MEDIENSPIEGEL 29.5.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (tojo, Rössli)
- Skatepark Vorplatz: Vereinbarung
- Antirassismus-Demo vor Waisenhaus-Polizeiposten
- SO: Alpha Konneh ausgeschafft
- Demo-Recht: Gemeinderat geht vor Verwaltungsgericht
- Rote Falken: Kinderrechtsdemo in Belp
- GFL: Mozsa geht, M.C.W. kommt
- Vineyard: Nix Beten im Kornhaus
- Filmende PolizistInnen bald in zivil
- Hooligan-Grippe: Internet-Pranger BE; Gewaltdebatte; Polizeikosten; Das Leben ist kein Ponyhof
- Kapo BE will nicht auf Drohnen verzichten
- SP Burgdorf gegen Securities
- Hausgeister Thun: Freiraum-Demo am 30.5.09
- Antifa goes Sempach: Viel Polizei
- Nazi-Sprayer
- Rabe-Info 27.-29.5.09
- Sozialpreis 2009
- 3 Jahre Kulturfabrik Zollikofen
- Restriktives Polizeigesetz in Visp
- amnesty-Menschenrechts-Report Schweiz 2009
- Heiratsverbot für Sans-Papiers
- ZH 20.6.09: Demo Flüchtlingstag
- Homophobie: Schulbesuch ZH; Widerstand Osteuropa
- Stadtrat 7.5.09: Rauchverbot Reitschule + Co.; 2 Drogenanlaufstelle-Kosten
- Buchlesung Winti: die wilden Schafe
- Holland: Sport + Antisemitismus
- Christiania: Verlust Nutzungsrecht
- Migration: Abwarten in Nordafrika
- Gipfel-Soli-News 29.5.09
- Anti-Atom: Atomausstieg Bern; Baustelle Mühleberg; BL-Fastausstieg; AKW-Fonds-Börsenverluste

----------------------
REITSCHULE
----------------------

Fr 29.05.09
20.00 Uhr - Frauenraum - BLÜTEN DER DÄMMERUNG: Ein Lesestück von Miriam Erni und Corina Freudiger
20.30 Uhr - Tojo - Stück für Stück vier Kurztheaterstücke von PPCie
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! Now! Santiago Alvarez, Kuba 1965. Habana Blues. Benito Zambrano, Spanien/ Kuba/F 2005
22.00 Uhr - Dachstock - Irish Night with An Làr (ch) & DJ -- Irish Folk

Sa 30.05.09
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees no! La reina del condón. Silvana Ceschi , Reto Stamm, Schweiz 2007
23.00 Uhr - Dachstock - Cool & Deadly: Silly Walks Discotheque (d), Support: Moya ls. Boss Hi-Fi -- reggae/dancehall

So 31.05.09
18.00 Uhr - Rössli- Piano-Bar

Infos: www.reitschule.ch

---

Bund 28.5.09

"Stück für Stück"

Vier gewinnt

Das Stadttheater hat sein Uraufführungsspektakel, das Tojo-Theater der Reitschule präsentiert nun einen eigenen kleinen Autorenmarathon. "Stück für Stück" ist eine Assemblage von vier Kurzstücken der jungen Compagnie PPCie. Alle Texte nehmen die Absurditäten des heutigen Lebens in den Fokus, erzählen von Begegnungen im Lift, von der Effizienzsteigerung bei Angestellten oder vom Bild der Frau. Stéfanie Lang, Sarah Lerch, Johanna Gagern und Jo Ofrim Bjørke haben die Texte geschrieben und agieren auch als Darsteller. (reg)

Tojo-Theater Reitschule
Do, 28., und Fr, 29. Mai, 20.30 Uhr.

---

BZ 28.5.09

Kultour

Theater

Bizarre Kurzstücke

Das junge Ensemble PPCie wirft im Tojo Theater Bern ein surreales Licht auf die Gesellschaft.

Vier Werke, vier Ausgangspunkte, vier Personen: "Stück für Stück" ist Titel und Konzept zugleich: Was die stilistisch unterschiedlichen Teile verbindet, ist eine surrealistische Atmosphäre und ein kritischer Blick auf die Gesellschaft. Dabei verbinden sich absurdes Theater und Performance mit Tanz und Elementen des komischen Theaters.
pd

Vorstellungen: Heute und morgen, 20.30 Uhr, im Tojo Theater Bern. www.tojo.ch

---

kulturstattbern.derbund.ch 28.5.09

Benedikt Sartorius am Donnerstag den 28. Mai 2009 um 13:00 Uhr

Retroselig

Sleepy-Sun-Poster Jung, sehr jung, waren die sechs MusikerInnen, die alte Musik spielten. Wobei alt hier so 70er-Jahre-Psychedelik-Rock meint, und die dann und wann reizvoll eingeflochtenen Chörli direkt aus dem Crosby-Stills-Nash-Fundus zu stammen schienen, die ja jüngst von den waldschratigen Fleet Floxes wieder salonfähig gemacht wurden.

Sleppy Sun hiess die Band, die gestern im Rössli der Reitschule, dem ehemaligen i-Fluss, aufspielten und glorios aufzeigten, dass eigentlich unorigenelle, retroselige Musik posenfrei und wohldurchdacht und spielfreudig dargeboten doch sehr gut sein kann, sehr sehr gut sogar.

Und ja, auch der Raum hat sich bestens bewährt an diesem ersten wirklichen Konzert, das im Rössli durchgeführt wurde. Ich hoffe auf mehr.

Sleepy Sun spielen im Übrigen am honorigen Stonehill-Festival im freiburgischen Hinterland auf wie auch, entschuldigung für den Hinweis, am ATP-Festival nahe NYC.

------------------------------------------
SKATEPARK VORPLATZ
-------------------------------------------

Bund 28.5.09

Vereinbarung zum Skatepark auf Vorplatz

Stadt Bern SBB, Stadtbauten Bern und die Stadt Bern haben mit dem Verein Skatepark "sk8.be" eine Vereinbarung für den Betrieb einer Skateanlage auf dem Vorplatz der Reitschule abgeschlossen. Wie der Gemeinderat auf einen Vorstoss schreibt, sieht die Vereinbarung ein befristetes Baurecht bis 2014 vor. Bei Realisierung könnte dieses um 15 Jahre verlängert werden.

Der Gemeinderat zeigt sich bereit, einen Kredit von 28000 Franken an die Planung beizusteuern. Der Verein müsste des Weiteren selbst für die Skateanlage aufkommen. Die Betreiber rechnen mit Kosten von rund 250000 Franken. Die Initianten haben nach eigenen Angaben bereits die Hälfte der Mittel zusammengetragen. Viele Sponsoren hätten ihre Zusicherung jedoch an die Bedingung geknüpft, dass sie Werbefläche am SBB-Eisenbahnviadukt bekämen, sagt der Präsident des Fördervereins, Pablo Cherpillod. Genau dies aber widerspricht dem Eisenbahnrecht. Der Verein sucht weitere Geldgeber: Gönner können für zehn Franken ein zehn Quadratzentimeter grosses Stück Park erwerben.

Reto Nause (cvp), damals noch Stadtrat, und Susanne Elsener (gfl) fordern in einer gemeinsamen Motion die rasche Aufwertung des unwirtlichen Vorplatzes der Reitschule mittels Skatepark. Durch "Bewegung und Begegnung" lasse sich der Brennpunkt entschärfen. Der Vorstoss ist für die nächste Stadtratssitzung traktandiert. (dv)

---

bern.ch/stadtrat

08.000264 (09/087)
Reg. 33/-00

Motion Reto Nause (CVP)/Susanne Elsener (GFL): Aufwertung des Vor-platzes der Reitschule durch einen Skatepark: Planungskredit bzw. Bau-genehmigung durch die Stadt

Wir fordern den Gemeinderat auf, sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Baube-willigung für einen Skatepark unter dem Eisenbahnviadukt Schützenmatte und im Bereich des Vorplatzes der Reitschule zu schaffen.
1. Dafür sind Mittel von maximal 28'000 Franken vorzusehen bzw. bereits eingeplante Mittel aus den "Verbesserungsmassnahmen Vorplatz Reitschule" freizugeben.
2. Zudem koordiniert die Stadt ihre eigenen Bemühungen mit der zuständigen Bewilligungs-instanz der SBB Immobilien, welche Eigentümerin des Viadukts ist.

Der Vorplatz der Reitschule ist eine Problemzone der Stadt. Es gilt ihn schnell aufzuwerten und attraktiv zu nutzen. Der private Verein "sk8be" will unter dem Eisenbahnviadukt Schüt-zenmatte einen Skatepark für Skateboarder, Rollschuhfahrer, Inlinerskater und BMX-Fahrradfahrer realisieren. Damit würde der unwirtliche und dunkle Platz unter dem Viadukt zu einem neuen Brennpunkt zwischen Kultur und Sport aufgewertet und für eine aktive Freizeit-beschäftigung zugänglich gemacht. Als Ort der Bewegung und Begegnung lässt sich der so-ziale Brennpunkt von Bern entschärfen.
Die Initianten von "sk8be" haben in aufwändiger Fronarbeit einen Verein gegründet, Fundrai-sing-Aktivitäten entwickelt, Verhandlungen mit den SBB geführt und die Suche nach Sponso-ren an die Hand genommen. Die Stadt Bern hat offensichtlich ihnen gegenüber einen Pla-nungskredit aus den Mitteln für die "Verbesserungsmassnahmen Vorplatz Reitschule" in Aus-sicht gestellt, falls der Verein die Restfinanzierung der Anlage belegen kann. Nun beisst sich die Schlange in den Schwanz: Potentielle Sponsoren machen ihr Engagement vom Vorliegen einer Baubewilligung abhängig: Ohne "Anschubfinanzierung" welche ein bewilligtes Projekt zum Ziel hat, werden kaum fixe Zusagen privater Geldgeber beigebracht werden können.

Bern, 14. August 2008

Motion Reto Nause (CVP)/Susanne Elsener (GFL), Henri-Charles Beuchat, Erik Mozsa, Da-niela Lutz-Beck, Nadia Omar, Markus Kiener, Barbara Streit-Stettler, Martin Trachsel, Ueli Stückelberger, Rania Bahnan Büechi, Anna Magdalena Linder, Dolores Dana, Peter Künzler, Anastasia Falkner, Jacqueline Gafner Wasem, Karin Feuz-Ramseyer, Philippe Müller, Mario Imhof, Dannie Jost, Simon Glauser, Thomas Balmer

Antwort des Gemeinderats

Der Vorstoss betrifft inhaltlich einen Bereich, der in der gemeinderätlichen Zuständigkeit liegt. Der Motion kommt deshalb der Charakter einer Richtlinie zu.
Der Gemeinderat erkennt grundsätzlich die Chancen und Vorteile einer Nutzung der Fläche unter dem Eisenbahnviadukt bei der Reitschule, wie sie vom Verein sk8.be vorgeschlagen wird. Gleichzeitig gilt es, die Realisierungschancen ernsthaft zu prüfen und auch einen Be-trieb der Anlage sicherzustellen, der dem schwierigen Standort Rechnung trägt.
Die Direktion für Bildung, Soziales und Sport ist seit längerer Zeit in Verhandlungen mit dem Verein sk8.be. Die Verhandlungen und die Zusammenarbeit mit dem Verein sind zum Teil schwierig. Zugesicherte Unterlagen bleiben während mehrerer Monate aus, und auf Nach-richten wird häufig erst nach mehreren Wochen reagiert. Um die Skateanlage auf der Schüt-zenmatte mit der notwendigen Sicherheit betreiben zu können, muss der Verein über zuver-lässige Strukturen, eine angemessene Zahl aktiver Mitglieder und funktionierende Kommuni-kationsbeziehungen zur Stadt verfügen. Auch muss er glaubhaft darlegen können, dass er die nötigen finanziellen Mittel für den Bau und den Betrieb der Anlage aufbringen kann.
Die Koordination in Bezug auf die Baubewilligung ist durch die Stadtbauten Bern übernommen worden. So konnte eine Vereinbarung (öffentliche Urkunde) zwischen den SBB, den Stadt-bauten Bern und der Stadt Bern unter Einbezug der Anliegen des Vereins sk8.be abgeschlos-sen werden. Diese sieht ein bis Ende 2014 befristetes Baurecht für die Skateanlage vor, wel-ches bei Realisierung innert dieser Frist um 15 weitere Jahre verlängert wird. Die Stadtbauten Bern werden die Erarbeitung und Begleitung des Baugesuchs bis zur Bewilligung begleiten.
Der Gemeinderat ist bereit, sich weiterhin für die Realisierung der Skateanlage zu engagieren und dafür Fr. 28 000.00 einzusetzen. Er wird die Verhandlungen mit dem Verein sk8.be fort-setzen, mit dem Ziel, den Skatepark möglichst bald mit einem überzeugenden Konzept, einer funktionsfähigen Trägerschaft und einer gesicherten Finanzierung eröffnen zu können.

Folgen für das Personal und die Finanzen
Die Skateanlage soll durch den Verein sk8.be selbsttragend betrieben werden. Neben dem einmaligen Betrag von Fr. 28 000.00, der vor allem für die Planung, die Vorbereitungsarbeiten und die Baubewilligung eingesetzt würde, sind keine regelmässigen Beiträge an den Verein vorgesehen.

Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Motion als Richtlinie erheblich zu erklären.

Bern, 1. April 2009
Der Gemeinderat

---------------------------------------
ANTIRASSISMUS-DEMO
---------------------------------------

Indymedia 29.5.09

Demo gegen rassistische Diskriminierung durch Berner Polizei ::

AutorIn : Black Panther Bern (BPB): http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Panther_Party     

Seit mindestens 1993 ist in Berner Polizeikreisen eine stetige Steigerung der verbalen Hetze und der realen Brutalität gegen junge Afrikaner und Afroschweizer festzustellen. Da kann es schon mal passieren, dass ein Kehlkopf bricht, dass jemand 10m tief fällt, einfach brutal zusammengestiefelt oder gefesselt am Boden liegend noch mit Pfefferspray eingegast wird. Übergriffe, Beleidigungen und menschenunwürdige Vorgehensweisen finden vor allem im Zusammenhang mit Kontrollen und Razzien gegen "mutmassliche Dealer" statt.

Das hat sich auch 2009 nicht geändert. Am 28.5.09 fand in Bern eine kleine Protestdemo gegen den jüngsten bekannt gewordenen Übergriff statt. Ca. 50 Leute protestierten vor dem Waisenhaus-Polizeiposten in der Innenstadt, während sich die Polizei dort präventiv einschloss und sich selber bewachte.

Doch Aussitzen und später weiterprügeln nützt nix - die DemonstrantInnen haben nämlich angekündigt, zukünftig nach jedem Polizeiübergriff gegen die afrikanische Community eine Protest-Demo zu machen.

Im Folgenden das Mobilisierungs-Flugblatt für die gestrige Demo.     


Flugblatt 28.5.09

Kundgebung gegen rassistische Diskriminierung durch Berner Polizei

Donnerstag 28. Mai 2009

Besammlung:
17.00 Uhr, vor der Heiliggeistkirche, Bern

Am 15. Mai 2009 durchsuchte die Berner Kantonspolizei einen Laden, welche den afrikanischen Gemeinschaften in der Stadt Bern als Treffpunkt dient. Im Laden befanden sich insgesamt 22 Personen afrikanischer Herkunft.

Die Durchsuchung im Laden erfolgte in einer Art und Weise, welche die Würde der anwesenden Menschen missachtete. Die Polizisten zwangen alle Personen, sich auf den Boden zu legen, fesselten sie mit Handschellen, verbanden ihre Augen und transportierten sie zum Polizeiposten ab.

Die Polizei rechtfertigte ihre Einsätze im afrikanischen Laden damit, dass sie bei der Durchsuchung der Wohnung einer der abgeführten Personen Drogen gefunden habe. All jene jedoch, die nichts mit illegalen Drogen zu tun haben, aber durch die Polizei wie Kriminelle behandelt und erniedrigt wurden, können das willkürliche und beleidigende Vorgehen der Polizei nicht akzeptieren.

Es ist traurige Realität, dass Afrikaner und Afrikanerinnen in Bern immer wieder diskriminiert, erniedrigt und Opfer von rassendiskriminierenden Aktionen der Polizei werden. Solche Polizeieinsätze gegen die schwarze Gemeinschaft stempeln alle Schwarze zu Kriminellen und verstärken die Vorurteile, dass alle Schwarzafrikaner Drogenhändler seien.

Wir wenden uns gegen Gesetzesverletzungen wie zum Beispiel den Drogenhandel. Es ist die Aufgabe der Polizei, die Täter vor Gericht zu bringen. Es ist aber diskriminierend, eine ganze Gruppe, zum Beispiel Schwarzafrikaner, kollektiv zu verdächtigen und gegen sie mit unverhältnismässig gewaltsamen Polizeieinsätzen vorzugehen.

Wir fordern,

- Gleiche Behandlung wie alle anderen Menschen im Rahmen der Grundrechte der Individuen und nach einem ausgewogenen Vorgehen.

- Die Suche nach Verdächtigen soll aufgrund objektiver Kriterien erfolgen, welche einer Polizei eines demokratischen Landes würdig sind und nicht aufgrund von Vorurteilen, welche durch rassistische Haltungen motiviert sind.

Wir rufen dazu auf, gegen das diskriminierende Verhalten der Berner Polizei zu protestieren und an der Kundgebung für die Einhaltung der Grundrechte und Menschenrechte teilzunehmen.

-----------------------------
AUSSCHAFFUNG
----------------------------

Medienmitteilung von augenauf Bern vom 29. Mai 2009

Ausdruck blinder und unmenschlicher Ausschaffungspolitik?
augenauf  Bern ist bestürzt über die Ausschaffung des Vater eines  siebenmonatigen Kindes

Mit Bestürzung hat die Menschenrechtsgruppe augenauf Bern erfahren,  dass der Liberianer Alpha Konneh am 27. Mai 2009 von den Solothurner  Behörden mit einem eigens organisierten Sonderflug nach Monrovia  ausgeschafft wurde. Die Ausschaffung wurde vollzogen, obwohl Alpha  Konneh mit seiner Lebenspartnerin in der Schweiz einen gemeinsamen  siebenmonatigen Sohn hat, das entsprechende  Vaterschaftsanerkennungsverfahren kurz vor dem Abschluss stand und  Vorbereitungen für eine Heirat eingeleitet wurden. Zudem ist Alpha  Konneh Kläger in einem laufenden Strafverfahren, in dem mehrere Beamte  des Untersuchungsgefängnisses Solothurn wegen Köperverletzung  angeschuldigt sind (siehe Dokumentation im Anhang).

Alpha Konneh reiste im September 2007 in die Schweiz ein, wo sein  Asylgesuch zwei Monate später abgelehnt wurde. Elf Monate lang befand  er sich im Untersuchungsgefängnis Solothurn in Ausschaffungshaft. Seit  Monaten kämpft seine Lebenspartnerin und Mutter des gemeinsamen Kindes  um eine Aufenthaltsgenehmigung für Alpha Konneh, gestützt auf Artikel  8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, welcher das Recht auf  Achtung vor dem Familienleben garantiert.

Zynischerweise wurde Alpha Konneh mit einem Reisepass ausgeschafft,  den er auf dem Zivilstandesamt eingereicht hatte, um die Vaterschaft  an seinem Sohn anerkennen zu lassen. Die Zivilstandesbehörde  verzögerte den Abschluss des Anerkennungsverfahrens mit der  Begründung, dass Zweifel an der Authenzität dieses Dokumentes  bestehen. Dass die Ausschaffung nun mit eben diesem Dokument offenbar  problemlos vollzogen werden konnte, zeigt, wie hier mit  unterschiedlichen Ellen gemessen wird.

Am 20. Mai protestierte augenauf Bern bereits mit einer Mahnwache vor  dem Amt für öffentliche Sicherheit des Kantons Solothurn gegen die  zuvor beschlossene Verlängerung der Ausschaffungshaft von Alpha Konneh  (siehe Medienmitteilung vom 20.05.2009 im Anhang). Nach elf Monaten  Ausschaffungshaft und zwei missglückten Ausschaffungsversuchen, stellt  die nun vollzogene Ausschaffung den traurigen Höhepunkt des  menschenverachtenden Vorgehens des Kantons Solothurn in diesem Fall dar.

Die Massnahme ist Ausdruck einer blinden Ausschaffungspolitik, die  strikt dem Dogma folgt, missliebige Personen aus der Schweiz zu  entfernen, ohne ansatzweise humanitäre oder auch nur rationelle  Überlegungen zu berücksichtigen. Seine Lebenspartnerin gab immer klar  zu erkennen, dass sie Alpha Konneh auch in Liberia heiraten und im  Anschluss ein Familienzusammenführungsgesuch stellen würde. Somit wird  Alpha Konneh bereits mittelfristig wieder legal in die Schweiz  einreisen können. Eine Zwangsauschaffung ist vor diesem Hintergrund  also einzig als kostenintensive und unmenschliche Schikane zu  betrachten.


augenauf Bern

---

Indymedia 22.5.09
http://ch.indymedia.org/de/2009/05/69320.shtml (mit Fotos)

Ausschaffungshaft verlängert - Familie auseinandergerissen

AutorIn : augenauf Bern: http://www.augenauf.ch     

Mutter mit gemeinsamer Tochter Ausschaffungshaft verlängert - Solothurner Behörden reissen Familie auseinander

Medienmitteilung von augenauf Bern vom 20. Mai 2009     

Dokumentation des Falles
http://ch.indymedia.org/media/2009/05//69324.pdf

Forderungen
http://ch.indymedia.org/media/2009/05//69325.pdf

Die Menschenrechtsgruppe augenauf Bern hat heute Nachmittag vor dem Amt für öffentliche Sicherheit des Kantons Solothurn eine Mahnwache durchgeführt, um gegen die Verlängerung der Ausschaffungshaft des Liberianers Alpha Konneh zu protestieren. Mit Transparenten, Flugblättern und einer theatralischen Aktion, bei der symbolisch eine Familie auseinandergesägt wurde (siehe Bild), machten die AktivistInnen von augenauf auf ihr Anliegen aufmerksam.

Die Aktion richtete sich gegen ein Urteil des Haftgerichts Solothurn von vergangenem Freitag, dem 15. Mai 2009, das trotz schriftlicher Interventionen der Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und augenauf Bern die Verlängerung der Ausschaffungshaft von Alpha Konneh um zwei weitere Monate genehmigte.

Alpha Konneh reiste im September 2007 in die Schweiz ein, wo sein Asylgesuch zwei Monate später abgelehnt wurde. Bereits seit 11 Monaten befindet er sich im Untersuchungsgefängnis Solothurn in Ausschaffungshaft, ohne eine Straftat begangen zu haben. Er ist Vater eines im Oktober 2008 in der Schweiz geborenen Sohnes. Seit Monaten kämpft seine Lebenspartnerin und Mutter des gemeinsamen Kindes um eine Aufenthaltsgenehmigung für Alpha Konneh, gestützt auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, welcher das Recht auf Achtung vor dem Familienleben garantiert. Obwohl der Prozess der Vaterschaftsanerkennung kurz vor dem Abschluss steht und die beiden vorhaben zu heiraten, und obwohl bereits zwei Ausschaffungsversuche mit zahlreichen Unstimmigkeiten gescheitert sind (siehe Dokumentation im Anhang), beabsichtigt das Amt für Ausländerfragen des Kantons Solothurn hartnäckig, Alpha Konneh mit allen Mitteln auszuschaffen. Diese Praxis macht einmal mehr deutlich, dass sich Personen in Ausschaffungshaft de facto in einer entrechteten Situation befinden.

Vaterschaftsanerkennungsverfahren, Heiratsvorbereitungen, laufendes Strafverfahren, offensichtliche Schwierigkeiten mit der liberianischen Regierung bei der Rückführung - Selbst jenseits aller humanitären Überlegungen ist es nicht nachvollziehbar, warum der Kanton Solothurn und das BFM soviel Energie und Geld mit dem Versuch verschwenden, Alpha Konneh auszuschaffen.

augenauf Bern kritisiert die Haftverlängerung und die versuchten Ausschaffungen aufs Schärfste. Mit diesen unnötigen und kostenintensiven Massnahmen reisst die schweizerische Migrationspolitik, in diesem Fall ausgeführt vom Kanton Solothurn, in menschenverachtender Weise eine junge Familie auseinander.

----------------------------
DEMO-RECHT
----------------------------

Bund 29.5.09

Gezerre um Kundgebungen

Stadt Bern Der Berner Gemeinderat zieht einen Entscheid der Regierungsstatthalterin im Zusammenhang mit einer Verschärfung des Kundgebungsreglements weiter. Dabei geht es um die Beschränkung von Demonstrationen auf Platzkundgebungen und das Verbot von Kundgebungsumzügen. Eine solche Beschränkung sei rechtlich nicht zulässig, befand Statthalterin Regula Mader (sp) Anfang Mai. Sie begründete ihren Entscheid unter anderem mit der besonderen Funktion Berns als Bundesstadt. Der Gemeinderat hingegen ist der Ansicht, dass eine verfassungskonforme Auslegung des Umzugsverbots möglich ist. Beim Grünen Bündnis, den Demokratischen Juristen sowie dem Gewerkschaftsbund der Stadt Bern stösst der Beschluss des Gemeinderates auf Unverständnis. (sda/kvm)

Seite 23

--

Gezerre um Kundgebungen

Gemeinderat zieht Entscheid der Regierungsstatthalterin an das Verwaltungsgericht weiter

Demonstrationen sollen in Bern nur noch als Platzkundgebungen bewilligt werden. Diese Ansicht vertritt der Berner Gemeinderat. Ein entsprechender Beschluss stösst auf scharfe Kritik der Linken.

Klaus von Muralt

Der Gemeinderat hat den Entscheid des Regierungsstatthalteramts betreffend der Verschärfung des Kundgebungsreglements angefochten. Regierungsstatthalterin Regula Mader (sp) hatte vor vier Wochen eine Beschwerde gegen das vom Stadtrat im Mai 2008 beschlossene Verbot von Kundgebungsumzügen in der Stadt Bern gutgeheissen.

Die vom Stadtrat verlangte Verschärfung des Kundgebungsreglements war unter anderem eine Folge der Ausschreitungen an der Anti-SVP-Kundgebung 2007.

Eine Beschränkung von Demonstrationen auf Platzkundgebungen sei rechtlich nicht zulässig, hatte Mader befunden und ihren Entscheid mit der besonderen Funktion der Stadt Bern als Bundesstadt begründet. Zudem verstosse die Bestimmung gegen die Kantonsverfassung, urteilte sie.

"Chancen für Verbot intakt"

Im Gegensatz zu Mader geht Gemeinderat und Polizeidirektor Reto Nause (cvp), ursprünglicher Antragsteller für das Verbot, jedoch davon aus, dass eine verfassungskonforme Auslegung des Umzugsverbots möglich ist. Eben gerade die "speziellen Verhältnisse" in der Bundesstadt Bern mit ihren vielen politischen Kundgebungen erforderten eine Einschränkung des Kundgebungsrechts. Nause ist der Ansicht, dass Maders Formulierung - "das Umzugsverbot sei rechtlich nicht zulässig" - zu offen gefasst sei. Deshalb habe sich der Gemeinderat dazu entschlossen, Maders Entscheid an das Verwaltungsgericht weiterzuziehen. Nun solle dieses darüber befinden, ob das Umzugsverbot verfassungskonform sei oder nicht. Er sehe die Chancen auf eine erfolgreiche Durchsetzung des Verbots weiterhin intakt.

Scharfe Kritik an Beschluss

Das Grüne Bündnis (GB) zeigte sich überrascht über den Beschluss des Gemeinderats. Angesichts der Faktenlage und der Ausführungen im Entscheid der Regierungsstatthalterin vom 1. Mai gibt sich das GB dennoch optimistisch, dass auch die weiteren Gerichtsinstanzen die Einschränkung von Kundgebungen in Bern nicht gutheissen werden. Das GB spricht sich für ein liberales Kundgebungsrecht in der Bundesstadt Bern aus.

Auch von den Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz (DJS), dem Gewerkschaftsbund der Stadt Bern und Umgebung (GSB) sowie der Jungen Alternative (JA) wird der Beschluss des Gemeinderats heftig kritisiert: Der beschlossene Weiterzug der Beschwerde auf Kosten der Steuerzahlenden zeuge von geringem Verständnis für ein verfassungsmässiges Recht, was gerade von einer rot-grünen Stadtregierung sehr enttäusche, so die DJS.

GB, DJS und GBS hatten das Beschwerdeverfahren gegen das Umzugsverbot angestrengt. Enttäuschung und Missfallen über den Gemeinderatsbeschluss sind deswegen in ihren Lagern umso verständlicher.

---

BZ 29.5.09

Kundgebungsreglement

Demo-Umzugsverbot: Gemeinderat schwenkt um

Im April hat Regierungsstatthalterin Regula Mader (SP) das Stadtberner Demo-Umzugsverbot verworfen. Nun macht sich auf einmal der Gemeinderat fürs umstrittene Kundgebungsreglement stark - eine Kehrtwende.

Jetzt entscheiden die Richter über die Zukunft des Stadtberner Kundgebungsreglements. Ein Meinungswandel des Gemeinderates machts möglich.

Ende April 2009 strich Regierungsstatthalterin Regula Mader (SP) das Umzugsverbot aus dem Kundgebungsreglement (wir berichteten). Das Verbot verletze die übergeordnete Kantonsverfassung, begründete Mader ihren Entscheid. Dagegen kämpft nun der Berner Gemeinderat vor dem Verwaltungsgericht an.

Auf einmal ist aus Sicht der Stadtregierung ein Umzugsverbot "verfassungskonform". Ganz anders hatte sich der Gemeinderat noch vor Jahresfrist geäussert. Im Mai 2008 riet er dem Parlament, das neue Kundgebungsreglement abzulehnen. "Die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit wird zu stark einschränkt", schrieb der Gemeinderat damals.

Der Stadtrat stimmte dem Umzugsverbot trotzdem zu. Worauf links-grüne Parteien und Gruppierungen Beschwerde bei Regula Mader einreichten.

"Verfassung ausgehebelt"

Die plötzliche Kehrtwende der Regierung sorgt bei der ehemaligen GB-Stadträtin Catherine Weber für Kopfschütteln. "Mit unserer Beschwerde gegen das Umzugsverbot haben wir dem Gemeinderat in die Hände gespielt", sagt sie im Namen der demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz (DJS). "Und nun kommt die Regierung und unterstützt ein Verbot, dessen verfassungsrechtlicher Problematik sie sich bis vor kurzem noch bewusst war."

