2009 wiedergeben sowie eine CD-ROM mit statistischen Angaben.

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Bericht Innere Sicherheit der Schweiz 2008

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4.1 RECHTSEXTREMISMUS

Lage

Zahl der Ereignisse

Die Anzahl rechtsextrem motivierter Ereignisse nahm im Berichtsjahr im Vergleich zum Jahr 2007 von 109 auf 76 ab. Dies entspricht einem Rückgang um rund 30 Prozent. Konzerte rechtsextremer Bands waren hingegen häufiger; 2007 waren es zehn, im Berichtsjahr 15. Die Hauptursache des gesamthaften Rückgangs liegt im Bereich der gewalttätigen Ereignisse: Während in den letzten fünf Jahren deren Anzahl jeweils zwischen 50 und 64 pro Jahr lag, wurden im Berichtsjahr nur deren 24 gezählt. Diese Abnahme dürfte unter anderem auf die konsequente Prävention und Repression zurückzuführen sein. Das Gewaltpotenzial der rechtsextremen Szene bleibt hingegen bestehen.

Wichtige Vorfälle 2008

- Am 15. März besuchten gegen 20 Personen eine Schaukäserei im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Kurz darauf wurde im Internet auf einer rechtsextremen Homepage ein Foto veröffentlicht, das elf der Besucher mit zum deutschen Gruss erhobener Hand zeigt. Die Kantonspolizei prüft, ob eine Verletzung der Rassendiskriminierungsstrafnorm vorliegt.
- Ebenfalls am 15. März fand in Wimmis ein Skinheadkonzert mit 200 Besuchern statt. Es traten vier Bands, teilweise aus dem Ausland, auf. Im Saal wurde rechtsextremes Material verkauft.
- Am 23. März verübten im aargauischen Stein Personen mit einem selbst hergestellten Molotow- Cocktail einen Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft. Fünf Täter konnten ermittelt werden, zwei davon sind der rechtsextremen Szene zuzurechnen. Die Täter waren stark alkoholisiert und handelten vermutlich aus rassistischen Gründen.
- Am 1. Mai nahmen in Freiburg rund 60 Mitglieder der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) an einem kurzfristig unter Auflagen bewilligten Marsch zum 1. Mai teil. Eine Konfrontation mit Teilnehmenden einer anderen 1.-Mai-Veranstaltung konnte verhindert werden.
- Am 24. Mai versammelten sich rund 20 Personen aus dem Umfeld von B&H Schweiz auf einer Waldlichtung im Kanton Schwyz. Dort hielten sie ein Kampftraining ab. Die Personen wurden kontrolliert.
- Am 26. Juli wollten Polizeibeamte in eine Auseinandersetzung zwischen Rechtsextremen und Passanten eingreifen. Ein Rechtsextremer hatte Passanten rassistisch beschimpft. Beim anschliessenden Angriff der Rechtsextremen auf die Polizeipatrouille wurden vier Polizisten verletzt.
- Die diesjährigen Feierlichkeiten am 1. August verliefen dank der umfangreichen präventiven Sicherheitsmassnahmen von Behörden und privaten Veranstaltern ruhig. Eine Teilnahme von Rechtsextremen an der offiziellen Feier auf der Rütliwiese konnte verhindert werden, anders als in den Vorjahren gab es keine Gegenveranstaltungen linksextremer Kreise. Wie üblich organisierten Rechtsextreme an den dem Nationalfeiertag folgenden Tagen Veranstaltungen; am 3. August holten auf Aufruf der PNOS etwa 300 Sympathisanten die Feier auf dem Rütli nach.
- In der Nacht auf den 21. September wurden bei einer Massenschlägerei zwischen Rechtsextremen und Ausländern im Fürstentum Liechtenstein ein Polizist schwer und sechs weitere Personen leicht verletzt. An der Konfrontation in Mauren waren auch zehn Rechtsextreme aus der Schweiz beteiligt, die organisiert in einem gemieteten Kleinbus angereist waren. Sie gehören dem Umfeld der rechtsextremen Skinheadband Amok an. Gegen zwei Schweizer erstattete die Polizei Strafanzeige; diese wurden zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt. Die übrigen Verfahren waren bei Redaktionsschluss noch hängig.
- Am 27. September überfielen zwei Rechtsextreme Bewohner einer linksalternativen Wohngemeinschaft in Emmenbrücke. Sie setzten dabei unter anderem Tränengas ein.

Gruppen

Die PNOS blieb in der Schweiz die politisch aktivste rechtsextreme Organisation. Die Schweizerischen Hammerskins (SHS) und B&H fungieren als Dachorganisationen zweier konkurrierender Richtungen in der rechtsextremen Szene. Dabei agierten vor allem Mitglieder von B&H oft gewalttätig und gerieten mit dem Gesetz in Konflikt. Den beiden Richtungen in der Szene sind etwa 30 verschiedene Gruppen mit einem bis mehreren Dutzend Mitgliedern zuzuordnen.

PNOS

Die PNOS hat ihre Wurzeln im gewalttätigen Extremismus; etliche Mitglieder blieben auch im Berichtsjahr aktive Skinheads. Skinheads geraten immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt, vorwiegend wegen Verstössen gegen die Rassendiskriminierungsstrafnorm, aber auch wegen Körperverletzung.
Aufgrund stetig negativer Schlagzeilen in den Medien war es gegen Ende 2007 zu personellen Änderungen an der Spitze der PNOS gekommen; eine Sektion wurde geschlossen, andere zu eröffnen war dagegen geplant. Im Februar 2008 erfolgte die Gründung einer Sektion im Emmental.

Neugründung der Gruppe National Socialiste Suisse

Im Herbst 2007 wurde in der Westschweiz die neue Gruppierung National Socialiste Suisse (NSS) gegründet, die in Genf und Umgebung aktiv ist. Die Gruppe besteht aus etwa 20 Mitgliedern. In Planung sind Sektionen im Kanton Waadt und in der deutschsprachigen Schweiz. Die NSS hat bis heute mindestens zwei Broschüren mit rechtsextremem Inhalt produziert. Die Gruppe versucht, teilweise auch über Internet, ihre rechtsextremen, rassistischen und fremdenfeindlichen Ansichten an möglichst viele Gleichgesinnte weiterzugeben und neue  Sympathisanten zu gewinnen. Die Homepage wird im Rahmen eines Strafverfahrens überprüft.

Musik-Subkultur

Der gewalttätige Angriff Linksextremer auf eine Musikbar in Freiburg am 11. Oktober 2008 zeigt die zunehmenden Schwierigkeiten - auch innerhalb der rechts- und linksextremen Szenen selbst - den Zusammenhang zwischen verschiedenen Musikstilen und Ideologien zu erkennen. Zur Tat bekannte sich im Internet eine sogenannte "Antifaschistische Aktion, Kommando nazifreie Subkultur". Der Vorwurf lautete, dass nicht nur die Dark-Wave-, sondern auch andere Musikszenen von "neokonservativen und neofaschistischen Bands" durchdrungen seien. Nach Meinung der Verfasser des Bekennerschreibens versuchten Rechtsextreme so, "sich linke und andere Symbolik und Rhetorik anzueignen". Innerhalb der Gothic-Szene, die sich keltischer und germanischer Symbole bedient und diese ähnlich wie der Nationalsozialismus neuheidnisch verbrämt, wird selbst heftig über die Ideologisierung der eigenen Subkultur gestritten.

Uefa Euro 2008

Vor und während der Uefa Euro 2008 wurden in der Schweiz Einreiseverbote gegen gewalttätige mutmassliche Rechtsextreme, die teilweise auch der Hooliganszene zuzuordnen waren, erlassen. Im Vorfeld der Veranstaltung wurde die rechtsextreme Szene intensiver beobachtet. Es konnte dabei nicht festgestellt werden, dass organisierte Störaktionen während der Fussballeuropameisterschaft geplant wurden. Die insgesamt wenigen Ordnungsverstösse während der Uefa Euro 2008 hatten denn auch keinen erkennbaren Bezug zur rechtsextremen Szene.

Rechtsextremismus in Europa

Europäische Entwicklungen und Trends sind seit Längerem auch für die Schweiz feststellbar. Nirgendwo in Europa ist eine Entwicklung zu rechtsextrem motiviertem Terrorismus festzustellen, hingegen ist eine intensivere internationale Kooperation unter Rechtsextremen zu beobachten. Der Austausch findet vorwiegend auf persönlicher Ebene statt. Das Internet ist inzwischen das hauptsächliche Medium zur Verbreitung rechtsextremer Propaganda.
Feststellbar ist in einigen Ländern ein steigendes Engagement von Frauen in der rechtsextremen Szene. In verschiedenen Ländern versuchen Rechtsextreme, gewaltlos und legal, etwa mittels politischer Aktivitäten, ihre Ziele zu erreichen. Trotzdem bleibt rechtsextrem motivierte Gewalt bestehen und wird unter anderem an den teilweise eskalierenden Auseinandersetzungen zwischen Rechts- und Linksextremen und an den zunehmenden Aggressionen Rechtsextremer gegenüber der Polizei und anderen Behörden sichtbar.
Alle betroffenen europäischen Länder messen der Musik als Propaganda- und Rekrutierungsmittel sowie der Verbreitung rechtsextremer und rassistischer Ideologien über neue Medien grosse Bedeutung zu.
Beurteilung

Selbstbewusster Auftritt

Tendenziell hat sich die rechtsextreme Szene in den letzten Jahren wenig verändert. Rechtsextreme treten heute aber selbstbewusster auf, scheuen die Öffentlichkeit weniger als früher und versuchen, sich teilweise in der Parteipolitik zu etablieren. Sie stehen zunehmend auch öffentlich zu ihren Überzeugungen, ersuchen die Behörden um Demonstrationsbewilligungen und pochen auf Grundrechte.
Das politische Engagement beschränkte sich nicht auf die Ausländerthematik. Weitere Themen waren Kindsmissbrauch, die Globalisierung oder der 1. Mai als Kampftag der Arbeiterbewegung. Gewalt ging vermehrt von einer jungen Skinheadszene aus, insbesondere aus dem Umfeld von B&H. Mit dem Vertrieb rechtsextremen Materials und mit Konzertveranstaltungen wurden auch kommerzielle Interessen verfolgt. Veröffentlichungen verstiessen wiederholt gegen die Ras sendiskriminierungsstrafnorm. Die Planung von Aktivitäten verlief häufiger konspirativ, während sich die Szene bei öffentlichen Auftritten selbstbewusster gebärdete und sich gegen die Sicherheitskräfte aggressiver verhielt.

