MEDIENSPIEGEL 9.6.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo)
- Wagenplätze: Alternative im Wankdorf
- Big Brother Police BE: Kritik an VideoÜ-Einschränkungen
- Big Brother SBB
- Big Brother Schule: Illegale Videoübewachung in der BFF
- Stadtrats-Sitzung 11.6.09: Traktanden
- Birsfelden: Kontroversen um Angriff auf SVP-Bürgerwehr
- Administrative Versorgung für die "Norm"
- Kampagne gegen Homophobie

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REITSCHULE
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Mi 10.06.09
19.00 Uhr - SousLePont - Australien Spezialitäten

Do 11.06.09
19.30 Uhr – Infoladen – Konfliktzone Baskenland: Infoveranstaltung mit baskischem Gewerkschafter der LAB zu Generalstreik, Verbotsverfahren u.a.
20.00 Uhr - Frauenraum - BarOmeter - elektronische Leckerbissen zu lesbisch-schwulem Chillen mit DJ Dunch, DJ FRATZ, Janine, Mike & DJ ELfERich
21.00 Uhr - Rössli - THE GOOD, THE BAD AND NO UGLY -- Anti-Folk/Alt-Country

Fr 12.06.09
20.30 Uhr - Tojo - Neuland Gebärdensprachtheater TheaterTraum.
22.00 Uhr - Frauenraum - FRAUENDISCO POPSHOP. Pop till you drop mit Ökotussi und Between! Women only.
23.00 Uhr - Dachstock - Le Zoo Usine & Dachstock present: IRATION STEPPAS (uk) & OBF DUB SOUND SYSTEM (fra) - dub, reggae, dubstep

Sa 13.06.09
14.00 Uhr - Frauenraum - AMIE - Frauenkleidertauschbörse. Women only.
20.30 Uhr - Tojo - Neuland Gebärdensprachtheater TheaterTraum.
22.00 Uhr - Frauenraum - IVA NOVA (russland) IN CONCERT

So 14.06.09 - 18.00 Uhr - Rössli - Pianobar

Infos: www.reitschule.ch

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kulturagenda.be 11.6.09

"Neuland" für die Augen - die Ohren auf Stand-by

Mit ihrer persönlichen Geschichte, der Gebärdensprache und einer Dolmetscherin schafft die Zürcher Gruppe Theater-Traum ein kulturelles Angebot für Gehörlose. Und bringt deren Kultur auch den Hörenden näher.

Nach einem Gebärdensprachtheater fällt der Applaus jeweils ungewöhnlich dünn aus. Nur die Hörenden klatschen in die Hände - Gehörbehinderte machen keinen Lärm, warum auch. Stattdessen strecken sie ihre Hände in die Höhe und manifestieren mit einem speziellen Winken, dass es ihnen gefallen hat. Das ersehnte Händeflattern hat die Gehörlosen- Gruppe Theater-Traum mit ihrem Stück "Neuland" bereits erhalten. Die Aufführungen in Zürich waren ein Erfolg. Nun kommt das Theater ins Berner Tojo. Sechs gehörlose und drei hörende Laienschauspieler und eine Dolmetscherin haben mit dem Regisseur Marcel Wattenhofer ihre eigene Geschichte geschrieben. Dafür untersuchten sie ihr Leben, führten Wünsche, Bedürfnisse und Ängste zusammen und schrieben daraus ein Stück.
Die Geschichte spielt an der Kasse eines Supermarkts, an der die übliche Hektik gebrochen wird. Zwei Kassierinnen blicken ins Innere ihrer Kunden. Deren Lebensgeschichten lesen sich wie Kassenzettel. Ein Blick darauf wirft Fragen auf: Was habe ich erlebt und erreicht, wo bin ich gescheitert? Die Summe daraus ergibt den Zustand der Personen im Jetzt. Auf der Suche nach der Zukunft betreten sie Neuland.

Gehörlosenkultur überwindet Sprachgrenze

"Natürlich wird in ‹Neuland› die Gehörlosigkeit angesprochen, doch es geht nicht in erster Linie ums Anderssein", sagt Marcel Wattenhofer. Der hörende Regisseur ist schlecht bewandert in der Gebärdensprache, die hörenden Schauspieler hingegen sind Gebärdendolmetscher. "Bei den Proben fühlte ich mich wohl als Einziger behindert." Trotz der weitgehend indirekten Kommunikation sei die Umsetzung nicht schwieriger gewesen als mit anderen Theatergruppen. Die Gehörlosen-Dachorganisation "Sichtbar Gehörlose Zürich" hat das Theater initiiert. "Wir sind faktisch vom Kulturangebot der Hörenden ausgeschlossen", begründet Geschäftsführer Ruedi Graf die Initiative. Selbst hörbehindert, kommuniziert er mit dem Gehörlosentelefon und über einen Dolmetscher mit der Berner Kulturagenda. Zwar greife die Selbsthilfe nicht schlecht, findet Graf. Theaterinteressierte Gehörlose organisierten Gebärden- Dolmetscher, um die Theater der Hörenden schauen zu können. Doch sei das Interesse daran mässig. Schliesslich wird dabei ein Sprechtheater bloss übersetzt - und dabei verliert es oft seinen Reiz. "Wir drücken uns anders aus und haben ganz andere Bedürfnisse", sagt Graf. Gehörlose legen Wert auf die Andersartigkeit ihrer Kultur, die sich nicht nur in der Ausdrucksform von derjenigen der Hörenden unterscheidet. Das ist auch Regisseur Wattenhofer aufgefallen: "Gehörlose haben zum Beispiel einen anderen Witz als Hörende." Wortspiele und Sprachrhythmus funktionieren nur in Gesten. Das Besondere des Gebärdentheaters liegt für Wattenhofer in der Visualität der Sprache: Die Gebärden lassen sich in tänzerischen Szenen sehr bildhaft einsetzen.
"Wir schaffen eine Begegnung mit unserer Kultur", sagt Ruedi Graf. Das Theater richte sich bewusst auch an Hörende, der Text wird übersetzt. In den ersten Vorstellungen in der Roten Fabrik am Zürichsee machten sie rund einen Drittel des Publikums aus. Das Klatschen plätscherte wie ein kümmerliches Bächlein, doch die Begeisterung brandete in grossen Wellen an den Bühnenrand.