Unterstützt wird die Kritik vom Gewerkschaftsbund der Stadt Bern und Umgebung. Dieser schreibt in einer Mitteilung: "Der Gemeinderat hebelt die Verfassung aus."

Tschäppät bleibt stumm

Weder Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) noch Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) äusserten sich gestern zum gemeinderätlichen Gesinnungswandel. Der Stadtpräsident sei den ganzen Nachmittag über mit Sitzungen beschäftigt, meldete sein Mediensprecher Walter Langenegger.

Reto Nause war zwar erreichbar. Doch vor einem Jahr war er noch Stadtrat gewesen. Er ist am Slalomkurs der Regierung unbeteiligt. Allerdings war Nause Mitverfasser der Motion, die das Demo-Umzugsverbot überhaupt lancierte. Nun darf er als zuständiger Gemeinderat die eigene Motion umsetzen.

"Wir ziehen den Entscheid vor Verwaltungsgericht weiter, weil wir dem Stadtratswillen Rechnung tragen wollen", sagt Nause. Zudem sei ein Demo-Umzugsverbot sinnvoll. Die Behörden müssten vielen verschiedenen Gruppierungen Kundgebungen erlauben. "Oft wollen mehrere Parteien gleichzeitig demonstrieren. Wenn alle einen Umzug machen dürfen, sind wir beim Erteilen der Bewilligung limitiert."

Tobias Habegger

---

gbbern.ch 28.5.09

Berner Demonstrationsrecht erneut im juristischen Prüfstand: Grünes Bündnis für liberales Kundgebungsreglement

Das Grüne Bündnis ist erstaunt, dass der Gemeinderat den Entscheid der Regierungsstatthalterin zum Kundgebungsreglement gerichtlich an die nächste Instanz weiterziehen will. Das Grüne Bündnis ist angesichts der Faktenlage und der Ausführungen im Entscheid der Regierungsstatthalterin vom 1. Mai optimistisch, dass auch weitere Gerichtsinstanzen diese Einschränkungen von Kundgebungen in Bern auf Platzkundgebungen nicht gutheissen werden. Das GB spricht sich in der Hauptstadt Bern für ein liberales Kundgebungsrecht aus.

Gemäss Stadtratsentscheid vom 15. Mai 2008 wurde eine Änderung des Kundgebungsreglements beschlossen, so dass Kundgebungen in der Regel nur noch als Platzkundgebungen bewilligt werden sollen. Zusammen mit den Demokratischen JuristInnen und anderen Organisationen hat das Grüne Bündnis gegen diesen Entscheid beim Regierungsstatthalteramt Beschwerde eingereicht und Recht erhalten, indem die Regierungsstatthalterin die Beschwerde gutgeheissen und den Stadtratsbeschluss aufgehoben hat, denn es "gewähre nicht den erforderlichen Spielraum einer verfassungskonformen Auslegung" und biete Anlass für "erhebliche Rechtsunsicherheit". Die Regierungsstatthalterin sieht einen Widerspruch gegenüber der Kantonsverfassung, welche den Anspruch auf Durchführung von Kundgebungen postuliert.

Das Grüne Bündnis hofft auf eine Bestätigung eines liberalen Kundgebungsverständnis, welches auf einschneidende Einschränkungen des Kundgebungsrechts in Bern als Bundeshauptstadt und Ort für Kundgebungen von nationaler Tragweite verzichtet. Erwartet wird eine rasche Klärung durch die angerufene Gerichtsinstanz.

---

bernerzeitung.ch 28.5.09

Kundgebungsreglement - Stadt zieht Entscheid weiter

Die Stadt Bern zieht einen Entscheid der Regierungsstatthalterin im Zusammenhang mit einer Verschärfung des Kundgebungsreglements weiter.

Dabei geht es um die Beschränkung von Demonstrationen auf Platzkundgebungen und das Verbot von Kundgebungsumzügen.

Eine solche Beschränkung sei rechtlich nicht zulässig, befand Statthalterin Regula Mader Anfang Mai. Sie begründete ihren Entscheid unter anderem mit der besonderen Funktion Berns als Bundesstadt.

In der Begründung führte Mader auch an, dass das städtische Kundgebungsreglement nicht den erforderlichen Spielraum einer verfassungskonformen Auslegung gewähre.

Verfassungskonforme Auslegung möglich

Der Stadtberner Gemeinderat hingegen ist der Ansicht, dass eine verfassungskonforme Auslegung des Umzugsverbots möglich sei, wie er in einer Mitteilung vom Donnerstag schreibt.

Das Berner Stadtparlament hatte im Mai 2008 die Beschränkung beschlossen. Dagegen erhoben diverse Parteien und Organisationen Beschwerde. Mit dem Weiterzug trage der Gemeinderat dem Mehrheitsentscheid des Stadtrats Rechnung, heisst es in der Mitteilung weiter.

Enttäuschung und Unverständnis

Das Grüne Bündnis zeigte sich nach eigenen Angaben am Donnerstag erstaunt, dass der Gemeinderat den Entscheid weiterziehe. Man sei optimistisch, dass auch weitere Gerichtsinstanzen die Einschränkungen des Kungebungsreglements nicht gutheissen werden.

Auch bei den demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz stösst der Weiterzug der Stadt auf "grosses Unverständnis". Man sei vom rot-grünen Gemeinderat enttäuscht. Die jetzige rechtliche Grundlage entspreche den verfassungsmässigen Vorgaben.

Generelles Verbot nicht möglich

Ein grundsätzliches und generelles Umzugsverbot wäre praktisch kaum durchzusetzen und würde der Stadt wohl einiges an Mehrkosten und gerichtliche Auseinandersetzungen bescheren. (sda)

---

bern.ch 27.5.09

Ferner hat der Gemeinderat

...beschlossen, den Entscheid des Regierungsstatthalteramts in Zusammenhang mit der Verschärfung des Kundgebungsreglements weiterzuziehen. Dieses hat Ende April 2009 eine Beschwerde gutgeheissen, wonach die vom Stadtrat im Mai 2008 beschlossene Beschränkung von Demonstrationen auf Platzkundgebungen rechtlich nicht zulässig sei. Das Regierungsstatthalteramt begründete seinen Entscheid unter anderem mit der besonderen Funktion der Stadt Bern als Bundeshauptstadt. Im Gegensatz zum Regierungsstatthalteramt geht der Gemeinderat davon aus, dass eine verfassungskonforme Auslegung des Umzugsverbots möglich ist. Mit der Beschwerdeerhebung trägt der Gemeinderat zudem dem Mehrheitsentscheid des Stadtrates Rechnung.
(...)

--------------------------
ROTE FALKEN
---------------------------

Indymedia 28.5.09

Kinderrechts-Demo in Belp BE 31. Mai 14.00 Uhr ::

AutorIn : Rote Falken: http://www.rotefalken.ch     

Kinder haben Recht(e)! Am Sonntag, 31. Mai 09 organisieren wir in Belp (BE), wo das Pfingstlager der Roten Falken stattfindet, eine Demonstration für Kinderrechte. Die Demo beginnt um 14.00 Uhr beim Spielplatz Eissel, führt durch den Belper Ortskern zum Kreuzplatz und endet dort mit einer Schlusskundgebung.     

Wir würden uns freuen, wenn viele Leute Zeit für einen Sonntagsausflug nach Belp haben, um unseren Umzug zu unterstützen! Es wird am Bahnhof Belp um 13.30 einen Abholdienst geben für diejenigen, die von auswärts kommen.

http://www.rotefalken.ch
http://www.bern.rotefalken.ch

Einige wenige von vielen Gründen, warum wir demonstrieren:

- Die Schweiz hat den Artikel der UN-Kinderrechtskonvention nicht unterzeichnet, welcher Kinder vor körperlicher Züchtigung schützen soll. Wir stehen für eine gewaltfreie Erziehung ein, welche die körperliche und psychische Integrität der Kinder hochhält!

- Das neue Schweizer Asyl- und Ausländergesetz verstösst gegen die Kinderrechte: Mit den neuen Nichteintretensgründen riskieren papierlose, aber schutzbedürftige Kinder und Jugendliche, vom Asylverfahren ausgeschlossen zu werden. Weiter erlauben die verschärften Zwangsmassnahmen, Minderjährige bis zu 1 Jahr in Haft zu nehmen. Kein Kind ist illegal!

- Die Meinungen von Kindern werden von unserer Gesellschaft oftmals marginalisiert. Scheidungsprozesse? Berücksichtigt auch die Aussagen der Kinder! Schulreform? Lasst Kinder mitreden! Schule nach der Pfeife der Wirtschaft? Kinder wollen lernen, nicht verwertet werden! Politik verstehen Kinder sowieso nicht? Eure Ämtlihocker-Politik verstehen viele junge Leute vielleicht nicht, aber es geht um unsere Zukunft, und da wollen wir mitbestimmen! KINDER HABEN RECHT(E)!

- Weltweit dienen Kinder in Kriegen als billige und formbare Soldaten und verrichten schwerste Arbeit in Produktionsprozessen, deren Erzeugnisse auch von uns konsumiert werden. Im 5-Sekundentakt sterben Kinder an Hunger und den direkten Folgen der Mangelernährung. Ein Wirtschaftssystem das auf Ausbeutung beruht und von Profit- und Konkurrenzdenken geprägt ist, wird die Kinderrechte niemals durchsetzen können. Wir wollen eine andere Welt! Mitziehen statt Nichtstun!


Rote Falken


Missbilligende Statements bitte unter  ich-mag-die-falken-nicht@rotefalken.ch

----------------
MOZSA
----------------

gfl.ch 29.5.09

Rücktritt: Erik Mozsa geht ins Ausland

Erik Mozsa, langjähriger Stadtrat der Grünen Freien Liste GFL und seit einem halben Jahr Grossrat, tritt auf Ende Juni 2009 von allen politischen Ämtern zurück. Grund dafür ist ein Nachdiplomstudium, welches er an der Vrijen Universiteit Amsterdam (NL) absolvieren wird.

Nach fast einem Jahr Arbeitslosigkeit eröffnet sich für Stadt- und Grossrat Erik Mozsa mit niederländischen Wurzeln in seiner zweiten Heimat Amsterdam eine neue berufliche Perspektive. Er wird an der Vrijen Universiteit Amsterdam ein Nachdiplomstudium in Angriff nehmen.

Mozsa freut sich einerseits auf die neue Herausforderung, die sich ihm nun eröffnet und andererseits auf die andere Sicht, die Fernsicht auf die Stadt Bern.

Mozsa engagierte sich sieben Jahre im Berner Stadtparlament, davon auch mehrere Jahre in der Kommission Planung Verkehr und Stadtgrün PVS. Er setzte sich während seiner Zeit im Berner Stadtrat besonders in Bereichen Verkehrs- und Wohnbaupolitik ein. Auch im Kulturbereich konnte er wichtige Akzente setzen (Reitschule, Gaskessel). Er wird am 18. Juni an seiner letzten Stadtratssitzung teilnemen.

Die Nachfolge im Stadtrat wird voraussichtlich GFL-Präsident Manuel C. Widmer nach den Sommerferien antreten.

Im Grossrat folgt GFL-Vorstandsmitglied und Stadträtin a.D. Anna M. Linder in der Septembersession.

Die GFL dankt Erik Mozsa für sein langjähriges, anhaltendes und konsequentes Engagement. Mit Mozsa verliert die GFL einen profunden Kenner der Berner Politszene. Natürlich hoffen wir, dass Erik Mozsa nach seiner Aus- und Weiterbildung in Holland die Berner GFL mit seinen Erfahrungen wieder bereichern wird.

-------------------------------------------
CHRISTEN STATT KULTUR
--------------------------------------------

BZ 29.5.09

Vineyard

Beten ist untersagt

Vineyard darf im Kornhaus keine Gebetsräume einrichten. Dies ist in einer Klausel des Mietvertrags festgeschrieben.

Die SP hat keine Freude an der neuen Mieterin der ehemaligen Kornhausbühne. Giovanna Battagliero befürchtete gestern im Stadtrat, dass die Laienbewegung Vineyard den zentralen Standort zum Missionieren missbraucht. Sie verwies insbesondere auf "wundersame Heilungen", die Homosexuellen versprochen würden. Die Liegenschaftsverwaltung habe die Vermietung mit "Tunnelblick" angegangen. Zwar erfülle Vineyard die gestellten Bedingungen, insbesondere die Mietzinsforderungen. Nicht abgeklärt worden sei aber, wie sie sich mit den anderen Nutzungen vertrage. Die jetzigen Kornhaus-Mieter hätten bereits ihrerseits Bedenken angemeldet.

In der Antwort auf die Interpellation präzisierte der Gemeinderat die Mietbedingungen. Nicht erlaubt sei, dass Vineyard Gebets- und Versammlungsräume einrichte. Die zuständige Gemeinderätin Barbara Hayoz (FDP) versicherte, dass dies auch überprüft werde. Die Liegenschaftsverwaltung vergebe ihre Objekte nach objektiven Kriterien. Eine Gesinnungsprüfung der Mieter sei hingegen nicht ihre Aufgabe.

Hayoz erhielt Support von GFL-Sprecher Conradin Conzetti und Pascal Rub (FDP). Conzetti mahnte an, der Umgang mit religiösen Strömungen sei besser im Dialog als mit Verhindern der Infrastruktur zu begegnen. Im Übrigen sei und bleibe Vineyard eine "kleine Randgruppe" innerhalb der reformierten Kirche, betonte Pfarrer Conzetti. Beruhigt habe ihn, dass die Liegenschaftsverwaltung, die Einschränkung bei der Nutzung im Mietvertrag festgeschrieben habe. Beat Gubser (EDU) sah in den Fragen von Battagliero schlicht einen "Diskriminierungsversuch" einer religiösen Vereinigung.
cab

---

Bund 29.5.09

Vineyard entzweit das Parlament

Stadtrat Die Vermietung der ehemaligen Kornhausbühne an Vineyard Bern stösst der SP sauer auf. Fraktionspräsidentin Giovanna Battagliero sagte, das primäre Ziel von Vineyard sei die Mission, gerade bei jungen Menschen, und dies teilweise auch mit aggressiven Mitteln. Das Kornhaus sei aber in erster Linie ein Bildungs- und Kulturstandort. Vineyard könne diesen beschädigen. Für die Räume an repräsentativer Lage hätte die Liegenschaftsverwaltung ohne Weiteres einen anderen Mieter finden können, so Battagliero, welche die dringliche Interpellation verfasst hatte. Er frage sich, ob die SP mit ihrem Vorstoss die Trennung zwischen Kirche und Staat wieder aufheben wolle, erklärte Pascal Rub (fdp). Zumindest unterschwellig verlange die Interpellation nichts anderes als eine Gesinnungsprüfung für Mieter. Beat Gubser (edu) verurteilte den polemischen Vorstoss der Sozialdemokraten. Eine solche Haltung sei bedenklich, gefährde die Religionsfreiheit und sei ein Diskriminierungsversuch.

 Finanzdirektorin Barbara Hayoz (fdp) verteidigte die Liegenschaftsverwaltung: "Sie muss bei den Mietern keine Gewissensprüfung vornehmen." Im Übrigen sei der christliche Glaube vielfältig; und auch die katholische Kirche mache schliesslich Heilsversprechungen. (ruk)

---------------------------------------
BIG BROTHER VIDEO
-------------------------------------

BZ 29.5.09

Videoüberwachung

Leben filmende Polizisten in Uniform gefährlich?

Schützt die neue Videoüberwachungsverordnung die Hooligans statt die Polizei? Vier Grossräte finden Ja und wollen das ändern.

Ab 1.Juli kann der öffentliche Raum im Kanton Bern mit Videokameras überwacht werden. Das erlaubt die von der Regierung erlassene Verordnung. Vier Mitglieder des Grossen Rates sind damit nicht in allen Punkten einverstanden. Barbara Mühlheim (Grüne, Bern), Lorenz Hess (BDP, Stettlen), Markus Meyer (SP, Langenthal) und Kathrin Zumstein (FDP, Langenthal) kritisieren, Polizisten würden an Kundgebungen und Sportveranstaltungen unnötigen Gefahren ausgesetzt, wenn sie nur uniformiert Bild- und Tonaufzeichnungen machen dürften. Mit einer Motion fordern sie, die Uniformpflicht sei zu streichen. Zudem wollen sie das Mittragen von Aufzeichnungsgeräten an Massenveranstaltungen erlauben. Sonst werde die polizeiliche Überwachung teilweise verunmöglicht. Die Motionäre verlangen, dass ihr Vorstoss dringlich in der Junisession behandelt wird.
sgs

----------------------------------------------------------------
BIG BROTHERS VS HOOLIGAN-GRIPPE
-----------------------------------------------------------------

Bund 29.5.09

Internet-Pranger nach Cupfinal

Berns Polizei veröffentlicht im Internet Bilder von Stadionbesuchern, die am Cupfinal Feuerwerk zündeten. Nicht begeistert von der Massnahme sind die YB-Fanarbeiter.

Philipp Schori

Erst in Luzern und St. Gallen, jetzt auch in Bern: Die Polizei stellt Bilder von unbekannten Fans ins Internet, die am Cupfinal zwischen den Berner Young Boys und dem FC Sion eine schwere strafbare Handlung begangen haben sollen. Schon Anfang Woche hat die Berner Kantonspolizei dahingehende Überlegungen angestellt, nun werden womöglich bereits heute erste Bilder auf der Internetseite der Kantonspolizei veröffentlicht.

Sowohl der Untersuchungsrichter als auch der Staatsanwalt müssen Hand bieten, damit eine Person an den Internet-Pranger gestellt werden darf. Ferner müsse eine schwere strafbare Handlung anhand der Bilder nachweisbar sein, sagt der Sprecher der Kantonspolizei Bern. Als Beispiel nennt Jürg Mosimann einen Fan, der im Stadion Feuerwerk abbrennt, wie das auch am vorgestrigen Champions-League-Final geschah. Zünde jemand Pyrotechnik inmitten eines Pulks, müsse der Straftatbestand "Gefährdung des Lebens" geprüft werden, sagt Mosimann. Die Polizei sucht im Weiteren nach Personen, die am Rande des Cupfinals vor über einer Woche Schlägereien anzettelten oder Sachbeschädigungen begangen haben.

"Im Zusammenhang mit Fussball stellt die Kantonspolizei Bern erstmals Bilder von potenziellen Straftätern ins Internet", so der Polizeisprecher. Weshalb gerade jetzt? Die Ereignisse nach dem Cupfinal hätten das Fass wohl zum Überlaufen gebracht, sagt Mosimann. Nicht grundlegend anders fällt die Antwort des YB-Fanarbeiters Lukas Meier aus: Die mediale Hysterie sei der Grund, sagt er. Meier stuft die Veröffentlichung der Bilder im Internet als "höchst problematisch" ein. Dieses Register dürfe nur bei schweren Delikten gezogen werden. Im Übrigen widerspreche das angekündigte Vorgehen der Polizei dem landläufigen Rechtsverständnis: Indem etwa die Polizei Lehrlinge am Arbeitsplatz aufsucht, werde eine Entlassung des Lehrlings bewusst in Kauf genommen, sagt Meier. Jugendliche würden so letztlich wegen Fackeln im Stadion an den Rand der Gesellschaft gedrängt.

---

BZ 29.5.09

Hooligans

Jetzt Bilder im Internet

Erstmals stellt die Kantonspolizei Bern Hooligans öffentlich an den Pranger. Ab heute sollen erste Bilder im Internet zu sehen sein.

Nach St.Gallen und Luzern soll es jetzt auch den gewalttätigen Fans rund um den Cupfinal YB-Sion an den Kragen gehen. Auf der Homepage der Kantonspolizei Bern werden voraussichtlich ab heute erste Bilder der Chaoten veröffentlicht. Zum ersten Mal überhaupt will die Berner Polizei nach Ausschreitungen bei Fussballspielen mit solchen Bildern Straftäter eruieren.

Rechtliche Grundlage da

"Die rechtliche Grundlage für solche Öffentlichkeitsfahndungen sind vorhanden", sagte gestern Polizeimediensprecher Jürg Mosimann. Solche öffentliche Fahndungen im Einverständnis mit der Justiz werden eingesetzt, wenn auf dem Bildmaterial schwere strafbare Handlungen einer unbekannten Person zu sehen sind. "Durch Hinweise aus der Öffentlichkeit erhoffen wir uns dann, die Personen zu eruieren, anzuhalten und strafrechtlich zu verfolgen", sagte Mosimann.

Bilder von Bevölkerung

Die aufgeschalteten Krawallbilder rund um den Cupfinal in Bern hat die Polizei nach einem Aufruf in der Öffentlichkeit von der Bevölkerung erhalten. "Es ist einiges an Material eingegangen", sagte Mosimann gestern. Wie viele Fahndungsbilder ins Internet gestellt werden, konnte er nicht sagen. "Wir sind noch mit dem definitiven Auswerten beschäftigt."

Videos von der SBB

Nicht nur die Bevölkerung hat der Polizei Bildmaterial für diese öffentlichen Fahndungen im Internt zur Verfügung gestellt. Auch die SBB hat Videos auf Antrag des Richters der Polizei übergeben. Die Berner Bahnhofhalle, welche Eigentum der SBB ist, wird mit Videokamers überwacht. Dort spielten sich vor und nach dem Cupfinal chaotische Szenen ab. Sion-Anhänger legten den Bahnhof lahm und YB-Fans zündeten Petarden. Zudem kam es zu Schlägereien.

Erfolg in Luzern

Auch die Kantonspolizeien von Luzern und St.Gallen haben bereits Bilder von mutmasslichen Hooligans ins Netz gestellt. Mittels Fahndungsfotos suchten auch sie nach unbekannten Fussballchaoten im Internet. Mit Erfolg. Zahlreiche der so öffentlich gezeigten Chaoten meldeten sich umgehend, damit ihre Fotos wieder vom Internet entfernt werden. Und: Die Polizei in St. Gallen und Luzern erhielt aus der Bevölkerung viele Hinweise zu den gesuchten gewalttätigen Fussballfans.

Jürg Spori

www.police.be.ch

---

Regionaljournal DRS Bern 29.5.09

Kantonspolizei Bern geht im Internet auf Fussball-Chaoten-Fahndung (1:43)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe7v729052009.rm?start=00:01:19.057&end=00:03:02.499

---

Tagesanzeiger 29.5.09

Sogar Linke haben nichts gegen Hooligan-Bilder im Netz

Die Zürcher Staatsanwaltschaft begrüsst die Fahndung nach Hooligans mittels Internet. Nach Luzern beschreitet auch Bern diesen Weg: Heute werden Chaotenbilder ins Netz gestellt.

Von Stefan Hohler

Zürich/Bern. - Die Polizei soll die Ermittlungsmöglichkeiten, die sie hat, voll ausschöpfen, sagt Rainer Angst, Sprecher der Oberstaatsanwaltschaft. Deshalb begrüsse man es, wenn die Polizei Bilder von gesuchten Chaoten ins Internet stelle. Es sei wichtig, dass diese nicht mehr länger unter dem Deckmantel der Anonymität agieren könnten. Die Zürcher Stadtpolizei prüft ernsthaft, Hooligans ins Netz zu stellen, damit sie von der Öffentlichkeit Hinweise über deren Identität erhält (TA von gestern). Gemäss Staatsanwalt Rainer Angst sind die gesetzlichen Grundlagen mit der kantonalen Strafprozessordnung gegeben. Nachdem bereits die Luzerner und St. Galler Kantonspolizei Bilder von gewalttätigen Fussballfans ins Internet gestellt haben, wird heute die Berner Polizei nachziehen. Ein Polizeisprecher bestätigt einen entsprechenden Artikel auf "20 Minuten online". Dabei werden Bilder von mutmasslichen Fussballchaoten, die am Cupfinalspiel zwischen YB und Sion vom 20. Mai im Berner Hauptbahnhof für massive Sachbeschädigungen verantwortlich waren, gezeigt. Die Zahl der Tatverdächtigen konnte gestern noch nicht genannt werden. Laut dem Kapo-Sprecher sei dies aber nur ein erster Schritt, weitere Bilder würden folgen.

"Pranger mit Hebelwirkung"

Die Veröffentlichung von randalierenden Fussballfans oder 1.-Mai-Chaoten wird auch von der Mehrheit der Zürcher Parteien begrüsst. Für Gemeinderat Monjek Rosenheim, Polizeispezialist bei der FDP, ist das Internet Fahndungs- und Abschreckungsmittel zugleich: "Was früher der Pranger war, ist heute das Internet." Der Aspekt der Abschreckung sei bei Hooliganismus speziell wichtig.

Das sieht auch Rolf André Siegenthaler, Präsident der städtischen SVP, ähnlich: "Ein moderner Pranger, der wirkt." Damit habe man eine Hebelwirkung, vor allem bei Personen, die sonst einem geregelten Leben nachgehen würden. Fraktionschef Mauro Tuena ist skeptisch. Er befürchtet, das sich die Chaoten in Zukunft vermehrt vermummten.

Für die Kopräsidentin der städtischen SP, Beatrice Reimann, ist die Internetsahndung ein unorthodoxes Vorgehen. Als positiv bewertet sie, dass man die Leute aus der Anonymität herausholen könne. Negativ sei aber die Prangerwirkung. Ein Abwägen spreche indes für die Internetfahndung: "Vor allem zugunsten der friedlichen Fussballzuschauer". Auch SP-Kantonsrat Yves de Mestral, einer der Initianten des Referendumskomitees gegen das neue Polizeigesetz, kann dieser Art von Fahndung "vorsichtig" zustimmen, wenn alle anderen Fahndungsmittel ausgeschöpft sind.

Als sehr problematisch betrachtet Balthasar Glättli, grüner Gemeinderat und ebenfalls Mitinitiant des Referendumskomitees gegen das neue Polizeigesetz, die Internetfahndung. Es sei als allerletztes Mittel noch akzeptabel, wenn es um Leib und Leben gehe. Er fordert, dass eine Veröffentlichung von Videobildern zuerst ankündigen werden muss. Damit haben die Tatverdächtigen die Möglichkeit, sich freiwillig zu stellen: "Der Schutz der Privatsphäre ist dann gewährleistet."

"Fan-Anwältin" hat kein Verständnis

Für Manuela Schiller, Anwältin von Fussballfans, ist die Internetfahndung ein Schritt zurück ins Mittelalter. "Ich habe für dieses Vorgehen kein Verständnis." Bei Straftaten wie Landfriedensbruch, Sachbeschädigungen oder auch Gewalt und Drohung gegen Beamte sei in aller Regel die Verhältnismässigkeit für eine Internetfahndung nicht gegeben. Bei Fackelwürfen, wo die Gefährdung von Menschenleben in Kauf genommen wird, könne sie verstehen, dass auch dieses Fahndungsmittel geprüft werde.

---

St. Galler Tagblatt 29.5.09

Der Sinn im Sinnlosen

Interview Der Bundesrat will mit einem nationalen Programm die statistisch vermehrt erhobene Jugendgewalt bekämpfen, zu der auch der Hooliganismus gehört. Der Soziologe Olivier Steiner erklärt, wo die Gewaltspirale beginnt. Bruno Knellwolf

Es gibt in der Schweiz kaum noch ein Fussballspiel mit Bedeutung, das nicht von Schlägereien begleitet wird. Die Akteure dieses Hooliganismus sind typischerweise junge Schweizer zwischen 14 und 19 Jahre alt. Gewaltbereite Menschen missbrauchten zunehmend Sportveranstaltungen, um ihren Frust und ihre Gewaltbereitschaft auszuleben, sagen die Soziologen und Jugendforscher Olivier Steiner von der Fachhochschule Nordwestschweiz und Manuel Eisner von der Universität Cambridge, die zwei Expertenberichte verfasst haben, die der Bundesrat am Montag veröffentlicht hat. Gemäss den Statistiken hat die Gewaltbereitschaft in den letzten 20 Jahren deutlich zugenommen.

Hat sich die Jugend wirklich so verändert? Grossangelegte Langzeitstudien zeigten in den vergangenen Jahren ein anderes, differenziertes Bild: Als einfühlsam und respektvoll wird die Mehrheit der Jugendlichen bezeichnet.

Olivier Steiner: Es gibt die Shell-Jugendstudie, die periodisch Werte und Einstellungen der Jugend untersucht. Demnach halten Jugendliche heute eher wieder traditionelle Werte hoch, wie Familie, Treue, Freundschaft, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Arbeitsethos. Der oft beklagte Werte- und Sittenzerfall ist gar nicht zu beobachten. Bürgerliche Wertvor- stellungen gepaart mit einem ausgeprägten Konsumverhalten sind im Vormarsch. Die grosse Mehrheit der Jugend ist eher an Integration interessiert, an sozialem und beruflichem Weiterkommen. Aber es gibt eine schärfere Polarisierung. Ein grosser Teil der Jugendlichen ist traditionell orientiert. Das genau verschärft das Problem eines kleinen Teils der jungen Menschen, die nicht dazugehören.

Woher kommt diese Polarisierung?

Steiner: Jugend hatte schon immer ein widerständiges Moment. Daraus entstanden viele Sammelbewegungen: Rocker, Halbstarke, Hippies, die Autonomen, die Antiglobalisierungsbewegung, die einen Teil der destruktiven, aber auch der neuen, suchenden Energie gebündelt und politisiert hat - auch wenn das ein Stück weit eine Idealisierung dieser Bewegungen ist. Diese Bündelung ist zerbrochen. Solchen Jugendlichen fehlt der Ort, wo sie sich abarbeiten können. Das wirft ein Stück weit auch ein schlechtes Licht auf die Gesellschaft, in der alles konsumorientiert ist. Widerständige Bewe- gungen wurden vermarktet. Punk ist kein Zeichen von Widerstand mehr, sondern plötzlich Mode. Das entzieht den Jungen die Möglichkeit, durch Widerstand politische Äusserungen zu erzeugen. Wohin also mit der Energie? Hooliganismus ist für mich auch ein solches Zeichen. Im Hooliganismus werden die destruktiven Impulse nur noch zum Selbstzweck ausgerichtet. Ohne eigentliches Ziel. Es wirkt sinnlos, obwohl es im Prinzip nicht sinnlos ist.

 Schlagen sich da Wohlstandsverwahrloste die Köpfe ein?