Auseinandersetzungen zwischen Rechts- und Linksextremen

Die Auseinandersetzungen zwischen dem rechts- und linksextremen Lager hielten an. Dabei ist eine Zunahme der Aggressivität von linksextremer Seite festzustellen. Am traditionell wichtigen Tag der linksextremen Szene, dem Tag der Arbeit, versammelten sich auch Rechtsextreme und feierten den Anlass.

Mögliche Entwicklung

Beutungszuwachs des Internets

Der leichte Zugang zu rechtextremer Musik via Internet wird dafür sorgen, dass auch kleine Gruppen mit ihrer rechtsextremen Ideologie eine grosse Verbreitung finden. Das Medium Internet entspricht dem Bedürfnis der rechtsextremen Szene nach Anonymität und Konspiration und wird wahrscheinlich weiter an Bedeutung gewinnen. Die Gewalt in der Szene, insbesondere gegenüber Exponenten aus anderen ideologischen Lagern und gegenüber Ausländern, wird wahrscheinlich anhalten. Rechtsextreme werden wahrscheinlich ihr politisches Engagement fortsetzen und versuchen, ihren politischen Einfluss zu verstärken.

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4.2 LINKSEXTREMISMUS

Lage

Zahl der Ereignisse

Die Zahl der linksextrem motivierten Vorfälle sank von 221 im Jahr 2007 um gut drei Prozent auf 214 im Berichtsjahr und blieb damit auf hohem Niveau. Mit Gewalt gegen Sachen oder Personen waren im Berichtsjahr rund 51 Prozent aller Vorfälle verbunden; 2007 waren es noch 57 Prozent gewesen. Der Rückgang dürfte nicht zuletzt auf die starke Präsenz von Sicherheitskräften im Rahmen der Uefa Euro 2008 zurückzuführen sein.

Wichtige Vorfälle 2008

- Anlässlich der unbewilligten sogenannt nationalen Anti-WEF-Demonstration wurden am 19. Januar in Bern 242 Personen vorübergehend festgenommen. Weitere unbewilligte Demonstrationen gegen das WEF waren in Zürich und Basel zu verzeichnen.
- In der Nacht auf den 29. Februar verübten Linksextreme am Wohnsitz des Vorstehers der Direktion der Justiz und des Inneren des Kantons Zürich einen Brandanschlag gegen dessen Personenwagen. Als Motiv wurde der Hungerstreik eines wegen Mordes verurteilten Linksextremen genannt; der Sachschaden an Auto, Hausfassade und Garage belief sich auf 100'000 Schweizer Franken.
- Bei einer Brandstiftung in einem Zürcher Karosseriebetrieb brannten am 12. März zwei Fahrzeuge der Kantons- und eines der Stadtpolizei ab. Der Sachschaden betrug mehrere Hunderttausend Schweizer Franken.
- Nach dem offiziellen Umzug zum 1. Mai kam es in Zürich zu schweren Ausschreitungen und Angriffen auf die Polizei, die in der Folge 301 Personen festnahm. Zwölf Personen wurden verletzt, zwei von ihnen schwer, als ein Autofahrer in die Menschenmenge fuhr. Zu schweren Ausschreitungen kam es gleichentags auch in Lausanne, wo 30 Personen festgenommen wurden.
- In der Nacht vom 1. auf den 2. Mai steckten Linksextreme in Zürich ein Motorrad und fünf Autos in Brand, was einen Sachschaden von 100'000 Schweizer Franken verursachte.
- Am 3., 4. und 7. Mai wurden drei Stadtzürcher Polizeiposten Ziele von Farbanschlägen.
- In Zürich entstand am 26. September durch einen Brandanschlag auf vier Personenwagen ein Schaden von rund 150'000 Schweizer Franken; die Aktion richtete sich gegen die Atomenergiepolitik eines Energieversorgers.
- Am 11. Oktober drangen rund dreissig Personen aus der Deutschschweizer Antifa-Szene in eine Freiburger Bar ein, in der ein Konzert einer Gruppe aus der Gothic- Szene geplant war. Im Verlaufe der gut organisierten Aktion wurden das gesamte Mobiliar und die bereitstehenden Musikinstrumente zerstört, und ein Beamter der anrückenden Polizei wurde leicht verletzt.
Bereits 2006 war es in der Berner Reitschule zu Angriffen auf Personen aus der Gothic-Szene gekommen, die Antifa-Aktivisten tendenziell dem Rechtsextremismus zuordnen.
- Am 14. und 16. November wurden in Zürich je zwei Fahrzeuge in Brand gesetzt. In der Nähe zum ersten Tatort vorgefundene Sprayereien liessen auf eine Solidaritätsaktion zugunsten der am 11. November in Frankreich wegen mutmasslicher Sabotageakte auf das Eisenbahnnetz festgenommenen Personen schliessen. Eine entsprechende Bekennung war auch auf einer Webseite von Linksextremen in der Schweiz zu finden.

Zwei störungsfreie Grossanlässe

Im Berichtsjahr konnte das vom 23. bis 27. Januar dauernde WEF in Davos wie in den Vorjahren ohne nennenswerte Störungen abgehalten werden. Die Zahl unbewilligter Kundgebungen blieb auf dem Niveau des Vorjahres. Dennoch kam es wie üblich vor, während und nach dem Anlass zu verschiedenen Anschlägen, die das gleichbleibende Gewaltpotenzial der Szene veranschaulichten. So entstanden durch verschiedene Anschläge Schäden von insgesamt mehreren Hunderttausend Franken.
Auffallend ruhig verlief auch die Uefa Euro 2008. Nebst verschiedenen Plakataktionen, die sich gegen den Anlass richteten und insbesondere auch das Sicherheitsaufgebot und die begleitenden Sicherheitsmassnahmen kritisierten, waren während der Spiele selbst nur wenige Anschläge mit Bezug zum Linksextremismus zu verzeichnen. Am 31. Mai wurde mit einem Feuerwerkskörper gegen das Gebäude der Kantonspolizei Solothurn ein Anschlag verübt, der dem Sicherheitskoordinator der Uefa Euro 2008 galt. Am 25. Juni wurde in Zürich eine Aktion gegen ein Geschäftslokal eines Hauptsponsors durchgeführt.

Gewalt in Zürich und Lausanne

Zürich war auch 2008 das wichtigste Zentrum linksextrem motivierter Vorfälle. Es waren vermehrt Angriffe auf Polizeiposten zu verzeichnen. Ausserdem kam es im Grossraum Zürich zu einer Häufung von Farb- und Brandanschlägen, die sich gegen Politiker richteten, die ein repressiveres Vorgehen gegen jugendliche Straftäter und Chaoten befürworten. Aber auch der 1. Mai war einmal mehr von schweren Ausschreitungen begleitet. Krawalle waren auch in Lausanne zu verzeichnen, wo sich seit 2007 eine gewalttätige autonome Szene herausbildet, wie man sie zuvor in der Romandie nur in Genf kannte.

Internationale Vernetzung

Eine besondere Bedeutung hat Zürich als Zentrale des RAS, der mutmasslich nicht nur für diverse Anschläge verantwortlich ist, sondern auch immer wieder Aktionen zugunsten inhaftierter Linksextremer organisiert. Im Vordergrund standen dabei 2008 besonders Mitglieder der italienischen Roten Brigaden, die seit dem Sommer in Mailand vor Gericht standen, sowie der Aktivisten der deutschen militanten gruppe (mg), die sich in Berlin für zahlreiche Anschläge zu verantworten haben.
Von besonderer Bedeutung war in diesem Zusammenhang eine Polizeiaktion gegen Linksextreme in Belgien, die das dortige Zentralsekretariat der SRI erheblich schwächte. Bei der SRI handelt es sich um eine europaweit agierende marxistisch-leninistische Vernetzungs-, Kommunikations- und Aktionsplattform, die Verbindungen zur linken Terrorszene pflegt. Der Schlag führte dazu, dass das zweite Zentralsekretariat, das in Zürich durch die dortige Sektion des RAS, den RAZ, betrieben wird, umso mehr an Gewicht gewann. Der RAZ als treibende Organisation in der SRI gewann dadurch noch zusätzlich an Einfluss auf den Linksextremismus in Europa.

Strafverfahren gegen Exponenten

Am 1. Juli 2008 entschied das Bundesstrafgericht in Bellinzona auf Antrag der Bundesanwaltschaft, dass Papiere und Datenträger von führenden linksextremen Exponenten entsiegelt werden dürfen. Das Material war am 6. Mai 2008 sichergestellt worden. Das Verfahren richtet sich primär gegen Exponenten, die der Beteiligung an zahlreichen Anschlägen in den vergangenen zehn Jahren verdächtigt werden, und in einem Fall gegen eine Person, die als klare Befürworterin des "bewaffneten Kampfes" gegen das rechtsstaatlich- demokratische System gilt. Gestützt wird der Verdacht durch DNA-Spuren, den vorgefundenen Ausdruck eines Bekennerschreibens und sichergestelltes pyrotechnisches Material.

Breites Themenspektrum

Obwohl den Solidaritätsaktionen zugunsten inhaftierter Linksextremer insbesondere im Rahmen der Aktivitäten der SRI ein besonderer Stellenwert zukommt, wird von der linksextremen Szene unverändert auch ein breites Spektrum anderer Fragen thematisiert.
Dazu gehört nach wie vor der Kampf gegen den Faschismus (Antifa), der 2008 ebenfalls eine dominierende Stellung einnahm. Nebst gewalttätigen Aktionen wie dem gut organisierten Überfall auf eine vermeintlich von Rechtsextremen besuchte Bar in Freiburg spielen dabei die modernen Mittel der Technik eine immer wichtigere Rolle. So wurden 241 als Rechtsextreme vermutete Besucher der alljährlichen Gedenkfeier der Schlacht von Sempach fotografiert und die Bilder ins Internet gestellt. Wachsende Bedeutung kommt dem Hacking von rechten Internetseiten und - foren zu.
Die Szene versteht es zudem, auch spontan Themen aufzugreifen und für sich zu nutzen. So dienten ihr etwa die im Dezember in Griechenland nach dem gewaltsamen Tod eines Jugendlichen ausgebrochenen und sich über Wochen hinziehenden Unruhen dazu, auch in der Schweiz Anschläge und unbewilligte Kundgebungen durchzuführen.

