MEDIENSPIEGEL 31.5.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Skatepark-Vorplatz: 28'000.-- von der Stadt
- GFL-Plattenleger
- Thun: Demo und Hausbesetzung
- Tod auf der Flucht in Biel: Aufruf zu Demos
- Käser will mehr Cops
- (Keine) Grenzen für Videoüberwachung
- Big Brother Zoll rüstet auf
- FichenFichenFichen!
- Kritik an Hooligangrippe-Hysterie und neue Ideen
- Neonazis an Kinderschänder-Demo
- BRD: Widerstand gegen den braunen Mob
- Anti-Atom: Bern pro Atomausstieg

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REITSCHULE
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So 31.05.09
18.00 Uhr - Rössli- Piano-Bar

Infos: www.reitschule.ch

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SKATEPARK VORPLATZ
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Blick am Abend 29.5.09

28 000 Franken für Skater

Projekt - Boarder statt Drögeler: Ein Skatepark bei der Reithalle könnte bald Realität weden.

Ins Projekt Skateanlage unter der SBB-Brücke bei der Reithalle kommt Bewegung. Der Gemeinderat hat einen Planungskredit von 28 000 Franken bewilligt. Am kommenden Donnerstag diskutiert der Stadtrat über die Vorlage.
"Wir schätzen die Baukosten auf 250 000 Franken", sagt Pablo Cherpillod, Präsident des Fördervereins. Einige Firmen, darunter Swatch und Carhartt, hätten Interesse an einem Sponsoring angemeldet. "Bezahlen wollen sie aber erst, wenn wir die Baubewilligung haben." Das Baugesuch will der Verein "Sk8.be" in spätestens fünf Monaten einreichen.

"Eine gute Sache"

Forciert haben das Projekt der frühere Stadtrat und heutige Gemeinderat Reto Nause (CVP) und Stadträtin Su Elsener (GFL) mit einer Motion. Die Bildungs- und Sportdirektorin Edith Olibet (SP) steht hinter dem Projekt: "Der Skatepark ist eine gute Sache. Er trägt dazu bei, dass das Schützenmatt-Areal vielfältiger genutzt werden kann. Und eine Skateanlage entspricht einem grossen Bedürfnis in der Stadt Bern."
ehi

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GFL
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BZ 30.5.09

Stadtrat

Ein DJ rückt nach

Erik Mozsa (GFL) tritt als Stadtrat zurück. Manuel C. Widmer alias Plattenleger MCW erbt den Platz im Stadtparlament.

Erik Mozsa tritt auf Ende Juni als Gross- und Stadtrat zurück. Dies, weil er in Amsterdam ein Nachdiplomstudium antritt. Der frei werdende GFL-Sitz im Stadtrat erbt Manuel C.Widmer, den viele Bernerinnen und Berner als Plattenleger MCW kennen. Im Grossrat tritt Anna Linder die Nachfolge Mozsas an.

Ebenfalls eine Mutation gibts bei der SVP: Der im vergangenen Herbst abgewählte Rudolf Friedli gibt sein Comeback für den zurücktretenden Peter Bernasconi. Bei den Schweizer Demokraten kommt Robert Meyer nach dem Abgang von Dieter Beyeler in den Rat zurück.
tob

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Bund 30.5.09

GFL-Präsident rückt nach

Stadtrat Stadt- und Grossrat Erik Mozsa (gfl) gibt seinen Rücktritt aus den Parlamenten von Stadt und Kanton bekannt. Der Politiker mit niederländischen Wurzeln wird ein Nachdiplomstudium im pädagogischen Bereich an der Freien Universität Amsterdam antreten. Mozsa wird im Grossen Rat durch Ex-Stadträtin Anna Linder ersetzt. Ins Stadtparlament wird "voraussichtlich" GFL-Präsident Manuel Widmer nachrücken. Beat Goldstein, der auf der Wahlliste vor Widmer platziert ist, hat auf das Stadtratsmandat verzichtet. Um Stadtrat zu werden, muss Widmer die Leitung der Tagesschule Tscharnergut abgeben, da Stadtangestellte nicht Mitglied im Stadtrat sein können. Er werde "mit grosser Wahrscheinlichkeit" auf dieses Nebenamt verzichten, sagt Widmer. (bob)

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FREIRAUM THUN
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ago.immerda.ch 31.5.09

Hausbesetzung

Heute wurde das Haus an der Waisenhausstrasse 18 besetzt.

Newsticker:
- 20:00 Uhr das Haus an der Waisenhausstrasse 18 wird besetzt.
- 20:30 Uhr Wasser und Strom sind vorhanden, alles ist ruhig.
- 21:22 Uhr Die Polizei kommt vorbei und informiert die Anwesenden darüber, dass sie bereits Kontakt mit dem Eigentümer aufgenommen habe. Verhandlungen werden vorbereitet.
- 22:30 Uhr Die BesetzerInnen bekommen die Erlaubnis, bis morgens um 10:00 Uhr im Haus zu bleiben. Dann käme der Eigentümer für weitere Verhandlungen vorbei.
- 01:15 Uhr Gute Stimmung im Haus, keine Reklamationen aus der Nachbarschaft.
Sonntag 31.5.09
- 13:20 Das Haus wird immer noch besetzt und der Eigentümer toleriert die Besetzung, Verhandlungen sind am laufen.
Kommt vorbei und bringt Kuchen mit Wink

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ago.immerda.ch 30.5.09

Freiraumdemonstration - erste Infos

Am heutigen Samstag, 30. Mai 2009, demonstrierten rund 100 Personen in Thun für mehr Freiraum.
Der Demonstrationszug startete nach einer Rede kurz nach 15:00 Uhr am Bahnhof und lief lautstark durch die Thuner Innenstadt. Im Bälliz wo ein Aktivist eine weitere Ansprache betreffend der miserablen Stadtentwicklung hielt, stoppte die Manifestation.Um 16:00 Uhr kam die Demonstration auf dem Rathausplatz an und löste sich kurze Zeit später auf.

Weitere Informationen und ein umfangreiches Communiqué werden demnächst aufgeschaltet.
 
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POLIZEI BIEL
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Indymedia 31.5.09

Un jeune de 17 ans assassiné par la police à Bienne      

Auteur : Des jeunes solidaires     

Hier soir à Bienne, un jeune de 17 ans est mort pércuté par en train en tentant d'échapper à la police.
Nous avons écrit ce communiqué et allons le distribuer dans les bars, boîtes de nuit et salles de concert à bienne ce soir. nous appelons les gens à reproduire et distribuer ce texte.     
            
AUJOURD'HUI LES FLICS NOUS COURRENT APRES.
DEMAIN ILS NOUS TIRERONT DESSUS.

Vendredi soir à Bienne vers 3 heures du matin, un jeune de 17 ans (pour l'instant sans nom n'est pas connu) est mort, percuté par un train en tentant d'échapper à la police. Son crime? Tirer une charette de bois qui semblait suspecte au regard des flics. La chasse aux jeunes est devenue monnaie courante, mais cette fois ça a tourné au drame. Dans sa volonté de mettre la jeunesse au pas, l'Etat a développé un arsenal de réglements et dispositions digne de "la lutte contre le terrorisme". Interdictions de périmètre, interdictions de rassemblement, prisons pour mineurs, stages de rééducation et couvre-feu (Viège est la dernière commune à l'adopter). La jeunesse passe ses nuits à fuir les flics.
Que le bois que transportait le jeune était volé (ce qui reste encore à prouver) n'est pas le problème. Le problème c'est que pour satisfaire la soif de sécurité alimenté par des politiciens et des medias hystériques, les flics coursent les jeunes jusqu'à risquer de les tuer. Que ce soit dans les banlieues françaises, dans les rues d'Athènes ou dans le métro d'Oakland, nous sommes tous et toutes concérnéEs.

Aujourd'hui ils nous courrent aprés. Demain ils nous tireront dessus.

Nous sommes tous et toutes Zyed Benna et Bouna Traoré
Nous sommes tous et toutes Alexis Grigoropoulos
Nous sommes tous et toutes Oscar Grant
Nous sommes tous et toutes ce jeune de 17 ans
Nous sommes tous les morts assassinés par l'Etat.

Montrons leur que nous les laissons pas tuer nos frères et soeurs en silence.
Rassemblement demain dimanche à 18h00 devant la gare de ta ville.
Nous transmettons nos condoléances aux proches de la victime
Pas de justice, pas de paix!

Fais circuler l'info.
Des jeunes solidairesb

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POLICE BE
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Berner Oberländer 30.5.09

Handels- und Industrieverein Interlaken-Oberhasli

Regierungsrat will mehr Polizisten

Wie Regierungsrat Käser vor dem Handels- und Industrievereins (HIV) Interlaken-Oberhasli sagte, braucht der Kanton Bern 200 zusätzliche Polizisten. Urs Kessler wurde als Vertreter im Kantonalvorstand gewählt.

"Alles Leben ist Probleme lösen", zitierte Polizeidirektor Hans-Jürg Käser den britischen Philosophen Karl Popper in seinem Referat zum "Spannungsfeld Finanzen - öffentliche Sicherheit". Allen sei bewusst, dass die Steuern im Kanton Bern im schweizerischen Vergleich zu hoch seien. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse im Grossen Rat sei es aber schwierig, Lösungen zu finden.

Weil wegen der Rezession die Steuereinnahmen zurückgingen, habe der Regierungsrat im laufenden Jahr 70 Millionen Franken aus dem Budget gestrichen, erklärte Käser. 2010 und 2011 müssten je 300 Millionen Franken eingespart werden. "Das wird spürbar sein", betonte er.

Dem Zwang zu sparen stellte er für seine Direktion die "unerhörte Zunahme im Ordnungsdienst für politische Demonstrationen und Sportveranstaltungen" gegenüber. Die Polizei sei am Anschlag. Der Regierungsrat wolle deshalb 200 zusätzliche Polizisten rekrutieren. Die Vorlage komme bald in die Beratung.

Käser forderte aber auch härtere Sanktionen gegen Randalierer. Unverständlich sei für ihn, dass gerade in Bern der Stadtrat die Videoüberwachung ablehne.

(...)

Robert Aemmer

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BIG BROTHER VIDEO
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Telebärn 30.5.09

Videoüberwachung als heisses Thema

Von TeleBärn

Die Internetfahndung nach Hooligans gibt der Debatte um die Videoüberwachung neuen Auftrieb. Der Berner Regierungsrat will der polizeilichen Videoüberwachung klare Grenzen setzen. Viele Politiker finden dies "unlogisch".
http://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/Videoueberwachung-als-heisses-Thema/story/26397485

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Bund 30.5.09

Nachträglich wurde in der Videoverordnung ein Datenschutzartikel aufgenommen - Grossräte befürchten nun, die Arbeit der Polizei bei Demos sei gefährdet

Datenschutz in Videoverordnung eingeschleust

Mit dringlichen Vorstössen wehren sich Grossräte gegen die Videoverordnung. Darin sollen Hilfsmittel der Polizei verboten werden, die bisher im Einsatz waren.

Anita Bachmann

Auf den letzten Drücker hagelt es an der Videoverordnung, die auf den 1. Juli in Kraft treten soll, weitere Kritik. Anfang Mai riefen die Ausführungsbestimmungen zur Videoüberwachung im öffentlichen Raum Grossrat Markus Meyer (sp, Langenthal) auf den Plan, weil der kantonale Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (fdp) entgegen dem Willen des Grossen Rats doch Echtzeitüberwachung zulassen will ("Bund" vom 1. Mai). Offensichtlich erst nachträglich hat der Regierungsrat in die Videoverordnung Datenschutzbestimmungen aufgenommen, auf die Grossräte nun mit zwei dringlichen Motionen reagierten. "Die Anliegen des Datenschützers waren ursprünglich nicht drin", sagt Peter Furrer, Generalsekretär der Polizei- und Militärdirektion.

Die Bestimmungen verlangen, dass nur noch uniformierte Polizisten Ton- und Bildaufzeichnungen bei Demonstrationen oder Fanumzügen machen dürfen und dass Kameras nicht mehr an Rucksäcken von Teilnehmern einer Massenveranstaltung angebracht werden dürfen. Weiter sollen Aufnahmen aus unbemannten Flugkörpern, auf denen einzelne Personen identifizierbar sind, und das Verbreiten von Bildern mit Massenkommunikationsmitteln verboten werden. "Ein Polizist darf an einer Demo nur noch filmen, wenn er uniformiert ist. Das wird kein Polizist mehr machen", sagt Grossrätin Barbara Mühlheim (grüne, Bern). Sie hat zusammen mit Vertretern von BDP, SP und FDP eine Motion eingereicht. Sie befürchtet, die Polizei bei ihrer Arbeit "massiven, unnötigen Gefahren" auszusetzen und allgemein einen Verlust an Sicherheit für sich korrekt verhaltende Teilnehmer an Massenveranstaltungen zu riskieren. Mühlheim fordert die Regierung auf, die Datenschutzbestimmungen wieder zu streichen.