Steiner: Da wäre ich vorsichtig. Ich schätze, dass sie nicht zur Upper-Class-Jugend gehören. Das sind eher Angehörige einer Unterschicht oder unteren Mittelschicht, die mit mehreren Problemen konfrontiert sind. Eltern, die sehr viel arbeiten und tendenziell eher abwesend sind. Hoher Medienkonsum von Eltern und Kindern, Schlüsselkinderphänomene, also Kinder, die viel auf der Strasse unter Jugendgruppen sind, wo niemand nach ihnen fragt.

Wenn es um die Veränderung der Jugend geht, wird oft über den negativen Einfluss neuer Medien diskutiert.

Steiner: Hier fehlen Langzeitstudien, die den Einfluss neuer Medien auf die Werte Jugendlicher untersuchen. Sichtbar ist aber eine Beschleunigung durch die Mobilität in allen Bereichen. Es gab eine Beschleunigung in medialen Darstellungen. Es gibt eine Informationsflut durchs Internet, die eine hohe Medienkompetenz erfordert. Da ist es eine enorme Herausforderung für Jugendliche, nicht dem Rausch der Geschwindigkeit zu verfallen. Sondern stattdessen ein Verständnis zu gewinnen, wann Geduld angebracht ist und wie mit Beharrlichkeit etwas zu erreichen ist.

Glaubt man den neuen Statistiken, scheint sich auch die Bereitschaft zu beschleunigen, Gewalt anzuwenden. Da fragt man sich: Gibt es wirklich mehr Delikte oder einfach mehr Anzeigen?

Steiner: Diese Frage ist nicht wirklich geklärt. Aufgrund anderer Studien könnte man vorsichtig vermuten, dass die Gewalt zugenommen hat. Die Anzeigestatistiken bilden auf jeden Fall nicht die reale Zunahme der Gewalttaten ab. Das sagt selbst das Bundesamt für Justiz. Gegen diese Unklarheit in der Forschung will der Bundesrat deshalb eine regelmässige "Dunkelfeldforschung" von nicht registrierten Strafdelikten durchführen. Aber es gibt zum Beispiel die neue Suva-Studie, und die ist bedenklich. Auch die Berner Uni-Spital-Studie und europäische Studien zeigen, dass die Anzahl schwerer Gewalttaten zugenommen hat.

Ebenfalls gibt es keinen direkten Beweis, dass Killerspiele zu mehr Gewalt führen.

Steiner: Aus diversen Jugendgewaltstudien zeigt sich, dass verschiedene Faktoren zu Gewalt führen: Das sind Konflikte und Gewalt in der Familie, Schulprobleme sowie Zugehörigkeit zu gewaltorientierten Jugendgruppen. Aber auch Armut in der Familie, Eltern, die stundenlang vor dem Fernseher sitzen, oder Migration sind Faktoren. Gesammelt kann das zu einem hohen Druck führen. Das Computerspiel dient dann eventuell zur Flucht. So können neue Medien wie auch das Handy und das Internet im Wechselspiel eine problematische Funktion erhalten. Aber der Blick muss verstärkt auf die Risikogruppen gehen und nicht auf die Computerspiele.

Trotzdem bleibt das Rätsel, warum ein ansonsten unauffälliger Jugendlicher plötzlich vor dem Stadion Steine gegen Polizisten wirft.

Steiner: Aus wissenschaftlicher Sicht muss man nicht differenzieren bei den verschiedenen Formen von Jugendgewalt. Die Gründe, warum ein junger Mensch gewalttätig wird, sind ungefähr immer die gleichen. Dabei zeigt sich, wie vorhin erwähnt, ganz stark der Faktor Familie. Deren starke Bedeutung wird oft zu wenig berücksichtigt. Die frühen Erfahrungen in der Erziehung sind entscheidend. Deshalb ist Frühprävention gegen Gewalt sehr wichtig.

Bleibt die Frage, ob sinnlose Gewaltanwendungen nur Jugendsünden sind, aus denen die Täter herauswachsen.

Steiner: Das ist eine der Hauptfragen in meiner Dissertation über Jugendgewalt, an der ich gerade arbeite. Es gibt zwei Richtungen. Zum einen Jugendliche, die einen Prozess des Aufwachens durchmachen, die ihre Taten hinterfragen und daraus lernen. Bei denen findet ein tiefgründiger Prozess statt. Zum anderen gibt es aber Jugendliche, die sagen: Das ist nicht gut, was ich da mache. Das gibt Stress mit der Lehrstelle. Aber eigentlich muss mich keiner dumm anschauen, sonst schlage ich zurück. Ihre Einstellung zur Gewalt behalten diese Jugendlichen auch in höherem Alter bei. Da besteht die Gefahr, dass sie die Gewalt später an ihre eigenen Kinder weitergeben. Das führt dann zur Gewaltspirale.

Was hilft?

Steiner: Generell sozialstaatliche Massnahmen wie die Entlastung von Familien - finanziell, aber auch betreuend und beratend in Fragen der Erziehung und Mediennutzung. Informationen von Schulen. Dann gibt es selektiv indizierte Intervention bei Straffälligen. Wichtig ist aber die Frühprävention. Oft zeigen sich schon bei Kleinkindern Auffälligkeiten, die später zu Gewaltproblemen führen können. Auf jeden Fall muss man aber den Jugendlichen weiterhin ihren Raum zugestehen, in dem sie sich ausleben können. Das muss Platz haben in unserer Gesellschaft.

Hooligans hin oder her. Gewalt war früher verbreiteter als heute. Wir leben in einer zivilisierteren Welt.

Steiner: Das ist richtig. Es gab eine starke Abnahme von Gewalt im öffentlichen Raum durch die Zentralisierung des Staatsmonopols. Es gibt keine Banden mehr, die ihre Quartiere verteidigen. Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat die Zahl der Tötungsfälle drastisch abgenommen, ist aber seit den 1960er-Jahren wieder leicht angestiegen.

--

Von den Chaoten bis zu den Matchbesuchern an der Cüplibar

Kaum ein öffentlicher Anlass wird von derart verschiedenen Menschengruppen besucht wie ein Fussballspiel.

Hooligans: Sie haben die Gewalt auf und neben den Fussballplätzen auf die Fahne geschrieben. Sie sind organisiert und laden sich häufig gegenseitig zur Schlägerei ein. Diese kann auch abseits von Fussballplätzen "stattfinden".

Ultras: Es sind Fans, die sich lautstark und in den Clubfarben gekleidet bemerkbar machen. Sie stehen wörtlich hinter ihrer Mannschaft, hinter einem Tor, und wollen keine Sitzplätze. Sie pflegen eine Fankultur und inszenieren eine Choreographie, die auch das Entzünden von Rauchpetarden und Feuerwerk umfasst.

Chaoten: Eine zunehmende, schwer zu fassende Gruppierung, die den Spitzenfussball nur zum Anlass nimmt, um physische Gewalt anzuwenden und mit der Polizei Katz und Maus zu spielen.

Matchbesucher: Auch den gibt es. Er ist zufrieden, wenn sein Team gewinnt, und pfeift, wenn es nicht rund läuft. Er ist auf der Gegentribüne oder an der Cüplibar zu finden. (th)

---

20min.ch 28.5.09

Krawalle

Bern stellt Cupfinal-Hooligans an den Pranger

von Annette Hirschberg

Den Krawallbrüdern vom Cupfinal zwischen YB und Sion gehts öffentlich an den Kragen. Morgen Freitag sollen Fotos mutmasslicher Hooligans im Internet publiziert werden.

St. Gallen und Luzern machen es vor: Mittels Fahndungsfotos suchen die Kantonspolizeien nach unbekannten Fussballchaoten im Internet. Mit Erfolg. Zahlreiche Krawallbrüder melden sich, damit ihre Fotos wieder vom Internet genommen werden.

Nun will auch die Kantonspolizei Bern die Chaoten aus dem Cupfinalspiel zwischen YB und Sion an den Pranger stellen. Vor und nach dem Spiel vom vergangenen Mittwoch war es am Berner Hauptbahnhof zu massiven Sachbeschädigungen gekommen, der Bahnhof wurde verunreinigt und Reisende behindert.

Polizei bat um Mithilfe der Bevölkerung

In der Innenstadt beschädigten Fans zudem einen Bus, ein Wartehäuschen und mehrere Autos. Sechs Personen mussten leicht verletzt ins Spital gebracht werden. 64 Personen wurden vorübergehend festgenommen. Einen Tag nach den Ausschreitungen rief die Kapo Bern die Bevölkerung auf, Bildmaterial zur Verfügung zu stellen, welches Straftäter überführen könnte.

Offenbar gingen viele Informationen ein. Und: Bern fackelt nicht lange, sondern schreitet sofort zur Tat. "Voraussichtlich morgen Freitag werden wir die ersten Fahndungsbilder veröffentlichen", sagt Kapo-Sprecher Jürg Mosimann. Nach wie vielen Tatverdächtigen auf diese Weise gefahndet wird, kann der Kaposprecher noch nicht sagen. "Wir sind noch mit dem definitiven Auswerten beschäftigt."

---

Bund 28.5.09

Krawalle geben weiter zu reden

Stadt Bern Die Politik reagiert auf die Krawalle anlässlich des Cup-Finals. Die CVP fordert höhere Beiträge der Vereine an die Polizeikosten. Pikant: Damit bringt die Partei ihren eigenen Gemeinderat Reto Nause in Bedrängnis.

Für Diskussionen sorgen die Ereignisse um den Cupfinal auch in der Fankurve. Aktive Fans kritisieren Pauschalisierungen. Fans, die Feuerwerk zündeten, seien nicht automatisch Gewalttäter. (srg)

Seite 21

--

"Die Kurve ist kein Ponyhof"

Engagierte YB-Fans sind frustriert: Die Vorwürfe von Verein, Politikern und Funktionären halten sie für ungerechtfertigt

Wer im Stadion Pyro zünde, sei deswegen noch kein Krawallbruder, sagt Mark Ammann, Präsident von Gäubschwarzsüchtig, einem Fanclub-Dachverband von YB. Mehr Repression hält er für kontraproduktiv.

Simon Jäggi

Der Moderator hiess beide Male Beni Thurnheer. Es war Mitte der Neunzigerjahre. Zusammenfassung eines Spiel des FC Basel. Thurnherr spricht von einer "in unserem Land leider so selten gewordenen Stimmungskulisse". Die Fernsehbilder zeigen Basler Fans mit Fackeln. Eine zweite Einspielung, rund 15 Jahre später: wieder Fans, die Pyro zünden. Thurnheer: "Bei einigen Fans ist da, wo der gesunde Menschenverstand sein sollte, tiefe Nacht."

Es ist dieser Gesinnungswandel, den die Bilder in einem Youtube-Clip belegen, der Mark Ammann wütend macht. Der Fanvertreter ist doppelt frustriert nach dem verlorenen Cupfinal. Seit dem Spiel hat der 28-jährige Präsident des Dachverbands der YB-Fanclubs, Gäubschwarzsüchtig, keine Zeitung mehr gelesen, ist untergetaucht - so sehr hat die Niederlage geschmerzt. Noch mehr geärgert hat er sich, als er nun die Aussagen liest, die Vereinsvertreter, Politiker und Funktionäre im Nachgang zum Cupfinal von sich gegeben haben.

Alles in einen Topf

"Es wird überhaupt nicht differenziert", sagt Ammann, der in der Kurve als einer der leidenschaftlichsten Fans gilt. Nach dem Cupfinal seien wieder einmal alle in einen Topf geworfen worden: "Pyromanen", Ultras, Hooligans. "Einer, der Pyro zündet, wird auf dieselbe Stufe gestellt wie ein Schläger, der jemandem eins in die Fresse haut", mokiert sich der Fanvertreter. Dies stehe in keinem Verhältnis. Pyro werde meist im eigenen Sektor abgebrannt, Unbeteiligte seien dabei nicht gefährdet.

Was oft vergessen werde: Die Fans, die Feuerwerk abliessen, seien auch die Matchbesucher, die im Stadion für Stimmung sorgten, die Choreografien organisierten. Was es bedeutet, wenn die Kurve still ist, hat das letzte Heimspiel gezeigt. Aus Protest, dass die Vereinsleitung die Pyro-Zündenden als "Vollidioten" bezeichnete und ihnen eine Mitschuld an der Niederlage vorwarf, schwieg die Kurve 40 Minuten - die Atmosphäre war trist.

Ammann hat früher auch Fackeln gezündet. Vermummt habe sich dabei niemand, Konsequenzen gab es keine. Im St.-Jakob-Park etwa habe man dem Sicherheitschef vor dem Spiel angegeben, wie viel Material man dabei habe. Bei schönen Aktionen habe es von Medien und Klub Lob gegeben.

Dass Fackeln gefährlich sein können, bestreitet Ammann nicht. So flogen auch schon Fackeln aus YB-Kreisen in den gegnerischen Fansektor. "Solche Aktionen verurteilen wir scharf", sagt Ammann, der seinen Zivildienst bei der YB-Fanarbeit geleistet hat. Man versuche in solchen Fällen, die Täter zu finden und zurechtzuweisen.

Vereinbarungen mit den Klubs

Die soziale Kontrolle in der Kurve funktioniere, sagt Ammann. Aktive Fans und Fanarbeiter hielten Querulanten immer wieder davon ab, zu randalieren, zu pöbeln, zu prügeln. "Ohne uns gäbe es viel mehr Zwischenfälle", so Ammann. Das Problem sei, dass immer öfter "Krawalltouristen" für Ausschreitungen sorgten: "An der Schlägerei nach dem Cupfinal im Bahnhof waren Leute beteiligt, die uns unbekannt sind", sagt Ammann. Diese Leute seien schwer zu erreichen: "Ich muss selber aufpassen, dass ich nichts abbekomme."

Motivation im Keller

Umso wütender mache ihn die Aussage, dass die Fanclubs ihre Verantwortung nicht wahrnehmen würden, die Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (fdp) in einem Zeitungsinterview gemacht hat. "Käser war bei runden Tischen nie dabei." Seit zehn Jahren engagiere er sich im Fanverband, sagt Ammann - unentgeltlich. Solche Vorwürfe nagten doch sehr an der Motivation, auch bei anderen aktiven Fans.

Der Fanvertreter bestreitet nicht, dass es unter den Fans "Problemfälle" gibt: "Die Kurve ist kein Ponyhof." Doch ist er überzeugt, dass mit mehr Repression, wie es neben Käser auch der Stadtberner Gemeinderat Reto Nause (cvp) fordert, das Problem nicht verschwinde. "Seit Einführung des Hooligan-Gesetzes ist die Situation ja offenbar schlimmer geworden", sagt Ammann.

Das Verbot von Pyro habe gerade den Reiz erhöht. Unter den Ultras, die eine wachsende Jugendbewegung darstellten, herrsche ein eigentlicher Wettbewerb, wer es schaffe, Pyro ins Stadion zu schmuggeln: "Wer zündet, gilt als aktiv", so Ammann. Dass sich die Fans vermummten, wie Nause es kritisierte, sei lediglich Folge der Repression.

Härtere Strafen, hohe Bussen, Internetpranger und andere repressive Massnahmen könnten das Problem nicht aus der Welt schaffen, nur verlagern, ist Ammann überzeugt - auf die Strasse oder in untere Ligen. So werde häufig die Bundesliga als Beispiel herbeigezogen, wo mehr Repression zu einer Beruhigung geführt habe. Derweil habe sich die Situation in unteren Ligen verschärft. Fraglich sei zudem, ob die Gesellschaft ein Interesse habe, dass junge Menschen kriminalisiert würden - und dadurch erst recht auf die schiefe Bahn gerieten.

--

Stadtrat: Klubs sollen mehr an Sicherheitskosten Zahlen

"Das Mass ist voll"

Die krawallartigen Szenen nach dem Cupfinal haben Folgen in der Stadtpolitik: Die CVP fordert per Motion eine höhere Beteiligung der Sportvereine an den Sicherheitskosten von Hochrisikospielen. Der Gemeinderat soll YB und den SCB dazu verpflichten, sich mit 30 bis 50 Prozent am Aufwand für Hochrisikospiele zu beteiligen. Zurzeit beteiligen sich die beiden Vereine mit je 60000 Franken pro Jahr an den Kosten. Allein der Polizeieinsatz am Cupfinal zum Beispiel soll aber eine Viertelmillion Franken gekostet haben.

"Die Vereine müssen stärker in die Pflicht genommen werden", begründet Motionärin Edith Leibundgut das Begehren. Falls das nicht gelinge, müssten notfalls halt Geisterspiele ohne Zuschauer stattfinden. Nach den Ausschreitungen vom Cupfinal sei für viele Steuerzahler das Mass voll. "Die Volksseele kocht." Eine grosse Mehrheit sei nicht mehr bereit, sich an den Kosten des Vergnügens einer Minderheit zu beteiligen. "Ich sehe nicht ein, warum Kosten auf Familien abgewälzt werden, die aus Sicherheitsgründen gar nicht erst an Hochrisikospiele gehen können", sagt Leibundgut.

Nause: "Verband muss handeln"

Pikant am Begehren der CVP ist, dass sie damit ihren eigenen Gemeinderat Reto Nause unter Druck setzt. Der Stadtberner Sicherheitsdirektor hat noch Ende März in einem Interview mit dem "Bund" Neuverhandlungen mit den Klubs über deren Beteiligung an den Sicherheitskosten ausgeschlossen. "Die Stadt hat kein Interesse, in Konfrontation mit diesen Vereinen zu treten", sagte Nause.

Er stehe auch heute noch zu diesen Aussagen, sagt Nause auf Anfrage. Seither sei es aber zu den Ausschreitungen und zu einem neuen Bundesgerichtsurteil gekommen, wonach 60 bis 80 Prozent der Sicherheitskosten den Sportveranstaltern übertragen werden können. Nause begrüsst den Vorstoss insofern, als er den politischen Druck für eine Lösungsfindung erhöht. "Der Handlungsbedarf liegt aber nicht bei der Stadt, sondern beim Fussballverband." Der Verband habe es in der Hand, Geisterspiele anzuordnen und Stadionverbote rascher zu verhängen und rigoroser durchzusetzen. "Wenn es schweizweit bloss 30 Personen mit Stadionverbot gibt, kann etwas nicht stimmen", sagt Nause. (bob)

---

BZ 28.5.09

Polizeikosten

Der Druck auf YB nimmt zu

Nach den Ausschreitungen am Cupfinal kommt die Forderung: YB und SCB sollen sich stärker an den Polizeikosten beteiligen.

Berner Stadträte von links bis rechts wollen die zwei grossen Berner Sportklubs in die Pflicht nehmen. Die Young Boys und der SC Bern sollen sich in Zukunft stärker an den Polizeikosten beteiligen. Acht Tage nach dem Cupfinal, der von Ausschreitungen begleitet wurde, reicht die BDP/CVP-Fraktion im Stadtrat eine entsprechende Motion ein.
tob

Seite 21

--

Politiker fordern

 YB soll Polizeikosten bezahlen

Wer bezahlt die Sicherheitskosten an Sportanlässen? Nach den Ausschreitungen rund um den Cupfinal entflammt die Debatte neu. Berner Stadträte von links bis rechts fordern: YB und SCB sollen tiefer in die Tasche greifen.

Acht Tage nach dem Cupfinal YB - Sion, der von Ausschreitungen begleitet wurde, schaltet sich das Berner Stadtparlament in die Debatte um die Sicherheitskosten ein. YB und SCB sollen die Hälfte der Sicherheitskosten übernehmen, fordert die BDP/ CVP-Fraktion in einer Motion, die sie heute Abend einreicht. Lediglich bei "Null-Risiko-Spielen" soll die Kantonspolizei ein Basis-Dispositiv kostenlos zur Verfügung stellen. Der Geldbetrag könne auf 30 Prozent herabgesetzt werden, falls die Klubs eigene Massnahmen zur Verhinderung von Ausschreitungen treffen.

Zehn Mal mehr Aufwand

Bisher bezahlten die beiden grossen Berner Sportklubs keinen Rappen an die Polizeikosten. Dies, obschon sich der Polizeiaufwand rund um ihre Spiele laut des kantonalen Polizeidirektors Hans-Jürg Käser (FDP) in den letzten acht Jahren verzehnfacht hat. Ab Juli dieses Jahres müssen sich die Vereine mit je 60000 Franken an den Sicherheitskosten beteiligen. Als Vergleich: Der FC Basel beteiligt sich mit 1,8 Franken pro Zuschauer und Spiel an den Sicherheitskosten - das ist zehn Mal mehr, als die Young Boys oder der SC Bern bezahlen.

Der Beitrag sei zu niedrig

Dieser Beitrag sei zu niedrig, argumentieren die Motionsverfasser. Er entspreche knapp 10 Prozent der Gesamtkosten (bis zu 250000 pro Spiel). "90 Prozent der Sicherheitskosten werden auf die Bürger überwälzt."

Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) hatte sich in dieser Debatte stets hinter die Sportklubs gestellt. "Es ist berechtigt, Steuergelder für die Sicherheit an Sportanlässen zu verwenden", sagte Tschäppät im vergangenen Dezember in dieser Zeitung. "YB und SCB prägen das Image der Stadt, sie sorgen für Medienpräsenz und bringen Leute nach Bern, die etwas konsumieren."

Druck von links bis rechts

Nach den Ausschreitungen rund um dem Cupfinal kommt die Debatte erneut aufs Parkett. Stadträte von links bis rechts fordern mehr Geld von YB und SCB. "Die vereinbarten 60000 Franken pro Saison und Klub reichen bei weitem nicht", sagt Peter Künzler, der GFL/EVP-Fraktionspräsident. SP-Fraktionspräsidentin Giovanna Battagliero spricht von einem "symbolischen Betrag". Und GB-Stadtrat sowie Fan-Experte Urs Frieden sagt: "Die Verhandlungen mit den Sportklubs müssen neu aufgenommen werden." Es sei an der Zeit, den nächsten Schritt zu nehmen, betont FDP-Co-Fraktionspräsident Philippe Müller. "Die Klubs sollen ihren Beitrag substanziell erhöhen."

Anders sieht es Erich Hess, der Präsident der SVP-Plus-Fraktion. "Eigentlich sollten die Vereine ja nichts bezahlen, für die Sicherheit ausserhalb der Stadien", sagt er. "Wenn sich jemand in der Stadt volllaufen lässt und randaliert, muss auch nicht der Beizer den Schaden bezahlen."

"Problem tiefer angehen"

Berns Polizeidirektor Reto Nause (CVP) dagegen betont: "Der zunehmende politische Druck ist gut. Die Klubs müssen mehr Geld in die Sicherheit investieren." Allerdings will Nause das Gewaltproblem tiefer angehen. "Wenn wir die Polizeirechnungen einfach den Vereinen überweisen, geht die Gewalt kaum zurück." Ihm wäre es lieber, die Vereine sowie der Fussballverband würden mehr Geld in bessere Eingangskontrollen und eine lückenlose Durchsetzung der Stadionverbote stecken.

Seitens der Young Boys wollte sich gestern niemand zu den Forderungen äussern.

Tobias Habegger

--

Dauerbrenner

Debatte läuft seit 2002

2002 hat der Grosse Rat des Kantons Bern die Billettsteuer abgeschafft. Der Stadt Bern entgingen Einnahmen von jährlich sechs Millionen Franken. "Damit begannen die Probleme", sagt GB-Stadtrat Urs Frieden. Seither läuft die Debatte, wie stark sich YB und SCB an den Sicherheitskosten beteiligen müssen.

Im März 2009 hat das Bundesgericht entschieden, dass die Behörden 80 Prozent der Polizeikosten auf die Sportklubs überwälzen dürfen.
tob

---

WoZ 28.5.09

Fussball und Gewalt-Knallt es im Fussball, fordern PolitikerInnen jedes Mal mehr Repression. Doch alle Härte blieb bisher ohne Resultat. Wie denn auch: Wer Gewalt auf diese Weise abschaffen will, muss das Publikum abschaffen.

Wollen wir Härte?

Von Pascal Claude

Schnellrichter, Stehplatzverbot, Geis terspiele, Biometrie, Gefängnis, Pranger, Fanpass - die Liste der geforderten Massnahmen gegen Fussballgewalt ist lang. Und vielsagend. Seit Jahren gelangt das Thema in berechenbarer Regelmässigkeit auf die Titelseiten, doch die Stossrichtung bleibt stets dieselbe: Wir wollen Härte! Weil Härte bisher aber keine sichtbaren Folgen gezeitigt hat, muss jede neuerliche Kampagne die jeweils letzte übertreffen, indem sie mehr Härte fordert. Und dann noch mehr. Bis es, wie jetzt, nur noch grotesk wird.

Gute Idee, Frau Keller-Sutter!

St. Gallens Justizdirektorin Karin Keller-Sutter kündigt eine Reise nach England an, um zu erfahren, wie dort das Hooligan-Problem gelöst wurde. Das ist eine gute Idee. Frau Keller, 45, wird hören und sehen, dass in Englands höchster Liga Menschen wie sie die Spiele besuchen: Frauen und Männer mittleren Alters, mit etwas Geld. 44-jährig ist im Durchschnitt, wer sich Premier-League-Spiele im Stadion anschaut, und nicht unter fünfzig Franken kostet das günstigste Ticket. England hat nicht die Gewalt aus den Stadien verbannt, sondern die Klientel, die zu Handgreiflichkeiten tendiert: junge Männer.

In der Schweiz existiert keine aktuelle Erhebung zum Durchschnittsalter von Fussballfans, doch wer sich gelegentlich in einem der zehn Super-League-Stadien aufhält, wird auf den ersten Blick erkennen, dass die Spiele zu einem grossen Teil von Männern zwischen fünfzehn und dreissig besucht werden. Sie bilden das Gros jeder Fankurve - und die selbst in sportlich kargen Zeiten dicht bevölkerten Fankurven machen den Hauptteil des Publikums aus. "Es ist die freie Wahl der Schweizer Klubs, ob man diese Leute überhaupt in den Stadien will", sagte FC-Basel-Vizepräsident Bernhard Heusler vergangenen Oktober bei einem Gespräch mit der WOZ. Um sogleich klarzustellen, dass der FCB diese Leute will: "Hundertprozentig! Will man sie nicht, kann man über den Preis den Fussball so kommerzialisieren, dass die Identifikation völlig wegfällt, die Ideale verloren gehen und damit auch die Fans, welche heute den Kern bilden."

Heusler ist ein kluger Mensch und in seiner Differenziertheit eine wohltuende Stimme gegen den kläffenden Repressionsmob. Doch Heusler ist auch Realist: Die Fans über den Preis aus den Kurven verbannen hiesse die Stadien zu leeren, und zwar langfristig. Im Gegensatz zu England steckt im Schweizer Fussball kaum Geld. Attraktive, international bekannte Spieler lassen sich frühestens als Sportinvalide von unseren Klubs verpflichten, vorher sind sie um Welten zu teuer. Schweizer Fussballfans kommen aus Gewohnheit, nicht in Erwartung einer spielerischen Offenbarung. Und die Nachwuchsfans im Kindesalter, um deren Sicherheit gerade alle so fürchten, schielen mindestens so oft in die Kurve wie aufs Feld. Denn dort wird jenes Spektakel geboten, das sich die Klubs beim Personal nicht leisten können.

Was tun wir mit den Lümmeln?

All jenen, die heute mehr Härte gegen Fehlbare und FeuerwerkerInnen fordern, sei empfohlen, einmal in ihrem Leben eine Auswärtsfahrt mitzumachen. Wenn ein Turnverein mit dem Zug an ein Fest fährt, wird es laut und heiter, und die Minibar wird geleert. Ob sich Mitreisende an der oft hemdsärmligen Frivolität stören, ist den gut Gelaunten egal. Die Auswärtsfahrt von Fussballfans ähnelt einem solchen Ausflug, mit dem Unterschied, dass statt fünfzehn fünfhundert Leute unterwegs sind, die sich zuvor im Coop für einen Betrag unter zehn Franken zehn Dosen Bier gekauft haben. Noch Mitte der neunziger Jahre beschränkte sich das Phänomen der Auswärtsfans auf den FC Basel. GC oder der FCZ brachten es oft nicht auf eine dreistellige Zahl SchlachtenbummlerInnen. Heute bewegen sich Wochenende für Wochenende Tausende junger Leute durch die Schweiz. Fussballfans sind die mit Abstand grösste, lauteste und auffälligste jugendliche Subkultur. Viele davon geben ihr ganzes Geld für den Fussball aus, malen in der Freizeit neue Fahnen, beteiligen sich an Choreo grafien (ja, oft mit Feuerwerk!), üben neue Lieder ein, setzen sich kritisch mit der Kommerzialisierung im Profifussball auseinander und organisieren mit den SBB Extrazüge durch halb Europa. Die massenmedial gefütterte Öffentlichkeit stellt sich aber nur eine Frage: wie diesen Lümmeln beizukommen ist.

Bevor diskutiert werden kann, warum sich die Fronten zwischen den gegnerischen Fangruppierungen so verhärtet haben, warum das Freund-Feind-Schema dermassen aus dem Ruder gelaufen ist, dass Steine fliegen und Hass regiert, wäre es sinnvoll, das Schweizer Fussballpublikum als gegeben zu akzeptieren und die Arbeit aufzunehmen. Sie wird lange dauern. Bernhard Heusler vom FCB weiss es.

---

Tagesanzeiger 28.5.09

Zürcher Stadtpolizei prüft jetzt Hooligan-Fahndung im Internet

Chaoten und Randalierer dank Fotos im Internet überführen - das ist nun auch bei der Zürcher Stadtpolizei kein Tabu mehr.

Von Stefan Hohler

Zürich. - Nach den Krawallen rund um den Bahnhof Altstetten vom 17. Mai wird die Veröffentlichung von Fotos von unbekannten randalierenden Fussballfans "ernsthaft" geprüft, wie Marco Cortesi, Medienchef der Stadtpolizei, sagt. Man habe bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen stark auf Videobeweise gesetzt und viele Aufnahmen gemacht. Eine Veröffentlichung von Hooliganbildern müsse aber in enger Zusammenarbeit und Absprache mit der Staatsanwaltschaft geschehen. Dass die Internetsuche ergiebig ist, beweist die Luzerner Kantonspolizei. Diese sucht seit Dienstag nach acht Hooligans, die beim Match FC Luzern gegen FC Sion vom Ostermontag randaliert hatten. Mit Erfolg: Ein Luzern- und ein Sionfan haben sich bereits freiwillig gemeldet. Sie können mit einer Strafmilderung rechnen. Aus der Bevölkerung sind über zwanzig Hinweise eingegangen; ihnen geht die Polizei nun nach.