Mobilisierung gegen Atomenergie und Finanzsystem

Andere Themen, die während des Berichtsjahres an Gewicht gewannen, sind die Atomenergie und die Finanzkrise, die beide ein hohes Rekrutierungs- und Mobilisierungspotenzial versprechen. Offensichtlich ist die Szene wie vor zehn Jahren im Fall der Globalisierungskritik darum bemüht, das Thema Atomenergie zu instrumentalisieren. Dasselbe gilt für die Finanzkrise, die bei etlichen Exponenten des Linksextremismus die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Kapitalismus nährt. Im Berichtsjahr beschränkten sich ihre Aktivitäten allerdings auf einige wenige Aktionen, die sich besonders gegen Schweizer Banken und Interessen der Atomwirtschaft richteten.

Beurteilung

Unverändertes Gewaltpotenzial

Das Berichtsjahr nahm insofern eine Sonderstellung ein, als wegen der Uefa Euro 2008 über längere Zeit hinweg ein besonders grosses Sicherheitsdispositiv bestand. Diese als "Repression" gedeuteten Massnahmen wirkten auf die linksextreme Szene abschreckend. Im Falle des WEF war erneut ein sinkendes Mobilisierungspotenzial der gemässigten WEF-Gegner festzustellen.

Dennoch blieb das Gewaltpotenzial der linksextremen Szene im Berichtsjahr unverändert hoch. Deutlich zu beobachten war eine verstärkte Hinwendung zu den Themen Atomenergie und Finanzkrise, ohne dass dabei allerdings Einschränkungen in den Bereichen Antifa und Solidarität mit Gesinnungsgenossen im Strafvollzug feststellbar gewesen wären. Schweiz-, aber auch europaweit haben der RAS und besonders seine grösste und führende Sektion in Zürich (RAZ) an Bedeutung gewonnen.

Mögliche Entwicklungen

Möglichkeiten zur Instrumentalisierung

Das Mobilisierungspotenzial der Globalisierungskritik hat weiter abgenommen. Dagegen bietet gerade die Finanzkrise eine aus Sicht der Linksextremen ideale Ausgangslage für eine Trendwende. Das Thema dürfte ebenso wie der gewalttätige Widerstand gegen die Atomenergie weiterhin an Bedeutung gewinnen, wobei die Szene nach Kräften bemüht sein wird, sie für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Tendenzen hin zum Terrorismus sind nicht auszumachen.

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BIG BROTHERS VS HOOLIGAN-GRIPPE
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20min.ch 24.5.09

Der Chaoten-Feldzug

Kommt jetzt das grosse Hooligan-Outing?

Der oberste Sportverantwortliche der Schweiz, Bundesrat Ueli Maurer, will nach den jüngsten Fussball-Krawallen die Hooligans in die Ecke treiben. Er will Chaoten-Bilder im Internet veröffentlichen, damit sie von Arbeitgebern und Bekannten abgestraft werden können. Aber damit noch nicht genug.

In den Zeitungen "Sonntag" und "SonntagsZeitung" präsentiert Maurer seinen restriktiven Massnahmenplan. Der brisanteste Punkt: Die Chaoten sollen durch Kameras identifiziert und deren Fotos dann im Internet veröffentlicht werden. Das soll die Täter in ihrem privaten und beruflichen Umfeld unter Druck setzen. "Es darf von einem Arbeitgeber nicht mehr toleriert werden, dass ein Mitarbeiter übers Wochenende als Chaot in oder um Stadien seine Freizeit verbringt und am Montag in der Krawatte wieder am Arbeitsplatz erscheint", sagt Ueli Maurer im "Sonntag". Und "wir müssen diese Chaoten gesellschaftlich isolieren", doppelt der Sportminister in der "SonntagsZeitung" nach. Er zeigt sich enttäuscht von der Cupfinalfeier letzten Mittwoch, wo er als Ehrengast unter turbulenten Umständen den Pokal übergeben musste: "Diese Zeremonie könnte man würdiger organisieren."

Für prüfenswert hält Maurer auch eine Registrierung der Stadiongäste via Fan-Pass. Das heisst, dass Fans nur mit einer Registrierung in die Auswärtssektoren der fremden Stadien gelangen können. Nachdem im Nachgang zur "Schande von Basel" 2006 der Fan-Pass nach einer Testphase gescheitert war, soll es laut Maurer einen zweiten Anlauf geben.

Laut der "SonntagsZeitung" ist eine breite Koalition von "Meinungsführern", darunter Maurer, auch für die unter Juristen umstrittene Einführung von Schnellgerichten. Wenn es nach der St. Galler Justizdirektorin Karin Keller-Sutter geht, dann soll das Arsenal an Anti-Hooligan-Massnahmen sogar noch weiter aufgestockt werden. Sie lässt ein Gesetz ausarbeiten, wonach "Gewalt im Rahmen von Sportveranstaltungen" als Haftgrund anerkannt wird. So könnte man Täter für längere Zeit ins Gefängnis stecken und verhindern, dass sie anonym beiben.

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Die Liste: Welche Clubs wie viele Hooligans haben

Nicht nur Grossvereine wie der FC Basel, der FC Zürich und GC haben ein Problem. Auf der Liste der schweizweit erfassten Klub-Chaoten sind auch 15 weitere Fussball- und Eishockeyvereine aufgeführt - darunter der FC Aarau und der FC Schaffhausen sowie der EV Zug, der von allen Eishockeyklubs am meisten potenzielle Gewalttäter aufweist. Der "Sonntag" bringt die Liste der Clubs, die in der Hooligan-Datenbank aufgeführt sind (insgesamt sind es 576 Personen, davon 5 Frauen).

Gruppierung / Anzahl

Fans FC Basel / 90
Fans FC St. Gallen / 55
Fans FC Luzern / 48
Fans Grasshopper-Club / 37
Fans FC Zürich / 34
Fans BSC Young Boys / 24
Fans EV Zug / 23
Fans FC Aarau / 22
Fans SC Bern / 19
Fans ZSC Lions / 16
Fans FC Schaffhausen / 15
Fans HC Lugano / 15
Fans HC Fribourg-Gottéron / 14
Fans FC Sion / 13
Fans HC Davos / 9
Fans EHC Biel / 9
Fans HC Ambri-Piotta / 8
Fans Kloten-Flyers / 8

(Quelle: ejpd/fedpol)

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Sonntagsblick 24.5.09

KOMMENTAR

Hooligans? Schön, haben wir drüber geredet

Walter De Gregorio Sportchef

DIE PROGNOSEN der englischen "Times" sind düster: "Mit unseren Hooligans wird es immer schlimmer. Sie sind ein übler Auswuchs des Gemeinwesens, und am schlimmsten ist, dass sie sich vermehren und dass Schulbehörden und Gefängnisse, Polizeirichter und Philanthropen sie anscheinend nicht auf den Pfad der Tugend bringen können."

DIE "TIMES" FRAGT: "Was machen wir mit diesen Hooligans? Wer oder was ist schuld, dass es immer mehr werden?" Viele gute Antworten liefert das Blatt. Der Artikel stammt vom 30. Oktober 1890. Richtig gelesen, vom vorletzten Jahrhundert!

SEITHER SIND GANZE Wälder abgeholzt worden, um das Papier zu liefern, worauf millionenfach soziologische Studien, Präventionsmassnahmen, politische Debatten zum Thema verfasst wurden. Wir empören uns immer noch, wir klagen an. Die NZZ (im Sportteil vom Freitag) kritisiert auch die Medien. Sie würden von Hochrisikospielen sprechen, was die ganze Stimmung zusätzlich anheize. In der gleichen Ausgabe der NZZ (im Lokalteil) lesen wir dann die Schlagzeile: "Ein weiteres Hochrisikospiel im Letzigrund-Stadion."

DAS GESÜLZE NERVT, die Heuchelei ist ätzend. Die St. Galler Justiz-Direktorin Karin Keller-Sutter sagt im Interview mit BLICK, man müsse die Hooligans härter anpacken. Sie muss es nicht sagen, sie muss es tun! "Wir werden mit einer Delegation von Regierungsräten nach England oder Holland reisen", sagt sie weiter, "um Informationen zu sammeln, wie man die Probleme besser in den Griff bekommen kann." Welche Informationen braucht sie denn, die wir nicht längst schon haben?

EINES DER BESTEN Bücher zum Thema "Geil auf Gewalt" ist von Bill Buford. Ist auch schon fast zwanzig Jahre her, aber topaktuell. Denn: Die Fragen sind dieselben, die Antworten ebenso. Wer hätte das gedacht? Aber schön, haben wir mal wieder drüber geredet.

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Sonntagszeitung 24.5.09

Spielabsage nach Krawallen bei Erstligamatch in St. Gallen

Fans gingen aufeinander los - Sportminister Ueli Maurer fordert Schnellgerichte gegen Hooligans

St. Gallen/Bern Die Gewaltspirale im Schweizer Fussball hat jetzt auch die unteren Ligen erreicht: Gestern ist ein Erstliga-Spiel zwischen dem FC St. Gallen und GC wegen Ausschreitungen abgesagt worden. Schwarz gekleidete und zum Teil vermummte Fans gingen vor dem Spiel aufeinander los. Der Schiedsrichter entschied deshalb, die Partie nicht anzupfeifen, die Sicherheit der Spieler "sei nicht mehr gewährleistet" gewesen.

Nun will eine Koalition von Meinungsführern, darunter Sportminister Ueli Maurer, Krawallmacher künftig in gerichtlichen Schnellverfahren an Ort und Stelle und in aller Härte verurteilen. "Wir müssen diese Chaoten auch gesellschaftlich isolieren", sagt Maurer. Die St. Galler Justizdirektorin Karin Keller-Sutter schlägt vor, ein Gesetz auszuarbeiten, das "Gewalt im Rahmen von Sportveranstaltungen" als Haftgrund anerkennt. Seite 5, 15, 34

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Ruckzuck-Justiz für Hooligans

Sportminister Ueli Maurer fordert Schnellgerichte für Gewalttäter an Sportveranstaltungen

Von Christoph Lauener und Denis von Burg

Bern Nach den wüsten Szenen vor und nach dem Cupfinal letzten Mittwoch und nach dem Spiel FCZ gegen FCB vom vergangenen Sonntag setzt sich eine breite Koalition aus Sportminister Ueli Maurer, Justizbehörden und Fussballfunktionären für schnelle und harte Strafverfahren gegen Hooligans ein. Gewalttäter, die in flagranti erwischt werden, sollen in sogenannten Schnellgerichten sofort, also an Ort und Stelle, abgeurteilt und mit hohen Bussen bestraft werden.

