MEDIENSPIEGEL 29.5.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (tojo, Rössli)
- Skatepark Vorplatz: Vereinbarung
- Antirassismus-Demo vor Waisenhaus-Polizeiposten
- SO: Alpha Konneh ausgeschafft
- Demo-Recht: Gemeinderat geht vor Verwaltungsgericht
- Rote Falken: Kinderrechtsdemo in Belp
- GFL: Mozsa geht, M.C.W. kommt
- Vineyard: Nix Beten im Kornhaus
- Filmende PolizistInnen bald in zivil
- Hooligan-Grippe: Internet-Pranger BE; Gewaltdebatte; Polizeikosten;
Das Leben ist kein Ponyhof
- Kapo BE will nicht auf Drohnen verzichten
- SP Burgdorf gegen Securities
- Hausgeister Thun: Freiraum-Demo am 30.5.09
- Antifa goes Sempach: Viel Polizei
- Nazi-Sprayer
- Rabe-Info 27.-29.5.09
- Sozialpreis 2009
- 3 Jahre Kulturfabrik Zollikofen
- Restriktives Polizeigesetz in Visp
- amnesty-Menschenrechts-Report Schweiz 2009
- Heiratsverbot für Sans-Papiers
- ZH 20.6.09: Demo Flüchtlingstag
- Homophobie: Schulbesuch ZH; Widerstand Osteuropa
- Stadtrat 7.5.09: Rauchverbot Reitschule + Co.; 2
Drogenanlaufstelle-Kosten
- Buchlesung Winti: die wilden Schafe
- Holland: Sport + Antisemitismus
- Christiania: Verlust Nutzungsrecht
- Migration: Abwarten in Nordafrika
- Gipfel-Soli-News 29.5.09
- Anti-Atom: Atomausstieg Bern; Baustelle Mühleberg;
BL-Fastausstieg; AKW-Fonds-Börsenverluste
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REITSCHULE
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Fr 29.05.09
20.00 Uhr - Frauenraum - BLÜTEN
DER DÄMMERUNG: Ein Lesestück von Miriam Erni und
Corina Freudiger
20.30 Uhr - Tojo - Stück
für Stück vier Kurztheaterstücke von PPCie
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees
no! Now! Santiago Alvarez, Kuba 1965. Habana Blues. Benito
Zambrano, Spanien/ Kuba/F 2005
22.00 Uhr - Dachstock - Irish Night
with An Làr (ch) & DJ -- Irish Folk
Sa 30.05.09
21.00 Uhr - Kino - Cuba si - Yankees
no! La reina del condón. Silvana Ceschi , Reto Stamm,
Schweiz 2007
23.00 Uhr - Dachstock - Cool & Deadly: Silly Walks Discotheque (d),
Support: Moya ls. Boss Hi-Fi -- reggae/dancehall
So 31.05.09
18.00 Uhr - Rössli- Piano-Bar
Infos: www.reitschule.ch
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Bund 28.5.09
"Stück für Stück"
Vier gewinnt
Das Stadttheater hat sein Uraufführungsspektakel, das Tojo-Theater
der
Reitschule präsentiert nun einen eigenen kleinen Autorenmarathon.
"Stück für Stück" ist eine Assemblage von vier
Kurzstücken der jungen
Compagnie PPCie. Alle Texte nehmen die Absurditäten des heutigen
Lebens
in den Fokus, erzählen von Begegnungen im Lift, von der
Effizienzsteigerung bei Angestellten oder vom Bild der Frau.
Stéfanie
Lang, Sarah Lerch, Johanna Gagern und Jo Ofrim Bjørke haben die
Texte
geschrieben und agieren auch als Darsteller. (reg)
Tojo-Theater Reitschule
Do, 28., und Fr, 29. Mai, 20.30 Uhr.
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BZ 28.5.09
Kultour
Theater
Bizarre Kurzstücke
Das junge Ensemble PPCie wirft im Tojo Theater Bern ein surreales Licht
auf die Gesellschaft.
Vier Werke, vier Ausgangspunkte, vier Personen: "Stück für
Stück" ist
Titel und Konzept zugleich: Was die stilistisch unterschiedlichen Teile
verbindet, ist eine surrealistische Atmosphäre und ein kritischer
Blick
auf die Gesellschaft. Dabei verbinden sich absurdes Theater und
Performance mit Tanz und Elementen des komischen Theaters.
pd
Vorstellungen: Heute und morgen, 20.30 Uhr, im Tojo Theater Bern. www.tojo.ch
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kulturstattbern.derbund.ch
28.5.09
Benedikt Sartorius am Donnerstag den 28. Mai 2009 um 13:00 Uhr
Retroselig
Sleepy-Sun-Poster Jung, sehr jung, waren die sechs MusikerInnen, die
alte Musik spielten. Wobei alt hier so 70er-Jahre-Psychedelik-Rock
meint, und die dann und wann reizvoll eingeflochtenen Chörli
direkt aus
dem Crosby-Stills-Nash-Fundus zu stammen schienen, die ja jüngst
von
den waldschratigen Fleet Floxes wieder salonfähig gemacht wurden.
Sleppy Sun hiess die Band, die gestern im Rössli der Reitschule,
dem
ehemaligen i-Fluss, aufspielten und glorios aufzeigten, dass eigentlich
unorigenelle, retroselige Musik posenfrei und wohldurchdacht und
spielfreudig dargeboten doch sehr gut sein kann, sehr sehr gut sogar.
Und ja, auch der Raum hat sich bestens bewährt an diesem ersten
wirklichen Konzert, das im Rössli durchgeführt wurde. Ich
hoffe auf
mehr.
Sleepy Sun spielen im Übrigen am honorigen Stonehill-Festival im
freiburgischen Hinterland auf wie auch, entschuldigung für den
Hinweis,
am ATP-Festival nahe NYC.
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SKATEPARK VORPLATZ
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Bund 28.5.09
Vereinbarung zum Skatepark auf Vorplatz
Stadt Bern SBB, Stadtbauten Bern und die Stadt Bern haben mit dem
Verein Skatepark "sk8.be"
eine
Vereinbarung für den Betrieb einer
Skateanlage auf dem Vorplatz der Reitschule abgeschlossen. Wie der
Gemeinderat auf einen Vorstoss schreibt, sieht die Vereinbarung ein
befristetes Baurecht bis 2014 vor. Bei Realisierung könnte dieses
um 15
Jahre verlängert werden.
Der Gemeinderat zeigt sich bereit, einen Kredit von 28000 Franken an
die Planung beizusteuern. Der Verein müsste des Weiteren selbst
für die
Skateanlage aufkommen. Die Betreiber rechnen mit Kosten von rund 250000
Franken. Die Initianten haben nach eigenen Angaben bereits die
Hälfte
der Mittel zusammengetragen. Viele Sponsoren hätten ihre
Zusicherung
jedoch an die Bedingung geknüpft, dass sie Werbefläche am
SBB-Eisenbahnviadukt bekämen, sagt der Präsident des
Fördervereins,
Pablo Cherpillod. Genau dies aber widerspricht dem Eisenbahnrecht. Der
Verein sucht weitere Geldgeber: Gönner können für zehn
Franken ein zehn
Quadratzentimeter grosses Stück Park erwerben.
Reto Nause (cvp), damals noch Stadtrat, und Susanne Elsener (gfl)
fordern in einer gemeinsamen Motion die rasche Aufwertung des
unwirtlichen Vorplatzes der Reitschule mittels Skatepark. Durch
"Bewegung und Begegnung" lasse sich der Brennpunkt entschärfen.
Der
Vorstoss ist für die nächste Stadtratssitzung traktandiert.
(dv)
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bern.ch/stadtrat
08.000264 (09/087)
Reg. 33/-00
Motion Reto Nause (CVP)/Susanne Elsener (GFL): Aufwertung des
Vor-platzes der Reitschule durch einen Skatepark: Planungskredit bzw.
Bau-genehmigung durch die Stadt
Wir fordern den Gemeinderat auf, sämtliche Voraussetzungen
für die
Erteilung einer Baube-willigung für einen Skatepark unter dem
Eisenbahnviadukt Schützenmatte und im Bereich des Vorplatzes der
Reitschule zu schaffen.
1. Dafür sind Mittel von maximal 28'000 Franken vorzusehen bzw.
bereits
eingeplante Mittel aus den "Verbesserungsmassnahmen Vorplatz
Reitschule" freizugeben.
2. Zudem koordiniert die Stadt ihre eigenen Bemühungen mit der
zuständigen Bewilligungs-instanz der SBB Immobilien, welche
Eigentümerin des Viadukts ist.
Der Vorplatz der Reitschule ist eine Problemzone der Stadt. Es gilt ihn
schnell aufzuwerten und attraktiv zu nutzen. Der private Verein "sk8be"
will unter dem Eisenbahnviadukt Schüt-zenmatte einen Skatepark
für
Skateboarder, Rollschuhfahrer, Inlinerskater und BMX-Fahrradfahrer
realisieren. Damit würde der unwirtliche und dunkle Platz unter
dem
Viadukt zu einem neuen Brennpunkt zwischen Kultur und Sport aufgewertet
und für eine aktive Freizeit-beschäftigung zugänglich
gemacht. Als Ort
der Bewegung und Begegnung lässt sich der so-ziale Brennpunkt von
Bern
entschärfen.
Die Initianten von "sk8be" haben in aufwändiger Fronarbeit einen
Verein
gegründet, Fundrai-sing-Aktivitäten entwickelt, Verhandlungen
mit den
SBB geführt und die Suche nach Sponso-ren an die Hand genommen.
Die
Stadt Bern hat offensichtlich ihnen gegenüber einen
Pla-nungskredit aus
den Mitteln für die "Verbesserungsmassnahmen Vorplatz Reitschule"
in
Aus-sicht gestellt, falls der Verein die Restfinanzierung der Anlage
belegen kann. Nun beisst sich die Schlange in den Schwanz: Potentielle
Sponsoren machen ihr Engagement vom Vorliegen einer Baubewilligung
abhängig: Ohne "Anschubfinanzierung" welche ein bewilligtes
Projekt zum
Ziel hat, werden kaum fixe Zusagen privater Geldgeber beigebracht
werden können.
Bern, 14. August 2008
Motion Reto Nause (CVP)/Susanne Elsener (GFL), Henri-Charles Beuchat,
Erik Mozsa, Da-niela Lutz-Beck, Nadia Omar, Markus Kiener, Barbara
Streit-Stettler, Martin Trachsel, Ueli Stückelberger, Rania Bahnan
Büechi, Anna Magdalena Linder, Dolores Dana, Peter Künzler,
Anastasia
Falkner, Jacqueline Gafner Wasem, Karin Feuz-Ramseyer, Philippe
Müller,
Mario Imhof, Dannie Jost, Simon Glauser, Thomas Balmer
Antwort des Gemeinderats
Der Vorstoss betrifft inhaltlich einen Bereich, der in der
gemeinderätlichen Zuständigkeit liegt. Der Motion kommt
deshalb der
Charakter einer Richtlinie zu.
Der Gemeinderat erkennt grundsätzlich die Chancen und Vorteile
einer
Nutzung der Fläche unter dem Eisenbahnviadukt bei der Reitschule,
wie
sie vom Verein sk8.be
vorgeschlagen wird.
Gleichzeitig gilt es, die
Realisierungschancen ernsthaft zu prüfen und auch einen Be-trieb
der
Anlage sicherzustellen, der dem schwierigen Standort Rechnung
trägt.
Die Direktion für Bildung, Soziales und Sport ist seit
längerer Zeit in
Verhandlungen mit dem Verein sk8.be.
Die
Verhandlungen und die
Zusammenarbeit mit dem Verein sind zum Teil schwierig. Zugesicherte
Unterlagen bleiben während mehrerer Monate aus, und auf
Nach-richten
wird häufig erst nach mehreren Wochen reagiert. Um die Skateanlage
auf
der Schüt-zenmatte mit der notwendigen Sicherheit betreiben zu
können,
muss der Verein über zuver-lässige Strukturen, eine
angemessene Zahl
aktiver Mitglieder und funktionierende Kommuni-kationsbeziehungen zur
Stadt verfügen. Auch muss er glaubhaft darlegen können, dass
er die
nötigen finanziellen Mittel für den Bau und den Betrieb der
Anlage
aufbringen kann.
Die Koordination in Bezug auf die Baubewilligung ist durch die
Stadtbauten Bern übernommen worden. So konnte eine Vereinbarung
(öffentliche Urkunde) zwischen den SBB, den Stadt-bauten Bern und
der
Stadt Bern unter Einbezug der Anliegen des Vereins sk8.be
abgeschlos-sen werden. Diese sieht ein bis Ende 2014 befristetes
Baurecht für die Skateanlage vor, wel-ches bei Realisierung innert
dieser Frist um 15 weitere Jahre verlängert wird. Die Stadtbauten
Bern
werden die Erarbeitung und Begleitung des Baugesuchs bis zur
Bewilligung begleiten.
Der Gemeinderat ist bereit, sich weiterhin für die Realisierung
der
Skateanlage zu engagieren und dafür Fr. 28 000.00 einzusetzen. Er
wird
die Verhandlungen mit dem Verein sk8.be
fort-setzen, mit dem Ziel, den
Skatepark möglichst bald mit einem überzeugenden Konzept,
einer
funktionsfähigen Trägerschaft und einer gesicherten
Finanzierung
eröffnen zu können.
Folgen für das Personal und die Finanzen
Die Skateanlage soll durch den Verein sk8.be
selbsttragend betrieben
werden. Neben dem einmaligen Betrag von Fr. 28 000.00, der vor allem
für die Planung, die Vorbereitungsarbeiten und die Baubewilligung
eingesetzt würde, sind keine regelmässigen Beiträge an
den Verein
vorgesehen.
Antrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Motion als Richtlinie
erheblich zu erklären.
Bern, 1. April 2009
Der Gemeinderat
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ANTIRASSISMUS-DEMO
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Indymedia 29.5.09
Demo gegen rassistische Diskriminierung durch Berner Polizei ::
AutorIn : Black Panther Bern (BPB): http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Panther_Party
Seit mindestens 1993 ist in Berner Polizeikreisen eine stetige
Steigerung der verbalen Hetze und der realen Brutalität gegen
junge
Afrikaner und Afroschweizer festzustellen. Da kann es schon mal
passieren, dass ein Kehlkopf bricht, dass jemand 10m tief fällt,
einfach brutal zusammengestiefelt oder gefesselt am Boden liegend noch
mit Pfefferspray eingegast wird. Übergriffe, Beleidigungen und
menschenunwürdige Vorgehensweisen finden vor allem im Zusammenhang
mit
Kontrollen und Razzien gegen "mutmassliche Dealer" statt.
Das hat sich auch 2009 nicht geändert. Am 28.5.09 fand in Bern
eine
kleine Protestdemo gegen den jüngsten bekannt gewordenen
Übergriff
statt. Ca. 50 Leute protestierten vor dem Waisenhaus-Polizeiposten in
der Innenstadt, während sich die Polizei dort präventiv
einschloss und
sich selber bewachte.
Doch Aussitzen und später weiterprügeln nützt nix - die
DemonstrantInnen haben nämlich angekündigt, zukünftig
nach jedem
Polizeiübergriff gegen die afrikanische Community eine
Protest-Demo zu
machen.
Im Folgenden das Mobilisierungs-Flugblatt für die gestrige Demo.
Flugblatt 28.5.09
Kundgebung gegen rassistische Diskriminierung durch Berner Polizei
Donnerstag 28. Mai 2009
Besammlung:
17.00 Uhr, vor der Heiliggeistkirche, Bern
Am 15. Mai 2009 durchsuchte die Berner Kantonspolizei einen Laden,
welche den afrikanischen Gemeinschaften in der Stadt Bern als
Treffpunkt dient. Im Laden befanden sich insgesamt 22 Personen
afrikanischer Herkunft.
Die Durchsuchung im Laden erfolgte in einer Art und Weise, welche die
Würde der anwesenden Menschen missachtete. Die Polizisten zwangen
alle
Personen, sich auf den Boden zu legen, fesselten sie mit Handschellen,
verbanden ihre Augen und transportierten sie zum Polizeiposten ab.
Die Polizei rechtfertigte ihre Einsätze im afrikanischen Laden
damit,
dass sie bei der Durchsuchung der Wohnung einer der abgeführten
Personen Drogen gefunden habe. All jene jedoch, die nichts mit
illegalen Drogen zu tun haben, aber durch die Polizei wie Kriminelle
behandelt und erniedrigt wurden, können das willkürliche und
beleidigende Vorgehen der Polizei nicht akzeptieren.
Es ist traurige Realität, dass Afrikaner und Afrikanerinnen in
Bern
immer wieder diskriminiert, erniedrigt und Opfer von
rassendiskriminierenden Aktionen der Polizei werden. Solche
Polizeieinsätze gegen die schwarze Gemeinschaft stempeln alle
Schwarze
zu Kriminellen und verstärken die Vorurteile, dass alle
Schwarzafrikaner Drogenhändler seien.
Wir wenden uns gegen Gesetzesverletzungen wie zum Beispiel den
Drogenhandel. Es ist die Aufgabe der Polizei, die Täter vor
Gericht zu
bringen. Es ist aber diskriminierend, eine ganze Gruppe, zum Beispiel
Schwarzafrikaner, kollektiv zu verdächtigen und gegen sie mit
unverhältnismässig gewaltsamen Polizeieinsätzen
vorzugehen.
Wir fordern,
- Gleiche Behandlung wie alle anderen Menschen im Rahmen der
Grundrechte der Individuen und nach einem ausgewogenen Vorgehen.
- Die Suche nach Verdächtigen soll aufgrund objektiver Kriterien
erfolgen, welche einer Polizei eines demokratischen Landes würdig
sind
und nicht aufgrund von Vorurteilen, welche durch rassistische Haltungen
motiviert sind.
Wir rufen dazu auf, gegen das diskriminierende Verhalten der Berner
Polizei zu protestieren und an der Kundgebung für die Einhaltung
der
Grundrechte und Menschenrechte teilzunehmen.
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AUSSCHAFFUNG
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Medienmitteilung von augenauf Bern vom 29. Mai 2009
Ausdruck blinder und unmenschlicher Ausschaffungspolitik?
augenauf Bern ist bestürzt über die Ausschaffung des
Vater eines siebenmonatigen Kindes
Mit Bestürzung hat die Menschenrechtsgruppe augenauf Bern
erfahren,
dass der Liberianer Alpha Konneh am 27. Mai 2009 von den
Solothurner
Behörden mit einem eigens organisierten Sonderflug nach
Monrovia
ausgeschafft wurde. Die Ausschaffung wurde vollzogen, obwohl
Alpha
Konneh mit seiner Lebenspartnerin in der Schweiz einen
gemeinsamen
siebenmonatigen Sohn hat, das entsprechende
Vaterschaftsanerkennungsverfahren kurz vor dem Abschluss stand
und
Vorbereitungen für eine Heirat eingeleitet wurden. Zudem ist
Alpha
Konneh Kläger in einem laufenden Strafverfahren, in dem mehrere
Beamte
des Untersuchungsgefängnisses Solothurn wegen
Köperverletzung
angeschuldigt sind (siehe Dokumentation im Anhang).
Alpha Konneh reiste im September 2007 in die Schweiz ein, wo sein
Asylgesuch zwei Monate später abgelehnt wurde. Elf Monate lang
befand
er sich im Untersuchungsgefängnis Solothurn in Ausschaffungshaft.
Seit
Monaten kämpft seine Lebenspartnerin und Mutter des gemeinsamen
Kindes
um eine Aufenthaltsgenehmigung für Alpha Konneh, gestützt auf
Artikel
8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, welcher das Recht
auf
Achtung vor dem Familienleben garantiert.
Zynischerweise wurde Alpha Konneh mit einem Reisepass
ausgeschafft,
den er auf dem Zivilstandesamt eingereicht hatte, um die
Vaterschaft
an seinem Sohn anerkennen zu lassen. Die Zivilstandesbehörde
verzögerte den Abschluss des Anerkennungsverfahrens mit der
Begründung, dass Zweifel an der Authenzität dieses
Dokumentes
bestehen. Dass die Ausschaffung nun mit eben diesem Dokument
offenbar
problemlos vollzogen werden konnte, zeigt, wie hier mit
unterschiedlichen Ellen gemessen wird.
Am 20. Mai protestierte augenauf Bern bereits mit einer Mahnwache
vor
dem Amt für öffentliche Sicherheit des Kantons Solothurn
gegen die
zuvor beschlossene Verlängerung der Ausschaffungshaft von Alpha
Konneh
(siehe Medienmitteilung vom 20.05.2009 im Anhang). Nach elf
Monaten
Ausschaffungshaft und zwei missglückten Ausschaffungsversuchen,
stellt
die nun vollzogene Ausschaffung den traurigen Höhepunkt des
menschenverachtenden Vorgehens des Kantons Solothurn in diesem Fall dar.
Die Massnahme ist Ausdruck einer blinden Ausschaffungspolitik,
die
strikt dem Dogma folgt, missliebige Personen aus der Schweiz zu
entfernen, ohne ansatzweise humanitäre oder auch nur
rationelle
Überlegungen zu berücksichtigen. Seine Lebenspartnerin gab
immer klar
zu erkennen, dass sie Alpha Konneh auch in Liberia heiraten und
im
Anschluss ein Familienzusammenführungsgesuch stellen würde.
Somit wird
Alpha Konneh bereits mittelfristig wieder legal in die Schweiz
einreisen können. Eine Zwangsauschaffung ist vor diesem
Hintergrund
also einzig als kostenintensive und unmenschliche Schikane zu
betrachten.
augenauf Bern
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Indymedia 22.5.09
http://ch.indymedia.org/de/2009/05/69320.shtml
(mit Fotos)
Ausschaffungshaft verlängert - Familie auseinandergerissen
AutorIn : augenauf Bern: http://www.augenauf.ch
Mutter mit gemeinsamer Tochter Ausschaffungshaft verlängert -
Solothurner Behörden reissen Familie auseinander
Medienmitteilung von augenauf Bern vom 20. Mai 2009
Dokumentation des Falles
http://ch.indymedia.org/media/2009/05//69324.pdf
Forderungen
http://ch.indymedia.org/media/2009/05//69325.pdf
Die Menschenrechtsgruppe augenauf Bern hat heute Nachmittag vor dem Amt
für öffentliche Sicherheit des Kantons Solothurn eine
Mahnwache
durchgeführt, um gegen die Verlängerung der Ausschaffungshaft
des
Liberianers Alpha Konneh zu protestieren. Mit Transparenten,
Flugblättern und einer theatralischen Aktion, bei der symbolisch
eine
Familie auseinandergesägt wurde (siehe Bild), machten die
AktivistInnen
von augenauf auf ihr Anliegen aufmerksam.
Die Aktion richtete sich gegen ein Urteil des Haftgerichts Solothurn
von vergangenem Freitag, dem 15. Mai 2009, das trotz schriftlicher
Interventionen der Menschenrechtsorganisationen Amnesty International
und augenauf Bern die Verlängerung der Ausschaffungshaft von Alpha
Konneh um zwei weitere Monate genehmigte.
Alpha Konneh reiste im September 2007 in die Schweiz ein, wo sein
Asylgesuch zwei Monate später abgelehnt wurde. Bereits seit 11
Monaten
befindet er sich im Untersuchungsgefängnis Solothurn in
Ausschaffungshaft, ohne eine Straftat begangen zu haben. Er ist Vater
eines im Oktober 2008 in der Schweiz geborenen Sohnes. Seit Monaten
kämpft seine Lebenspartnerin und Mutter des gemeinsamen Kindes um
eine
Aufenthaltsgenehmigung für Alpha Konneh, gestützt auf Artikel
8 der
Europäischen Menschenrechtskonvention, welcher das Recht auf
Achtung
vor dem Familienleben garantiert. Obwohl der Prozess der
Vaterschaftsanerkennung kurz vor dem Abschluss steht und die beiden
vorhaben zu heiraten, und obwohl bereits zwei Ausschaffungsversuche mit
zahlreichen Unstimmigkeiten gescheitert sind (siehe Dokumentation im
Anhang), beabsichtigt das Amt für Ausländerfragen des Kantons
Solothurn
hartnäckig, Alpha Konneh mit allen Mitteln auszuschaffen. Diese
Praxis
macht einmal mehr deutlich, dass sich Personen in Ausschaffungshaft de
facto in einer entrechteten Situation befinden.
Vaterschaftsanerkennungsverfahren, Heiratsvorbereitungen, laufendes
Strafverfahren, offensichtliche Schwierigkeiten mit der liberianischen
Regierung bei der Rückführung - Selbst jenseits aller
humanitären
Überlegungen ist es nicht nachvollziehbar, warum der Kanton
Solothurn
und das BFM soviel Energie und Geld mit dem Versuch verschwenden, Alpha
Konneh auszuschaffen.
augenauf Bern kritisiert die Haftverlängerung und die versuchten
Ausschaffungen aufs Schärfste. Mit diesen unnötigen und
kostenintensiven Massnahmen reisst die schweizerische
Migrationspolitik, in diesem Fall ausgeführt vom Kanton Solothurn,
in
menschenverachtender Weise eine junge Familie auseinander.
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DEMO-RECHT
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Bund 29.5.09
Gezerre um Kundgebungen
Stadt Bern Der Berner Gemeinderat zieht einen Entscheid der
Regierungsstatthalterin im Zusammenhang mit einer Verschärfung des
Kundgebungsreglements weiter. Dabei geht es um die Beschränkung
von
Demonstrationen auf Platzkundgebungen und das Verbot von
Kundgebungsumzügen. Eine solche Beschränkung sei rechtlich
nicht
zulässig, befand Statthalterin Regula Mader (sp) Anfang Mai. Sie
begründete ihren Entscheid unter anderem mit der besonderen
Funktion
Berns als Bundesstadt. Der Gemeinderat hingegen ist der Ansicht, dass
eine verfassungskonforme Auslegung des Umzugsverbots möglich ist.
Beim
Grünen Bündnis, den Demokratischen Juristen sowie dem
Gewerkschaftsbund
der Stadt Bern stösst der Beschluss des Gemeinderates auf
Unverständnis. (sda/kvm)
Seite 23
--
Gezerre um Kundgebungen
Gemeinderat zieht Entscheid der Regierungsstatthalterin an das
Verwaltungsgericht weiter
Demonstrationen sollen in Bern nur noch als Platzkundgebungen bewilligt
werden. Diese Ansicht vertritt der Berner Gemeinderat. Ein
entsprechender Beschluss stösst auf scharfe Kritik der Linken.
Klaus von Muralt
Der Gemeinderat hat den Entscheid des Regierungsstatthalteramts
betreffend der Verschärfung des Kundgebungsreglements angefochten.
Regierungsstatthalterin Regula Mader (sp) hatte vor vier Wochen eine
Beschwerde gegen das vom Stadtrat im Mai 2008 beschlossene Verbot von
Kundgebungsumzügen in der Stadt Bern gutgeheissen.
Die vom Stadtrat verlangte Verschärfung des Kundgebungsreglements
war
unter anderem eine Folge der Ausschreitungen an der Anti-SVP-Kundgebung
2007.
Eine Beschränkung von Demonstrationen auf Platzkundgebungen sei
rechtlich nicht zulässig, hatte Mader befunden und ihren Entscheid
mit
der besonderen Funktion der Stadt Bern als Bundesstadt begründet.
Zudem
verstosse die Bestimmung gegen die Kantonsverfassung, urteilte sie.
"Chancen für Verbot intakt"
Im Gegensatz zu Mader geht Gemeinderat und Polizeidirektor Reto Nause
(cvp), ursprünglicher Antragsteller für das Verbot, jedoch
davon aus,
dass eine verfassungskonforme Auslegung des Umzugsverbots möglich
ist.
Eben gerade die "speziellen Verhältnisse" in der Bundesstadt Bern
mit
ihren vielen politischen Kundgebungen erforderten eine
Einschränkung
des Kundgebungsrechts. Nause ist der Ansicht, dass Maders Formulierung
- "das Umzugsverbot sei rechtlich nicht zulässig" - zu offen
gefasst
sei. Deshalb habe sich der Gemeinderat dazu entschlossen, Maders
Entscheid an das Verwaltungsgericht weiterzuziehen. Nun solle dieses
darüber befinden, ob das Umzugsverbot verfassungskonform sei oder
nicht. Er sehe die Chancen auf eine erfolgreiche Durchsetzung des
Verbots weiterhin intakt.
Scharfe Kritik an Beschluss
Das Grüne Bündnis (GB) zeigte sich überrascht über
den Beschluss des
Gemeinderats. Angesichts der Faktenlage und der Ausführungen im
Entscheid der Regierungsstatthalterin vom 1. Mai gibt sich das GB
dennoch optimistisch, dass auch die weiteren Gerichtsinstanzen die
Einschränkung von Kundgebungen in Bern nicht gutheissen werden.
Das GB
spricht sich für ein liberales Kundgebungsrecht in der Bundesstadt
Bern
aus.
Auch von den Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz (DJS), dem
Gewerkschaftsbund der Stadt Bern und Umgebung (GSB) sowie der Jungen
Alternative (JA) wird der Beschluss des Gemeinderats heftig kritisiert:
Der beschlossene Weiterzug der Beschwerde auf Kosten der
Steuerzahlenden zeuge von geringem Verständnis für ein
verfassungsmässiges Recht, was gerade von einer rot-grünen
Stadtregierung sehr enttäusche, so die DJS.
GB, DJS und GBS hatten das Beschwerdeverfahren gegen das Umzugsverbot
angestrengt. Enttäuschung und Missfallen über den
Gemeinderatsbeschluss
sind deswegen in ihren Lagern umso verständlicher.
---
BZ 29.5.09
Kundgebungsreglement
Demo-Umzugsverbot: Gemeinderat schwenkt um
Im April hat Regierungsstatthalterin Regula Mader (SP) das Stadtberner
Demo-Umzugsverbot verworfen. Nun macht sich auf einmal der Gemeinderat
fürs umstrittene Kundgebungsreglement stark - eine Kehrtwende.
Jetzt entscheiden die Richter über die Zukunft des Stadtberner
Kundgebungsreglements. Ein Meinungswandel des Gemeinderates machts
möglich.
Ende April 2009 strich Regierungsstatthalterin Regula Mader (SP) das
Umzugsverbot aus dem Kundgebungsreglement (wir berichteten). Das Verbot
verletze die übergeordnete Kantonsverfassung, begründete
Mader ihren
Entscheid. Dagegen kämpft nun der Berner Gemeinderat vor dem
Verwaltungsgericht an.
Auf einmal ist aus Sicht der Stadtregierung ein Umzugsverbot
"verfassungskonform". Ganz anders hatte sich der Gemeinderat noch vor
Jahresfrist geäussert. Im Mai 2008 riet er dem Parlament, das neue
Kundgebungsreglement abzulehnen. "Die Meinungsäusserungs- und
Versammlungsfreiheit wird zu stark einschränkt", schrieb der
Gemeinderat damals.
Der Stadtrat stimmte dem Umzugsverbot trotzdem zu. Worauf
links-grüne
Parteien und Gruppierungen Beschwerde bei Regula Mader einreichten.
"Verfassung ausgehebelt"
Die plötzliche Kehrtwende der Regierung sorgt bei der ehemaligen
GB-Stadträtin Catherine Weber für Kopfschütteln. "Mit
unserer
Beschwerde gegen das Umzugsverbot haben wir dem Gemeinderat in die
Hände gespielt", sagt sie im Namen der demokratischen Juristinnen
und
Juristen der Schweiz (DJS). "Und nun kommt die Regierung und
unterstützt ein Verbot, dessen verfassungsrechtlicher Problematik
sie
sich bis vor kurzem noch bewusst war."