"Echte Hilfsmittel" für Polizei

Die BDP-Fraktion verlangt in ihrem Vorstoss, vor dem Datenschutz nicht zu "kuschen" und der Polizei "echte Hilfsmittel" zur Verfügung zu stellen. Enorm wichtig sei, dass die Polizei Bild- und Tonaufzeichnungen auch aus nicht polizeilich gekennzeichneten Fahrzeugen machen könne. "Im Strassenverkehr ist die Videoüberwachung aus neutralen Fahrzeugen gang und gäbe", sagt Samuel Leuenberger (bdp, Trubschachen). Zudem möchte er, dass die Suche nach Randalierern bei Massenveranstaltungen über das Internet möglich sein sollte. Diese werde mit der Videoverordnung aber verboten. Die Anliegen des Datenschützers seien nicht per se schlecht. "Es geht hier um eine Interessenabwägung", sagt er.

Ob das Filmen durch Polizisten in Zivil oder das Mitführen von Aufzeichnungsgeräten durch Kundgebungsteilnehmer in der Praxis überhaupt wichtige Instrumente sind, wollte die Kantonspolizei nicht sagen. Auch die Befürchtung, die Arbeit der Polizei werde durch die Verordnung in der heutigen Fassung eingeschränkt oder Beamte würden gefährdet, wollte die Polizei nicht kommentieren. Vonseiten der Polizei sei leer geschluckt worden, nachdem die Bestimmungen in der Verordnung aufgetaucht seien, sagt Generalsekretär Furrer. Die Polizei könne ihre Arbeit gar nicht mehr wahrnehmen, deshalb sei es gut, dass jetzt nochmals darüber geredet werde. Auch Mühlheim ist überzeugt, dass die Polizei heute bei Massenkundgebungen unentdeckt filmt, und dadurch auch "sehr nahe herankommt".

Die Polizei hätte weiterhin die Möglichkeit, aus einem Polizeikordon, aus Gebäuden, dem Helikopter oder Polizeifahrzeugen Aufnahmen zu machen, sagt der kantonalen Datenschutzbeauftragte Markus Siegenthaler. Falls ein Strafverfahren eröffnet wurde - wie im aktuellen Fall der Fans, die beim Cupfinal verbotenes Feuerwerk gezündet haben -, könne die Polizei sowohl verdeckt filmen als auch Bilder im Internet zur Fahndung verbreiten. "Die neuen Bestimmungen sind nötig, weil die bisherigen nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen", sagt er. Heute gäbe es Kameras, die an einer Krawattennadel befestigt werden könnten. Auch Drohnen könnten Aufnahmen liefern, auf denen Personen erkennbar seien. Solche Aufnahmen seien bei Massenveranstaltungen bis heute gesetzlich nicht abgedeckt und deshalb während der Euro 08 auch nicht gemacht worden.

Zweiter Versuch in der Stadt Bern

Ob die Videoverordnung noch geändert werden kann, bevor sie in Kraft tritt, hängt davon ab, ob die Vorstösse in den nächsten zwei Wochen im Grossen Rat behandelt werden. Möglich sei dies, es handle sich aber um eine Expressübung.

Mit dem Vorstoss "Videoüberwachung zum Zweiten" will die BDP die Diskussion in der Stadt Bern erneut lancieren. Vor zwei Wochen lehnte der Stadtrat die Einführung der Videoüberwachung ab.

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BIG BROTHER ZOLL
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NZZ am Sonntag 31.5.09

Die Grenzwächter rüsten auf

Bund plant umfassende elektronische Modernisierung

Weil er mit dem Beitritt der Schweiz zu Schengen mehr Aufgaben erhalten hat, will der Zoll technisch aufrüsten. Geplant sind auch mobile Geräte zum Abgleich von biometrischen Daten.

Pascal Hollenstein

Die Schweizer Grenzwache ist technisch für ihre Kontrollaufgaben im rückwärtigen Grenzraum offenbar nur schlecht gerüstet. Dies geht aus einem Papier der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) hervor. Man verfüge "derzeit nicht über ein professionelles Einsatzleitsystem", heisst es da, das Rapportierungssystem entspreche den heutigen Anforderungen nicht mehr. Und ein "Führungsinformationssystem für die vernetzte Führung von Operationen und taktischen Einsätzen fehlt". Andreas Hitz, stellvertretender Kommandant der Grenzwache, sagt es so: "Seit Schengen arbeiten wir in einer anderen Welt. Unsere Ausrüstung aber stammt noch aus der alten. Das passt nicht zusammen." Jetzt will die Grenzwache technisch aufrüsten. Zwar wird derzeit noch an einem detaillierten Konzept hierfür gearbeitet. Aus den Unterlagen wird freilich ersichtlich, wohin die Reise geht: Mit modernen elektronischen Einsatzmitteln sollen die Grenzwächter künftig von der Zentrale aus zielgenau eingesetzt werden können. Geplant ist etwa die Anschaffung des Systems "Panther" des Rüstungskonzerns Ruag. Die Grenzwächter würden demnach mit GPS-Einheiten ausgerüstet, die der Zentrale jederzeit ihren genauen Standort angeben könnten. "Panther" ist derzeit schon bei Polizeikorps im Einsatz, seit der EM 08 beispielsweise auch bei der Stadtpolizei Zürich.

In einer neuen Einsatzzentrale zusammenlaufen sollen in Zukunft bei der Grenzwache auch Daten aus der Drohnen-Überwachung, aus fest installierten und mobilen Video-Stationen und akustischen Sensoren sowie die Daten der Polizeikorps. Es gehe um die "medienbruchsfreie Fusion der gewonnen Daten und deren unterstützte Auswertung", heisst es in den Ausschreibungsunterlagen für das neue Konzept der Grenzwache. Hinzu kommen mobile Geräte, welche den Grenzwächtern Personenkontrollen erleichtern sollen. Vorgesehen ist der direkte Zugriff auf die Schengen-Datenbank. Auch Fingerabdrücke sollen Grenzwächter künftig mobil aufnehmen und sogleich mit den Schengen-Daten vergleichen können.

Wird das Grenzwachtkorps damit gewissermassen zur Super-Polizei hochgerüstet? Hitz bestreitet dies. Die Grenzwache brauche jedoch für die seit Schengen mobilen Kontrolltätigkeiten modernere Mittel, um sich ein genaues Lagebild zu machen. Dazu müsse man auch mit den Polizeikorps verbunden sein, denn "es wäre wirklich sinnlos, Grenzwächter von weit weg an einen Einsatzort zu schicken, wenn da schon Polizisten in der Nähe sind". Drohnen-Daten beispielsweise werde man den Polizeikorps aber nicht ohne weiteres zur Verfügung stellen, der Datenaustausch werde nur dort stattfinden, wo eine klare gesetzliche Grundlage bestehe.

Im Übrigen stehe der Umfang der Neuausrüstung noch nicht im Detail fest, betont Hitz: "Wir müssen auch schauen, wie viel Geld wir ausgeben können. Klar ist aber: Die Zeiten von Pelerine und Feldstecher sind vorbei."

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BIG BROTHER
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Le Dimanche 31.5.09

Les Suisses veulent le fichage des criminels

Face à l'augmentation de certains délits, les Suisses réagissent sans aucune équivoque: ils plébiscitent le fichage des délinquants: c'est ce que montre le sondage exclusif que "Le Matin Dimanche" a fait réaliser. Oui à 89% pour le fichage des pédophiles, à 88% pour celui des néonazis, à 82% pour les hooligans, à 79% pour les casseurs, à 75% pour les terroristes.

Ce sont les super-chauffards pour lesquels les habitants de ce pays (surtout les Romands) sont les moins sévères: 74% aimeraient les voir répertoriés.

Même plébiscite pour les caméras de surveillance dans les espaces publics ciblés, avec 70% d'opinions favorables.

"Il est rare de voir des sondages sur des sujets de société de ce type déboucher sur des résultats aussi nets", constate Mathias Huméry, responsable du sondage.

C'est la preuve que le traumatisme de l'affaire des fiches, dont on marque cette année le 20e anniversaire, s'estompe.

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Surprise! Les Suisses veulent des fiches

Vingt ans cette année, 1989, qu'éclatait au grand jour le fameux scandale des fiches du Ministère public de la Confédération. Le traumatisme que constitua l'affaire (700 000 personnes étaient concernées) laissa dans la population un souvenir cuisant.

Réveillé récemment par la votation sur le passeport biométrique: au point que le spectre de 1989 hanta sans cesse les débats et fut sans conteste la cause d'un résultat très serré.

Fallait-il en déduire que les Suisses sont totalement allergiques à la constitution de fiches, comme à l'usage de la vidéosurveillance dans certains lieux publics bien ciblés?

Le sondage que publie aujourd'hui ce journal balaie cette hypothèse: les Suisses plébiscitent le fichage des pédophiles, néonazis, hooligans, casseurs, terroristes et superchauffards. Comme ils plébiscitent les caméras de surveillance.

Plus symptomatique encore: à la question très générale: "faut-il constituer des fiches", les Romands d'aujourd'hui sont le double à le penser, par rapport aux Romands de 1990.

On dira donc que sur un sujet très délicat, la surveillance des individus criminels ou potentiellement criminels, la population suisse, tous horizons et toutes tendances confondues, est, dans ses grandes lignes, singulièrement unanime.

Si je m'en étonne, c'est que le paysage politique et médiatique qui nous entoure ne semble pas toujours résonner à l'unisson de ces résultats.

En clair: on entend surtout aujourd'hui les cris d'orfraie de ceux qui voient partout les dangers de "Big Brother" derrière la moindre caméra de surveillance, le moindre registre de délinquants dangereux. Et l'on oublie de constater que le citoyen lambda, lui, a pris acte de la montée des crimes et de la violence. Et ne voit rien à redire à une vigilance accentuée et proactive.

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BIG BROTHERS VS HOOLIGAN-GRIPPE
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20min.ch 31.5.09

Hooligans im Fussball

"Auch im Stadion gilt die Unschuldsvermutung"

Die in letzter Zeit häufig angewandten Internetfahndungen nach Hooligans stossen beim Zürcher Datenschützer Bruno Baeriswyl auf scharfe Kritik. Das Vorgehen berge Risiken. Den "Internet-Pranger" vergleicht er mit längst überwundenen Strafen im Mittelalter.

"Auch im Stadion gilt die Unschuldsvermutung", sagte der Zürcher Datenschutzbeauftragte Bruno Baeriswyl in einem Interview, das in der "NZZ am Sonntag" erschien. Die Polizei greife in die Grundrechte einer Person ein, wenn sie Bilder ins Internet stelle.

Die Bilder im Internet könnten kopiert und weiterverbreitet werden. "Auch wenn die Polizei sie von ihrer Seite nimmt, bleiben sie unkontrollierbar im Netz", sagte Baeriswyl. Deshalb verlangt er: "Die Internetfahndung muss zurückhaltend eingesetzt werden." Sie dürfe auch nicht zum Drohmittel der Polizei werden.

Immer häufiger nutzt die Polizei das Internet, um Unruhestifter zu identifizieren. Mehrere Kantonspolizeien haben in den letzten Wochen nach Ausschreitungen bei Fussballspielen Bilder der mutmasslichen Krawallmacher ins Netz gestellt. Einige der Gesuchten haben sich selber gestellt, zu andern gingen Hinweise ein.

Einfache Mittel wegen Hilflosigkeit

Dass die Internetfahndung bei Hooligans so häufig eingesetzt wird, führt Baeriswyl auf eine Hilflosigkeit gegenüber dem Phänomen zurück. "Diese Hilflosigkeit führt dazu, dass man mit einfachen Mitteln komplexe Probleme lösen will, ohne die Frage zu stellen, wie diese Mittel ins strafrechtliche Sanktionensystem passen." Das Problem Hooliganismus lasse sich nicht mit dem Strafrecht lösen.