Michael Feller

Tojo Theater, Bern. Fr., 12., und
Sa., 13.6., 20.30 Uhr. http://www.tojo.ch

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WAGENPLÄTZE
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BZ 9.6.09

Stadtnomaden

Wagenburg im Wankdorf

Der Verein Alternative hat seine Wohnwagen auf dem Wankdorf-City-Areal parkiert. Die sogenannten Stadtnomaden wurden von den Behörden bis Ende August dort platziert. Gemäss Abmachung mit der Stadtverwaltung müssen sie im Dreimonaterhythmus weiterziehen.

Diese Regel gilt vorerst auf unbestimmte Zeit. Doch die Stadtverwaltung ist weiterhin auf der Suche nach einem geeigneten Landstück, um eine sogenannte "Hüttenzone" für alternatives Wohnen zu schaffen. "Wir haben mit potenziellen Landbesitzern Kontakt aufgenommen", sagt Annette Hodel von der städtischen Präsidialdirektion. Das Projekt soll in den nächsten drei Jahren umgesetzt werden.
tob

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Stadtratssitzung 11.6.09

17. Interpellation Fraktion FDP (Dolores Dana/Christoph Zimmerli): Wohlwollen für die Stadtnomaden vor den Gemeindewahlen? (PRD: Tschäppät) 08.000351
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/08.000351/gdbDownload

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BIG BROTHER POLICE BE
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bernerzeitung.ch 9.6.09

Fragestunde zu Uniformpflicht, "Internetpranger" und Roadpricing

Die Kantonspolizei hält eine Uniformpflicht bei Videoaufnahmen anlässlich von Ausschreitungen nicht für praxistauglich.

Dies hat Regierungspräsident und Polizeidirektor Hans-Jürg Käser in der Fragestunde des Berner Kantonsparlaments erklärt.

Mit dieser Vorgabe aus der Videoverordnung würde die Arbeit der Polizei "massiv erschwert", antwortete Käser (FDP) auf eine Frage von Barbara Mühlheim (Grüne/Bern).

Der Grosse Rat wird die umstrittenen Passagen der Videoverordnung, etwa auch die zur Echtzeitüberwachung, in der Septembersession erneut beraten. Die betroffenen Artikel werden statt im Juli erst im Oktober in Kraft gesetzt.

Öffentliche Fahndung erfolgreich

Auf eine Frage von Christine Häsler (Grüne/Wilderswil) bekräftigte der Polizeidirektor zudem frühere Aussagen, wonach Sportclubs und Veranstalter besser in die Pflicht genommen werden müssen, um Ausschreitungen zu verhindern. Dies müsse gestützt auf den Runden Tisch geschehen.

Zu den Erfolgen der Fahndung nach Krawallmachern per Internet erkundigte sich Daniel Steiner-Brütsch (EVP/Langenthal). Mehrere Personen hätten sich freiwillig gestellt, nachdem die Kantonspolizei ihre Fotos ins Internet gestellt hatte.

In anderen Kontexten sei die öffentliche Personenfahndung auch denkbar, sagte Käser weiter. Allerdings bedarf dies der Zustimmung der Staatsanwaltschaft und ist nur bei schweren Straftaten möglich.

(...)

(sda)

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BIG BROTHER SBB
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Telebärn 8.6.09

SBB setzen auf Videoüberwachung

Über 100 Regionalbahnhöfe und viele Züge sollen mit Videokameras überwacht werden. Davon erhoffen sich die SBB mehr Sicherheit.
http://www.bernerzeitung.ch/schweiz/standard/SBB-setzen-auf-Videoueberwachung/story/16271049

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BIG BROTHER SCHULE
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Bund 9.6.09

Widerrechtliche Überwachung

Die Videoüberwachung der Gänge und Damentoiletten in der BFF ist widerrechtlich. Das sagt der Datenschutzbeauftragte des Kantons Bern.

Joel Weibel

Seit dem 28. Mai werden die Schülerinnen und Schüler in der Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule Bern (BFF) per Video überwacht ("Bund" vom 3. Juni). Sowohl der Schulleiter der BFF, Niklaus Ludi, als auch die kantonale Erziehungsdirektion gehen davon aus, dass diese Massnahme gegen den Vandalismus rechtlich zulässig ist. Der kantonale Datenschutzbeauftragte Markus Siegenthaler widerspricht: "Nach geltendem Recht ist die Videoüberwachung mit Aufzeichnung der Daten widerrechtlich." Erlaubt wäre unter dem noch geltenden Recht allenfalls die Echtzeitüberwachung ohne Aufzeichnung der Daten.