Unterstützt wird die Kritik vom Gewerkschaftsbund der Stadt Bern
und
Umgebung. Dieser schreibt in einer Mitteilung: "Der Gemeinderat hebelt
die Verfassung aus."
Tschäppät bleibt stumm
Weder Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) noch
Sicherheitsdirektor
Reto Nause (CVP) äusserten sich gestern zum gemeinderätlichen
Gesinnungswandel. Der Stadtpräsident sei den ganzen Nachmittag
über mit
Sitzungen beschäftigt, meldete sein Mediensprecher Walter
Langenegger.
Reto Nause war zwar erreichbar. Doch vor einem Jahr war er noch
Stadtrat gewesen. Er ist am Slalomkurs der Regierung unbeteiligt.
Allerdings war Nause Mitverfasser der Motion, die das Demo-Umzugsverbot
überhaupt lancierte. Nun darf er als zuständiger Gemeinderat
die eigene
Motion umsetzen.
"Wir ziehen den Entscheid vor Verwaltungsgericht weiter, weil wir dem
Stadtratswillen Rechnung tragen wollen", sagt Nause. Zudem sei ein
Demo-Umzugsverbot sinnvoll. Die Behörden müssten vielen
verschiedenen
Gruppierungen Kundgebungen erlauben. "Oft wollen mehrere Parteien
gleichzeitig demonstrieren. Wenn alle einen Umzug machen dürfen,
sind
wir beim Erteilen der Bewilligung limitiert."
Tobias Habegger
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gbbern.ch 28.5.09
Berner Demonstrationsrecht erneut im juristischen Prüfstand:
Grünes Bündnis für liberales Kundgebungsreglement
Das Grüne Bündnis ist erstaunt, dass der Gemeinderat den
Entscheid der
Regierungsstatthalterin zum Kundgebungsreglement gerichtlich an die
nächste Instanz weiterziehen will. Das Grüne Bündnis ist
angesichts der
Faktenlage und der Ausführungen im Entscheid der
Regierungsstatthalterin vom 1. Mai optimistisch, dass auch weitere
Gerichtsinstanzen diese Einschränkungen von Kundgebungen in Bern
auf
Platzkundgebungen nicht gutheissen werden. Das GB spricht sich in der
Hauptstadt Bern für ein liberales Kundgebungsrecht aus.
Gemäss Stadtratsentscheid vom 15. Mai 2008 wurde eine
Änderung des
Kundgebungsreglements beschlossen, so dass Kundgebungen in der Regel
nur noch als Platzkundgebungen bewilligt werden sollen. Zusammen mit
den Demokratischen JuristInnen und anderen Organisationen hat das
Grüne
Bündnis gegen diesen Entscheid beim Regierungsstatthalteramt
Beschwerde
eingereicht und Recht erhalten, indem die Regierungsstatthalterin die
Beschwerde gutgeheissen und den Stadtratsbeschluss aufgehoben hat, denn
es "gewähre nicht den erforderlichen Spielraum einer
verfassungskonformen Auslegung" und biete Anlass für "erhebliche
Rechtsunsicherheit". Die Regierungsstatthalterin sieht einen
Widerspruch gegenüber der Kantonsverfassung, welche den Anspruch
auf
Durchführung von Kundgebungen postuliert.
Das Grüne Bündnis hofft auf eine Bestätigung eines
liberalen
Kundgebungsverständnis, welches auf einschneidende
Einschränkungen des
Kundgebungsrechts in Bern als Bundeshauptstadt und Ort für
Kundgebungen
von nationaler Tragweite verzichtet. Erwartet wird eine rasche
Klärung
durch die angerufene Gerichtsinstanz.
---
bernerzeitung.ch
28.5.09
Kundgebungsreglement - Stadt zieht Entscheid weiter
Die Stadt Bern zieht einen Entscheid der Regierungsstatthalterin im
Zusammenhang mit einer Verschärfung des Kundgebungsreglements
weiter.
Dabei geht es um die Beschränkung von Demonstrationen auf
Platzkundgebungen und das Verbot von Kundgebungsumzügen.
Eine solche Beschränkung sei rechtlich nicht zulässig, befand
Statthalterin Regula Mader Anfang Mai. Sie begründete ihren
Entscheid
unter anderem mit der besonderen Funktion Berns als Bundesstadt.
In der Begründung führte Mader auch an, dass das
städtische
Kundgebungsreglement nicht den erforderlichen Spielraum einer
verfassungskonformen Auslegung gewähre.
Verfassungskonforme Auslegung möglich
Der Stadtberner Gemeinderat hingegen ist der Ansicht, dass eine
verfassungskonforme Auslegung des Umzugsverbots möglich sei, wie
er in
einer Mitteilung vom Donnerstag schreibt.
Das Berner Stadtparlament hatte im Mai 2008 die Beschränkung
beschlossen. Dagegen erhoben diverse Parteien und Organisationen
Beschwerde. Mit dem Weiterzug trage der Gemeinderat dem
Mehrheitsentscheid des Stadtrats Rechnung, heisst es in der Mitteilung
weiter.
Enttäuschung und Unverständnis
Das Grüne Bündnis zeigte sich nach eigenen Angaben am
Donnerstag
erstaunt, dass der Gemeinderat den Entscheid weiterziehe. Man sei
optimistisch, dass auch weitere Gerichtsinstanzen die
Einschränkungen
des Kungebungsreglements nicht gutheissen werden.
Auch bei den demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz
stösst
der Weiterzug der Stadt auf "grosses Unverständnis". Man sei vom
rot-grünen Gemeinderat enttäuscht. Die jetzige rechtliche
Grundlage
entspreche den verfassungsmässigen Vorgaben.
Generelles Verbot nicht möglich
Ein grundsätzliches und generelles Umzugsverbot wäre
praktisch kaum
durchzusetzen und würde der Stadt wohl einiges an Mehrkosten und
gerichtliche Auseinandersetzungen bescheren. (sda)
---
bern.ch 27.5.09
Ferner hat der Gemeinderat
...beschlossen, den Entscheid des Regierungsstatthalteramts in
Zusammenhang mit der Verschärfung des Kundgebungsreglements
weiterzuziehen. Dieses hat Ende April 2009 eine Beschwerde
gutgeheissen, wonach die vom Stadtrat im Mai 2008 beschlossene
Beschränkung von Demonstrationen auf Platzkundgebungen rechtlich
nicht
zulässig sei. Das Regierungsstatthalteramt begründete seinen
Entscheid
unter anderem mit der besonderen Funktion der Stadt Bern als
Bundeshauptstadt. Im Gegensatz zum Regierungsstatthalteramt geht der
Gemeinderat davon aus, dass eine verfassungskonforme Auslegung des
Umzugsverbots möglich ist. Mit der Beschwerdeerhebung trägt
der
Gemeinderat zudem dem Mehrheitsentscheid des Stadtrates Rechnung.
(...)
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ROTE FALKEN
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Indymedia 28.5.09
Kinderrechts-Demo in Belp BE 31. Mai 14.00 Uhr ::
AutorIn : Rote Falken: http://www.rotefalken.ch
Kinder haben Recht(e)! Am Sonntag, 31. Mai 09 organisieren wir in Belp
(BE), wo das Pfingstlager der Roten Falken stattfindet, eine
Demonstration für Kinderrechte. Die Demo beginnt um 14.00 Uhr beim
Spielplatz Eissel, führt durch den Belper Ortskern zum Kreuzplatz
und
endet dort mit einer Schlusskundgebung.
Wir würden uns freuen, wenn viele Leute Zeit für einen
Sonntagsausflug
nach Belp haben, um unseren Umzug zu unterstützen! Es wird am
Bahnhof
Belp um 13.30 einen Abholdienst geben für diejenigen, die von
auswärts
kommen.
http://www.rotefalken.ch
http://www.bern.rotefalken.ch
Einige wenige von vielen Gründen, warum wir demonstrieren:
- Die Schweiz hat den Artikel der UN-Kinderrechtskonvention nicht
unterzeichnet, welcher Kinder vor körperlicher Züchtigung
schützen
soll. Wir stehen für eine gewaltfreie Erziehung ein, welche die
körperliche und psychische Integrität der Kinder
hochhält!
- Das neue Schweizer Asyl- und Ausländergesetz verstösst
gegen die
Kinderrechte: Mit den neuen Nichteintretensgründen riskieren
papierlose, aber schutzbedürftige Kinder und Jugendliche, vom
Asylverfahren ausgeschlossen zu werden. Weiter erlauben die
verschärften Zwangsmassnahmen, Minderjährige bis zu 1 Jahr in
Haft zu
nehmen. Kein Kind ist illegal!
- Die Meinungen von Kindern werden von unserer Gesellschaft oftmals
marginalisiert. Scheidungsprozesse? Berücksichtigt auch die
Aussagen
der Kinder! Schulreform? Lasst Kinder mitreden! Schule nach der Pfeife
der Wirtschaft? Kinder wollen lernen, nicht verwertet werden! Politik
verstehen Kinder sowieso nicht? Eure Ämtlihocker-Politik verstehen
viele junge Leute vielleicht nicht, aber es geht um unsere Zukunft, und
da wollen wir mitbestimmen! KINDER HABEN RECHT(E)!
- Weltweit dienen Kinder in Kriegen als billige und formbare Soldaten
und verrichten schwerste Arbeit in Produktionsprozessen, deren
Erzeugnisse auch von uns konsumiert werden. Im 5-Sekundentakt sterben
Kinder an Hunger und den direkten Folgen der Mangelernährung. Ein
Wirtschaftssystem das auf Ausbeutung beruht und von Profit- und
Konkurrenzdenken geprägt ist, wird die Kinderrechte niemals
durchsetzen
können. Wir wollen eine andere Welt! Mitziehen statt Nichtstun!
Rote Falken
Missbilligende Statements bitte unter ich-mag-die-falken-nicht@rotefalken.ch
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MOZSA
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gfl.ch 29.5.09
Rücktritt: Erik Mozsa geht ins Ausland
Erik Mozsa, langjähriger Stadtrat der Grünen Freien Liste GFL
und seit
einem halben Jahr Grossrat, tritt auf Ende Juni 2009 von allen
politischen Ämtern zurück. Grund dafür ist ein
Nachdiplomstudium,
welches er an der Vrijen Universiteit Amsterdam (NL) absolvieren wird.
Nach fast einem Jahr Arbeitslosigkeit eröffnet sich für
Stadt- und
Grossrat Erik Mozsa mit niederländischen Wurzeln in seiner zweiten
Heimat Amsterdam eine neue berufliche Perspektive. Er wird an der
Vrijen Universiteit Amsterdam ein Nachdiplomstudium in Angriff nehmen.
Mozsa freut sich einerseits auf die neue Herausforderung, die sich ihm
nun eröffnet und andererseits auf die andere Sicht, die Fernsicht
auf
die Stadt Bern.
Mozsa engagierte sich sieben Jahre im Berner Stadtparlament, davon auch
mehrere Jahre in der Kommission Planung Verkehr und Stadtgrün PVS.
Er
setzte sich während seiner Zeit im Berner Stadtrat besonders in
Bereichen Verkehrs- und Wohnbaupolitik ein. Auch im Kulturbereich
konnte er wichtige Akzente setzen (Reitschule, Gaskessel). Er wird am
18. Juni an seiner letzten Stadtratssitzung teilnemen.
Die Nachfolge im Stadtrat wird voraussichtlich GFL-Präsident
Manuel C. Widmer nach den Sommerferien antreten.
Im Grossrat folgt GFL-Vorstandsmitglied und Stadträtin a.D. Anna
M. Linder in der Septembersession.
Die GFL dankt Erik Mozsa für sein langjähriges, anhaltendes
und
konsequentes Engagement. Mit Mozsa verliert die GFL einen profunden
Kenner der Berner Politszene. Natürlich hoffen wir, dass Erik
Mozsa
nach seiner Aus- und Weiterbildung in Holland die Berner GFL mit seinen
Erfahrungen wieder bereichern wird.
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CHRISTEN STATT KULTUR
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BZ 29.5.09
Vineyard
Beten ist untersagt
Vineyard darf im Kornhaus keine Gebetsräume einrichten. Dies ist
in einer Klausel des Mietvertrags festgeschrieben.
Die SP hat keine Freude an der neuen Mieterin der ehemaligen
Kornhausbühne. Giovanna Battagliero befürchtete gestern im
Stadtrat,
dass die Laienbewegung Vineyard den zentralen Standort zum Missionieren
missbraucht. Sie verwies insbesondere auf "wundersame Heilungen", die
Homosexuellen versprochen würden. Die Liegenschaftsverwaltung habe
die
Vermietung mit "Tunnelblick" angegangen. Zwar erfülle Vineyard die
gestellten Bedingungen, insbesondere die Mietzinsforderungen. Nicht
abgeklärt worden sei aber, wie sie sich mit den anderen Nutzungen
vertrage. Die jetzigen Kornhaus-Mieter hätten bereits ihrerseits
Bedenken angemeldet.
In der Antwort auf die Interpellation präzisierte der Gemeinderat
die
Mietbedingungen. Nicht erlaubt sei, dass Vineyard Gebets- und
Versammlungsräume einrichte. Die zuständige
Gemeinderätin Barbara Hayoz
(FDP) versicherte, dass dies auch überprüft werde. Die
Liegenschaftsverwaltung vergebe ihre Objekte nach objektiven Kriterien.
Eine Gesinnungsprüfung der Mieter sei hingegen nicht ihre Aufgabe.
Hayoz erhielt Support von GFL-Sprecher Conradin Conzetti und Pascal Rub
(FDP). Conzetti mahnte an, der Umgang mit religiösen
Strömungen sei
besser im Dialog als mit Verhindern der Infrastruktur zu begegnen. Im
Übrigen sei und bleibe Vineyard eine "kleine Randgruppe" innerhalb
der
reformierten Kirche, betonte Pfarrer Conzetti. Beruhigt habe ihn, dass
die Liegenschaftsverwaltung, die Einschränkung bei der Nutzung im
Mietvertrag festgeschrieben habe. Beat Gubser (EDU) sah in den Fragen
von Battagliero schlicht einen "Diskriminierungsversuch" einer
religiösen Vereinigung.
cab
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Bund 29.5.09
Vineyard entzweit das Parlament
Stadtrat Die Vermietung der ehemaligen Kornhausbühne an Vineyard
Bern
stösst der SP sauer auf. Fraktionspräsidentin Giovanna
Battagliero
sagte, das primäre Ziel von Vineyard sei die Mission, gerade bei
jungen
Menschen, und dies teilweise auch mit aggressiven Mitteln. Das Kornhaus
sei aber in erster Linie ein Bildungs- und Kulturstandort. Vineyard
könne diesen beschädigen. Für die Räume an
repräsentativer Lage hätte
die Liegenschaftsverwaltung ohne Weiteres einen anderen Mieter finden
können, so Battagliero, welche die dringliche Interpellation
verfasst
hatte. Er frage sich, ob die SP mit ihrem Vorstoss die Trennung
zwischen Kirche und Staat wieder aufheben wolle, erklärte Pascal
Rub
(fdp). Zumindest unterschwellig verlange die Interpellation nichts
anderes als eine Gesinnungsprüfung für Mieter. Beat Gubser
(edu)
verurteilte den polemischen Vorstoss der Sozialdemokraten. Eine solche
Haltung sei bedenklich, gefährde die Religionsfreiheit und sei ein
Diskriminierungsversuch.
Finanzdirektorin Barbara Hayoz (fdp) verteidigte die
Liegenschaftsverwaltung: "Sie muss bei den Mietern keine
Gewissensprüfung vornehmen." Im Übrigen sei der christliche
Glaube
vielfältig; und auch die katholische Kirche mache schliesslich
Heilsversprechungen. (ruk)
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BIG BROTHER VIDEO
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BZ 29.5.09
Videoüberwachung
Leben filmende Polizisten in Uniform gefährlich?
Schützt die neue Videoüberwachungsverordnung die Hooligans
statt die Polizei? Vier Grossräte finden Ja und wollen das
ändern.
Ab 1.Juli kann der öffentliche Raum im Kanton Bern mit
Videokameras
überwacht werden. Das erlaubt die von der Regierung erlassene
Verordnung. Vier Mitglieder des Grossen Rates sind damit nicht in allen
Punkten einverstanden. Barbara Mühlheim (Grüne, Bern), Lorenz
Hess
(BDP, Stettlen), Markus Meyer (SP, Langenthal) und Kathrin Zumstein
(FDP, Langenthal) kritisieren, Polizisten würden an Kundgebungen
und
Sportveranstaltungen unnötigen Gefahren ausgesetzt, wenn sie nur
uniformiert Bild- und Tonaufzeichnungen machen dürften. Mit einer
Motion fordern sie, die Uniformpflicht sei zu streichen. Zudem wollen
sie das Mittragen von Aufzeichnungsgeräten an
Massenveranstaltungen
erlauben. Sonst werde die polizeiliche Überwachung teilweise
verunmöglicht. Die Motionäre verlangen, dass ihr Vorstoss
dringlich in
der Junisession behandelt wird.
sgs
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BIG BROTHERS VS HOOLIGAN-GRIPPE
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Bund 29.5.09
Internet-Pranger nach Cupfinal
Berns Polizei veröffentlicht im Internet Bilder von
Stadionbesuchern,
die am Cupfinal Feuerwerk zündeten. Nicht begeistert von der
Massnahme
sind die YB-Fanarbeiter.
Philipp Schori
Erst in Luzern und St. Gallen, jetzt auch in Bern: Die Polizei stellt
Bilder von unbekannten Fans ins Internet, die am Cupfinal zwischen den
Berner Young Boys und dem FC Sion eine schwere strafbare Handlung
begangen haben sollen. Schon Anfang Woche hat die Berner Kantonspolizei
dahingehende Überlegungen angestellt, nun werden womöglich
bereits
heute erste Bilder auf der Internetseite der Kantonspolizei
veröffentlicht.
Sowohl der Untersuchungsrichter als auch der Staatsanwalt müssen
Hand
bieten, damit eine Person an den Internet-Pranger gestellt werden darf.
Ferner müsse eine schwere strafbare Handlung anhand der Bilder
nachweisbar sein, sagt der Sprecher der Kantonspolizei Bern. Als
Beispiel nennt Jürg Mosimann einen Fan, der im Stadion Feuerwerk
abbrennt, wie das auch am vorgestrigen Champions-League-Final geschah.
Zünde jemand Pyrotechnik inmitten eines Pulks, müsse der
Straftatbestand "Gefährdung des Lebens" geprüft werden, sagt
Mosimann.
Die Polizei sucht im Weiteren nach Personen, die am Rande des Cupfinals
vor über einer Woche Schlägereien anzettelten oder
Sachbeschädigungen
begangen haben.
"Im Zusammenhang mit Fussball stellt die Kantonspolizei Bern erstmals
Bilder von potenziellen Straftätern ins Internet", so der
Polizeisprecher. Weshalb gerade jetzt? Die Ereignisse nach dem Cupfinal
hätten das Fass wohl zum Überlaufen gebracht, sagt Mosimann.
Nicht
grundlegend anders fällt die Antwort des YB-Fanarbeiters Lukas
Meier
aus: Die mediale Hysterie sei der Grund, sagt er. Meier stuft die
Veröffentlichung der Bilder im Internet als "höchst
problematisch" ein.
Dieses Register dürfe nur bei schweren Delikten gezogen werden. Im
Übrigen widerspreche das angekündigte Vorgehen der Polizei
dem
landläufigen Rechtsverständnis: Indem etwa die Polizei
Lehrlinge am
Arbeitsplatz aufsucht, werde eine Entlassung des Lehrlings bewusst in
Kauf genommen, sagt Meier. Jugendliche würden so letztlich wegen
Fackeln im Stadion an den Rand der Gesellschaft gedrängt.
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BZ 29.5.09
Hooligans
Jetzt Bilder im Internet
Erstmals stellt die Kantonspolizei Bern Hooligans öffentlich an
den
Pranger. Ab heute sollen erste Bilder im Internet zu sehen sein.
Nach St.Gallen und Luzern soll es jetzt auch den gewalttätigen
Fans
rund um den Cupfinal YB-Sion an den Kragen gehen. Auf der Homepage der
Kantonspolizei Bern werden voraussichtlich ab heute erste Bilder der
Chaoten veröffentlicht. Zum ersten Mal überhaupt will die
Berner
Polizei nach Ausschreitungen bei Fussballspielen mit solchen Bildern
Straftäter eruieren.
Rechtliche Grundlage da
"Die rechtliche Grundlage für solche
Öffentlichkeitsfahndungen sind
vorhanden", sagte gestern Polizeimediensprecher Jürg Mosimann.
Solche
öffentliche Fahndungen im Einverständnis mit der Justiz
werden
eingesetzt, wenn auf dem Bildmaterial schwere strafbare Handlungen
einer unbekannten Person zu sehen sind. "Durch Hinweise aus der
Öffentlichkeit erhoffen wir uns dann, die Personen zu eruieren,
anzuhalten und strafrechtlich zu verfolgen", sagte Mosimann.
Bilder von Bevölkerung
Die aufgeschalteten Krawallbilder rund um den Cupfinal in Bern hat die
Polizei nach einem Aufruf in der Öffentlichkeit von der
Bevölkerung
erhalten. "Es ist einiges an Material eingegangen", sagte Mosimann
gestern. Wie viele Fahndungsbilder ins Internet gestellt werden, konnte
er nicht sagen. "Wir sind noch mit dem definitiven Auswerten
beschäftigt."
Videos von der SBB
Nicht nur die Bevölkerung hat der Polizei Bildmaterial für
diese
öffentlichen Fahndungen im Internt zur Verfügung gestellt.
Auch die SBB
hat Videos auf Antrag des Richters der Polizei übergeben. Die
Berner
Bahnhofhalle, welche Eigentum der SBB ist, wird mit Videokamers
überwacht. Dort spielten sich vor und nach dem Cupfinal chaotische
Szenen ab. Sion-Anhänger legten den Bahnhof lahm und YB-Fans
zündeten
Petarden. Zudem kam es zu Schlägereien.
Erfolg in Luzern
Auch die Kantonspolizeien von Luzern und St.Gallen haben bereits Bilder
von mutmasslichen Hooligans ins Netz gestellt. Mittels Fahndungsfotos
suchten auch sie nach unbekannten Fussballchaoten im Internet. Mit
Erfolg. Zahlreiche der so öffentlich gezeigten Chaoten meldeten
sich
umgehend, damit ihre Fotos wieder vom Internet entfernt werden. Und:
Die Polizei in St. Gallen und Luzern erhielt aus der Bevölkerung
viele
Hinweise zu den gesuchten gewalttätigen Fussballfans.
Jürg Spori
•www.police.be.ch
---
Regionaljournal DRS Bern 29.5.09
Kantonspolizei Bern geht im Internet auf Fussball-Chaoten-Fahndung
(1:43)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe7v729052009.rm?start=00:01:19.057&end=00:03:02.499
---
Tagesanzeiger 29.5.09
Sogar Linke haben nichts gegen Hooligan-Bilder im Netz
Die Zürcher Staatsanwaltschaft begrüsst die Fahndung nach
Hooligans
mittels Internet. Nach Luzern beschreitet auch Bern diesen Weg: Heute
werden Chaotenbilder ins Netz gestellt.
Von Stefan Hohler
Zürich/Bern. - Die Polizei soll die Ermittlungsmöglichkeiten,
die sie
hat, voll ausschöpfen, sagt Rainer Angst, Sprecher der
Oberstaatsanwaltschaft. Deshalb begrüsse man es, wenn die Polizei
Bilder von gesuchten Chaoten ins Internet stelle. Es sei wichtig, dass
diese nicht mehr länger unter dem Deckmantel der Anonymität
agieren
könnten. Die Zürcher Stadtpolizei prüft ernsthaft,
Hooligans ins Netz
zu stellen, damit sie von der Öffentlichkeit Hinweise über
deren
Identität erhält (TA von gestern). Gemäss Staatsanwalt
Rainer Angst
sind die gesetzlichen Grundlagen mit der kantonalen Strafprozessordnung
gegeben. Nachdem bereits die Luzerner und St. Galler Kantonspolizei
Bilder von gewalttätigen Fussballfans ins Internet gestellt haben,
wird
heute die Berner Polizei nachziehen. Ein Polizeisprecher bestätigt
einen entsprechenden Artikel auf "20 Minuten online". Dabei werden
Bilder von mutmasslichen Fussballchaoten, die am Cupfinalspiel zwischen
YB und Sion vom 20. Mai im Berner Hauptbahnhof für massive
Sachbeschädigungen verantwortlich waren, gezeigt. Die Zahl der
Tatverdächtigen konnte gestern noch nicht genannt werden. Laut dem
Kapo-Sprecher sei dies aber nur ein erster Schritt, weitere Bilder
würden folgen.
"Pranger mit Hebelwirkung"
Die Veröffentlichung von randalierenden Fussballfans oder
1.-Mai-Chaoten wird auch von der Mehrheit der Zürcher Parteien
begrüsst. Für Gemeinderat Monjek Rosenheim, Polizeispezialist
bei der
FDP, ist das Internet Fahndungs- und Abschreckungsmittel zugleich: "Was
früher der Pranger war, ist heute das Internet." Der Aspekt der
Abschreckung sei bei Hooliganismus speziell wichtig.
Das sieht auch Rolf André Siegenthaler, Präsident der
städtischen SVP,
ähnlich: "Ein moderner Pranger, der wirkt." Damit habe man eine
Hebelwirkung, vor allem bei Personen, die sonst einem geregelten Leben
nachgehen würden. Fraktionschef Mauro Tuena ist skeptisch. Er
befürchtet, das sich die Chaoten in Zukunft vermehrt vermummten.
Für die Kopräsidentin der städtischen SP, Beatrice
Reimann, ist die
Internetsahndung ein unorthodoxes Vorgehen. Als positiv bewertet sie,
dass man die Leute aus der Anonymität herausholen könne.
Negativ sei
aber die Prangerwirkung. Ein Abwägen spreche indes für die
Internetfahndung: "Vor allem zugunsten der friedlichen
Fussballzuschauer". Auch SP-Kantonsrat Yves de Mestral, einer der
Initianten des Referendumskomitees gegen das neue Polizeigesetz, kann
dieser Art von Fahndung "vorsichtig" zustimmen, wenn alle anderen
Fahndungsmittel ausgeschöpft sind.
Als sehr problematisch betrachtet Balthasar Glättli, grüner
Gemeinderat
und ebenfalls Mitinitiant des Referendumskomitees gegen das neue
Polizeigesetz, die Internetfahndung. Es sei als allerletztes Mittel
noch akzeptabel, wenn es um Leib und Leben gehe. Er fordert, dass eine
Veröffentlichung von Videobildern zuerst ankündigen werden
muss. Damit
haben die Tatverdächtigen die Möglichkeit, sich freiwillig zu
stellen:
"Der Schutz der Privatsphäre ist dann gewährleistet."
"Fan-Anwältin" hat kein Verständnis
Für Manuela Schiller, Anwältin von Fussballfans, ist die
Internetfahndung ein Schritt zurück ins Mittelalter. "Ich habe
für
dieses Vorgehen kein Verständnis." Bei Straftaten wie
Landfriedensbruch, Sachbeschädigungen oder auch Gewalt und Drohung
gegen Beamte sei in aller Regel die Verhältnismässigkeit
für eine
Internetfahndung nicht gegeben. Bei Fackelwürfen, wo die
Gefährdung von
Menschenleben in Kauf genommen wird, könne sie verstehen, dass
auch
dieses Fahndungsmittel geprüft werde.
---
St. Galler Tagblatt 29.5.09
Der Sinn im Sinnlosen
Interview Der Bundesrat will mit einem nationalen Programm die
statistisch vermehrt erhobene Jugendgewalt bekämpfen, zu der auch
der
Hooliganismus gehört. Der Soziologe Olivier Steiner erklärt,
wo die
Gewaltspirale beginnt. Bruno Knellwolf
Es gibt in der Schweiz kaum noch ein Fussballspiel mit Bedeutung, das
nicht von Schlägereien begleitet wird. Die Akteure dieses
Hooliganismus
sind typischerweise junge Schweizer zwischen 14 und 19 Jahre alt.
Gewaltbereite Menschen missbrauchten zunehmend Sportveranstaltungen, um
ihren Frust und ihre Gewaltbereitschaft auszuleben, sagen die
Soziologen und Jugendforscher Olivier Steiner von der Fachhochschule
Nordwestschweiz und Manuel Eisner von der Universität Cambridge,
die
zwei Expertenberichte verfasst haben, die der Bundesrat am Montag
veröffentlicht hat. Gemäss den Statistiken hat die
Gewaltbereitschaft
in den letzten 20 Jahren deutlich zugenommen.
Hat sich die Jugend wirklich so verändert? Grossangelegte
Langzeitstudien zeigten in den vergangenen Jahren ein anderes,
differenziertes Bild: Als einfühlsam und respektvoll wird die
Mehrheit
der Jugendlichen bezeichnet.
Olivier Steiner: Es gibt die Shell-Jugendstudie, die periodisch Werte
und Einstellungen der Jugend untersucht. Demnach halten Jugendliche
heute eher wieder traditionelle Werte hoch, wie Familie, Treue,
Freundschaft, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und
Arbeitsethos. Der oft
beklagte Werte- und Sittenzerfall ist gar nicht zu beobachten.
Bürgerliche Wertvor- stellungen gepaart mit einem
ausgeprägten
Konsumverhalten sind im Vormarsch. Die grosse Mehrheit der Jugend ist
eher an Integration interessiert, an sozialem und beruflichem
Weiterkommen. Aber es gibt eine schärfere Polarisierung. Ein
grosser
Teil der Jugendlichen ist traditionell orientiert. Das genau
verschärft
das Problem eines kleinen Teils der jungen Menschen, die nicht
dazugehören.
Woher kommt diese Polarisierung?
Steiner: Jugend hatte schon immer ein widerständiges Moment.
Daraus
entstanden viele Sammelbewegungen: Rocker, Halbstarke, Hippies, die
Autonomen, die Antiglobalisierungsbewegung, die einen Teil der
destruktiven, aber auch der neuen, suchenden Energie gebündelt und
politisiert hat - auch wenn das ein Stück weit eine Idealisierung
dieser Bewegungen ist. Diese Bündelung ist zerbrochen. Solchen
Jugendlichen fehlt der Ort, wo sie sich abarbeiten können. Das
wirft
ein Stück weit auch ein schlechtes Licht auf die Gesellschaft, in
der
alles konsumorientiert ist. Widerständige Bewe- gungen wurden
vermarktet. Punk ist kein Zeichen von Widerstand mehr, sondern
plötzlich Mode. Das entzieht den Jungen die Möglichkeit,
durch
Widerstand politische Äusserungen zu erzeugen. Wohin also mit der
Energie? Hooliganismus ist für mich auch ein solches Zeichen. Im
Hooliganismus werden die destruktiven Impulse nur noch zum Selbstzweck
ausgerichtet. Ohne eigentliches Ziel. Es wirkt sinnlos, obwohl es im
Prinzip nicht sinnlos ist.
Schlagen sich da Wohlstandsverwahrloste die Köpfe ein?
Steiner: Da wäre ich vorsichtig. Ich schätze, dass sie nicht
zur
Upper-Class-Jugend gehören. Das sind eher Angehörige einer
Unterschicht
oder unteren Mittelschicht, die mit mehreren Problemen konfrontiert
sind. Eltern, die sehr viel arbeiten und tendenziell eher abwesend
sind. Hoher Medienkonsum von Eltern und Kindern,
Schlüsselkinderphänomene, also Kinder, die viel auf der
Strasse unter
Jugendgruppen sind, wo niemand nach ihnen fragt.