Noch weiter als die Internetfahndung geht für Baeriswyl der "Internet-Pranger", mit dem Bundesrat Ueli Maurer (SVP) Krawallmacher aus der Anonymität heben will. "Der Pranger ist nicht Teil unseres Sanktionssystems, sondern gehört ins Mittelalter", sagte Baeriswyl dazu.
Quelle: SDA/ATS

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NZZ am Sonntag 31.5.09

Datenschützer stören sich am Internet-Pranger

Immer mehr Kantone setzen bei der Fahndung nach Fussball-Gewalttätern auf das Internet

Seit Bundesrat Ueli Maurer den "Internet-Pranger" propagiert hat, erwägen diverse Kantone seinen Einsatz. Datenschützer sind irritiert.

Christine Steffen

Nach den Krawallen im Umfeld von Fussballpartien in jüngster Zeit griff Bundesrat Ueli Maurer am letzten Wochenende in die Diskussion ein. Der VBS-Vorsteher sprach sich für verschiedene Massnahmen im Kampf gegen die Randale aus. Unter anderem propagierte er den "Internet-Pranger". Bilder von Chaoten sollen im Netz veröffentlicht werden, um sie in ihrem privaten und beruflichen Umfeld unter Druck zu setzen.

Fahndung, nicht Sanktion

Als gesetzliche Grundlage für die Internet-Fahndung dient die kantonale Strafprozessordnung, die vorsieht, dass die Öffentlichkeit in eine Polizeifahndung einbezogen werden kann. Laut Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich und Präsident der Vereinigung der schweizerischen Datenschutzbeauftragten, müssen Bedingungen erfüllt sein, um diese Massnahme einzuleiten. So muss ein konkreter Verdacht auf ein schweres Vergehen oder Verbrechen bestehen. Zudem muss es ausgeschlossen sein, den Täter auf eine andere Art zu identifizieren. Den "Internet-Pranger", wie er Maurer vorschwebt, hält Baeriswyl für "unverhältnismässig" (siehe Interview). Eine Fahndungsmassnahme der Polizei dürfe nicht zugleich strafrechtliche Sanktion sein. Diese sei dem Richter vorbehalten.

Die Forderung von Maurer scheint der Internetfahndung jedoch Auftrieb gegeben haben. Seit Anfang Woche sucht die Kantonspolizei Luzern nach Gewalttätern, die im Anschluss an die Cup-Partie Luzern - Sitten randaliert hatten. Zwei von acht Männern haben sich daraufhin selber gemeldet, ein Dritter konnte durch Hinweise identifiziert werden. Am Freitag wurden bei der Stadtpolizei Bern Bilder von Männern und Frauen aufgeschaltet, die im Zusammenhang mit dem Cup-Final aufgefallen sind. Erste Rückmeldungen seien eingegangen, heisst es dazu in Bern. Die genaue Identifizierung steht aber noch aus.

Auch die Stadtpolizei Zürich überlege sich, im Gefolge der Ausschreitungen vom 17. Mai nach der Partie des FCZ gegen Basel auf die Internetfahndung zurückzugreifen, sagt die Polizeisprecherin Brigitte Vogt.

Bereits im Januar liess Peter Gill, Basler Staatsanwalt, verlauten, bei den nächsten massiven Ausschreitungen zu diesem Mittel greifen zu wollen.

Erfolgreiche Identifikation

Die Fahndung im Netz ist nicht neu. Im Nachgang zu Ausschreitungen anlässlich einer Partie des FC Luzern gegen Basel stellte die Kantonspolizei im Mai 2007 Bilder von fünf Männern auf ihre Homepage, alle konnten nach wenigen Stunden identifiziert werden. Im Januar haben die St. Galler Staatsanwaltschaft und die Polizei Bilder von 18 Männern auf dem Netz veröffentlicht, die vor einem Jahr im Stadion Espenmoos randaliert haben sollen. Sechs von ihnen meldeten sich bei der Polizei. Und der FCZ zeigte nach Fackelwürfen von Zürcher Anhängern vor einem Jahr im Basler St.-Jakob-Park Bilder auf der eigenen Homepage, worauf einige Chaoten identifiziert werden konnten.

Bruno Baeriswyl zeigt sich irritiert, dass die Internetfahndung plötzlich als Allheilmittel eingesetzt werde. Er kann sich vorstellen, dass "ein gewisser öffentlicher Druck" auf die Polizeiorgane einwirke. Niemand wolle sich dem Vorwurf aussetzen, zu wenig zu unternehmen. Dass nach wie vor nur wenige Kantone so weit gingen, zeige aber, dass die Internet-Fahndung nicht die Massnahme sein könne, die in jedem Fall angezeigt sei.

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"Der Pranger ist nicht Teil unseres Systems. Er gehört ins Mittelalter"

NZZ am Sonntag: Herr Baeriswyl, sind die Bedingungen, die eine Internetfahndung rechtfertigen, in den Fällen von Luzern und Bern erfüllt?

Bruno Baeriswyl: Das ist ohne Kenntnis des individuellen Falls schwierig zu sagen. Es liegt im Ermessensspielraum der Polizei, eine derartige Massnahme zu ergreifen. Die Polizei hat angemessen und verhältnismässig vorzugehen.

Die Internetfahndungen in Luzern vor zwei Jahren und in St. Gallen Anfang 2009 waren erfolgreich. Einige Ausgeschriebene haben sich selber gemeldet, andere wurden erkannt. Der Erfolg scheint dem Mittel also recht zu geben, oder nicht?

Der Erfolg allein rechtfertigt das Mittel nicht. Er ist kein Freipass für die Polizei. Die Internetfahndung muss zurückhaltend eingesetzt werden. Auch im Stadion gilt die Unschuldsvermutung. Man greift mit dieser Fahndung massiv in die Grundrechte einer Person ein. Das birgt auch Risiken. Die Bilder werden kopiert und erscheinen auf den Websites von Zeitungen. Auch wenn die Polizei sie von ihrer Seite nimmt, bleiben sie unkontrollierbar im Netz. Ausserdem darf es nicht so weit kommen, dass die Internetfahndung ein Drohmittel der Polizei darstellt. Es kann nicht heissen: Wenn ihr euch nicht meldet, dann stellen wir euer Bild ins Internet. Das ist kein zulässiges Mittel der Polizei.

Zielt nicht die Forderung von Bundesrat Ueli Maurer, die Hooligans an einen "Internet-Pranger" zu stellen, in diese Richtung?

Die Forderung zielt noch weiter. Doch der Pranger ist nicht Teil unseres Sanktionssystems, sondern gehört ins Mittelalter. Dieses haben wir in unserer Gesellschaft eigentlich überwunden. Man muss sich auch fragen, welche Wirkung die Massnahme effektiv hat. Sie stellt meiner Meinung nach die Grundprinzipien in Bezug auf Straftäter wie Prävention und Resozialisierung in Frage. Der Internet-Pranger hat zudem eine ganz andere Dimension als ein Pranger früher, weil er weltweit einsehbar ist.

Die Internetfahndung wird sonst nur bei schweren Verbrechen eingesetzt. Warum ist die Hemmschwelle im Fussballumfeld so niedrig?

Ich stelle ein grosse Hilflosigkeit fest, wenn es darum geht, den Hooliganismus zu bekämpfen. Diese Hilflosigkeit führt dazu, dass man mit einfachen Mitteln komplexe Probleme lösen will, ohne die Frage zu stellen, wie diese Mittel ins strafrechtliche Sanktionssystem passen. Mir scheint auch, dass allein mit strafrechtlichen Mitteln die Problematik nicht in den Griff zu bekommen ist.  

Interview: Christine Steffen

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Sonntag 31.5.09

Internet-Pranger als neue Fahndungsmethode

Die Polizei sucht im Internet nach Schlägern und Randalierern - mit Erfolg

Was Bundesrat Ueli Maurer im "Sonntag" forderte, wurde diese Woche in drei Kantonen bereits angewendet.

 Von Lukas Füglister

Bundesrat Ueli Maurer forderte letzte Woche im "Sonntag", Fotos von Kriminellen und Chaoten ins Internet zu stellen. Maurer: "Es ist wichtig, sie zu de-anonymisieren." Maurers Plan wurde schnell umgesetzt:

 > Am Montag stellte die Kantonspolizei (Kapo) Luzern Fotos von acht Männern ins Netz, die am Ostermontag an den Ausschreitungen nach dem Match zwischen dem FC Luzern und dem FC Sion beteiligt waren.

 > Am Donnerstag veröffentlichte die Kapo Thurgau das Video einer Überwachungskamera, das drei junge Männer zeigt, die am Bahnhof Kreuzlingen anscheinend grundlos auf zwei Personen einprügeln und sie verletzt liegen lassen.

 > Am Freitag setzte die Kapo Bern Bilder von zwölf Randalierern vom Cupfinal zwischen YB und Sion ins Netz.

Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten: Innerhalb weniger Stunden sind bei der Kantonspolizei Thurgau mehrere Dutzend Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. Bereits einen Tag nach Veröffentlichung des Videos konnten die Schläger verhaftet werden. Auch in Luzern ist der Internet-Pranger ein voller Erfolg: "Das Echo war riesig", sagt Willi Eicher von der Kantonspolizei. Zwei Radaubrüder hätten sich kurz nach der Veröffentlichung selber gemeldet. "Vier weitere konnten dank den eingegangenen Meldungen identifiziert werden", sagt Eicher. Sie werden nun von der Polizei vorgeladen. "Sobald die Ermittlungen abgeschlossen sind, nehmen wir die Bilder vom Netz."

In Bern sind bis gestern ebenfalls bereits zahlreiche Hinweise eingegangen. "Es ist gut möglich, dass wir im Verlauf der nächsten Woche noch weitere Bilder veröffentlichen. Noch ist nicht alles Video- und Fotomaterial ausgewertet", sagt Sprecher Franz Märki.

Die drei Polizeikorps sehen den Internet-Pranger als probates Fahndungsmittel - aber erst, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind. In Luzern beispielsweise hat die Polizei 21 an der Schlägerei auf dem Spielfeld Beteiligte ohne Hilfe des Internets ermittelt. Zudem muss die Veröffentlichung von Bildern und Videos jeweils von einem Untersuchungsrichter angeordnet werden.

Angesichts der jüngsten Erfolge dieser Fahndungsmethode dürften weitere Kantone dem Beispiel von Thurgau, Luzern und Bern folgen. Auch die Stadtpolizei Zürich prüft, Bilder der Ausschreitungen beim Spiel des FC Zürich gegen den FC Basel ins Netz zu stellen.

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Sonntagszeitung 31.5.09

"Polizei soll ins Stadion"

Benedikt Weibel präsentiert seinen Masterplan gegen Hooligans

Von Christoph Lauener, Denis von Burg (text) und Marco Zanoni (foto)

Bern Benedikt Weibel, Kandidat für das Präsidium des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV), äussert sich erstmals zur Hooligan-Bekämpfung - deutlich: "Im Fall meiner Wahl werde ich den Kampf gegen die Gewalt in Sportstadien zur Chefsache machen." Für Weibel ist klar, dass der Fussballverband die Führung übernehmen müsse. "Heute hat niemand das Lead; das Thema ist noch nicht als Problem akzeptiert", sagt der ehemalige Sicherheitsdelegierte der Euro 08 im Gespräch mit der SonntagsZeitung. "Verband und Vereine gehen zu zögerlich und zu wenig systematisch gegen den Hooliganismus vor."

Sicherheit soll Kriterium bei Lizenzvergabe sein

Falls Weibel am 13. Juni zum Nachfolger von Ralph Zloczower gewählt wird, wird er den Verbandsorganen und Vereinen umgehend seinen Masterplan gegen Hooliganismus präsentieren, der "ein breites Bündel von Massnahmen" beinhalten wird. Zur Diskussion stellt Weibel folgende zentrale Punkte:

-  Das Sicherheitsdispositiv der Klubs soll ein Kriterium bei der Lizenzvergabe sein.

-  Die Polizei sollte Gewalttäter und solche, die Feuerwerk abbrennen, direkt im Stadion festnehmen dürfen. Weibel: "In England zieht man das rigoros durch mit der Konsequenz, dass es in den Stadien keinerlei Schwierigkeiten mehr gibt." Am Freitag in Bern diskutierte Weibel diesen Punkt auch mit dem Chef der Berner Kantonspolizei, Stefan Blättler.