Illegal auch nach neuem Recht

Nebst der Widerrechtlichkeit gibt auch die Umsetzung der Videoüberwachung zu reden. In einer gestern eingereichten Interpellation fragt der Steffisburger Grossrat Andreas Blaser (sp), durch welche Massnahmen die Auflagen des Persönlichkeits- und des Datenschutzes der betroffenen Personen sichergestellt werden.

Laut Schulleiter Ludi hat nur der Abteilungsleiter Finanzen und Dienste Zugriff auf die Videos. Er untersteht zudem der Schweigepflicht und darf die Erkenntnisse nur an die Schulleitung weitergeben. Pikant: Nach dem neuen Polizeigesetz, welches am 1. Juli in Kraft tritt, wäre dies illegal. Dort steht klipp und klar: "Die Auswertung der Aufzeichnungen erfolgt durch die Kantonspolizei." Und sie erfolgt nur, "falls eine Strafanzeige, ein Strafantrag oder konkrete Verdachtsgründe für eine Straftat vorliegen und damit zu rechnen ist, dass die Aufzeichnungen als Beweismittel dienen können."

Blaser, der selber Schulleiter einer Berufsfachschule ist, kommt deshalb zu einem einfachen Schluss: "Ich habe kein Verständnis für die Bewilligung durch die Erziehungsdirektion und erwarte den Abbruch des Versuchs." Er bestreitet aber nicht, dass Vandalismus an Schulen ein Problem ist: "Auch wir haben damit zu kämpfen. Videoüberwachung ist aber keine verhältnismässige Massnahme, um dagegen vorzugehen."

"Es gab keine Bewilligung"

Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass die kantonale Erziehungsdirektion den Versuch überhaupt bewilligt hat, und es erstaunt noch mehr, dass die Rechtmässigkeit abgeklärt wurde. In "10vor10" auf SF1 vom Freitagabend erklärte Erziehungsdirektor Bernhard Pulver: "Die Aussage, dass dies widerrechtlich ist, erstaunt mich. Mein Rechtsdienst hat abgeklärt, dass es als Versuchsanordnung - bis das neue Gesetz in Kraft ist - möglich ist. Aber wir gehen dem nach."

Auf Anfrage erklärte sich nun Pulver: "Das Dossier war gar nie auf meinem Tisch." Die BFF habe seinen Rechtsdienst angefragt, ob es möglich sei, Kameras zu installieren. Dieser habe dies im Rahmen des Hausrechts bejaht. Darauf hat die BFF Kameras installiert. "Eine Bewilligung durch die Erziehungsdirektion gab es aber nicht." Vielleicht werden die Kameras bald abgeschaltet. Pulver hat die zuständigen Personen beauftragt, zusammen mit dem Datenschutzbeauftragten die Rechtslage noch diese Woche zu klären. "Wenn es rechtlich nicht geht, werde ich anordnen, die Kameras auszuschalten", sagt Pulver. Denn auch er findet: "Die Videoüberwachung widerspricht dem Versuch, bei den Schülern Vertrauen zu schaffen."

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Bund 8.6.09

Kameras in den Gängen der BFF

Seit letztem Donnerstag sind in zwei Gebäuden der Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule Bern (BFF) Überwachungskameras zur Bekämpfung von Vandalismus installiert.