Konkreter Tatverdacht muss da sein

Hooligans aus der Anonymität zu heben, hat am letzten Wochenende auch Sportminister Ueli Maurer (SVP) gefordert: "Ein Arbeitgeber darf nicht tolerieren, dass sein Mitarbeiter übers Wochenende als Chaot wirkt und am Montag in Krawatte wieder am Arbeitsplatz erscheint."

Die Voraussetzungen für eine Veröffentlichung von Hooliganbildern sind in Zürich ähnlich wie in Luzern: Beim gesuchten Hooligan muss ein konkreter Verdacht für eine Sachbeschädigung oder Gewalt gegen Polizisten vorliegen. Die Bilder werden erst dann veröffentlicht, wenn andere Fahndungsmittel ausgeschöpft sind. Sobald ein Hooligan identifiziert ist, wird sein Bild im Internet gelöscht.

Mit der kantonalen Strafprozessordnung sind für den Zürcher Datenschutzbeauftragten die gesetzlichen Grundlagen für eine Veröffentlichung von Hooligan- und Chaotenbildern vorhanden: Die Öffentlichkeit darf in die Fahndung einbezogen werden, was bei Zeugenaufrufen und Tätersuche bereits jetzt schon der Fall ist.

Kommentar 5. Spalte, Bericht Seite 11

--

Hooligan-Fahndung: Luzern als Vorbild

Luzern zeigt Zürich, wie man Hooligans sucht: Am Dienstag wurden Fotos von acht Chaoten ins Netz gestellt. Die Zürcher Stadtpolizei prüft nun, dem Beispiel zu folgen.

Von Stefan Hohler

Zürich/Luzern. - Die gesuchten Männer in Luzern haben bei den gewaltsamen Ausschreitungen nach dem Match FC Luzern gegen FC Sion vom Ostermontag mitgemacht. Die Internetfahndung ist für Luzern kein Neuland. Bereits vor zwei Jahren wurden Chaoten ins Netz gestellt, um zu deren Identität zu gelangen.

Jetzt erwägt auch die Zürcher Stadtpolizei, Fotos von randalierenden Fussballfans ins Internet zu stellen, wie Marco Cortesi, Medienchef, sagt. Bei den Krawallen vom 17. Mai in Altstetten habe man viele Videoaufnahmen gemacht, welche nun ausgewertet würden. Die Stadtpolizei werde nun eine Veröffentlichung von bislang nicht eruierten Hooligans "ernsthaft" prüfen - in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft.

Die Voraussetzungen für Veröffentlichungen von Hooliganbildern sind in Zürich gleich wie in Luzern:

Es muss ein Strafbestand vorliegen. Das heisst, die Behörden müssen den Personen eine Sachbeschädigung oder Gewalt gegen die Polizei nachweisen können.

Die Bilder dürfen nicht direkt nach den Ausschreitungen ins Internet gestellt werden, sondern erst, wenn die Polizei mit den Ermittlungen nicht weiterkommt.

Sobald eine Person identifiziert ist, entfernt die Polizei ihr Bild vom Netz.

Gemäss Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich, ist eine Veröffentlichung von Hooligan- und Chaotenbildern möglich, sofern ein konkreter Verdacht auf ein schweres Vergehen oder Verbrechen besteht. Wie inLuzern müsse aber der Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachtetet werden.Lediglich die Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration oder das Gaffen bei Krawallen reiche nicht. Als gesetzliche Grundlage nennt Baeriswyl die kantonale Strafprozessordnung. Diese erlaubt es, die Öffentlichkeit in eine Polizeifahndung einzubeziehen.

Erfolge in St. Gallen und beim FCZ

Neben der Kantonspolizei Luzern haben auch die St. Galler Polizei und der FC Zürich bereits den "Internet-Pranger" eingeführt. Ende Januar veröffentlichte die St. Galler Kantonspolizei Fotos von 18 Männern, die am 20. Mai 2008 beim Abstiegsspiel St. Gallen gegen Bellinzona randalierten. Dabei gingen die Chaoten massiv gegen die Polizei vor und richteten einen Schaden von rund 150 000 Franken an, wie Untersuchungsrichter Simon Burger sagt. Insgesamt fahndete die St. Galler Polizei aufgrund von Videos nach 30 Personen, 8 konnte sie selber ermitteln, die Bilder von 18 wurden ins Internet gestellt. In der Folge konnten 8 davon identifiziert werden - die Mehrheit stellte sich aber freiwillig. Bei 5 Personen habe man zudem Hinweise erhalten, denen man noch nachgehen werde.

Auch der FC Zürich hatte nach den Fackelwürfen von Zürcher Fans am 2. Mai des vergangenen Jahres in Basel rund ein halbes Dutzend Bilder von Hooligans auf der klubeigenen Homepage gezeigt. Gemäss FCZ-Anwalt Marcel Rochaix waren drei Fälle "Volltreffer", weil sie ermittelt werden konnten. In zwei Fällen untersucht die Basler Staatsanwaltschaft, ob die Personen wirklich an den gefährlichen Fackelwürfen in den Basler Fansektor beteiligt waren.

--

KOMMENTAR

Entlarvt die Chaoten

Von Thomas Schifferle

Die Bilder haben sich eingeprägt: prügelnde Chaoten und wütende Hooligans, die nach Fussballspielen die Polizei narren, Strassen verwüsten und Züge lahmlegen. Die jüngsten Vorfälle in Zürich und Bern waren beschämend.

Jetzt will die Stadtpolizei Zürich einen neuen Weg gehen und Fotos von unbekannten Schlägern ins Internet stellen. Zumindest prüft sie das ernsthaft, was vor ihr die St. Galler und die Luzerner Kantonspolizei schon mit Erfolg getan haben.

Viele haben vieles gesagt in den Tagen nach dem Spiel FC Zürich gegen Basel und dem Cupfinal in Bern. Sie haben den Ausschluss von Gästefans bei Risikospielen wie zwischen dem FCZ und dem FCB gefordert - das nützt nichts, weil die Schlägereien ausserhalb der Stadien stattfinden. Andere sehen die Lösung in reinen Sitzplatzstadien - das haben wir in Zürich oder Bern längst. Andere bauen auf die selbstregulierenden Kräfte der Fankurven - das ist der Lösungsansatz von Romantikern und Verharmlosern.

Es ist längst an der Zeit, die Chaoten aus der Anonymität herauszureissen, in die sie sich so gern flüchten. Es ist überfällig, dass konkret gehandelt wird. Darum ist das Zürcher Vorgehen gut und richtig, auch wenn es nicht das ganze Problem löst; dieses ist zu gross und zu komplex, und es wurde viel zu lange ignoriert.

Die Massnahme kann nicht mehr sein als ein erster, kleiner Schritt. Aber vielleicht ist sie auch das Zeichen an die Politiker, sich nun zu regen. Bislang drückten sie sich beim Sport vor unangenehmen Themen, zu denen auch der Kampf gegen das Doping gehört. Sie schlürfen lieber VIP-Cüpli und sonnen sich an Siegerehrungen, als sich ernsthaft mit Chaotentum und Prügeleien auseinanderzusetzen. Die Zeit ist auch für sie reif, endlich Verantwortung zu übernehmen.

---

NLZ 28.5.09

Ausschreitungen

Zwei Hooligans meldeten sich

red. Vorgestern hat die Kantonspolizei Luzern Fotos von acht Chaoten veröffentlicht, die sich am Ostermontag nach dem Match FC Luzern gegen FC Sion auf dem Spielfeld geprügelt haben. Zuvor hatte die Polizei bereits intensiv mit anderen Mitteln nach den Chaoten gefahndet. Die Polizei hatte so schon 21 Chaoten identifizieren können. Den anderen acht hatten die Luzerner Strafuntersuchungsbehörden eine Frist bis gestern gestellt, sich freiwillig zu melden. Diese liessen die Chaoten unbenutzt verstreichen.

Dutzende Mails

Die Bilder auf der Homepage der Luzerner Kantonspolizei haben ihre Wirkung indes nicht verfehlt. Wie Simon Kopp, Sprecher der Strafuntersuchungsbehörden, sagt, haben sich gestern Morgen bereits zwei abgebildete Personen gemeldet. "Zudem sind Dutzende Mails und Mitteilungen zu verschiedenen Verdächtigen bei uns eingegangen", so Simon Kopp weiter. Die Bilder der Personen, die sich gestellt haben, sind inzwischen von der Homepage der Kantonspolizei entfernt worden.

www.kapo.lu.ch

---

20min.ch 27.5.09

Massnahmen gegen Hooligans

"Es kann nicht angehen, dass der Steuerzahler den grössten Teil der Sicherheitskosten rund um die Stadien zahlt", sagt Stadträtin Edith Leibundgut (CVP).

 Deshalb reicht sie heute im Stadtrat eine Motion ein, in der sie fordert, dass die Sportvereine bei Risikospielen die Hälfte der effektiven Sicherheitskosten übernehmen müssen. Heute würden die Steuerzahler des Kantons dafür weit über zwei Mil lionen Franken pro Jahr bezahlen. Die 60 000 Franken, die YB und der SCB pro Jahr selbst beisteuern, seien viel zu wenig.

Die Ausschreitungen beim Cupfinal beschäftigen auch die Fraktion BDP/CVP: Sie reicht heute einen weiteren Vorstoss zum Thema Videoüber wachungen ein. Darin fordert sie, dass der Gemeinderat "gezielten und den Datenschutz wahrenden" Einsatz der Videoüber wachung in die Wege leitet.

sah

-----------------------------
KAPO-DROHNEN
-----------------------------

20min.ch 27.5.09

Drohnen-Einsätze wieder möglich

 Die Kapo Bern schliesst nicht aus, dass auch in Zukunft "bei besonderen Lagen" unbemannte militärische Flugobjekte, so genannte Drohnen, zum Einsatz kommen werden.

 Das geht aus der Antwort des Gemeinderats auf einen Vorstoss hervor. Stadträtin Corinne Mathieu (SP) hatte darin gefordert, dass die Kantonspolizei über der Stadt keine Superpumas und keine Drohnen einsetzt - sei es vor, während oder nach der Euro 08. Während dem Grossanlass kam eine solche Drohne nur einmal zum Einsatz, um den Abfluss eines Besucherstroms bei den Notausgängen der Public-Viewing-Zone Bundesplatz zu überwachen. Die Kapo teilte dem Gemeinderat weiter mit, dass ein solcher Einsatzbefehl nur in Ausnahmefällen erfolge. Man wolle den Willen der Stadt, soweit verantwortbar, respektieren.

sah

--------------------------------------
SECURITY BURGDORF
--------------------------------------

BZ 29.5.09

Burgdorf

Gefährliche Security?

Die Burgdorfer SP überlegt sich, darauf hinzuwirken, dass die Sicherheit in der Stadt ausschliesslich von der Polizei gewährleistet wird.

Die Stadt Burgdorf vergibt Sicherheitsaufgaben im öffentlichen Raum weiterhin an private Unternehmen, um so die Polizei zu verstärken. Dies sagte Gemeinderätin Beatrix Rechner an der letzten Stadtratssitzung auf eine entsprechende Anfrage der SP-Fraktion (wir berichteten). Diese Antwort vermag die SP jedoch nicht zu befriedigen. Gestern hielt die Fraktion in einer Mitteilung an die Medien fest, dass sie skeptisch bleibe und darüber nachdenke, den Gemeinderat mit der Aufhebung des Vertrags zwischen der Stadt und der Sicherheitsfirma Apollo Security zu beauftragen. Deren Aufgaben seien in Burgdorf vollumfänglich von der Polizei zu übernehmen.

Zu denken gibt der SP, dass am 8.März, als in Burgdorf eine Pnos-Demo angekündigt war, Angestellte von Apollo Security laut einem Pressebericht offenbar bewaffnet im Einsatz standen. Das sei gefährlich, kritisiert die SP und hält in ihrem Communiqué fest: Solche Einsätze gehörten ihrer Ansicht nach "ausschliesslich in die Hände der staatlichen Polizei".
heb

------------------------------------
HAUSGEISTER THUN
------------------------------------

BZ 28.5.09

"Hausgeister" demonstrieren am Samstag

Am Samstag will die Aktion Hausgeist in Thun für mehr Freiraum demonstrieren. Die Stadt hat die Kundgebung bewilligt.

Am kommenden Samstagnachmittag wird es in der Thuner Innenstadt eng. Neben dem alljährlichen Stadtkriterium (vgl. Artikel Seite 29) findet auch eine Kundgebung statt: Die Aktion Hausgeist, bekannt durch verschiedene Hausbesetzungsaktionen und spontane Strassenpartys auf dem Rathausplatz (wir berichteten), hat auf dem Internet eine Demo angekündigt. "Am 30.Mai demonstrieren wir gemeinsam für mehr kulturellen Freiraum in Thun", schreiben die "Hausgeister" auf der Website ago.immerda.ch.

"Auflagen gemacht"

Die Gruppe, die sich für ein Autonomes Jugendzentrum (AJZ) in Thun einsetzt, hat laut Gemeinderat Peter Siegenthaler (SP) im Vorfeld das Gespräch mit den Behörden gesucht. "Wir haben den Organisatoren gewisse Auflagen gemacht und sie auf die besondere Situation mit dem Stadt-kriterium hingewiesen", sagt der Thuner Gemeinderat Siegenthaler. Die Aktion Hausgeist habe sich bei Demonstrationen in der Vergangenheit jeweils an die Abmachungen gehalten. "Wir haben die Kundgebung vom Samstag deshalb bewilligt", so Gemeinderat Peter Siegenthaler. Man rechne mit einer friedlichen Demon-stration.

IGT stützt Entscheid

"Der Zeitpunkt der Demonstration ist zwar nicht optimal", sagte Patrick Aeschbacher, Präsident der Innenstadtgenossenschaft Thun (IGT), gestern auf Anfrage. Die IGT stütze aber den Entscheid der Stadt. "Wir rechnen mit einer ruhigen Demonstration." Die IGT hat ihre Mitglieder dennoch dazu aufgerufen, gewisse Vorkehrungen zu treffen und beispielsweise Standplakate von der Strasse zu räumen.

Die Demonstration beginnt um 15.20 Uhr beim Bahnhof Thun, führt anschliessend durchs Bälliz, durch die Marktgasse und auf den Rathausplatz.
lt

---

http://ago.immerda.ch/ago/index.php?option=com_content&view=article&id=1992:demonstration-thun-freiraeumen&catid=44:freiraeume&Itemid=41

Aktion Hausgeist: 30. Mai 09 - Demonstration 05. Juni 09 - Solikonzert

Am 30. Mai 2009 demonstrieren wir gemeinsam für mehr kulturellen Freiraum in Thun!
Bewilligung wurde eingereicht.

Eine Woche später, am 05.Juni 2009 findet im Graffitti Bern ein Soliabend für die Aktion Hausgeist statt.
 
Thun freiräumen!

Seit bald zwei Jahren kämpfen wir für autonomen Freiraum in Thun. Nach diversen Hausbesetzungen, Strassenpartys und Flugblattaktionen nahm die Stadt Gespräche mit uns auf. Wie erwartet verlaufen diese Verhandlungen zunehmend im Sand. Die Verantwortlichen der Stadt sind offensichtlich nicht gewillt, auf unsere Anliegen einzugehen und versuchen unsere Kräfte mit einer Hinhaltetaktik zu binden.

Auf ein solches Spiel wollen und werden wir uns nicht einlassen! Es kann nicht sein, dass Ausgangsmöglichkeiten für Jugendliche ersatzlos geschlossen und gleichzeitig Bemühungen von Freiraumgruppen im Keim erstickt werden.

Deshalb rufen wir am Samstag, 30. Mai 2009 zu einer lautstarken Demonstration für autonome Freiräume in Thun auf, um den Vertretern der Stadt zu zeigen dass wir noch lange nicht mundtot und unsere Forderungen berechtigt sind!

Treffpunkt: 15:00 am Bahnhof Thun.

Kommt zahlreich & please come clean!

Freiraum auft(h)un!

Die Aktion Hausgeist


Solikonzert

Eine Woche nach der Demonstration in Thun wird am 05. Juni 2009 im Graffitti Bern ein Soliabend für die Aktion Hausgeist stattfinden. Auftreten werden die "Dryconditions", welche sieben Tage später ihr Debut am Greenfieldfestival geben sowie die Aargauer Ska-Band "Rude Tins".
Vor, nach und zwischen den Konzerten wird "DJ Karli" für gute Stimmung sorgen.

Eintritt: 15.- / Soli: 20.-

Günstige Getränke im Überfluss!

Informationen zu den Bands:

Dryconditions: http://www.myspace.com/dryconditions
Rude Tins: http://www.myspace.com/rudetins

Bis bald!

----------------------------------------------
ANTIFA GOES SEMPACH
----------------------------------------------

NZZ 28.5.09

Sempach droht massives Polizeiaufgebot

Juso wollen an Schlachtjahrzeit gegen Rechtsextreme demonstrieren

 Zum Schutz der Gedenkfeier zur Schlacht bei Sempach wird am 27. Juni viel mehr Polizei benötigt als in den Vorjahren. Die Juso wollen gegen die Rechtsextremen demonstrieren.

 mjm. Luzern, 27. Mai

 Die Gedenkfeier zur Schlacht in Sempach, die am 27. Juni stattfindet, wird jeweils von den Rechtsextremen ähnlich als Plattform missbraucht wie die Rütlifeier. Seit 2003 marschieren am Schluss des Festzuges organisierte Gruppen von Rechtsextremen mit. Diese tragen neben Kantonsfahnen solche der Partei national orientierter Schweizer (Pnos) sowie Frontistenfahnen mit dem langschenkligen Schweizerkreuz mit. Die Zahl der rechtsextremen Teilnehmer ist unterschiedlich, tendenziell aber stark ansteigend (2005: 60; 2006: 50; 2007: 160; 2008: 250). Jetzt könnte sich das ganze Prozedere wie beim Rütli wiederholen, so dass am Ende nur noch eine Feier mit massivem Polizeiaufgebot stattfinden kann. Die Juso Schweiz wollen nämlich dieses Jahr gegen Rechtsextreme demonstrieren. Das gibt dem Fest eine neue Brisanz.

 Der Stadtrat von Sempach erwäge, die Demonstration zu bewilligen, sagt Stadtpräsident Franz Schwegler. Die gleiche Haltung vertritt auch der Luzerner Regierungsrat. "Es ist sinnvoll, die Bewilligung für die Demonstration zu vergeben", sagt Staatsschreiber Markus Hodel, "aber mit Auflagen." Welcher Art die Auflagen sind, das müsse mit der Polizei abgeklärt werden. Wahrscheinlich ist, dass in diesem Fall ein massives Polizeiaufgebot notwendig wird, um die Demonstration getrennt von der Feier stattfinden zu lassen und die notwendige Sicherheit zu gewährleisten. Hodel verweist zudem auf eine Antwort des Regierungsrates auf einen Vorstoss im Kantonsrat. Darin hält der Regierungsrat fest, dass er am Anlass in der aktuellen Form festhalten will. Er sprach sich gegen eine Anpassung der Organisation wie die Einführung eines Ticketing-Systems wie auf dem Rütli aus. Zudem biete das offene Gelände kaum Möglichkeiten, den Zugang mit vertretbarem Aufwand zu begrenzen und zu kontrollieren.

 Besonders dreist führen sich die Rechtsextremen seit zwei Jahren auf. Nach der offiziellen Feier legen sie jeweils am Gedenkstein für Arnold Winkelried einen Kranz nieder. Im Jahr 2007 war der Kranz mit dem Frontistengruss Harus verziert und mit der Aufschrift versehen worden: "Euer Schicksal - unser Erbe. Eidgenossen, Harus!" Dass die Gedenkfeier von den Rechtsextremen als politische Plattform benutzt wird, wird von diesen selber nicht bestritten. In einer im Internet veröffentlichten Manöverkritik wird 2007 festgehalten, dass man "unsere Bewegung von der besten Seite zeigen" konnte. Artig wird auch den Organisatoren gedankt, "welche sich nicht von Vorurteilen leiten liessen, so dass wir diese Gedenkfeier gemeinsam begehen konnten". Die Schlachtjahrzeit gehört zu den politischen Eckdaten im Kanton Luzern. Der Regierungsrat tritt dannzumal in corpore auf.

 Zum Anlass gehört der gemeinsame Marsch der Teilnehmergruppen vom Städtchen Sempach zum Schlachtgelände. Die eigentliche Feier am Gedenkstein umfasst das Verlesen eines Schlachtbriefes, eine Festrede, Beiträge von Schulen, Musikdarbietungen und eine Kranzniederlegung. Das frühere Bankett der Prominenz hat einem Trunk und Imbiss für alle Platz gemacht: Es gibt Wein, Süssmost und Käseschnitten aus der Militärküche.

---

20min.ch 27.5.09

Neonazi-Marsch

Berner Linksextreme wollen Sempach aufrütteln

von Nina Jecker

Die Berner Antifa macht mobil gegen den Neonazi-Marsch an der Sempacher Schlachtfeier. In einem Brief ruft sie die Anwohner zum Widerstand auf.

"Wir fordern alle Sempacherinnen und Sempacher auf, sich gegen die Präsenz der Neonazis an der Schlacht feier zur Wehr zu setzen und dem Aufmarsch nicht weiterhin tatenlos zuzusehen", schreibt die linksextreme Organisation Antifa Bern in einem Brief an die Sempacher Bevölkerung.

Grund ist der jährliche Aufmarsch der Rechtsex tremen an der Sempacher Schlachtfeier Ende Juni. "Das ist mittlerweile der wichtigste Anlass der Schweizer Neonazis", kritisiert ein Antifa-Mitglied. "Immer mehr Angehörige der rechten Szene nehmen teil", bestätigt Urs Wigger von der Kapo Luzern. 2008 seien über 200 mitmarschiert.

Ob die Antifa vor Ort gegen den Umzug demonstrieren wird, ist unklar. Fest steht: "Abgesagt wird die Feier nicht", so Urs Hangartner vom Kanton Luzern. Auch die rechtsextreme Partei Pnos lässt sich vom Brief aus Bern nicht bremsen: "Es ist sinnlos, die Bürger gegen uns aufbringen zu wollen. Wir werden marschieren", so Sprecher Markus Martig.

Auf jeden Fall gegen Rechte demonstrieren wollen die Juso und die Jungen Grünen Luzern. "Wir würden uns über friedliche Unterstützung aus Bern freuen", so Juso-Politiker David Roth.

---------------------------
NAZI-GRAFFITI
---------------------------

20min.ch 27.5.09

Gunzgen

Neonazi-Sprayer ist ermittelt

Die Polizei Kanton Solothurn hat den Ur heber von Neonazi-Sprayereien im solothurnischen Gunzgen ermittelt: Es ist ein 27-jähriger Mann aus dem Kanton Obwalden.

 Dieser hatte Mitte April mit einer Schablone sieben Mal ein Emblem mit Reichsadler und Hakenkreuz an Wände gesprayt, unter anderem an ein Schulhaus, eine Turnhalle und an das Gebäude der Staatsanwaltschaft. Der Mann ist im Kanton Solothurn Wochenaufenthalter und war schon im letzten Jahr wegen Sprayereien negativ aufgefallen. Er muss sich vor der Staatsanwaltschaft verantworten.

-----------------------------------
RABE-INFO 27.-29.5.09
-----------------------------------

RaBe-Info 29. Mai 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-05-29-54171.mp3
- Gemeinderat will Kundgebungs-Reglement verschärfen
- Amnesty-Kampagne "Für ein Leben in Würde”
- Stadt Berner Jugendliche erhalten neuen Treffpunkt

--

RaBe-Info 28. Mai 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-05-28-56073.mp3
- Menschenrechte: die Schweiz verliert Vorbildrolle
http://www.amnesty.ch/de/laender/jahresbericht/2009/schweiz
- Arbeitskampf: Teilerfolg für Berner Journalisten
http://www.comedia.ch/
- Stonewall: Stiftung für homosexuelle Projekte
http://www.stonewall.ch/

--

RaB-Info 27. Mai 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-05-27-54702.mp3
- Stellenabbau bei der Tamedia: Journalisten gehen auf die Strasse
- Studie zur elektromagnetischer Strahlung: wir verstrahlen uns selber
- 40 Jahre Stonewall - die Geburt der modernen homosexuellen Bewegung

---------------------------
SOZIALPREIS BE
---------------------------

bern.ch 27.5.09

Sozialpreis 2009 - Öffentliche Ausschreibung: Die Stadt belohnt soziales Engagement

Bereits zum 14. Mal verleiht die Direktion für Bildung, Soziales und Sport in diesem Jahr den Sozialpreis. Jetzt beginnt die Bewerbungsfrist. Der Preis ist eine öffentliche Anerkennung für freiwillige oder ehrenamtliche Leistungen von Personen, Gruppen oder Organisationen im Sozialwesen in der Stadt Bern. Die Preisverleihung ist am Freitag, 4. Dezember 2009.

Der Preis ist jährlich mit 10 000 Franken dotiert und wird von der Warlomont-Anger-Stiftung finanziert. Eine Jury unter dem Vorsitz von Gemeinderätin Edith Olibet kürt Ende Jahr maximal drei Gewinnerinnen oder Gewinner. Bedingung für die Bewerbung um den Sozialpreis ist, dass die Arbeit ohne Entlöhnung geleistet wird (Ausnahme Spesen) und dass ein intensives Engagement über längere Zeit erfolgt. Bewerben können sich Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen - auch solche, die in der Vergangenheit leer ausgegangen sind.

Bewerbungen können bis spätestens 24. August 2009 bei der Direktion für Bildung, Soziales und Sport der Stadt Bern, Stichwort Sozialpreis, Predigergasse 5, Postfach 275, 3000 Bern 7 eingereicht werden. Für Fragen steht Monika Baitz, Generalsekretariat, zur Verfügung, Telefon 031 321 62 47.

Folgende Unterlagen werden benötigt:

* genaue Umschreibung der freiwilligen Leistung (Art, Umfang, in welchem Bereich, seit wann) auf max. zwei A4-Seiten;
* eine Korrespondenzadresse sowie eine Telefonnummer für allfällige Rückfragen.

Direktion für Bildung, Soziales und Sport

------------------------------------------------
KULTURFABRIK ZOLLIKOFEN
-------------------------------------------------

Bund 29.5.09

Kulturfabrik Zollikofen

Das gelungene Experiment

Vor genau drei Jahren wurde in einem verlassenen Fabrikgebäude die Kulturfabrik Zollikofen eröffnet. Nun ist der befristete Vertrag bis Ende 2010 verlängert worden. Ein Augenschein auf diesem bunten Experimentierfeld, das manchmal etwas verlassen ist.

Viel Kultur - aber nicht nur. Viele Ateliers - und doch manchmal nur wenige Leute. Drei Jahre nach ihrer Eröffnung hat sich die Kulturfabrik an der Bernstrasse 163+165 einen festen Platz in Zollikofen erobert. Gerade in letzter Zeit, als die Debatte über die Zukunft des Progr in Bern die Öffentlichkeit auf Trab hielt, wurde die Kulturfabrik gerne als "Progr der Region" bezeichnet. Dieser Vergleich trifft aber höchstens auf den ersten Blick zu. Denn die "Kufazoo", wie sie genannt wird, unterscheidet sich vom Progr: Sie ist offener, unverbindlicher, unstrukturierter, weniger verwaltet - und gerade deshalb für viele, die sich in der "Kufazoo" eingenistet haben, sympathischer.

Eine erste Trouvaille ist im Untergeschoss zu entdecken. Hat man die engen und finsteren Gänge heil durchschritten, steht man plötzlich in einem einfachen, aber komplett eingerichteten Tonstudio. Die Bässe werden mit alten Fässern in den Ecken geschluckt, alte Sofas stehen herum, der Raum ist schön schummrig. "Shirley Grimes, Yvonne Moore und andere Künstler der hiesigen Szene nehmen hier Musik auf", erzählt Hansruedi Egli, der den "Bund" durch die verlassene Fabrik führt, in der früher die Cellwar AG untergebracht war. Egli ist der Initiator der "Kufazoo", die noch mindestens bis Ende 2010 weiterexistiert (siehe Kasten).

Wer Raum zur künstlerischen Entfaltung braucht, kann in der "Kufazoo" so viel Platz mieten, wie er will. Fr. 3.50 beträgt der Preis pro Quadratmeter, die Räumlichkeiten sind vielfältig: Von riesigen, offenen Hallen bis zu kleinen, abgeschlossenen Kämmerlein gibt es alles, was das kreative Herz begehrt.

Die Besichtigung des restlichen Untergeschosses gibt sehr gut wieder, was die "Kufazoo" ist und was sie ausmacht. Egli, eigentlich ein Liedermacher und Inhaber der Musigbörse in Bern, widmet sich in einem Raum seiner neusten Passion: dem Kork-Recycling. Kubikmeterweise Korkzapfen lagern am Boden oder in Säcken verpackt. "Per Zufall bin ich darauf gekommen, dass in der Schweiz einzig in Näfels Kork wiederverwertet wird", sagt Egli. Die regionalen Sammel- und Entsorgungsstellen reagierten positiv auf sein Angebot, die Korken abzuholen. Aus Kork, Lehmpulver und Wasser formt er in seiner Werkstatt Korklehmsteine für die Mauern von Fachwerkbauten.

Etwas weiter hinten im Untergeschoss arbeitet Els Jegen, ein Kulturfabrik-Mitglied der ersten Stunde. Die Autorin, Malerin und Skulpturenkünstlerin ist von der Idee "Kufazoo" nach wie vor begeistert. Sie bedauert aber, dass die Ateliers oft verlassen sind und der Austausch unter Kunstschaffenden deshalb kaum stattfindet. Punktuelle Kontakte bestehen durchaus in der Kulturfabrik, doch die grosse, sich antreibende Künstlergemeinschaft existiert hier nicht. Hansruedi Egli sagt, in der "Kufazoo" gebe es 42 Ateliers, 10 bis 12 davon würden regelmässig benutzt. "In einigen Ateliers wird schwer und intensiv geschuftet, in anderen wird lediglich das Hobby gepflegt", sagt er.