- Fanbeobachter sollten verbindliche Mandate bekommen. Wenn es Randale gibt, müssen auch sie geradestehen - bis hin zum Stadionverbot,

-  Vereine unterer Ligen sollen zum Schutz von Spielern und Schiedsrichtern je ein oder zwei Verantwortliche bestimmen.

-  Die Klubs sollen mehr an die Sicherheitskosten zahlen. "Die heute unterschiedliche Kosten-beteiligung ist nicht nachvoll- ziehbar, sie muss harmonisiert werden."

- Den Internet-Pranger findet Weibel "absolut in Ordnung".

- Juristische Verfahren gegen Übeltäter sind zu beschleunigen. "Schnellverfahren vor Ort sind ein gutes Mittel. Schläger und Pyro-Täter müssen die Konsequenzen schneller zu spüren bekommen."

Benedikt Weibel ist überzeugt, dass sich ein grösseres finanzielles Engagement von Verband und Vereinen lohnen wird. "Familien und Sponsoren werden sich einen Besuch oder ein Engagement in Stadien künftig noch besser überlegen, wenn nichts geschieht."

Er habe kein Patentrezept, aber man könne und müsse den Trend brechen. Der Fussball in der Schweiz stehe unter starkem Druck: "Die Bevölkerung wird nicht mehr lange hinnehmen, dass wie selbstverständlich eine Viertelmillion Steuergelder für ein Risikospiel ausgegeben wird."

Es sei jetzt Zeit zum Handeln, bevor Schlimmes passiere wie seinerzeit in England. "Ich habe den starken Willen, etwas zu verändern", sagt Weibel.

Offen ist, ob der ehemalige SBB-Chef dazu kommt, seine Ideen gegen Hooligans in Schweizer Stadien umzusetzen. Am 13. Juni entscheidet sich, wer Zloczower an der Verbandsspitze ablöst: Reformer Weibel oder Peter Gilliéron, langjähriger Generalsekretär des SFV.

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Berns Polizeidirektor schiesst gegen Zloczower

Nach den Krawallen rund um den Cupfinal attackiert Berns Polizeidirektor Reto Nause den amtierenden Präsidenten des Fussballverbandes frontal: Er habe von Ralph Zloczower "keine einzige pointierte Aussage" zu den Ausschreitungen gehört, sagte Nause in der "Südostschweiz". Es ärgere ihn "masslos", dass der Verband so wenig für die Sicherheit tue und alles auf die Städte abschiebe. "Wenn es Krawalle gab, dann wurden Politik und Polizei ins Visier genommmen - und nicht die verantwortlichen Verbände."

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Bund 30.5.09

Polizei fahndet im Internet

Cupfinal Die Berner Kantonspolizei veröffentlichte gestern erstmals Fotografien von elf Hooligans und Ultras, die mutmasslich straffällig geworden sind. Am Cupfinal von vergangener Woche sollen die Unbekannten Leuchtfackeln gezündet haben "oder andere schwere Straftaten begangen haben", wie ein Polizeisprecher auf Anfrage sagte.

Derweil forderten SP und CVP gestern in Communiqués, die Steuerzahler von Polizeikosten zu entlasten, die am Rand von Fussballspielen anfallen. YB müsse vermehrt die Kosten tragen. Beide Parteien reichen im städtischen im und kantonalen Parlament entsprechende Vorstösse ein. (phi)

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Nach dem Cupfinal zwischen YB und Sion: Die Kantonspolizei Bern veröffentlicht Fotografien elf mutmasslicher Straftäter

Fahndung im Internet läuft an

Für den Kanton Bern ist es ein Novum: Die Polizei publiziert Bilder unbekannter Hooligans und Ultras, die eine Straftat begangen haben sollen.

Philipp Schori

Eine Frau und zehn Männer prangen seit gestern Nachmittag auf der Internetseite der Berner Kantonspolizei. Den elf Unbekannten wird vorgeworfen, am Cupfinal zwischen den Young Boys und dem FC Sion schwere Straftaten begangen zu haben. Schon wenige Minuten nachdem die Bilder auf www.police.be.ch einsehbar waren, gingen erste Hinweise aus der Bevölkerung ein. Wie viele Internetnutzer die Seite bis gestern Abend anschauten, kann die Kantonspolizei nicht sagen.

Stade de Suisse lieferte Bilder

Es ist längst Usus, dass Bilder mutmasslicher Täter ins Internet gestellt werden. Einem Novum kommt es hingegen gleich, wenn Bilder veröffentlicht werden, welche zur Festnahme von Hooligans oder Ultras führen sollen, die mutmasslich ein illegales Verhalten an den Tag legten. In den Kantonen St. Gallen und Luzern hat die Polizei bereits zu dieser Massnahme gegriffen - nicht aber in Bern. Und das soll erst der Anfang sein: Es handle sich um eine erste Tranche, sagt Polizeisprecher Franz Märki auf Anfrage. Man sei im Besitz von umfangreichem Bildmaterial, das laufend ausgewertet werde. Mit grösster Wahrscheinlichkeit publiziere die Polizei in den kommenden Tagen noch weitere Bilder. Die Fotografien und Filmaufnahmen stammen aus unterschiedlichen Händen. Die Stade de Suisse AG lieferte Bilder aus dem Stadion, die SBB stellten Überwachungsvideos zur Verfügung und auch die Kantonspolizei selbst zeichnete vor, während und nach dem Cupfinal strafrechtlich relevante Szenen auf. Im Weiteren wandte sich die Polizei Anfang Woche mit dem Anliegen an die Bevölkerung, privates Bildmaterial zur Verfügung zu stellen.

Pyros als "Stimmungsmittel"

Die Kantonspolizei ist nicht berechtigt, autonom Fahndungsbilder zu veröffentlichen. Hierzu ist das Einverständnis der Staatsanwaltschaft und des Untersuchungsrichters notwendig. Gestern Nachmittag erfolgte die Zustimmung. Die Voraussetzungen hierfür sind im Gesetzbuch nur vage formuliert: Eine "besonders schwere oder aufsehenerregende Straftat" ist Bedingung.

Die Frage, welche Straftaten die elf Unbekannten begangen haben sollen, vermag die Polizei nicht abschliessend zu beantworten. Jedenfalls handle es sich "um schwere Straftaten" - etwa um das Zünden von Leuchtfackeln im Stadion, sagt Märki. Die Fanarbeit Schweiz bezeichnet die Pyrotechnik als "Stimmungsmittel", wie aus einem Mediencommuniqué hervorgeht, das im letzten Jahr veröffentlicht wurde, nachdem ein Stadionbesucher eine Fackel in den Familiensektor des Basler St.-Jakob-Parks geworfen hatte. Dieser Vorfall wurde von der Fanarbeit Schweiz verurteilt. Gleichzeitig rief diese dazu auf, Leuchtfackeln nicht mit Gewalt gleichzusetzen. Gewalt am Rande von Fussballspielen sei zu verurteilen, sagt YB-Fanarbeiter Lukas Meier. Gleichzeitig sei es unverhältnismässig, wegen Pyrotechnik Fahndungsbilder zu publizieren.

Perspektive des Datenschützers

Die Verhältnismässigkeit ist auch für den Eidgenössischen Datenschützer ein Thema. Er stellt allerdings klar, dass das Datenschutzgesetz im Falle von Straftaten nicht zum Zug kommt. Dennoch gelte es bei solchen Ultima-Ratio-Massnahmen bestimmte Grundsätze einzuhalten. Eine schwere Tat sei Voraussetzung für die Veröffentlichung von Fahndungsbildern auf dem Internet, sagt Eliane Schmid, Sprecherin des Datenschützers. Weiter müsse der Täter noch unbekannt sein, Dritte müssten unkenntlich gemacht werden und schliesslich seien identifizierte Täter umgehend von der Internetseite zu entfernen. Fazit: Das Internet darf nicht zum Pranger mutieren. Zur aktuellen Debatte in Bern nahm der Eidgenössische Datenschützer nicht Stellung, da dieser Fall in die Zuständigkeit des kantonalen Datenschützers fällt. Dieser mochte sich gestern nicht zum Novum im Kanton äussern.

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BZ 30.5.09

Hooligans

Bereits die ersten Hinweise

Seit gestern sind die Bilder mutmasslicher Randalierer vom Cupfinal im Internet. Die Polizei hat schon erste Hinweise erhalten.

Mit Bildern von mutmasslichen Straftätern anlässlich des Cupfinals wollen die Berner Justiz und die Polizei Hooligans identifizieren und strafrechtlich verfolgen. Gestern wurden zwölf Fotos mutmasslicher Straftäter im Internet unter der Adresse www.police.be.ch aufgeschaltet. Kaum waren die Bilder im Netz, gingen bei der Polizei schon Hinweise aus der Bevölkerung ein. Das bestätigte gestern Abend Kantonspolizeisprecher Franz Märki.

Die Polizei und das Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland wollen mit dieser Aktion Personen, die im Rahmen des Cupendspiels in Bern schwere Straftaten begangen haben, identifizieren und strafrechtlich verfolgen. Die Kantonspolizei ist im Besitz von umfangreichem Bildmaterial, welches jetzt ausgewertet wird. Mit der Veröffentlichung der Bilder machen die Untersuchungsbehörden von einer gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch, wonach die Öffentlichkeit bei der Aufklärung von schweren Straftaten zur Mithilfe aufgefordert werden kann (Artikel 71, Gesetz über das Strafverfahren).

Die Kantonspolizei Bern bittet Personen, die Angaben zu den abgebildeten Personen machen können, sich zu melden. Telefon 031 6344111.
 jsp

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Gewalt

YB will handeln

Der politische Druck auf Sportklubs nimmt auch aus dem Grossen Rat zu. YB-Chef Niedermaier kündigt Massnahmen an.

Nach den Ausschreitungen rund um den Cupfinal fordern Berner Politiker von links bis rechts, die Polizeikosten bei Sportanlässen auf die Klubs überzuwälzen. Nach Vorstössen im Berner Stadtrat (wir berichteten) wurde nun auch im Grossen Rat seitens der EVP ein entsprechender Vorstoss eingereicht. Ab Juli dieses Jahres beteiligen sich der SCB und die Young Boys erstmals mit je 60000 Franken pro Saison an den Sicherheitskosten. Gemäss den aktiv gewordenen Politikern ist der Betrag zu gering.

Zum zunehmenden politischen Druck und den Vorstössen will sich YB-Chef Stefan Niedermaier nicht äussern. Doch gestern hat er angekündigt, der Klub werde auf die neue Saison hin so oder so weitere Massnahmen ergreifen, um das Gewaltproblem einzudämmen. "Gemeinsam mit der Fanarbeit Bern analysieren wir jede Partei des vergangenen Jahres und ziehen daraus unsere Schlüsse." Gestützt darauf würden neue Massnahmen entwickelt.
tob

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Südostschweiz 30.5.09

Nause kritisiert den Fussballverband

Bern. - Reto Nause, Sicherheitsdirektor der Stadt Bern, übt heftige Kritik am Schweizerischen Fussballverband und seinem Präsidenten Ralph Zloczower. Dieser kümmere sich trotz griffigen Instrumentariums viel zu wenig um das Sicherheitsproblem im Fussball, erklärt Nause im Interview mit der "Südostschweiz". Die Krawalle am Rande des Cupfinals zwischen den Young Boys und dem FC Sion in Bern hätten gezeigt, dass der Dachverband und die Fussballclubs endlich aktiv werden müssten.

Nause erhebt den Mahnfinger auch gegenüber den Vereinen selbst. Er weist darauf hin, dass die Städte den Verbänden den grössten Teil der Sicherheitskosten überwälzen könnten. In Bern sei bereits ein Vorstoss mit der entsprechenden Zielsetzung hängig. (fr) Interview Seite 15

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"Der Fussballverband vollzieht seine Richtlinien mangelhaft"

Der Berner Gemeinderat Reto Nause attackiert die Schweizer Fussballfunktionäre: Die Krawalle nach dem Cupfinal hätten gezeigt, dass vor allem Dachverbandspräsident Zloczower seine Verantwortung im Sicherheitsbereich nicht wahrnehme.

Mit Reto Nause sprachen Fabian Renz und Simon Fischer

Herr Nause, wie wollen Sie als Sicherheitsdirektor der Stadt Bern Krawalle wie nach dem Cupfinal vom 20. Mai inskünftig verhindern?

Reto Nause: Es ärgert mich masslos, dass man von uns Städten erwartet, das Sicherheitsproblem im Fussball zu lösen. Unser Instrumentarium, hier lenkend einzugreifen, ist sehr beschränkt.