"Das ist eine Bankrotterklärung, das wissen wir und dazu stehen wir auch." Diese klaren Worte stammen aus einem internen Schreiben, das die BFF-Schulleitungskonferenz letzte Woche an die Lehrerschaft der zwei Schulgebäude Sulgeneckstrasse 26 und Monbijoustrasse 25 verschickte. Darin kündigt sie die Videoüberwachung an. Die Schulleitung sei "am Ende des Lateins angekommen" und der "fruchtlosen Appelle" müde. Letzten Donnerstag wurden deshalb in den Gängen der zwei Gebäude insgesamt sechs Kameras installiert. Das Fass zum Überlaufen brachten Beschädigungen und Verschmutzungen am eben erst für gut neun Millionen Franken sanierten Schulhaus an der Sulgeneckstrasse. Allein in den letzten zwei Monaten belief sich die Schadenssumme auf über 6000 Franken. Unter anderem seien frisch gestrichene Wände in Toiletten mit Schminke und Stiften verschmiert und massenhaft Abfälle liegen gelassen worden, sagt Schuldirektor Niklaus Ludi. Im Brief ist von "am Boden liegen gelassenen blutigen Binden und Tampons" die Rede. "Grundlegende Anstandsregeln und Werte scheinen nicht mehr zu gelten. Diese Gleichgültigkeit bedaure ich sehr", so Ludi. Die bisherigen Massnahmen - insbesondere die Sensibilisierungskampagne "Halt geben - Halt sagen" - hätten nicht genügend gefruchtet.Einjährige VersuchsphaseDer Schuldirektor hofft auf eine präventive Wirkung der Kameras. "Spätestens wenn der erste Vater für die Dummheiten seines Kindes 1000 oder mehr Franken bezahlen muss, findet hoffentlich ein Umdenken statt", sagt Ludi. Wenn möglich, werden die Kameras nach einer einjährigen Versuchsphase wieder entfernt. Andererseits schliesst Ludi nicht aus, dass die Videoüberwachung bei Bedarf auch in weiteren BFF-Gebäuden eingeführt wird.Die sechs Kameras an der Sulgeneck- und Monbijoustrasse nehmen das Geschehen lediglich in den Gängen und Treppenhäusern im Innern der Gebäude auf. In den Schulzimmern wird nicht gefilmt. Die Daten werden während 30 Tagen gespeichert und können per Computer ausgewertet werden. Dazu befugt ist lediglich der Abteilungsleiter Finanzen und Dienste, Andreas Stettler. Er untersteht der Schweigepflicht und darf die Erkenntnisse nur an die Schulleitung weitergeben. Ludi verspricht: "Die Bilder dienen ausschliesslich dazu, Vandalen ausfindig zu machen."Günstiger ZeitpunktDie genauen Kosten für die Kameras will Ludi nicht nennen. "Sie liegen aber unter der Schadenssumme der letzten zwei Monate", sagt er. Kurz vor Ende des Schuljahres sei ein günstiger Zeitpunkt zur Installation der Kameras, da Vandalenakte an der BFF vor den Sommerferien erfahrungsgemäss zunehmen. In der siebenköpfigen Schulleitungskonferenz sei das Thema Videoüberwachung lang und breit diskutiert worden, sagt Ludi. Schliesslich sei der Entscheid für die Kameras aber einstimmig gefallen. Aus der Lehrerschaft habe er bereits eine kritische Rückmeldung erhalten. Rechtlich seien die Kameras zulässig, so Ludi. Das habe man abgeklärt. Mit dem neuen Polizeigesetz, das Anfang Juli in Kraft tritt, muss die Videoüberwachung aber von der Kantonspolizei neu abgesegnet werden.Zum ersten Mal im Kanton BernVorerst hat die kantonale Erziehungsdirektion für die Kameras an der BFF grünes Licht gegeben. Es sei das erste Mal, dass im Kanton Bern zu einem solchen Mittel gegriffen werde, sagt der Vorsteher des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes Theo Minck. Eine andere Anfrage einer Berufsschule aus dem Berner Jura sei wegen fehlender Dringlichkeit abschlägig behandelt worden. "An der BFF ist der Bedarf erwiesen", sagt Minck. Das Ausmass der Vandalenakte und das neu renovierte Gebäude rechtfertigten die Kameras. Auch habe die Schule zuvor alle anderen möglichen Massnahmen ergriffen. Minck glaubt nicht, dass die BFF zu einem Präzedenzfall wird. "Jede Schule muss separat anhand ihrer Schulkultur und ihrer Räumlichkeiten bewertet werden", sagt er. Es gebe kein Konzept, das den Einsatz von Videoüberwachung an kantonalen Schulen regelt. "Bisher war es noch keine akute Angelegenheit." Minck spricht bei der Videoüberwachung denn auch von einer "Notmassnahme". Er könne sich aber vorstellen, dass die präventive Wirkung über die BFF hinausreiche. "Die Schüler merken vielleicht auch an anderen Schulen, dass nicht nur Grenzen gesetzt werden, sondern auch Mittel vorhanden sind, wie diese Grenzen kontrolliert werden können", sagt Minck.Stadt Bern will keine KamerasAbsolut kein Thema sei Videoüberwachung in den städtischen Schulen, sagt die Leiterin des Schulamtes Irene Hänsenberger. Man setze auf die bisher ergriffenen Massnahmen. Konkret beinhalten diese ein Zutrittsverbot von Pausenplätzen ab 22 Uhr, bauliche Massnahmen und bessere Beleuchtung sowie Kontrollen durch die Securitas. Im Fokus der Massnahmen stehen nicht schulinterne Störenfriede, sondern Jugendliche von ausserhalb der Schulen. Auch Gemeinderätin Edith Olibet (sp) schliesst Videoüberwachung aus: "Kameras sind keine geeignete Massnahme für städtische Schulen, schon gar nicht im Innern der Gebäude." Die in einer Pilotphase von zweimal drei Monaten getesteten Massnahmen hätten sich bewährt, so Olibet. Für die definitive Einrichtung müssen noch die Mittel gesprochen werden.

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10vor10 5.6.09

Überwachungskamera auf der Toilette

Überwachungskameras auf öffentlichen Plätzen, an Bahnhöfen und in Zügen: Daran haben wir uns schon gewöhnt. Eine Berufsschule in Bern geht nun noch weiter und filmt die Schülerinnen und Schüler sogar auf den Toiletten.
http://www.sf.tv/videoplayer/embed/f90d20e4-8c51-4192-81b8-d9ec7e4773bd&live=false

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BZ 4.6.09

Vandalismus in der Schule

BFF wird videoüberwacht

Vandalismus, Schmierereien, massenhaft Abfälle: Jetzt lässt die Schulleitung der Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule (BFF) ihre Gebäude an der Sulgeneckstrasse und an der Monbijoustrasse mit Videokameras überwachen.

Die Schulleitung der Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule (BFF) ist konsterniert: "Wir sind am Ende unseres Lateins angekommen", heisst es in einem Brief an die Mitarbeitenden der BFF. Nachdem das Schulgebäude an der Sulgeneckstrasse für rund neun Millionen Franken saniert worden war, seien "schon nach einem halben Jahr massivste mutwillige Beschädigungen zu verzeichnen gewesen". Allein in den letzten zwei Monaten habe es Schäden in Höhe von 6000 Franken gegeben. Deshalb werden die Schulgebäude an der Sulgeneckstrasse und an der Monbijoustrasse jetzt videoüberwacht. Schuldirektor Niklaus Ludi bestätigte gestern einen Artikel der Tageszeitung "Der Bund": "In den Gängen und bei den Brünneli vor den Toiletten haben wir sechs Kameras installiert."