Für Sportminister Maurer ist klar: "Solche Schnellverfahren müssen kommen. Und die Sanktionen müssen hart sein, nicht lächerliche 300 Franken, sondern zum Beispiel 5000 Franken." Denn um dem Hooligan-Problem endlich Herr zu werden, sei er "für die härtestmögliche Bestrafung von solchen Chaoten und Kriminellen".

Selbst im Fussballverband (SFV) gibt es Bewegung in diesem Punkt. Der abtretende Präsident Ralph Zloczower agierte zögerlich, und Funktionäre waren skeptisch, weil solche Schnellgerichte in den Stadien selbst arbeiten würden. Doch Peter Gilliéron - der Kandidat für die Nachfolge Zloczower - will sich für Schnellgerichte starkmachen. "Die Justizbehörden müssen Hooligans härter und vor allem schneller bestrafen", fordert er. Denn rasche Urteile würden dazu führen, dass Stadionverbote sofort und nicht erst nach Monaten ausgesprochen werden könnten. Sein Gegenkandidat, der ehemalige Bahnchef Benedikt Weibel, konnte für eine Stellungnahme nicht erreicht werden.

Am Sonntag Chaot, am Montag mit Krawatte am Arbeitsplatz

Juristen hatten bisher Vorbehalte gegenüber solchen Ruckzuck-Verfahren. Die St. Galler Justizdirektorin Karin Keller-Sutter dagegen sieht keine Probleme: "Wir machen in unserem Kanton davon bereits Gebrauch." Bei Hochrisikospielen des FC St. Gallen würden Verhaftstrassen eingerichtet.

Einigkeit herrscht darin, dass Hooligans so lange in Haft gehalten werden sollen, dass sie nach Ausschreitungen nicht anonym bleiben und ohne Weiteres wieder pünktlich am Arbeitsplatz oder in der Schule erscheinen können. Keller-Sutter schlägt deshalb vor, "Gewalt im Rahmen von Sportveranstaltungen" als Haftgrund ins Gesetz einzubauen. Gilliéron stützt diese Absicht ebenso wie Ueli Maurer, der gleichzeitig einen Appell an die Chefs lanciert: "Ein Arbeitgeber darf nicht mehr tolerieren, dass sein Mitarbeiter übers Wochenende als Chaot wirkt und am Montag mit Krawatte wieder am Arbeitsplatz erscheint."

Der Sportminister fordert ausserdem die Behörden auf, nach dem Luzerner Beispiel den "Internetpranger" einzuführen und Übeltäter im Web öffentlich zu zeigen. Maurer und Keller sind sich auch darüber einig, dass Rayonverbote für Wiederholungstäter länger als das bisher zulässige eine Jahr dauern sollten.

Mit Rayonverboten wird Hooligans untersagt, sich während der Spiele im oder in der Nähe des Stadions aufzuhalten. Selbst ein lebenslanges Verbot darf laut Maurer nicht ausgeschlossen werden. Und bei Verstössen kann sich Keller-Sutter "sehr hohe Bussen vorstellen".

Nur noch Light-Bier und keine Stehplätze mehr in den Stadien

Im Falle seiner Wahl will Peter Gilliéron auch in den Stadien aufräumen und für mehr Sicherheit sorgen: Stehplätze sollten mittelfristig durch Sitzplätze ersetzt werden, fordert er. Damit nimmt er einen Vorschlag von Fifa-Boss Sepp Blatter auf, der bei Vereinspräsidenten wenig Freude auslösen wird. Gilliéron will sich ausserdem dafür einsetzen, dass an nationalen Spielen nur noch Getränke mit geringem Alkoholgehalt - sogenanntes Light-Bier - angeboten werden. Bei internationalen Spielen ist das schon lange Pflicht.

Am 23. Juni findet der nächste runde Tisch der Aktion "Sicherheit im Sport" statt. Dort will sich Bundesrat Maurer für die Verschärfungen starkmachen. Er dürfte die Unterstützung der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren erhalten, deren Vizepräsidentin Karin Keller-Sutter ist.

Noch ist nichts von alldem wirklich umgesetzt. Es sieht aber so aus, dass mit dem Personalwechsel im VBS - von Samuel Schmid zu Ueli Maurer - und im Fussballverband - die Ablösung von Zauderer Ralph Zloczower - der Kampf gegen den Hooliganismus entschlossener angepackt wird. Das Risiko, dass während der fussballfreien Sommerzeit alles wieder vergessen wird, ist kleiner geworden.

Kommentar Seite 15

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Maurer kritisiert die Pokalübergabe als "unwürdig" - SBB erstatten Anzeige

Eine feierliche Zeremonie war die Pokalübergabe nicht. Sportminister Maurer ist ernüchtert.

Die TV-Bilder liessen keine Interpretation zu: Bundesrat Ueli Maurer war es sichtlich unwohl, als er nach dem Cupfinal im Stade de Suisse den Pokal übergab. Er war eingekesselt von johlenden Sion-Spielern, die gegenüber dem höchsten Sportpolitiker des Landes keinerlei Respekt zeigten. Gegenüber der SonntagsZeitung zeigte sich Maurer enttäuscht von der Feier und kritisiert die Organisatoren vom Fussballverband: "Diese Zeremonie könnte schon etwas würdiger organisiert werden." Befremdet ist Maurer auch vom Verhalten von YB-Spielern und deren Trainer Vladimir Petkovic: "Dass die Verlierer ihre Medaille umgehend und demonstrativ wieder vom Hals nahmen, hat mich peinlich berührt." Ob Maurer beim nächsten Cupfinal wieder dabei sein wird, lässt er offen. Vor dem Spiel kam es am Mittwoch zu Vandalenakten unter anderem im Bahnhof Bern, wo etwa die Scheibe des Wartesaals zertrümmert wurde. Die SBB werden Anzeige wegen Sachbeschädigung erstatten, wie Sprecher Christian Ginsig bestätigt. Man werde allfälliges Bild- und Videomaterial den Behörden aushändigen. Christoph Lauener

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Feuer und Krawalle

Schwerer Hooliganismus 2006 bis 2009

Strassenschlachten in Zürich, 17. Mai 2009

Nach dem Spiel FCZ - FCB kommt es zu Ausschreitungen in Zürich-Altstetten. Die Polizei nimmt 14 Personen fest, es gibt 15 Verletzte.

Massenschlägerei, Sankt Gallen, 18. Oktober 2008

Schlägereien vor dem Match FC St. Gallen - FC Aarau zwischen 200 Fans. Der FC Aarau gelangt vorerst nicht ins Stadion.

Fackelwurf, St.-JakobPark, 2. Mai 2008

Vermummte zünden beim Match FCB - FCZ Feuerwerk und werfen dieses auf Fans im anderen Sektor. Dieser muss geräumt werden.

Krawalle in Basel, 13. Mai 2006

Hunderte von Basler Fans stürmen den Rasen und greifen FCZ-Spieler an. Krawalle gibts auch ausserhalb des Stadions. Bilanz: 130 Verletzte, 25 Festgenommene.

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Eine Bieridee

Michael Lütscher über das Alkoholausschankverbot, das Fussballkrawalle verhindern soll

Nach einem Fussballkrawall zeigen Politiker und Funktionäre Tatkraft; sie kündigen all das an, was sie zuvor zu lösen verpasst haben.

Spitzenreiter in dieser Disziplin ist der Zürcher Stadtrat. Drei Tage nach den Ausschreitungen um das Spitzenspiel FC Zürich - FC Basel kündigte er eine Verordnung an, die ein Alkoholausschankverbot rund um die Stadien ermöglicht. Ein solches hatte die Stadt schon vor zwei Jahren eingeführt, auf wackliger Basis: Wirte rekurrierten und bekamen im April vom Statthalter Recht.

Das temporäre Verbot erzielte eine Wirkung, nur nicht die erhoffte: Viele Fans bringen das Bier nun mit, Sixpack-weise, und leeren die Büchsen vor dem Match vor dem Letzigrund, lassen sie liegen und erleichtern ihre Blasen (mangels öffentlicher Toiletten) in die Rabatten der Anwohner.

Mit der Pauschalmassnahme hat die Stadt ein Problem geschaffen, ohne ein anderes zu lösen, und sie bestraft Unbeteiligte - die Nachbarn und all die Mamis und Papis, die zum gelegentlichen Rauscherlebnis Match gerne ein durstlöschendes Bier geniessen.

Das Alkoholausschankverbot ist ein Beispiel für die Unwirksamkeit einer Nulltoleranzpolitik. Besser würden Behörden und Funktionäre pragmatisch vorgehen. Spielt der Alkohol bei Krawallen wirklich eine so grosse Rolle, wie dies der Hooliganexperte der Stadtpolizei Zürich behauptet, sollte man Spitzenspiele mittags um zwölf ansetzen (wie in England); jenen, die sich vor dem Match gerne betrinken, bliebe weniger Zeit. Man könnte beim Spielplan verhindern, dass innert zwei Wochen am selben Ort die Hochrisikospiele FCZ - FCB, GC - FCB und FCZ - GC stattfinden, jedes mit der Möglichkeit zur Revanche gewaltgeiler Fans.

Die Klubs würden so vielleicht weniger einnehmen. Aber sie werden sich ohnehin stärker an den Sicherheitskosten beteiligen müssen - es lohnt sich also, in die Prävention zu investieren.

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Sonntag 24.3.09

Bundesrat Maurer will Chaoten im Internet outen

Der Sportminister schlägt zudem Schnellgerichte vor und unterstützt die Einführung eines Fan-Passes

Erstmals äussert sich der oberste Sportverantwortliche der Schweiz zu den Krawallen: Ueli Maurer will Hooligans im Internet an den Pranger stellen. Die Nervosität vor dem heutigen Spiel GC gegen Basel steigt.

von Claudia Marinka, Flurina Valsecchi und Lukas Füglister

Sportminister Ueli Maurer sagt gewaltbereiten "Fans" den Kampf an. Dem "Sonntag" präsentiert er einen restriktiven Massnahmenplan. Der brisanteste Punkt: Die Chaoten sollen durch Kameras identifiziert und deren Fotos dann im Internet veröffentlicht werden. Das soll die Täter in ihrem privaten und beruflichen Umfeld unter Druck setzen.