Wer steht dann in der Pflicht?

Gar keine Frage: die Clubs und vor allem der Schweizerische Fussballverband.

Und dort wird bis jetzt zu wenig getan?

Das ist meines Erachtens ganz klar so. Die Cupfinal-Krawalle sind ja nur ein Beispiel für Ausschreitungen in dieser Saison.

Was müssten Verband und Clubs denn tun?

Die Clubs wären gemäss den Richtlinien der Swiss Football League für die Sicherheit in und um die Stadien verantwortlich. Krawallmacher müssen aus der Anonymität herausgerissen und bestraft werden. Auf Clubs, die hier zu passiv bleiben, hätte der Fussballverband entsprechenden Druck auszuüben. Sein Instrumentarium hierzu ist eigentlich sehr umfangreich. Er kann Disziplinarmassnahmen aussprechen. Er kann eine Reduktion der Stadionkapazität erzwingen oder die Schliessung eines Teils des Stadions anordnen. Er kann Clubs verpflichten, bestimmten Personen den Stadioneintritt zu verbieten usw. Haben Sie etwa mitbekommen, dass diese Massnahmen in der laufenden Saison mit aller Konsequenz angewandt wurden? Es scheint, dass die Richtlinien mangelhaft vollzogen werden.

"Die Clubs sollten endlich aktiv werden"

So einfach ist es für die Clubs aber doch auch nicht. Wie soll denn etwa der Schmuggel von Feuerwerkskörpern in das Stadion verhindert werden, wenn sie zum Teil von Frauen im Intimbereich versteckt werden?

Es stimmt schon, dass sich dieser Schmuggel nicht mit letzter Sicherheit unterbinden lässt. Mich irritiert aber gewaltig, wenn wie am Cupfinal gut 20 Feuerwerkskörper gezündet werden - und dann einfach nichts geschieht. Man muss die Übeltäter doch zur Rechenschaft ziehen. Ich habe auch nach dem Spiel nirgendwo eine pointierte Aussage von Verbandspräsident Ralph Zloczower gehört, in der er die Ausschreitungen verurteilt hätte. Das finde ich schon sehr merkwürdig.

Woher rührt Ihrer Meinung nach diese Passivität?

Das müssen Sie Herrn Zloczower fragen. Tatsache ist, dass es die Verbandsfunktionäre in der Vergangenheit sehr einfach hatten. Wenn es Krawalle gab, dann wurden Politik und Polizei ins Visier genommmen - und nicht die eigentlich verantwortlichen Verbände. Es kommen von dieser Seite her im Übrigen auch nach dem Cupfinal ziemlich irritierende Aussagen. Kürzlich erklärte ein Fan-Arbeiter in einem Interview, das Zünden von Feuerwerkskörpern gehöre eben zur Fan-Kultur. In den Sicherheitsrichtlinien der Swiss Football League ist der Umgang mit Pyrotechnik sehr strikt und sehr genau geregelt. Der Verstoss gegen das eigene Regelwerk soll also Fan-Kultur sein? Da "lüpft" es mir wirklich den Deckel!

Verfügen Sie über Druckmittel gegenüber den Clubs und Verbänden?

Unser einziges Druckmittel ist die Überwälzung der Kosten für die Polizeieinsätze. Laut Bundesgericht könnten wir bis zu 80 Prozent des Sicherheitsaufwands den Verbänden in Rechnung stellen. Das wäre für die Clubs aber ungeheuer schmerzhaft. Und wir wollen den Clubfussball ja nicht kaputtmachen, sondern stützen. Im Berner Stadtparlament ist freilich bereits ein Vorstoss aufgegleist, der von den Young Boys und dem SC Bern eine Beteiligung von bis zu 50 Prozent verlangt. Wird er angenommen, muss ich ihn umsetzen. Die Clubs sollten im eigenen Interesse endlich selber aktiv werden.

Wie beurteilen Sie das Engagement von Bundesrat Ueli Maurer in der Hooligan-Frage?

Er hat primär die Idee mit den Schnellgerichten lanciert. Die Massnahme macht von mir aus gesehen Sinn. Aus dem Jugendstrafrecht weiss man, dass das Unrechtsbewusstsein massiv sinkt, wenn zu viel Zeit bis zu einem Gerichtsurteil vergeht und die Delinquenten gar nicht erst persönlich vor den Behörden antraben müssen.

Sind die Cupfinal-Wirren Ihr erster grosser "Ablöscher" in Ihrer neuen Regierungsposition?

Einer von zweien. Der andere war der Sturm tamilischer Demonstranten auf die indische Botschaft am 11. Mai; das war auch eine ganz schwierige Geschichte. Insgesamt hatten wir die Sicherheitslage in Bern in den letzten Monaten aber gut im Griff, obwohl es so viele Kundgebungen wie kaum je zuvor gab.

Vermissen Sie nach Krawallen wie am 20. Mai manchmal die ruhige Zeit als CVP-Generalsekretär?

Dort hatten wir "kreativen Krawall", was Wahl- und Abstimmungskämpfe betrifft. Wir standen dort genauso im medialen Fokus. Aber die Entscheide, die ich heute als Sicherheitsdirektor treffen muss, haben natürlich schon eine ungleich grössere Tragweite.

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Reto Nause ...

... steht seit Anfang Jahr der Stadtberner Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie vor. Landesweite Bekanntheit erlangte er aber vor allem als Generalsekretär der CVP Schweiz; dieses Amt übte er bis zur Wahl in den Berner Gemeinderat (Exekutivbehörde) 2008 aus. Der ursprünglich aus dem Kanton Aargau stammende 38-Jährige ist verheiratet und wird demnächst zum ersten Mal Vater.

Die Ausschreitungen nach dem Fussball-Cupfinal am 20. Mai in Bern waren gewissermassen Nauses Feuertaufe als Sicherheitsdirektor. Bei den Krawallen vor und nach dem Match entstand hoher Sachschaden, mehrere Personen wurden verletzt. (fr)

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NZZ 30.5.09

Schneller Einsatz des Internet-Prangers

Kritik am Vorgehen der Berner Polizei

 tri.  Nachdem die Polizeien von St. Gallen und Luzern in diesem Jahr bereits Bilder von gewalttätigen Fussballfans ins Internet gestellt hatten, um Hinweise über deren Identität zu erhalten, ist nun auch die Berner Kantonspolizei diesem Beispiel gefolgt. Sie hat am Freitagnachmittag Fotos von elf unbekannten Fussball-Randalierern auf ihrer Website publiziert, die am Cup-Final vom 21. Mai zwischen den Berner Young Boys und dem FC Sion schwere strafbare Handlungen begangen haben sollen. Aussergewöhnlich im Fall von Bern ist, dass die Veröffentlichung der Bilder bereits rund eine Woche nach den Ausschreitungen stattfand. Im Fall von St. Gallen war das umstrittene Verfahren erst nach drei viertel Jahren, im Fall von Luzern nach sechs Wochen angewendet worden. Denn klar ist, dass aus datenschutzrechtlichen Gründen solche Bilder nicht direkt nach Ausschreitungen ins Internet gestellt werden dürfen, sondern erst, wenn die zuständige Polizei mit ihren Ermittlungen nicht mehr weiterkommt.

 Die Frage drängt sich auf, ob etwa die von Bundesrat Maurer am vergangenen Wochenende erhobenen Forderungen nach einer Entanonymisierung der Fussball-Krawallmacher eine beschleunigende Wirkung entfaltet hat. Bei der Berner Kantonspolizei wird dem widersprochen. Wie deren Sprecher Jürg Mosimann auf Anfrage sagte, haben die Ermittlungen sehr wohl stattgefunden. Die Identifizierung der Leute sei aber sehr schwierig. Den Schritt in die Öffentlichkeit habe man in Zusammenhang mit Fussball-Ausschreitungen erstmals gewählt, weil die Ereignisse rund um den Cup-Final ein bisher noch nicht gekanntes Ausmass gehabt hätten. Sowohl der Untersuchungsrichter wie der Staatsanwalt müssten zudem einverstanden sein, damit eine Person überhaupt an den sogenannten Internet-Pranger gestellt werden darf. Bedingung dafür ist, dass anhand des gesammelten Bildmaterials ein schweres Vergehen oder Verbrechen nachweisbar ist.

 Lukas Meier vom Verein "Fanarbeit Bern" bezeichnet das Vorgehen der Berner Polizei hingegen als fragwürdig. Er vermutet, dass die schnelle Veröffentlichung der Bilder Folge der medialen Hysterie ist. Gerade auch der politische Druck, die Krawallmacher rasch zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen, kann seiner Meinung nach dazu führen, dass nicht erst alle anderen polizeilichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Schliesslich hätten die Fälle St. Gallen und Luzern sehr schnelle Erfolge gebracht, so Meier. In beiden Fällen wurden mehrere der gesuchten Personen dank Hinweisen aus der Bevölkerung identifiziert, oder diese stellten sich gleich selbst der Polizei (NZZ 27. 05. 09).

 Bei der Zürcher Stadtpolizei, die momentan die Veröffentlichung von Bildern im Zusammenhang mit den Ausschreitungen am Bahnhof Altstetten vom 17. Mai ernsthaft prüft, möchte man sich zum Vorgehen der Berner Kollegen nicht äussern. Wie Polizeisprecher Marco Cortesi auf Anfrage sagte, dauern die Ermittlungen in Zürich noch immer an. Der Internet-Pranger soll aber - auch wenn er schnelle Erfolge bringen möge - aus datenschutzrechtlichen Gründen nach wie vor nur in Einzelfällen und nach Ausschöpfung aller anderen Ermittlungsverfahren zum Zuge kommen.

 Weiterer Bericht Seite 11

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police.be.ch 29.5.09
http://www.police.be.ch/site/index/pom_kapo_news/pom_kapo_aktuell_medienmitteilungen/pom_kapo_aktuell_mm-detail.html?newsid=30375&cat=mm (mit Fotos)

Medienmitteilung vom 29. Mai 2009

Strafbare Handlungen im Rahmen des Cupfinals

Mutmassliche Straftäter im Internet

pkb. Vor, während und nach dem Cup-Final zwischen dem BSC Young-Boys und dem FC Sion vom Mittwoch, 20. Mai 2009 wurden nebst Sachbeschädigungen mutmasslich auch schwere Straftaten begangen. Bilder mutmasslicher Straftäter sind im Internet unter www.police.be.ch aufgeschaltet.

Die Kantonspolizei Bern und das zuständige Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland haben sich zum Ziel gemacht, Personen, welche im Rahmen des Cup-Endspiels in Bern mutmasslich schwere Straftaten begangen haben, zu identifizieren und ins Recht zu fassen.

Die Kantonspolizei Bern ist im Besitz von umfangreichem Bildmaterial, welches jetzt laufend ausgewertet wird. Mit der Veröffentlichung im Internet machen die Untersuchungsbehörden von einer gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch, wonach die Öffentlichkeit bei der Aufklärung von schweren Straftaten zur Mithilfe aufgefordert werden kann (Art. 71, Gesetz über das Strafverfahren). Mit dieser Massnahme erhoffen sie sich, unbekannte Personen identifizieren zu können.

Die Kantonspolizei Bern bittet Personen, welche Angaben zu den nachstehend abgebildeten Personen machen können, sich mit ihr in Verbindung zu setzen. Tel. 031 634 41 11.

Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland

(jümo)

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NEONAZIS CH
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Sonntagsblick 31.5.09

Neonazi-Heuchelei für Kinder

Mitorganisatorin der Kundgebung gegen Kinderschänder vom 13. Juni in Aarau ist die rechtsradikale "Frei Nationale Kameradschaft Schweiz-Germania" (FNK). Geplant sei eine "friedliche Kundgebung", schreiben die Initianten. Bei der Frage, ob die Demonstration eine Bewilligung erhält, gibt sich die Stadtpolizei Aarau bedeckt. Offener zeigt sich der Dienst für Analyse und Prävention in Bern. Nach ihm vorliegenden Informationen handle es sich in Aarau "um das gleiche rechtsextreme Umfeld", das bereits im Oktober 2007 in Appenzell an einer unbewilligten Kundgebung in Erscheinung getreten sei.