Bilder 30 Tage speichern

Die Bilder werden während 30 Tagen gespeichert. Danach werden sie gelöscht. Nur Andreas Seiler, dem Abteilungsleiter Finanzen und Dienste, sei es gestattet, die Bilder anzusehen. Und auch dies ausschliesslich dann, wenn es zu Beschädigungen gekommen ist.

Kosten geringer als Schäden

Die Schulleitung habe den Entscheid zur Videoüberwachung einstimmig gefällt. Die Schüler seien nicht befragt worden. "Seit letzten Donnerstag wird an allen Hauseingängen darauf hingewiesen, dass die beiden Gebäude überwacht werden", sagt Schuldirektor Ludi. Zu den Kosten wollte er sich nicht äussern. Diese seien aber "geringer, als die Schäden, die entstanden sind." Der Versuch dauert ein Jahr. Danach wird er von der Schulleitung ausgewertet.

"Wir sind nicht stolz auf dieseMassnahme", sagt Schuldirektor Ludi. Andererseits hätten die Sensibilisierungskampagnen, die an der BFF seit sechs Jahren durchgeführt werden, "nicht das gewünschte Resultat gebracht". Holzbrüstungen seien zerstört, Wände immer wieder verschmiert worden. Es habe massenhaft illegal deponierte oder liegen gelassene Abfälle gegeben, klagt Ludi.

Die Erziehungsdirektion des Kantons hat die Installation der Kameras bewilligt. Es sei das erste Mal, dass im Kanton Bern zu einer solchen Methode gegriffen werde, sagte Theo Minck, der Vorsteher des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes, gestern im "Bund".
mar

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Bund 3.6.09

Kameras in den Gängen der BFF

Die Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule Bern (BFF) greift zu einem scharfen Mittel gegen Vandalismus

Seit letztem Donnerstag sind in zwei Gebäuden der BFF in Bern Überwachungskameras zur Bekämpfung von Vandalismus installiert. In den letzten zwei Monaten musste die Schule Schäden von über 6000 Franken beheben.

Christian Brönnimann

"Das ist eine Bankrotterklärung, das wissen wir und dazu stehen wir auch." Diese klaren Worte stammen aus einem internen Schreiben, das die BFF-Schulleitungskonferenz letzte Woche an die Lehrerschaft der zwei Schulgebäude Sulgeneckstrasse 26 und Monbijoustrasse 25 verschickte. Darin kündigt sie die Videoüberwachung an. Die Schulleitung sei "am Ende des Lateins angekommen" und der "fruchtlosen Appelle" müde. Letzten Donnerstag wurden deshalb in den Gängen der zwei Gebäude insgesamt sechs Kameras installiert.

Das Fass zum Überlaufen brachten Beschädigungen und Verschmutzungen am eben erst für gut neun Millionen Franken sanierten Schulhaus an der Sulgeneckstrasse. Allein in den letzten zwei Monaten belief sich die Schadenssumme auf über 6000 Franken. Unter anderem seien frisch gestrichene Wände in Toiletten mit Schminke und Stiften verschmiert und massenhaft Abfälle liegen gelassen worden, sagt Schuldirektor Niklaus Ludi. Im Brief ist von "am Boden liegen gelassenen blutigen Binden und Tampons" die Rede. "Grundlegende Anstandsregeln und Werte scheinen nicht mehr zu gelten. Diese Gleichgültigkeit bedaure ich sehr", so Ludi. Die bisherigen Massnahmen - insbesondere die Sensibilisierungskampagne "Halt geben - Halt sagen" - hätten nicht genügend gefruchtet.

Einjährige Versuchsphase

Der Schuldirektor hofft auf eine präventive Wirkung der Kameras. "Spätestens wenn der erste Vater für die Dummheiten seines Kindes 1000 oder mehr Franken bezahlen muss, findet hoffentlich ein Umdenken statt", sagt Ludi. Wenn möglich, werden die Kameras nach einer einjährigen Versuchsphase wieder entfernt. Andererseits schliesst Ludi nicht aus, dass die Videoüberwachung bei Bedarf auch in weiteren BFF-Gebäuden eingeführt wird.

Die sechs Kameras an der Sulgeneck- und Monbijoustrasse nehmen das Geschehen lediglich in den Gängen und Treppenhäusern im Innern der Gebäude auf. In den Schulzimmern wird nicht gefilmt. Die Daten werden während 30 Tagen gespeichert und können per Computer ausgewertet werden. Dazu befugt ist lediglich der Abteilungsleiter Finanzen und Dienste, Andreas Stettler. Er untersteht der Schweigepflicht und darf die Erkenntnisse nur an die Schulleitung weitergeben. Ludi verspricht: "Die Bilder dienen ausschliesslich dazu, Vandalen ausfindig zu machen."

Günstiger Zeitpunkt

Die genauen Kosten für die Kameras will Ludi nicht nennen. "Sie liegen aber unter der Schadenssumme der letzten zwei Monate", sagt er. Kurz vor Ende des Schuljahres sei ein günstiger Zeitpunkt zur Installation der Kameras, da Vandalenakte an der BFF vor den Sommerferien erfahrungsgemäss zunehmen. In der siebenköpfigen Schulleitungskonferenz sei das Thema Videoüberwachung lang und breit diskutiert worden, sagt Ludi. Schliesslich sei der Entscheid für die Kameras aber einstimmig gefallen. Aus der Lehrerschaft habe er bereits eine kritische Rückmeldung erhalten.