Im Raum gleich neben Egli hat sich Dietmar Ludewig, der Mieter mit der wohl höchsten Präsenz, eingerichtet. Der Handwerker und Gestalter verdient sich mit der Arbeit in der Kulturfabrik seinen Lebensunterhalt, momentan ist eine wichtige Phase für ihn: Im "Le Beizli" in den Vidmarhallen in Köniz stellt er noch bis zum 24. Juni zusammen mit Kollegen Möbel aus. Ludewig schätzt die Freiheiten in der "Kufazoo". "Hier kann ich Tag und Nacht arbeiten." Auf der anderen Seite vermisst auch er den Austausch: "Viele sind kaum je hier."

Bevor man die Treppe hoch in die oberen Etagen steigt, fällt der Blick auf eine Ecke, wo unzählige alte Ski stehen. Was daraus wohl gemacht wird? Am Arbeiten ist jedenfalls niemand. Oben in der Kulturfabrik sind die Vertreterinnen und Vertreter der bildenden Künste einquartiert. Unter ihnen Suzanne Hänni, die ein Atelier für abstrakte Malerei führt und auch Kurse gibt. Nach dem Areal Gurtenbrauerei Wabern und dem Stufenbau Ittigen sei dies ihr drittes künstlerisches Zuhause, erzählt sie. Die Räumlichkeiten empfinde sie als ideal, "doch die Leute sind zu wenig oft hier. Man kann hier kaum etwas ,anreissen‘."

Die "Kufazoo" ist kein starres Gefüge. Manche Künstler haben die Fabrik verlassen, andere sind dazugekommen. Platz hat es genug. Und manchmal läuft auch etwas schief: Einmal mietete sich ein Konditor ein, der sein Handwerk nicht immer nach den hygienischen Vorschriften verrichtete. Dem Vernehmen nach waren in der grossen Halle im zweiten Stock überall Schokoladespuren zu finden. Bald kam es zum Eklat: Auf Anordnung des Statthalteramts musste der Konditor seinen Platz räumen.

In der zweiten Etage ist auch Heinz Fuhrer untergebracht. In der "Kufazoo" kann der Zollikofner Lehrer seiner Leidenschaft frönen. Hunderte, vielleicht Tausende von Gemälden stapeln sich in seinem kleinen Atelier. Ab und zu stellt er ein paar Bilder aus, damit Geld zu verdienen, ist für ihn aber kein Thema. "Die Kunst ist meine Berufung, der Lehrerberuf mein Hobby, mit dem ich Geld verdiene", sagt Fuhrer.

Christoph Bussard

--

"Kein zweiter Progr"

Am Anfang war die Idee von Liedermacher Hansruedi Egli: Als er das leer stehende Fabrikgebäude an der Bernstrasse 163 in Zollikofen sah, wollte er dort als Zwischennutzung einen Ort für Kunstschaffende einrichten. Sowohl bei der Gemeinde wie auch bei der Huber&Ploerer Unternehmungen AG Bern, welche Mitbesitzerin und Vermieterin des Fabrikareals ist, stiess Eglis Idee auf offene Ohren. Am 1. Juni 2006 nahm die "Kufazoo", wie sie bald hiess, ihren Betrieb auf.

Der befristete Vertrag wurde kürzlich bis Ende 2010 verlängert. Die Künstler freuts - obwohl es auch diesmal eine Lösung auf Zeit ist. René Huber, Mitglied der Geschäftsleitung bei Huber&Ploerer, hofft, dass sich in Zollikofen "kein zweiter Progr entwickelt". Die Nutzung des Progr durch die Künstler war ebenfalls eine befristete Lösung, ehe durch die Abstimmung vom 17. Mai ein Definitivum daraus wurde. "Wir geben die Fabrik zu sehr günstigen Konditionen ab. Im Gegenzug erwarten wir, dass die Künstler respektieren, dass sie das Gebäude zu gegebener Zeit verlassen müssen." Huber sagt, Ideen für die künftige Nutzung des Areals seien weit fortgeschritten, "spruchreif ist aber nichts". Es sei möglich, dass der Vertrag mit den Künstlern noch um ein paar Monate verlängert werden könne. (cbn)

---------------------------------
BIG BROTHER VISP
---------------------------------

Indymedia 28.5.09

Visper Polizeigesetz ::

AutorIn : finder         

An der gestrigen Urversammlung wurde das neue Visper Polizeireglement von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen. Sämtliche Anträge von uns wurden abgelehnt. In Visp wird damit die Videoüberwachung möglich, ein Bettel- und ein Ausgehverbot für Jugendliche tritt in Kraft und das Reglement erhält den schärfsten Wegweisungsartikel der Schweiz. Visp hat nun ein Polizeigesetz, das ein Traum für jeden Polizist, ein Alptraum für jeden Jugendlichen ist.

Schätzungsweise 150-200 Personen nahmen an der heutigen Urversammlung in Visp teil. Bereits in der Einleitung wurden im Hintergrund Bilder von kaputten Blumenvasen und Hinterlassenschaften von Jugendlichen wie Bierflaschen gezeigt. Dies diente allein der Stimmungsmache. Nachdem wir Änderungsanträge stellten, konterte dies die Polizei-Komission jeweils mit Stellungnahmen in der man die Neuerungen herunterspielte und verharmloste. Was mit den Neuerungen alles möglich wird, versuchten wir vergebens zu erklären. Vielfach lautete der altbekannte Tenor der Befürworter: ‚Die Polizei wird dann nicht so streng sein‘. Die Gemeindepolizei hingegen wies im Vorfeld darauf hin, das sie das Gesetz die Wegweisung rigoros gegen Jugendliche anwenden würden. Viele Neuerungen müssten auf Vorrat her, die Polizei möglichst viel Spielraum haben, unabhängig davon ob in der Gemeinde zu verbietenden Probleme überhaupt existent sind. Verhältnismassigkeit war ein Fremdwort.

Bei der Wegweisung war es für die Kommission nicht nötig, eine zeitliche Begrenzung einzufügen wie sie eigentlich üblich ist. Theoretisch sind damit willkürliche Platzverbote ans Lebensende möglich. Auch ein Bettelverbot im St.-Martinsstädtchen wird nun Realität und lässt damit die St-Martinsanlässe und die zentrale Statue auf dem Gemeindeplatz zur Hülle ohne Inhalt verkommen. Ein Bettelverbot ist eine Schande für das angebliche St.Martins-Städtchen! Die Urversammlung entschied zudem auch ein Ausgehverbot für Jugendliche unter 16 Jahren ab 23.00 Uhr einzuführen. Wird gegen dies, oder gegen die zahlreichen Neuerungen verstösst, droht eine Busse bis 5‘000 Franken und/oder Gefängnis. Da das Ausgehverbot gegen die Versammlungsfreiheit im Schweizerischen Grundrecht verstösst, prüfen wir nun rechtliche Schritte gegen das Ausgehverbot. Neu im Reglement ist auch die Überwachung der Bürger durch Videokameras. Obwohl Videoüberwachung wie sie standardmässig im Polizeireglement keine Personenidentifikation zulassen, argumentierte man damit gegen Vandalismus vorgehen zu können. Das damit kein Vandalismus verhindert wird war zweitrangig. Hier präsentierte man eine Scheinlösung. Weil Banken und andere Orte auch Videokameras aufstellen dürften, solle Visp ihre Bürger doch auch durch Videokameras überwachen können, argumentierte die Kommissions-Vorsteherin.

Auf unseren Antrag, wonach ein solches Polizeigesetz noch an der Urne abgestimmt werden soll, konnte die Kommissions-Sprecherin nicht eingehen, da ein neues Polizeireglement laut einem Reglement von 2007 an der Urversammlung abgestimmt werden müsse. Wir erachten dies als sehr problematisch da nur 3 % so über solch krasse Neuerungen entschieden haben. Der Gemeinderat selbst war praktisch alle für das Gesetz, einzig die zwei Gemeinderätinnen Helena Mooser Theler (SP) Felicitas Lengacher-Kuonen (FDP) lehnten das Polizeigesetz ab und nahmen alle unsere Änderungsanträge an, wofür wir in Anbetracht der grundsätzlich jugendfeindlichen Front gegen uns und sie dankbar sind.

Besonders problematisch: Visp hat keine anderen Lösungen oder gar Konzepte, um auf Probleme wie Vandalismus, der zum Teil einfach auch dazugehört lösungsorientiert zu reagieren. Durch den neuen NEAT-Bahnhof sind die Besucherzahlen explodiert und damit hat es auch mehr Vandalismus gegeben. Die Frage, wieso Probleme da sind, wird aber nicht gestellt und es besteht offenbar auch kein Interesse. Zuerst der Krieg, dann redet man vielleicht mal irgendwann über Lösungen, wurde uns gestern vermittelt. Visp wird mit den neuen Gesetzen nicht sicherer, man verbietet die Probleme nur und verschiebt sie. Visp hat nun ein Polizeigesetz, das ein Traum für jeden Polizist, ein Alptraum für jeden Jugendlichen und Bürger.

IG Polizeireglement Visp Nein

---

Schweiz Aktuell 28.5.09

Polizeigesetz Visp

Visp stimmte gestern Abend an einer Urversammlung einem der strengsten Polizeireglemente der Schweiz zu. Dieses Gesetz beinhaltet ein Bettelverbot und erlaubt Videoüberwachung von Bürgern. Zwei Punkte waren besonders umstritten, das Wegweisungsrecht sowie das Ausgehverbot für Jugendliche. Silvia Graber berichtet.
http://www.sf.tv/videoplayer/embed/81e3cec5-6009-4ab9-a46b-9d4cf905db3f&live=false

---

Regionaljournal DRS Bern 28.5.09

(Abend)
Das strenge Visper Polizeireglement als Musterbeispiel für andere Oberwalliser Gemeinden (3:20)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe1728052009.rm?start=00:08:31.400&end=00:11:52.161

(Morgen)
Visp erhält eines der strengsten Polizeireglemente der Schweiz (1:44)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe7v728052009.rm?start=00:01:18.399&end=00:03:02.962

------------------------------------------------------
MENSCHENRECHTS-REPORT CH
------------------------------------------------------

20min.ch 27.5.09

Menschenrechtsreport

Amnesty kritisiert Schweizer Asylwesen

Heftige Vorwürfe von Amnesty International (AI) an die Schweiz: Die Organisation kritisiert in ihrem aktuellen Menschenrechtsreport insbesondere das Schweizer Asylwesen.

Wegen des neuen Asylrechts würden Grundrechte wie ein faires Asylverfahren oder eine menschenwürdige Existenz verletzt. "Besonders abgewiesene Asylbewerber, die wegen fehlender Papiere nicht legal aus der Schweiz ausreisen können, werden in die Isolation und ins Elend getrieben", sagte AI-Flüchtlingskoordinatorin Denise Graf. FDP-Nationalrat Kurt Flury, der an der Ausarbeitung des neuen Asylgesetzes beteiligt gewesen war, nimmt die Vorwürfe gelassen: "Solange AI keine konkreten Fälle nennt, kann ich die Vorwürfe nicht ernst nehmen." AI lobte die Schweiz aber auch: In punkto Polizeigewalt habe sich die Lage verbessert.

dra

---

http://www.amnesty.ch/de/laender/jahresbericht/2009/schweiz

Schweiz

* Amtliche Bezeichnung: Schweizerische Eidgenossenschaft
* Staats- und Regierungschef: Pascal Couchepin
* Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft
* Einwohner: 7,5 Millionen
* Lebenserwartung: 81,3 Jahre
* Kindersterblichkeit (m/w): 6/5 pro 1000 Lebendgeburten

Die Gesetzgebung bot keinen wirksamen Schutz gegen Diskriminierung. Nach wie vor gab es Vorwürfe wegen rassistischer Diskriminierung durch Polizeikräfte, darunter auch Misshandlungen. Restriktive Gesetze verletzten die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte von Asylsuchenden und Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus.

Rassismus und Diskriminierung

Der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) monierte das anhaltende Problem der Diskriminierung, darunter das Fehlen einer wirksamen Gesetzgebung auf Bundes- und Kantonsebene gegen Diskriminierung und die Verwendung von "Täterprofilen aufgrund der Rassenzugehörigkeit" durch die Polizei. Der Ausschuss äusserte sich auch besorgt über die anhaltende Diskriminierung von Roma, Sinti und Jenischen, vor allem in Bezug auf Wohnraum und Bildung, und forderte die Einrichtung einer staatlichen Menschenrechtsinstitution. Im Rahmen der universellen regelmässigen Überprüfung der Schweiz durch den UN-Menschenrechtsrat wurde diese Empfehlung wiederholt. Im Überprüfungsbericht wurde die Schweiz zudem aufgefordert, weitere Massnahmen gegen Rassismus und Diskriminierung zu ergreifen.

Polizei und Sicherheitskräfte

Immer wieder trafen Misshandlungsvorwürfe gegen Polizeikräfte ein. Der CERD äusserte sich besorgt über den exzessiven Einsatz von Gewalt durch Polizisten, vor allem gegenüber Schwarzen.

Nach dem Polizeieinsatz bei einer Demonstration in Basel am 26. Januar 2008 leitete das Sicherheitsdepartement des Kantons unabhängige Ermittlungen ein. In den Ermittlungsergebnissen wurde bemängelt, dass die Polizei die festgenommenen Demonstranten nicht ausreichend über den Grund ihrer Festnahme aufgeklärt habe und die Angehörigen der Festgenommenen, darunter auch Eltern festgenommener Minderjähriger, nicht verständigt worden seien; ausserdem hätten willkürliche Massenverhaftungen stattgefunden. In der Stadt Bern wurde eine Vertreterin der Kantonalregierung vom Polizeichef zur Beobachterin ernannt und damit beauftragt, die Haftbedingungen der im Rahmen eines ähnlichen Polizeieinsatzes am 19. Januar festgenommenen Demonstranten zu überprüfen. Sie stellte in ihrem Bericht ähnliche Mängel wie bei dem Basler Polizeieinsatz fest und kritisierte überdies, dass die von der Polizei festgenommenen Demonstranten nur unzureichend mit Essen und Wasser versorgt wurden.

Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende

Restriktive Gesetze verletzten weiterhin die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte von Asylsuchenden und Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus, von denen viele in extremer Armut lebten. Der CERD äusserte die Befürchtung, dass die entsprechenden Gesetze eine Verletzung des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung darstellen könnten. Abgewiesene Asylsuchende waren weiterhin vom ordentlichen Sozialhilfesystem ausgeschlossen, was Marginalisierung und bittere Armut zur Folge hatte.

Am 18. März 2008 verabschiedete das Parlament ein Gesetz, wonach bei Abschiebungen ausländischer Staatsbürger der Einsatz von Elektroschockwaffen und Polizeihunden gestattet ist. Dies könnte eine Verletzung von Rechtsstandards des Europarats bezüglich des angemessenen Einsatzes von Gewalt bei solchen Massnahmen darstellen.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Ein 2007 in Kraft getretenes Gesetz, das Opfer von familiärer Gewalt schützen soll, wurde in manchen Kantonen nur unzureichend umgesetzt. Es gab nur wenig spezifische Weiterbildungsmassnahmen für Polizisten und überhaupt keine für Richter. In manchen Kantonen fehlte es an den finanziellen Mitteln für Schutzund Beratungseinrichtungen. Die Schweiz unterzeichnete am 8. September 2008 das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels.

Antiterrormassnahmen und Sicherheit

Ein Anwalt reichte im Namen dreier im US-Gefangenenlager Guantánamo Inhaftierter (ein Libyer, ein Algerier und ein ethnischer Uigure aus China) Anträge auf Asyl in der Schweiz ein. Die US-Behörden hatten gegen die drei Männer, die seit über sechs Jahren in Haft waren, keine Anklage erhoben; zwei von ihnen standen unmittelbar vor der Freilassung. Den Männern drohte bei einer Rückführung in ihre Herkunftsländer Verfolgung. Ihr Asylgesuch wurde im November vom Bundesamt für Migration abgelehnt. Gegen diese Entscheidung ist beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingereicht worden.

Eintrag zur Schweiz im AI-Jahresbericht 2009

--------------------------
SANS-PAPIERS
--------------------------

Bund 29.5.09

Unter Beschuss

Der Kampf gegen Scheinehen wird verstärkt

In verschiedenen Kantonen gehen die Behörden verstärkt gegen Scheinehen vor. Alleine im Kanton Zürich sind im Jahr 2007 gegen 500 Personen die Aufenthaltsbewilligungen verweigert worden, weil sie nur zum Schein eine Schweizerin oder einen Schweizer ehelichen wollten. Mit dem neuen Ausländergesetz sind Scheinehen seit 2008 strafbar. Die Täuschung der Behörden kann eine Freiheitsstrafe oder Bussen bis zu 20000 Franken nach sich ziehen.

Gestern hat das Parlament beschlossen, die Schrauben noch weiter anzuziehen. Weil Missbrauchsfälle oft nur mit grossem Aufwand nachgewiesen werden können, wird die Verjährungsfrist für die Aberkennung einer erleichterten Einbürgerung, die auf eine Scheinehe zurückzuführen ist, von bisher fünf auf acht Jahre erhöht.

Ebenfalls diese Woche beschlossen hat der Ständerat, dass nur noch Personen mit Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz heiraten dürfen. Dies bedeutet ein Heiratsverbot für Sans-Papiers. Die neue Regelung führt zur paradoxen Situation, dass es unterdessen für Schweizer einfacher ist, im Ausland auf Brautschau zu gehen, als beispielsweise eine seit Jahren in der Schweiz wohnende, illegal anwesende Putzfrau zu heiraten.

Englisch bei der Einbürgerung

Neu geregelt werden sollen bundesweit auch die Anforderungen an die Sprachkenntnisse bei einer Einbürgerung. Heute gelten von Gemeinde zu Gemeinde andere Voraussetzungen. Teils ist es gar möglich, nur mit Englischkenntnissen eingebürgert zu werden. (cvb)

Seite 7

--

Scheinehen stark unter Druck

Parlament beschliesst weitere Verschärfungen im Ausländerbereich - Sans-Papiers dürfen nicht mehr heiraten

Im Kampf gegen Scheinehen macht das Parlament zwei weitere Schritte: Die Frist für eine Aberkennung der Einbürgerung wird erhöht und nicht legal in der Schweiz Anwesende verlieren das Recht auf Heirat - auch bei echter Liebe.

Christian von Burg

Das neue Ausländergesetz des Bundes zeigt Wirkung: Die Zahl der Scheinehen, welche von den kantonalen Behörden aufgedeckt werden, schnellt in die Höhe. Im Kanton Zürich wurde bereits 2007 an die 500 Personen die Aufenthaltsbewilligung verweigert, weil sie nur zum Schein eine Schweizerin oder einen Schweizer ehelichen wollten. In der Stadt Basel wurden in den letzten Jahren jeweils etwa 30, in der Stadt Bern mehr als 30 Scheinehen nachgewiesen. In vielen Fällen handelt es sich um afrikanische Dealer und drogenabhängige Schweizerinnen, die miteinander einen Deal machten: Sie bekommt Drogen oder Geld - im Extremfall bis zu 40000 Franken. Er bekommt eine Aufenthaltsbewilligung und kann sich nach drei Jahren Ehe und fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz erleichtert einbürgern lassen.

Fünf Jahre haben die Bundesbehörden Zeit, um eine erleichterte Einbürgerung rückgängig zu machen. Dabei liegt die Beweispflicht für die Existenz einer Scheinehe bei den Behörden. Die Abklärungen sind in vielen Fällen aufwendig. Immer mehr Verfahren müssen aus zeitlichen Gründen eingestellt werden. Der Nationalrat hat deshalb gestern mit 115 gegen 54 Stimmen beschlossen, die Frist von fünf auf acht Jahre zu verlängern.

SP und Grüne monierten, die bisherigen Gesetze seien schon streng genug. Eine weitere Verschärfung erhöhe die Gefahr, dass die Behörden im Leben unbescholtener Bürger schnüffelten. Auch bei binationalen Ehen komme es zu Beziehungskrisen. Nicht jedes Paar, das sich wieder trenne, habe nur zum Schein geheiratet, um eine schnelle Einbürgerung zu ermöglichen.

Die Mehrheit hielt dagegen, dass pro Jahr immerhin gut 100 Verfahren eröffnet werden müssten. Das entspricht etwa einem Prozent aller Personen, die sich dank Heirat erleichtert einbürgern lassen konnten. In der Hälfte der Fälle führt das Verfahren zur Aberkennung der Einbürgerung. Zudem, so die Argumentation der Rechts-Mitte-Mehrheit, werde die Glaubwürdigkeit der übrigen Einbürgerungen erhöht, wenn man strenger ahnde, sobald gelogen werde.

Heiratsverbot für Sans-Papiers

Das Parlament geht noch weiter: Nach dem Nationalrat hat diese Woche auch der Ständerat entschieden, dass in der Schweiz nur noch heiraten darf, wer eine legale Aufenthaltsbewilligung hat. Dies kommt einem Heiratsverbot für Sans-Papiers gleich. Bisher handhaben die Kantone diese Frage verschieden. Im Kanton Bern zum Beispielt war es bisher unter bestimmten Umständen möglich, dass etwa eine Ecuadorianerin, die seit mehreren Jahren illegal hier anwesend ist und Büros putzt, einen Schweizer heiratet, in den sie sich hier verliebt hat. Dies wird bald in der ganzen Schweiz verboten sein.

Weiterhin kein Problem ist es jedoch, sich als Schweizerin oder Schweizer im Ausland eine Frau zu besorgen. Wer sich in Tunesien in einen hübschen schwarzen Mann verliebt oder in Thailand eine Frau findet, der kann wie bisher im Herkunftsland des neuen Partners heiraten und die Ehe dann in der Schweiz anerkennen lassen. Dies ist je nach Land zwar mit einigem Papierkrieg verbunden. In Afrika wird die Schweizer Botschaft gar einen Vertrauensanwalt zurate ziehen, der abklärt, ob der Mann bereits verheiratet ist, denn in verschiedenen Ländern ist die Polygamie erlaubt. Dennoch sind diese Verfahren meist schon in wenigen Monaten abgeschlossen.

Die Zahl der neu geschlossenen Ehen zwischen Schweizerinnen und Ausländern ist in den letzten zwanzig Jahren um 90 Prozent gestiegen. Um 14 Prozent zugenommen hat die Zahl der Ehen zwischen Schweizern und Ausländerinnen. Die Zahl der Ehen zwischen Schweizerinnen und Schweizern ist um 12 Prozent gesunken.

--

Der Kampf um die Einbürgerungssprache

Französisch oder Deutsch?

Wer aus Algerien kommt und Berner werden will, muss kein Deutsch lernen. Dies könnte sich aber bald ändern.

Christian von Burg

Die SVP wollte hohe Anforderungen stellen: Wer sich in der Schweiz einbürgern lassen will, soll künftig nicht mehr nur eine Landessprache sprechen, sondern "die Amtssprache der Einbürgerungsgemeinde in Wort und Schrift beherrschen". Der Nationalrat lehnte dieses Begehren gestern mit 107 zu 53 Stimmen ab. Bei solchen Anforderungen müsste auch einem beträchtlicher Teil der Schweizer das Bürgerrecht abgesprochen werden, wurde argumentiert. Die Mehrheit vertrat den Standpunkt, dass auch gut integrierte Analphabeten eine Chance auf Einbürgerung haben sollten.

Einig war sich der Rat jedoch darin, dass künftig die minimalen Anforderungen an die Integration und die Sprachkenntnisse für Bund, Kantone und Gemeinden verbindlich festzulegen seien. Heute gehen diese Anforderungen weit auseinander. Einige Gemeinden machen Sprachtests, andere nicht. Vor allem aber gelten in den Kantonen verschiedene Voraussetzungen: Meist ist die Verständigung in der jeweiligen Landessprache die Voraussetzung für eine Einbürgerung. In den grösseren Kantonen, darunter auch Bern, gelten alle Landessprachen. Ein Algerier zum Beispiel, der Berner werden will, muss auch nach zwölf Jahren noch kein Deutsch sprechen, um eingebürgert zu werden; Französisch reicht aus.

Englisch gilt auch

Das bisherige Bürgerrechtsgesetz schweigt sich zur Frage der Sprachbeherrschung bei Einbürgerungen aus. Vorgeschrieben wird lediglich ein allgemeines "Vertrautsein mit den Sitten und Gebräuchen" der neuen Heimat. Dies macht es gar möglich, dass ein Neuseeländer in der Ostschweiz eingebürgert wurde, der nur Englisch spricht. Das Bundesverwaltungsgericht stützte diesen Entscheid, weil der Familienvater gut integriert sei und sich mit den meisten Leuten in der Umgebung auf Englisch verständigen könne.

Nun soll das Bürgerrechtsgesetz revidiert und vereinheitlicht werden. Voraussichtlich im Herbst geht es in die Vernehmlassung.

--

Kommentar

Recht auf Heirat akut bedroht

Christian von Burg

Wer sagt, Scheinehen seien in der Schweiz kein Problem, verschliesst die Augen: Es ist stossend, wenn jemand durch einen Deal mit einer Drogenabhängigen das Aufenthaltsrecht in der Schweiz bekommt. Wer mit Geld oder Drogen eine Scheinehe oder gar eine Einbürgerung erkauft, soll bestraft werden. Richtig ist auch, dass die Behörden Heiraten im Milieu genauer unter die Lupe nehmen. Es darf nicht möglich sein, dass ausländische Frauen ihren Zuhälter heiraten, um in

der Schweiz möglichst ohne Beeinträchtigung durch die Fremdenpolizei Prostitution betreiben zu können. Scheinehen sind auch ein Affront für all diejenigen Ausländer, die sich an die Regeln halten und 12 Jahre warten, bis sie sich einbürgern lassen können.

Wer den Missbrauch ahnden will, darf jedoch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Die überwiegende Zahl der Paare heiratet aus Liebe oder aus anderen, pragmatischen Gründen, die nicht verwerflich sind. Es gibt ein Recht auf Heirat. Dies ist in der Verfassung festgeschrieben. In seinem Eifer, mögliche Schlupflöcher im Asylwesen zu stopfen, hat das Parlament nun beschlossen, dass dieses Recht nicht mehr für alle gelten soll: Sans-Papiers und abgewiesene Asylbewerber dürfen in der Schweiz nicht mehr heiraten.

Dies führt zu einer absurden Situation: Wer in Djerba einen Tunesier kennenlernt oder in Bangkok eine Thailänderin, hat es unterdessen wesentlich einfacher, eine binationale Ehe in der Schweiz anerkennen zu lassen, als wer in der Schweiz jemanden kennenlernt, der womöglich schon seit Jahren hier lebt, arbeitet und mit dem Land gut vertraut ist. Die Schweiz macht es ihren Bürgern einfach, im Ausland auf Brautschau zu gehen, und baut im Inland Hürden auf, die zu grossen persönlichen Tragödien führen können. Theoretisch kann ein betroffenes Paar zwar in der alten Heimat des ausländischen Partners heiraten und diese Heirat danach in der Schweiz legalisieren lassen. In vielen Fällen ist dieser Weg aber kaum gangbar - sei es aus wirtschaftlichen Gründen oder weil im entsprechenden Land ein Bürgerkrieg herrscht.

Trotz der berechtigten Diskussion über Scheinehen ist der Generalverdacht für binationale Ehen nicht zulässig. Gerade mal eine von hundert erleichterten Einbürgerungen muss von den Behörden genauer auf eine Scheinehe überprüft werden. Deshalb sollten auch Heiratsanträge von Sans-Papiers weiterhin geprüft werden können.

--------------------------------------------------
DEMO FLÜCHTLINGSTAG
--------------------------------------------------

Rundmail 27.5.09

--- zum weiterleiten und veröffentlichen!!! ---

INTERNATIONALER FLÜCHTLINGSTAG

DEMONSTRATION

"FESTUNG EUROPA STÜRMEN ? GEGEN NATIONALISMUS, RASSISMUS UND AUSBEUTUNG!"
Samstag, 20. Juni 2009, 13:30 Uhr, Landesmuseum (neben Hauptbahnhof), Zürich

Das "Antirassistische Netzwerk" ruft anlässlich des internationalen Flüchtlingstages am 20. Juni 2009 zu einer Demonstration in Zürich auf. Damit wollen wir ein politisches Zeichen gegen Unmenschlichkeit und die "Festung Europa" setzen und unsere Solidarität mit allen Menschen auf der Flucht und im Exil ausdrücken.

Weltweit sind laut UNHCR rund 67 Millionen Menschen auf der Flucht. Fast 90 Prozent aller Flüchtlinge fliehen innerhalb ihrer eigenen Länder oder in eines der angrenzenden Nachbarländer. Nur ein Bruchteil dieser Menschen macht sich auf den Weg in Richtung Europa. Vor den Toren Europas ist dann aber sowohl im Süden wie auch im Osten kein Weiterkommen mehr, denn Europa hat seine Aussengrenzen schon lange dicht gemacht. Mit Mauern, Stacheldrähten und einer riesigen Überwachungsmaschinerie gleicht Europa immer mehr einer uneinnehmbaren Festung. Für Menschen auf der Flucht bedeutet das, dass sie immer längere und gefährlichere Fluchtwege auf sich nehmen müssen. Es ist ein Krieg, der vor den Toren Europas tobt. Ein Krieg in dem Kriegsschiffe, Armeehelikopter, Hightech und europäische Elitetruppen gegen Flüchtlinge in restlos überfüllten Booten eingesetzt werden und der indirekt jedes Jahr Tausende von Toten fordert. Das Mittelmeer ist längst ein Massengrab. Alleine vor Italien sind in den letzten zehn Jahren rund 10 000 Flüchtlinge gestorben! Und die "humanitäre" Schweiz und das selbstgerechte Europa? Sie investieren auch weiterhin Millionen um die Aussengrenzen Europas noch unbezwingbarer und tödlicher zu machen. Sie kollaborieren dabei mit diktatorischen Regimes, die die Menschenrechte mit Füssen treten. Wer es trotzdem ? oft nach jahrelanger Odyssee ? bis hierhin schafft, den erwartet ein eisiger Wind. Struktureller und offener Rassismus, Ausbeutung als BilliglohnarbeiterIn, Gefängnis wegen illegalem Aufenthalt, soziale Kontrolle und totale Überwachung sind nur einige der Realitäten, mit denen sie konfrontiert sind.