Für den Basler Rechtsextremismus-Experten Samuel Althof (53) ist klar, dass Rechtsaussen im Inund Ausland mit Anti-Kinderschänder-Demonstrationen versuchten, "ihre rassistische und demokratiefeindliche Ideologie zu verschleiern". Mit scheinbar humanen Argumenten werde versucht, von den Behörden eine Demobewilligung zu erhalten. "So eine Kundgebung bildet jedoch eine Plattform für Rechtsextreme."  
Iso Ambühl

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RECHTSEXTREME BRD
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Spiegel 30.5.09

Rechtsextreme

"Patriotische Pflicht"

 Brandenburgs erfolgreicher Widerstand gegen den braunen Mob

Berg, Stefan Deggerich, Markus

Der militante Rechtsextremismus in Deutschland ist so stark wie selten zuvor. Doch ausgerechnet das lange verrufene Brandenburg organisiert erfolgreich Widerstand gegen den braunen Mob.

Während Hunderttausende unter freiem Himmel in Berlin den 60. Geburtstag des Grundgesetzes feierten, wollten 50 Kilometer südlich am selben Tag Rechtsextremisten ihre Macht demonstrieren. Ihr Motto für den 23. Mai: "Demokraten sind der Volkstod".

Aber Luckenwalde sperrte sich gegen die ungebetenen Gäste: Schüler malten Plakate, Dennis H., der die Neonazi-Demonstration angemeldet hatte, fand sein Foto mit Adresse und vollem Namen im Internet wieder, Polizei und Staatsanwaltschaft rückten vor der Demo aus, beschlagnahmten Computer und Unterlagen und ermitteln wegen "Verunglimpfung des Staates".

Am Ende brachte eine Gegendemonstration in der brandenburgischen Stadt weit mehr Teilnehmer auf die Beine als die Rechtsextremen, ein "Demokratiefest" im Zentrum zog die Aufmerksamkeit auf sich. Abends griffen Hunderte Bürger zum Besen, versammelten sich zum "Kehraus": Luckenwalde, so die Botschaft, toleriert keinen braunen Dreck.

Die Geschichte aus Luckenwalde ist eine gegen einen Trend, von dem ein sichtlich zerknirschter Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wenige Tage zuvor berichtet hatte. Einen neuen Höchststand an rechtsextremen Straftaten verzeichnet das Bundeskriminalamt, Verfassungsschützer registrieren einen Zuwachs der sogenannten Autonomen Nationalisten, die gezielt Randale anzetteln, gegen Gewerkschafter oder gegen Polizisten vorgehen; außerdem mehr Nazi-Aufmärsche. Wer die Vorstellung des Verfassungsschutzberichts erlebte, musste den Eindruck gewinnen, der Rechtsextremismus sei ein Schicksal, an das sich die Deutschen gewöhnen müssten - oder mit dem sie sich längst abgefunden haben.

Gute Nachrichten zu verbreiten ist vielleicht nicht die Aufgabe eines Innenministers. Aber er hätte es durchaus tun können. Inmitten seiner Statistiken ist eine Zahl fast unbemerkt geblieben, die zeigt, dass Gewalt von rechts eben kein Schicksal sein muss. Auch nicht im Osten Deutschlands, wo die Zahl der Straftaten besonders hoch ist. Entgegen dem Bundestrend ist in Brandenburg die Zahl rechtsextremer Gewalttaten deutlich zurückgegangen (siehe Grafik). Noch immer gibt es auch in diesem Land viel zu viele Straftaten von Rechtsextremen. Aber sowohl der Verein Opferperspektive als auch die zuständige Generalstaatsanwaltschaft bestätigen die Tendenz zur Besserung.

Jahrelang kamen aus Brandenburg ausschließlich Schreckensmeldungen. Auf Zeltplätzen wurden Schüler überfallen, Menschen zu Tode gehetzt. Städte wie Bernau oder Schwedt galten als "Browntown", Touristenführer erklärten ganze Landstriche zu "No-Go-Areas", in Schulen etablierten Rechtsextreme mit Nazi-Musik eine eigene Jugendkultur. Das Bundesland galt nicht nur als Hochburg der Neonazis, sondern auch als Zentrale der Verharmloser. Manfred Stolpe (SPD), von 1990 bis 2002 Ministerpräsident, entschuldigte viel zu lange jugendliche Gewalttäter - sie seien Opfer der Wendewirren.

Wie bei einer Suchttherapie war der erste Schritt zur Bessererung das Eingestehen des Problems. Stolpes Nachfolger redete Klartext. "Brutale Angriffe, offene Ausgrenzung von Menschen aus anderen Ländern, von anders Aussehenden oder anders Denkenden - das alles ließ und lässt sich nicht unter der Rubrik ,Isolierte Einzelfälle' verbuchen", sagt Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) in der Rückschau.

Es war eine Art Zangenbewegung, mit der sich Brandenburg daranmachte, die Rechtsextremen zurückzudrängen, zivilgesellschaftliches Engagement auf der einen Seite, Druck durch die Staatsorgane auf der anderen. Auch Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat es an klaren Signalen nicht missen lassen. Jeder Polizist wurde von ihm per Erlass zum verschärften Kampf gegen die Neonazis verpflichtet.

Die Beamten bekamen Anweisung, jede noch so belanglos erscheinende Tat zu erfassen - jedes Hakenkreuz, jeden Hitlergruß im Suff. Dadurch wurde es möglich, "täterorientierte Maßnahmen" zu ergreifen, ob an Tankstellen oder Bahnhöfen. Stück für Stück wurde der Verfolgungsdruck erhöht.

Und die Justiz zog mit. Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg drängte auf beschleunigte Verfahren. "Für mich persönlich", so Rautenberg, "ist die strafrechtliche Bekämpfung des Rechtsextremismus keine normale Berufserfüllung, sondern geradezu eine patriotische Pflicht." Der Chefermittler, der in der Bundesanwaltschaft einst gegen Terroristen von links vorgegangen war, schreckte nicht davor zurück, rechtsextreme Gruppen als terroristische Vereinigung einstufen. 2004 klagte er das "Freikorps Havelland" als Terrorgruppe an. Die Gruppe hatte sich die Vertreibung von Ausländern aus dem Havelland zum Ziel gemacht und zehn Imbissbuden angezündet.

Anfangs wurde Rautenberg dafür belächelt, "überzogen" sei sein Vorgehen, schließlich seien die Täter doch Jugendliche. Der Bundesgerichtshof aber bestätigte das Urteil gegen fünf Gründungsmitglieder, auch die Einstufung als "terroristische Vereinigung". Das harte Vorgehen gegen die Szene war nicht ohne persönliches Risiko: Auf einer CD einer Nazi-Band wurde gegen den Chefermittler eine Morddrohung ausgesprochen. Auf das Cover einer anderen CD wurde das Bild eines Oberstaatsanwalts aus Neuruppin gedruckt.

Auch Andreas Müller wurde zum Feindbild der Neonazis. Müller arbeitet in Bernau, als Jugendrichter am Amtsgericht. Und Bernau war eine jener rechten Hochburgen, in der sich Farbige, Linke oder Schwule nicht angstfrei bewegen konnten. 1998 wurde hier eine Jugendgruppe aus West-Berlin angegriffen, nur weil ein Junge türkisch aussah. Er könne "es einfach nicht ertragen, wenn Menschen anderer Herkunft oder anderer Meinung Angst haben müssen", sagt Müller, "die Macht liegt beim Staat. Auf der Straße darf es keine Macht geben". Den martialischen Worten ließ der Richter Taten folgen. Über 100 Neonazis hat er verurteilt.

Der Staat kann wirksam reagieren, wenn er nur will. Müller hat jugendliche Skinheads im Gerichtssaal in Handschellen abführen lassen. Er sorgte dafür, dass die Anklagen schnell auf seinen Tisch kamen, nicht erst Wochen nach den Taten. Und er wusste, um welche Symbole man kämpfen muss. "Ich habe Springerstiefel im Gerichtsaal einkassiert. Es sind Waffen", sagt er. Ein NPD-Funktionär sagte in seiner Verhandlung in Socken aus, Müller hatte ihm den Zutritt in Springerstiefeln verweigert. Die Null-Toleranz-Linie zeigt Erfolge: Die Polizei Bernau registrierte 2007 und 2008 kein rechtes Gewaltdelikt mehr.

Die harte Linie setzt sich inzwischen durch. Wegen Mordes wurden jüngst zwei Männer verurteilt, die im vergangenen Jahr einen Arbeitslosen in Templin stundenlang bestialisch misshandelt hatten, bis er starb. Ein Fall, der zeigt, dass es noch zu früh ist, Entwarnung zu geben. Der Vorsitzende Richter betonte in der Urteilsbegründung, das "neonazistische Menschenbild" der Angeklagten habe bei der Auswahl des Opfers eine Rolle gespielt. Sie hätten sich "als Herr über Leben und Tod" aufgespielt und aufgrund ihrer Gesinnung den Arbeitslosen als minderwertig angesehen. Der 19 Jahre alte Sven P. wurde nach Jugendstrafrecht zur Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt. Ein Mitangeklagter, der 22-jährige Christian W., wegen Beihilfe zum Mord zu neun Jahren und drei Monaten Gefängnis.

So symbolisch solche Urteile sind, glaubt Generalstaatsanwalt Rautenberg, "so wichtig ist das Besetzen öffentlicher Plätze". Jahrelang missbrauchten Rechtsextreme aus ganz Deutschland den Ort Halbe, 35 Kilometer südlich von Berlin, für ihr "Heldengedenken". Auf dem Waldfriedhof Halbe liegt die größte Kriegsgräberstätte Deutschlands mit über 22 000 Gefallenen aus dem Zweiten Weltkrieg. Immer am Volkstrauertag marschierten die Braunen durch Halbe, die 2200 Einwohner schlossen Fenster und Türen und hofften, dass der Spuk einfach verginge.

Sozialarbeiterin Anne Böttcher wollte nicht länger zusehen. Zunächst nur mit ein paar Mitstreitern überlegte sie, "wie wir die Stadt zurückerobern". Das "Aktionsbündnis gegen Heldengedenken und Nazi-Aufmärsche in Halbe" fand Verbündete. Die Landesregierung schickte eines seiner "Mobilen Beratungsteams", das Kommunen und Bürgerinitiativen bei der Auseinandersetzung mit den Extremisten unterstützt. In Halbe gingen die Aktivisten von Haus zu Haus, "um den Menschen Mut zu machen", so Böttcher.

Im November 2005 blockierten mehrere tausend Menschen erstmals den Marsch der Neonazis zum Soldatenfriedhof. Die Landespolitik reagierte: Sie verabschiedete ein "Gräberstätten-Versammlungsgesetz", das aus dem Areal um den Waldfriedhof braunes "Heldengedenken" verbannt. Mittlerweile haben die Neonazis Halbe aufgegeben - inzwischen gibt es keine Nazi-Aufmärsche mehr zum "Heldengedenken".

Das Beispiel hat Schule gemacht. Als die Rechtsextremen ihre Aufmärsche in das hundert Kilometer entfernte Seelow verlegen wollten, wurde kurzerhand per Rechtsverordnung auch um den dortigen Friedhof eine Bannmeile gezogen.

Stefan Berg, Markus Deggerich

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ANTI-ATOM
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bernerzeitung.ch 30.5.09

Freude und Skepsis wegen Atomausstieg

Links-grüne Parteien haben erfreut auf die Ankündigung des Berner Gemeinderats reagiert, spätestens 2039 keinen Atomstrom mehr zu beziehen. "Ja, aber" sagen CVP und FDP, klar Nein die SVP.

Mit der neuen Eignerstrategie schaffe die Stadt den Spagat zwischen Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit, schreibt die grösste Partei der Stadt Bern, die SP, in einer Mitteilung. Die Strategie setze auch ein klares Bekenntnis zu einem stadteigenen Unternehmen.

Das Grüne Bündnis begrüsst das Dokument ebenfalls, schreibt aber, Strategien könnten wieder abgeändert werden. Deshalb brauche es die Initiative "EnergieWendeBern" trotzdem. Findet sie im Volk Unterstützung, muss Bern den Ausstieg innert 20 Jahren nach Annahme der Initiative geschafft haben.

"Einzig richtiger Weg"

Als "einzig richtigen Weg" bezeichnen die Grünliberalen die Eignerstrategie, während für die CVP der Stadt der Atomausstieg nur dann richtig ist, wenn er klimaneutral ausfällt. Wenn also beispielsweise keine Gaskraftwerke an die Stelle von AKWs treten. Die CVP vermisst auch Aussagen zur Tarifgestaltung.