Rechtlich seien die Kameras zulässig, so Ludi. Das habe man abgeklärt. Mit dem neuen Polizeigesetz, das Anfang Juli in Kraft tritt, muss die Videoüberwachung aber von der Kantonspolizei neu abgesegnet werden.

Zum ersten Mal im Kanton Bern

Vorerst hat die kantonale Erziehungsdirektion für die Kameras an der BFF grünes Licht gegeben. Es sei das erste Mal, dass im Kanton Bern zu einem solchen Mittel gegriffen werde, sagt der Vorsteher des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes Theo Minck. Eine andere Anfrage einer Berufsschule aus dem Berner Jura sei wegen fehlender Dringlichkeit abschlägig behandelt worden. "An der BFF ist der Bedarf erwiesen", sagt Minck. Das Ausmass der Vandalenakte und das neu renovierte Gebäude rechtfertigten die Kameras. Auch habe die Schule zuvor alle anderen möglichen Massnahmen ergriffen.

Minck glaubt nicht, dass die BFF zu einem Präzedenzfall wird. "Jede Schule muss separat anhand ihrer Schulkultur und ihrer Räumlichkeiten bewertet werden", sagt er. Es gebe kein Konzept, das den Einsatz von Videoüberwachung an kantonalen Schulen regelt. "Bisher war es noch keine akute Angelegenheit." Minck spricht bei der Videoüberwachung denn auch von einer "Notmassnahme". Er könne sich aber vorstellen, dass die präventive Wirkung über die BFF hinausreiche. "Die Schüler merken vielleicht auch an anderen Schulen, dass nicht nur Grenzen gesetzt werden, sondern auch Mittel vorhanden sind, wie diese Grenzen kontrolliert werden können", sagt Minck.

Stadt Bern will keine Kameras

Absolut kein Thema sei Videoüberwachung in den städtischen Schulen, sagt die Leiterin des Schulamtes Irene Hänsenberger. Man setze auf die bisher ergriffenen Massnahmen. Konkret beinhalten diese ein Zutrittsverbot von Pausenplätzen ab 22 Uhr, bauliche Massnahmen und bessere Beleuchtung sowie Kontrollen durch die Securitas. Im Fokus der Massnahmen stehen nicht schulinterne Störenfriede, sondern Jugendliche von ausserhalb der Schulen. Auch Gemeinderätin Edith Olibet (sp) schliesst Videoüberwachung aus: "Kameras sind keine geeignete Massnahme für städtische Schulen, schon gar nicht im Innern der Gebäude." Die in einer Pilotphase von zweimal drei Monaten getesteten Massnahmen hätten sich bewährt, so Olibet. Für die definitive Einrichtung müssen noch die Mittel gesprochen werden.

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STADTRATS-SITZUNG 11.6.09
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Stadtratssitzung (Traktanden)
Donnerstag, 11. Juni 2009 17.00 Uhr und 20.30 Uhr
Sitzungssaal im Rathaus

NEUE LISTE ////Die Stadtratssitzungen sind öffentlich zugänglich (Besuchertribüne)
Traktanden

(...)
 
9. Motion Fraktion FDP (Anastasia Falkner): Menschenhandel und Bettelei - Massnahmen zum Schutz der Schwächsten sind jetzt zu ergreifen (SUE: Nause) 09.000030
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/09.000030/gdbDownload

(...)
 
12. Postulat Fraktion GB/JA! (Lea Bill/Anne Wegmüller, JA!): Bahnhofreglement und Securitrans: Kontrolle und Statistiken unabdingbar (SUE: Nause) 08.000329
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/08.000329/gdbDownload

(...)
 
17. Interpellation Fraktion FDP (Dolores Dana/Christoph Zimmerli): Wohlwollen für die Stadtnomaden vor den Gemeindewahlen? (PRD: Tschäppät) 08.000351
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/08.000351/gdbDownload

(...)
 
24. Postulat Fraktion SVP/JSVP (Roland Jakob/Manfred Blaser, SVP): Keine Steuergeldverschwendung mehr für die gescheiterte RGM Drogen- und Suchtpolitik! (BSS: Olibet) verschoben vom 4. Juni 2009 08.000357
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2008/08.000357/gdbDownload

(...)
 
26. Motion Fraktion SVP/JSVP (Roland Jakob/ Manfred Blaser, SVP): Trotz gescheiterter RGM Drogen- und Suchtpolitik! Drogenanlaufstellen in der Stadt Bern schliessen und neu im Neufeld zusammenlegen (BSS: Olibet) verschoben vom 4. Juni 2009 08.000354
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2008/08.000354/gdbDownload

27. Motion Reto Nause (CVP)/Susanne Elsener (GFL): Aufwertung des Vorplatzes der Reitschule durch einen Skatepark: Planungskredit bzw. Baugenehmigung durch die Stadt (BSS: Olibet) verschoben vom 4. Juni 2009 08.000264
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/08.000264/gdbDownload

(...)

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ANTI-BÜRGERWEHR
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Basler Zeitung 9.6.09

Gass verurteilt Bürgerwehr scharf

 Basel/Birsfelden. SVP will trotz Angriff mit Kontrollgängen für Sicherheit sorgen

Alan Cassidy, Peter de Marchi

Auch die Basler SVP überlegt sich, nachts Patrouillen loszuschicken. Sowohl der Basler Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass als auch seine Baselbieter Kollegin Sabine Pegoraro setzen ein grosses Fragezeichen hinter solche Aktionen.