Wenn es um die Veränderung der Jugend geht, wird oft über den
negativen Einfluss neuer Medien diskutiert.
Steiner: Hier fehlen Langzeitstudien, die den Einfluss neuer Medien auf
die Werte Jugendlicher untersuchen. Sichtbar ist aber eine
Beschleunigung durch die Mobilität in allen Bereichen. Es gab eine
Beschleunigung in medialen Darstellungen. Es gibt eine Informationsflut
durchs Internet, die eine hohe Medienkompetenz erfordert. Da ist es
eine enorme Herausforderung für Jugendliche, nicht dem Rausch der
Geschwindigkeit zu verfallen. Sondern stattdessen ein Verständnis
zu
gewinnen, wann Geduld angebracht ist und wie mit Beharrlichkeit etwas
zu erreichen ist.
Glaubt man den neuen Statistiken, scheint sich auch die Bereitschaft zu
beschleunigen, Gewalt anzuwenden. Da fragt man sich: Gibt es wirklich
mehr Delikte oder einfach mehr Anzeigen?
Steiner: Diese Frage ist nicht wirklich geklärt. Aufgrund anderer
Studien könnte man vorsichtig vermuten, dass die Gewalt zugenommen
hat.
Die Anzeigestatistiken bilden auf jeden Fall nicht die reale Zunahme
der Gewalttaten ab. Das sagt selbst das Bundesamt für Justiz.
Gegen
diese Unklarheit in der Forschung will der Bundesrat deshalb eine
regelmässige "Dunkelfeldforschung" von nicht registrierten
Strafdelikten durchführen. Aber es gibt zum Beispiel die neue
Suva-Studie, und die ist bedenklich. Auch die Berner Uni-Spital-Studie
und europäische Studien zeigen, dass die Anzahl schwerer
Gewalttaten
zugenommen hat.
Ebenfalls gibt es keinen direkten Beweis, dass Killerspiele zu mehr
Gewalt führen.
Steiner: Aus diversen Jugendgewaltstudien zeigt sich, dass verschiedene
Faktoren zu Gewalt führen: Das sind Konflikte und Gewalt in der
Familie, Schulprobleme sowie Zugehörigkeit zu gewaltorientierten
Jugendgruppen. Aber auch Armut in der Familie, Eltern, die stundenlang
vor dem Fernseher sitzen, oder Migration sind Faktoren. Gesammelt kann
das zu einem hohen Druck führen. Das Computerspiel dient dann
eventuell
zur Flucht. So können neue Medien wie auch das Handy und das
Internet
im Wechselspiel eine problematische Funktion erhalten. Aber der Blick
muss verstärkt auf die Risikogruppen gehen und nicht auf die
Computerspiele.
Trotzdem bleibt das Rätsel, warum ein ansonsten unauffälliger
Jugendlicher plötzlich vor dem Stadion Steine gegen Polizisten
wirft.
Steiner: Aus wissenschaftlicher Sicht muss man nicht differenzieren bei
den verschiedenen Formen von Jugendgewalt. Die Gründe, warum ein
junger
Mensch gewalttätig wird, sind ungefähr immer die gleichen.
Dabei zeigt
sich, wie vorhin erwähnt, ganz stark der Faktor Familie. Deren
starke
Bedeutung wird oft zu wenig berücksichtigt. Die frühen
Erfahrungen in
der Erziehung sind entscheidend. Deshalb ist Frühprävention
gegen
Gewalt sehr wichtig.
Bleibt die Frage, ob sinnlose Gewaltanwendungen nur Jugendsünden
sind, aus denen die Täter herauswachsen.
Steiner: Das ist eine der Hauptfragen in meiner Dissertation über
Jugendgewalt, an der ich gerade arbeite. Es gibt zwei Richtungen. Zum
einen Jugendliche, die einen Prozess des Aufwachens durchmachen, die
ihre Taten hinterfragen und daraus lernen. Bei denen findet ein
tiefgründiger Prozess statt. Zum anderen gibt es aber Jugendliche,
die
sagen: Das ist nicht gut, was ich da mache. Das gibt Stress mit der
Lehrstelle. Aber eigentlich muss mich keiner dumm anschauen, sonst
schlage ich zurück. Ihre Einstellung zur Gewalt behalten diese
Jugendlichen auch in höherem Alter bei. Da besteht die Gefahr,
dass sie
die Gewalt später an ihre eigenen Kinder weitergeben. Das
führt dann
zur Gewaltspirale.
Was hilft?
Steiner: Generell sozialstaatliche Massnahmen wie die Entlastung von
Familien - finanziell, aber auch betreuend und beratend in Fragen der
Erziehung und Mediennutzung. Informationen von Schulen. Dann gibt es
selektiv indizierte Intervention bei Straffälligen. Wichtig ist
aber
die Frühprävention. Oft zeigen sich schon bei Kleinkindern
Auffälligkeiten, die später zu Gewaltproblemen führen
können. Auf jeden
Fall muss man aber den Jugendlichen weiterhin ihren Raum zugestehen, in
dem sie sich ausleben können. Das muss Platz haben in unserer
Gesellschaft.
Hooligans hin oder her. Gewalt war früher verbreiteter als heute.
Wir leben in einer zivilisierteren Welt.
Steiner: Das ist richtig. Es gab eine starke Abnahme von Gewalt im
öffentlichen Raum durch die Zentralisierung des Staatsmonopols. Es
gibt
keine Banden mehr, die ihre Quartiere verteidigen. Seit Ende des 19.
Jahrhunderts hat die Zahl der Tötungsfälle drastisch
abgenommen, ist
aber seit den 1960er-Jahren wieder leicht angestiegen.
--
Von den Chaoten bis zu den Matchbesuchern an der Cüplibar
Kaum ein öffentlicher Anlass wird von derart verschiedenen
Menschengruppen besucht wie ein Fussballspiel.
Hooligans: Sie haben die Gewalt auf und neben den Fussballplätzen
auf
die Fahne geschrieben. Sie sind organisiert und laden sich häufig
gegenseitig zur Schlägerei ein. Diese kann auch abseits von
Fussballplätzen "stattfinden".
Ultras: Es sind Fans, die sich lautstark und in den Clubfarben
gekleidet bemerkbar machen. Sie stehen wörtlich hinter ihrer
Mannschaft, hinter einem Tor, und wollen keine Sitzplätze. Sie
pflegen
eine Fankultur und inszenieren eine Choreographie, die auch das
Entzünden von Rauchpetarden und Feuerwerk umfasst.
Chaoten: Eine zunehmende, schwer zu fassende Gruppierung, die den
Spitzenfussball nur zum Anlass nimmt, um physische Gewalt anzuwenden
und mit der Polizei Katz und Maus zu spielen.
Matchbesucher: Auch den gibt es. Er ist zufrieden, wenn sein Team
gewinnt, und pfeift, wenn es nicht rund läuft. Er ist auf der
Gegentribüne oder an der Cüplibar zu finden. (th)
---
20min.ch 28.5.09
Krawalle
Bern stellt Cupfinal-Hooligans an den Pranger
von Annette Hirschberg
Den Krawallbrüdern vom Cupfinal zwischen YB und Sion gehts
öffentlich
an den Kragen. Morgen Freitag sollen Fotos mutmasslicher Hooligans im
Internet publiziert werden.
St. Gallen und Luzern machen es vor: Mittels Fahndungsfotos suchen die
Kantonspolizeien nach unbekannten Fussballchaoten im Internet. Mit
Erfolg. Zahlreiche Krawallbrüder melden sich, damit ihre Fotos
wieder
vom Internet genommen werden.
Nun will auch die Kantonspolizei Bern die Chaoten aus dem Cupfinalspiel
zwischen YB und Sion an den Pranger stellen. Vor und nach dem Spiel vom
vergangenen Mittwoch war es am Berner Hauptbahnhof zu massiven
Sachbeschädigungen gekommen, der Bahnhof wurde verunreinigt und
Reisende behindert.
Polizei bat um Mithilfe der Bevölkerung
In der Innenstadt beschädigten Fans zudem einen Bus, ein
Wartehäuschen
und mehrere Autos. Sechs Personen mussten leicht verletzt ins Spital
gebracht werden. 64 Personen wurden vorübergehend festgenommen.
Einen
Tag nach den Ausschreitungen rief die Kapo Bern die Bevölkerung
auf,
Bildmaterial zur Verfügung zu stellen, welches Straftäter
überführen
könnte.
Offenbar gingen viele Informationen ein. Und: Bern fackelt nicht lange,
sondern schreitet sofort zur Tat. "Voraussichtlich morgen Freitag
werden wir die ersten Fahndungsbilder veröffentlichen", sagt
Kapo-Sprecher Jürg Mosimann. Nach wie vielen Tatverdächtigen
auf diese
Weise gefahndet wird, kann der Kaposprecher noch nicht sagen. "Wir sind
noch mit dem definitiven Auswerten beschäftigt."
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Bund 28.5.09
Krawalle geben weiter zu reden
Stadt Bern Die Politik reagiert auf die Krawalle anlässlich des
Cup-Finals. Die CVP fordert höhere Beiträge der Vereine an
die
Polizeikosten. Pikant: Damit bringt die Partei ihren eigenen
Gemeinderat Reto Nause in Bedrängnis.
Für Diskussionen sorgen die Ereignisse um den Cupfinal auch in der
Fankurve. Aktive Fans kritisieren Pauschalisierungen. Fans, die
Feuerwerk zündeten, seien nicht automatisch Gewalttäter. (srg)
Seite 21
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"Die Kurve ist kein Ponyhof"
Engagierte YB-Fans sind frustriert: Die Vorwürfe von Verein,
Politikern und Funktionären halten sie für ungerechtfertigt
Wer im Stadion Pyro zünde, sei deswegen noch kein Krawallbruder,
sagt
Mark Ammann, Präsident von Gäubschwarzsüchtig, einem
Fanclub-Dachverband von YB. Mehr Repression hält er für
kontraproduktiv.
Simon Jäggi
Der Moderator hiess beide Male Beni Thurnheer. Es war Mitte der
Neunzigerjahre. Zusammenfassung eines Spiel des FC Basel. Thurnherr
spricht von einer "in unserem Land leider so selten gewordenen
Stimmungskulisse". Die Fernsehbilder zeigen Basler Fans mit Fackeln.
Eine zweite Einspielung, rund 15 Jahre später: wieder Fans, die
Pyro
zünden. Thurnheer: "Bei einigen Fans ist da, wo der gesunde
Menschenverstand sein sollte, tiefe Nacht."
Es ist dieser Gesinnungswandel, den die Bilder in einem Youtube-Clip
belegen, der Mark Ammann wütend macht. Der Fanvertreter ist
doppelt
frustriert nach dem verlorenen Cupfinal. Seit dem Spiel hat der
28-jährige Präsident des Dachverbands der YB-Fanclubs,
Gäubschwarzsüchtig, keine Zeitung mehr gelesen, ist
untergetaucht - so
sehr hat die Niederlage geschmerzt. Noch mehr geärgert hat er
sich, als
er nun die Aussagen liest, die Vereinsvertreter, Politiker und
Funktionäre im Nachgang zum Cupfinal von sich gegeben haben.
Alles in einen Topf
"Es wird überhaupt nicht differenziert", sagt Ammann, der in der
Kurve
als einer der leidenschaftlichsten Fans gilt. Nach dem Cupfinal seien
wieder einmal alle in einen Topf geworfen worden: "Pyromanen", Ultras,
Hooligans. "Einer, der Pyro zündet, wird auf dieselbe Stufe
gestellt
wie ein Schläger, der jemandem eins in die Fresse haut", mokiert
sich
der Fanvertreter. Dies stehe in keinem Verhältnis. Pyro werde
meist im
eigenen Sektor abgebrannt, Unbeteiligte seien dabei nicht
gefährdet.
Was oft vergessen werde: Die Fans, die Feuerwerk abliessen, seien auch
die Matchbesucher, die im Stadion für Stimmung sorgten, die
Choreografien organisierten. Was es bedeutet, wenn die Kurve still ist,
hat das letzte Heimspiel gezeigt. Aus Protest, dass die Vereinsleitung
die Pyro-Zündenden als "Vollidioten" bezeichnete und ihnen eine
Mitschuld an der Niederlage vorwarf, schwieg die Kurve 40 Minuten - die
Atmosphäre war trist.
Ammann hat früher auch Fackeln gezündet. Vermummt habe sich
dabei
niemand, Konsequenzen gab es keine. Im St.-Jakob-Park etwa habe man dem
Sicherheitschef vor dem Spiel angegeben, wie viel Material man dabei
habe. Bei schönen Aktionen habe es von Medien und Klub Lob gegeben.
Dass Fackeln gefährlich sein können, bestreitet Ammann nicht.
So flogen
auch schon Fackeln aus YB-Kreisen in den gegnerischen Fansektor.
"Solche Aktionen verurteilen wir scharf", sagt Ammann, der seinen
Zivildienst bei der YB-Fanarbeit geleistet hat. Man versuche in solchen
Fällen, die Täter zu finden und zurechtzuweisen.
Vereinbarungen mit den Klubs
Die soziale Kontrolle in der Kurve funktioniere, sagt Ammann. Aktive
Fans und Fanarbeiter hielten Querulanten immer wieder davon ab, zu
randalieren, zu pöbeln, zu prügeln. "Ohne uns gäbe es
viel mehr
Zwischenfälle", so Ammann. Das Problem sei, dass immer öfter
"Krawalltouristen" für Ausschreitungen sorgten: "An der
Schlägerei nach
dem Cupfinal im Bahnhof waren Leute beteiligt, die uns unbekannt sind",
sagt Ammann. Diese Leute seien schwer zu erreichen: "Ich muss selber
aufpassen, dass ich nichts abbekomme."
Motivation im Keller
Umso wütender mache ihn die Aussage, dass die Fanclubs ihre
Verantwortung nicht wahrnehmen würden, die Polizeidirektor
Hans-Jürg
Käser (fdp) in einem Zeitungsinterview gemacht hat. "Käser
war bei
runden Tischen nie dabei." Seit zehn Jahren engagiere er sich im
Fanverband, sagt Ammann - unentgeltlich. Solche Vorwürfe nagten
doch
sehr an der Motivation, auch bei anderen aktiven Fans.
Der Fanvertreter bestreitet nicht, dass es unter den Fans
"Problemfälle" gibt: "Die Kurve ist kein Ponyhof." Doch ist er
überzeugt, dass mit mehr Repression, wie es neben Käser auch
der
Stadtberner Gemeinderat Reto Nause (cvp) fordert, das Problem nicht
verschwinde. "Seit Einführung des Hooligan-Gesetzes ist die
Situation
ja offenbar schlimmer geworden", sagt Ammann.
Das Verbot von Pyro habe gerade den Reiz erhöht. Unter den Ultras,
die
eine wachsende Jugendbewegung darstellten, herrsche ein eigentlicher
Wettbewerb, wer es schaffe, Pyro ins Stadion zu schmuggeln: "Wer
zündet, gilt als aktiv", so Ammann. Dass sich die Fans vermummten,
wie
Nause es kritisierte, sei lediglich Folge der Repression.
Härtere Strafen, hohe Bussen, Internetpranger und andere
repressive
Massnahmen könnten das Problem nicht aus der Welt schaffen, nur
verlagern, ist Ammann überzeugt - auf die Strasse oder in untere
Ligen.
So werde häufig die Bundesliga als Beispiel herbeigezogen, wo mehr
Repression zu einer Beruhigung geführt habe. Derweil habe sich die
Situation in unteren Ligen verschärft. Fraglich sei zudem, ob die
Gesellschaft ein Interesse habe, dass junge Menschen kriminalisiert
würden - und dadurch erst recht auf die schiefe Bahn gerieten.
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Stadtrat: Klubs sollen mehr an Sicherheitskosten Zahlen
"Das Mass ist voll"
Die krawallartigen Szenen nach dem Cupfinal haben Folgen in der
Stadtpolitik: Die CVP fordert per Motion eine höhere Beteiligung
der
Sportvereine an den Sicherheitskosten von Hochrisikospielen. Der
Gemeinderat soll YB und den SCB dazu verpflichten, sich mit 30 bis 50
Prozent am Aufwand für Hochrisikospiele zu beteiligen. Zurzeit
beteiligen sich die beiden Vereine mit je 60000 Franken pro Jahr an den
Kosten. Allein der Polizeieinsatz am Cupfinal zum Beispiel soll aber
eine Viertelmillion Franken gekostet haben.
"Die Vereine müssen stärker in die Pflicht genommen werden",
begründet
Motionärin Edith Leibundgut das Begehren. Falls das nicht gelinge,
müssten notfalls halt Geisterspiele ohne Zuschauer stattfinden.
Nach
den Ausschreitungen vom Cupfinal sei für viele Steuerzahler das
Mass
voll. "Die Volksseele kocht." Eine grosse Mehrheit sei nicht mehr
bereit, sich an den Kosten des Vergnügens einer Minderheit zu
beteiligen. "Ich sehe nicht ein, warum Kosten auf Familien
abgewälzt
werden, die aus Sicherheitsgründen gar nicht erst an
Hochrisikospiele
gehen können", sagt Leibundgut.
Nause: "Verband muss handeln"
Pikant am Begehren der CVP ist, dass sie damit ihren eigenen
Gemeinderat Reto Nause unter Druck setzt. Der Stadtberner
Sicherheitsdirektor hat noch Ende März in einem Interview mit dem
"Bund" Neuverhandlungen mit den Klubs über deren Beteiligung an
den
Sicherheitskosten ausgeschlossen. "Die Stadt hat kein Interesse, in
Konfrontation mit diesen Vereinen zu treten", sagte Nause.
Er stehe auch heute noch zu diesen Aussagen, sagt Nause auf Anfrage.
Seither sei es aber zu den Ausschreitungen und zu einem neuen
Bundesgerichtsurteil gekommen, wonach 60 bis 80 Prozent der
Sicherheitskosten den Sportveranstaltern übertragen werden
können.
Nause begrüsst den Vorstoss insofern, als er den politischen Druck
für
eine Lösungsfindung erhöht. "Der Handlungsbedarf liegt aber
nicht bei
der Stadt, sondern beim Fussballverband." Der Verband habe es in der
Hand, Geisterspiele anzuordnen und Stadionverbote rascher zu
verhängen
und rigoroser durchzusetzen. "Wenn es schweizweit bloss 30 Personen mit
Stadionverbot gibt, kann etwas nicht stimmen", sagt Nause. (bob)
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BZ 28.5.09
Polizeikosten
Der Druck auf YB nimmt zu
Nach den Ausschreitungen am Cupfinal kommt die Forderung: YB und SCB
sollen sich stärker an den Polizeikosten beteiligen.
Berner Stadträte von links bis rechts wollen die zwei grossen
Berner
Sportklubs in die Pflicht nehmen. Die Young Boys und der SC Bern sollen
sich in Zukunft stärker an den Polizeikosten beteiligen. Acht Tage
nach
dem Cupfinal, der von Ausschreitungen begleitet wurde, reicht die
BDP/CVP-Fraktion im Stadtrat eine entsprechende Motion ein.
tob
Seite 21
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Politiker fordern
YB soll Polizeikosten bezahlen
Wer bezahlt die Sicherheitskosten an Sportanlässen? Nach den
Ausschreitungen rund um den Cupfinal entflammt die Debatte neu. Berner
Stadträte von links bis rechts fordern: YB und SCB sollen tiefer
in die
Tasche greifen.
Acht Tage nach dem Cupfinal YB - Sion, der von Ausschreitungen
begleitet wurde, schaltet sich das Berner Stadtparlament in die Debatte
um die Sicherheitskosten ein. YB und SCB sollen die Hälfte der
Sicherheitskosten übernehmen, fordert die BDP/ CVP-Fraktion in
einer
Motion, die sie heute Abend einreicht. Lediglich bei
"Null-Risiko-Spielen" soll die Kantonspolizei ein Basis-Dispositiv
kostenlos zur Verfügung stellen. Der Geldbetrag könne auf 30
Prozent
herabgesetzt werden, falls die Klubs eigene Massnahmen zur Verhinderung
von Ausschreitungen treffen.
Zehn Mal mehr Aufwand
Bisher bezahlten die beiden grossen Berner Sportklubs keinen Rappen an
die Polizeikosten. Dies, obschon sich der Polizeiaufwand rund um ihre
Spiele laut des kantonalen Polizeidirektors Hans-Jürg Käser
(FDP) in
den letzten acht Jahren verzehnfacht hat. Ab Juli dieses Jahres
müssen
sich die Vereine mit je 60000 Franken an den Sicherheitskosten
beteiligen. Als Vergleich: Der FC Basel beteiligt sich mit 1,8 Franken
pro Zuschauer und Spiel an den Sicherheitskosten - das ist zehn Mal
mehr, als die Young Boys oder der SC Bern bezahlen.
Der Beitrag sei zu niedrig
Dieser Beitrag sei zu niedrig, argumentieren die Motionsverfasser. Er
entspreche knapp 10 Prozent der Gesamtkosten (bis zu 250000 pro Spiel).
"90 Prozent der Sicherheitskosten werden auf die Bürger
überwälzt."
Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) hatte sich in
dieser Debatte
stets hinter die Sportklubs gestellt. "Es ist berechtigt, Steuergelder
für die Sicherheit an Sportanlässen zu verwenden", sagte
Tschäppät im
vergangenen Dezember in dieser Zeitung. "YB und SCB prägen das
Image
der Stadt, sie sorgen für Medienpräsenz und bringen Leute
nach Bern,
die etwas konsumieren."
Druck von links bis rechts
Nach den Ausschreitungen rund um dem Cupfinal kommt die Debatte erneut
aufs Parkett. Stadträte von links bis rechts fordern mehr Geld von
YB
und SCB. "Die vereinbarten 60000 Franken pro Saison und Klub reichen
bei weitem nicht", sagt Peter Künzler, der
GFL/EVP-Fraktionspräsident.
SP-Fraktionspräsidentin Giovanna Battagliero spricht von einem
"symbolischen Betrag". Und GB-Stadtrat sowie Fan-Experte Urs Frieden
sagt: "Die Verhandlungen mit den Sportklubs müssen neu aufgenommen
werden." Es sei an der Zeit, den nächsten Schritt zu nehmen,
betont
FDP-Co-Fraktionspräsident Philippe Müller. "Die Klubs sollen
ihren
Beitrag substanziell erhöhen."
Anders sieht es Erich Hess, der Präsident der SVP-Plus-Fraktion.
"Eigentlich sollten die Vereine ja nichts bezahlen, für die
Sicherheit
ausserhalb der Stadien", sagt er. "Wenn sich jemand in der Stadt
volllaufen lässt und randaliert, muss auch nicht der Beizer den
Schaden
bezahlen."
"Problem tiefer angehen"
Berns Polizeidirektor Reto Nause (CVP) dagegen betont: "Der zunehmende
politische Druck ist gut. Die Klubs müssen mehr Geld in die
Sicherheit
investieren." Allerdings will Nause das Gewaltproblem tiefer angehen.
"Wenn wir die Polizeirechnungen einfach den Vereinen überweisen,
geht
die Gewalt kaum zurück." Ihm wäre es lieber, die Vereine
sowie der
Fussballverband würden mehr Geld in bessere Eingangskontrollen und
eine
lückenlose Durchsetzung der Stadionverbote stecken.
Seitens der Young Boys wollte sich gestern niemand zu den Forderungen
äussern.
Tobias Habegger
--
Dauerbrenner
Debatte läuft seit 2002
2002 hat der Grosse Rat des Kantons Bern die Billettsteuer abgeschafft.
Der Stadt Bern entgingen Einnahmen von jährlich sechs Millionen
Franken. "Damit begannen die Probleme", sagt GB-Stadtrat Urs Frieden.
Seither läuft die Debatte, wie stark sich YB und SCB an den
Sicherheitskosten beteiligen müssen.
Im März 2009 hat das Bundesgericht entschieden, dass die
Behörden 80
Prozent der Polizeikosten auf die Sportklubs überwälzen
dürfen.
tob
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WoZ 28.5.09
Fussball und Gewalt-Knallt es im Fussball, fordern PolitikerInnen jedes
Mal mehr Repression. Doch alle Härte blieb bisher ohne Resultat.
Wie
denn auch: Wer Gewalt auf diese Weise abschaffen will, muss das
Publikum abschaffen.
Wollen wir Härte?
Von Pascal Claude
Schnellrichter, Stehplatzverbot, Geis terspiele, Biometrie,
Gefängnis,
Pranger, Fanpass - die Liste der geforderten Massnahmen gegen
Fussballgewalt ist lang. Und vielsagend. Seit Jahren gelangt das Thema
in berechenbarer Regelmässigkeit auf die Titelseiten, doch die
Stossrichtung bleibt stets dieselbe: Wir wollen Härte! Weil
Härte
bisher aber keine sichtbaren Folgen gezeitigt hat, muss jede neuerliche
Kampagne die jeweils letzte übertreffen, indem sie mehr Härte
fordert.
Und dann noch mehr. Bis es, wie jetzt, nur noch grotesk wird.
Gute Idee, Frau Keller-Sutter!
St. Gallens Justizdirektorin Karin Keller-Sutter kündigt eine
Reise
nach England an, um zu erfahren, wie dort das Hooligan-Problem
gelöst
wurde. Das ist eine gute Idee. Frau Keller, 45, wird hören und
sehen,
dass in Englands höchster Liga Menschen wie sie die Spiele
besuchen:
Frauen und Männer mittleren Alters, mit etwas Geld. 44-jährig
ist im
Durchschnitt, wer sich Premier-League-Spiele im Stadion anschaut, und
nicht unter fünfzig Franken kostet das günstigste Ticket.
England hat
nicht die Gewalt aus den Stadien verbannt, sondern die Klientel, die zu
Handgreiflichkeiten tendiert: junge Männer.
In der Schweiz existiert keine aktuelle Erhebung zum Durchschnittsalter
von Fussballfans, doch wer sich gelegentlich in einem der zehn
Super-League-Stadien aufhält, wird auf den ersten Blick erkennen,
dass
die Spiele zu einem grossen Teil von Männern zwischen
fünfzehn und
dreissig besucht werden. Sie bilden das Gros jeder Fankurve - und die
selbst in sportlich kargen Zeiten dicht bevölkerten Fankurven
machen
den Hauptteil des Publikums aus. "Es ist die freie Wahl der Schweizer
Klubs, ob man diese Leute überhaupt in den Stadien will", sagte
FC-Basel-Vizepräsident Bernhard Heusler vergangenen Oktober bei
einem
Gespräch mit der WOZ. Um sogleich klarzustellen, dass der FCB
diese
Leute will: "Hundertprozentig! Will man sie nicht, kann man über
den
Preis den Fussball so kommerzialisieren, dass die Identifikation
völlig
wegfällt, die Ideale verloren gehen und damit auch die Fans,
welche
heute den Kern bilden."
Heusler ist ein kluger Mensch und in seiner Differenziertheit eine
wohltuende Stimme gegen den kläffenden Repressionsmob. Doch
Heusler ist
auch Realist: Die Fans über den Preis aus den Kurven verbannen
hiesse
die Stadien zu leeren, und zwar langfristig. Im Gegensatz zu England
steckt im Schweizer Fussball kaum Geld. Attraktive, international
bekannte Spieler lassen sich frühestens als Sportinvalide von
unseren
Klubs verpflichten, vorher sind sie um Welten zu teuer. Schweizer
Fussballfans kommen aus Gewohnheit, nicht in Erwartung einer
spielerischen Offenbarung. Und die Nachwuchsfans im Kindesalter, um
deren Sicherheit gerade alle so fürchten, schielen mindestens so
oft in
die Kurve wie aufs Feld. Denn dort wird jenes Spektakel geboten, das
sich die Klubs beim Personal nicht leisten können.
Was tun wir mit den Lümmeln?
All jenen, die heute mehr Härte gegen Fehlbare und
FeuerwerkerInnen
fordern, sei empfohlen, einmal in ihrem Leben eine Auswärtsfahrt
mitzumachen. Wenn ein Turnverein mit dem Zug an ein Fest fährt,
wird es
laut und heiter, und die Minibar wird geleert. Ob sich Mitreisende an
der oft hemdsärmligen Frivolität stören, ist den gut
Gelaunten egal.
Die Auswärtsfahrt von Fussballfans ähnelt einem solchen
Ausflug, mit
dem Unterschied, dass statt fünfzehn fünfhundert Leute
unterwegs sind,
die sich zuvor im Coop für einen Betrag unter zehn Franken zehn
Dosen
Bier gekauft haben. Noch Mitte der neunziger Jahre beschränkte
sich das
Phänomen der Auswärtsfans auf den FC Basel. GC oder der FCZ
brachten es
oft nicht auf eine dreistellige Zahl SchlachtenbummlerInnen. Heute
bewegen sich Wochenende für Wochenende Tausende junger Leute durch
die
Schweiz. Fussballfans sind die mit Abstand grösste, lauteste und
auffälligste jugendliche Subkultur. Viele davon geben ihr ganzes
Geld
für den Fussball aus, malen in der Freizeit neue Fahnen,
beteiligen
sich an Choreo grafien (ja, oft mit Feuerwerk!), üben neue Lieder
ein,
setzen sich kritisch mit der Kommerzialisierung im Profifussball
auseinander und organisieren mit den SBB Extrazüge durch halb
Europa.
Die massenmedial gefütterte Öffentlichkeit stellt sich aber
nur eine
Frage: wie diesen Lümmeln beizukommen ist.
Bevor diskutiert werden kann, warum sich die Fronten zwischen den
gegnerischen Fangruppierungen so verhärtet haben, warum das
Freund-Feind-Schema dermassen aus dem Ruder gelaufen ist, dass Steine
fliegen und Hass regiert, wäre es sinnvoll, das Schweizer
Fussballpublikum als gegeben zu akzeptieren und die Arbeit aufzunehmen.
Sie wird lange dauern. Bernhard Heusler vom FCB weiss es.
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Tagesanzeiger 28.5.09
Zürcher Stadtpolizei prüft jetzt Hooligan-Fahndung im Internet
Chaoten und Randalierer dank Fotos im Internet überführen -
das ist nun auch bei der Zürcher Stadtpolizei kein Tabu mehr.
Von Stefan Hohler
Zürich. - Nach den Krawallen rund um den Bahnhof Altstetten vom
17. Mai
wird die Veröffentlichung von Fotos von unbekannten randalierenden
Fussballfans "ernsthaft" geprüft, wie Marco Cortesi, Medienchef
der
Stadtpolizei, sagt. Man habe bei den gewalttätigen
Auseinandersetzungen
stark auf Videobeweise gesetzt und viele Aufnahmen gemacht. Eine
Veröffentlichung von Hooliganbildern müsse aber in enger
Zusammenarbeit
und Absprache mit der Staatsanwaltschaft geschehen. Dass die
Internetsuche ergiebig ist, beweist die Luzerner Kantonspolizei. Diese
sucht seit Dienstag nach acht Hooligans, die beim Match FC Luzern gegen
FC Sion vom Ostermontag randaliert hatten. Mit Erfolg: Ein Luzern- und
ein Sionfan haben sich bereits freiwillig gemeldet. Sie können mit
einer Strafmilderung rechnen. Aus der Bevölkerung sind über
zwanzig
Hinweise eingegangen; ihnen geht die Polizei nun nach.