Schon das Römische Imperium importierte Sklaven, Edelmetalle und Nahrungsmittel aus fernen Ländern nach Europa. Daran hat sich nichts geändert und unser Reichtum basiert auch heute noch auf der Ausbeutung ärmerer Länder. Jahrhunderte Kolonialismus und Abhängigkeit haben tiefe Spuren hinterlassen. Doch statt die historische Verantwortung wahrzunehmen, schotten sich Europa und die Schweiz ab. Waren und Rohstoffe sind willkommen, Menschen, deren Existenzgrundlage für unseren Wohlstand zerstört wurde und wird, hingegen nicht. Noch vor hundert Jahren waren Armut und Hunger ein steter Begleiter der Menschen in der Schweiz. Viele sind vor dem Elend geflüchtet und ausgewandert. Heute leben wir in einer neuen Zeit. Die Schweiz ist nun eines der reichsten Länder der Welt. Sie ist federführend an der Abschottungs- und Ausgrenzungspolitik Europas beteiligt.

Unser heutiger Wohlstand ist die bittere Armut in anderen Teilen der Welt. Deshalb braucht es sichtbare sowie unsichtbare Mauern und das Konstrukt "Nation" und "Europäische Union", um diesen Reichtum zu schützen. Dass der Preis dafür jedes Jahr tausende von Menschenleben ist, wird von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung stillschweigend, wenn nicht gar applaudierend, hingenommen. Setzen wir deshalb ein starkes Zeichen gegen Rassismus, Ausbeutung und Unterdrückung. Die Geschichte und das Wissen verpflichten zum Handeln. Denn wer schweigt stimmt zu!!

--------------------------
HOMOPHOBIE
--------------------------

Tagesanzeiger 29.5.09

Schwul ist okay, aber nicht auf dem Pausenplatz

In Zürich läuft das Festival für Homosexuelle. Aber trotz der Euro-Pride ist "schwul" für Jugendliche vor allem ein Schimpfwort. Das zeigt der Besuch einer Schulklasse.

Von Andrea Schafroth

"Wääh, du Schwulo!" Der Aufschrei ist auf dem Pausenplatz gang und gäbe. Auchunter den Sechstklässlern des Schulhauses Turner in Zürich. An einem Freitagmorgen sitzen sie im Kreis in ihrem Schulzimmer, 20 Mädchen und Jungen, zwölf bis dreizehn Jahre alt, und geben munter Auskunft: "Das ruft man, wenn einer was ‹Gruusiges› macht." Also, nicht wirklich "gruusig", halt "wenn einer dem anderen versehentlich an den Hintern langt oder so".

Sämtliche Jungen der Klasse sind schon mit "schwul" traktiert worden, auch von den Mädchen. "Nicht weiter schlimm", finden sie. Ausser wenn zwei sich nicht mögen oder jemand eher ein Aussenseiter ist: Dann wird der Spruch zur durchaus aggressiv gemeinten Beleidigung.

Warum denn gerade dieser Begriff so beliebt sei als Schimpfwort? Mit "echtem" Schwulsein habe es nichts zu tun, finden die Schüler, das sei so ähnlich wie mit dem Wort "Missgeburt". Und warum "lesbisch" kein Schimpfwort sei? "Vielleicht, weil man lesbische Frauen weniger sieht als schwule Männer", meint jemand. Schwule Männer nehmen die Schüler vor allem als überdrehte Casting-Teilnehmer - Farbtupfer dieser Shows -, wahr. Oder als extravertierte Exoten auf den Umzugswagen am Christopher Street Day. Beides finden sie abstossend: "Tanzende Männer in knallengen violetten Hosen - eklig!"

Ronaldo schwul? Unvorstellbar!

Von lesbischen Frauen lesen sie allenfalls in Hochglanzheftchen. Vor allem die Schülerinnen wissen bestens Bescheid über Lindsay Lohans Liebesdrama mit ihrer DJ-Freundin und registrieren, wie Pink sich als bisexuell vermarktet: "Das nimmt man aber nicht ernst, das ist weit wegund so eine Promi-Mode." In Wirklichkeit können sich die Schüler eine "Lesbe in Röhrlihosen und Stöckelschuhen" nicht vorstellen. Man habe einfach dieses Bild vor sich: "kurze Haare, weite Kleider".

Klar, weiss die Runde, dass das Klischees sind, denen längst nicht alle Homosexuellen entsprechen. Dass man vielen Menschen ihre sexuelle Orientierung nicht ansieht - "etwa Sven Epiney". Trotzdem: Schwule Fussballer passen einfach nicht ins Bild. "Eigentlich ist das ihr Privatleben", sagt eine Schülerin, "aber fürs Team wäre es schwierig, die müssen ja auch zusammen duschen und so." Und ihre Kollegin: "Fussballer haben doch so Modelfreundinnen, die hammermega aussehen und während des Spiels immer am Fernsehen gezeigt werden. Jetzt stellt euch mal einen Ronaldo mit einem Freund vor, der ihn anfeuert." Gelächter. Und selbst wenn ein Fussballer schwul wäre, outen würde der sich kaum, so der Tenor der Klasse. Der würde doch glatt seine Anhänger verlieren: "Fussballfans gehören nicht grad zu den offensten Menschen."

Eigentlich sind diese Sechstklässler ja aufgeschlossen. Die grosse Mehrheit ist für die "Homo-Ehe" und findet eine Vereinigung homosexueller Polizisten okay. Auch ein schmusendes Lesbenpärchen auf der Parkbank ist nicht schlimm, vielleicht auf den ersten Blick "etwas komisch".

Und doch, im Kollegenkreis existiert Homosexualität nur in Form eines Schimpfwortes, entsprechend sind die Berührungsängste gross: Wenn der beste Freund, die beste Freundin sich outen würde, wäre das ein Problem. Eine der Schülerinnen hat über ein Mädchen gelesen, das von ihrer lesbischen Kollegin nachts im Bett plötzlich gestreichelt wurde: "Ich hätte immer Angst, dass irgendwann mal so etwas passiert."

Unbewusst schwingt da wohl die Furcht mit, selbst betroffen zu sein: "Ein paar von uns haben vorhin darüber geredet", sagt eine Schülerin, "wenn wir wählen könnten, ob wir homosexuell oder heterosexuell zur Welt kommen, würden wir heterosexuell wählen." Kein Wunder, die Jugendlichen wissen genau, wie schwer es ein homosexueller Kollege hätte. Sie sind gerade in dem Alter, da Mädchen am liebsten über "süsse Jungs" und "geile Bodys" schwärmen, und Jungen darüber verhandeln, auf welche Mädchen man allenfalls stehen könnte. Undenkbar, dass unter ihnen Mädchen so über Mädchen und Jungen über Jungen reden: "Das würde jemand gar nicht erst versuchen, er oder sie hätte viel zu viel Angst, gedisst zu werden, also fertiggemacht."

Gerade mal von einem einzigen Schüler im benachbarten Oberstufenschulhaus haben sie gehört, der sich als schwul geoutet habe - und entsprechend ausgegrenzt werde. "Irgendwie wirkt das für Jugendliche unnatürlich", sagt ein Schüler. Und ein anderer: "Ich würde einem lesbischen Mädchen empfehlen, es solle mal versuchen, ob es sich nicht doch für Jungs begeistern kann." Ein Mädchen protestiert: "Du kannst doch nicht einfach deine Gefühle abstellen!" Er: "Ich meine ja nur ausprobieren, damit sie es einfacher hat. Und vielleicht ist sie ja bisexuell."

Wenn Betroffene zu Besuch kommen

Eine Woche später erhält dieselbe Klasse Besuch von Tania, Michi und Verena. Tania ist 23 und studiert Pharmazie: langes, hellbraunes Haar, schwarze Brille, Nasenring. Sie ist lesbisch. Michi (21), in braunen Dreiviertelhosen, die, wie es sich gehört, tief unten am Gesäss hängen, ist schwul. Er ist noch Gymnasiast - und spielt gerne Fussball! Verena (70), einst Lehrerin, ist Mutter eines heute erwachsenen schwulen Sohnes. Die drei gehören der Vereinigung GLL - Gleichgeschlechtliche Liebe leben - an, die in verschiedenen Deutschschweizer Kantonen Schulklassen besucht, um aus Betroffenensicht über das Thema Homosexualität aufzuklären.

Was, so normal sind Homosexuelle?

Ein Pulk neugieriger Schüler versammelt sich um den Büchertisch, den die GLL-Leute eingerichtet haben: Gekicher, Getuschel, Ausrufe. Danach erzählen Tania und Michi ihre Comingout-Geschichten. Unverblümt berichtet die junge Frau, wie sie mit dreizehn vor ihrer Klasse in Tränen ausbrach, weil sie sich in eine Frau verliebt hatte. Und Michi beschreibt, wie er in der Schule als "Schwuchtel" oder "Schwuli" beschimpft worden sei. Wie er dann eines Tages auf den Spruch "Ist der Typ, der dich abgeholt hat, dein Freund?" geantwortet habe: "Ja, das ist mein Freund." Und seither akzeptiert werde.

Die Augen der Schüler sind gespannt auf die Erzählenden gerichtet. Später gibt es noch eine nach Geschlechtern getrennte Fragerunde ohne Beisein von Lehrerin und Journalistin. In diesen kleinen Runden, sagt Tania, würden von den Schülern oft sehr konkrete Fragen gestellt - bis hin zu Details, wie, ob sie beim Sex mit der Freundin Gurken oder Rüebli verwende. Sie versuche dann, die vielen mit dem Thema Homosexualität verbundenen Projektionen zu relativieren. Was ihr zu gelingen scheint: Danach erzählen die Schüler von Schwulen und Lesben im Bekanntenkreis ihrer Eltern, die sie als "ganz normal" erleben. Und stellen Fragen über Fragen: "Wie hoch ist der Anteil homosexueller Menschen weltweit?" - "Wird etwas getan gegen die Verfolgung von Homosexuellen in Ländern wie Saudiarabien?" - "Ab wann ist etwas homophob? Hatte George W. Bush so eine Phobie?"

Am Ende gehen die Schülerinnen und Schüler von sich aus bei den dreien vorbei und schütteln ihnen zum Abschied die Hand. Die Jugendlichen, sagt Verena, seien jedes Mal erstaunt, "dass wir so normal sind". Tatsächlich: "Ich war überrascht", sagt ein Junge nach dem Besuch, "man hat ihnen gar nichts angemerkt."


Infos zum Schulprojekt: http://www.gll.ch Anlaufstelle für Jugendliche: Fachstelle für Sexualpädagogik Lust und Frust: http://www.lustundfrust.ch; Site für Jugendliche vor Comingout: http://www.du-bist-du.ch

--

"Feminines Gebaren schreckt ab, es passt nicht ins Männlichkeitsbild"

Jugendliche möchten zur Norm gehören. Sie haben wenig Kontakt zu geouteten Schwulen und Lesben und deshalb Vorurteile und Berührungsängste.

Mit Lukas Geiser und Lilo Gander* sprach Andrea Schafroth

Es gibt die Euro-Pride, spezielle Reisebüros, Spitex und eine Polizistenvereinigung für Homosexuelle. Warum ist "schwul" unter Jugendlichen trotzdem ein Schimpfwort?

Lilo Gander: Das Klima wirkt heute aufgeschlossen, aber es gibt nach wie vor homophobe Positionen, und das bekommen die Jugendlichen mit.

Lukas Geiser: Und sie möchten ja vor allem eines: zur Norm gehören, also nicht zu einer Minderheit, die erst noch teilweise diskriminiert wird. Indem sie "schwul" als Schimpfwort benutzen, signalisieren Jugendliche auch: "Ich selbst bin es im Fall nicht."

Aber warum ist gerade "schwul" so verbreitet? Es gäbe zig andere Merkmale, die nicht der Norm entsprechen.

Gander: Pubertierende sind auf der Suche nach sexueller Identität. Dass diesexuelle Orientierung der Mehrheit entspricht, ist deshalb besonders wichtig.

Weshalb wird "lesbisch" kaum benutzt?

Gander: Die Konnotation ist weniger negativ. Geiser: Ich erlebe das bei Schulbesuchen: Die Vorstellung, dass zwei Frauen zusammen Sex haben, finden viele noch schön. Das Bild, dass ein Mann einem anderen körperlich nahe kommt, ist dagegen einfach nur "wääh!".

Hat die Ablehnung auch damit zu tun, dass Jugendliche schwule Vorbilder oft als "tuntig" erleben, etwa am Christopher Street Day?

Geiser: Klar, feminines Gebaren von Schwulen schreckt sie ab, weil es nicht ins Männlichkeitsbild passt.

Verbreitet ist auch die Angst (s. Text oben), dass der schwule Kollege, die lesbische Kollegin auf einen "stehen" könnte.

Gander: In einer Oberstufenklasse hat sich ein Mädchen als lesbisch geoutet. Die Schüler haben mit ihr die Abmachunggetroffen, dass sie die anderen Mädchen nicht anmachen darf. Diese Abgrenzung hat mit der Ambivalenz der Gefühle zu tun: Ein Mädchen fürchtet unbewusst, es könnte es vielleicht schön finden, von einem anderen gestreichelt zu werden. Geiser: Oder ein Junge hat das Gefühl: Wenn mich ein Schwuler auch nur berührt, gehöre ich auch schon dazu.

Fehlt Jugendlichen, die gleichgeschlechtlich empfinden, dadurch nicht die ganze spielerische Phase der sexuellen Annäherung?

Geiser: Das ist unterschiedlich - wie bei Heterosexuellen auch. Es gibt Mädchen, die mit zwölf schon einen Freund haben, und solche, die mit sechzehn noch nie verliebt waren. Auf deranderen Seite finden auch homosexuelle Jugendliche Möglichkeiten, bei Gleichgesinnten anzudocken und zu flirten.

Sie leben es aber kaum offen aus. Auf dem Pausenplatz sieht man jedenfalls kaum schwule oder lesbische Pärchen.

Geiser: Die sexuelle Identität zu finden, ist für jemanden, der oder die homosexuell empfindet, sicher schwieriger - oft ein richtiger Eiertanz.

Kann das auch zum Problem werden?

Geiser: Sicher. An einer Tagung über sexuelle Orientierung wurde kürzlich eine Studie präsentiert, die belegt, dass zum Beispiel schwule Jungen deutlich öfter Selbstmordgedanken haben und auch ihre Suizidrate höher ist.

Lässt sich da etwas ändern? Dass Jugendliche zur Norm gehören wollen und gnadenlos mit Andersartigen umgehen, ist doch auch entwicklungspsychologisch bedingt?

Gander: Eine rigide Phase gehört tatsächlich dazu, um danach wieder aufzumachen und zuzulassen. Besonders zwischen dreizehn und sechzehn. So mit achtzehn ist das schon wieder aufgeweicht, die Peer Group hat sich dann diversifiziert in verschiedene Szenen.

In der "harten" Phase ist nichts zu machen?

Geiser: Doch, aber nicht die Jugendlichen, sondern die Erwachsenen müssen ihre Hausaufgaben machen und die Vielfalt immer wieder thematisieren.

Reicht das? Die Jugendlichen wirken oft durchaus aufgeschlossen, grenzen aber den schwulen Kollegen trotzdem aus.

Geiser: Es genügt nicht, generell eine offene Haltung zu signalisieren, es braucht die wiederholte konkrete Auseinandersetzung mit den Thema. Jugendliche haben etwa wenig Kontakt zu geouteten Schwulen und Lesben, Schulprojekte mit Homosexuellen sind deshalb ein Mittel, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen.

Und was ist mit dem Schimpfwort "schwul"? Es gehört ja praktisch zum Slang.

Gander: Da sollten Erwachsene intervenieren, Jugendsprache hin oder her. Geiser: Die Jugendlichen sprechen ja sogar von den "schwulen Aufgaben", die sie noch machen müssen. Das ist aus ihrer Sicht unverfänglich, aber der Begriff ist nun mal personenbezogen und abwertend gemeint. Stellen Sie sich vor, die Schüler würden stattdessen von "Negeraufgaben" reden, da würden die Erwachsenen sofort reagieren.

* Lilo Gander und Lukas Geiser sind Fachmitarbeiter der Zürcher Fachstelle für Sexualpädagogik Lust und Frust, einem Angebot der Schulgesundheitsdienste der Stadt Zürich und der Zürcher Aids-Hilfe.

---

amnesty.ch Mai 2009

Zürich, 28. Mai 2009

"Sexuelle Orientierung und Migration"
Vortrag und Podiumsdiskussion

Der Vortrag und die anschliessende Podiumsdiskussion werden sich mit der spezifischen Situation von sexuellen Minderheiten, mit den Fluchtgründen sowie dem Asylverfahren in Bezug auf sexuelle Orientierung und Identität in der Schweiz beschäftigen. Zudem werden Verbesserungsmöglichkeitender und die mögliche Unterstützung von LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual) Aktivisten diskutiert.

Gemeinschaftszentrum Bäckeranlage, Grosser Saal, Hohlstrasse 67, Zürich
Ab 19h00

---

Indymedia 27.5.09

Sexuelle Orientierung und Öffentlichkeit in Südosteuropa ::

AutorIn : a3yo: http://www.a3yo.noblogs.org     

Vermutlich auch durch den Mainstream nicht ganz unbekannt dürfte sein, dass es in vielen Ländern (Süd)osteuropas kaum oder nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen möglich ist, sich offen als LGBT... (lesbisch-schwul-bi-trans-...) Mensch zu bewegen oder gar öffentlich einen Pride - Parade abzuhalten. Auch dieses Jahr werden in vielen dieser Länder dennoch Paraden stattfinden.

Ich habe im Folgenden einige Informationen hierzu gesammelt und übersetzt:

- Aus dem Aufruf zur Zagreb Pride 2009
- Aus einer e-mail des Organisationskomitees für den Gay-Pride 2009 in Bulgarien
- Die Selbstdarstellung der Gruppe "Queer Beograd"     


Aus dem Aufruf zur Zagreb Pride 2009:

"Wir möchten die Gelegenheit nutzen, Euch alle einzuladen, am Zagreb Pride 2009 teilzunehmen und diesen zu unterstützen. Pride-Events dienen zum öffentlichen Versammeln von Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, transsexuell und intersexuell (LGBTIQ) begreifen.
Und so ein Treffen von äußerst politischer und sozialer Wichtigkeit darstellt. Eure Präsenz würde die LGBTIQ Community in Südosteuropa bestärken, für unsere Rechte zu kämpfen und einen starken Einfluss auf kroatische Institutionen, politische Organisationen und die Öffentlichkeit haben, Rechte von LGBTIQ Menschen zu untestützen und zu befürworten.
Werte, die die Zagreb Pride fördert sind: Gleichheit, Vielfältigkeit, Frieden/Antimilitarismus, Schutz der Natur und Laizismus. Diese Werte stammen von einer queer-feministischen Plattform, die Sexismus und Homo/Bi/Transphobie bekämpft und der internationalen LGBTIQ Bewegung, und der Befürwortung von antifaschistischer, grüner und friendensorientierter Politik."

Aus einer e-mail des Organisationskomitees für den Gay-Pride 2009 in Bulgarien:

"Wir schreiben Euch, um Euch darüber zu informieren, dass die Gay-organisation "Gemini" und andere Aktivist_innen bereits dabei sind, den zweiten Gay Pride in Sofia zu organisieren. Wir möchten Euch darüber informieren und fragen, ob Eure Organisationen, Gruppen und Unterstützer_innen und Verbündeten Interesse haben, am Pride diesen Juni teilzunehmen.
Das geplante Datum für dieses Jahr ist der 27.Juni. Da es ein hohes Risiko gibt, dass lokale Pro-Nazis und Faschisten mobilisieren, um das Event niederzuringen bitten wir, mit dieser Information vertraulich umzugehen und dieses Datum nicht allzuweit zu verbreiten. Es wird am 17.Mai offiziell angekündigt werden."
Auf dem bulgarischen Indymedia und der Homepage der Organisation "Gemini" ist dieses Datum bereits verfügbar, so dass nach meiner Einschätzung die Verbreitung über diesen Blog und den deutschsprachigen Indymedias nicht höhere Risiken mit sich bringen wird.
Weiter wird beschrieben:
"Für den Pride haben wir dieses Jahr massive Sicherheitsvorkehrungen getroffen, die für uns alle eine große Bedeutung besitzen. Diese Pride Parade wird den bulgarischen Parlamentswahlen vorangehen, die in den Ferien danach stattfinden werden. Dies bedeutet, dass wir im Whirlpool der politischen Hysterie, des Medienwahnsinns und einer stärkeren Nazi-Mobilisierung als letztes Jahr unsere Parade abhalten werden. Wir haben alle Signale, dass unsere regierende politische Klasse ihr Bestes tun wird, die Schmerzen der LGBTs an diesem Tag durch Delegitimierung zu vermeiden und zu verdrängen - unser kürzlicher Fall war, das Familienrecht für gleichgeschlechtliche registrierte Partner_innenschaften zu öffnen.
Daher rechnen wir mit Beidem, mit offenen gewalttätigen Angriffen und bürokratischer Toleranz, gedeckt durch inaktive Rechtsgrundlagen neben der Unsichtbarkeit von LGBTs und Verspottung der Repräsentant_innen.
Neben der Parade wird es dieses Jahr ein kleines Kulturprogramm geben, das gleich nach der Parade im Red-House Kultur und Debattier-Zentrum stattfindet und einen Tag später, sowie eine After-Party im ID Club.
Zusätzlich haben wir ernsthafte Unterstützung von Mitgliedern des europäischen Parlamentes und Repräsentant_innen von Menschenrechtsgruppen zugesagt bekommen, die sich unserem Marsch anschließen wollen, und die uns in einer Pressekonferenz begleiten werden, die am gleichen Tag wie der Pride etwas früher stattfinden wird.
Wir sind mehr als glücklich, wenn einige von Euch dabei sind!
Wenn Du/Ihr am Pride am 27.Juni teilnehmen möchtet, kontaktiert uns. Wir warten auf Euch alle!"

Die Selbstdarstellung der Gruppe "Queer Beograd":

"QueerBeograd ist eine Gruppe von Menschen, die sich entschieden haben, gegen die Gewalt aufzustehen:
Weil der erste Versuch, eine Pride Parade in Belgrad 2001 durchzuführen von einer großen Gruppe von gewalttätigen homophoben Hooligans blockiert wurde. Weil diese Gewalt ein Resultat der Kriege, des Klerikalismus, Nationalismus, Militarismus und Machismo ist, der in den letzten 15 Jahren in Serbien die Mainstream-Politik bestimmt. Weil der zweiter Versuch, die LGBTTIQ Community und deren Politik in den Straßen von Belgrad sichtbar zu machen in 2004 abgesagt werden musste, weil die Organisator_innen die Sicherheit der Teilnehmer_innen nicht gewähren konnte. Weil der Staat und die Bürger_innen noch immer ignorant sind gegenüber den Problemen der LGBTTIQ Bevölkerung und all der anderen, die "anders" sind.
Weil Menschenrechte alltäglich verletzt werden.
Daher haben wir ein neues Konzept - wir weisen es zurück, Zeit zu investieren uns zu ängstigen über die Gewalt, die uns zustossten könnten und private Securities oder Polizei anzuheuern. Wir wollen eine interessante Kooperative auf internationaler und lokaler Ebene bilden zwischen den Menschen, um Freude zu haben und queere Politik voranzubringen. In diesem Zusammenhang heißt queer, die sozialen Regeln zurückzuweisen und immer wieder die Normen patriarchaler Traditionen zu hinterfragen. Um Platz zu schaffen über die engen Schachteln von Homo- oder Heterosexualität hinaus, um uns gegenseitig das "Privilleg" der Selbstdefinition zu erlauben. Um eine radikale Politik zu entwickeln, die die Verwobenheit von allen Formen von Unterdrückung anerkennt."

---

Weitere Informationen:

Die Homepage der Zagreb Pride (englisch und kroatisch):
 http://www.zagreb-pride.net

Weitere Informationen zur Zagreb Pride (englisch):
 http://en.wikipedia.org/wiki/Zagreb_Pride

Ein (bulgarischer) Artikel zum Thema Gay-Pride in Sofia findet sich hier:
 http://bulgaria.indymedia.org/article/35182

Kontakt zu den Organisator_innen in Sofia: sofiagaypride2009(at)gmail(dot)com
sowie über die Homepage der Organisation "Gemini":
 http://www.bgogemini.org/eng

Die Homepage der Gruppe "Queer Beograd" aus Serbien (englisch):
 http://www.eng.queerbeograd.org/

Ein (englischer) Artikel von B-92 aus Belgrad zum Pride dieses Jahr in Belgrad:
 http://www.b92.net/eng/news/society-article.php?yyyy=2009&mm=05&dd=27&nav_id=59415

Ein Video zum ersten Pride 2001 in Belgrad, der von einem klerikal-nationalistisch-homophoben Mob angegriffen wurde:
 http://www.youtube.com/watch?v=ppXVAocEHSk

------------------------------
STADTRAT 7.5.09
------------------------------

2 Kleine Anfrage Fraktion FDP (Mario Imhof, FDP): Rauchverbot ab 1. Juli 2009 in der Stadt Bern
Geschäftsnummer 09.000135 / 09/103 Reg. 31/-00

Das Rauchverbot resp. der Schutz der Passivraucher wird ab dem 1. Juli auch in Bern wirk-sam. Das Verbot gilt für alle öffentlichen Einrichtungen und Restaurants usw. Haftbar sind die Betreiber der entsprechenden Lokalitäten.
Ausnahmen werden keine gewährt.

In diesem Zusammenhang bitten wir den Gemeinderat, die folgenden Fragen zu beantworten:
1. Wie wird das Verbot in der Reitschule durchgesetzt und wer ist namentlich hier haftbar und welche Personen besitzen namentlich das Wirtpatent für die diversen Restaurants-betriebe insbesondere "Sous le Pont” und "Rössli"?
2. Wie wird das Verbot im Alkistübli, im Fixerstübli, in der Drogenanlaufstelle Hodlerstrasse und dem Lokal Dead-end konkret um- resp. durchgesetzt?
3. Was ist vorgesehen, falls das Verbot an diesen Orten (gemäss Frage 1 und 2) nicht durchgesetzt werden kann? Akzeptiert das der Gemeinderat? Oder führt er wieder - wie schon so oft mit der Reitschule - "Gespräche"? Führt er diese "Gespräche" dann auch mit allen anderen Lokalbetreibern in der Stadt Bern?
4. Wie verhält sich der Gemeinderat gegenüber allen andern Gaststättenbetreibern, die das Rauchen weiterhin gestatten, falls das Verbot in der Reitschule nicht durchgesetzt werden kann? Wird die Kontrolle ausgesetzt bis das überall funktioniert oder werden hier dann Bussen ausgesprochen?
5. Wird der Gemeinderat alle vor dem Gesetz gleich behandeln?
6. Ist die Polizei personell in der Lage das Verbot durchzusetzen?

Begründung der Dringlichkeit:
Der 1. Juli ist in 16 Wochen und wir (und viele Direktbetroffene) brauchen vorher unbedingt Klarheit.
Bern, 26. März 2009

Kleine Anfrage Fraktion FDP (Mario Imhof, FDP): Philippe Müller, Pascal Rub, Dolores Dana, Manfred Blaser, Christoph Zimmerli, Erich J. Ness, Ueli Jaisli, Peter Wasserfallen, Thomas Weil, Dieter Beyeler, Jimy Hofer, Peter Bernasconi

Der Direktor SUE Reto Nause beantwortet die Kleine Anfrage im Namen des Gemeinderats wie folgt:

Zu Frage 1: Das Polizeiinspektorat wird in der Reithalle wie in allen anderen über 600 Gast-gewerbebetrieben stichprobenweise Kontrollen durchführen und somit seinem Auftrag Folge leisten. Der jeweilige Inhaber der gastgewerblichen Betriebsbewilligung kann für Verfehlun-gen verantwortlich gemacht werden. Zudem können auch die Gäste, die gegen das Rauch-verbot verstossen, von der Kantonspolizei angezeigt werden.

Zu Frage 2: Das Alkistübli und die Drogenanlaufstelle unterstehen nicht dem Gastgewerbege-setz, sondern dem Gesetz von Passivrauchen und der dazugehörenden Verordnung. Gemäss Art. 4 kontrollieren die Gemeinden die Einhaltung des Rauchverbots. Das Polizeiinspektorat wird auch das Alkistübli und die Drogenanlaufstelle im Rahmen ihrer Ressourcen wie alle anderen öffentlich zugänglichen Innenräume kontrollieren. Die Drogenanlaufstelle ist seit dem 1. Oktober 2008 rauchfrei. Die Betreiberinnen und Betreiber der anderen Örtlichkeiten werden sich wie alle anderen auch Gedanken machen müssen, wie sie das Rauchverbot umsetzen werden. Auch das Lokal Dead-End untersteht im Moment nicht dem Gastgewerbegesetz. Es ist jedoch ein Verfahren im Gang, welches dies ändern möchte. Das Lokal Dead-End wird wie alle anderen Betriebe die Regeln einhalten müssen. Dafür wird in Zukunft die Bewilligungsin-haberin oder der Bewilligungsinhaber sein.

Zu Frage 3: Das Verbot wird wie auch in anderen öffentlich zugänglichen Orten kontrolliert und durchgesetzt. Bei Nichteinhalten der Bestimmungen werden die in den gesetzlichen Be-stimmungen vorgesehenen Massnahmen vollzogen.

Zu Frage 4: Die gesetzlichen Bestimmungen werden überall gleichermassen durchgesetzt. Es wird kontrolliert und Anzeige erstattet, sofern gegen die Bestimmungen verstossen wird.

Zu Frage 5: Ja.

Zu Frage 6: Es sind keine personellen Ressourcen gesprochen worden, um das Rauchverbot zu kontrollieren. Die Stadt Bern verfügt über mehr als 600 Gastgewerbebetriebe, dazu kommt eine Vielzahl von öffentlich zugänglichen Innenräumen, in denen das Rauchen verboten wird. Das Polizeiinspektorat wird im Rahmen der Ressourcen Kontrollen vornehmen. Aufgrund der grossen Anzahl der zu kontrollierenden Örtlichkeiten wird das stichprobenweise geschehen.
Mario Imhof (FDP): Bei Frage 1 wurde meine Frage nicht beantwortet. Wenn das Lokal Dead-End nicht unter das Gastgewerbegesetz fällt, weil dort nur spezielle Leute verkehren können, dann könnte man im Ratshaus auch wieder mit Rauchen anfangen, weil es nur für uns zu-gänglich ist. Ich bin mit der Antwort überhaupt nicht zufrieden.