"Es darf von einem Arbeitgeber nicht mehr toleriert werden, dass ein Mitarbeiter übers Wochenende als Chaot in oder um Stadien seine Freizeit verbringt und am Montag in der Krawatte wieder am Arbeitsplatz erscheint", sagt Ueli Maurer. Werden die Randalierer künftig an den Pranger gestellt, können Chefs fehlbare Mitarbeiter sanktionieren. Den Einsatz des Internets zur "De-Anonymisierung von Chaoten", wie Maurer es formuliert, sei zweckmässig.

 Für prüfenswert hält Maurer eine Registrierung der Stadiongäste via Fan-Pass. Das heisst, dass Fans nur mit einer Registrierung in die Auswärtssektoren der fremden Stadien gelangen können. Nachdem im Nachgang zur "Schande von Basel" 2006 der Fan-Pass nach einer Testphase gescheitert war, soll es laut Maurer einen zweiten Anlauf geben. Weiter möchte er die Einführung von Schnellgerichtsverfahren prüfen.

Heute um 16.15 Uhr steigt das Spitzenspiel GC - Basel im Letzigrund - am selben Ort, wo es vor einer Woche nach dem Spiel FCZ - Basel zu den schwersten Ausschreitungen seit zehn Jahren kam. Die zwei Extrazüge aus Basel werden diesmal bereits in Altstetten stoppen; die Fans können nicht wie letzte Woche bis in den Zürcher Hauptbahnhof fahren.

Aber nicht nur der FCB und die beiden Zürcher Klubs haben gewaltbereite Fans: Insgesamt 18 Vereine, die Hälfte davon Eishockeyklubs, sind in der nationalen Hooligan-Datenbank erfasst, die der "Sonntag" erstmals vollständig veröffentlicht.

 > Seiten 2/3

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Ueli Maurers Plan gegen die Chaoten

Der Sportminister will mit einem restriktiven Massnahmenplan gegen Fussball-Randalierer vorgehen und Querulanten öffentlich an den Pranger stellen

Von Flurina Valsecchi und Claudia Marinka

Ueli Maurer ist verärgert. "Hier darf man nicht mehr über Vorfälle mit Fussballfans sprechen, sondern hier haben wir es mit kriminellen Handlungen zu tun", sagt er gegenüber dem "Sonntag". Jetzt präsentiert der Sportminister seinen Plan, wie er gegen die Gewalt vorgehen will:

> Täter outen: "Es ist wichtig, diese Kriminellen und Chaoten zu deanonymisieren", sagt Maurer. Mit dem Hooligan-Gesetz habe man die rechtliche Grundlage dazu, um entsprechende Massnahmen umzusetzen. Dazu gehören Hooligan-Datenbank, Rayonverbot, Meldeauflage, Polizeigewahrsam und Ausreisebeschränkung.

 > Sanktionen am Arbeitsplatz: Werden die Täter zum Beispiel via Fotos im Internet öffentlich gemacht, kann der Chef entsprechende Konsequenzen ziehen. Maurer: "Es darf von einem Arbeitgeber nicht mehr toleriert werden, dass ein Mitarbeiter übers Wochenende als Chaot in oder um Stadien seine Freizeit verbringt und am Montag in der Krawatte wieder am Arbeitsplatz erscheinen darf."

Zudem müsse die Fanarbeit zu einer Kernaufgabe der Verbände und Vereine werden. "Die echten Fans müssen die Chaoten ausstossen", so Maurer. Der Zürcher Sicherheitsexperte Dölf Brack spricht sich ebenfalls für ein restriktives Vorgehen aus: "Am besten wäre es, wenn die Klubs selber die Chaoten öffentlich outen, das hätte eine abschreckende Wirkung."

> Registrierung via Fanpass: "Die Einführung eines Fanpasses scheint zwar eine recht aufwändige, aber vielversprechende und deshalb zu prüfende Massnahme zu sein", sagt Maurer. Fans sollen nur mit einer Registrierung in die Auswärtssektoren der fremden Stadien gelangen können. Nachdem 2006, nach der "Schande von Basel", der Fanpass nach einer Testphase gescheitert war - die Fans besorgten sich Tickets in neutralen Sektoren -, soll es laut Maurer nun einen zweiten Anlauf geben.

 > Gesetz restriktiv anwenden: Der SVP-Bundesrat fordert eine einheitliche und restriktive Anwendung der Gesetze. Maurer: "Und sollte dies nicht ausreichen, dann müssen die entsprechenden Strafmasse angepasst werden, wie dies in England geschehen ist." Hooligan-Experte Brack fordert zudem zusätzliche Beamten: "In jeder Reihe im Stadion müssten zwei Sicherheitskräfte stehen und Chaoten sofort verhaften." Die Sportstadien stünden in der Schweiz am falschen Ort - nämlich mitten in der Stadt. "Im Ausland sind sie ausserhalb, so kann man die Fanströme besser leiten. In Schweizer Städten ist der Häuserkampf programmiert."

 > Gipfeltreffen aller Beteiligten: Maurer unterstützt explizit den "runden Tisch gegen Gewalt im Sport", an dem sich die Vertreter von Bund, Kantonen, Städten, Fussballverband und Eishockeyverband verpflichten, konkrete Massnahmen umzusetzen. Ende Juni 2009 sollen weitere Empfehlungen verabschiedet werden.

> Schnellrichter: Maurer: "Die Frage von Schnellgerichtsverfahren ist prüfenswert." Unterstützung bekommt der Sportminister von Karin Keller-Sutter, Vizepräsidentin der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz und St. Galler FDP-Regierungsrätin. "Wir haben bereits solche Schnellgerichte in St. Gallen, indem bei grossen Spielen so genannte Verhaftstrassen eingerichtet werden", sagt sie. Die festgenommenen Personen würden polizeilich überprüft und dann gleich vor Ort dem Untersuchungsrichter vorgeführt. "Dies ist gesetzlich absolut möglich."

Der Zürcher Staatsanwalt Ulrich Arbenz sagt, bei einem Risikospiel oder einer Demonstration könne ein Untersuchungsrichter vor Ort mit der Polizei dabei sein und die Lage direkt beurteilen. "Je besser die Beweislage - beispielsweise durch Videoaufzeichnungen -, desto einfacher und rascher kann das Verfahren abgeschlossen werden", sagt Arbenz. Sicherheitsexperte Brack plädiert für harte Strafen. "Randalierer sollten sofort vier Tage hinter Gitter gesperrt werden können. Wenn eine Gerichtsverhandlung erst zwei Jahre später ansteht, ist diese Sanktion nicht wirksam."

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Welche Klubs wie viele Chaoten haben

Fans von je neun Fussball- und Hockey-Vereinen in der nationalen Hooligan-Datenbank erfasst - die Chefs wiegeln ab

Sogar an U21-Spielen ist nichts mehr sicher: Gestern Nachmittag kam es vor der Partie der U21-Mannschaften von FC St. Gallen und GC in der Sportanlage Gründenmoos zu massiven Ausschreitungen. Rund 50 schwarz gekleidete und teils vermummte Personen gingen auf dem Spielfeld auf ungefähr 100 GC-Fans los. Es kam zu einer heftigen Schlägerei auf dem Spielfeld. Der Match wurde daraufhin abgesagt.

Nicht nur Grossvereine wie der FC Basel, der FC Zürich und GC haben ein Problem. Auf der Liste der schweizweit erfassten Klub-Chaoten sind auch 15 weitere Fussball- und Eishockeyvereine aufgeführt - darunter der FC Aarau und der FC Schaffhausen sowie der EV Zug, der von allen Eishockeyklubs am meisten potenzielle Gewalttäter aufweist.

 Ende 2008 galt für 164 Personen noch ein Rayonverbot. Laut den neusten Zahlen des Bundesamtes für Polizei (Fedpol) rangieren derzeit doppelt so viele Randalierer in der Hooligan-Datenbank "Hoogan" wie noch ein halbes Jahr zuvor: Insgesamt sind 576 Personen erfasst - davon fünf Frauen.

 Am schlimmsten ist es im Umfeld des FC Basel, der die Liste anführt: Der Fussballverein hat 90 Personen registriert. Auf den zweiten Platz kommen Fans des FC St. Gallen (55 Personen), gefolgt vom FC Luzern (48 Personen). Rang 4 belegt der Grasshopper-Club (37 Personen), dahinter kommt der FC Zürich mit 34 Registrierten.

 Für FCB-Medienchef Josef Zindel ist das kein eigentliches Fanproblem. "Es muss das Ziel sein, dass eine solche Datenbank überflüssig wird, auch wenn das für den Moment ziemlich utopisch tönt", sagt er. Zindel warnt davor, nun alle Klubs unter Generalverdacht zu stellen. "Diese Rangierung hat eine symmetrische Logik. Wer viele Fans hat, der hat auch mehr Hooligans als ein kleiner Klub", sagt er.

Eines ist klar: Negativschlagzeilen passen den Fussball-Funktionären nicht. "Ich finde es schade, dass wegen dieses unrühmlichen Vorfalls die gute Leistung der Spieler kaum gewürdigt wurde", sagt FCB-Trainer Christian Gross. Er wurde vergangene Woche selber Opfer von Gewalt. Nach dem Basler Sieg im Letzigrund wurde Gross von FCZ-Hooligans im Tram angegriffen.

Auch die Top-Spieler haben keine Idee, wie man dem Gewaltproblem entgegentreten könnte. FCB-Stürmer Marco Streller gibt sich denn auch ziemlich ratlos auf die Frage, wie man das Gewaltproblem anpacken könnte: "Gott sei Dank ist es nicht meine Aufgaben, eine Lösung darauf zu finden. Wenn es wirklich eine machbare Lösung gäbe, dann wäre diese doch längst präsentiert worden."

Anders als Sportminister Ueli Maurer spielen die Vereine das Problem herunter. Obwohl die Ausschreitungen von vergangener Woche gezeigt haben, dass man mit präventiven Massnahmen die Randalierer nicht in Griff kriegen kann, wollen die Vereine weiterhin auf Dialog setzen. "Ziel ist es, mittelfristig den Nachwuchs zu erziehen", sagt Mike Hauser, Sicherheitschef beim Fussballclub Luzern. Dazu gehöre es, eine Fankultur zu vermitteln und aufzuzeigen, dass Fussball nichts mit Gewalt zu tun habe. Und er plädiert für härtere Strafen: "Festnahmen müssen länger als 24 Stunden dauern, sodass ein Chaot am Montag beim Chef in Erklärungsnotstand gerät."