Eigentlich wollte sich Sebastian Frehner, Basler Grossrat und SVP-Präsident, am Samstagabend bloss ein Bild von der Bürgerpatrouille seiner Birsfelder Parteikollegen machen. Es kam jedoch ganz anders: Die SVP-Truppe und das Team des Schweizer Fernsehens, das den Kontrollgang durch die nächtliche Gemeinde filmen wollte, wurden von mehreren Vermummten angegriffen (siehe Text unten).

Für Frehner und die Basler SVP ist dennoch klar: Bürgerpatrouillen sind auch in Basel eine Option. "Wenn der Staat nichts gegen grassierende Kriminalität unternimmt und nicht mehr für die Sicherheit seiner Bürger sorgen kann, stellt sich die Frage, ab wann man zur Selbsthilfe greifen muss", sagt Frehner. Das von der SVP eingerichtete "Bürgertelefon" habe gezeigt, dass sich die Bevölkerung viel mehr uniformierte Polizisten auf den Strassen wünsche: "Kaum eine junge Frau fühlt sich doch nachts in Basel noch sicher." Denkbar wären für Frehner deshalb Bürgerpatrouillen an "Hotspots" wie dem Nachtigallenwäldchen.

Sache der Polizei

Scharf verurteilt wird das Vorhaben der SVP vom Basler Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass (FDP). "Dass solche Bürgerwehren nicht funktionieren, müsste Herr Frehner in Birsfelden selbst gemerkt haben", sagt Gass lapidar. Es sei ausschliesslich Sache der Polizei, auf öffentlichem Grund für Sicherheit zu sorgen. "Privatarmeen und Bürgerwehren haben in einem Rechtsstaat nichts zu suchen."

Auch für die Baselbieter Sicherheitsdirektorin Sabine Pegoraro (FDP) sind Bürgerwehren, die sich nicht an das Gesetz halten, in einem Rechtsstaat fehl am Platz. Sie habe bereits mit den Birsfelder SVP-Mitgliedern gesprochen, die regelmässig auf Nachtpatrouille gehen. Dabei habe sie ihnen zwei Dinge unmissverständlich klargemacht: Dass sie sich mit ihren Patrouillen selbst in Gefahr bringen würden und dass sie niemals selbst aktiv werden dürften. Wenn die Patrouille einen Vorfall bemerke, müsse sie unverzüglich die Polizei rufen. Die Polizei - und nur die Polizei - dürfe jemanden anhalten. Der Staat könne jedoch niemandem verbieten, im öffentlichen Raum Präsenz zu markieren.

Innerhalb des Birsfelder Gemeinderats gehen die Meinungen über die Bürgerpatrouillen weit auseinander. SVP-Gemeinderat Claude Zufferey verteidigt den Einsatz seiner Parteikollegen. Die SVP habe der Bevölkerung versprochen, etwas zur Verbesserung der Sicherheit im Dorf beizutragen, sagt er. Die Partei suche auch das Gespräch mit den Jugendlichen. "Was am vergangenen Wochenende geschah, ist für alle Seiten kontraproduktiv."

Wegweisung

Anders sieht das CVP-Gemeindepräsident Claudio Botti. Er verurteilt die Nachtpatrouillen der SVP. "Mit solchen Aktionen provoziert man die Jugendlichen nur." Botti will auf andere Massnahmen setzen. Am kommenden Montag soll die Gemeindeversammlung einen Wegweisungsartikel im kommunalen Polizeigesetz absegnen. Botti verspricht sich von diesem Artikel vor allem eine präventive Wirkung: Die Jugendlichen sollen wissen, dass die Polizei etwas gegen sie in der Hand hat. "Das kann abschrecken." Der Wegweisungsartikel dürfe allerdings nur als letztes Mittel zum Einsatz kommen, sagt Botti. Die Gemeinde werde auch wieder einen Streetworker einstellen, der den direkten Kontakt zu den Jugendlichen sucht.

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Pöbeln und randalieren für die Fernsehkamera

 Birsfelden. Jugendliche griffen Bürgerwehr an, um im Scheinwerferlicht zu stehen, sagen Lokalpolitiker

Peter de Marchi

Seit Wochen war es eher ruhig am Birsfelder Zentrumsplatz. Kaum meldet sich das Schweizer Fernsehen an, kommt es zu Krawallen, wie es sie auf dem Platz noch nie gegeben hat.

Nach dem Zwischenfall auf dem Birsfelder Zentrumsplatz (BaZ von gestern) hagelt es jetzt Vorwürfe in Richtung Schweizer Fernsehen. SVP- Gemeinderat Claude Zufferey plagt das Gefühl, das Fernsehen habe es in Kauf genommen, dass es zu Auseinandersetzungen kommt. Gemeindepräsident Claudio Botti (CVP) drückt es nicht ganz so hart aus. Für ihn aber ist klar, dass der gemeinsame Auftritt der SVP-Nachtpatrouille mit den Fernsehleuten den Auftritt der Jugendlichen geradezu provoziert haben muss.

Der Birsfelder Jugendliche, der sich bereit erklärt hatte, mit den Fernsehleuten zu sprechen, schiebt die Schuld für den Zwischenfall ebenfalls dem Fernsehen in die Schuhe. Wäre das TV-Team nicht alleine mit der SVP-Truppe, sondern wie abgemacht mit ihm zusammen zum Zentrumsplatz gegangen, wäre es nie zu diesem Zwischenfall gekommen.