Konkreter Tatverdacht muss da sein
Hooligans aus der Anonymität zu heben, hat am letzten Wochenende
auch
Sportminister Ueli Maurer (SVP) gefordert: "Ein Arbeitgeber darf nicht
tolerieren, dass sein Mitarbeiter übers Wochenende als Chaot wirkt
und
am Montag in Krawatte wieder am Arbeitsplatz erscheint."
Die Voraussetzungen für eine Veröffentlichung von
Hooliganbildern sind
in Zürich ähnlich wie in Luzern: Beim gesuchten Hooligan muss
ein
konkreter Verdacht für eine Sachbeschädigung oder Gewalt
gegen
Polizisten vorliegen. Die Bilder werden erst dann veröffentlicht,
wenn
andere Fahndungsmittel ausgeschöpft sind. Sobald ein Hooligan
identifiziert ist, wird sein Bild im Internet gelöscht.
Mit der kantonalen Strafprozessordnung sind für den Zürcher
Datenschutzbeauftragten die gesetzlichen Grundlagen für eine
Veröffentlichung von Hooligan- und Chaotenbildern vorhanden: Die
Öffentlichkeit darf in die Fahndung einbezogen werden, was bei
Zeugenaufrufen und Tätersuche bereits jetzt schon der Fall ist.
Kommentar 5. Spalte, Bericht Seite 11
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Hooligan-Fahndung: Luzern als Vorbild
Luzern zeigt Zürich, wie man Hooligans sucht: Am Dienstag wurden
Fotos
von acht Chaoten ins Netz gestellt. Die Zürcher Stadtpolizei
prüft nun,
dem Beispiel zu folgen.
Von Stefan Hohler
Zürich/Luzern. - Die gesuchten Männer in Luzern haben bei den
gewaltsamen Ausschreitungen nach dem Match FC Luzern gegen FC Sion vom
Ostermontag mitgemacht. Die Internetfahndung ist für Luzern kein
Neuland. Bereits vor zwei Jahren wurden Chaoten ins Netz gestellt, um
zu deren Identität zu gelangen.
Jetzt erwägt auch die Zürcher Stadtpolizei, Fotos von
randalierenden
Fussballfans ins Internet zu stellen, wie Marco Cortesi, Medienchef,
sagt. Bei den Krawallen vom 17. Mai in Altstetten habe man viele
Videoaufnahmen gemacht, welche nun ausgewertet würden. Die
Stadtpolizei
werde nun eine Veröffentlichung von bislang nicht eruierten
Hooligans
"ernsthaft" prüfen - in enger Zusammenarbeit mit der
Staatsanwaltschaft.
Die Voraussetzungen für Veröffentlichungen von
Hooliganbildern sind in Zürich gleich wie in Luzern:
Es muss ein Strafbestand vorliegen. Das heisst, die Behörden
müssen den
Personen eine Sachbeschädigung oder Gewalt gegen die Polizei
nachweisen
können.
Die Bilder dürfen nicht direkt nach den Ausschreitungen ins
Internet
gestellt werden, sondern erst, wenn die Polizei mit den Ermittlungen
nicht weiterkommt.
Sobald eine Person identifiziert ist, entfernt die Polizei ihr Bild vom
Netz.
Gemäss Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons
Zürich, ist
eine Veröffentlichung von Hooligan- und Chaotenbildern
möglich, sofern
ein konkreter Verdacht auf ein schweres Vergehen oder Verbrechen
besteht. Wie inLuzern müsse aber der Grundsatz der
Verhältnismässigkeit
beachtetet werden.Lediglich die Teilnahme an einer unbewilligten
Demonstration oder das Gaffen bei Krawallen reiche nicht. Als
gesetzliche Grundlage nennt Baeriswyl die kantonale
Strafprozessordnung. Diese erlaubt es, die Öffentlichkeit in eine
Polizeifahndung einzubeziehen.
Erfolge in St. Gallen und beim FCZ
Neben der Kantonspolizei Luzern haben auch die St. Galler Polizei und
der FC Zürich bereits den "Internet-Pranger" eingeführt. Ende
Januar
veröffentlichte die St. Galler Kantonspolizei Fotos von 18
Männern, die
am 20. Mai 2008 beim Abstiegsspiel St. Gallen gegen Bellinzona
randalierten. Dabei gingen die Chaoten massiv gegen die Polizei vor und
richteten einen Schaden von rund 150 000 Franken an, wie
Untersuchungsrichter Simon Burger sagt. Insgesamt fahndete die St.
Galler Polizei aufgrund von Videos nach 30 Personen, 8 konnte sie
selber ermitteln, die Bilder von 18 wurden ins Internet gestellt. In
der Folge konnten 8 davon identifiziert werden - die Mehrheit stellte
sich aber freiwillig. Bei 5 Personen habe man zudem Hinweise erhalten,
denen man noch nachgehen werde.
Auch der FC Zürich hatte nach den Fackelwürfen von
Zürcher Fans am 2.
Mai des vergangenen Jahres in Basel rund ein halbes Dutzend Bilder von
Hooligans auf der klubeigenen Homepage gezeigt. Gemäss FCZ-Anwalt
Marcel Rochaix waren drei Fälle "Volltreffer", weil sie ermittelt
werden konnten. In zwei Fällen untersucht die Basler
Staatsanwaltschaft, ob die Personen wirklich an den gefährlichen
Fackelwürfen in den Basler Fansektor beteiligt waren.
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KOMMENTAR
Entlarvt die Chaoten
Von Thomas Schifferle
Die Bilder haben sich eingeprägt: prügelnde Chaoten und
wütende
Hooligans, die nach Fussballspielen die Polizei narren, Strassen
verwüsten und Züge lahmlegen. Die jüngsten Vorfälle
in Zürich und Bern
waren beschämend.
Jetzt will die Stadtpolizei Zürich einen neuen Weg gehen und Fotos
von
unbekannten Schlägern ins Internet stellen. Zumindest prüft
sie das
ernsthaft, was vor ihr die St. Galler und die Luzerner Kantonspolizei
schon mit Erfolg getan haben.
Viele haben vieles gesagt in den Tagen nach dem Spiel FC Zürich
gegen
Basel und dem Cupfinal in Bern. Sie haben den Ausschluss von
Gästefans
bei Risikospielen wie zwischen dem FCZ und dem FCB gefordert - das
nützt nichts, weil die Schlägereien ausserhalb der Stadien
stattfinden.
Andere sehen die Lösung in reinen Sitzplatzstadien - das haben wir
in
Zürich oder Bern längst. Andere bauen auf die
selbstregulierenden
Kräfte der Fankurven - das ist der Lösungsansatz von
Romantikern und
Verharmlosern.
Es ist längst an der Zeit, die Chaoten aus der Anonymität
herauszureissen, in die sie sich so gern flüchten. Es ist
überfällig,
dass konkret gehandelt wird. Darum ist das Zürcher Vorgehen gut
und
richtig, auch wenn es nicht das ganze Problem löst; dieses ist zu
gross
und zu komplex, und es wurde viel zu lange ignoriert.
Die Massnahme kann nicht mehr sein als ein erster, kleiner Schritt.
Aber vielleicht ist sie auch das Zeichen an die Politiker, sich nun zu
regen. Bislang drückten sie sich beim Sport vor unangenehmen
Themen, zu
denen auch der Kampf gegen das Doping gehört. Sie schlürfen
lieber
VIP-Cüpli und sonnen sich an Siegerehrungen, als sich ernsthaft
mit
Chaotentum und Prügeleien auseinanderzusetzen. Die Zeit ist auch
für
sie reif, endlich Verantwortung zu übernehmen.
---
NLZ 28.5.09
Ausschreitungen
Zwei Hooligans meldeten sich
red. Vorgestern hat die Kantonspolizei Luzern Fotos von acht Chaoten
veröffentlicht, die sich am Ostermontag nach dem Match FC Luzern
gegen
FC Sion auf dem Spielfeld geprügelt haben. Zuvor hatte die Polizei
bereits intensiv mit anderen Mitteln nach den Chaoten gefahndet. Die
Polizei hatte so schon 21 Chaoten identifizieren können. Den
anderen
acht hatten die Luzerner Strafuntersuchungsbehörden eine Frist bis
gestern gestellt, sich freiwillig zu melden. Diese liessen die Chaoten
unbenutzt verstreichen.
Dutzende Mails
Die Bilder auf der Homepage der Luzerner Kantonspolizei haben ihre
Wirkung indes nicht verfehlt. Wie Simon Kopp, Sprecher der
Strafuntersuchungsbehörden, sagt, haben sich gestern Morgen
bereits
zwei abgebildete Personen gemeldet. "Zudem sind Dutzende Mails und
Mitteilungen zu verschiedenen Verdächtigen bei uns eingegangen",
so
Simon Kopp weiter. Die Bilder der Personen, die sich gestellt haben,
sind inzwischen von der Homepage der Kantonspolizei entfernt worden.
www.kapo.lu.ch
---
20min.ch 27.5.09
Massnahmen gegen Hooligans
"Es kann nicht angehen, dass der Steuerzahler den grössten Teil
der
Sicherheitskosten rund um die Stadien zahlt", sagt Stadträtin
Edith
Leibundgut (CVP).
Deshalb reicht sie heute im Stadtrat eine Motion ein, in der sie
fordert, dass die Sportvereine bei Risikospielen die Hälfte der
effektiven Sicherheitskosten übernehmen müssen. Heute
würden die
Steuerzahler des Kantons dafür weit über zwei Mil lionen
Franken pro
Jahr bezahlen. Die 60 000 Franken, die YB und der SCB pro Jahr selbst
beisteuern, seien viel zu wenig.
Die Ausschreitungen beim Cupfinal beschäftigen auch die Fraktion
BDP/CVP: Sie reicht heute einen weiteren Vorstoss zum Thema
Videoüber
wachungen ein. Darin fordert sie, dass der Gemeinderat "gezielten und
den Datenschutz wahrenden" Einsatz der Videoüber wachung in die
Wege
leitet.
sah
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KAPO-DROHNEN
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20min.ch 27.5.09
Drohnen-Einsätze wieder möglich
Die Kapo Bern schliesst nicht aus, dass auch in Zukunft "bei
besonderen Lagen" unbemannte militärische Flugobjekte, so genannte
Drohnen, zum Einsatz kommen werden.
Das geht aus der Antwort des Gemeinderats auf einen Vorstoss
hervor.
Stadträtin Corinne Mathieu (SP) hatte darin gefordert, dass die
Kantonspolizei über der Stadt keine Superpumas und keine Drohnen
einsetzt - sei es vor, während oder nach der Euro 08. Während
dem
Grossanlass kam eine solche Drohne nur einmal zum Einsatz, um den
Abfluss eines Besucherstroms bei den Notausgängen der
Public-Viewing-Zone Bundesplatz zu überwachen. Die Kapo teilte dem
Gemeinderat weiter mit, dass ein solcher Einsatzbefehl nur in
Ausnahmefällen erfolge. Man wolle den Willen der Stadt, soweit
verantwortbar, respektieren.
sah
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SECURITY BURGDORF
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BZ 29.5.09
Burgdorf
Gefährliche Security?
Die Burgdorfer SP überlegt sich, darauf hinzuwirken, dass die
Sicherheit in der Stadt ausschliesslich von der Polizei
gewährleistet
wird.
Die Stadt Burgdorf vergibt Sicherheitsaufgaben im öffentlichen
Raum
weiterhin an private Unternehmen, um so die Polizei zu verstärken.
Dies
sagte Gemeinderätin Beatrix Rechner an der letzten
Stadtratssitzung auf
eine entsprechende Anfrage der SP-Fraktion (wir berichteten). Diese
Antwort vermag die SP jedoch nicht zu befriedigen. Gestern hielt die
Fraktion in einer Mitteilung an die Medien fest, dass sie skeptisch
bleibe und darüber nachdenke, den Gemeinderat mit der Aufhebung
des
Vertrags zwischen der Stadt und der Sicherheitsfirma Apollo Security zu
beauftragen. Deren Aufgaben seien in Burgdorf vollumfänglich von
der
Polizei zu übernehmen.
Zu denken gibt der SP, dass am 8.März, als in Burgdorf eine
Pnos-Demo
angekündigt war, Angestellte von Apollo Security laut einem
Pressebericht offenbar bewaffnet im Einsatz standen. Das sei
gefährlich, kritisiert die SP und hält in ihrem
Communiqué fest: Solche
Einsätze gehörten ihrer Ansicht nach "ausschliesslich in die
Hände der
staatlichen Polizei".
heb
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HAUSGEISTER THUN
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BZ 28.5.09
"Hausgeister" demonstrieren am Samstag
Am Samstag will die Aktion Hausgeist in Thun für mehr Freiraum
demonstrieren. Die Stadt hat die Kundgebung bewilligt.
Am kommenden Samstagnachmittag wird es in der Thuner Innenstadt eng.
Neben dem alljährlichen Stadtkriterium (vgl. Artikel Seite 29)
findet
auch eine Kundgebung statt: Die Aktion Hausgeist, bekannt durch
verschiedene Hausbesetzungsaktionen und spontane Strassenpartys auf dem
Rathausplatz (wir berichteten), hat auf dem Internet eine Demo
angekündigt. "Am 30.Mai demonstrieren wir gemeinsam für mehr
kulturellen Freiraum in Thun", schreiben die "Hausgeister" auf der
Website ago.immerda.ch.
"Auflagen gemacht"
Die Gruppe, die sich für ein Autonomes Jugendzentrum (AJZ) in Thun
einsetzt, hat laut Gemeinderat Peter Siegenthaler (SP) im Vorfeld das
Gespräch mit den Behörden gesucht. "Wir haben den
Organisatoren gewisse
Auflagen gemacht und sie auf die besondere Situation mit dem
Stadt-kriterium hingewiesen", sagt der Thuner Gemeinderat Siegenthaler.
Die Aktion Hausgeist habe sich bei Demonstrationen in der Vergangenheit
jeweils an die Abmachungen gehalten. "Wir haben die Kundgebung vom
Samstag deshalb bewilligt", so Gemeinderat Peter Siegenthaler. Man
rechne mit einer friedlichen Demon-stration.
IGT stützt Entscheid
"Der Zeitpunkt der Demonstration ist zwar nicht optimal", sagte Patrick
Aeschbacher, Präsident der Innenstadtgenossenschaft Thun (IGT),
gestern
auf Anfrage. Die IGT stütze aber den Entscheid der Stadt. "Wir
rechnen
mit einer ruhigen Demonstration." Die IGT hat ihre Mitglieder dennoch
dazu aufgerufen, gewisse Vorkehrungen zu treffen und beispielsweise
Standplakate von der Strasse zu räumen.
Die Demonstration beginnt um 15.20 Uhr beim Bahnhof Thun, führt
anschliessend durchs Bälliz, durch die Marktgasse und auf den
Rathausplatz.
lt
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http://ago.immerda.ch/ago/index.php?option=com_content&view=article&id=1992:demonstration-thun-freiraeumen&catid=44:freiraeume&Itemid=41
Aktion Hausgeist: 30. Mai 09 - Demonstration 05. Juni 09 - Solikonzert
Am 30. Mai 2009 demonstrieren wir gemeinsam für mehr kulturellen
Freiraum in Thun!
Bewilligung wurde eingereicht.
Eine Woche später, am 05.Juni 2009 findet im Graffitti Bern ein
Soliabend für die Aktion Hausgeist statt.
Thun freiräumen!
Seit bald zwei Jahren kämpfen wir für autonomen Freiraum in
Thun. Nach
diversen Hausbesetzungen, Strassenpartys und Flugblattaktionen nahm die
Stadt Gespräche mit uns auf. Wie erwartet verlaufen diese
Verhandlungen
zunehmend im Sand. Die Verantwortlichen der Stadt sind offensichtlich
nicht gewillt, auf unsere Anliegen einzugehen und versuchen unsere
Kräfte mit einer Hinhaltetaktik zu binden.
Auf ein solches Spiel wollen und werden wir uns nicht einlassen! Es
kann nicht sein, dass Ausgangsmöglichkeiten für Jugendliche
ersatzlos
geschlossen und gleichzeitig Bemühungen von Freiraumgruppen im
Keim
erstickt werden.
Deshalb rufen wir am Samstag, 30. Mai 2009 zu einer lautstarken
Demonstration für autonome Freiräume in Thun auf, um den
Vertretern der
Stadt zu zeigen dass wir noch lange nicht mundtot und unsere
Forderungen berechtigt sind!
Treffpunkt: 15:00 am Bahnhof Thun.
Kommt zahlreich & please come clean!
Freiraum auft(h)un!
Die Aktion Hausgeist
Solikonzert
Eine Woche nach der Demonstration in Thun wird am 05. Juni 2009 im
Graffitti Bern ein Soliabend für die Aktion Hausgeist stattfinden.
Auftreten werden die "Dryconditions", welche sieben Tage später
ihr
Debut am Greenfieldfestival geben sowie die Aargauer Ska-Band "Rude
Tins".
Vor, nach und zwischen den Konzerten wird "DJ Karli" für gute
Stimmung sorgen.
Eintritt: 15.- / Soli: 20.-
Günstige Getränke im Überfluss!
Informationen zu den Bands:
Dryconditions: http://www.myspace.com/dryconditions
Rude Tins: http://www.myspace.com/rudetins
Bis bald!
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ANTIFA GOES SEMPACH
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NZZ 28.5.09
Sempach droht massives Polizeiaufgebot
Juso wollen an Schlachtjahrzeit gegen Rechtsextreme demonstrieren
Zum Schutz der Gedenkfeier zur Schlacht bei Sempach wird am 27.
Juni
viel mehr Polizei benötigt als in den Vorjahren. Die Juso wollen
gegen
die Rechtsextremen demonstrieren.
mjm. Luzern, 27. Mai
Die Gedenkfeier zur Schlacht in Sempach, die am 27. Juni
stattfindet,
wird jeweils von den Rechtsextremen ähnlich als Plattform
missbraucht
wie die Rütlifeier. Seit 2003 marschieren am Schluss des Festzuges
organisierte Gruppen von Rechtsextremen mit. Diese tragen neben
Kantonsfahnen solche der Partei national orientierter Schweizer (Pnos)
sowie Frontistenfahnen mit dem langschenkligen Schweizerkreuz mit. Die
Zahl der rechtsextremen Teilnehmer ist unterschiedlich, tendenziell
aber stark ansteigend (2005: 60; 2006: 50; 2007: 160; 2008: 250). Jetzt
könnte sich das ganze Prozedere wie beim Rütli wiederholen,
so dass am
Ende nur noch eine Feier mit massivem Polizeiaufgebot stattfinden kann.
Die Juso Schweiz wollen nämlich dieses Jahr gegen Rechtsextreme
demonstrieren. Das gibt dem Fest eine neue Brisanz.
Der Stadtrat von Sempach erwäge, die Demonstration zu
bewilligen, sagt
Stadtpräsident Franz Schwegler. Die gleiche Haltung vertritt auch
der
Luzerner Regierungsrat. "Es ist sinnvoll, die Bewilligung für die
Demonstration zu vergeben", sagt Staatsschreiber Markus Hodel, "aber
mit Auflagen." Welcher Art die Auflagen sind, das müsse mit der
Polizei
abgeklärt werden. Wahrscheinlich ist, dass in diesem Fall ein
massives
Polizeiaufgebot notwendig wird, um die Demonstration getrennt von der
Feier stattfinden zu lassen und die notwendige Sicherheit zu
gewährleisten. Hodel verweist zudem auf eine Antwort des
Regierungsrates auf einen Vorstoss im Kantonsrat. Darin hält der
Regierungsrat fest, dass er am Anlass in der aktuellen Form festhalten
will. Er sprach sich gegen eine Anpassung der Organisation wie die
Einführung eines Ticketing-Systems wie auf dem Rütli aus.
Zudem biete
das offene Gelände kaum Möglichkeiten, den Zugang mit
vertretbarem
Aufwand zu begrenzen und zu kontrollieren.
Besonders dreist führen sich die Rechtsextremen seit zwei
Jahren auf.
Nach der offiziellen Feier legen sie jeweils am Gedenkstein für
Arnold
Winkelried einen Kranz nieder. Im Jahr 2007 war der Kranz mit dem
Frontistengruss Harus verziert und mit der Aufschrift versehen worden:
"Euer Schicksal - unser Erbe. Eidgenossen, Harus!" Dass die Gedenkfeier
von den Rechtsextremen als politische Plattform benutzt wird, wird von
diesen selber nicht bestritten. In einer im Internet
veröffentlichten
Manöverkritik wird 2007 festgehalten, dass man "unsere Bewegung
von der
besten Seite zeigen" konnte. Artig wird auch den Organisatoren gedankt,
"welche sich nicht von Vorurteilen leiten liessen, so dass wir diese
Gedenkfeier gemeinsam begehen konnten". Die Schlachtjahrzeit
gehört zu
den politischen Eckdaten im Kanton Luzern. Der Regierungsrat tritt
dannzumal in corpore auf.
Zum Anlass gehört der gemeinsame Marsch der
Teilnehmergruppen vom
Städtchen Sempach zum Schlachtgelände. Die eigentliche Feier
am
Gedenkstein umfasst das Verlesen eines Schlachtbriefes, eine Festrede,
Beiträge von Schulen, Musikdarbietungen und eine
Kranzniederlegung. Das
frühere Bankett der Prominenz hat einem Trunk und Imbiss für
alle Platz
gemacht: Es gibt Wein, Süssmost und Käseschnitten aus der
Militärküche.
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20min.ch 27.5.09
Neonazi-Marsch
Berner Linksextreme wollen Sempach aufrütteln
von Nina Jecker
Die Berner Antifa macht mobil gegen den Neonazi-Marsch an der Sempacher
Schlachtfeier. In einem Brief ruft sie die Anwohner zum Widerstand auf.
"Wir fordern alle Sempacherinnen und Sempacher auf, sich gegen die
Präsenz der Neonazis an der Schlacht feier zur Wehr zu setzen und
dem
Aufmarsch nicht weiterhin tatenlos zuzusehen", schreibt die
linksextreme Organisation Antifa Bern in einem Brief an die Sempacher
Bevölkerung.
Grund ist der jährliche Aufmarsch der Rechtsex tremen an der
Sempacher
Schlachtfeier Ende Juni. "Das ist mittlerweile der wichtigste Anlass
der Schweizer Neonazis", kritisiert ein Antifa-Mitglied. "Immer mehr
Angehörige der rechten Szene nehmen teil", bestätigt Urs
Wigger von der
Kapo Luzern. 2008 seien über 200 mitmarschiert.
Ob die Antifa vor Ort gegen den Umzug demonstrieren wird, ist unklar.
Fest steht: "Abgesagt wird die Feier nicht", so Urs Hangartner vom
Kanton Luzern. Auch die rechtsextreme Partei Pnos lässt sich vom
Brief
aus Bern nicht bremsen: "Es ist sinnlos, die Bürger gegen uns
aufbringen zu wollen. Wir werden marschieren", so Sprecher Markus
Martig.
Auf jeden Fall gegen Rechte demonstrieren wollen die Juso und die
Jungen Grünen Luzern. "Wir würden uns über friedliche
Unterstützung aus
Bern freuen", so Juso-Politiker David Roth.
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NAZI-GRAFFITI
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20min.ch 27.5.09
Gunzgen
Neonazi-Sprayer ist ermittelt
Die Polizei Kanton Solothurn hat den Ur heber von Neonazi-Sprayereien
im solothurnischen Gunzgen ermittelt: Es ist ein 27-jähriger Mann
aus
dem Kanton Obwalden.
Dieser hatte Mitte April mit einer Schablone sieben Mal ein
Emblem mit
Reichsadler und Hakenkreuz an Wände gesprayt, unter anderem an ein
Schulhaus, eine Turnhalle und an das Gebäude der
Staatsanwaltschaft.
Der Mann ist im Kanton Solothurn Wochenaufenthalter und war schon im
letzten Jahr wegen Sprayereien negativ aufgefallen. Er muss sich vor
der Staatsanwaltschaft verantworten.
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RABE-INFO 27.-29.5.09
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RaBe-Info 29. Mai 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-05-29-54171.mp3
- Gemeinderat will Kundgebungs-Reglement verschärfen
- Amnesty-Kampagne "Für ein Leben in Würde”
- Stadt Berner Jugendliche erhalten neuen Treffpunkt
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RaBe-Info 28. Mai 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-05-28-56073.mp3
- Menschenrechte: die Schweiz verliert Vorbildrolle
http://www.amnesty.ch/de/laender/jahresbericht/2009/schweiz
- Arbeitskampf: Teilerfolg für Berner Journalisten
http://www.comedia.ch/
- Stonewall: Stiftung für homosexuelle Projekte
http://www.stonewall.ch/
--
RaB-Info 27. Mai 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-05-27-54702.mp3
- Stellenabbau bei der Tamedia: Journalisten gehen auf die Strasse
- Studie zur elektromagnetischer Strahlung: wir verstrahlen uns selber
- 40 Jahre Stonewall - die Geburt der modernen homosexuellen Bewegung
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SOZIALPREIS BE
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bern.ch 27.5.09
Sozialpreis 2009 - Öffentliche Ausschreibung: Die Stadt belohnt
soziales Engagement
Bereits zum 14. Mal verleiht die Direktion für Bildung, Soziales
und
Sport in diesem Jahr den Sozialpreis. Jetzt beginnt die
Bewerbungsfrist. Der Preis ist eine öffentliche Anerkennung
für
freiwillige oder ehrenamtliche Leistungen von Personen, Gruppen oder
Organisationen im Sozialwesen in der Stadt Bern. Die Preisverleihung
ist am Freitag, 4. Dezember 2009.
Der Preis ist jährlich mit 10 000 Franken dotiert und wird von der
Warlomont-Anger-Stiftung finanziert. Eine Jury unter dem Vorsitz von
Gemeinderätin Edith Olibet kürt Ende Jahr maximal drei
Gewinnerinnen
oder Gewinner. Bedingung für die Bewerbung um den Sozialpreis ist,
dass
die Arbeit ohne Entlöhnung geleistet wird (Ausnahme Spesen) und
dass
ein intensives Engagement über längere Zeit erfolgt. Bewerben
können
sich Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen - auch solche, die in
der Vergangenheit leer ausgegangen sind.
Bewerbungen können bis spätestens 24. August 2009 bei der
Direktion für
Bildung, Soziales und Sport der Stadt Bern, Stichwort Sozialpreis,
Predigergasse 5, Postfach 275, 3000 Bern 7 eingereicht werden. Für
Fragen steht Monika Baitz, Generalsekretariat, zur Verfügung,
Telefon
031 321 62 47.
Folgende Unterlagen werden benötigt:
* genaue Umschreibung der freiwilligen Leistung (Art, Umfang, in
welchem Bereich, seit wann) auf max. zwei A4-Seiten;
* eine Korrespondenzadresse sowie eine Telefonnummer für
allfällige Rückfragen.
Direktion für Bildung, Soziales und Sport
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KULTURFABRIK ZOLLIKOFEN
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Bund 29.5.09
Kulturfabrik Zollikofen
Das gelungene Experiment
Vor genau drei Jahren wurde in einem verlassenen Fabrikgebäude die
Kulturfabrik Zollikofen eröffnet. Nun ist der befristete Vertrag
bis
Ende 2010 verlängert worden. Ein Augenschein auf diesem bunten
Experimentierfeld, das manchmal etwas verlassen ist.
Viel Kultur - aber nicht nur. Viele Ateliers - und doch manchmal nur
wenige Leute. Drei Jahre nach ihrer Eröffnung hat sich die
Kulturfabrik
an der Bernstrasse 163+165 einen festen Platz in Zollikofen erobert.
Gerade in letzter Zeit, als die Debatte über die Zukunft des Progr
in
Bern die Öffentlichkeit auf Trab hielt, wurde die Kulturfabrik
gerne
als "Progr der Region" bezeichnet. Dieser Vergleich trifft aber
höchstens auf den ersten Blick zu. Denn die "Kufazoo", wie sie
genannt
wird, unterscheidet sich vom Progr: Sie ist offener, unverbindlicher,
unstrukturierter, weniger verwaltet - und gerade deshalb für
viele, die
sich in der "Kufazoo" eingenistet haben, sympathischer.
Eine erste Trouvaille ist im Untergeschoss zu entdecken. Hat man die
engen und finsteren Gänge heil durchschritten, steht man
plötzlich in
einem einfachen, aber komplett eingerichteten Tonstudio. Die Bässe
werden mit alten Fässern in den Ecken geschluckt, alte Sofas
stehen
herum, der Raum ist schön schummrig. "Shirley Grimes, Yvonne Moore
und
andere Künstler der hiesigen Szene nehmen hier Musik auf",
erzählt
Hansruedi Egli, der den "Bund" durch die verlassene Fabrik führt,
in
der früher die Cellwar AG untergebracht war. Egli ist der
Initiator der
"Kufazoo", die noch mindestens bis Ende 2010 weiterexistiert (siehe
Kasten).
Wer Raum zur künstlerischen Entfaltung braucht, kann in der
"Kufazoo"
so viel Platz mieten, wie er will. Fr. 3.50 beträgt der Preis pro
Quadratmeter, die Räumlichkeiten sind vielfältig: Von
riesigen, offenen
Hallen bis zu kleinen, abgeschlossenen Kämmerlein gibt es alles,
was
das kreative Herz begehrt.
Die Besichtigung des restlichen Untergeschosses gibt sehr gut wieder,
was die "Kufazoo" ist und was sie ausmacht. Egli, eigentlich ein
Liedermacher und Inhaber der Musigbörse in Bern, widmet sich in
einem
Raum seiner neusten Passion: dem Kork-Recycling. Kubikmeterweise
Korkzapfen lagern am Boden oder in Säcken verpackt. "Per Zufall
bin ich
darauf gekommen, dass in der Schweiz einzig in Näfels Kork
wiederverwertet wird", sagt Egli. Die regionalen Sammel- und
Entsorgungsstellen reagierten positiv auf sein Angebot, die Korken
abzuholen. Aus Kork, Lehmpulver und Wasser formt er in seiner Werkstatt
Korklehmsteine für die Mauern von Fachwerkbauten.
Etwas weiter hinten im Untergeschoss arbeitet Els Jegen, ein
Kulturfabrik-Mitglied der ersten Stunde. Die Autorin, Malerin und
Skulpturenkünstlerin ist von der Idee "Kufazoo" nach wie vor
begeistert. Sie bedauert aber, dass die Ateliers oft verlassen sind und
der Austausch unter Kunstschaffenden deshalb kaum stattfindet.
Punktuelle Kontakte bestehen durchaus in der Kulturfabrik, doch die
grosse, sich antreibende Künstlergemeinschaft existiert hier
nicht.
Hansruedi Egli sagt, in der "Kufazoo" gebe es 42 Ateliers, 10 bis 12
davon würden regelmässig benutzt. "In einigen Ateliers wird
schwer und
intensiv geschuftet, in anderen wird lediglich das Hobby gepflegt",
sagt er.
Im Raum gleich neben Egli hat sich Dietmar Ludewig, der Mieter mit der
wohl höchsten Präsenz, eingerichtet. Der Handwerker und
Gestalter
verdient sich mit der Arbeit in der Kulturfabrik seinen
Lebensunterhalt, momentan ist eine wichtige Phase für ihn: Im "Le
Beizli" in den Vidmarhallen in Köniz stellt er noch bis zum 24.
Juni
zusammen mit Kollegen Möbel aus. Ludewig schätzt die
Freiheiten in der
"Kufazoo". "Hier kann ich Tag und Nacht arbeiten." Auf der anderen
Seite vermisst auch er den Austausch: "Viele sind kaum je hier."