 Claudia Marinka, Lukas Füglister und Etienne Wuillemin

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Hooligan-Liste

Insgesamt 576 Personen (davon 5 Frauen) stehen per 10. Mai in der Hooligan-Datenbank - die Rangliste nach Klubs:

Gruppierung Anzahl

Fans FC Basel 90
Fans FC St. Gallen 55
Fans FC Luzern 48
Fans Grasshopper-Club 37
Fans FC Zürich 34
Fans BSC Young Boys 24
Fans EV Zug 23
Fans FC Aarau 22
Fans SC Bern 19
Fans ZSC Lions 16
Fans FC Schaffhausen 15
Fans HC Lugano 15
Fans HC Fribourg-Gottéron 14
Fans FC Sion 13
Fans HC Davos 9
Fans EHC Biel 9
Fans HC Ambri-Piotta 8
Fans Kloten-Flyers 8

 Quelle: ejpd/fedpol

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"Polizei-Einsätze müssen voll den Klubs verrechnet werden"

Präsident des Polizeiverbandes kritisiert Stadionbetreiber

Mit dem Match der Grasshoppers gegen den FC Basel kommt es im Zürcher Letzigrund heute (Anpfiff 16.15 Uhr) wieder zu einem Hochrisikospiel. Vor einer Woche haben die Chaoten sieben Polizisten verletzt, heute steht wieder ein Grossaufgebot an Sicherheitsleuten bereit. Heinz Buttauer, der Präsident des Verbandes Schweizerischer Polizeibeamter, will diesem Aufrüsten nicht mehr länger tatenlos zusehen.

Die Polizisten sollen nicht mehr für die Fehler der Fussballklubs und der Stadionbetreiber den Kopf hinhalten müssen. Denn in den Stadien ist der Stadionbetreiber für die Sicherheit verantwortlich. "Doch sie sind nicht fähig, die Sicherheit in den Stadien zu garantieren. Es hat zu wenig und zu schlecht ausgebildetes Personal", so Buttauer.

Die Situation sei vor einer Woche ausserhalb des Stadions eskaliert, weil beim Spiel FC Zürich - FC Basel Fans aufs Spielfeld stürmen, Zäune niederreissen und Leuchtraketen abfeuern konnten. Buttauer fordert deshalb: "FCB und FCZ müssen mit mindestens zwei bis drei Geisterspielen bestraft werden. Nur so können sie dazu gebracht werden, mehr in die Sicherheit in den Stadien zu investieren." Von diesen Spielen soll es auch keine TV-Aufnahmen geben, damit den Klubs diese Einnahmen ebenfalls fehlen. "Zudem müssen die vollen Kosten der Polizeieinsätze bei Fussballsspielen den Klubs verrechnet werden." Der Einsatz am letzten Sonntag kostete die Zürcher Steuerzahler über 250 000 Franken.

Die zunehmende Gewalt im Fussball stellt die Polizei auch vor ein Ressourcenproblem. Das bestätigt Beat Hensler, Präsident der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten: "Praktisch jedes Wochenende stehen verschiedene Polizeikorps mit einem Grossaufgebot bei Fussballspielen im Einsatz." Laut Verbandspräsident Buttauer führt dies zu vielen Überstunden. Dadurch würden die Ressourcen für andere Aufgaben fehlen.

Wegen des heutigen Hochrisikospiels herrscht in Zürich angespannte Stimmung. Die Stadtzürcher Polizeidirektorin Esther Maurer (SP) befürchtet: "Wenn es so weitergeht, dann ist es leider nur eine Frage der Zeit, bis wir schwere Verletzungen oder gar Todesfolgen zu verzeichnen haben."

 Lukas Füglister, Flurina Valsecchi

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NZZ am Sonntag 24.5.09

Randale statt Fussball

Verbands-Sicherheitschef will jugendliche Straftäter identifizieren und bestrafen

Die Krawalle im Fussball verlagern sich auf die Strasse. Eine dramatische Zunahme der Gewalt findet aber nicht statt.

Christine Steffen

Raketenwürfe gegen Zuschauer im Letzigrund, Krawalle im Anschluss an die Partie Zürich - Basel, 10 Verletzte und 64 Festnahmen am Rand des Cup-Finals zwischen YB und Sitten am Mittwoch in Bern. Der Fussball in der Schweiz steht am Pranger. Eskaliert die Gewalt? Höchstens begrenzt: "Innerhalb der Stadien haben wir keine Zunahme der Gewalt", sagt Ulrich Pfister, Sicherheitschef des Fussballverbands, es sei aber eine klare Zunahme bei Abbrennen von Pyro-Material festzustellen. Christoph Vögeli, Leiter der Zentralstelle Hooliganismus, liess sich vor zehn Tagen im "Tages-Anzeiger" verlauten: "Die Aufmerksamkeit der Medien führt dazu, dass man das Gefühl hat, die Gewalt steige. Tatsächlich nimmt sie nicht zu." Und Thomas Gander, Co-Leiter von Fanarbeit Basel, sagt: "Aus Basler Sicht hatten wir eine vergleichsweise ruhige Saison."

Einkesseln und festnehmen

Auch die Hooligandatenbank weist nicht auf Exzesse hin. Zwar ist die Zahl der Registrierten von 260 (Ende 2007) auf derzeit 554 gestiegen. 276 haben ihre Strafe in Form eines Stadion- oder Rayonverbots jedoch abgesessen, verbleiben aber noch in der Datenbank.

Zu beobachten ist eine Verlagerung. "Ausserhalb des Stadions haben Schwere und Militanz der Auseinandersetzungen zugenommen", sagt Pfister. Der Match fungiere zunehmend als Aufhänger, um die Konfrontation zu suchen - mit gegnerischen Fans, aber auch mit der Polizei. Die Bilder von Container-Barrikaden rund um den Bahnhof Altstetten am letzten Sonntag erinnern eher an den 1. Mai als an Auseinandersetzungen unter Fans. Beobachter gehen davon aus, dass ein Teil der Randalierer die Partie im Letzigrund nicht verfolgt hat. Da die Jugendlichen oft keiner bekannten Gruppierung angehören, sind sie schwer fassbar. Wenn zudem von ungefähr 200 Gewalttätern lediglich 14 verhaftet werden, läuft ein Instrument wie die Hooligandatenbank ins Leere. Pfister sagt, die Polizei müsse sich überlegen, ob sie nicht ihre Taktik ändern und die Randalierer "konsequent einkesseln und festnehmen" soll. Sein Anliegen ist es, "so viele wie möglich zu identifizieren, um sie zu sanktionieren. Nur so können wir Straftäter konsequent mit Stadionverboten belegen." Klar ist aber auch, dass Probleme mit gewalttätigen Jugendlichen nicht allein auf den Fussball abgeschoben werden können.

Tätig geworden ist Pfister wegen der Ereignisse im Stadion. Er hat ein Disziplinarstrafverfahren gegen den FCZ und den FCB eröffnet, über Sanktionen wird die Disziplinarkommission der Swiss Football League entscheiden. Einzelne FCB-Anhänger hatten nach Provokationen von Zürcher Seite einen Zaun niedergetreten und drei Raketen in Richtung der Zürcher geworfen. Dass ein Pyro-Artikel als Waffe eingesetzt werde, habe es von Basler Seite seit Jahren nicht mehr gegeben, sagt der Fanarbeiter Thomas Gander. Er geht davon aus, dass die Täter nicht in die "aktive" Szene integriert sind, da die Gruppierungen der Muttenzerkurve derartige Aktionen verurteilten. Gander vertraut in der Regel auf die Selbstregulierung der Kurve, die über eine "hohe Sozialkontrolle" verfüge. Er gibt aber zu, dass diese Selbstregulierung an einem Spiel, das seit Tagen als hochriskant annonciert wurde und zur Meisterschaftsentscheidung führen kann, "an die Grenze kommt".

Bei einer Gruppe von 2700 Personen seien schlicht und einfach nicht alle erreichbar, sagt Bernhard Heusler, der Vizepräsident des FC Basel. Vorwürfe, der FCB sei in Bezug auf seine Fans naiv, weist er zurück. Die Verantwortlichen seien keine "Weichspüler", sondern setzten auf präventive wie repressive Massnahmen. Heusler wehrt sich aber gegen Pauschalurteile, die auf dem Verhalten Einzelner gründen, und warnt vor Patentrezepten. Massnahmen wie die Einführung des Fanpasses, der den Zugang zum Stadion ermöglicht, erscheinen ihm nur sinnvoll, wenn sie auf die Akzeptanz der Mehrheit der Fans stossen und von flankierenden Massnahmen begleitet werden. Forderungen nach Zuständen, wie sie beispielsweise in England herrschen, hält Heusler für unrealistisch. In der Premier League wurde das Publikum mit einer Hochpreispolitik praktisch ausgetauscht, worauf sich die Probleme in die unteren Ligen verlagerten. Zudem verfüge kein hiesiger Klub über die finanziellen Mittel, um einen vergleichbaren Sicherheitsstandard zu gewährleisten.

Klare Aussagen gefordert

Während Thomas Gander und Bernhard Heusler der Meinung sind, das Risiko von Zwischenfällen im Stadion lasse sich minimieren, aber nicht ausschliessen, ist Sicherheitschef Pfister überzeugt, dass sie gebannt werden können. Er plädiert für eine Vereinheitlichung der Ausbildungsstandards sowohl bei den Sicherheitszuständigen wie in der Präventivarbeit. Überstürzte Massnahmen lehnt auch er ab. Pfister ist aber der Meinung, dass die Sicherheit in den Super-League-Klubs keinen genügend hohen Stellenwert geniesst, und vermisst klare Aussagen der Klubverantwortlichen gegen die Gewalt und das Abbrennen von Pyro-Material.

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Meinungen (me)

Bei ersten Ausschreitungen sofort das Spiel abbrechen

Kommt es zu Krawallen bei Fussballspielen, setzt ein Lamento ein - aber sonst passiert wenig. Die Verantwortlichen müssen endlich professionell und hart durchgreifen, schreibt Maurice Illi

Nach dem Fussballmatch vom letzten Sonntag zwischen dem FCZ und dem FCB kam es zu massiven Ausschreitungen: Leuchtraketen flogen in gegnerische Fan-Blocks, die Polizei wurde mit Steinen eingedeckt, Extrazüge wurden angegriffen, es kam zu grossen Sachschäden. Ein ähnliches Bild bot der Cup-Final vom letzten Mittwoch in Bern. Man spricht von einer neuen Dimension.