---

5 Kleine Anfrage Manfred Blaser (SVP): Keine zweite Drogenanlaufstelle: Was kos-tet uns die Zwängerei des Gemeinderats
Geschäftsnummer 09.000134 / 09/104 Reg. 35/-00

Wie wir alle wissen, wurde das Vorhaben eine zweite Drogenanlaufstelle an der Murtenstras-se zu betreiben, dank dem vehementen dagegenhalten vieler besorgter Bürger und Gewerbler sowie dem abschlägigen Entscheid des Kanton Bern verhindert. Es muss jedoch davon aus-gegangen werden, dass die Direktion BSS und ihre Vorsteherin Frau Gemeinderätin Olibet durch ihr zwanghaftes. Dafürhalten, die Drogenanlaufstelle zu verwirklichen, kosten ausgelöst hat. Deshalb möchte ich vom Gemeinderat wissen:
1. Wurden bauliche Massnahmen am Gebäude (Innen oder Aussen) zu Gunsten der Dro-genanlaufstelle an der Murtenstrasse vorgenommen und wenn ja, was kosteten diese?
2. Gab es sonstige Kosten, die aus dem Projekt: "zweite Drogenanlaufstelle Murtenstrasse" entstanden sind und wenn ja, welche?
3. Gibt es weitere Projekte, um eine zweite Drogenanlaufstelle in der Stadt Bern einzurich-ten?
4. Wo könnten zukünftige Standorte für eine zweite Drogenanlaufstelle realisiert werden?
5. In welchem Zeitraum plant der Gemeinderat, eine zweite Drogenanlaufstelle zu realisie-ren?

Bern, 26. März 2009

Die Direktorin BSS Edith Olibet beantwortet die Kleine Anfrage im Namen des Gemeinderats wie folgt:

Zu Frage 1: Es sind keine bauliche Massnahmen an der Murtenstrasse 26 weder innen noch aussen vorgenommen worden, ausser dass die versiegelte Türe wieder geöffnet worden ist.

Zu Frage 2: Ein Architekt ist mit der Standortabklärung beauftragt worden. Die Kosten für die Architekteneinschätzung haben sich auf Franken 839.30 belaufen. Zusätzlich hat das …ffnen und Verschliessen der Liegenschaft Kosten von Franken 471.30 verursacht.

Zu Frage 3-5: Allfällige Standorte für eine zweite Drogenanlaufstelle liegen nicht vor. Zurzeit gibt es auch keine weiteren konkreten Projekte, um eine solche einzurichten. Dem Gemeinde-rat ist es ein Anliegen, das Gebiet Bollwerk/Schützenmatt zu entlasten. Die Aufteilung von der Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige auf zwei Standorte erachtet der Gemeinderat grundsätzlich weiterhin als sinnvolle Strategie zur Weiterentwicklung der Drogenanlaufstelle und zur Entlastung des Gebietes Hodlerstrasse/Bollwerk/Schützenmatt. Die Realisierung ei-nes zweiten Standortes hängt auch von der Bereitschaft des Kantons ab, die daraus resultie-renden Kosten mitzufinanzieren.

--------------------------
BUCHLESUNG
--------------------------

Indymedia 28.5.09

W'thur: Die wilden Schafe ::

AutorIn : Libertäre Aktion Winterthur: http://www.libertaere-aktion.ch

Freitag 19. Juni 09, 20 Uhr
BlackBox, Albrechtstr. 1, 8406 W'thur

Lesung mit Werner Portmann zum Buch:
Die wilden Schafe
Max und Siegfried Nacht. Zwei radikale, jüdische Existenzen.

Das Buch "Die wilden Schafe" erinnert an zwei fast vergessene radikale jüdische Aktivisten und Theoretiker:
Siegfried und Max Nacht, die sich später Stephen Naft und Max Nomad nannten, gehören in der Geschichte der radikalen europäischen und amerikanisch/jüdischen ArbeiterInnenbewegung - und nicht nur dort - zu den interessantesten Figuren. Ihre Texte, teilweise unter Pseudonym geschrieben, sind Bestandteil eines radikalen, gesellschaftskritischen Diskurses geblieben, der sich gegen jede Art von Herrschaft und Totalitarismus wendet. Der Diskurs, der anhand ihrer Schriften, z.B. über Formen der ‚Direkten Aktion‘, geführt wurde und wird, findet aber ohne Kenntnis der eigentlichen Geschichte und der biographischen Hintergründe der Verfasser statt. Denn bis heute sind ihre spannenden Lebensgeschichten nicht aufgearbeitet worden.

Das Buch ist ein erstmaliger Versuch, die Biographien von Max Nomad und Siegfried Nacht nachzuzeichnen. Es untersucht ihre Lebenswege, die von Buczacz, einem ostgalizischen Schtetl über Zürich, Paris und London nach New York führten und zeigt ihren praktischen und theoretischen Einfluss auf verschiedene Bewegungen. Dabei wird dokumentiert, wie Siegfried Nacht im deutschen Sprachraum einen wesentlichen Beitrag leistete zur Bekanntmachung und Verbreitung des revolutionären Syndikalismus, inspiriert von der spanischen und französischen syndikalistischen ArbeiterInnenbewegung. Ebenso wird die damit verbundene antimilitaristische Propaganda in verschiedenen Ländern untersucht.
Das Buch thematisiert Siegfried Nachts Freundschaft mit Rudolf Rocker und dessen Einfluss auf ihn. Ebenso seine Rolle im Leben und Werk von Max Nettlau, dem er - wie auch sein Bruder Max - wichtige existentielle Hilfe leistete. Daneben wird Max Nachts Mitwirken bei der Verbreitung anarchistischer Ideen in Galizien und seine zeitweilige Arbeit im russischen Untergrund beleuchtet. Weiter geht das Buch auf Max Nachts, in späten Jahren entwickelten, "skeptischen Anarchismus" ein, der sich aus den Ideen des polnisch-russischen Revolutionärs Jan Waclav Makhaïski speist. Noch immer könnte dieser "skeptische Anarchismus" ein wichtiger Diskussionsbeitrag für alle diejenigen sein, die nicht ausschliessen, dass die AnarchistInnen von heute die ChefInnen von morgen sein könnten und für die es keine heiligen Kühe der Kritik und Selbstkritik gibt. Max Nachts manchmal polemische Beurteilung des Anarchismus, gehört trotz aller Überzeichnungen bis heute zum Besten, Ehrlichsten und Radikalsten, was gegen den Anarchismus geschrieben wurde und zeugt von einer gewissen Hassliebe von einem, der sich längst nicht mehr als Anarchist verstand, aber im Innersten nie die Hoffnung auf eine herrschaftslose Gesellschaft aufgegeben hat.

Das Buch ist nicht zuletzt ein Versuch, sich den Beiden anhand ihrer jüdischen Identität oder Nicht-Identität zu nähern. Zweier Juden ohne Gott, die sich immer als Assimilisten betrachtet haben, die auf und in die jüdische Kultur keine grosse Hoffnung mehr setzten und trotzdem lebenslang im Disput mit dieser Kultur und ihren ExponentInnen standen und nie aufhörten, sich in ihrem Umfeld zu bewegen.

-------------------------------------------
SPORT + ANTISEMITISMUS
--------------------------------------------

WoZ 28.5.09

Fussball und Antisemitismus-Gasgeräusche aus den Fanblocks, Hooligans mit Davidstern und die Angst vor der Signalwirkung: In der niederländischen Ehrendivision dienen Klischees von JüdInnen als Projektionsfläche für den Hass.

Bomben auf Rotterdam

Von Tobias Müller, Amsterdam

"Jodenbestuur!" schallt es drohend aus Dutzenden Kehlen in die Nacht - "Judenvorstand!" Gegenstände fliegen in Richtung des Klubhauses von Feye noord Rotterdam. Die Menge schüttelt die Fäuste, spuckt eine weitere Salve auf die vermeintlichen Juden, die sich drinnen vor den eigenen Fans verschanzen. Noch ein Schwung Flaschen und Bierdosen, dann prescht die Einsatzpolizei auf Pferden vor. Solche Szenen sind kein Einzelfall, sondern gehören zur fins teren Folklore rund um das Stadion De Kuip, wenn Feyenoord Rotterdam mal wieder ein Heimspiel verloren hat.

Nicht, dass in der Klubleitung tatsächlich Juden oder Jüdinnen sässen. Ebenso wenig ist irgendeine Affinität des Schiedsrichters zum Judentum bekannt, dem die Kurve zuvor mehrmals ein "Judenfreund" entgegenschleuderte. Doch "Jude" ist nun einmal die schlimmste Beleidigung, die einem einfällt, wenn man ein echtes Mitglied der "Legioen" ist, wie sich die Feyenoord-anhängerInnen nennen. Und es ist das Letzte, was bleibt, wenn sonst alles zerfällt, so wie in dieser just zu Ende gegangenen Saison, in der der Traditionsklub gefährlich lange in der Nähe der Abstiegszone festhing. Die alten Zeiten beschwört man dann, die vergangenen Erfolge, und die Feindschaft mit den "Juden" - dem verhassten Erzrivalen Ajax Amsterdam. Auch wenn dieser gar nicht auf dem Feld steht.

"Adolf, hier laufen noch elf"

Geht es tatsächlich gegen den früheren Serienmeister aus der Hauptstadt, entlädt sich in so manchen Fanblöcken ein wahres Horrorkabinett von Holocaustreferenzen: Zischgeräusche, die Gasduschen imitieren sollen. Hitlergrüsse. Gesänge wie "Wir gehen auf Judenjagd" oder "Adolf, hier laufen noch elf. Wenn du sie nicht vergast, tun wir es selbst." Vor allem in den letzten Jahren brachte es auch ein Chor zu einiger Berühmtheit, der zumindest verbal einen Schulterschluss propagiert, über dessen Aussage sich andernorts linke Szenen auf ewig zerstritten haben: "Hamas, Hamas, Juden ins Gas!" Doch es wäre ungerecht, nur den AnhängerInnen von Feyenoord zu unterstellen, sich so zu produzieren. Ähnliche Traditionen halten sich beim FC Utrecht und bei ADO Den Haag genauso seit Jahrzehnten. Gerade Utrechter Fans wurden dafür vor Auswärtsspielen in Amsterdam schon mehrmals aus der Stadt verwiesen. Und die Zischgeräusche finden sich auch bei diversen anderen Klubs.

Während das Israel-Informations- und -Dokumentationszentrum CIDI oder die Anne-Frank-Stiftung solche Entgleisungen als antisemitische Äusserungen protokollieren, wiegeln die Fans meist ab. Im Anhang von Feyenoord stösst man immer wieder auf Ausflüchte, man habe nichts gegen Juden, nur eben gegen den Klub, dessen Fans sich selbst so bezeichneten. Unlängst enthüllte Ronald Buijt, Stadtrat der rechten Protestpartei Leefbaar Rotterdam (Lebenswertes Rotterdam), er habe seine Jugend in der Feyenoordszene verbracht und dabei auch die Juden ins Gas geschrien. "Du bist jung und fanatisch und rufst diese Dinge, ohne nachzudenken", sagte er. Den Vergleich mit fundamentalistischen Muslimen wies er weit von sich. "Das ist etwas ganz anderes. Sie meinen es ernst, aus einem tiefen Hass auf Israel heraus. Bei uns hatte es dagegen nichts mit dem jüdischen Volk zu tun. Ajaxfans waren ‹Scheissjuden›, genau wie wir ‹Scheissbauern› waren." Als "Bauern" gilt den Hauptstädtern der gesamte Rest des Landes, und so singen Ajaxfans denn auch davon, auf Bauernjagd zu gehen. Oder dass die Gegner "kein Mensch, kein Tier, sondern Scheiss-Den-Haager" seien. Diese Beschimpfungen dienen traditionell als Rechtfertigung für die antisemitischen Eskapaden. Bauern gegen Juden, heisst es in selbstverständlicher Naivität, das seien nur Namen, semantische Stellvertreter, nichts als Rhetorik und Fanfolk lore, die umso tiefer wurzelt, je grösser die Städte sind. "Wer nicht hüpft, der ist (k)ein Jude", heisst es dann, je nach Perspektive. Wie versicherte Ronald Buijt treuherzig? "Meine Freunde und ich standen geschlossen hinter Israel."

Ajax Amsterdam und Feyenoord Rotterdam, das ist nicht nur auf dem Spielfeld die Antithese schlechthin. Dahinter steckt auch die im Fussball verbreitete Rivalität zwischen den Metropolen eines Landes. In Lissabon und Porto pflegt man beispielsweise einen ähnlich aufgeladenen Konflikt. Die überhebliche, verschwenderische Hauptstadt gegen die schwitzende und chrampfende Arbeiterklasse. Sonntagsreden gegen Ärmelaufkrempeln. Diese Klischees und der Hass, den sie schüren, werden sorgfältig gepflegt wie ein Vorgarten an der Gracht. Beleidigende Chöre, so heisst es auf beiden Seiten, gehören nun einmal zum Männersport Fussball. Und besingen die selbst ernannten "Juden" nicht selbst die deutsche Bombardierung Rotterdams im Mai 1940 mit Texten wie diesem: "Wenn der Frühling kommt, dann werfen wir Bomben auf Rotterdam"?

Henne oder Ei?

In der Tat eine groteske Konstellation, wenn dieselben Fans israelische Flaggen schwenken, sich als "Superjuden" feiern und in ihren Graffiti in der Hauptstadt den Schriftzug AFC Ajax mit einem obligatorischen Davidstern versehen. Die Frequenz, mit der das geschieht, steigt proportional zu ihrer Radikalität. Gerade die hooliganlastigen Fangruppierungen F-Side und der Block 410 machen immer wieder von sich reden. Wer versucht, der Sache auf den Grund zu gehen, landet schnell bei der Frage nach Henne oder Ei. In Ajaxkreisen wird behauptet, die als Beleidigung gemeinten "Juden"-Rufe seien in den gegnerischen Blocks entstanden. Ähnlich der Aneignung des rassistischen Schimpfworts "nigger" durch AfroamerikanerInnen seien die se später als Kampfname und Selbstbezeichnung adaptiert worden. Ausserhalb Amsterdams hält man es eher mit der Version, Ajaxanhänger hätten sich in erster Linie selber als Juden bezeichnet - und müssten sich daher über Beschimpfungen nicht wundern.

Unklar ist auch, wann diese Rhetorik aufkam. Schon Berichte aus den dreissiger Jahren sprechen in Anlehnung an physiognomische Klischees von Ajax als "Nasen". Der Bezug auf JüdInnen stieg allerdings ab den siebziger Jahren sprunghaft an, als die Hooligankultur aus England herüberschwappte. Dabei war die jüdische Identität des Klubs immer nur ein Konstrukt (vgl. Text "Die Legende vom Judenklub"). Die Legende basiert auf der simplen Tatsache, dass sich vor allem ab dem 17. Jahrhundert viele JüdInnen im toleranten Amsterdam niederliessen. Die offizielle Geschichtsschreibung fasst zusammen: "Als echter Amsterdamer Klub hat Ajax natürlich historische Bande mit der jüdischen Gemeinschaft. Wie viele andere Klubs kennen und kannten wir jüdische Spieler, Funktionäre, Helfer und Zuschauer." Mit "Stolz" bekennt man sich zu dieser Tradition, macht aber wohlweislich keinen Unterschied zu Aficionados aus anderen Gemeinschaften, auf die man ebenso stolz sei.

Aus dem Stadion in den Alltag

Dass der Vorstand seit einigen Jahren sogar versucht, den Philosemitismus der eigenen Fans einzudämmen, sorgt regelmässig für Diskussionen. Die Klubleitung will weg vom Widerspruch, dass JüdInnen die Spiele des vermeintlichen Judenklubs wegen antisemitischer Sprechchöre nicht besuchen könnten. Diese würden durch die Ajaxfans provoziert, da "Juden" eben andere Assoziationen als "Bauern" weckten - "zumal in einer Gesellschaft mit den heutigen Spannungen", sagt der aktuelle Präsident von Ajax, Uri Coronel, selbst Jude. Coronel stört sich noch immer an antisemitischen Gesängen. An die eigenen Fans hat er sich allerdings inzwischen gewöhnt. Für Coronel ist das Problem vor allem eines der Symbolik. Im philosemitischen Gehabe der Ajaxfans kann er keine wirkliche Unterstützung der JüdInnen erkennen. Ebenso akzeptiert er aber die Beteuerung von Feyenoordfans, keine Judenfeinde zu sein. "Sie haben nur einen krankhaften, abnormalen Hass auf Ajax und Amsterdam", lautet seine Diagnose.

Eines jedoch räumt Coronel ein: Die gesellschaftliche Resonanz des Stadion antisemitismus wächst. "Immer öfter", so Ronny Naftaniël, Direktor des CIDI, "werden verletzende Parolen auch in der Alltagssprache verwendet." Gerade auf den zahlreichen antiisraelischen Demonstrationen zu Jahresbeginn waren regelmässig Parolen aus den Fanblocks zu hören, allen voran die bereits erwähnte "Hamas, Hamas, Juden ins Gas". Nicht zuletzt diese Konstellation war es, die das Problem verstärkt in den Blickpunkt rückte. Der niederländische Fussballverband KNVB bemüht sich inzwischen um ein härteres Durchgreifen und ordnete nach dem Ajax-Auswärtsmatch beim FC Utrecht Anfang März, wo ebenfalls der Hamas-Ruf ertönte, eine Untersuchung an.

Elise Friedmann, Leiterin der CIDI-Abteilung über Antisemitismusforschung, forderte unterdessen nicht nur die Strafverfolgung der Schreihälse. In einem offenen Brief rief sie auch den Amsterdamer Anhang auf, von seiner projüdischen Symbolik Abstand zu nehmen. Diese, nuancierte Friedmann zwar, dürften keine Rechtfertigung für Antisemitismus sein. "Aber wenn Ajaxfans unter einer Israelfahne die Gegner als Kakerlaken beschimpfen, ist das etwas anderes." Nur wenige Wochen zuvor war der Match zwischen Ajax und Feyenoord von Ausfällen und Gewalt überschattet worden. Die Vorstände beider Klubs kamen daher mit dem KNVB und den Bürgermeistern beider Städte überein, zu dieser Begegnung fünf Jahre lang keine Auswärtsfans zuzulassen. Eine drastische Massnahme, die von den Rotterdamer Fans entsprechend quittiert wurde. Sie zogen durch die Innenstadt und beschimpften ihren Bürgermeister Aboutaleb, einen praktizierenden Muslim, als "dreckigen Juden".

Die Legende vom Judenklub

Wenn es um die vermeintlich jüdische Identität geht, vermischen sich Mythos und Wirklichkeit. Das ist beim Amsterdamsche Football Club (AFC) Ajax nicht anders als bei anderen bekannten Vereinen wie den Tottenham Hotspurs. Trotz etlicher jüdischer Spieler, Funktionäre und Zuschauer­Innen war der Verein im Jahr 1900 weder von Juden gegründet noch hatte er jemals einen ausdrücklich jüdischen Charakter.

Ab 1934 jedoch spielte Ajax seine Heimmatches im Stadion De Meer, das nahe dem ehemaligen jüdischen Viertel im Osten der Hauptstadt lag. Daher fanden sich zahlreiche JüdInnen im Publikum. Zudem repräsentierten einzelne Personen die vergleichsweise grosse jüdische Bevölkerung von Amsterdam. In den zwanziger und dreissiger Jahren liefen die jüdischen Spieler Eddy Hamel und Johnny Roeg für den Klub auf; noch bekannter sind Bennie Muller und Sjaak Swart, die in den sechziger und frühen siebziger Jahren zur "Goldenen Generation" gehörten, als Ajax mehrfach niederländischer Meister wurde und dreimal in Folge den Pokal der Landesmeister gewann. Dazu kam der legendäre Physiotherapeut Salo Muller, der als Talisman des Erfolgs galt, sowie die Vorsitzenden Jaap und Michael van Praag.

Tobias Müller

-------------------------
CHRISTIANIA
-------------------------

Bund 28.5.09

Geht Christiania unter?

Ein Gericht in Kopenhagen spricht den Bewohnern des ehemaligen "Hippie-Quartiers" das Nutzungsrecht ab

Der "Freistaat" Christiania, Kopenhagens weltberühmtes Sozialexperiment, steht vor dem Aus - zumindest in seiner bisherigen Form.

Hannes Gamillscheg,Kopenhagen

Soeben hat das Oberlandesgericht das Nutzungsrecht über das 34 Hektaren grosse Gelände dem Staat zugesprochen und nicht den Bewohnern, die davon ausgegangen waren, sie hätten im Lauf der Jahrzehnte quasi ein Gewohnheitsrecht erworben. Jetzt müsse Christiania schleunigst normalisiert werden, fordert die dänische Rechte.

Doch so schnell geht nichts in Christiania, und so wird es auch diesmal sein. Das Urteil ist kein Schlussstrich unter die im Jahr 1971 erfolgte Besetzung eines ehemaligen Kasernengeländes, sondern die Einleitung eines neuen Kapitels in der unendlichen Geschichte der Hippie-Republik, die inzwischen als Symbol dänischer Toleranz zu einer Touristenattraktion vom Rang des Tivoli oder der Kleinen Meerjungfrau geworden ist.

 Knud Foldschack, der Anwalt der 753 Christianitter, sieht im Gerichtsentscheid, obwohl dieser für seine Klienten eigentlich negativ ist, sogar einen "moralischen Sieg", weil die Richter viel Verständnis für die Argumente der Christianitter geäussert hätten. Dies gebe die Basis für den Weiterzug des Urteils an den Obersten Gerichtshof, meint Foldschack.

Als Experiment anerkannt

Schliesslich ist es nicht das erste Mal, dass sich die dänische Justiz mit Christiania herumschlagen muss. Schon 1978, sieben Jahre nach der Besetzung und fünf Jahre, nachdem das Parlament den Freistaat offiziell als "soziales Experiment" anerkannt hatte, gab das höchste Gericht grünes Licht für die Räumung des Geländes.

 Doch die Parlamentsmehrheit wünschte keinen Zwist. 1982 gab man den Christianittern ein unbegrenztes Gebrauchsrecht, das erst 2004 gekündigt wurde, als sich das gesellschaftliche Klima in Dänemark verhärtet hatte und Christiania als Haschisch- und Hehlerzentrale in Verruf gekommen war. Inzwischen ist die "Pusher-Street" von der Polizei geräumt worden, worauf sich allerdings der Drogenhandel über die ganze Stadt ausgebreitet hat und nicht mehr zu kontrollieren ist.

Auf dem Gelände Christianias sollten nach dem Willen der Regierung neue Wohnungen gebaut werden, die allen Interessierten offen stehen - jetzt kann nur in den Freistaat einziehen, wer von den angestammten Christianittern akzeptiert wird. Zudem würden die Bewohner fortan normale Mieten bezahlen - jetzt handelt es sich bloss um einen Kostenbeitrag.

 Im Gegenzug versprachen die Politiker, die "lebensfähigen Elemente" des Modells zu bewahren. Der Vorschlag hatte auch in Christiania viele Anhänger, scheiterte aber dann in der Vollversammlung, wo nur einstimmige Entscheide gelten. "Marktgerechte" Mieten, offene Wartelisten und die Schleifung von fantasievollen (aber unter Missachtung aller Bauvorschriften errichteten) Häusern waren zu starker Tobak für die Alternativszene.

Gibt es nochmals eine Chance?

Jetzt appelliert die Opposition, man möge die Verhandlungen wieder aufnehmen, die während des Prozesses ausgesetzt waren. Christiania solle nicht "normalisiert" werden, kontert wiederum die Sozialdemokratin Christine Antorini, sondern "weiterentwickelt" unter grossem Einfluss der Betroffenen, damit das Sozialexperiment in neuer Form fortbestehen könne. Die Regierung sagt hingegen, mit ihrem Nein zum Kompromiss hätten die Christianitter ihr Mitspracherecht verwirkt.

----------------------
MIGRATION
----------------------

NZZ 28.5.09

Langes Warten auf die Überfahrt nach Europa

Schwarzafrikanische Migranten drängen sich in der mauretanischen Hafenstadt Nouadhibou

In der mauretanischen Hafenstadt Nouadhibou warten Zehntausende von afrikanischen Migranten auf eine Gelegenheit, zu den Kanarischen Inseln überzusetzen. Manche warten mehrere Monate. Sie nehmen dabei primitivste Lebensumstände in Kauf.

 stf. Nouadhibou, im Mai

 Die Baracke liegt an einer kleinen, staubigen Sackgasse mitten im Accra-Quartier der Altstadt von Nouadhibou. Die Türe aus Blech hängt schief in den Angeln. Im Innern, im einzigen Raum der Baracke, ist die Luft stickig. Zwölf junge Männer kauern oder liegen am Boden auf einer geflochtenen Matte. Einer flickt an einem alten Radio, andere spielen zusammen ein Brettspiel. Ihre Habseligkeiten - Schuhe, Wolldecken, ein Teekocher - liegen herum oder hängen an Nägeln von den Wänden.

 Ablegen im Niemandsland

 Die Baracke ist die letzte Station vor der Überfahrt nach Europa. Gemietet hat sie der Schlepper, dem sich Amadou, Baldi, Mohammed und die anderen neun jungen Malier anvertraut haben. Dafür haben sie zwischen 700 und 1000 Euro auf den Tisch gelegt, beachtliche Summen für die Söhne armer Bauern. Der Schlepper - ein Senegalese, der eng mit einem lokalen "Paten" zusammenarbeitet - hat sie in der schäbigen Hütte untergebracht. Über diesen "Paten" machen die jungen Malier nur vage Andeutungen; demnach muss es ein Beamter der Gendarmerie oder der Küstenwache sein.

 Nun heisst es warten, bis der Schlepper eines Nachts an die Tür klopft. Dann müssen die jungen Männer möglichst unauffällig auf einen Kleintransporter oder in ein Geländefahrzeug steigen. Die Reise endet schon nach wenigen Kilometern, an einem einsamen Strand auf der dem Atlantik zugewandten Seite der sichelförmigen Halbinsel, auf der Nouadhibou liegt. Diese Zone gehört offiziell zum Territorium der von Marokko besetzten Westsahara, ist aber faktisch Niemandsland. Hier legen die Pirogen ab, welche die Ausreisewilligen auf die Kanarischen Inseln transportieren. Die kaum zehn Meter langen Fischerboote aus Holz oder Polyester sind in keiner Art und Weise für eine derart gefährliche Überfahrt ausgerüstet. Gelegentlich wartet auf hoher See auch ein Fischkutter, welcher die Ausreisewilligen weiterbefördert. Höchst riskant bleibt die Fahrt allemal. So ertranken erst Mitte Februar über 20 Migranten in Sichtweite der Kanarischen Inseln.

 Amadou und seine Kollegen, die er erst in Nouadhibou kennengelernt hat, warten schon seit zehn Monaten auf die Abreise. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, verdingen sich die ausreisewilligen jungen Männer als Taglöhner, in Fischfabriken, auf Baustellen, bei der Verschrottung von Schiffswracks und als Hausdiener bei wohlhabenden Mauretaniern. Dass sie dabei meist gnadenlos ausgebeutet werden, nehmen sie in Kauf. Sie haben schlicht keine andere Wahl.

 Unwirtliche Zonen

 Das Accra-Quartier ist von Migranten aus den Sahelstaaten praktisch in Beschlag genommen worden. Diese haben sich erstaunlich gut organisiert. Sie betreiben eine Vielzahl von einfachen Garküchen, Lebensmittelgeschäften und Coiffeursalons. Doch schon nach wenigen hundert Metern geht das quirlige Accra-Quartier in ausgedehnte Bidonvilles über, die sich wie ein Geschwür in die umliegende, graue Wüste ausbreiten. Sie sind von einer kaum zu überbietenden Trostlosigkeit. Neben Migranten aus den Sahelländern, die hier gestrandet sind, leben in diesen Slums auch Mauretanier dunkler Hautfarbe. Alte Männer mit gegerbten, tiefschwarzen Gesichtern sitzen schicksalsergeben vor ihren Bruchbuden, Kinder spielen mit Blechdosen und anderem Müll, Schafe und Ziegen suchen nach Essbarem.

 Auf der anderen Seite der langgestreckten Hauptstrasse erstreckt sich der Fischereihafen und daran angrenzend eine mehrere Quadratkilometer umfassende Industrie- und Gewerbezone. Auch dieses Areal ist von einer schonungs- und trostlosen Unwirtlichkeit. Zwischen öden Hallen und Werkstätten, die meist von einer Mauer aus grauen Backsteinen umgeben sind, befinden sich ausgedehnte Ödflächen, auf denen sich Bauschutt, verrostete Container, Tierkadaver und Abfälle ansammeln. Die Behörden scheinen andere Prioritäten zu haben, als sich um Raumplanung oder Abfallentsorgung zu kümmern. Fast scheint es, als existierten sie gar nicht. Einzig die Sicherheitskräfte markieren überdeutlich Präsenz. Der Reporter aus der Schweiz wird wegen Fotografierens im alten Fischereihafen kurzerhand verhaftet und einem zweistündigen Verhör unterzogen.

 In Nouadhibou existieren auch moderne, gepflegte Quartiere. Sie befinden sich einige Kilometer ausserhalb des alten Stadtzentrums in nördlicher Richtung und tragen Namen wie "Dubai" oder "Bagdad". Hier leben die wohlhabenden, meist hellhäutigen Mauretanier, die in der Stadt durch ihre schönen, gepflegten Boubous und ihre Geländefahrzeuge auffallen.

 Sammelplatz und Endstation

 Niemand weiss, wie viele Migranten sich gegenwärtig in Nouadhibou aufhalten. Die Schätzungen schwanken zwischen knapp 20 000 und 40 000 Personen. Unklar ist dabei, wie viele dieser Migranten die Stadt nur als Durchgangsstation betrachten und eigentlich nach Europa emigrieren möchten. Es ist aber offensichtlich, dass Nouadhibou für viele zu einer Sackgasse, ja zur Endstation geworden ist. Wegen stärkerer Überwachung und wegen der verminten Grenze gibt es auf dem Landweg in Richtung Norden via Westsahara praktisch kein Durchkommen mehr. Gleichzeitig ist in den letzten Jahren auch die Überfahrt auf die Kanarischen Inseln sehr viel schwieriger geworden.

 Wer es dennoch schafft, muss damit rechnen, innert kurzer Zeit wieder ausgeschafft zu werden. Ein Rückübernahmeabkommen zwischen Spanien und Mauretanien, das 2003 abgeschlossen und 2006 in Kraft gesetzt worden ist, wird bei Migranten aus Mauretanien und den direkt angrenzenden Ländern offenbar strikt eingehalten. So drängen sich immer mehr Migranten aus westafrikanischen Ländern in der mauretanischen Hafenstadt.