Bevor man die Treppe hoch in die oberen Etagen steigt, fällt der
Blick
auf eine Ecke, wo unzählige alte Ski stehen. Was daraus wohl
gemacht
wird? Am Arbeiten ist jedenfalls niemand. Oben in der Kulturfabrik sind
die Vertreterinnen und Vertreter der bildenden Künste
einquartiert.
Unter ihnen Suzanne Hänni, die ein Atelier für abstrakte
Malerei führt
und auch Kurse gibt. Nach dem Areal Gurtenbrauerei Wabern und dem
Stufenbau Ittigen sei dies ihr drittes künstlerisches Zuhause,
erzählt
sie. Die Räumlichkeiten empfinde sie als ideal, "doch die Leute
sind zu
wenig oft hier. Man kann hier kaum etwas ,anreissen‘."
Die "Kufazoo" ist kein starres Gefüge. Manche Künstler haben
die Fabrik
verlassen, andere sind dazugekommen. Platz hat es genug. Und manchmal
läuft auch etwas schief: Einmal mietete sich ein Konditor ein, der
sein
Handwerk nicht immer nach den hygienischen Vorschriften verrichtete.
Dem Vernehmen nach waren in der grossen Halle im zweiten Stock
überall
Schokoladespuren zu finden. Bald kam es zum Eklat: Auf Anordnung des
Statthalteramts musste der Konditor seinen Platz räumen.
In der zweiten Etage ist auch Heinz Fuhrer untergebracht. In der
"Kufazoo" kann der Zollikofner Lehrer seiner Leidenschaft frönen.
Hunderte, vielleicht Tausende von Gemälden stapeln sich in seinem
kleinen Atelier. Ab und zu stellt er ein paar Bilder aus, damit Geld zu
verdienen, ist für ihn aber kein Thema. "Die Kunst ist meine
Berufung,
der Lehrerberuf mein Hobby, mit dem ich Geld verdiene", sagt Fuhrer.
Christoph Bussard
--
"Kein zweiter Progr"
Am Anfang war die Idee von Liedermacher Hansruedi Egli: Als er das leer
stehende Fabrikgebäude an der Bernstrasse 163 in Zollikofen sah,
wollte
er dort als Zwischennutzung einen Ort für Kunstschaffende
einrichten.
Sowohl bei der Gemeinde wie auch bei der Huber&Ploerer
Unternehmungen AG Bern, welche Mitbesitzerin und Vermieterin des
Fabrikareals ist, stiess Eglis Idee auf offene Ohren. Am 1. Juni 2006
nahm die "Kufazoo", wie sie bald hiess, ihren Betrieb auf.
Der befristete Vertrag wurde kürzlich bis Ende 2010
verlängert. Die
Künstler freuts - obwohl es auch diesmal eine Lösung auf Zeit
ist. René
Huber, Mitglied der Geschäftsleitung bei Huber&Ploerer, hofft,
dass
sich in Zollikofen "kein zweiter Progr entwickelt". Die Nutzung des
Progr durch die Künstler war ebenfalls eine befristete
Lösung, ehe
durch die Abstimmung vom 17. Mai ein Definitivum daraus wurde. "Wir
geben die Fabrik zu sehr günstigen Konditionen ab. Im Gegenzug
erwarten
wir, dass die Künstler respektieren, dass sie das Gebäude zu
gegebener
Zeit verlassen müssen." Huber sagt, Ideen für die
künftige Nutzung des
Areals seien weit fortgeschritten, "spruchreif ist aber nichts". Es sei
möglich, dass der Vertrag mit den Künstlern noch um ein paar
Monate
verlängert werden könne. (cbn)
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BIG BROTHER VISP
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Indymedia 28.5.09
Visper Polizeigesetz ::
AutorIn : finder
An der gestrigen Urversammlung wurde das neue Visper Polizeireglement
von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen. Sämtliche
Anträge von uns
wurden abgelehnt. In Visp wird damit die Videoüberwachung
möglich, ein
Bettel- und ein Ausgehverbot für Jugendliche tritt in Kraft und
das
Reglement erhält den schärfsten Wegweisungsartikel der
Schweiz. Visp
hat nun ein Polizeigesetz, das ein Traum für jeden Polizist, ein
Alptraum für jeden Jugendlichen ist.
Schätzungsweise 150-200 Personen nahmen an der heutigen
Urversammlung
in Visp teil. Bereits in der Einleitung wurden im Hintergrund Bilder
von kaputten Blumenvasen und Hinterlassenschaften von Jugendlichen wie
Bierflaschen gezeigt. Dies diente allein der Stimmungsmache. Nachdem
wir Änderungsanträge stellten, konterte dies die
Polizei-Komission
jeweils mit Stellungnahmen in der man die Neuerungen herunterspielte
und verharmloste. Was mit den Neuerungen alles möglich wird,
versuchten
wir vergebens zu erklären. Vielfach lautete der altbekannte Tenor
der
Befürworter: ‚Die Polizei wird dann nicht so streng sein‘. Die
Gemeindepolizei hingegen wies im Vorfeld darauf hin, das sie das Gesetz
die Wegweisung rigoros gegen Jugendliche anwenden würden. Viele
Neuerungen müssten auf Vorrat her, die Polizei möglichst viel
Spielraum
haben, unabhängig davon ob in der Gemeinde zu verbietenden
Probleme
überhaupt existent sind. Verhältnismassigkeit war ein
Fremdwort.
Bei der Wegweisung war es für die Kommission nicht nötig,
eine
zeitliche Begrenzung einzufügen wie sie eigentlich üblich
ist.
Theoretisch sind damit willkürliche Platzverbote ans Lebensende
möglich. Auch ein Bettelverbot im St.-Martinsstädtchen wird
nun
Realität und lässt damit die St-Martinsanlässe und die
zentrale Statue
auf dem Gemeindeplatz zur Hülle ohne Inhalt verkommen. Ein
Bettelverbot
ist eine Schande für das angebliche St.Martins-Städtchen! Die
Urversammlung entschied zudem auch ein Ausgehverbot für
Jugendliche
unter 16 Jahren ab 23.00 Uhr einzuführen. Wird gegen dies, oder
gegen
die zahlreichen Neuerungen verstösst, droht eine Busse bis 5‘000
Franken und/oder Gefängnis. Da das Ausgehverbot gegen die
Versammlungsfreiheit im Schweizerischen Grundrecht verstösst,
prüfen
wir nun rechtliche Schritte gegen das Ausgehverbot. Neu im Reglement
ist auch die Überwachung der Bürger durch Videokameras.
Obwohl
Videoüberwachung wie sie standardmässig im Polizeireglement
keine
Personenidentifikation zulassen, argumentierte man damit gegen
Vandalismus vorgehen zu können. Das damit kein Vandalismus
verhindert
wird war zweitrangig. Hier präsentierte man eine
Scheinlösung. Weil
Banken und andere Orte auch Videokameras aufstellen dürften, solle
Visp
ihre Bürger doch auch durch Videokameras überwachen
können,
argumentierte die Kommissions-Vorsteherin.
Auf unseren Antrag, wonach ein solches Polizeigesetz noch an der Urne
abgestimmt werden soll, konnte die Kommissions-Sprecherin nicht
eingehen, da ein neues Polizeireglement laut einem Reglement von 2007
an der Urversammlung abgestimmt werden müsse. Wir erachten dies
als
sehr problematisch da nur 3 % so über solch krasse Neuerungen
entschieden haben. Der Gemeinderat selbst war praktisch alle für
das
Gesetz, einzig die zwei Gemeinderätinnen Helena Mooser Theler (SP)
Felicitas Lengacher-Kuonen (FDP) lehnten das Polizeigesetz ab und
nahmen alle unsere Änderungsanträge an, wofür wir in
Anbetracht der
grundsätzlich jugendfeindlichen Front gegen uns und sie dankbar
sind.
Besonders problematisch: Visp hat keine anderen Lösungen oder gar
Konzepte, um auf Probleme wie Vandalismus, der zum Teil einfach auch
dazugehört lösungsorientiert zu reagieren. Durch den neuen
NEAT-Bahnhof
sind die Besucherzahlen explodiert und damit hat es auch mehr
Vandalismus gegeben. Die Frage, wieso Probleme da sind, wird aber nicht
gestellt und es besteht offenbar auch kein Interesse. Zuerst der Krieg,
dann redet man vielleicht mal irgendwann über Lösungen, wurde
uns
gestern vermittelt. Visp wird mit den neuen Gesetzen nicht sicherer,
man verbietet die Probleme nur und verschiebt sie. Visp hat nun ein
Polizeigesetz, das ein Traum für jeden Polizist, ein Alptraum
für jeden
Jugendlichen und Bürger.
IG Polizeireglement Visp Nein
---
Schweiz Aktuell 28.5.09
Polizeigesetz Visp
Visp stimmte gestern Abend an einer Urversammlung einem der strengsten
Polizeireglemente der Schweiz zu. Dieses Gesetz beinhaltet ein
Bettelverbot und erlaubt Videoüberwachung von Bürgern. Zwei
Punkte
waren besonders umstritten, das Wegweisungsrecht sowie das Ausgehverbot
für Jugendliche. Silvia Graber berichtet.
http://www.sf.tv/videoplayer/embed/81e3cec5-6009-4ab9-a46b-9d4cf905db3f&live=false
---
Regionaljournal DRS Bern 28.5.09
(Abend)
Das strenge Visper Polizeireglement als Musterbeispiel für andere
Oberwalliser Gemeinden (3:20)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe1728052009.rm?start=00:08:31.400&end=00:11:52.161
(Morgen)
Visp erhält eines der strengsten Polizeireglemente der Schweiz
(1:44)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe7v728052009.rm?start=00:01:18.399&end=00:03:02.962
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MENSCHENRECHTS-REPORT CH
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20min.ch 27.5.09
Menschenrechtsreport
Amnesty kritisiert Schweizer Asylwesen
Heftige Vorwürfe von Amnesty International (AI) an die Schweiz:
Die
Organisation kritisiert in ihrem aktuellen Menschenrechtsreport
insbesondere das Schweizer Asylwesen.
Wegen des neuen Asylrechts würden Grundrechte wie ein faires
Asylverfahren oder eine menschenwürdige Existenz verletzt.
"Besonders
abgewiesene Asylbewerber, die wegen fehlender Papiere nicht legal aus
der Schweiz ausreisen können, werden in die Isolation und ins
Elend
getrieben", sagte AI-Flüchtlingskoordinatorin Denise Graf.
FDP-Nationalrat Kurt Flury, der an der Ausarbeitung des neuen
Asylgesetzes beteiligt gewesen war, nimmt die Vorwürfe gelassen:
"Solange AI keine konkreten Fälle nennt, kann ich die
Vorwürfe nicht
ernst nehmen." AI lobte die Schweiz aber auch: In punkto Polizeigewalt
habe sich die Lage verbessert.
dra
---
http://www.amnesty.ch/de/laender/jahresbericht/2009/schweiz
Schweiz
* Amtliche Bezeichnung: Schweizerische Eidgenossenschaft
* Staats- und Regierungschef: Pascal Couchepin
* Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft
* Einwohner: 7,5 Millionen
* Lebenserwartung: 81,3 Jahre
* Kindersterblichkeit (m/w): 6/5 pro 1000 Lebendgeburten
Die Gesetzgebung bot keinen wirksamen Schutz gegen Diskriminierung.
Nach wie vor gab es Vorwürfe wegen rassistischer Diskriminierung
durch
Polizeikräfte, darunter auch Misshandlungen. Restriktive Gesetze
verletzten die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte von
Asylsuchenden und Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus.
Rassismus und Diskriminierung
Der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung
(CERD)
monierte das anhaltende Problem der Diskriminierung, darunter das
Fehlen einer wirksamen Gesetzgebung auf Bundes- und Kantonsebene gegen
Diskriminierung und die Verwendung von "Täterprofilen aufgrund der
Rassenzugehörigkeit" durch die Polizei. Der Ausschuss
äusserte sich
auch besorgt über die anhaltende Diskriminierung von Roma, Sinti
und
Jenischen, vor allem in Bezug auf Wohnraum und Bildung, und forderte
die Einrichtung einer staatlichen Menschenrechtsinstitution. Im Rahmen
der universellen regelmässigen Überprüfung der Schweiz
durch den
UN-Menschenrechtsrat wurde diese Empfehlung wiederholt. Im
Überprüfungsbericht wurde die Schweiz zudem aufgefordert,
weitere
Massnahmen gegen Rassismus und Diskriminierung zu ergreifen.
Polizei und Sicherheitskräfte
Immer wieder trafen Misshandlungsvorwürfe gegen Polizeikräfte
ein. Der
CERD äusserte sich besorgt über den exzessiven Einsatz von
Gewalt durch
Polizisten, vor allem gegenüber Schwarzen.
Nach dem Polizeieinsatz bei einer Demonstration in Basel am 26. Januar
2008 leitete das Sicherheitsdepartement des Kantons unabhängige
Ermittlungen ein. In den Ermittlungsergebnissen wurde bemängelt,
dass
die Polizei die festgenommenen Demonstranten nicht ausreichend
über den
Grund ihrer Festnahme aufgeklärt habe und die Angehörigen der
Festgenommenen, darunter auch Eltern festgenommener
Minderjähriger,
nicht verständigt worden seien; ausserdem hätten
willkürliche
Massenverhaftungen stattgefunden. In der Stadt Bern wurde eine
Vertreterin der Kantonalregierung vom Polizeichef zur Beobachterin
ernannt und damit beauftragt, die Haftbedingungen der im Rahmen eines
ähnlichen Polizeieinsatzes am 19. Januar festgenommenen
Demonstranten
zu überprüfen. Sie stellte in ihrem Bericht ähnliche
Mängel wie bei dem
Basler Polizeieinsatz fest und kritisierte überdies, dass die von
der
Polizei festgenommenen Demonstranten nur unzureichend mit Essen und
Wasser versorgt wurden.
Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende
Restriktive Gesetze verletzten weiterhin die wirtschaftlichen, sozialen
und kulturellen Rechte von Asylsuchenden und Migranten ohne
regulären
Aufenthaltsstatus, von denen viele in extremer Armut lebten. Der CERD
äusserte die Befürchtung, dass die entsprechenden Gesetze
eine
Verletzung des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung
jeder
Form von Rassendiskriminierung darstellen könnten. Abgewiesene
Asylsuchende waren weiterhin vom ordentlichen Sozialhilfesystem
ausgeschlossen, was Marginalisierung und bittere Armut zur Folge hatte.
Am 18. März 2008 verabschiedete das Parlament ein Gesetz, wonach
bei
Abschiebungen ausländischer Staatsbürger der Einsatz von
Elektroschockwaffen und Polizeihunden gestattet ist. Dies könnte
eine
Verletzung von Rechtsstandards des Europarats bezüglich des
angemessenen Einsatzes von Gewalt bei solchen Massnahmen darstellen.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen
Ein 2007 in Kraft getretenes Gesetz, das Opfer von familiärer
Gewalt
schützen soll, wurde in manchen Kantonen nur unzureichend
umgesetzt. Es
gab nur wenig spezifische Weiterbildungsmassnahmen für Polizisten
und
überhaupt keine für Richter. In manchen Kantonen fehlte es an
den
finanziellen Mitteln für Schutzund Beratungseinrichtungen. Die
Schweiz
unterzeichnete am 8. September 2008 das Übereinkommen des
Europarats
zur Bekämpfung des Menschenhandels.
Antiterrormassnahmen und Sicherheit
Ein Anwalt reichte im Namen dreier im US-Gefangenenlager
Guantánamo
Inhaftierter (ein Libyer, ein Algerier und ein ethnischer Uigure aus
China) Anträge auf Asyl in der Schweiz ein. Die US-Behörden
hatten
gegen die drei Männer, die seit über sechs Jahren in Haft
waren, keine
Anklage erhoben; zwei von ihnen standen unmittelbar vor der
Freilassung. Den Männern drohte bei einer Rückführung in
ihre
Herkunftsländer Verfolgung. Ihr Asylgesuch wurde im November vom
Bundesamt für Migration abgelehnt. Gegen diese Entscheidung ist
beim
Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingereicht worden.
Eintrag zur Schweiz im AI-Jahresbericht 2009
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SANS-PAPIERS
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Bund 29.5.09
Unter Beschuss
Der Kampf gegen Scheinehen wird verstärkt
In verschiedenen Kantonen gehen die Behörden verstärkt gegen
Scheinehen
vor. Alleine im Kanton Zürich sind im Jahr 2007 gegen 500 Personen
die
Aufenthaltsbewilligungen verweigert worden, weil sie nur zum Schein
eine Schweizerin oder einen Schweizer ehelichen wollten. Mit dem neuen
Ausländergesetz sind Scheinehen seit 2008 strafbar. Die
Täuschung der
Behörden kann eine Freiheitsstrafe oder Bussen bis zu 20000
Franken
nach sich ziehen.
Gestern hat das Parlament beschlossen, die Schrauben noch weiter
anzuziehen. Weil Missbrauchsfälle oft nur mit grossem Aufwand
nachgewiesen werden können, wird die Verjährungsfrist
für die
Aberkennung einer erleichterten Einbürgerung, die auf eine
Scheinehe
zurückzuführen ist, von bisher fünf auf acht Jahre
erhöht.
Ebenfalls diese Woche beschlossen hat der Ständerat, dass nur noch
Personen mit Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz heiraten
dürfen.
Dies bedeutet ein Heiratsverbot für Sans-Papiers. Die neue
Regelung
führt zur paradoxen Situation, dass es unterdessen für
Schweizer
einfacher ist, im Ausland auf Brautschau zu gehen, als beispielsweise
eine seit Jahren in der Schweiz wohnende, illegal anwesende Putzfrau zu
heiraten.
Englisch bei der Einbürgerung
Neu geregelt werden sollen bundesweit auch die Anforderungen an die
Sprachkenntnisse bei einer Einbürgerung. Heute gelten von Gemeinde
zu
Gemeinde andere Voraussetzungen. Teils ist es gar möglich, nur mit
Englischkenntnissen eingebürgert zu werden. (cvb)
Seite 7
--
Scheinehen stark unter Druck
Parlament beschliesst weitere Verschärfungen im
Ausländerbereich - Sans-Papiers dürfen nicht mehr heiraten
Im Kampf gegen Scheinehen macht das Parlament zwei weitere Schritte:
Die Frist für eine Aberkennung der Einbürgerung wird
erhöht und nicht
legal in der Schweiz Anwesende verlieren das Recht auf Heirat - auch
bei echter Liebe.
Christian von Burg
Das neue Ausländergesetz des Bundes zeigt Wirkung: Die Zahl der
Scheinehen, welche von den kantonalen Behörden aufgedeckt werden,
schnellt in die Höhe. Im Kanton Zürich wurde bereits 2007 an
die 500
Personen die Aufenthaltsbewilligung verweigert, weil sie nur zum Schein
eine Schweizerin oder einen Schweizer ehelichen wollten. In der Stadt
Basel wurden in den letzten Jahren jeweils etwa 30, in der Stadt Bern
mehr als 30 Scheinehen nachgewiesen. In vielen Fällen handelt es
sich
um afrikanische Dealer und drogenabhängige Schweizerinnen, die
miteinander einen Deal machten: Sie bekommt Drogen oder Geld - im
Extremfall bis zu 40000 Franken. Er bekommt eine Aufenthaltsbewilligung
und kann sich nach drei Jahren Ehe und fünf Jahren Aufenthalt in
der
Schweiz erleichtert einbürgern lassen.
Fünf Jahre haben die Bundesbehörden Zeit, um eine
erleichterte
Einbürgerung rückgängig zu machen. Dabei liegt die
Beweispflicht für
die Existenz einer Scheinehe bei den Behörden. Die
Abklärungen sind in
vielen Fällen aufwendig. Immer mehr Verfahren müssen aus
zeitlichen
Gründen eingestellt werden. Der Nationalrat hat deshalb gestern
mit 115
gegen 54 Stimmen beschlossen, die Frist von fünf auf acht Jahre zu
verlängern.
SP und Grüne monierten, die bisherigen Gesetze seien schon streng
genug. Eine weitere Verschärfung erhöhe die Gefahr, dass die
Behörden
im Leben unbescholtener Bürger schnüffelten. Auch bei
binationalen Ehen
komme es zu Beziehungskrisen. Nicht jedes Paar, das sich wieder trenne,
habe nur zum Schein geheiratet, um eine schnelle Einbürgerung zu
ermöglichen.
Die Mehrheit hielt dagegen, dass pro Jahr immerhin gut 100 Verfahren
eröffnet werden müssten. Das entspricht etwa einem Prozent
aller
Personen, die sich dank Heirat erleichtert einbürgern lassen
konnten.
In der Hälfte der Fälle führt das Verfahren zur
Aberkennung der
Einbürgerung. Zudem, so die Argumentation der
Rechts-Mitte-Mehrheit,
werde die Glaubwürdigkeit der übrigen Einbürgerungen
erhöht, wenn man
strenger ahnde, sobald gelogen werde.
Heiratsverbot für Sans-Papiers
Das Parlament geht noch weiter: Nach dem Nationalrat hat diese Woche
auch der Ständerat entschieden, dass in der Schweiz nur noch
heiraten
darf, wer eine legale Aufenthaltsbewilligung hat. Dies kommt einem
Heiratsverbot für Sans-Papiers gleich. Bisher handhaben die
Kantone
diese Frage verschieden. Im Kanton Bern zum Beispielt war es bisher
unter bestimmten Umständen möglich, dass etwa eine
Ecuadorianerin, die
seit mehreren Jahren illegal hier anwesend ist und Büros putzt,
einen
Schweizer heiratet, in den sie sich hier verliebt hat. Dies wird bald
in der ganzen Schweiz verboten sein.
Weiterhin kein Problem ist es jedoch, sich als Schweizerin oder
Schweizer im Ausland eine Frau zu besorgen. Wer sich in Tunesien in
einen hübschen schwarzen Mann verliebt oder in Thailand eine Frau
findet, der kann wie bisher im Herkunftsland des neuen Partners
heiraten und die Ehe dann in der Schweiz anerkennen lassen. Dies ist je
nach Land zwar mit einigem Papierkrieg verbunden. In Afrika wird die
Schweizer Botschaft gar einen Vertrauensanwalt zurate ziehen, der
abklärt, ob der Mann bereits verheiratet ist, denn in
verschiedenen
Ländern ist die Polygamie erlaubt. Dennoch sind diese Verfahren
meist
schon in wenigen Monaten abgeschlossen.
Die Zahl der neu geschlossenen Ehen zwischen Schweizerinnen und
Ausländern ist in den letzten zwanzig Jahren um 90 Prozent
gestiegen.
Um 14 Prozent zugenommen hat die Zahl der Ehen zwischen Schweizern und
Ausländerinnen. Die Zahl der Ehen zwischen Schweizerinnen und
Schweizern ist um 12 Prozent gesunken.
--
Der Kampf um die Einbürgerungssprache
Französisch oder Deutsch?
Wer aus Algerien kommt und Berner werden will, muss kein Deutsch
lernen. Dies könnte sich aber bald ändern.
Christian von Burg
Die SVP wollte hohe Anforderungen stellen: Wer sich in der Schweiz
einbürgern lassen will, soll künftig nicht mehr nur eine
Landessprache
sprechen, sondern "die Amtssprache der Einbürgerungsgemeinde in
Wort
und Schrift beherrschen". Der Nationalrat lehnte dieses Begehren
gestern mit 107 zu 53 Stimmen ab. Bei solchen Anforderungen müsste
auch
einem beträchtlicher Teil der Schweizer das Bürgerrecht
abgesprochen
werden, wurde argumentiert. Die Mehrheit vertrat den Standpunkt, dass
auch gut integrierte Analphabeten eine Chance auf Einbürgerung
haben
sollten.
Einig war sich der Rat jedoch darin, dass künftig die minimalen
Anforderungen an die Integration und die Sprachkenntnisse für
Bund,
Kantone und Gemeinden verbindlich festzulegen seien. Heute gehen diese
Anforderungen weit auseinander. Einige Gemeinden machen Sprachtests,
andere nicht. Vor allem aber gelten in den Kantonen verschiedene
Voraussetzungen: Meist ist die Verständigung in der jeweiligen
Landessprache die Voraussetzung für eine Einbürgerung. In den
grösseren
Kantonen, darunter auch Bern, gelten alle Landessprachen. Ein Algerier
zum Beispiel, der Berner werden will, muss auch nach zwölf Jahren
noch
kein Deutsch sprechen, um eingebürgert zu werden; Französisch
reicht
aus.
Englisch gilt auch
Das bisherige Bürgerrechtsgesetz schweigt sich zur Frage der
Sprachbeherrschung bei Einbürgerungen aus. Vorgeschrieben wird
lediglich ein allgemeines "Vertrautsein mit den Sitten und
Gebräuchen"
der neuen Heimat. Dies macht es gar möglich, dass ein
Neuseeländer in
der Ostschweiz eingebürgert wurde, der nur Englisch spricht. Das
Bundesverwaltungsgericht stützte diesen Entscheid, weil der
Familienvater gut integriert sei und sich mit den meisten Leuten in der
Umgebung auf Englisch verständigen könne.
Nun soll das Bürgerrechtsgesetz revidiert und vereinheitlicht
werden. Voraussichtlich im Herbst geht es in die Vernehmlassung.
--
Kommentar
Recht auf Heirat akut bedroht
Christian von Burg
Wer sagt, Scheinehen seien in der Schweiz kein Problem, verschliesst
die Augen: Es ist stossend, wenn jemand durch einen Deal mit einer
Drogenabhängigen das Aufenthaltsrecht in der Schweiz bekommt. Wer
mit
Geld oder Drogen eine Scheinehe oder gar eine Einbürgerung
erkauft,
soll bestraft werden. Richtig ist auch, dass die Behörden Heiraten
im
Milieu genauer unter die Lupe nehmen. Es darf nicht möglich sein,
dass
ausländische Frauen ihren Zuhälter heiraten, um in
der Schweiz möglichst ohne Beeinträchtigung durch die
Fremdenpolizei
Prostitution betreiben zu können. Scheinehen sind auch ein Affront
für
all diejenigen Ausländer, die sich an die Regeln halten und 12
Jahre
warten, bis sie sich einbürgern lassen können.
Wer den Missbrauch ahnden will, darf jedoch nicht das Kind mit dem Bade
ausschütten. Die überwiegende Zahl der Paare heiratet aus
Liebe oder
aus anderen, pragmatischen Gründen, die nicht verwerflich sind. Es
gibt
ein Recht auf Heirat. Dies ist in der Verfassung festgeschrieben. In
seinem Eifer, mögliche Schlupflöcher im Asylwesen zu stopfen,
hat das
Parlament nun beschlossen, dass dieses Recht nicht mehr für alle
gelten
soll: Sans-Papiers und abgewiesene Asylbewerber dürfen in der
Schweiz
nicht mehr heiraten.
Dies führt zu einer absurden Situation: Wer in Djerba einen
Tunesier
kennenlernt oder in Bangkok eine Thailänderin, hat es unterdessen
wesentlich einfacher, eine binationale Ehe in der Schweiz anerkennen zu
lassen, als wer in der Schweiz jemanden kennenlernt, der womöglich
schon seit Jahren hier lebt, arbeitet und mit dem Land gut vertraut
ist. Die Schweiz macht es ihren Bürgern einfach, im Ausland auf
Brautschau zu gehen, und baut im Inland Hürden auf, die zu grossen
persönlichen Tragödien führen können. Theoretisch
kann ein betroffenes
Paar zwar in der alten Heimat des ausländischen Partners heiraten
und
diese Heirat danach in der Schweiz legalisieren lassen. In vielen
Fällen ist dieser Weg aber kaum gangbar - sei es aus
wirtschaftlichen
Gründen oder weil im entsprechenden Land ein Bürgerkrieg
herrscht.
Trotz der berechtigten Diskussion über Scheinehen ist der
Generalverdacht für binationale Ehen nicht zulässig. Gerade
mal eine
von hundert erleichterten Einbürgerungen muss von den
Behörden genauer
auf eine Scheinehe überprüft werden. Deshalb sollten auch
Heiratsanträge von Sans-Papiers weiterhin geprüft werden
können.
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DEMO FLÜCHTLINGSTAG
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Rundmail 27.5.09
--- zum weiterleiten und veröffentlichen!!! ---
INTERNATIONALER FLÜCHTLINGSTAG
DEMONSTRATION
"FESTUNG EUROPA STÜRMEN ? GEGEN NATIONALISMUS, RASSISMUS UND
AUSBEUTUNG!"
Samstag, 20. Juni 2009, 13:30 Uhr, Landesmuseum (neben Hauptbahnhof),
Zürich
Das "Antirassistische Netzwerk" ruft anlässlich des
internationalen
Flüchtlingstages am 20. Juni 2009 zu einer Demonstration in
Zürich auf.
Damit wollen wir ein politisches Zeichen gegen Unmenschlichkeit und die
"Festung Europa" setzen und unsere Solidarität mit allen Menschen
auf
der Flucht und im Exil ausdrücken.
Weltweit sind laut UNHCR rund 67 Millionen Menschen auf der Flucht.
Fast 90 Prozent aller Flüchtlinge fliehen innerhalb ihrer eigenen
Länder oder in eines der angrenzenden Nachbarländer. Nur ein
Bruchteil
dieser Menschen macht sich auf den Weg in Richtung Europa. Vor den
Toren Europas ist dann aber sowohl im Süden wie auch im Osten kein
Weiterkommen mehr, denn Europa hat seine Aussengrenzen schon lange
dicht gemacht. Mit Mauern, Stacheldrähten und einer riesigen
Überwachungsmaschinerie gleicht Europa immer mehr einer
uneinnehmbaren
Festung. Für Menschen auf der Flucht bedeutet das, dass sie immer
längere und gefährlichere Fluchtwege auf sich nehmen
müssen. Es ist ein
Krieg, der vor den Toren Europas tobt. Ein Krieg in dem Kriegsschiffe,
Armeehelikopter, Hightech und europäische Elitetruppen gegen
Flüchtlinge in restlos überfüllten Booten eingesetzt
werden und der
indirekt jedes Jahr Tausende von Toten fordert. Das Mittelmeer ist
längst ein Massengrab. Alleine vor Italien sind in den letzten
zehn
Jahren rund 10 000 Flüchtlinge gestorben! Und die
"humanitäre" Schweiz
und das selbstgerechte Europa? Sie investieren auch weiterhin Millionen
um die Aussengrenzen Europas noch unbezwingbarer und tödlicher zu
machen. Sie kollaborieren dabei mit diktatorischen Regimes, die die
Menschenrechte mit Füssen treten. Wer es trotzdem ? oft nach
jahrelanger Odyssee ? bis hierhin schafft, den erwartet ein eisiger
Wind. Struktureller und offener Rassismus, Ausbeutung als
BilliglohnarbeiterIn, Gefängnis wegen illegalem Aufenthalt,
soziale
Kontrolle und totale Überwachung sind nur einige der
Realitäten, mit
denen sie konfrontiert sind.
Schon das Römische Imperium importierte Sklaven, Edelmetalle und
Nahrungsmittel aus fernen Ländern nach Europa. Daran hat sich
nichts
geändert und unser Reichtum basiert auch heute noch auf der
Ausbeutung
ärmerer Länder. Jahrhunderte Kolonialismus und
Abhängigkeit haben tiefe
Spuren hinterlassen. Doch statt die historische Verantwortung
wahrzunehmen, schotten sich Europa und die Schweiz ab. Waren und
Rohstoffe sind willkommen, Menschen, deren Existenzgrundlage für
unseren Wohlstand zerstört wurde und wird, hingegen nicht. Noch
vor
hundert Jahren waren Armut und Hunger ein steter Begleiter der Menschen
in der Schweiz. Viele sind vor dem Elend geflüchtet und
ausgewandert.