Massenausschreitungen bei Sportanlässen sind nicht neu. Es gab sie schon bei antiken Wagenrennen. Der Fussball wird seit seiner Entstehung in England von Randale begleitet. Spätestens mit der Heysel-Katastrophe 1985 war die negative Begleiterscheinung des modernen Fussballs weltweit bekannt.

In der Schweiz konnte man die Ausschreitungen bisher grob zwei Gruppierungen zuordnen: den Hooligans und den Ultras. Die beiden Gruppierungen sind nicht identisch und verfolgen unterschiedliche Ziele. Wie in anderen Ländern ist die Hooligan-Bewegung in der Schweiz rückläufig. Die Ultras gewinnen an Bedeutung. Die Hooligans, nach englischem Vorbild, planen ihre Schlägereien untereinander bewusst. Die Hooligans der verschiedenen Klubs kennen sich gegenseitig. Ihre Aktionen müssen nicht zwingend vor oder nach einem Fussballspiel stattfinden.

Die Ultras, nach italienischem Vorbild, sind leidenschaftliche Fussballfans. In den Fankurven der Stadien sind sie für die farbenfrohe Choreografie und das unermüdliche Anfeuern ihrer Mannschaft verantwortlich. Das Abfeuern von Pyrotechnik, obwohl gesetzlich verboten, stellt für sie einen Teil der Choreografie dar. Ultras neigen oft zu situativer Gewalt, ausgelöst durch Provokationen gegnerischer Ultras oder aus Frust über eine schmerzliche Niederlage der geliebten Mannschaft.

Die neue Dimension von Ausschreitungen wurde in den letzten vier, fünf Jahren durch lose Gruppierungen gewaltbereiter junger Männer erreicht - den "erlebnisorientierten Fans" oder Krawall-Touristen. Diese suchen in erster Linie ein Ereignis - einen Fussballmatch, eine 1.-Mai-Demo -, von dem sie sich einen "heissen" Nachmittag versprechen, und mischen sich unter Fans oder Demonstranten.

Um die Geilheit auf Gewalt zu befriedigen, ist ihnen jedes Mittel recht. Ist der Adrenalinspiegel hoch genug, wird mangels geeigneter Gegner mittels massiver Sachbeschädigung die Polizei zum Einschreiten gezwungen. Nach Ereignissen wie in der letzten Woche treten dann die Swiss Football League (SFL) und die Vereine an die Öffentlichkeit und beteuern: Das sind keine echten Fans, die Randalierer machen den Fussball kaputt.

Doch auf das Lamento müssten konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Situation folgen. Die SFL verhängt Bussen oder Geisterspiele und schiebt damit die Verantwortung an die Vereine ab. Es sind hilflose Kollektivstrafen, keine langfristigen Lösungen.

Zur langfristigen Verbesserung muss professionelle Fan-Arbeit Priorität haben. Nur so wird in den Stadien ein Umdenken stattfinden, die viel besungene positive Fan-Kultur endlich gestärkt und den Krawallanten der Nachwuchs entzogen. Die repressiven Mittel hat der Bund 2007 mit den "Vorschriften für die Bekämpfung von Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen" geschaffen. Deren konsequente Umsetzung mittels Stadion- oder Rayonverbot, Meldepflicht, 24-h-Haftstrafen, schneller Zuführung an den Staatsanwalt sowie Eintrag in die Hooligan-Datenbank könnte kurzfristig Wirkung erzeugen.

England und Deutschland waren nach viel dramatischeren Ereignissen (es gab Tote!) zum Handeln gezwungen. Englands Nulltoleranz führte zu Bussen von 25 000 Franken für das Betreten des Spielfelds. Das schmerzt jugendliche Portemonnaies enorm. In England rennt man trotz fehlender Absperrung nicht mehr aufs Feld. Deutschland setzt parallel zu drakonischen Strafen auf die Wirkung präventiver Massnahmen. Bundesligavereine erhalten ihre Lizenz nur, wenn sie professionelle Fan-Arbeit betreiben. Der deutsche Fussballverband unterstützt 40 Projekte mit jährlich 1,5 Millionen Euro, 2 weitere Millionen werden durch Länder und Gemeinden bezahlt.

In der Schweiz existiert die Fan-Arbeit erst in Basel, Bern, Luzern und Zürich. Der Fussballverband fühlt sich zur Mitfinanzierung nicht verpflichtet. Anlässlich der Euro 08 berief der damalige VBS-Chef Samuel Schmid einen ersten runden Tisch ein mit Vertretern von Bund, Kantonen, Städten, Sportverbänden und Fachorganisationen. Vier weitere folgten - ein Schritt in die richtige Richtung.

Die "Erklärung des Schweizer Sports zur Bekämpfung von Gewalt im und um den Sport" wurde verabschiedet. Für den weiteren Dialog müssten die Fans, Spieler und Vereine mit einbezogen werden. Sie könnten die Situation am stärksten beeinflussen: Beim ersten Vorfall von Gewalt verweigern die Spieler ihre Arbeit. Die Mannschaften verlassen unter zustimmendem Applaus der "guten" Fans das Spielfeld. Wiederanpfiff folgt nach Ausschluss der Übeltäter. Eine solche Aktion wäre wegweisend und würde weltweit Anerkennung erlangen. Lassen wir uns überraschen.

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Maurice Illi

Maurice Illi, 31, ist Soziologe mit dem Spezialgebiet Hooliganismus. An der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war er als Co-Leiter der Fan-Botschaft Schweiz tätig. Seit dem Jahr 2007 arbeitet er an der Stelle für Sicherheitsmanagement der Stadt Luzern. (zzs.)

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Südostschweiz 24.5.09

Experten warnen: Hooligan-Datenbank wirkt kaum

Heute spielt der FC Basel in Zürich gegen GC. Damit droht zum dritten Mal innerhalb einer Woche Gewalt an einem Fussballspiel. Experten fordern jetzt, dass die Schweiz mehr tun muss, um Ausschreitungen zu verhindern.

Von Benno Tuchschmid und Hans-Peter Wäfler

Zürich. - Die Krawalle vor einer Woche beim Match zwischen dem FC Zürich und dem FC Basel - und dann die Ausschreitungen am Cupfinal in Bern am Mittwoch. Sachbeschädigungen, Verletzte, Verhaftungen. Für die Stadtpolizei Zürich ist klar: Auch beim Spiel von heute zwischen den Grasshoppers und dem FC Basel ist wieder mit Gewalt zu rechnen. Der Match gilt als "Hochrisikospiel". "Wir werden mit einem Grossaufgebot vor, während und nach dem Spiel präsent sein", sagt Marco Bisa, Sprecher der Stadtpolizei Zürich.

Berner Polizei prüft Anzeigen

In Bern ist die Polizei derweil damit beschäftigt, die Krawalle rund um den Cupfinal aufzuarbeiten. 64 Personen nahm die Polizei fest. "Wir prüfen nun, wer von den Verhafteten angezeigt werden soll", sagt Ursula Stauffer, Mediensprecherin der Kantonspolizei Bern. Dann entscheide die Polizei auch, wessen Daten an den Bund übermittelt werden - damit sie in der Hooligan-Datenbank "Hoogan" gespeichert werden.

Die Hooligan-Datenbank: Anfang 2007 hatte sie das Bundesamt für Polizei (Fedpol) im Hinblick auf die Euro 08 in Betrieb genommen. Erfasst sind darin Gewalttäter, gegen die Stadion- oder Rayonverbote verhängt wurden oder die im Zusammenhang mit Ausschreitungen an Sportveranstaltungen verhaftet wurden. Schon Ende 2007 waren in der Datenbank "Hoogan" 260 Personen registriert - nur ein Jahr nach deren Einführung. Und seither hat sich die Zahl der Erfassten nochmals mehr als verdoppelt: 576 waren es Mitte Monat.

Kritik an Clubs

Und trotzdem: Ausschreitungen an Sportveranstaltungen häufen sich. Maurice Illi, Soziologe mit Spezialgebiet Hooliganismus, sagt: "Die Hooligan-Datenbank ist nur so gut, wie man sie anwendet." Und er kritisiert die Sicherheitsvorkehrungen der Clubs: "Wenn man bloss eine neue Frisur braucht, um Stadionverbote zu umgehen, dann stimmt etwas nicht."

Auch der erfahrene Zürcher Sicherheitsexperte Adolf Brack relativiert die Wirksamkeit der Hooligan-Datenbank: "Den Polizeikorps fehlen die Leute, um Stadion- und Rayonverbote konsequent durchzusetzen." Und sogar Beat Hensler, Präsident der kantonalen Polizeikommandanten, sagt: "Wer glaubt, die Datenbank alleine genüge, der täuscht sich."

Um die Gewalt in den Griff zu bekommen, bringen Sicherheitsexperten deshalb jetzt Massnahmen ins Spiel, die weiter gehen als bisher:

- Strafen: "Wenn Repression, dann richtig", sagt Illi. Strafen müssten schneller verhängt werden. Heute daure es bis zu einem halben Jahr, bis gegen einen Gewalttäter ein Verfahren eröffnet werde. "Bis dann hat gerade ein Jugendlicher schon wieder vergessen, was er eigentlich gemacht hat."

- Sicherheitskräfte: Auch ausserhalb der Stadien brauche die Polizei Unterstützung, findet Brack. Er fordert, dass auch auf öffentlichem Grund die Polizei mit privaten Sicherheitsdiensten zusammenarbeiten soll.

- Fans im Stadion: Nur noch Sitzplätze soll es geben, verlangt Brack. Und er findet: "Bei Risikospielen sollten keine gegnerischen Fans mehr ins Stadion dürfen."

- Fan-Arbeit: Prävention sei wichtig, man müsse sie sich aber auch etwas kosten lassen, sagt Illi. Gegenüber dem Ausland habe die Schweiz Nachholbedarf: "In Deutschland geben der Fussballverband und die Bundesliga 1,8 Millionen Euro für Fan-Arbeit aus."