FDP-Präsidentin Dolores Dana sagt auf Anfrage, persönlich finde sie den geplanten Atomausstieg gut. Sie stelle aber auch fest, dass der Stromverbrauch ständig steige und sei deshalb skeptisch, dass die Kundschaft die Strategie mittrage. Sie fordert, dass sich die Linke nun hinter Wasserkraftprojekte wie KWO plus stellt.

"Klar falsch"

Als klar falsch bezeichnet der Vizepräsident der SVP Stadt Bern, Thomas Fuchs, das Atomausstiegsziel des Gemeinderats. Falsch, weil nicht realistisch. Im liberalisierten Markt werde die Kundschaft den Stromlieferanten nach Preis wählen. Deshalb werde Atomstrom weiterhin gefragt sein, so Fuchs auf Anfrage.

Die SP Kanton Bern schreibt, dass "jetzt endlich" auch die BKW ihre Energiezukunft ohne AKWs planen solle. Notiz an die Redaktion: Reaktionen (sda)

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Bund 30.5.09

Stadt Bern auf dem Weg zur Energiewende

Eignerstrategie Der Gemeinderat der Stadt Bern hat die neue Eignerstrategie für Energie Wasser Bern (EWB) verabschiedet. Sie berücksichtigt sowohl die Interessen der Stadt als Eigentümerin als auch jene des Energieversorgers EWB, der sich im liberalisierten Markt behaupten muss. Die Strategie legt den Ausstieg aus der Atomenergie bis spätestens 2039 fest.

Auf diesen Zeitpunkt endet die reguläre Lebensdauer des Atomkraftwerks Gösgen, an dem EWB beteiligt ist. Der Ausstieg aus dem Atomkraftwerk Fessenheim erfolgt früher; Ersatz ist vorhanden: Bei der neuen Kehrichtverwertungsanlage KVA Forsthaus baut EWB ein neues Holz-Kombi-Kraftwerk. Für das Umsteigen auf erneuerbare Energien rechnet EWB mit Investitionen von mehreren Hundert Millionen Franken. Pläne für konkrete Beteiligungen gibt es aber noch nicht. (dv)

Kommentar rechts, Seite 25

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Die neue Eignerstrategie für Energie Wasser Bern (EWB) zielt auf den Ausstieg aus der Atomkraft bis spätestens 2039

EWB schnürt grösstes Investitionspaket

EWB muss jedes Jahr neue Produktionskapazitäten von 11 Gigawattstunden schaffen, um bis 2039 vom Atomstrom wegzukommen. Dies ist das ambitiöse Ziel der gestern präsentierten Eignerstrategie.

Daniel Vonlanthen

Berns Gemeinderat Reto Nause (cvp), Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie, sagte es gestern vor den Medien klipp und klar: "Es ist das grösste Investitionsprogramm in der Geschichte von EWB." Die Eignerstrategie für Energie Wasser Bern soll die Eigenständigkeit des städtischen Unternehmens auf der Grundlage von Nachhaltigkeit, Effizienz und Ökologie stärken und den Ausstieg aus der Atomenergie bis spätestens 2039 ermöglichen. Nause bekannte sich voll und ganz zur Strategie: "Die Ziele sind realistisch. Sie sind finanzierbar und technisch machbar."

Mit dem Bekenntnis zum Atomausstieg bis 2039 ist Bern zwar schneller als etwa die Stadt Zürich, die sich bis 2044 Zeit lassen will. Zürich hat aber bereits erhebliche Investitionen in Windenergie beschlossen. Basel hat das Ausstiegsziel bereits heute nahezu erreicht.

Druck der "Energiewende"

Das Hauptziel ist so formuliert: EWB geht keine neuen Beteiligungen an Kernkraftwerken ein und verlängert die bestehenden Verträge mit Fessenheim und Gösgen nicht. Innerhalb der Betreibergesellschaft setzt EWB sich für die Stilllegung des Atomkraftwerks Gösgen nach Ablauf der Regellaufzeit ein, also bis spätestens 2039. Den Grundsatz des Verzichts auf Atomstrom hat die Stadt Bern in der Gemeindeordnung festgeschrieben. Die städtische Volksinitiative "Energiewende Bern", die im letzten November mit 5900 Unterschriften eingereicht wurde, fordert den Atomausstieg innert 20 Jahren (siehe Kasten). Diese beschleunigte Gangart bezeichnete Nause indes als unrealistisch. Der Gemeinderat werde den Dialog mit dem Initiativkomitee suchen.

EWB gehört der Stadt - ein Verkauf oder Teilverkauf steht heute nicht mehr zur Diskussion. Erste Priorität räumt der Gemeinderat der Versorgungssicherheit ein. An zweiter und dritter Stelle stehen Werterhalt sowie Nachhaltigkeit, Effizienz und Ökologie. Bei biologischen Energieträgern soll bevorzugt Wärme-Kraft-Kopplung eingesetzt werden. Der Bau grosser Gaskraftwerke kommt nur als "Notfall-Option" infrage. Vermehrt soll EWB auch in der Region Bern tätig werden.

Ersatzbedarf von 11 GWh

50 bis 60 Prozent des EWB-Stroms stammt heute aus Atomkraft. Damit der Ausstieg bis 2039 gelingt, muss EWB jährlich durchschnittlich 11 Gigawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien dazugewinnen. Dies entspricht etwa einem Prozent des gesamten jährlichen Stromverbrauchs in der Stadt Bern beziehungsweise dem Verbrauch von rund 2800 Haushalten. "Das Ziel ist ambitiös, aber realistisch", sagte auch EWB-Verwaltungsratspräsident Daniel Kramer. Konkrete Projekte für grössere Beteiligungen gibt es aber vorerst nicht. Das Ausstiegsprogramm kostet EWB mehrere Hundert Millionen Franken. Bis zur Stilllegung des Atomkraftwerks Gösgen sollen die "tiefen Gestehungskosten" genutzt werden. Die Erhöhung der Grimselseestaumauer durch die Kraftwerke Oberhasli KWO, an denen EWB beteiligt ist, bleibt eine Option. Für den Atomausstieg sei dieses Projekt allerdings nicht zwingend, sagte Kramer. Geothermie wird ebenfalls als Alternative aufgeführt, laut Kramer kommen hierfür Projekte im benachbarten Ausland infrage. Die Gewinnausschüttung an die Stadt Bern bleibt Gegenstand jährlicher Verhandlungen. EWB kann sich innerhalb der Vorgaben frei bewegen. Die Ziele des Gemeinderats fliessen in die EWB-Unternehmensstrategie, die derzeit ausgearbeitet wird. Produktion, Energiebeschaffung und Energieberatung erhalten einen höheren Stellenwert. Die vom Gemeinderat Mitte Mai verabschiedete Eignerstrategie ersetzt jene aus dem Jahr 2004.

Debatte im Stadtrat

Der Leiter des Amts für Umweltschutz, Adrian Stiefel, lobte die gute Zusammenarbeit zwischen der Stadt als Eignerin und ihrem Energieunternehmen. Stetiges Controlling werde zeigen, ob EWB mit dem Umbau des Produktionsportfolios auf Zielkurs ist. Dem Amt für Umweltschutz kommt bei der Umsetzung der strategischen Energieziele eine Schlüsselrolle zu. Die Eignerstrategie liegt in abschliessender Kompetenz des Gemeinderats; der Stadtrat wird sie lediglich zur Kenntnis nehmen. Ende April hatte die Mehrheit des Stadtparlaments bereits in der unverbindlichen Postulatsform und gegen den Willen der Bürgerlichen die Abkehr von der Atomenergie bekräftigt.

CVP will Gewinnbeteiligung

In ersten Reaktionen begrüssten die Parteien gestern die Stossrichtung: "Die Ausrichtung von EWB als Erzeugerin von sauberem Strom ist sinnvoll - Energieeffizienz und Versorgungssicherheit sind vorrangig", schreibt Nauses Partei, die CVP. Die Eignerstrategie müsse aber breit diskutiert werden können, so auch im Stadtrat. Die CVP bemängelt hingegen die fehlenden Vorgaben betreffend Tarifierung. Die Kundschaft müsse am Gewinn beteiligt werden. Für die CVP kommt der Atomausstieg nur dann infrage, "wenn er klimaneutral ist, wenn also keine fossilen Kraftwerke genutzt werden". Den Ausstieg an den Ablauf der Regellaufzeit von Gösgen zu koppeln, sei falsch: Die allfällige Verlängerung des Betriebs dürfe nicht verbaut werden.

SP stellt Forderung an BKW

Die SP hatte sich stets für den Verbleib von EWB im Eigentum der Stadt stark gemacht. Der Spagat zwischen Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit ist nach Ansicht der SP Stadt Bern gelungen. Ein positives Zeichen setze der Gemeinderat in der Personalpolitik: Die Verankerung von Gesamtarbeitsvertrag und Lehrlingsausbildung sei begrüssenswert. Der Atomausstieg erfolgt laut SP aber zu gemächlich. Die kantonale SP möchte die Strategie kantonsweit anwenden: Auch die BKW FMB Energie AG müsse dem Beispiel EWB folgen. Die Atomenergie sei eine "rückwärtsgewandte, teure und extrem risikoreiche Energieproduktion mit hoch giftigen strahlenden Abfällen für die nächsten 3000 Generationen". Neue Atomkraftwerke seien weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Die Grünliberalen sehen in der Strategie ein "wichtiges Signal" für jene Unternehmen, die im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind. Der mittelfristige Ausstieg aus der Atomkraft sei unabdingbar. Die Grünliberalen fordern ebenfalls eine Beteiligung der Bevölkerung am EWB-Reingewinn.

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Rot-grüne Städte ohne Atomkraft

Kommentar

Daniel Vonlanthen

Der Wettlauf um erneuerbare Energie ist voll im Gang: Es sind vor allem die rot-grün dominierten Städte, welche die Atomkraft möglichst rasch durch Geothermie, Wind-, Solar- und Wasserkraft ersetzen möchten. Der Ruf nach staatlichen Investitionsprogrammen zur Förderung erneuerbarer Energien und für Gebäudesanierungen entspringt zwar der Wirtschaftskrise, ertönt aber gerade zur richtigen Zeit.

Der Berner Gemeinderat erachtet den Ausstieg aus der Atomstromproduktion bis 2039 als realistisch, technisch machbar und finanzierbar. 30 Jahre sind eine lange Frist. Die Eignerstrategie des Gemeinderats ist deshalb aus heutiger Sicht nicht mehr als eine gut gemeinte Absichtserklärung. Das Papier setzt dem städtischen Energieunternehmen EWB die nötigen Leitplanken. Es könnte, je nach Zusammensetzung der Stadtregierung, auch wieder abgeändert werden. Auf die Energieproduktion kann die Stadt als Eigentümerin nur Einfluss nehmen, weil das Unternehmen in ihrem Besitz bleibt. Verkauf oder Teilverkauf sind kein Thema mehr.

Taten sind auf jeden Fall besser als Absichtserklärungen. EWB erbringt mit dem Bau des Holzheizkraftwerks bei der neuen KVA Forsthaus West einen wichtigen Tatbeweis in Sachen erneuerbarer Energie. Mit Ökofonds, Tarifanreizen, Effizienz- und Energiesparprogrammen bewegt sich EWB weiter in Richtung Energiewende. Doch um den Atomstrom zu ersetzen, braucht es neue, grosse Produktionsanlagen. Diesbezüglich bleibt die Strategie recht vage: Wer baut wann wo welche Anlagen? Ausser dem Hinweis, es seien Investitionen von einigen Hundert Millionen Franken nötig, gibt es vorerst keine konkreten Angaben über Beteiligungen oder Kooperationen. Ob das hehre Ziel der Energiewende fristgerecht erreicht wird, hängt auch vom Verhandlungsgeschick der EWB-Energiefachleute ab.

Letztlich steht und fällt der Ausstieg aber mit den Kundinnen und Kunden, die für erneuerbare Energie einen höheren Tarif zahlen müssen. Die Mehrheit hängt heute noch am günstigsten Strom - dem Atomstrom. Da braucht es leisen Zwang und Überzeugungsarbeit.

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BZ 30.5.09

EWB

Atomausstieg bis ins Jahr 2039

Energie Wasser Bern (EWB) muss ab 2039 ohne Atomstrom auskommen, dies gibt die Eignerstrategie der Stadt Bern vor. Was das für den Strompreis bedeutet, konnte nicht beziffert werden. Ein Teilverkauf ist vorderhand vom Tisch.