 Sich selber überlassen

 Ausgeschaffte Migranten werden in einem Zentrum etwas ausserhalb Nouadhibous interniert. Es handelt sich um eine ehemalige Schule, die zu diesem Zweck rudimentär umgebaut worden ist und militärisch bewacht wird. Das Spanische Rote Kreuz und der Mauretanische Rote Halbmond kümmern sich um die Betreuung der Insassen. Alle paar Wochen werden grössere Gruppen von festgehaltenen Migranten zwangsweise an die Südgrenze Mauretaniens geführt und dort weitgehend ihrem Schicksal überlassen. Humanitäre Organisationen prangern die Zustände in dem von den Einheimischen "Guantanamito" genannten Zentrum als menschenunwürdig an. Die mauretanischen Behörden stellen den Migranten in Nouadhibou weder Unterkünfte noch Nahrungsmittel zur Verfügung.

 Es gibt jedoch eine Anlaufstelle, wo sich Migranten und Asylbewerber registrieren lassen können, die Association pour la lutte contre la pauvreté. Diese Hilfsorganisation arbeitet eng mit dem Uno-Hochkommissariat für das Flüchtlingswesen zusammen und wird von diesem finanziert. Der Schwerpunkt ihrer Aktivität liegt in der Registrierung der Flüchtlinge und in der Erarbeitung von Statistiken. Zudem nimmt die Stelle auch Asylanträge entgegen. Denn unter den mehreren zehntausend Migranten, die sich gegenwärtig in Nouadhibou aufhalten, sind auch ein paar hundert politische Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisenregionen. Daneben existieren noch ein paar weitere Nichtregierungsorganisationen, welche sich um Migranten kümmern.

 Und da ist Père Jérôme. Er geniesst unter den Migranten in Nouadhibou den besten Ruf; wer wirklich Hilfe braucht, wendet sich an ihn. Der jugendlich wirkende Priester stammt aus Nigeria und leitet die Pfarrei Notre Dame de Mauritanie. Neben seiner Tätigkeit als Geistlicher engagiert sich Père Jérôme zusammen mit einem kleinen Team für die Migranten, die in Nouadhibou gestrandet sind. Er organisiert Sprach- und Computerkurse, betreibt ein Nähatelier für Frauen und gibt gratis Medikamente ab, die von Spitälern in Europa gespendet wurden. Dazu leitet Père Jérôme immer wieder Nothilfe materieller Art. Dass er dabei vor einer schier unlösbaren Aufgabe steht und ständig an die Grenzen der eigenen Kräfte gerät, ist dem Geistlichen bewusst. Kürzlich, sagt Père Jérôme, habe ihn ein junger Mann aus Burkina Faso um Lebensmittel im Austausch gegen eine Bibel gebeten.

----------------------------------------
GIPFEL-SOLI-ORG 29.5.09
----------------------------------------

gipfelsoli.org 29.5.09

29.5.2009 L'Aquila -- Heiligendamm

- G8 strebt World Governance an
- Tight security in Rome as G8 justice ministers meet
- Bericht von der abruzzischen Vollversammlung vom 23. Mai
- Lorenzo vom noG8-Netzwerk über die denzentralen Aktionen vom 28. und 29. und die Demo am 30. Mai
- German Delegation Tours G8 Summit Sites
- Gericht spricht Angeklagten in Prozess um G8-Gipfel frei
- Julien Coupat: "Die Verlängerung meiner Haft ist eine kleine Rache"
Mehr: http://www.gipfelsoli.org/Newsletter/7175.html

----------------------
ANTI-ATOM
----------------------

bern.ch 29.5.09

Die neue Eignerstrategie für Energie Wasser Bern liegt vor

Der Gemeinderat der Stadt Bern hat die neue Eignerstrategie für Energie Wasser Bern verabschiedet. Sie berücksichtigt sowohl die Interessen der Stadt als Eigentümerin, wie auch jene des sich im liberalisierten Umfeld befindenden Unternehmens. Die Eignerstrategie setzt auf Nachhaltigkeit im ökologischen wie ökonomischen Sinn. Der Ausstieg aus der Atomenergie erfolgt bis spätestens 2039 - Bern gehört damit schweizweit zu den Schnellsten.

Im Dezember 2007 hatte sich der Gemeinderat der Stadt Bern für den Erhalt der Eigenständigkeit von Energie Wasser Bern entschieden. Angesichts der markanten Veränderungen in der Energiebranche beschloss er damals, die Eigentümerinteressen künftig verstärkt einzubringen und die bisherige Strategie zu überarbeiten. Diese Analyse ist nun abgeschlossen, die neue Eignerstrategie liegt vor. Sie steckt den politischen Rahmen ab, innerhalb dessen sich der regionale Energieversorger weiterhin frei bewegen kann. Dabei ist es gelungen, in der Eignerstrategie sowohl die politischen und finanziellen Ziele der Stadt als Eigentümerin, wie auch die unternehmerischen Ziele von Energie Wasser Bern (ewb) zusammenzuführen. Der Gemeinderat der Stadt Bern und der Verwaltungsrat von ewb sind überzeugt, dass mit der neuen Eignerstrategie eine zukunftsgerichtete, nachhaltige und den aktuellen Bedürfnissen des Marktes angepasste Grundlage für die weitere Zukunft des Unternehmens geschaffen wurde und in einem wichtigen Zeitpunkt die richtigen Zeichen gesetzt werden.

Versorgungssicherheit, Wertsteigerung und Nachhaltigkeit

Bei der Überarbeitung der Eignerstrategie liess sich der Gemeinderat von der Verpflichtung leiten, welche die Stadt als Eigentümerin von Energie Wasser Bern gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern besitzt. Denn ewb leistet als stadteigenes, bürgernahes Infrastruktur- und Dienstleistungsunternehmen einen zentralen Beitrag an den Service Public. Entsprechend soll ewb seine Aufgabe als regionale Grundversorgerin auch im liberalisierten Markt effizient und zuverlässig wahrnehmen und sich im Spannungsfeld von Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Ökologie erfolgreich behaupten.

Mit der neuen Eignerstrategie verfolgt der Gemeinderat mehrere Ziele:

* Versorgungssicherheit: Die Sicherheit der Versorgung mit Wasser, Elektrizität, Gas und Fernwärme in hoher Qualität sowie die Gewährleistung der öffentlichen Beleuchtung und der von ewb angebotenen Informations- und Telekommunikationsinfrastruktur haben absolute Priorität.

* Werterhaltung / Wertsteigerung: Der Wert von ewb soll langfristig gesteigert werden, um dauerhaft die Versorgung in hoher Qualität sicherzustellen. Notwendige Investitionen werden unter Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten geplant.

* Nachhaltigkeit, Effizienz und Ökologie: ewb geht keine neuen Beteiligungen an Kernkraftwerken ein und verlängert bestehende (Fessenheim, Gösgen) nicht. ewb setzt sich innerhalb der Betreibergesellschaft für eine Stilllegung des Atomkraftwerks Gösgen nach Ablauf der Regellaufzeit (spätestens 2039) ein.

Mit dem Entscheid, bis spätestens 2039 aus der Atomenergie auszusteigen, setzt die Stadt Bern ein klares energiepolitisches Zeichen und trägt damit sowohl der Energiestrategie wie dem Grundgedanke von Artikel 8 der Gemeindeordnung Rechnung. Der gewählte Zeitraum ermöglicht, dass bis zum Auslaufen der letzten Beteiligung die notwendigen Ersatzkapazitäten aufgebaut sind. Mit den Erträgen aus den Beteiligungen können Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien realisiert werden. Ein früherer Ausstieg wäre mit erheblichen Risiken verbunden. Der Gemeinderat ist der Ansicht, dass mit dem geplanten, schrittweisen Vorgehen die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden, die aktuelle Situation auf dem Markt sowie die energiewirtschaftlichen und unternehmerischen Möglichkeiten von ewb bestmöglich berücksichtigt werden.

Strategische Steuerung

In einem nächsten Schritt und als Folge der verabschiedeten Eignerstrategie werden strategische Ziele und entsprechende Kennzahlen erarbeitet. Damit soll die Steuerung seitens Eignerin konkretisiert und auch verankert werden. Die durch den Prozess der Erarbeitung der Eignerstrategie bereits positiv etablierte Zusammenarbeit zwischen der Stadt und ewb wird dadurch noch enger werden.

Umsetzung durch Energie Wasser Bern

Energie Wasser Bern richtet ihre Unternehmensstrategie an der neuen Eignerstrategie aus. Viele Vorgaben davon - etwa die Förderung der Energieeffizienz - erfüllt Energie Wasser Bern bereits oder ist daran, sie umzusetzen. Dafür wurden per 1. Mai 2009 organisatorische Änderungen vorgenommen: Durch die Trennung der Bereiche Netze und Energiewirtschaft erhalten Produktion und Beschaffung mehr Gewicht. Auch die Energieberatung, welche bereits 2005 stark ausgebaut wurde, erhält einen noch höheren Stellenwert. Zudem wird das Nachhaltigkeitsmanagement systematisiert. Für den Ausstieg aus der Kernenergie will Energie Wasser Bern bis 2039 jedes Jahr neue Produktionskapazitäten von durchschnittlich 11 Gigawattstunden (GWh) Strom schaffen. Dafür werden Investitionen von mehreren hundert Millionen Franken nötig sein. Für die gezielte Umsetzung dieses Vorhabens wurde eine neue Organisationseinheit "Produktionsportfolio" geschaffen.

Informationsdienst der Stadt Bern

---

BZ 29.5.09

Mühleberg

Widerstand gegen AKW-Strasse

In Buttenried, unmittelbar neben dem Kernkraftwerk Mühleberg, regt sich Widerstand: Die Anwohner wehren sich gegen eine neue Zufahrtsstrasse. Diese soll für den siebenjährigen Bau eines neuen Kraftwerks erstellt werden.

"Wir sind keine Atomgegner", betont Peter Hediger von der Interessengruppe "Nein zur Zufahrtsstrasse Buttenried West". Er steht zusammen mit einer Handvoll Mitstreiter vor dem Haus seines Schwagers Peter Gerber. Vom grossen, umgebauten Bauernhaus in Buttenried hat man eine schöne Aussicht gegen den Jura hin.

Wenn es nach den Plänen der BKW geht, soll sich das ändern: In Niederruntigen soll neben dem bestehenden ein neues Kernkraftwerk gebaut werden, das Rahmengesuch wurde im letzten Dezember beim Bund eingereicht. Dazu gehört, dass von der Autobahn her eine neue Strasse gebaut werden muss, die während der sieben Jahre Bauzeit für Materialtransporte dienen wird. Und die Strasse, S1D genannt, soll direkt neben dem Mühleberger Weiler Buttenried durchführen.

"Todesstoss für das Dorf"

Der IG, die sich nun gegen den Bau dieser Zufahrtsstrasse wehrt, gehören rund 50 Mitgliedern an, praktisch alle aus Buttenried. Ihre Gründe sind so vielfältig wie ihre Einstellungen zum Atomstrom. Einem Teil soll die Zufahrtsstrasse quasi durch den Garten gebaut werden, was ihnen keine Freude bereitet: "Durch den Westwind hätten wir den ganzen Tag den Staub der Lastwagen im Haus", sagt Regina Gerber. Das wolle sie ihrer Familie nicht zumuten. Alle Anwohner fürchten um den Wert ihrer Liegenschaften; einige der jungen Familien haben sich erst vor wenigen Jahren in Buttenried niedergelassen. "Das wäre der Todesstoss für das Dorf", sagt Doris Hediger.

Neben dieser Sorge, die alle Mitglieder der IG umtreibt, sind einige in ihrer Existenz betroffen. Bruno Känzig besitzt im Stöck, gleich neben der Autobahn, einen Bauernhof von 21 Hektaren. Rund 12 Hektaren davon sollen als Logistikplatz für das Material herhalten. Mit dem übrigen Land kann Känzig nicht mehr existenzsichernd wirtschaften. Er versteht nicht, weshalb die BKW sich sein Land ausgesucht hat: "Die BKW besitzt selbst viel Boden in Mühleberg."

"Arroganz der BKW"

Känzig und auch andere sind zudem verärgert über die Art, wie die BKW die Anwohner informiert hat: Am Abend vor der Einreichung des Rahmengesuchs für das neue Kernkraftwerk fand im Dezember ein Informationsanlass für die Anwohner statt. Ihnen sei zu verstehen gegeben worden, dass Geld keine Rolle spiele. Bruno Känzig wurden andere Höfe angeboten: "Von den fünf Angeboten war allerdings nur eines realistisch, die anderen sind langjährig verpachtet", sagt der Milchproduzent. Auch wenn sie nun zu einer Einigung kommen, "diese Arroganz" wird Känzig nicht so schnell vergessen.

Vorschläge eingegeben

Unterdessen hat die IG Einsitz in der Arbeitsgruppe Logistik nehmen können. Diese begleitet mit anderen Gruppen den Projektverlauf für das neue Kernkraftwerk. Die Arbeitsgruppe hat der BKW zwei Alternativen unterbreitet, beide mit einem Tunnel. Die Buttenrieder IG favorisiert diejenige, welche weiter weg von ihnen durchführt.

Die BKW prüft momentan die verschiedenen Möglichkeiten der Erschliessung des Bauplatzes von der Autobahn her. Laut Pressesprecher Antonio Sommavilla werden die Ergebnisse des externen Ingenieurbüros Ende Juni präsentiert. "Wir wollen transparent informieren und den Dialog führen", sagt Sommavilla, dafür seien die Begleitgruppen geschaffen worden.

Falls die IG mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein wird, behält sie sich eine Einsprache vor, wenn das Projekt öffentlich aufliegt.

Anna Tschannen

--

Infoanlass

Zwischenbilanz

Die IG "Nein zur Zufahrtsstrasse Buttenried West" (S1D) lädt ihre Mitglieder und interessierte Anwohner zu einem Informationsabend ein: Er findet am Donnerstag, 4.Juni, um 19 Uhr im Schützenhaus Mühleberg statt. Dort wird über die IG-Aktivitäten und die geplanten Massnahmen informiert. Darauf folgt ein Referat von Kurt Herren, Gemeindepräsident von Mühleberg und Mitglied in sämtlichen Begleitgruppen des KKW-Projekts.
ats

www.buttenried.ch

---

Basler Zeitung 29.5.09

AKW-Gegner erringen einen Achtungserfolg

Motion für Verkauf von Alpiq-Beteiligungen scheitert knapp

Grundsatzdebatte. Nur wenig fehlte und der Baselbieter Landrat hätte gestern den Ausstieg aus dem Atomstrom beschlossen. Mit 38 zu 34 Stimmen lehnte das Parlament eine Motion von Sarah Martin (Grüne) ab. In ihrem Vorstoss verlangte Martin, dass die Baselbieter Energieversorger EBM und EBL ihre Beteiligungen am Stromkonzern Alpiq, der dieses Jahr aus der Fusion von Atel und EOS hervorging, verkaufen müssen. Es könne nicht sein, dass sich EBM und EBL über ihre Beteiligung an Alpiq am Bau eines neuen Atomkraftwerks beteiligten, sagte Martin. "Dies widerspricht der kantonalen Verfassung und es bindet viel Baselbieter Geld, das sonst bei der Erforschung alternativer Energiequellen eingesetzt werden könnte", sagte Martin. Denn Alpiq hat ein Rahmenbewilligungsgesuch für ein neues AKW im solothurnischen Niederamt eingereicht.

Die anschliessend im Rat entflammte Diskussion entwickelte sich zur Grundsatzdebatte über AKW. Es wurde deutlich, dass SVP und FDP ein neues AKW zwar nicht begrüssen, es aber doch als "unvermeidlich" betrachten. "Wir müssen der Realität ins Auge blicken", sagte etwa Karl Willimann (SVP). Auch einzelnen Landräten der CVP/EVP-Fraktion ging Martins Vorstoss zu weit, was schliesslich zum knappen Scheitern der Motion beitrug.  hsh

---

Basellandschaftliche Zeitung 29.5.09

Grünes Licht für EBL und EBM

Baselbieter Parlament lehnt das Verbot von Beteiligungen an Atomkraftwerken ab › allerdings nur knapp

Der Landrat will den Baselbieter Energieversorgern AKW-Beteiligungen nicht verbieten. Dennoch schöpfen die Grünen Mut › das Ergebnis fiel nämlich knapp aus.

Alessandra Paone

Die beiden Geschäftsführer der EBL und EBM, Urs Steiner und Hans Büttiker, können aufatmen › zumindest vorerst. Mit 38 zu 34 Stimmen wurde die Motion von Grünen-Landrätin Sarah Martin gestern im Landrat auf Empfehlung von Regierungsrat Jörg Krähenbühl knapp abgelehnt. Die Hemmikerin forderte, dass die Baselbieter Energieversorger sich nicht an Unternehmen beteiligen dürfen, die Atomkraftwerke (AKW) planen. EBL und EBM halten ein namhaftes Aktienpaket an der Alpiq. Diese hat im Juni 2008 eine Rahmenbewilligung für ein neues AKW beantragt.

Martin wies auf den Anti-Atomartikel in der Verfassung hin. Laut diesem muss der Kanton verhindern, dass im Baselbiet oder in unmittelbarer Nachbarschaft ein AKW gebaut wird. Zudem habe ein solches Projekt auch finanzielle Auswirkungen, zumal ein AKW rund zehn Milliarden Franken koste. Würde das Projekt scheitern, müsste die Gesellschaft die Kosten mittragen, argumentierte Martin.

Grüne geben Hoffnung nicht auf

Zu weit ging der Grünen-Vorstoss den Bürgerlichen: "Ich bin zwar kein Freund von AKW, doch nur durch erneuerbare Energie kann der Strombedarf nicht gedeckt werden", sagte SVP-Landrat Hanspeter Ryser. Ins selbe Horn wie der Oberwiler stiess sein freisinniger Ortskollege Thomas Schulte. Die EBL könne nur 20 Prozent selber produzieren. Dürfe sie nicht auf atomare Energie zurückgreifen, müsste sie die Tore schliessen. Und: Arbeitsplätze gingen verloren, betonte Schulte. Unterstützung erhielt Martin ausser aus den eigenen Reihen von der SP- und einem Teil der CVP/EVP-Fraktion. Die AKW-Technologie gehöre der Vergangenheit an, brachte es SP-Mann Thomas Bühler auf den Punkt.

 Der knappe Entscheid lässt die Grünen hoffen. "Das hätte ich nicht erwartet", freut sich Philipp Schoch, Präsident der Baselbieter Grünen.

---

Bund 28.5.09

Börse hat AKW-Fonds zugesetzt

Der Entsorgungs- und der Stilllegungsfonds haben im Jahr 2008 je rund 20 Prozent verloren

Atomkraftwerke werden auch noch viel Geld kosten, wenn sie stillgelegt sind. Die Betreiber müssen für den Abbruch der Werke und die Entsorgung der Abfälle 8,5 Milliarden bereitstellen. Wegen der Börsenkrise sind Nachzahlungen für Leibstadt nötig. Bei Mühleberg ist diese Frage noch offen.

Hans Galli

 Nach dem Jahr 2020 werden die ersten Atomkraftwerke in der Schweiz stillgelegt. Ab 2030 müssen die Endlager für schwach radioaktive Abfälle bereitstehen und ab 2040 auch jene für stark radioaktive.

Die Betreiber sind verpflichtet, dafür 8,5 Milliarden Franken bereitzustellen: 2,2 Milliarden Franken für die Stilllegung und 6,3 Milliarden Franken für die Entsorgung.

Ende 2008 befanden sich insgesamt 3,38 Milliarden in den beiden Fonds: 1,07 Milliarden im Stilllegungsfonds und 2,31 Milliarden im Entsorgungsfonds. Ein Jahr zuvor waren es noch deutlich mehr gewesen. Der Stilllegungsfonds hat 2008 wegen der Börsenkrise einen Anlageverlust von 18,96 Prozent und der Entsorgungsfonds sogar einen Verlust von 21,78 Prozent erlitten, wie das Bundesamt für Energie (BFE) gestern bekannt gab.

Deshalb weisen die beiden Fonds per Ende 2008 zusammen eine Unterdeckung von 243,3 Millionen Franken aus.

Längere Betriebsdauer

Ein Jahr zuvor hatte es noch ganz anders ausgesehen: Damals war noch eine Überdeckung von 525 Millionen Franken ausgewiesen worden. Dieser Betrag sollte eigentlich an die Besitzer der AKWs, also die Elektrizitätswerke, zurückbezahlt werden. Im Jahr 2008 wurden davon die ersten 80 Millionen an die Betreiber der Kernkraftwerke Beznau und Gösgen zurückbezahlt.

Entstanden war die Überdeckung per Ende 2007 durch eine buchhalterische Massnahme. Das Bundesamt für Energie setzte die mittlere Betriebsdauer der Schweizerischen Kernkraftwerke neu auf 50 Jahre an. Vorher wurde mit 40 Jahren gerechnet. Deshalb verlängerte sich die Dauer, bis die Fonds in Anspruch genommen werden müssen.

Einzig beim AKW Mühleberg wird weiterhin mit einer Betriebsdauer von 40 Jahren gerechnet. Dessen Betriebsbewilligung gilt vorläufig nur bis 2012. Die BKW Energie AG als Betreiberin hofft allerdings, dass Mühleberg wie alle andern Schweizer AKW eine unbefristete Betriebsbewilligung erhalten wird. Dann könnte es bis über das Jahr 2020 hinaus betrieben werden. Das brächte eine Entlastung für die Anteile des Kernkraftwerks Mühleberg an den beiden Fonds.

130 Millionen für Leibstadt

Die Gelder im Stilllegungs- und im Entsorgungsfonds werden zwar seit 2007 einheitlich angelegt. Aber jedes AKW hat innerhalb des Gesamtfonds seinen eigenen Fonds. Der Grund liegt darin, dass jeder Betreiber für die Stilllegung seines Werks und die Entsorgung der Abfälle selber verantwortlich ist.

Bis 2007 hatte jeder Betreiber zudem seine eigene Anlagestrategie. Auch die Anfangsfinanzierung war unterschiedlich. Deshalb haben die Fondsanteile unterschiedlich unter der letztjährigen Finanzmarktkrise gelitten. Am schlimmsten erwischt hat es das KKW Leibstadt. Dessen Fondsanteile wiesen Ende 2008 eine Unterdeckung von rund 20 Prozent aus. Das entspricht einem Fehlbetrag von 181 Millionen Franken. Die an Leibstadt beteiligten Werke haben sich deshalb verpflichtet, in den kommenden zwei Jahren insgesamt 130 Millionen Franken in die Fonds einzuzahlen - zusätzlich zu den ordentlichen Zahlungen.

Bei Mühleberg ist die Situation etwas weniger dramatisch. Der Stilllegungsfonds für das KKM hatte zwar am Jahresende eine Unterdeckung von 17,2 Prozent. Das entspricht 42 Millionen Franken. Der Entsorgungsfonds lag dagegen nur 7,6 Prozent oder 25 Millionen Franken unter dem Soll. In den ersten vier Monaten 2009 seien die Fondsanteile wieder im Plus. Deshalb seien voraussichtlich keine Nachzahlungen nötig, sofern sich keine neue Börsenkrise ereigne, sagte BKW-Konzernchef Kurt Rohrbach gegenüber Medienvertretern.

Hoher Aktienanteil

Der Stilllegungs- und der Entsorgungsfonds verfolgen eine relativ aggressive Anlagestrategie. Rund 40 Prozent des Kapitals wird in Aktien angelegt. Zum Vergleich: Die Schweizer Pensionskassen und der AHV-Ausgleichsfonds haben durchschnittlich einen Aktienanteil von 24 Prozent. Das Geld der beiden AKW-Fonds werde erst in einigen Jahrzehnten benötigt. Die Erfahrung zeige, dass Aktien langfristig die beste Rentabilität zeigten, sagte Rudolf Hengartner, der Präsident des Anlageausschusses. Längerfristig wird mit einer Performance von jährlich 5 Prozent gerechnet. Beim Stilllegungsfonds resultierte von 1985 bis 2009 eine durchschnittliche Performance von 3,98 Prozent pro Jahr. Beim Entsorgungsfonds gabs aber zwischen 2002 und 2008 durchschnittlich einen Verlust von 0,63 Prozent.

Die beiden Fonds im Umfang der geplanten 8,5 Milliarden Franken werden erst nach der Stilllegung der AKW angezapft. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die AKW-Betreiber die Kosten für die Entsorgung und die Zwischenlagerung der atomaren Abfälle direkt bezahlen. Dafür wird mit 7 Milliarden Franken gerechnet.

15,5 Milliarden bis 2090

Der atomare Abfall verursacht somit Gesamtkosten von 15,5 Milliarden Franken, bis er im Jahr 2090 abgekühlt sein wird.

---

NZZ 28.5.09

AKW-Fonds mit Verlusten wegen der Finanzkrise

Flexible Nachzahlungen der Stromunternehmen

 Die Fonds der AKW-Betreiber für die Deckung der Entsorgungs- und Stilllegungskosten haben 2008 wegen des schlechten Börsenjahres grosse Verluste erlitten. Diese staatlich beaufsichtigte Vorsorge kann aber den Verhältnissen und Prognosen angepasst werden.

 dsc. Bern, 27. Mai

 Betreiber von Atomkraftwerken müssen die Kosten für die Stilllegung der Anlagen und für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle selbst tragen. Die entsprechenden firmeninternen Rückstellungen für die Stilllegung wurden Mitte der 1980er Jahre in einen nach den Anlagen getrennten staatlich beaufsichtigten Fonds übergeführt; 2002 wurde eine solche Lösung auch für die nach den Stilllegungen anfallenden Entsorgungskosten aller radioaktiven Abfälle institutionalisiert. Aufgrund der Krise an den Börsen kam es im Jahr 2008 beim Stilllegungsfonds zu einem Rückgang des von den Stromfirmen eingezahlten Vermögens um 18,96 Prozent, beim Entsorgungsfonds zu einem Rückgang um 21,78 Prozent. Die Fonds umfassen ein Vermögen von 3,4 Milliarden Franken. Dank den vorhergehenden guten Jahren bleibt die Unterdeckung gesamthaft im einstelligen Prozentbereich (siehe Tabelle). Um die Situation auszugleichen - per Ende 2008 betrug die Unterdeckung 243,3 Millionen Franken -, werden die Stromunternehmen Geld nachzahlen müssen, umso mehr wenn die Ergebnisse für 2009 wiederum unbefriedigend wären. Derzeit handelt es sich bei den Rückgängen nur um Buchverluste und in diesem Jahr stehe man mit 3 Prozent im Plus, hiess es am Mittwoch an einer Medienorientierung des Bundesamts für Energie (BfE).

 Kaum politisches Kapital

 BfE-Direktor Walter Steinmann betonte, dass man der Öffentlichkeit volle Transparenz in diesen finanziellen Fragen biete. Von linken Parlamentariern wurden in den vergangenen Monaten Interpellationen eingereicht, um die Lage der Fonds auszuloten - wohl auch mit dem Ziel, allfällige Schwachstellen als Argumente gegen AKW zu nutzen. Aufgrund der flexiblen Struktur und der bisherigen Ergebnisse der "Geldtöpfe" können AKW-Gegner aus der gegenwärtigen Situation jedoch kaum politisches Kapital schlagen. Zwar weist der Entsorgungsfonds seit seinem Start 2002 einen jährlichen Durchschnittsverlust von 0,6 Prozent auf. In dem für die Beurteilung der langfristigen Anlagestrategie aussagekräftigeren, länger bestehenden Stilllegungsfonds zeigt sich aber seit 1985 eine Durchschnittsrendite von 3,89 Prozent. Abzüglich der effektiven Jahresteuerung von 1,72 Prozent ist damit die geforderte Realrendite von 2 Prozent gegeben, wenngleich die langfristig angestrebte Nominalrendite von 5 Prozent nicht erreicht wurde. Wie Fonds-Geschäftsleiter Max Zulliger erklärt, ist es angesichts der Wirkungen auf den Preis - pro Kilowattstunde AKW-Strom derzeit etwa ein Rappen - auch aus Sicht der Bevölkerung nicht sinnvoll, übermässig hohe Einzahlungen von den Stromfirmen zu fordern. Schliesslich sind auch nach der Stilllegung der Werke die Betreiber gemeinsam verpflichtet, fehlendes Geld nachzuzahlen - im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren.

 Alle fünf Jahre werden von den Firmen aktuelle Kostenprognosen für die Stilllegung und den Bau von Tiefenlagern für radioaktive Abfälle vorgelegt. Diese Studien, die auch dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat zur Überprüfung präsentiert werden, weisen stabile Werte auf. Die Fonds unterliegen der Aufsicht des Bundesrates, der eine leitende Kommission bestimmt, in der die Stromunternehmen höchstens die Hälfte der Mitglieder stellen können. Das operative Geschäft ist an Drittfirmen ausgelagert.

 Kürzlich noch Millionen ausbezahlt

 Anfang des vergangenen Jahres, als die Finanzkrise in diesem Umfang nicht absehbar war, wurden den Betreibern noch rund 80 Millionen Franken aus den Fonds ausbezahlt. Neu wird nämlich eine AKW-Betriebsdauer von 50 statt 40 Jahren angenommen. Somit ergibt sich eine Kostenverschiebung von den Fonds zu den firmeninternen Rückstellungen, aus welchen der Aufwand für die Abfälle während der Betriebsdauer finanziert wird (insgesamt werden das für die derzeitigen Reaktoren rund 7 Milliarden Franken sein). Es wird betont, dass die Betriebsdauer bei der Fonds-Berechnung nicht mit der tatsächlichen Laufzeit der Werke gleichgesetzt werden könne. Die AKW-Stilllegung und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle dürften die Stromwirtschaft insgesamt 15,5 Milliarden Franken kosten.

 Die AKW-Fonds weisen einen Aktien- und Obligationenanteil von insgesamt 80 Prozent auf und benötigen im Moment keine liquiden Mittel. Der Bezug von Geldern beginnt mit der ersten Stilllegung - der Betrieb des AKW Mühleberg könnte aufgrund der Aufhebung der entsprechenden Befristung statt 2012 erst nach 2020 enden. Ein Ende der Bezüge aus dem Entsorgungsfonds kann ungefähr im Jahr 2100 vermutet werden, wenn das Tiefenlager für hochradioaktive Abfälle verschlossen würde.