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Fan-Arbeit: Vorbild Deutschland

In der Schweiz wird die Fan-Sozialarbeit erst seit wenigen Jahren ernsthaft betrieben - in Zürich, Basel, Bern und Luzern. Grosses Vorbild ist Deutschland. Dort gibt es 44 Fan-Projekte. Das Ziel dieser Projekte: friedliche Fussballfans vor, während und nach dem Match. Über 280 Sozialarbeiter versuchen in den Projekten, Einfluss auf die Fan-Gruppen zu nehmen. Und es funktioniert: Ausschreitungen bei Bundesliga-Spielen sind die Ausnahme. Neben der Prävention setzt Deutschland aber auch stark auf Repression. So stehen an einem Heimspiel von Bayern München bis zu 1000 Polizisten im Einsatz. Bei Zwischenfällen greift die Polizei hart durch. Trotzdem: Auch in Deutschland kommt es zu Krawallen, besonders in unteren Ligen im Osten des Landes, wo Rechtsextremen die Fan-Szene unterwandern. (btu)

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Sonntagskommentar

Ein Alptraum für jeden wahren Fan

Von David Sieber

Keine Frage, Gründe für Emotionen gibt es genug. YB vergeigt den Cupsieg, die Meisterschaft ist nach dem Basler Sieg in Zürich wieder offen. Das Hoffen und Bangen der Fans dauert an. Diese Ungewissheit ist ja das Schöne am Fussball. Das Mitfiebern und Mitleiden schafft erst die Identifikation mit dem Club des Herzens. Das Hochgefühl nach einem wichtigen Sieg, die Niedergeschlagenheit nach einer (weiteren) Niederlage - dafür leben die Fans. Jubel und Trauer wollen verarbeitet sein. Bier gehört deshalb bei vielen dazu. Die Hemmschwelle sinkt. Und damit steigt bei einigen die Bereitschaft zur Gewalt.

Was aber am Sonntag in Zürich und am Mittwoch in Bern geschehen ist, hat mit Fan-Kultur nichts zu tun. Pyros gegen Menschen zu richten, den Match nur zum Anlass zu nehmen, mal so richtig die Sau rauszulassen, ist verwerflich. Ein neues Phänomen macht sich breit. Junge und noch Jüngere warten vor den Stadien und in den Bahnhöfen auf gegnerische Fan-Gruppen oder noch besser auf die Polizei. Eine Art kollektive Mutprobe wird zur Gewaltorgie - Verletzte und Sachschaden inklusive.

Die gleiche Beobachtung liess sich am diesjährigen 1. Mai machen. Die obligaten Krawalle in Zürich hatten definitiv nichts mehr mit (fehlgeleitetem) politischem Protest zu tun. Jugend- liche und Kinder, die wohl nicht einmal wussten, weshalb sie schulfrei hatten, lieferten sich Strassenschlachten mit der Poli-zei. Gewalt um der Gewalt willen, abgekoppelt vom eigentlichen Ereignis.

Das macht es so schwierig, wirksame Gegenmassnahmen zu ergreifen. Gerade beim Fussball. Stadionverbote, Stehplatz-Abschaffung und Hooligan-Datenbank nützen nichts, wenn die Schläger nicht einmal mehr in die Spielstätten drängen. Aus diesem Grund verfehlt auch die Bestrafung der Vereine immer öfter ihr Ziel. Deshalb müssen Fehlbare deutlich strenger be-straft und aus ihrer Anonymität gerissen werden. Schule und Lehrbetrieb sollen wissen, was ihre Schützlinge da treiben. Auch die Eltern gehören in die Pflicht genommen. Der Fussball hat seine Unschuld längst verloren. Nun droht der schönsten Nebensache der Welt der Abstieg. Ein Alptraum für jeden wahren Fan.

dsieber@suedostschweiz.ch

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SONDEREINHEIT
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Südostschweiz 14.5.09

Eine Sondereinheit für alle Fälle

Glarus. - Sie sind kaum bekannt, und das ist gut so: Die Glarner Spezialeinheit "Adler" kommt zum Einsatz, wenn die Polizei besondere Gefahrensituationen meistern muss. Bei ihren Mitgliedern handelt es sich nicht etwa um knallharte "Rambos", sondern um Polizisten, die daneben normal Dienst tun. Die Identität der Beamten mit Spezialausbildung ist jedoch geheim - zum Schutz der "Adler". Die Polizeigrenadiere absolvieren pro Jahr bis zu zehn Einsätze - vermummt, bewaffnet und gut geschützt. Seite 4

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Über dem Kanton kreisen die "Adler"

Polizeiliche Spezialeinheiten: Landläufig sind das beinharte Kampfmaschinen. Polizeikommandant Markus Denzler erklärt, was die Glarner Sondereinsatztruppe "Adler" wirklich ist und weshalb sie kaum bekannt ist.

Von Michael Schüepp

Glarus. - Interventionseinheit "Adler" nennt sich die Sondereinsatztruppe der Glarner Kantonspolizei. Ihr Personalbestand: streng vertraulich. Ihre Einsatztaktik: geheim. Ihre Ausrüstung: unter Verschluss. "Aus taktischen Überlegungen", erklärt Markus Denzler, Kommandant der Glarner Kantonspolizei. Eine Einsatztaktik sei nur so lange wirkungsvoll, wie sie nicht öffentlich bekannt ist.

Die Sondergruppe "Adler", bestehend aus Polizeigrenadieren, wird bei ausserordentlichen Gefahrensituationen eingesetzt. Bis zu zehn Einsätze pro Jahr absolviert das Team. Vermummt, schwer bewaffnet und gut geschützt begegnen sie diesem "erhöhten Gewaltpotenzial", wie es der Polizeikommandant formuliert. Würde man solche Situationen nicht mit den Grenadiertruppen lösen, wäre das Risiko viel grösser, dass jemandem etwas zustossen könnte.

Das gängige Bild der Rambos und Kampfmaschinen treffe aber nicht zu, so Denzler: "Das Ziel eines Einsatzes der Interventionseinheit ist es insbesondere, die Realisierung von Gewaltabsichten zu vermeiden." Denn bei den Polizeigrenadieren handle es sich um Mitarbeiter mit besonderem Verantwortungsbewusstsein für die Bewältigung solcher Ereignisse, erklärt Denzler. "Sie sind das letzte Mittel der Polizeiführung."

Im Alltag normale Polizisten

Die Polizeigrenadiere seien taktisch besser ausgebildet, um sich oder die Opfer zu schützen, so Denzler. "Das oberste Einsatzziel ist immer, dass allen Beteiligten so wenig wie möglich zustösst."

Die "Adler" verfügen aber auch über "mehr und stärkere Mittel", als ein normaler Polizist im Alltagsdienst. Je nach Situation seien diese Mittel verschieden. Die landläufige Vorstellung, dass sich die Spezialeinheiten aus Helikoptern abseilen und mit Panzerwagen Hauseingänge stürmen, sei aber "in aller Regel ausserhalb der Realität", hält Denzler fest.

Bis anhin hatte die Glarner Kantonspolizei noch nie eine Situation zu bewältigen, welche den Einsatz von solch grobem Geschütz erfordert hätte. "Sollte sich aber ein Szenario ergeben, das etwa einen Helikoptereinsatz als geeignetes Mittel erfordert, wäre dies durchaus möglich." Das seien dann aber wirklich ausserordentliche Situationen.

Das von Hollywood-Filmen strapazierte Klischee der "Special Forces" trifft aber auch aus einem weiteren Grund nicht zu: Die Mitglieder der Interventionseinheit "Adler" sind im Alltag ganz normale Polizisten. "Sie verlieren auch deshalb den Blick für die Realität und die Verhältnismässigkeit nicht", hält Denzler fest.

Die Gefahr eines Wettrüstens

Unter den Kollegen im Polizeikorps ist der genaue Bestand des "Adler"-Teams kein Geheimnis. Die Zahl, die Identität und die Ausrüstung der "Adler" öffentlich zu machen, ist für die Ordnungshüter jedoch tabu. Zum persönlichen Schutz des Einzelnen und aus taktischen Gründen treten die Grenadiere im Einsatz wenn nötig vermummt auf. Dass Fragen nach der Ausrüstung ebenfalls unbeantwortet bleiben, lässt sich leicht erklären: "Aus den Einsatzmitteln lässt sich wiederum einfach auf das taktische Vorgehen schliessen", so Denzler. Zudem könnten Kriminelle ihre eigene Ausrüstung so anpassen, dass sie in einem konkreten Fall gegenüber den Einsatzkräften im Vorteil sind.

Unterstützung aus der Ostschweiz

Obschon die Glarner "Adler" intern über verschiedene Spezialisten verfügen, können sie in Ausnahmesituationen auch auf Interventionseinheiten anderer Korps zählen. Dies im Rahmen des Konkordats mit den Ostschweizer Kantonen und der Zürcher "Diamant"-Einheit. "So weit kam esbislang meines Wissens aber noch nie", meint Polizeikommandant Denzler.

Trotz interkantonaler Zusammenarbeit sei eine eigene Interventionseinheit gerechtfertigt, so Denzler. "Die Gegenseite wartet jeweils nicht auf uns", hält er fest. Es sei deshalb insbesondere bei den unplanbaren Ereignissen sehr wichtig, dass ein Einsatzkommando schnell vor Ort ist.

Den Steuerzahler kostet die Interventionseinheit "Adler" kaum etwas. Denn bei aller Geheimhaltung: Über die Kosten kann Denzler Auskunft geben. Er hält fest: "Die laufenden Kosten sind weit unter einem Prozent des Gesamtbudgets der Kantonspolizei." Einzig das Ersatzmaterial und die Ausbildung schlagen sich auf die laufende Rechnung nieder.

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ANTI-GENTECH-KARAWANE
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Tag 15: http://ch.indymedia.org/de/2009/05/69342.shtml

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GIPFEL-SOLI-NEWS 23.5.09
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gipfelsoli.org/Newsletter 23.5.09

23.5.2009 L'Aquila

- Aufruf: Gegen den Immigrations- und Sicherheits-G8 in Rom am 28., 29. und 30. Mai
- Die Anarcho-insurrektionalistische Galaxie und die Bühne in der Hauptstadt
- G8 Turin:::FREE ALE FREE DOMENICO!!!
- Nochmal zur Hölle in den Zeltstädten
- Erdbeben und Wiederaufbau: eine Frage der Schlagstöcke*
- Wiederaufbau: eine Farce
- Pictures: Protests in Torino May 19 [2]
- Videos protests Torino May 2009
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