50 bis 60 Prozent des heutigen Stromverbrauchs von Energie Wasser Bern (EWB) stammen heute aus den Atomkraftwerken Fessenheim (F) und Gösgen. Dieser Strom soll bis 2039 aus erneuerbaren Quellen beschafft werden. Elf Gigawattstunden Strom müssen jährlich bis dahin durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden. Das entspricht dem Verbrauch von 2800 Haushalten oder einem Prozent des Strombedarfs von EWB. Diese Eckwerte legt die neue Eignerstrategie fest, die gestern den Medien vorgestellt wurde.

Unternehmerische Freiheit

Die Gewinnabschöpfung durch die Stadt Bern werde jährlich festgelegt. Vom Tisch sei dagegen mit dem vom Gemeinderat gefällten und durch den Stadtrat gestützten Entscheid der Teilverkauf der stadteigenen Anstalt. Deren Wert wird auf über eine Milliarde Franken geschätzt. Sollte zur Erreichung der Ziele der Verkauf von eigenen Anteilen notwendig werden, müsse dies natürlich angeschaut werden. Dies räumten Energiedirektor Reto Nause (CVP), der für die Regierung im Verwaltungsrat sitzt, und Verwaltungsratspräsident Daniel Kramer ein. Doch EWB geniesse im Rahmen der "gesetzten Leuchttürme grosse unternehmerische Freiheit" und könne selbstständig Beteiligungen eingehen, also Aktienpakete kaufen.

Schneller als Zürich

EWB ist nicht allein auf dem Weg in eine atomfreie Zukunft. Die Elektrizitätswerke Zürich (EWZ) streben dieses Ziel - legitimiert durch eine Volksabstimmung - ebenfalls an. "Der Berner Bär ist sogar schneller als der Züri-Löi", merkte Nause stolz an. EWZ werde erst 2044 atomfrei sein.

Obwohl in Bern kein Volksentscheid vorliegt, die Strategie befindet sich in der Kompetenz des Gemeinderats, geht Kramer davon aus, dass die Bevölkerung hinter dem eingeschlagenen Kurs steht. "Sie wird auch mittragen müssen", kündigte er an. Dies vor allem mit einem verstärkten Engagement für mehr Energieeffizienz, etwa beim unnötigen Stand-by-Verbrauch. Ob und wie viel die nachhaltige Stromproduktion ohne Atomstrom die Preise verteuert, konnte Kramer nicht sagen. Momentan sind die Preise von Strom neuer Technologien deutlich höher. Falls absehbar sei, dass die Kunden im bis da-hin vollständig liberalisierten Strommarkt nicht mitzögen, müsse die Ausrichtung selbstverständlich überdacht werden.

EWB befindet sich in der komfortablen Ausgangslage, mehr Strom zu produzieren, als im Versorgungsgebiet gebraucht wird. Adrian Stiefel, Leiter des Amts für Umweltschutz, legte dar, dass EWB auch weiterhin den Stromverbrauch selbst zu Spitzenzeiten aus eigenen Quellen decken können müsse. Laut Kramer treten die grossen Stadtwerke bei der Suche nach neuen Stromquellen als Partner auf.

"Sportliche Vorgabe"

Verwaltungsratspräsident Kramer zog ein positives Fazit: "Die Vorgabe der Eigentümerin ist sportlich, aber realistisch." Jetzt sei Innovation gefordert. 2013 werde das Gaskombikraftwerk in der neuen KVA den Ausstieg aus Fessenheim ermöglichen. EWB stehe schon in Verhandlungen mit Investorengruppen für Windparks und Solarkraftwerke. Daneben dürften auch der Ausbau der Wassernutzung und die Nutzung vieler kleiner Energiequellen nicht vernachlässigt werden. So sollte der vollständige Ausstieg bis 2039 möglich sein. EWB rechnet mit Investitionen von mehreren 100 Millionen Franken. "Wir wollen uns als Spezialist in der Region für Energieeffizienz positionieren", sagte Kramer weiter. Ermutigend sei, dass schon heute Kunden aus der Region auf EWB zukämen.

Nause warnte vor einer Beschleunigung des Ausstiegs. Dieser wäre nur mit Gas zu bewerkstelligen, was in Anbetracht des CO2-Ausstosses und der Abhängigkeit vom Ausland nicht erstrebenswert sei. Er sagte dies an die Adresse der Initianten des Volksbegehrens Energiewende Bern, das den Ausstieg innert 20 Jahren verlangt.

Christoph Aebischer

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Berner Rundschau 30.5.09

Bern schaltet Atomstrom ab

EWB investiert bis 2039 Hunderte von Millionen Franken in erneuerbare Energien

Spätestens ab 2039 verkauft Energie Wasser Bern (EWB) keinen Atomstrom mehr. So beschloss es der Gemeinderat.

Bruno Utz

Der Grundsatz, spätestens ab dem Auslaufen des Vertrages mit dem Atomkraftwerk Gösgen im Jahr 2039 keinen Atomstrom mehr anzubieten, ist in der neuen Eignerstrategie der Stadt Bern verankert. Diese hat der Gemeinderat verabschiedet und ist behördenverbindlich. Die Strategie sei realistisch und die Versorgungssicherheit gewährleistet, sagte gestern Gemeinderat Reto Nause (CVP). Der vollständig sich im Besitz der Stadt befindliche Energieversorger werde mit erneuerbaren Energien genügend Strom für alle EWB-Kunden produzieren. Heute liefern Vertrags-Atomkraftwerke gut die Hälfte des EWB-Stroms. Im Durchschitt soll jährlich ein Prozent des von EWB verkauften Atomstroms durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Für den Aufbau der Produktionskapazitäten sollen mehrere 100 Millionen Franken investiert werden. Seite 24

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2039 ist Schluss mit Atomstrom

Mit neuer Energiestrategie setzt Berner Gemeinderat auf erneuerbare Energien

Spätestens im Jahr 2039, bei Vertragsablauf mit dem Atomkraftwerk Gösgen, soll der städtische Energieversorger Energie Wasser Bern (EWB) aus dem Atomstrom ausgestiegen sein. Im Gegenzug will die EWB-Besitzerin Stadt Bern mehrere 100 Millionen Franken in erneuerbare Energien investieren.

Bruno Utz

"EWB geht keine neuen Beteiligungen an Atomkraftwerken ein und verlängert bestehende nicht." Dieser Satz steht in der neuen Eignerstrategie, die der Berner Gemeinderat für "seine wertvollste Beteiligung" (Nause) EWB beschlossen hat. In der Strategie ist auch das späteste Ausstiegsdatum festgehalten: "Innerhalb der Betreibergesellschaft hat sich EWB für eine Stilllegung des Atomkraftwerks Gösgen nach Ablauf der Regelzeit (spätestens 2039) einzusetzen."

"Der Berner Bär ist schneller als der Zürcher Löwe", sagte gestern vor den Medien der zuständige Gemeinderat Reto Nause (CVP) und schob nach, die Stadt Zürich habe ihren Ausstieg auf 2044 festgelegt.

Versorgungssicherheit bleibt

Dem Atomausstieg gleichgestellt sind in der Strategie die auch für die Kunden bedeutenden Eckwerte wie Versorgungssicherheit und Erhalt der Netzqualität. Und EWB, das Unternehmen befindet sich zu 100 Prozent im Besitz der Stadt Bern, soll sogar seinen Wert steigern. EWB-Verwaltungsratspräsident Daniel Kramer schätzte diesen auf "mehr als eine Milliarde Franken". Kramer lobte die Eignerstrategie: "Es sei wichtig, dass der Ausstieg früh entschieden ist. Die Strategie ist realistisch. Sie macht mir einen sehr guten Eindruck, wenn wir auch bei der Umsetzung stöhnen werden."

 Gemäss Nause und Kramer berücksichtigt der Ausstiegsplan eine jährliche Absatzzunahme von Strom von 0,5 Prozent. Damit die Stromversorgung aus eigener Produktion auch nach 2039 erhalten bleibt, soll EWB in erneuerbare Energien und in das Gas- und Dampfkraftwerk Forsthaus investieren. Letzteres soll 2013 ans Netz gehen und 2032 ersetzt werden, allenfalls durch ein Geothermie-Werk. Die für den Produktionsausbau von durchschnittlich 11 GwH jährlich, das entspricht dem Stromverbrauch von rund 2000 Haushalten, notwendigen "mehrere 100 Millionen Franken" will die Stadt vor allem mit dem Verkauf von überschüssigem Strom finanzieren. "Deshalb, und weil wir kein Gas-Grosskraftwerk wollen, ist auch kein schnellerer Ausstieg machbar. Wir brauchen die Erträge aus dem Verkauf von vergleichsweise günstigem Atomstrom", sagte Nause. EWB ist auch am deutschen Atomkraftwerk Fessenheim beteiligt. Derzeit könne EWB rund ein Viertel seiner Stromproduktion beziehungsweise dem Bezugsanteil aus Beteiligungen im Handel absetzen.

Hohe Verbindlichkeit

Die Tatsache, dass die Ausstiegsstrategie mit hohen Investitionen verbunden ist, "bürgt für deren höchstmögliche Verbindlichkeit", sagte Nause. Die Strategie funktioniere auch bei einem Ja des Schweizer Volks zum Bau neuer Atomkraftwerke. "Wir müssen aber alles daran setzen, mit einer starken Förderung von Strom aus Wind, Sonne Wasser ein mit Atomstrom vergleichbares Preisniveau zu erreichen." Atomstrom aus neuen Kraftwerken werde aber auch teurer, sagte Kramer. Auch bei einem Scheitern von KWO plus - EWB ist daran beteiligt - sei der Atomausstieg machbar. Und Nause sagte: "So wie er vom Gemeinderat aufgegleist ist, stehe ich auch persönlich hinter dem Ausstieg."

Grosse unternehmerische Freiheit

Laut Adrian Stiefel, Leiter Amt für Umweltschutz, setzt der Gemeinderat mit dem Atomausstieg um, was dazu in der Gemeindeordnung steht. Die Eignerstrategie berücksichtige die in der Gemeindeordnung festgeschriebenen Forderungen zur Nachhaltigkeit, Effizienz und Ökologie. Innerhalb der vom Gemeinderat gesetzten strategischen Leitplanken verfüge EWB über grosse unternehmerische Freiheiten. Diese Einschätzung von Stiefel bestätigte Kramer. Die geografische Erweiterung des Vertriebsgebietes sei ebenso möglich wie die Zusammenarbeit mit anderen Stromversorgern.

EWB wird nicht verkauft

Einen Teilverkauf von EWB lehnte der Gemeinderat bereits 2007 ab. Der Stadtrat doppelte im November 2008 nach, indem er einen überparteilichen Vorstoss von Bürgerlichen und GFL/EVP mit 38 zu 33 bachab schickte.

 EWB versorgt in der Stadt Bern und Umgebung rund 70 000 private Haushalte, 8000 KMU und 100 Grosskunden mit Strom, Erdgas, Fernwärme, Telekommunikation und weiteren Dienstleistungen. 2008 erwirtschaftete EWB einen Umsatz von 416,5 Millionen Franken. Der Gewinn betrug 62,2 Millionen. In die Stadtkasse lieferte EWB 35 Millionen Franken ab.

"BKW muss EWB folgen"

Auf den Ausstieg aus der Atomenergie der Stadt Bern reagiert die SP Kanton Bern mit der Forderung, die BKW müsse dem Beispiel von Energie Wasser Bern folgen. "Die Atomenergie ist eine rückwärtsgewandte, teure und extrem risikoreiche Stromproduktion mit hochgiftigen strahlenden Abfällen", schreibt die Partei. Die städtische SP "begrüsst die Eignerstrategie". Sie gewährleiste die Grundversorgung und schaffe den Spagat zwischen Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Nach Meinung der Grünliberalen Partei (glp) ist der aufgezeigte Ausstieg "ein politisch wichtiges Signal". Das Grüne Bündnis der Stadt Bern glaubt, mit der Strategie begebe sich "Bern auf den Weg zur Energiewende". Die von den Grünen im April lancierte gleichnamige Initiative trage bereits ihre ersten Früchte. (uz)

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Regionaljournal DRS Bern 29.5.09

Stadt Bern steigt bis 2039 aus Atomenergie aus und muss so die Hälfte des verkauften Stroms ersetzen (3:54)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe1729052009.rm?start=00:04:06.250&end=00:08:01.138