Heute leben wir in einer neuen Zeit. Die Schweiz ist nun eines der
reichsten Länder der Welt. Sie ist federführend an der
Abschottungs-
und Ausgrenzungspolitik Europas beteiligt.
Unser heutiger Wohlstand ist die bittere Armut in anderen Teilen der
Welt. Deshalb braucht es sichtbare sowie unsichtbare Mauern und das
Konstrukt "Nation" und "Europäische Union", um diesen Reichtum zu
schützen. Dass der Preis dafür jedes Jahr tausende von
Menschenleben
ist, wird von einer überwältigenden Mehrheit der
Bevölkerung
stillschweigend, wenn nicht gar applaudierend, hingenommen. Setzen wir
deshalb ein starkes Zeichen gegen Rassismus, Ausbeutung und
Unterdrückung. Die Geschichte und das Wissen verpflichten zum
Handeln.
Denn wer schweigt stimmt zu!!
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HOMOPHOBIE
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Tagesanzeiger 29.5.09
Schwul ist okay, aber nicht auf dem Pausenplatz
In Zürich läuft das Festival für Homosexuelle. Aber
trotz der
Euro-Pride ist "schwul" für Jugendliche vor allem ein Schimpfwort.
Das
zeigt der Besuch einer Schulklasse.
Von Andrea Schafroth
"Wääh, du Schwulo!" Der Aufschrei ist auf dem Pausenplatz
gang und
gäbe. Auchunter den Sechstklässlern des Schulhauses Turner in
Zürich.
An einem Freitagmorgen sitzen sie im Kreis in ihrem Schulzimmer, 20
Mädchen und Jungen, zwölf bis dreizehn Jahre alt, und geben
munter
Auskunft: "Das ruft man, wenn einer was ‹Gruusiges› macht." Also, nicht
wirklich "gruusig", halt "wenn einer dem anderen versehentlich an den
Hintern langt oder so".
Sämtliche Jungen der Klasse sind schon mit "schwul" traktiert
worden,
auch von den Mädchen. "Nicht weiter schlimm", finden sie. Ausser
wenn
zwei sich nicht mögen oder jemand eher ein Aussenseiter ist: Dann
wird
der Spruch zur durchaus aggressiv gemeinten Beleidigung.
Warum denn gerade dieser Begriff so beliebt sei als Schimpfwort? Mit
"echtem" Schwulsein habe es nichts zu tun, finden die Schüler, das
sei
so ähnlich wie mit dem Wort "Missgeburt". Und warum "lesbisch"
kein
Schimpfwort sei? "Vielleicht, weil man lesbische Frauen weniger sieht
als schwule Männer", meint jemand. Schwule Männer nehmen die
Schüler
vor allem als überdrehte Casting-Teilnehmer - Farbtupfer dieser
Shows
-, wahr. Oder als extravertierte Exoten auf den Umzugswagen am
Christopher Street Day. Beides finden sie abstossend: "Tanzende
Männer
in knallengen violetten Hosen - eklig!"
Ronaldo schwul? Unvorstellbar!
Von lesbischen Frauen lesen sie allenfalls in Hochglanzheftchen. Vor
allem die Schülerinnen wissen bestens Bescheid über Lindsay
Lohans
Liebesdrama mit ihrer DJ-Freundin und registrieren, wie Pink sich als
bisexuell vermarktet: "Das nimmt man aber nicht ernst, das ist weit
wegund so eine Promi-Mode." In Wirklichkeit können sich die
Schüler
eine "Lesbe in Röhrlihosen und Stöckelschuhen" nicht
vorstellen. Man
habe einfach dieses Bild vor sich: "kurze Haare, weite Kleider".
Klar, weiss die Runde, dass das Klischees sind, denen längst nicht
alle
Homosexuellen entsprechen. Dass man vielen Menschen ihre sexuelle
Orientierung nicht ansieht - "etwa Sven Epiney". Trotzdem: Schwule
Fussballer passen einfach nicht ins Bild. "Eigentlich ist das ihr
Privatleben", sagt eine Schülerin, "aber fürs Team wäre
es schwierig,
die müssen ja auch zusammen duschen und so." Und ihre Kollegin:
"Fussballer haben doch so Modelfreundinnen, die hammermega aussehen und
während des Spiels immer am Fernsehen gezeigt werden. Jetzt stellt
euch
mal einen Ronaldo mit einem Freund vor, der ihn anfeuert."
Gelächter.
Und selbst wenn ein Fussballer schwul wäre, outen würde der
sich kaum,
so der Tenor der Klasse. Der würde doch glatt seine Anhänger
verlieren:
"Fussballfans gehören nicht grad zu den offensten Menschen."
Eigentlich sind diese Sechstklässler ja aufgeschlossen. Die grosse
Mehrheit ist für die "Homo-Ehe" und findet eine Vereinigung
homosexueller Polizisten okay. Auch ein schmusendes Lesbenpärchen
auf
der Parkbank ist nicht schlimm, vielleicht auf den ersten Blick "etwas
komisch".
Und doch, im Kollegenkreis existiert Homosexualität nur in Form
eines
Schimpfwortes, entsprechend sind die Berührungsängste gross:
Wenn der
beste Freund, die beste Freundin sich outen würde, wäre das
ein
Problem. Eine der Schülerinnen hat über ein Mädchen
gelesen, das von
ihrer lesbischen Kollegin nachts im Bett plötzlich gestreichelt
wurde:
"Ich hätte immer Angst, dass irgendwann mal so etwas passiert."
Unbewusst schwingt da wohl die Furcht mit, selbst betroffen zu sein:
"Ein paar von uns haben vorhin darüber geredet", sagt eine
Schülerin,
"wenn wir wählen könnten, ob wir homosexuell oder
heterosexuell zur
Welt kommen, würden wir heterosexuell wählen." Kein Wunder,
die
Jugendlichen wissen genau, wie schwer es ein homosexueller Kollege
hätte. Sie sind gerade in dem Alter, da Mädchen am liebsten
über "süsse
Jungs" und "geile Bodys" schwärmen, und Jungen darüber
verhandeln, auf
welche Mädchen man allenfalls stehen könnte. Undenkbar, dass
unter
ihnen Mädchen so über Mädchen und Jungen über
Jungen reden: "Das würde
jemand gar nicht erst versuchen, er oder sie hätte viel zu viel
Angst,
gedisst zu werden, also fertiggemacht."
Gerade mal von einem einzigen Schüler im benachbarten
Oberstufenschulhaus haben sie gehört, der sich als schwul geoutet
habe
- und entsprechend ausgegrenzt werde. "Irgendwie wirkt das für
Jugendliche unnatürlich", sagt ein Schüler. Und ein anderer:
"Ich würde
einem lesbischen Mädchen empfehlen, es solle mal versuchen, ob es
sich
nicht doch für Jungs begeistern kann." Ein Mädchen
protestiert: "Du
kannst doch nicht einfach deine Gefühle abstellen!" Er: "Ich meine
ja
nur ausprobieren, damit sie es einfacher hat. Und vielleicht ist sie ja
bisexuell."
Wenn Betroffene zu Besuch kommen
Eine Woche später erhält dieselbe Klasse Besuch von Tania,
Michi und
Verena. Tania ist 23 und studiert Pharmazie: langes, hellbraunes Haar,
schwarze Brille, Nasenring. Sie ist lesbisch. Michi (21), in braunen
Dreiviertelhosen, die, wie es sich gehört, tief unten am
Gesäss hängen,
ist schwul. Er ist noch Gymnasiast - und spielt gerne Fussball! Verena
(70), einst Lehrerin, ist Mutter eines heute erwachsenen schwulen
Sohnes. Die drei gehören der Vereinigung GLL -
Gleichgeschlechtliche
Liebe leben - an, die in verschiedenen Deutschschweizer Kantonen
Schulklassen besucht, um aus Betroffenensicht über das Thema
Homosexualität aufzuklären.
Was, so normal sind Homosexuelle?
Ein Pulk neugieriger Schüler versammelt sich um den
Büchertisch, den
die GLL-Leute eingerichtet haben: Gekicher, Getuschel, Ausrufe. Danach
erzählen Tania und Michi ihre Comingout-Geschichten.
Unverblümt
berichtet die junge Frau, wie sie mit dreizehn vor ihrer Klasse in
Tränen ausbrach, weil sie sich in eine Frau verliebt hatte. Und
Michi
beschreibt, wie er in der Schule als "Schwuchtel" oder "Schwuli"
beschimpft worden sei. Wie er dann eines Tages auf den Spruch "Ist der
Typ, der dich abgeholt hat, dein Freund?" geantwortet habe: "Ja, das
ist mein Freund." Und seither akzeptiert werde.
Die Augen der Schüler sind gespannt auf die Erzählenden
gerichtet.
Später gibt es noch eine nach Geschlechtern getrennte Fragerunde
ohne
Beisein von Lehrerin und Journalistin. In diesen kleinen Runden, sagt
Tania, würden von den Schülern oft sehr konkrete Fragen
gestellt - bis
hin zu Details, wie, ob sie beim Sex mit der Freundin Gurken oder
Rüebli verwende. Sie versuche dann, die vielen mit dem Thema
Homosexualität verbundenen Projektionen zu relativieren. Was ihr
zu
gelingen scheint: Danach erzählen die Schüler von Schwulen
und Lesben
im Bekanntenkreis ihrer Eltern, die sie als "ganz normal" erleben. Und
stellen Fragen über Fragen: "Wie hoch ist der Anteil homosexueller
Menschen weltweit?" - "Wird etwas getan gegen die Verfolgung von
Homosexuellen in Ländern wie Saudiarabien?" - "Ab wann ist etwas
homophob? Hatte George W. Bush so eine Phobie?"
Am Ende gehen die Schülerinnen und Schüler von sich aus bei
den dreien
vorbei und schütteln ihnen zum Abschied die Hand. Die
Jugendlichen,
sagt Verena, seien jedes Mal erstaunt, "dass wir so normal sind".
Tatsächlich: "Ich war überrascht", sagt ein Junge nach dem
Besuch, "man
hat ihnen gar nichts angemerkt."
Infos zum Schulprojekt: http://www.gll.ch
Anlaufstelle für Jugendliche: Fachstelle für
Sexualpädagogik Lust und Frust: http://www.lustundfrust.ch;
Site für Jugendliche vor Comingout: http://www.du-bist-du.ch
--
"Feminines Gebaren schreckt ab, es passt nicht ins
Männlichkeitsbild"
Jugendliche möchten zur Norm gehören. Sie haben wenig Kontakt
zu
geouteten Schwulen und Lesben und deshalb Vorurteile und
Berührungsängste.
Mit Lukas Geiser und Lilo Gander* sprach Andrea Schafroth
Es gibt die Euro-Pride, spezielle Reisebüros, Spitex und eine
Polizistenvereinigung für Homosexuelle. Warum ist "schwul" unter
Jugendlichen trotzdem ein Schimpfwort?
Lilo Gander: Das Klima wirkt heute aufgeschlossen, aber es gibt nach
wie vor homophobe Positionen, und das bekommen die Jugendlichen mit.
Lukas Geiser: Und sie möchten ja vor allem eines: zur Norm
gehören,
also nicht zu einer Minderheit, die erst noch teilweise diskriminiert
wird. Indem sie "schwul" als Schimpfwort benutzen, signalisieren
Jugendliche auch: "Ich selbst bin es im Fall nicht."
Aber warum ist gerade "schwul" so verbreitet? Es gäbe zig andere
Merkmale, die nicht der Norm entsprechen.
Gander: Pubertierende sind auf der Suche nach sexueller Identität.
Dass
diesexuelle Orientierung der Mehrheit entspricht, ist deshalb besonders
wichtig.
Weshalb wird "lesbisch" kaum benutzt?
Gander: Die Konnotation ist weniger negativ. Geiser: Ich erlebe das bei
Schulbesuchen: Die Vorstellung, dass zwei Frauen zusammen Sex haben,
finden viele noch schön. Das Bild, dass ein Mann einem anderen
körperlich nahe kommt, ist dagegen einfach nur "wääh!".
Hat die Ablehnung auch damit zu tun, dass Jugendliche schwule Vorbilder
oft als "tuntig" erleben, etwa am Christopher Street Day?
Geiser: Klar, feminines Gebaren von Schwulen schreckt sie ab, weil es
nicht ins Männlichkeitsbild passt.
Verbreitet ist auch die Angst (s. Text oben), dass der schwule Kollege,
die lesbische Kollegin auf einen "stehen" könnte.
Gander: In einer Oberstufenklasse hat sich ein Mädchen als
lesbisch
geoutet. Die Schüler haben mit ihr die Abmachunggetroffen, dass
sie die
anderen Mädchen nicht anmachen darf. Diese Abgrenzung hat mit der
Ambivalenz der Gefühle zu tun: Ein Mädchen fürchtet
unbewusst, es
könnte es vielleicht schön finden, von einem anderen
gestreichelt zu
werden. Geiser: Oder ein Junge hat das Gefühl: Wenn mich ein
Schwuler
auch nur berührt, gehöre ich auch schon dazu.
Fehlt Jugendlichen, die gleichgeschlechtlich empfinden, dadurch nicht
die ganze spielerische Phase der sexuellen Annäherung?
Geiser: Das ist unterschiedlich - wie bei Heterosexuellen auch. Es gibt
Mädchen, die mit zwölf schon einen Freund haben, und solche,
die mit
sechzehn noch nie verliebt waren. Auf deranderen Seite finden auch
homosexuelle Jugendliche Möglichkeiten, bei Gleichgesinnten
anzudocken
und zu flirten.
Sie leben es aber kaum offen aus. Auf dem Pausenplatz sieht man
jedenfalls kaum schwule oder lesbische Pärchen.
Geiser: Die sexuelle Identität zu finden, ist für jemanden,
der oder
die homosexuell empfindet, sicher schwieriger - oft ein richtiger
Eiertanz.
Kann das auch zum Problem werden?
Geiser: Sicher. An einer Tagung über sexuelle Orientierung wurde
kürzlich eine Studie präsentiert, die belegt, dass zum
Beispiel schwule
Jungen deutlich öfter Selbstmordgedanken haben und auch ihre
Suizidrate
höher ist.
Lässt sich da etwas ändern? Dass Jugendliche zur Norm
gehören wollen
und gnadenlos mit Andersartigen umgehen, ist doch auch
entwicklungspsychologisch bedingt?
Gander: Eine rigide Phase gehört tatsächlich dazu, um danach
wieder
aufzumachen und zuzulassen. Besonders zwischen dreizehn und sechzehn.
So mit achtzehn ist das schon wieder aufgeweicht, die Peer Group hat
sich dann diversifiziert in verschiedene Szenen.
In der "harten" Phase ist nichts zu machen?
Geiser: Doch, aber nicht die Jugendlichen, sondern die Erwachsenen
müssen ihre Hausaufgaben machen und die Vielfalt immer wieder
thematisieren.
Reicht das? Die Jugendlichen wirken oft durchaus aufgeschlossen,
grenzen aber den schwulen Kollegen trotzdem aus.
Geiser: Es genügt nicht, generell eine offene Haltung zu
signalisieren,
es braucht die wiederholte konkrete Auseinandersetzung mit den Thema.
Jugendliche haben etwa wenig Kontakt zu geouteten Schwulen und Lesben,
Schulprojekte mit Homosexuellen sind deshalb ein Mittel,
Berührungsängste und Vorurteile abzubauen.
Und was ist mit dem Schimpfwort "schwul"? Es gehört ja praktisch
zum Slang.
Gander: Da sollten Erwachsene intervenieren, Jugendsprache hin oder
her. Geiser: Die Jugendlichen sprechen ja sogar von den "schwulen
Aufgaben", die sie noch machen müssen. Das ist aus ihrer Sicht
unverfänglich, aber der Begriff ist nun mal personenbezogen und
abwertend gemeint. Stellen Sie sich vor, die Schüler würden
stattdessen
von "Negeraufgaben" reden, da würden die Erwachsenen sofort
reagieren.
* Lilo Gander und Lukas Geiser sind Fachmitarbeiter der Zürcher
Fachstelle für Sexualpädagogik Lust und Frust, einem Angebot
der
Schulgesundheitsdienste der Stadt Zürich und der Zürcher
Aids-Hilfe.
---
amnesty.ch Mai 2009
Zürich, 28. Mai 2009
"Sexuelle Orientierung und Migration"
Vortrag und Podiumsdiskussion
Der Vortrag und die anschliessende Podiumsdiskussion werden sich mit
der spezifischen Situation von sexuellen Minderheiten, mit den
Fluchtgründen sowie dem Asylverfahren in Bezug auf sexuelle
Orientierung und Identität in der Schweiz beschäftigen. Zudem
werden
Verbesserungsmöglichkeitender und die mögliche
Unterstützung von LGBT
(Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual) Aktivisten diskutiert.
Gemeinschaftszentrum Bäckeranlage, Grosser Saal, Hohlstrasse 67,
Zürich
Ab 19h00
---
Indymedia 27.5.09
Sexuelle Orientierung und Öffentlichkeit in Südosteuropa ::
AutorIn : a3yo: http://www.a3yo.noblogs.org
Vermutlich auch durch den Mainstream nicht ganz unbekannt dürfte
sein,
dass es in vielen Ländern (Süd)osteuropas kaum oder nur unter
sehr
eingeschränkten Bedingungen möglich ist, sich offen als
LGBT...
(lesbisch-schwul-bi-trans-...) Mensch zu bewegen oder gar
öffentlich
einen Pride - Parade abzuhalten. Auch dieses Jahr werden in vielen
dieser Länder dennoch Paraden stattfinden.
Ich habe im Folgenden einige Informationen hierzu gesammelt und
übersetzt:
- Aus dem Aufruf zur Zagreb Pride 2009
- Aus einer e-mail des Organisationskomitees für den Gay-Pride
2009 in Bulgarien
- Die Selbstdarstellung der Gruppe "Queer Beograd"
Aus dem Aufruf zur Zagreb Pride 2009:
"Wir möchten die Gelegenheit nutzen, Euch alle einzuladen, am
Zagreb
Pride 2009 teilzunehmen und diesen zu unterstützen. Pride-Events
dienen
zum öffentlichen Versammeln von Menschen, die sich als lesbisch,
schwul, bisexuell, transgender, transsexuell und intersexuell (LGBTIQ)
begreifen.
Und so ein Treffen von äußerst politischer und sozialer
Wichtigkeit
darstellt. Eure Präsenz würde die LGBTIQ Community in
Südosteuropa
bestärken, für unsere Rechte zu kämpfen und einen
starken Einfluss auf
kroatische Institutionen, politische Organisationen und die
Öffentlichkeit haben, Rechte von LGBTIQ Menschen zu
untestützen und zu
befürworten.
Werte, die die Zagreb Pride fördert sind: Gleichheit,
Vielfältigkeit,
Frieden/Antimilitarismus, Schutz der Natur und Laizismus. Diese Werte
stammen von einer queer-feministischen Plattform, die Sexismus und
Homo/Bi/Transphobie bekämpft und der internationalen LGBTIQ
Bewegung,
und der Befürwortung von antifaschistischer, grüner und
friendensorientierter Politik."
Aus einer e-mail des Organisationskomitees für den Gay-Pride 2009
in Bulgarien:
"Wir schreiben Euch, um Euch darüber zu informieren, dass die
Gay-organisation "Gemini" und andere Aktivist_innen bereits dabei sind,
den zweiten Gay Pride in Sofia zu organisieren. Wir möchten Euch
darüber informieren und fragen, ob Eure Organisationen, Gruppen
und
Unterstützer_innen und Verbündeten Interesse haben, am Pride
diesen
Juni teilzunehmen.
Das geplante Datum für dieses Jahr ist der 27.Juni. Da es ein
hohes
Risiko gibt, dass lokale Pro-Nazis und Faschisten mobilisieren, um das
Event niederzuringen bitten wir, mit dieser Information vertraulich
umzugehen und dieses Datum nicht allzuweit zu verbreiten. Es wird am
17.Mai offiziell angekündigt werden."
Auf dem bulgarischen Indymedia und der Homepage der Organisation
"Gemini" ist dieses Datum bereits verfügbar, so dass nach meiner
Einschätzung die Verbreitung über diesen Blog und den
deutschsprachigen
Indymedias nicht höhere Risiken mit sich bringen wird.
Weiter wird beschrieben:
"Für den Pride haben wir dieses Jahr massive
Sicherheitsvorkehrungen
getroffen, die für uns alle eine große Bedeutung besitzen.
Diese Pride
Parade wird den bulgarischen Parlamentswahlen vorangehen, die in den
Ferien danach stattfinden werden. Dies bedeutet, dass wir im Whirlpool
der politischen Hysterie, des Medienwahnsinns und einer stärkeren
Nazi-Mobilisierung als letztes Jahr unsere Parade abhalten werden. Wir
haben alle Signale, dass unsere regierende politische Klasse ihr Bestes
tun wird, die Schmerzen der LGBTs an diesem Tag durch Delegitimierung
zu vermeiden und zu verdrängen - unser kürzlicher Fall war,
das
Familienrecht für gleichgeschlechtliche registrierte
Partner_innenschaften zu öffnen.
Daher rechnen wir mit Beidem, mit offenen gewalttätigen Angriffen
und
bürokratischer Toleranz, gedeckt durch inaktive Rechtsgrundlagen
neben
der Unsichtbarkeit von LGBTs und Verspottung der
Repräsentant_innen.
Neben der Parade wird es dieses Jahr ein kleines Kulturprogramm geben,
das gleich nach der Parade im Red-House Kultur und Debattier-Zentrum
stattfindet und einen Tag später, sowie eine After-Party im ID
Club.
Zusätzlich haben wir ernsthafte Unterstützung von Mitgliedern
des
europäischen Parlamentes und Repräsentant_innen von
Menschenrechtsgruppen zugesagt bekommen, die sich unserem Marsch
anschließen wollen, und die uns in einer Pressekonferenz
begleiten
werden, die am gleichen Tag wie der Pride etwas früher stattfinden
wird.
Wir sind mehr als glücklich, wenn einige von Euch dabei sind!
Wenn Du/Ihr am Pride am 27.Juni teilnehmen möchtet, kontaktiert
uns. Wir warten auf Euch alle!"
Die Selbstdarstellung der Gruppe "Queer Beograd":
"QueerBeograd ist eine Gruppe von Menschen, die sich entschieden haben,
gegen die Gewalt aufzustehen:
Weil der erste Versuch, eine Pride Parade in Belgrad 2001
durchzuführen
von einer großen Gruppe von gewalttätigen homophoben
Hooligans
blockiert wurde. Weil diese Gewalt ein Resultat der Kriege, des
Klerikalismus, Nationalismus, Militarismus und Machismo ist, der in den
letzten 15 Jahren in Serbien die Mainstream-Politik bestimmt. Weil der
zweiter Versuch, die LGBTTIQ Community und deren Politik in den
Straßen
von Belgrad sichtbar zu machen in 2004 abgesagt werden musste, weil die
Organisator_innen die Sicherheit der Teilnehmer_innen nicht
gewähren
konnte. Weil der Staat und die Bürger_innen noch immer ignorant
sind
gegenüber den Problemen der LGBTTIQ Bevölkerung und all der
anderen,
die "anders" sind.
Weil Menschenrechte alltäglich verletzt werden.
Daher haben wir ein neues Konzept - wir weisen es zurück, Zeit zu
investieren uns zu ängstigen über die Gewalt, die uns
zustossten
könnten und private Securities oder Polizei anzuheuern. Wir wollen
eine
interessante Kooperative auf internationaler und lokaler Ebene bilden
zwischen den Menschen, um Freude zu haben und queere Politik
voranzubringen. In diesem Zusammenhang heißt queer, die sozialen
Regeln
zurückzuweisen und immer wieder die Normen patriarchaler
Traditionen zu
hinterfragen. Um Platz zu schaffen über die engen Schachteln von
Homo-
oder Heterosexualität hinaus, um uns gegenseitig das "Privilleg"
der
Selbstdefinition zu erlauben. Um eine radikale Politik zu entwickeln,
die die Verwobenheit von allen Formen von Unterdrückung anerkennt."
---
Weitere Informationen:
Die Homepage der Zagreb Pride (englisch und kroatisch):
http://www.zagreb-pride.net
Weitere Informationen zur Zagreb Pride (englisch):
http://en.wikipedia.org/wiki/Zagreb_Pride
Ein (bulgarischer) Artikel zum Thema Gay-Pride in Sofia findet sich
hier:
http://bulgaria.indymedia.org/article/35182
Kontakt zu den Organisator_innen in Sofia:
sofiagaypride2009(at)gmail(dot)com
sowie über die Homepage der Organisation "Gemini":
http://www.bgogemini.org/eng
Die Homepage der Gruppe "Queer Beograd" aus Serbien (englisch):
http://www.eng.queerbeograd.org/
Ein (englischer) Artikel von B-92 aus Belgrad zum Pride dieses Jahr in
Belgrad:
http://www.b92.net/eng/news/society-article.php?yyyy=2009&mm=05&dd=27&nav_id=59415
Ein Video zum ersten Pride 2001 in Belgrad, der von einem
klerikal-nationalistisch-homophoben Mob angegriffen wurde:
http://www.youtube.com/watch?v=ppXVAocEHSk
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STADTRAT 7.5.09
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2 Kleine Anfrage Fraktion FDP (Mario Imhof, FDP): Rauchverbot ab 1.
Juli 2009 in der Stadt Bern
Geschäftsnummer 09.000135 / 09/103 Reg. 31/-00
Das Rauchverbot resp. der Schutz der Passivraucher wird ab dem 1. Juli
auch in Bern wirk-sam. Das Verbot gilt für alle öffentlichen
Einrichtungen und Restaurants usw. Haftbar sind die Betreiber der
entsprechenden Lokalitäten.
Ausnahmen werden keine gewährt.
In diesem Zusammenhang bitten wir den Gemeinderat, die folgenden Fragen
zu beantworten:
1. Wie wird das Verbot in der Reitschule durchgesetzt und wer ist
namentlich hier haftbar und welche Personen besitzen namentlich das
Wirtpatent für die diversen Restaurants-betriebe insbesondere
"Sous le
Pont” und "Rössli"?
2. Wie wird das Verbot im Alkistübli, im Fixerstübli, in der
Drogenanlaufstelle Hodlerstrasse und dem Lokal Dead-end konkret um-
resp. durchgesetzt?
3. Was ist vorgesehen, falls das Verbot an diesen Orten (gemäss
Frage 1
und 2) nicht durchgesetzt werden kann? Akzeptiert das der Gemeinderat?
Oder führt er wieder - wie schon so oft mit der Reitschule -
"Gespräche"? Führt er diese "Gespräche" dann auch mit
allen anderen
Lokalbetreibern in der Stadt Bern?
4. Wie verhält sich der Gemeinderat gegenüber allen andern
Gaststättenbetreibern, die das Rauchen weiterhin gestatten, falls
das
Verbot in der Reitschule nicht durchgesetzt werden kann? Wird die
Kontrolle ausgesetzt bis das überall funktioniert oder werden hier
dann
Bussen ausgesprochen?
5. Wird der Gemeinderat alle vor dem Gesetz gleich behandeln?
6. Ist die Polizei personell in der Lage das Verbot durchzusetzen?
Begründung der Dringlichkeit:
Der 1. Juli ist in 16 Wochen und wir (und viele Direktbetroffene)
brauchen vorher unbedingt Klarheit.
Bern, 26. März 2009
Kleine Anfrage Fraktion FDP (Mario Imhof, FDP): Philippe Müller,
Pascal
Rub, Dolores Dana, Manfred Blaser, Christoph Zimmerli, Erich J. Ness,
Ueli Jaisli, Peter Wasserfallen, Thomas Weil, Dieter Beyeler, Jimy
Hofer, Peter Bernasconi
Der Direktor SUE Reto Nause beantwortet die Kleine Anfrage im Namen des
Gemeinderats wie folgt:
Zu Frage 1: Das Polizeiinspektorat wird in der Reithalle wie in allen
anderen über 600 Gast-gewerbebetrieben stichprobenweise Kontrollen
durchführen und somit seinem Auftrag Folge leisten. Der jeweilige
Inhaber der gastgewerblichen Betriebsbewilligung kann für
Verfehlun-gen
verantwortlich gemacht werden. Zudem können auch die Gäste,
die gegen
das Rauch-verbot verstossen, von der Kantonspolizei angezeigt werden.
Zu Frage 2: Das Alkistübli und die Drogenanlaufstelle unterstehen
nicht
dem Gastgewerbege-setz, sondern dem Gesetz von Passivrauchen und der
dazugehörenden Verordnung. Gemäss Art. 4 kontrollieren die
Gemeinden
die Einhaltung des Rauchverbots. Das Polizeiinspektorat wird auch das
Alkistübli und die Drogenanlaufstelle im Rahmen ihrer Ressourcen
wie
alle anderen öffentlich zugänglichen Innenräume
kontrollieren. Die
Drogenanlaufstelle ist seit dem 1. Oktober 2008 rauchfrei. Die
Betreiberinnen und Betreiber der anderen Örtlichkeiten werden sich
wie
alle anderen auch Gedanken machen müssen, wie sie das Rauchverbot
umsetzen werden. Auch das Lokal Dead-End untersteht im Moment nicht dem
Gastgewerbegesetz. Es ist jedoch ein Verfahren im Gang, welches dies
ändern möchte. Das Lokal Dead-End wird wie alle anderen
Betriebe die
Regeln einhalten müssen. Dafür wird in Zukunft die
Bewilligungsin-haberin oder der Bewilligungsinhaber sein.
Zu Frage 3: Das Verbot wird wie auch in anderen öffentlich
zugänglichen
Orten kontrolliert und durchgesetzt. Bei Nichteinhalten der
Bestimmungen werden die in den gesetzlichen Be-stimmungen vorgesehenen
Massnahmen vollzogen.
Zu Frage 4: Die gesetzlichen Bestimmungen werden überall
gleichermassen
durchgesetzt. Es wird kontrolliert und Anzeige erstattet, sofern gegen
die Bestimmungen verstossen wird.
Zu Frage 5: Ja.
Zu Frage 6: Es sind keine personellen Ressourcen gesprochen worden, um
das Rauchverbot zu kontrollieren. Die Stadt Bern verfügt über
mehr als
600 Gastgewerbebetriebe, dazu kommt eine Vielzahl von öffentlich
zugänglichen Innenräumen, in denen das Rauchen verboten wird.
Das
Polizeiinspektorat wird im Rahmen der Ressourcen Kontrollen vornehmen.
Aufgrund der grossen Anzahl der zu kontrollierenden Örtlichkeiten
wird
das stichprobenweise geschehen.
Mario Imhof (FDP): Bei Frage 1 wurde meine Frage nicht beantwortet.
Wenn das Lokal Dead-End nicht unter das Gastgewerbegesetz fällt,
weil
dort nur spezielle Leute verkehren können, dann könnte man im
Ratshaus
auch wieder mit Rauchen anfangen, weil es nur für uns
zu-gänglich ist.
Ich bin mit der Antwort überhaupt nicht zufrieden.
---
5 Kleine Anfrage Manfred Blaser (SVP): Keine zweite Drogenanlaufstelle:
Was kos-tet uns die Zwängerei des Gemeinderats
Geschäftsnummer 09.000134 / 09/104 Reg. 35/-00
Wie wir alle wissen, wurde das Vorhaben eine zweite Drogenanlaufstelle
an der Murtenstras-se zu betreiben, dank dem vehementen dagegenhalten
vieler besorgter Bürger und Gewerbler sowie dem abschlägigen
Entscheid
des Kanton Bern verhindert. Es muss jedoch davon aus-gegangen werden,
dass die Direktion BSS und ihre Vorsteherin Frau Gemeinderätin
Olibet
durch ihr zwanghaftes. Dafürhalten, die Drogenanlaufstelle zu
verwirklichen, kosten ausgelöst hat. Deshalb möchte ich vom
Gemeinderat
wissen:
1. Wurden bauliche Massnahmen am Gebäude (Innen oder Aussen) zu
Gunsten
der Dro-genanlaufstelle an der Murtenstrasse vorgenommen und wenn ja,
was kosteten diese?
2. Gab es sonstige Kosten, die aus dem Projekt: "zweite
Drogenanlaufstelle Murtenstrasse" entstanden sind und wenn ja, welche?
3. Gibt es weitere Projekte, um eine zweite Drogenanlaufstelle in der
Stadt Bern einzurich-ten?
4. Wo könnten zukünftige Standorte für eine zweite
Drogenanlaufstelle realisiert werden?
5. In welchem Zeitraum plant der Gemeinderat, eine zweite
Drogenanlaufstelle zu realisie-ren?
Bern, 26. März 2009
Die Direktorin BSS Edith Olibet beantwortet die Kleine Anfrage im Namen
des Gemeinderats wie folgt:
Zu Frage 1: Es sind keine bauliche Massnahmen an der Murtenstrasse 26
weder innen noch aussen vorgenommen worden, ausser dass die versiegelte
Türe wieder geöffnet worden ist.
Zu Frage 2: Ein Architekt ist mit der Standortabklärung beauftragt
worden. Die Kosten für die Architekteneinschätzung haben sich
auf
Franken 839.30 belaufen. Zusätzlich hat das …ffnen und
Verschliessen
der Liegenschaft Kosten von Franken 471.30 verursacht.
Zu Frage 3-5: Allfällige Standorte für eine zweite
Drogenanlaufstelle
liegen nicht vor. Zurzeit gibt es auch keine weiteren konkreten
Projekte, um eine solche einzurichten. Dem Gemeinde-rat ist es ein
Anliegen, das Gebiet Bollwerk/Schützenmatt zu entlasten. Die
Aufteilung
von der Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige auf
zwei
Standorte erachtet der Gemeinderat grundsätzlich weiterhin als
sinnvolle Strategie zur Weiterentwicklung der Drogenanlaufstelle und
zur Entlastung des Gebietes Hodlerstrasse/Bollwerk/Schützenmatt.
Die
Realisierung ei-nes zweiten Standortes hängt auch von der
Bereitschaft
des Kantons ab, die daraus resultie-renden Kosten mitzufinanzieren.
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BUCHLESUNG
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Indymedia 28.5.09
W'thur: Die wilden Schafe ::
AutorIn : Libertäre Aktion Winterthur: http://www.libertaere-aktion.ch
Freitag 19. Juni 09, 20 Uhr
BlackBox, Albrechtstr. 1, 8406 W'thur
Lesung mit Werner Portmann zum Buch:
Die wilden Schafe
Max und Siegfried Nacht. Zwei radikale, jüdische Existenzen.
Das Buch "Die wilden Schafe" erinnert an zwei fast vergessene radikale
jüdische Aktivisten und Theoretiker:
Siegfried und Max Nacht, die sich später Stephen Naft und Max
Nomad
nannten, gehören in der Geschichte der radikalen europäischen
und
amerikanisch/jüdischen ArbeiterInnenbewegung - und nicht nur dort
- zu
den interessantesten Figuren. Ihre Texte, teilweise unter Pseudonym
geschrieben, sind Bestandteil eines radikalen, gesellschaftskritischen
Diskurses geblieben, der sich gegen jede Art von Herrschaft und
Totalitarismus wendet. Der Diskurs, der anhand ihrer Schriften, z.B.
über Formen der ‚Direkten Aktion‘, geführt wurde und wird,
findet aber
ohne Kenntnis der eigentlichen Geschichte und der biographischen
Hintergründe der Verfasser statt. Denn bis heute sind ihre
spannenden
Lebensgeschichten nicht aufgearbeitet worden.
Das Buch ist ein erstmaliger Versuch, die Biographien von Max Nomad und
Siegfried Nacht nachzuzeichnen. Es untersucht ihre Lebenswege, die von
Buczacz, einem ostgalizischen Schtetl über Zürich, Paris und
London
nach New York führten und zeigt ihren praktischen und
theoretischen
Einfluss auf verschiedene Bewegungen. Dabei wird dokumentiert, wie
Siegfried Nacht im deutschen Sprachraum einen wesentlichen Beitrag
leistete zur Bekanntmachung und Verbreitung des revolutionären
Syndikalismus, inspiriert von der spanischen und französischen
syndikalistischen ArbeiterInnenbewegung. Ebenso wird die damit
verbundene antimilitaristische Propaganda in verschiedenen Ländern
untersucht.
Das Buch thematisiert Siegfried Nachts Freundschaft mit Rudolf Rocker
und dessen Einfluss auf ihn. Ebenso seine Rolle im Leben und Werk von
Max Nettlau, dem er - wie auch sein Bruder Max - wichtige existentielle
Hilfe leistete. Daneben wird Max Nachts Mitwirken bei der Verbreitung
anarchistischer Ideen in Galizien und seine zeitweilige Arbeit im
russischen Untergrund beleuchtet. Weiter geht das Buch auf Max Nachts,
in späten Jahren entwickelten, "skeptischen Anarchismus" ein, der
sich
aus den Ideen des polnisch-russischen Revolutionärs Jan Waclav
Makhaïski speist. Noch immer könnte dieser "skeptische
Anarchismus" ein
wichtiger Diskussionsbeitrag für alle diejenigen sein, die nicht
ausschliessen, dass die AnarchistInnen von heute die ChefInnen von
morgen sein könnten und für die es keine heiligen Kühe
der Kritik und
Selbstkritik gibt. Max Nachts manchmal polemische Beurteilung des
Anarchismus, gehört trotz aller Überzeichnungen bis heute zum
Besten,
Ehrlichsten und Radikalsten, was gegen den Anarchismus geschrieben
wurde und zeugt von einer gewissen Hassliebe von einem, der sich
längst
nicht mehr als Anarchist verstand, aber im Innersten nie die Hoffnung
auf eine herrschaftslose Gesellschaft aufgegeben hat.
Das Buch ist nicht zuletzt ein Versuch, sich den Beiden anhand ihrer
jüdischen Identität oder Nicht-Identität zu nähern.
Zweier Juden ohne
Gott, die sich immer als Assimilisten betrachtet haben, die auf und in
die jüdische Kultur keine grosse Hoffnung mehr setzten und
trotzdem
lebenslang im Disput mit dieser Kultur und ihren ExponentInnen standen
und nie aufhörten, sich in ihrem Umfeld zu bewegen.
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SPORT + ANTISEMITISMUS
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WoZ 28.5.09
Fussball und Antisemitismus-Gasgeräusche aus den Fanblocks,
Hooligans
mit Davidstern und die Angst vor der Signalwirkung: In der
niederländischen Ehrendivision dienen Klischees von JüdInnen
als
Projektionsfläche für den Hass.
Bomben auf Rotterdam
Von Tobias Müller, Amsterdam
"Jodenbestuur!" schallt es drohend aus Dutzenden Kehlen in die Nacht -
"Judenvorstand!" Gegenstände fliegen in Richtung des Klubhauses
von
Feye noord Rotterdam. Die Menge schüttelt die Fäuste, spuckt
eine
weitere Salve auf die vermeintlichen Juden, die sich drinnen vor den
eigenen Fans verschanzen. Noch ein Schwung Flaschen und Bierdosen, dann
prescht die Einsatzpolizei auf Pferden vor. Solche Szenen sind kein
Einzelfall, sondern gehören zur fins teren Folklore rund um das
Stadion
De Kuip, wenn Feyenoord Rotterdam mal wieder ein Heimspiel verloren hat.
Nicht, dass in der Klubleitung tatsächlich Juden oder
Jüdinnen sässen.
Ebenso wenig ist irgendeine Affinität des Schiedsrichters zum
Judentum
bekannt, dem die Kurve zuvor mehrmals ein "Judenfreund"
entgegenschleuderte. Doch "Jude" ist nun einmal die schlimmste
Beleidigung, die einem einfällt, wenn man ein echtes Mitglied der
"Legioen" ist, wie sich die Feyenoord-anhängerInnen nennen. Und es
ist
das Letzte, was bleibt, wenn sonst alles zerfällt, so wie in
dieser
just zu Ende gegangenen Saison, in der der Traditionsklub
gefährlich
lange in der Nähe der Abstiegszone festhing. Die alten Zeiten
beschwört
man dann, die vergangenen Erfolge, und die Feindschaft mit den "Juden"
- dem verhassten Erzrivalen Ajax Amsterdam. Auch wenn dieser gar nicht
auf dem Feld steht.
"Adolf, hier laufen noch elf"
Geht es tatsächlich gegen den früheren Serienmeister aus der
Hauptstadt, entlädt sich in so manchen Fanblöcken ein wahres
Horrorkabinett von Holocaustreferenzen: Zischgeräusche, die
Gasduschen
imitieren sollen. Hitlergrüsse. Gesänge wie "Wir gehen auf
Judenjagd"
oder "Adolf, hier laufen noch elf. Wenn du sie nicht vergast, tun wir
es selbst." Vor allem in den letzten Jahren brachte es auch ein Chor zu
einiger Berühmtheit, der zumindest verbal einen Schulterschluss
propagiert, über dessen Aussage sich andernorts linke Szenen auf
ewig
zerstritten haben: "Hamas, Hamas, Juden ins Gas!" Doch es wäre
ungerecht, nur den AnhängerInnen von Feyenoord zu unterstellen,
sich so
zu produzieren. Ähnliche Traditionen halten sich beim FC Utrecht
und
bei ADO Den Haag genauso seit Jahrzehnten. Gerade Utrechter Fans wurden
dafür vor Auswärtsspielen in Amsterdam schon mehrmals aus der
Stadt
verwiesen. Und die Zischgeräusche finden sich auch bei diversen
anderen
Klubs.
Während das Israel-Informations- und -Dokumentationszentrum CIDI
oder
die Anne-Frank-Stiftung solche Entgleisungen als antisemitische
Äusserungen protokollieren, wiegeln die Fans meist ab. Im Anhang
von
Feyenoord stösst man immer wieder auf Ausflüchte, man habe
nichts gegen
Juden, nur eben gegen den Klub, dessen Fans sich selbst so
bezeichneten. Unlängst enthüllte Ronald Buijt, Stadtrat der
rechten
Protestpartei Leefbaar Rotterdam (Lebenswertes Rotterdam), er habe
seine Jugend in der Feyenoordszene verbracht und dabei auch die Juden
ins Gas geschrien. "Du bist jung und fanatisch und rufst diese Dinge,
ohne nachzudenken", sagte er. Den Vergleich mit fundamentalistischen
Muslimen wies er weit von sich. "Das ist etwas ganz anderes. Sie meinen
es ernst, aus einem tiefen Hass auf Israel heraus. Bei uns hatte es
dagegen nichts mit dem jüdischen Volk zu tun. Ajaxfans waren
‹Scheissjuden›, genau wie wir ‹Scheissbauern› waren." Als "Bauern" gilt
den Hauptstädtern der gesamte Rest des Landes, und so singen
Ajaxfans
denn auch davon, auf Bauernjagd zu gehen. Oder dass die Gegner "kein
Mensch, kein Tier, sondern Scheiss-Den-Haager" seien. Diese
Beschimpfungen dienen traditionell als Rechtfertigung für die
antisemitischen Eskapaden. Bauern gegen Juden, heisst es in
selbstverständlicher Naivität, das seien nur Namen,
semantische
Stellvertreter, nichts als Rhetorik und Fanfolk lore, die umso tiefer
wurzelt, je grösser die Städte sind. "Wer nicht hüpft,
der ist (k)ein
Jude", heisst es dann, je nach Perspektive. Wie versicherte Ronald
Buijt treuherzig? "Meine Freunde und ich standen geschlossen hinter
Israel."
Ajax Amsterdam und Feyenoord Rotterdam, das ist nicht nur auf dem
Spielfeld die Antithese schlechthin. Dahinter steckt auch die im
Fussball verbreitete Rivalität zwischen den Metropolen eines
Landes. In
Lissabon und Porto pflegt man beispielsweise einen ähnlich
aufgeladenen
Konflikt. Die überhebliche, verschwenderische Hauptstadt gegen die
schwitzende und chrampfende Arbeiterklasse. Sonntagsreden gegen
Ärmelaufkrempeln. Diese Klischees und der Hass, den sie
schüren, werden
sorgfältig gepflegt wie ein Vorgarten an der Gracht. Beleidigende
Chöre, so heisst es auf beiden Seiten, gehören nun einmal zum
Männersport Fussball. Und besingen die selbst ernannten "Juden"
nicht
selbst die deutsche Bombardierung Rotterdams im Mai 1940 mit Texten wie
diesem: "Wenn der Frühling kommt, dann werfen wir Bomben auf
Rotterdam"?
Henne oder Ei?
In der Tat eine groteske Konstellation, wenn dieselben Fans israelische
Flaggen schwenken, sich als "Superjuden" feiern und in ihren Graffiti
in der Hauptstadt den Schriftzug AFC Ajax mit einem obligatorischen
Davidstern versehen. Die Frequenz, mit der das geschieht, steigt
proportional zu ihrer Radikalität. Gerade die hooliganlastigen
Fangruppierungen F-Side und der Block 410 machen immer wieder von sich
reden. Wer versucht, der Sache auf den Grund zu gehen, landet schnell
bei der Frage nach Henne oder Ei. In Ajaxkreisen wird behauptet, die
als Beleidigung gemeinten "Juden"-Rufe seien in den gegnerischen Blocks
entstanden. Ähnlich der Aneignung des rassistischen Schimpfworts
"nigger" durch AfroamerikanerInnen seien die se später als
Kampfname
und Selbstbezeichnung adaptiert worden. Ausserhalb Amsterdams hält
man
es eher mit der Version, Ajaxanhänger hätten sich in erster
Linie
selber als Juden bezeichnet - und müssten sich daher über
Beschimpfungen nicht wundern.
Unklar ist auch, wann diese Rhetorik aufkam. Schon Berichte aus den
dreissiger Jahren sprechen in Anlehnung an physiognomische Klischees
von Ajax als "Nasen". Der Bezug auf JüdInnen stieg allerdings ab
den
siebziger Jahren sprunghaft an, als die Hooligankultur aus England
herüberschwappte. Dabei war die jüdische Identität des
Klubs immer nur
ein Konstrukt (vgl. Text "Die Legende vom Judenklub"). Die Legende
basiert auf der simplen Tatsache, dass sich vor allem ab dem 17.
Jahrhundert viele JüdInnen im toleranten Amsterdam niederliessen.
Die
offizielle Geschichtsschreibung fasst zusammen: "Als echter Amsterdamer
Klub hat Ajax natürlich historische Bande mit der jüdischen
Gemeinschaft. Wie viele andere Klubs kennen und kannten wir
jüdische
Spieler, Funktionäre, Helfer und Zuschauer." Mit "Stolz" bekennt
man
sich zu dieser Tradition, macht aber wohlweislich keinen Unterschied zu
Aficionados aus anderen Gemeinschaften, auf die man ebenso stolz sei.
Aus dem Stadion in den Alltag
Dass der Vorstand seit einigen Jahren sogar versucht, den
Philosemitismus der eigenen Fans einzudämmen, sorgt
regelmässig für
Diskussionen. Die Klubleitung will weg vom Widerspruch, dass
JüdInnen
die Spiele des vermeintlichen Judenklubs wegen antisemitischer
Sprechchöre nicht besuchen könnten. Diese würden durch
die Ajaxfans
provoziert, da "Juden" eben andere Assoziationen als "Bauern" weckten -
"zumal in einer Gesellschaft mit den heutigen Spannungen", sagt der
aktuelle Präsident von Ajax, Uri Coronel, selbst Jude. Coronel
stört
sich noch immer an antisemitischen Gesängen. An die eigenen Fans
hat er
sich allerdings inzwischen gewöhnt. Für Coronel ist das
Problem vor
allem eines der Symbolik. Im philosemitischen Gehabe der Ajaxfans kann
er keine wirkliche Unterstützung der JüdInnen erkennen.
Ebenso
akzeptiert er aber die Beteuerung von Feyenoordfans, keine Judenfeinde
zu sein. "Sie haben nur einen krankhaften, abnormalen Hass auf Ajax und
Amsterdam", lautet seine Diagnose.
Eines jedoch räumt Coronel ein: Die gesellschaftliche Resonanz des
Stadion antisemitismus wächst. "Immer öfter", so Ronny
Naftaniël,
Direktor des CIDI, "werden verletzende Parolen auch in der
Alltagssprache verwendet." Gerade auf den zahlreichen antiisraelischen
Demonstrationen zu Jahresbeginn waren regelmässig Parolen aus den
Fanblocks zu hören, allen voran die bereits erwähnte "Hamas,
Hamas,
Juden ins Gas". Nicht zuletzt diese Konstellation war es, die das
Problem verstärkt in den Blickpunkt rückte. Der
niederländische
Fussballverband KNVB bemüht sich inzwischen um ein härteres
Durchgreifen und ordnete nach dem Ajax-Auswärtsmatch beim FC
Utrecht
Anfang März, wo ebenfalls der Hamas-Ruf ertönte, eine
Untersuchung an.
Elise Friedmann, Leiterin der CIDI-Abteilung über
Antisemitismusforschung, forderte unterdessen nicht nur die
Strafverfolgung der Schreihälse. In einem offenen Brief rief sie
auch
den Amsterdamer Anhang auf, von seiner projüdischen Symbolik
Abstand zu
nehmen. Diese, nuancierte Friedmann zwar, dürften keine
Rechtfertigung
für Antisemitismus sein. "Aber wenn Ajaxfans unter einer
Israelfahne
die Gegner als Kakerlaken beschimpfen, ist das etwas anderes." Nur
wenige Wochen zuvor war der Match zwischen Ajax und Feyenoord von
Ausfällen und Gewalt überschattet worden. Die Vorstände
beider Klubs
kamen daher mit dem KNVB und den Bürgermeistern beider Städte
überein,
zu dieser Begegnung fünf Jahre lang keine Auswärtsfans
zuzulassen. Eine
drastische Massnahme, die von den Rotterdamer Fans entsprechend
quittiert wurde. Sie zogen durch die Innenstadt und beschimpften ihren
Bürgermeister Aboutaleb, einen praktizierenden Muslim, als
"dreckigen
Juden".
Die Legende vom Judenklub
Wenn es um die vermeintlich jüdische Identität geht,
vermischen sich
Mythos und Wirklichkeit. Das ist beim Amsterdamsche Football Club (AFC)
Ajax nicht anders als bei anderen bekannten Vereinen wie den Tottenham
Hotspurs. Trotz etlicher jüdischer Spieler, Funktionäre und
ZuschauerInnen war der Verein im Jahr 1900 weder von Juden
gegründet
noch hatte er jemals einen ausdrücklich jüdischen Charakter.
Ab 1934 jedoch spielte Ajax seine Heimmatches im Stadion De Meer, das
nahe dem ehemaligen jüdischen Viertel im Osten der Hauptstadt lag.
Daher fanden sich zahlreiche JüdInnen im Publikum. Zudem
repräsentierten einzelne Personen die vergleichsweise grosse
jüdische
Bevölkerung von Amsterdam. In den zwanziger und dreissiger Jahren
liefen die jüdischen Spieler Eddy Hamel und Johnny Roeg für
den Klub
auf; noch bekannter sind Bennie Muller und Sjaak Swart, die in den
sechziger und frühen siebziger Jahren zur "Goldenen Generation"
gehörten, als Ajax mehrfach niederländischer Meister wurde
und dreimal
in Folge den Pokal der Landesmeister gewann. Dazu kam der
legendäre
Physiotherapeut Salo Muller, der als Talisman des Erfolgs galt, sowie
die Vorsitzenden Jaap und Michael van Praag.
Tobias Müller
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CHRISTIANIA
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Bund 28.5.09
Geht Christiania unter?
Ein Gericht in Kopenhagen spricht den Bewohnern des ehemaligen
"Hippie-Quartiers" das Nutzungsrecht ab
Der "Freistaat" Christiania, Kopenhagens weltberühmtes
Sozialexperiment, steht vor dem Aus - zumindest in seiner bisherigen
Form.
Hannes Gamillscheg,Kopenhagen
Soeben hat das Oberlandesgericht das Nutzungsrecht über das 34
Hektaren
grosse Gelände dem Staat zugesprochen und nicht den Bewohnern, die
davon ausgegangen waren, sie hätten im Lauf der Jahrzehnte quasi
ein
Gewohnheitsrecht erworben. Jetzt müsse Christiania schleunigst
normalisiert werden, fordert die dänische Rechte.
Doch so schnell geht nichts in Christiania, und so wird es auch diesmal
sein. Das Urteil ist kein Schlussstrich unter die im Jahr 1971 erfolgte
Besetzung eines ehemaligen Kasernengeländes, sondern die
Einleitung
eines neuen Kapitels in der unendlichen Geschichte der Hippie-Republik,
die inzwischen als Symbol dänischer Toleranz zu einer
Touristenattraktion vom Rang des Tivoli oder der Kleinen Meerjungfrau
geworden ist.
Knud Foldschack, der Anwalt der 753 Christianitter, sieht im
Gerichtsentscheid, obwohl dieser für seine Klienten eigentlich
negativ
ist, sogar einen "moralischen Sieg", weil die Richter viel
Verständnis
für die Argumente der Christianitter geäussert hätten.
Dies gebe die
Basis für den Weiterzug des Urteils an den Obersten Gerichtshof,
meint
Foldschack.
Als Experiment anerkannt
Schliesslich ist es nicht das erste Mal, dass sich die dänische
Justiz
mit Christiania herumschlagen muss. Schon 1978, sieben Jahre nach der
Besetzung und fünf Jahre, nachdem das Parlament den Freistaat
offiziell
als "soziales Experiment" anerkannt hatte, gab das höchste Gericht
grünes Licht für die Räumung des Geländes.
Doch die Parlamentsmehrheit wünschte keinen Zwist. 1982 gab
man den
Christianittern ein unbegrenztes Gebrauchsrecht, das erst 2004
gekündigt wurde, als sich das gesellschaftliche Klima in
Dänemark
verhärtet hatte und Christiania als Haschisch- und Hehlerzentrale
in
Verruf gekommen war. Inzwischen ist die "Pusher-Street" von der Polizei
geräumt worden, worauf sich allerdings der Drogenhandel über
die ganze
Stadt ausgebreitet hat und nicht mehr zu kontrollieren ist.
Auf dem Gelände Christianias sollten nach dem Willen der Regierung
neue
Wohnungen gebaut werden, die allen Interessierten offen stehen - jetzt
kann nur in den Freistaat einziehen, wer von den angestammten
Christianittern akzeptiert wird. Zudem würden die Bewohner fortan
normale Mieten bezahlen - jetzt handelt es sich bloss um einen
Kostenbeitrag.
Im Gegenzug versprachen die Politiker, die "lebensfähigen
Elemente"
des Modells zu bewahren. Der Vorschlag hatte auch in Christiania viele
Anhänger, scheiterte aber dann in der Vollversammlung, wo nur
einstimmige Entscheide gelten. "Marktgerechte" Mieten, offene
Wartelisten und die Schleifung von fantasievollen (aber unter
Missachtung aller Bauvorschriften errichteten) Häusern waren zu
starker
Tobak für die Alternativszene.
Gibt es nochmals eine Chance?
Jetzt appelliert die Opposition, man möge die Verhandlungen wieder
aufnehmen, die während des Prozesses ausgesetzt waren. Christiania
solle nicht "normalisiert" werden, kontert wiederum die
Sozialdemokratin Christine Antorini, sondern "weiterentwickelt" unter
grossem Einfluss der Betroffenen, damit das Sozialexperiment in neuer
Form fortbestehen könne. Die Regierung sagt hingegen, mit ihrem
Nein
zum Kompromiss hätten die Christianitter ihr Mitspracherecht
verwirkt.
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MIGRATION
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NZZ 28.5.09
Langes Warten auf die Überfahrt nach Europa
Schwarzafrikanische Migranten drängen sich in der mauretanischen
Hafenstadt Nouadhibou
In der mauretanischen Hafenstadt Nouadhibou warten Zehntausende von
afrikanischen Migranten auf eine Gelegenheit, zu den Kanarischen Inseln
überzusetzen. Manche warten mehrere Monate. Sie nehmen dabei
primitivste Lebensumstände in Kauf.
stf. Nouadhibou, im Mai
Die Baracke liegt an einer kleinen, staubigen Sackgasse mitten im
Accra-Quartier der Altstadt von Nouadhibou. Die Türe aus Blech
hängt
schief in den Angeln. Im Innern, im einzigen Raum der Baracke, ist die
Luft stickig. Zwölf junge Männer kauern oder liegen am Boden
auf einer
geflochtenen Matte. Einer flickt an einem alten Radio, andere spielen
zusammen ein Brettspiel. Ihre Habseligkeiten - Schuhe, Wolldecken, ein
Teekocher - liegen herum oder hängen an Nägeln von den
Wänden.
Ablegen im Niemandsland
Die Baracke ist die letzte Station vor der Überfahrt nach
Europa.
Gemietet hat sie der Schlepper, dem sich Amadou, Baldi, Mohammed und
die anderen neun jungen Malier anvertraut haben. Dafür haben sie
zwischen 700 und 1000 Euro auf den Tisch gelegt, beachtliche Summen
für
die Söhne armer Bauern. Der Schlepper - ein Senegalese, der eng
mit
einem lokalen "Paten" zusammenarbeitet - hat sie in der schäbigen
Hütte
untergebracht. Über diesen "Paten" machen die jungen Malier nur
vage
Andeutungen; demnach muss es ein Beamter der Gendarmerie oder der
Küstenwache sein.
Nun heisst es warten, bis der Schlepper eines Nachts an die
Tür
klopft. Dann müssen die jungen Männer möglichst
unauffällig auf einen
Kleintransporter oder in ein Geländefahrzeug steigen. Die Reise
endet
schon nach wenigen Kilometern, an einem einsamen Strand auf der dem
Atlantik zugewandten Seite der sichelförmigen Halbinsel, auf der
Nouadhibou liegt. Diese Zone gehört offiziell zum Territorium der
von
Marokko besetzten Westsahara, ist aber faktisch Niemandsland. Hier
legen die Pirogen ab, welche die Ausreisewilligen auf die Kanarischen
Inseln transportieren. Die kaum zehn Meter langen Fischerboote aus Holz
oder Polyester sind in keiner Art und Weise für eine derart
gefährliche
Überfahrt ausgerüstet. Gelegentlich wartet auf hoher See auch
ein
Fischkutter, welcher die Ausreisewilligen weiterbefördert.
Höchst
riskant bleibt die Fahrt allemal. So ertranken erst Mitte Februar
über
20 Migranten in Sichtweite der Kanarischen Inseln.
Amadou und seine Kollegen, die er erst in Nouadhibou
kennengelernt
hat, warten schon seit zehn Monaten auf die Abreise. Um ihren
Lebensunterhalt zu bestreiten, verdingen sich die ausreisewilligen
jungen Männer als Taglöhner, in Fischfabriken, auf
Baustellen, bei der
Verschrottung von Schiffswracks und als Hausdiener bei wohlhabenden
Mauretaniern. Dass sie dabei meist gnadenlos ausgebeutet werden, nehmen
sie in Kauf. Sie haben schlicht keine andere Wahl.
Unwirtliche Zonen
Das Accra-Quartier ist von Migranten aus den Sahelstaaten
praktisch in
Beschlag genommen worden. Diese haben sich erstaunlich gut organisiert.
Sie betreiben eine Vielzahl von einfachen Garküchen,
Lebensmittelgeschäften und Coiffeursalons. Doch schon nach wenigen
hundert Metern geht das quirlige Accra-Quartier in ausgedehnte
Bidonvilles über, die sich wie ein Geschwür in die
umliegende, graue
Wüste ausbreiten. Sie sind von einer kaum zu überbietenden
Trostlosigkeit. Neben Migranten aus den Sahelländern, die hier
gestrandet sind, leben in diesen Slums auch Mauretanier dunkler
Hautfarbe. Alte Männer mit gegerbten, tiefschwarzen Gesichtern
sitzen
schicksalsergeben vor ihren Bruchbuden, Kinder spielen mit Blechdosen
und anderem Müll, Schafe und Ziegen suchen nach Essbarem.
Auf der anderen Seite der langgestreckten Hauptstrasse erstreckt
sich
der Fischereihafen und daran angrenzend eine mehrere Quadratkilometer
umfassende Industrie- und Gewerbezone. Auch dieses Areal ist von einer
schonungs- und trostlosen Unwirtlichkeit. Zwischen öden Hallen und
Werkstätten, die meist von einer Mauer aus grauen Backsteinen
umgeben
sind, befinden sich ausgedehnte Ödflächen, auf denen sich
Bauschutt,
verrostete Container, Tierkadaver und Abfälle ansammeln. Die
Behörden
scheinen andere Prioritäten zu haben, als sich um Raumplanung oder
Abfallentsorgung zu kümmern. Fast scheint es, als existierten sie
gar
nicht. Einzig die Sicherheitskräfte markieren überdeutlich
Präsenz. Der
Reporter aus der Schweiz wird wegen Fotografierens im alten
Fischereihafen kurzerhand verhaftet und einem zweistündigen
Verhör
unterzogen.
In Nouadhibou existieren auch moderne, gepflegte Quartiere. Sie
befinden sich einige Kilometer ausserhalb des alten Stadtzentrums in
nördlicher Richtung und tragen Namen wie "Dubai" oder "Bagdad".
Hier
leben die wohlhabenden, meist hellhäutigen Mauretanier, die in der
Stadt durch ihre schönen, gepflegten Boubous und ihre
Geländefahrzeuge
auffallen.
Sammelplatz und Endstation
Niemand weiss, wie viele Migranten sich gegenwärtig in
Nouadhibou
aufhalten. Die Schätzungen schwanken zwischen knapp 20 000 und 40
000
Personen. Unklar ist dabei, wie viele dieser Migranten die Stadt nur
als Durchgangsstation betrachten und eigentlich nach Europa emigrieren
möchten. Es ist aber offensichtlich, dass Nouadhibou für
viele zu einer
Sackgasse, ja zur Endstation geworden ist. Wegen stärkerer
Überwachung
und wegen der verminten Grenze gibt es auf dem Landweg in Richtung
Norden via Westsahara praktisch kein Durchkommen mehr. Gleichzeitig ist
in den letzten Jahren auch die Überfahrt auf die Kanarischen
Inseln
sehr viel schwieriger geworden.
Wer es dennoch schafft, muss damit rechnen, innert kurzer Zeit
wieder
ausgeschafft zu werden. Ein Rückübernahmeabkommen zwischen
Spanien und
Mauretanien, das 2003 abgeschlossen und 2006 in Kraft gesetzt worden
ist, wird bei Migranten aus Mauretanien und den direkt angrenzenden
Ländern offenbar strikt eingehalten. So drängen sich immer
mehr
Migranten aus westafrikanischen Ländern in der mauretanischen
Hafenstadt.
Sich selber überlassen
Ausgeschaffte Migranten werden in einem Zentrum etwas ausserhalb
Nouadhibous interniert. Es handelt sich um eine ehemalige Schule, die
zu diesem Zweck rudimentär umgebaut worden ist und
militärisch bewacht
wird. Das Spanische Rote Kreuz und der Mauretanische Rote Halbmond
kümmern sich um die Betreuung der Insassen. Alle paar Wochen
werden
grössere Gruppen von festgehaltenen Migranten zwangsweise an die
Südgrenze Mauretaniens geführt und dort weitgehend ihrem
Schicksal
überlassen. Humanitäre Organisationen prangern die
Zustände in dem von
den Einheimischen "Guantanamito" genannten Zentrum als
menschenunwürdig
an. Die mauretanischen Behörden stellen den Migranten in
Nouadhibou
weder Unterkünfte noch Nahrungsmittel zur Verfügung.
Es gibt jedoch eine Anlaufstelle, wo sich Migranten und
Asylbewerber
registrieren lassen können, die Association pour la lutte contre
la
pauvreté. Diese Hilfsorganisation arbeitet eng mit dem
Uno-Hochkommissariat für das Flüchtlingswesen zusammen und
wird von
diesem finanziert. Der Schwerpunkt ihrer Aktivität liegt in der
Registrierung der Flüchtlinge und in der Erarbeitung von
Statistiken.
Zudem nimmt die Stelle auch Asylanträge entgegen. Denn unter den
mehreren zehntausend Migranten, die sich gegenwärtig in Nouadhibou
aufhalten, sind auch ein paar hundert politische Flüchtlinge aus
Kriegs- und Krisenregionen. Daneben existieren noch ein paar weitere
Nichtregierungsorganisationen, welche sich um Migranten kümmern.
Und da ist Père Jérôme. Er geniesst unter den
Migranten in Nouadhibou
den besten Ruf; wer wirklich Hilfe braucht, wendet sich an ihn. Der
jugendlich wirkende Priester stammt aus Nigeria und leitet die Pfarrei
Notre Dame de Mauritanie. Neben seiner Tätigkeit als Geistlicher
engagiert sich Père Jérôme zusammen mit einem
kleinen Team für die
Migranten, die in Nouadhibou gestrandet sind. Er organisiert Sprach-
und Computerkurse, betreibt ein Nähatelier für Frauen und
gibt gratis
Medikamente ab, die von Spitälern in Europa gespendet wurden. Dazu
leitet Père Jérôme immer wieder Nothilfe
materieller Art. Dass er dabei
vor einer schier unlösbaren Aufgabe steht und ständig an die
Grenzen
der eigenen Kräfte gerät, ist dem Geistlichen bewusst.
Kürzlich, sagt
Père Jérôme, habe ihn ein junger Mann aus Burkina
Faso um Lebensmittel
im Austausch gegen eine Bibel gebeten.
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GIPFEL-SOLI-ORG 29.5.09
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gipfelsoli.org
29.5.09
29.5.2009 L'Aquila -- Heiligendamm
- G8 strebt World Governance an
- Tight security in Rome as G8 justice ministers meet
- Bericht von der abruzzischen Vollversammlung vom 23. Mai
- Lorenzo vom noG8-Netzwerk über die denzentralen Aktionen vom 28.
und 29. und die Demo am 30. Mai
- German Delegation Tours G8 Summit Sites
- Gericht spricht Angeklagten in Prozess um G8-Gipfel frei
- Julien Coupat: "Die Verlängerung meiner Haft ist eine kleine
Rache"
Mehr: http://www.gipfelsoli.org/Newsletter/7175.html
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ANTI-ATOM
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bern.ch 29.5.09
Die neue Eignerstrategie für Energie Wasser Bern liegt vor
Der Gemeinderat der Stadt Bern hat die neue Eignerstrategie für
Energie
Wasser Bern verabschiedet. Sie berücksichtigt sowohl die
Interessen der
Stadt als Eigentümerin, wie auch jene des sich im liberalisierten
Umfeld befindenden Unternehmens. Die Eignerstrategie setzt auf
Nachhaltigkeit im ökologischen wie ökonomischen Sinn. Der
Ausstieg aus
der Atomenergie erfolgt bis spätestens 2039 - Bern gehört
damit
schweizweit zu den Schnellsten.
Im Dezember 2007 hatte sich der Gemeinderat der Stadt Bern für den
Erhalt der Eigenständigkeit von Energie Wasser Bern entschieden.
Angesichts der markanten Veränderungen in der Energiebranche
beschloss
er damals, die Eigentümerinteressen künftig verstärkt
einzubringen und
die bisherige Strategie zu überarbeiten. Diese Analyse ist nun
abgeschlossen, die neue Eignerstrategie liegt vor. Sie steckt den
politischen Rahmen ab, innerhalb dessen sich der regionale
Energieversorger weiterhin frei bewegen kann. Dabei ist es gelungen, in
der Eignerstrategie sowohl die politischen und finanziellen Ziele der
Stadt als Eigentümerin, wie auch die unternehmerischen Ziele von
Energie Wasser Bern (ewb) zusammenzuführen. Der Gemeinderat der
Stadt
Bern und der Verwaltungsrat von ewb sind überzeugt, dass mit der
neuen
Eignerstrategie eine zukunftsgerichtete, nachhaltige und den aktuellen
Bedürfnissen des Marktes angepasste Grundlage für die weitere
Zukunft
des Unternehmens geschaffen wurde und in einem wichtigen Zeitpunkt die
richtigen Zeichen gesetzt werden.
Versorgungssicherheit, Wertsteigerung und Nachhaltigkeit
Bei der Überarbeitung der Eignerstrategie liess sich der
Gemeinderat
von der Verpflichtung leiten, welche die Stadt als Eigentümerin
von
Energie Wasser Bern gegenüber den Bürgerinnen und
Bürgern besitzt. Denn
ewb leistet als stadteigenes, bürgernahes Infrastruktur- und
Dienstleistungsunternehmen einen zentralen Beitrag an den Service
Public. Entsprechend soll ewb seine Aufgabe als regionale
Grundversorgerin auch im liberalisierten Markt effizient und
zuverlässig wahrnehmen und sich im Spannungsfeld von
Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Ökologie erfolgreich
behaupten.
Mit der neuen Eignerstrategie verfolgt der Gemeinderat mehrere Ziele:
* Versorgungssicherheit: Die Sicherheit der Versorgung mit Wasser,
Elektrizität, Gas und Fernwärme in hoher Qualität sowie
die
Gewährleistung der öffentlichen Beleuchtung und der von ewb
angebotenen
Informations- und Telekommunikationsinfrastruktur haben absolute
Priorität.
* Werterhaltung / Wertsteigerung: Der Wert von ewb soll langfristig
gesteigert werden, um dauerhaft die Versorgung in hoher Qualität
sicherzustellen. Notwendige Investitionen werden unter
Effektivitäts-
und Effizienzgesichtspunkten geplant.
* Nachhaltigkeit, Effizienz und Ökologie: ewb geht keine neuen
Beteiligungen an Kernkraftwerken ein und verlängert bestehende
(Fessenheim, Gösgen) nicht. ewb setzt sich innerhalb der
Betreibergesellschaft für eine Stilllegung des Atomkraftwerks
Gösgen
nach Ablauf der Regellaufzeit (spätestens 2039) ein.
Mit dem Entscheid, bis spätestens 2039 aus der Atomenergie
auszusteigen, setzt die Stadt Bern ein klares energiepolitisches
Zeichen und trägt damit sowohl der Energiestrategie wie dem
Grundgedanke von Artikel 8 der Gemeindeordnung Rechnung. Der
gewählte
Zeitraum ermöglicht, dass bis zum Auslaufen der letzten
Beteiligung die
notwendigen Ersatzkapazitäten aufgebaut sind. Mit den
Erträgen aus den
Beteiligungen können Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien
realisiert werden. Ein früherer Ausstieg wäre mit erheblichen
Risiken
verbunden. Der Gemeinderat ist der Ansicht, dass mit dem geplanten,
schrittweisen Vorgehen die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden,
die
aktuelle Situation auf dem Markt sowie die energiewirtschaftlichen und
unternehmerischen Möglichkeiten von ewb bestmöglich
berücksichtigt
werden.
Strategische Steuerung
In einem nächsten Schritt und als Folge der verabschiedeten
Eignerstrategie werden strategische Ziele und entsprechende Kennzahlen
erarbeitet. Damit soll die Steuerung seitens Eignerin konkretisiert und
auch verankert werden. Die durch den Prozess der Erarbeitung der
Eignerstrategie bereits positiv etablierte Zusammenarbeit zwischen der
Stadt und ewb wird dadurch noch enger werden.
Umsetzung durch Energie Wasser Bern
Energie Wasser Bern richtet ihre Unternehmensstrategie an der neuen
Eignerstrategie aus. Viele Vorgaben davon - etwa die Förderung der
Energieeffizienz - erfüllt Energie Wasser Bern bereits oder ist
daran,
sie umzusetzen. Dafür wurden per 1. Mai 2009 organisatorische
Änderungen vorgenommen: Durch die Trennung der Bereiche Netze und
Energiewirtschaft erhalten Produktion und Beschaffung mehr Gewicht.
Auch die Energieberatung, welche bereits 2005 stark ausgebaut wurde,
erhält einen noch höheren Stellenwert. Zudem wird das
Nachhaltigkeitsmanagement systematisiert. Für den Ausstieg aus der
Kernenergie will Energie Wasser Bern bis 2039 jedes Jahr neue
Produktionskapazitäten von durchschnittlich 11 Gigawattstunden
(GWh)
Strom schaffen. Dafür werden Investitionen von mehreren hundert
Millionen Franken nötig sein. Für die gezielte Umsetzung
dieses
Vorhabens wurde eine neue Organisationseinheit "Produktionsportfolio"
geschaffen.
Informationsdienst der Stadt Bern
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BZ 29.5.09
Mühleberg
Widerstand gegen AKW-Strasse
In Buttenried, unmittelbar neben dem Kernkraftwerk Mühleberg, regt
sich
Widerstand: Die Anwohner wehren sich gegen eine neue Zufahrtsstrasse.
Diese soll für den siebenjährigen Bau eines neuen Kraftwerks
erstellt
werden.
"Wir sind keine Atomgegner", betont Peter Hediger von der
Interessengruppe "Nein zur Zufahrtsstrasse Buttenried West". Er steht
zusammen mit einer Handvoll Mitstreiter vor dem Haus seines Schwagers
Peter Gerber. Vom grossen, umgebauten Bauernhaus in Buttenried hat man
eine schöne Aussicht gegen den Jura hin.
Wenn es nach den Plänen der BKW geht, soll sich das ändern:
In
Niederruntigen soll neben dem bestehenden ein neues Kernkraftwerk
gebaut werden, das Rahmengesuch wurde im letzten Dezember beim Bund
eingereicht. Dazu gehört, dass von der Autobahn her eine neue
Strasse
gebaut werden muss, die während der sieben Jahre Bauzeit für
Materialtransporte dienen wird. Und die Strasse, S1D genannt, soll
direkt neben dem Mühleberger Weiler Buttenried durchführen.
"Todesstoss für das Dorf"
Der IG, die sich nun gegen den Bau dieser Zufahrtsstrasse wehrt,
gehören rund 50 Mitgliedern an, praktisch alle aus Buttenried.
Ihre
Gründe sind so vielfältig wie ihre Einstellungen zum
Atomstrom. Einem
Teil soll die Zufahrtsstrasse quasi durch den Garten gebaut werden, was
ihnen keine Freude bereitet: "Durch den Westwind hätten wir den
ganzen
Tag den Staub der Lastwagen im Haus", sagt Regina Gerber. Das wolle sie
ihrer Familie nicht zumuten. Alle Anwohner fürchten um den Wert
ihrer
Liegenschaften; einige der jungen Familien haben sich erst vor wenigen
Jahren in Buttenried niedergelassen. "Das wäre der Todesstoss
für das
Dorf", sagt Doris Hediger.
Neben dieser Sorge, die alle Mitglieder der IG umtreibt, sind einige in
ihrer Existenz betroffen. Bruno Känzig besitzt im Stöck,
gleich neben
der Autobahn, einen Bauernhof von 21 Hektaren. Rund 12 Hektaren davon
sollen als Logistikplatz für das Material herhalten. Mit dem
übrigen
Land kann Känzig nicht mehr existenzsichernd wirtschaften. Er
versteht
nicht, weshalb die BKW sich sein Land ausgesucht hat: "Die BKW besitzt
selbst viel Boden in Mühleberg."
"Arroganz der BKW"
Känzig und auch andere sind zudem verärgert über die
Art, wie die BKW
die Anwohner informiert hat: Am Abend vor der Einreichung des
Rahmengesuchs für das neue Kernkraftwerk fand im Dezember ein
Informationsanlass für die Anwohner statt. Ihnen sei zu verstehen
gegeben worden, dass Geld keine Rolle spiele. Bruno Känzig wurden
andere Höfe angeboten: "Von den fünf Angeboten war allerdings
nur eines
realistisch, die anderen sind langjährig verpachtet", sagt der
Milchproduzent. Auch wenn sie nun zu einer Einigung kommen, "diese
Arroganz" wird Känzig nicht so schnell vergessen.
Vorschläge eingegeben
Unterdessen hat die IG Einsitz in der Arbeitsgruppe Logistik nehmen
können. Diese begleitet mit anderen Gruppen den Projektverlauf
für das
neue Kernkraftwerk. Die Arbeitsgruppe hat der BKW zwei Alternativen
unterbreitet, beide mit einem Tunnel. Die Buttenrieder IG favorisiert
diejenige, welche weiter weg von ihnen durchführt.
Die BKW prüft momentan die verschiedenen Möglichkeiten der
Erschliessung des Bauplatzes von der Autobahn her. Laut Pressesprecher
Antonio Sommavilla werden die Ergebnisse des externen
Ingenieurbüros
Ende Juni präsentiert. "Wir wollen transparent informieren und den
Dialog führen", sagt Sommavilla, dafür seien die
Begleitgruppen
geschaffen worden.
Falls die IG mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein wird, behält
sie
sich eine Einsprache vor, wenn das Projekt öffentlich aufliegt.
Anna Tschannen
--
Infoanlass
Zwischenbilanz
Die IG "Nein zur Zufahrtsstrasse Buttenried West" (S1D) lädt ihre
Mitglieder und interessierte Anwohner zu einem Informationsabend ein:
Er findet am Donnerstag, 4.Juni, um 19 Uhr im Schützenhaus
Mühleberg
statt. Dort wird über die IG-Aktivitäten und die geplanten
Massnahmen
informiert. Darauf folgt ein Referat von Kurt Herren,
Gemeindepräsident
von Mühleberg und Mitglied in sämtlichen Begleitgruppen des
KKW-Projekts.
ats
•www.buttenried.ch
---
Basler Zeitung 29.5.09
AKW-Gegner erringen einen Achtungserfolg
Motion für Verkauf von Alpiq-Beteiligungen scheitert knapp
Grundsatzdebatte. Nur wenig fehlte und der Baselbieter Landrat
hätte
gestern den Ausstieg aus dem Atomstrom beschlossen. Mit 38 zu 34
Stimmen lehnte das Parlament eine Motion von Sarah Martin (Grüne)
ab.
In ihrem Vorstoss verlangte Martin, dass die Baselbieter
Energieversorger EBM und EBL ihre Beteiligungen am Stromkonzern Alpiq,
der dieses Jahr aus der Fusion von Atel und EOS hervorging, verkaufen
müssen. Es könne nicht sein, dass sich EBM und EBL über
ihre
Beteiligung an Alpiq am Bau eines neuen Atomkraftwerks beteiligten,
sagte Martin. "Dies widerspricht der kantonalen Verfassung und es
bindet viel Baselbieter Geld, das sonst bei der Erforschung
alternativer Energiequellen eingesetzt werden könnte", sagte
Martin.
Denn Alpiq hat ein Rahmenbewilligungsgesuch für ein neues AKW im
solothurnischen Niederamt eingereicht.
Die anschliessend im Rat entflammte Diskussion entwickelte sich zur
Grundsatzdebatte über AKW. Es wurde deutlich, dass SVP und FDP ein
neues AKW zwar nicht begrüssen, es aber doch als "unvermeidlich"
betrachten. "Wir müssen der Realität ins Auge blicken", sagte
etwa Karl
Willimann (SVP). Auch einzelnen Landräten der CVP/EVP-Fraktion
ging
Martins Vorstoss zu weit, was schliesslich zum knappen Scheitern der
Motion beitrug. hsh
---
Basellandschaftliche Zeitung 29.5.09
Grünes Licht für EBL und EBM
Baselbieter Parlament lehnt das Verbot von Beteiligungen an
Atomkraftwerken ab › allerdings nur knapp
Der Landrat will den Baselbieter Energieversorgern AKW-Beteiligungen
nicht verbieten. Dennoch schöpfen die Grünen Mut › das
Ergebnis fiel
nämlich knapp aus.
Alessandra Paone
Die beiden Geschäftsführer der EBL und EBM, Urs Steiner und
Hans
Büttiker, können aufatmen › zumindest vorerst. Mit 38 zu 34
Stimmen
wurde die Motion von Grünen-Landrätin Sarah Martin gestern im
Landrat
auf Empfehlung von Regierungsrat Jörg Krähenbühl knapp
abgelehnt. Die
Hemmikerin forderte, dass die Baselbieter Energieversorger sich nicht
an Unternehmen beteiligen dürfen, die Atomkraftwerke (AKW) planen.
EBL
und EBM halten ein namhaftes Aktienpaket an der Alpiq. Diese hat im
Juni 2008 eine Rahmenbewilligung für ein neues AKW beantragt.
Martin wies auf den Anti-Atomartikel in der Verfassung hin. Laut diesem
muss der Kanton verhindern, dass im Baselbiet oder in unmittelbarer
Nachbarschaft ein AKW gebaut wird. Zudem habe ein solches Projekt auch
finanzielle Auswirkungen, zumal ein AKW rund zehn Milliarden Franken
koste. Würde das Projekt scheitern, müsste die Gesellschaft
die Kosten
mittragen, argumentierte Martin.
Grüne geben Hoffnung nicht auf
Zu weit ging der Grünen-Vorstoss den Bürgerlichen: "Ich bin
zwar kein
Freund von AKW, doch nur durch erneuerbare Energie kann der Strombedarf
nicht gedeckt werden", sagte SVP-Landrat Hanspeter Ryser. Ins selbe
Horn wie der Oberwiler stiess sein freisinniger Ortskollege Thomas
Schulte. Die EBL könne nur 20 Prozent selber produzieren.
Dürfe sie
nicht auf atomare Energie zurückgreifen, müsste sie die Tore
schliessen. Und: Arbeitsplätze gingen verloren, betonte Schulte.
Unterstützung erhielt Martin ausser aus den eigenen Reihen von der
SP-
und einem Teil der CVP/EVP-Fraktion. Die AKW-Technologie gehöre
der
Vergangenheit an, brachte es SP-Mann Thomas Bühler auf den Punkt.
Der knappe Entscheid lässt die Grünen hoffen. "Das
hätte ich nicht
erwartet", freut sich Philipp Schoch, Präsident der Baselbieter
Grünen.
---
Bund 28.5.09
Börse hat AKW-Fonds zugesetzt
Der Entsorgungs- und der Stilllegungsfonds haben im Jahr 2008 je rund
20 Prozent verloren
Atomkraftwerke werden auch noch viel Geld kosten, wenn sie stillgelegt
sind. Die Betreiber müssen für den Abbruch der Werke und die
Entsorgung
der Abfälle 8,5 Milliarden bereitstellen. Wegen der
Börsenkrise sind
Nachzahlungen für Leibstadt nötig. Bei Mühleberg ist
diese Frage noch
offen.
Hans Galli
Nach dem Jahr 2020 werden die ersten Atomkraftwerke in der
Schweiz
stillgelegt. Ab 2030 müssen die Endlager für schwach
radioaktive
Abfälle bereitstehen und ab 2040 auch jene für stark
radioaktive.
Die Betreiber sind verpflichtet, dafür 8,5 Milliarden Franken
bereitzustellen: 2,2 Milliarden Franken für die Stilllegung und
6,3
Milliarden Franken für die Entsorgung.
Ende 2008 befanden sich insgesamt 3,38 Milliarden in den beiden Fonds:
1,07 Milliarden im Stilllegungsfonds und 2,31 Milliarden im
Entsorgungsfonds. Ein Jahr zuvor waren es noch deutlich mehr gewesen.
Der Stilllegungsfonds hat 2008 wegen der Börsenkrise einen
Anlageverlust von 18,96 Prozent und der Entsorgungsfonds sogar einen
Verlust von 21,78 Prozent erlitten, wie das Bundesamt für Energie
(BFE)
gestern bekannt gab.
Deshalb weisen die beiden Fonds per Ende 2008 zusammen eine
Unterdeckung von 243,3 Millionen Franken aus.
Längere Betriebsdauer
Ein Jahr zuvor hatte es noch ganz anders ausgesehen: Damals war noch
eine Überdeckung von 525 Millionen Franken ausgewiesen worden.
Dieser
Betrag sollte eigentlich an die Besitzer der AKWs, also die
Elektrizitätswerke, zurückbezahlt werden. Im Jahr 2008 wurden
davon die
ersten 80 Millionen an die Betreiber der Kernkraftwerke Beznau und
Gösgen zurückbezahlt.
Entstanden war die Überdeckung per Ende 2007 durch eine
buchhalterische
Massnahme. Das Bundesamt für Energie setzte die mittlere
Betriebsdauer
der Schweizerischen Kernkraftwerke neu auf 50 Jahre an. Vorher wurde
mit 40 Jahren gerechnet. Deshalb verlängerte sich die Dauer, bis
die
Fonds in Anspruch genommen werden müssen.
Einzig beim AKW Mühleberg wird weiterhin mit einer Betriebsdauer
von 40
Jahren gerechnet. Dessen Betriebsbewilligung gilt vorläufig nur
bis
2012. Die BKW Energie AG als Betreiberin hofft allerdings, dass
Mühleberg wie alle andern Schweizer AKW eine unbefristete
Betriebsbewilligung erhalten wird. Dann könnte es bis über
das Jahr
2020 hinaus betrieben werden. Das brächte eine Entlastung für
die
Anteile des Kernkraftwerks Mühleberg an den beiden Fonds.
130 Millionen für Leibstadt
Die Gelder im Stilllegungs- und im Entsorgungsfonds werden zwar seit
2007 einheitlich angelegt. Aber jedes AKW hat innerhalb des Gesamtfonds
seinen eigenen Fonds. Der Grund liegt darin, dass jeder Betreiber
für
die Stilllegung seines Werks und die Entsorgung der Abfälle selber
verantwortlich ist.
Bis 2007 hatte jeder Betreiber zudem seine eigene Anlagestrategie. Auch
die Anfangsfinanzierung war unterschiedlich. Deshalb haben die
Fondsanteile unterschiedlich unter der letztjährigen
Finanzmarktkrise
gelitten. Am schlimmsten erwischt hat es das KKW Leibstadt. Dessen
Fondsanteile wiesen Ende 2008 eine Unterdeckung von rund 20 Prozent
aus. Das entspricht einem Fehlbetrag von 181 Millionen Franken. Die an
Leibstadt beteiligten Werke haben sich deshalb verpflichtet, in den
kommenden zwei Jahren insgesamt 130 Millionen Franken in die Fonds
einzuzahlen - zusätzlich zu den ordentlichen Zahlungen.
Bei Mühleberg ist die Situation etwas weniger dramatisch. Der
Stilllegungsfonds für das KKM hatte zwar am Jahresende eine
Unterdeckung von 17,2 Prozent. Das entspricht 42 Millionen Franken. Der
Entsorgungsfonds lag dagegen nur 7,6 Prozent oder 25 Millionen Franken
unter dem Soll. In den ersten vier Monaten 2009 seien die Fondsanteile
wieder im Plus. Deshalb seien voraussichtlich keine Nachzahlungen
nötig, sofern sich keine neue Börsenkrise ereigne, sagte
BKW-Konzernchef Kurt Rohrbach gegenüber Medienvertretern.
Hoher Aktienanteil
Der Stilllegungs- und der Entsorgungsfonds verfolgen eine relativ
aggressive Anlagestrategie. Rund 40 Prozent des Kapitals wird in Aktien
angelegt. Zum Vergleich: Die Schweizer Pensionskassen und der
AHV-Ausgleichsfonds haben durchschnittlich einen Aktienanteil von 24
Prozent. Das Geld der beiden AKW-Fonds werde erst in einigen
Jahrzehnten benötigt. Die Erfahrung zeige, dass Aktien langfristig
die
beste Rentabilität zeigten, sagte Rudolf Hengartner, der
Präsident des
Anlageausschusses. Längerfristig wird mit einer Performance von
jährlich 5 Prozent gerechnet. Beim Stilllegungsfonds resultierte
von
1985 bis 2009 eine durchschnittliche Performance von 3,98 Prozent pro
Jahr. Beim Entsorgungsfonds gabs aber zwischen 2002 und 2008
durchschnittlich einen Verlust von 0,63 Prozent.
Die beiden Fonds im Umfang der geplanten 8,5 Milliarden Franken werden
erst nach der Stilllegung der AKW angezapft. Bis zu diesem Zeitpunkt
müssen die AKW-Betreiber die Kosten für die Entsorgung und
die
Zwischenlagerung der atomaren Abfälle direkt bezahlen. Dafür
wird mit 7
Milliarden Franken gerechnet.
15,5 Milliarden bis 2090
Der atomare Abfall verursacht somit Gesamtkosten von 15,5 Milliarden
Franken, bis er im Jahr 2090 abgekühlt sein wird.
---
NZZ 28.5.09
AKW-Fonds mit Verlusten wegen der Finanzkrise
Flexible Nachzahlungen der Stromunternehmen
Die Fonds der AKW-Betreiber für die Deckung der Entsorgungs-
und
Stilllegungskosten haben 2008 wegen des schlechten Börsenjahres
grosse
Verluste erlitten. Diese staatlich beaufsichtigte Vorsorge kann aber
den Verhältnissen und Prognosen angepasst werden.
dsc. Bern, 27. Mai
Betreiber von Atomkraftwerken müssen die Kosten für die
Stilllegung
der Anlagen und für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle
selbst
tragen. Die entsprechenden firmeninternen Rückstellungen für
die
Stilllegung wurden Mitte der 1980er Jahre in einen nach den Anlagen
getrennten staatlich beaufsichtigten Fonds übergeführt; 2002
wurde eine
solche Lösung auch für die nach den Stilllegungen anfallenden
Entsorgungskosten aller radioaktiven Abfälle institutionalisiert.
Aufgrund der Krise an den Börsen kam es im Jahr 2008 beim
Stilllegungsfonds zu einem Rückgang des von den Stromfirmen
eingezahlten Vermögens um 18,96 Prozent, beim Entsorgungsfonds zu
einem
Rückgang um 21,78 Prozent. Die Fonds umfassen ein Vermögen
von 3,4
Milliarden Franken. Dank den vorhergehenden guten Jahren bleibt die
Unterdeckung gesamthaft im einstelligen Prozentbereich (siehe Tabelle).
Um die Situation auszugleichen - per Ende 2008 betrug die Unterdeckung
243,3 Millionen Franken -, werden die Stromunternehmen Geld nachzahlen
müssen, umso mehr wenn die Ergebnisse für 2009 wiederum
unbefriedigend
wären. Derzeit handelt es sich bei den Rückgängen nur um
Buchverluste
und in diesem Jahr stehe man mit 3 Prozent im Plus, hiess es am
Mittwoch an einer Medienorientierung des Bundesamts für Energie
(BfE).
Kaum politisches Kapital
BfE-Direktor Walter Steinmann betonte, dass man der
Öffentlichkeit
volle Transparenz in diesen finanziellen Fragen biete. Von linken
Parlamentariern wurden in den vergangenen Monaten Interpellationen
eingereicht, um die Lage der Fonds auszuloten - wohl auch mit dem Ziel,
allfällige Schwachstellen als Argumente gegen AKW zu nutzen.
Aufgrund
der flexiblen Struktur und der bisherigen Ergebnisse der
"Geldtöpfe"
können AKW-Gegner aus der gegenwärtigen Situation jedoch kaum
politisches Kapital schlagen. Zwar weist der Entsorgungsfonds seit
seinem Start 2002 einen jährlichen Durchschnittsverlust von 0,6
Prozent
auf. In dem für die Beurteilung der langfristigen Anlagestrategie
aussagekräftigeren, länger bestehenden Stilllegungsfonds
zeigt sich
aber seit 1985 eine Durchschnittsrendite von 3,89 Prozent.
Abzüglich
der effektiven Jahresteuerung von 1,72 Prozent ist damit die geforderte
Realrendite von 2 Prozent gegeben, wenngleich die langfristig
angestrebte Nominalrendite von 5 Prozent nicht erreicht wurde. Wie
Fonds-Geschäftsleiter Max Zulliger erklärt, ist es angesichts
der
Wirkungen auf den Preis - pro Kilowattstunde AKW-Strom derzeit etwa ein
Rappen - auch aus Sicht der Bevölkerung nicht sinnvoll,
übermässig hohe
Einzahlungen von den Stromfirmen zu fordern. Schliesslich sind auch
nach der Stilllegung der Werke die Betreiber gemeinsam verpflichtet,
fehlendes Geld nachzuzahlen - im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren.
Alle fünf Jahre werden von den Firmen aktuelle
Kostenprognosen für die
Stilllegung und den Bau von Tiefenlagern für radioaktive
Abfälle
vorgelegt. Diese Studien, die auch dem Eidgenössischen
Nuklearsicherheitsinspektorat zur Überprüfung
präsentiert werden,
weisen stabile Werte auf. Die Fonds unterliegen der Aufsicht des
Bundesrates, der eine leitende Kommission bestimmt, in der die
Stromunternehmen höchstens die Hälfte der Mitglieder stellen
können.
Das operative Geschäft ist an Drittfirmen ausgelagert.
Kürzlich noch Millionen ausbezahlt
Anfang des vergangenen Jahres, als die Finanzkrise in diesem
Umfang
nicht absehbar war, wurden den Betreibern noch rund 80 Millionen
Franken aus den Fonds ausbezahlt. Neu wird nämlich eine
AKW-Betriebsdauer von 50 statt 40 Jahren angenommen. Somit ergibt sich
eine Kostenverschiebung von den Fonds zu den firmeninternen
Rückstellungen, aus welchen der Aufwand für die Abfälle
während der
Betriebsdauer finanziert wird (insgesamt werden das für die
derzeitigen
Reaktoren rund 7 Milliarden Franken sein). Es wird betont, dass die
Betriebsdauer bei der Fonds-Berechnung nicht mit der tatsächlichen
Laufzeit der Werke gleichgesetzt werden könne. Die AKW-Stilllegung
und
die Entsorgung der radioaktiven Abfälle dürften die
Stromwirtschaft
insgesamt 15,5 Milliarden Franken kosten.
Die AKW-Fonds weisen einen Aktien- und Obligationenanteil von
insgesamt 80 Prozent auf und benötigen im Moment keine liquiden
Mittel.
Der Bezug von Geldern beginnt mit der ersten Stilllegung - der Betrieb
des AKW Mühleberg könnte aufgrund der Aufhebung der
entsprechenden
Befristung statt 2012 erst nach 2020 enden. Ein Ende der Bezüge
aus dem
Entsorgungsfonds kann ungefähr im Jahr 2100 vermutet werden, wenn
das
Tiefenlager für hochradioaktive Abfälle verschlossen
würde.