Verbal attackiert

Geplant war ein "Rundschau"-Beitrag des Schweizer Fernsehens über Probleme mit randalierenden Jugendlichen in Birsfelden. Ein Reporter des Schweizer Fernsehens wollte mit der privaten SVP-Patrouille vom Zentrumsplatz ins Sternenfeld marschieren und von der Tour berichten. So weit kam es nicht: Kaum hatten sich die SVP-Vertreter und die Fernsehleute kurz vor 23 Uhr beim Zentrumsplatz getroffen, wurden sie von einer Gruppe vermummter Jugendlicher überfallen und verbal attackiert.

Die Polizei war zwar schnell vor Ort, die Angreifer hatten sich jedoch bereits aus dem Staub gemacht. Das Fernsehteam brach die Aufnahmen ab, und auch die Basler SVP-Delegation bestieg wieder das 3er-Tram in Richtung Stadt. Sie hatte sich von den Nachtpatrouillen in Birsfelden ein Bild machen wollen.

Abstrus

Der Reporter des Schweizer Fernsehens weist die Vorwürfe aus Birsfelden zurück. Der Vorwurf des SVP-Gemeinderats sei so abstrus, dass der Reporter gar nicht darauf eingehen will.

In einem Punkt stimmen aber zumindest Botti und Zufferey überein: Vermummte jugendliche Randalierer habe es bisher in Birsfelden noch keine gegeben. Im Gegenteil, in den letzten Wochen habe sich die Situation beruhigt, sowohl am Zentrumsplatz wie auch im Sternenfeld-Quartier. Claude Zufferey sagt, er sei davon ausgegangen, dass ausser den Mitgliedern der SVP-Patrouille und dem Fernsehen niemand von den geplanten Dreharbeiten wisse. Das Treffen habe sich aber herumgesprochen, zumal ja auch einer der Jugendlichen eingeladen worden sei.

Und Claudio Botti zieht den Vergleich mit dem 1. Mai in Zürich. Sobald die Randalierer wüssten, dass sie ins Fernsehen kämen, würden die Krawalle losgehen. Botti: "Die SVP-Mitglieder und die Kameras des Fernsehens - das war doch ein gefundenes Fressen für die Jugendlichen."

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Basellandschaftliche Zeitung 9.6.09

Bürgerwehr löst Gewalt aus

Der Angriff auf die Birsfelder Bürgerwehr wirft schweizweit Wellen

Die Bürgerwehr und der Besuch des Schweizer Fernsehens haben in Birsfelden einen Gewaltausbruch provoziert.

Birgit Günter

Der Verdacht hat sich erhärtet: Es war kein Zufall, dass Birsfelder Jugendliche ausgerechnet dann die Bürger-Patrouille der SVP angegriffen haben, als ein Reporterteam des Schweizer Fernsehens vor Ort war (siehe bz von gestern). Eine konkrete "Inszenierung" weisen zwar alle Beteiligten von sich. Klar ist aber, dass einer der Jugendlichen von einem Fernseh-Reporter über den Besuch informiert worden war › und dies offenbar seinen Kumpels erzählt hatte.

Diese nutzten dann die Möglichkeit, schweizweit mit ihrem Tun für Aufsehen zu sorgen. Sie griffen den Kameramann tätlich an und beleidigten die Patrouillierenden mit Worten. "Wir haben das Filmen dann abgebrochen, weil es uns zu gefährlich schien", berichtet der Fernseh-Reporter. Auch die anwesenden SVP-Politiker haben die Stimmung als "sehr aggressiv" erlebt.

Botti: "Völlig kontraproduktiv"

Ohne das Verhalten der Jugendlichen zu schönen steht darum fest: Hätte es keine Bürgerwehr und kein Reporterteam gegeben, hätte es auch keinen Gewaltausbruch gegeben. "Eine Bürgerwehr ist reine Provokation", kritisiert darum auch Gemeindepräsident Claudio Botti die zwar gut gemeinte, aber "völlig kontraproduktive" Aktion der Birsfelder SVP. Statt die Lage zu beruhigen, sei sie nun erst recht eskaliert, und Birsfelden stehe schweizweit schlecht da.

Die Jungsozialen fordern nun gar ein Verbot von Bürgerwehren. Die Baselbieter Sicherheitsdirektorin Sabine Pegoraro entgegnet darauf, der Kanton könne niemandem verbieten, sich abends im öffentlichen Raum aufzuhalten.

 Seite 15, Kommentar rechts

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"Logisch, dass es einmal knallt"

Die Patrouillen der Birsfelder SVP sorgen nach dem Eklat nun schweizweit für Aufsehen

Nach der Eskalation während der Nachtpatrouille in Birsfeldern fordern Linke ein Verbot von Bürgerwehren. Klar ist nun auch: Zum Gewaltausbruch kam es in erster Linie, weil das Fernsehen vor Ort war.

Birgit Günter

Die Attacke auf eine Patrouille der Birsfelder SVP sowie auf ein Reporterteam des Schweizer Fernsehens (siehe bz von gestern) zieht weite Kreise. Zwei heisse Fragen stehen dabei im Zentrum. Erstens: Ist es Zufall, dass die Lage in Birsfelden ausgerechnet dann eskaliert, wenn das Fernsehen vor Ort ist, sprich: Wer hat das inszeniert? Und zweitens: Sind Bürgerwehren per se sinnvoll oder lösen sie Gewalt erst recht aus?

Die erste Frage lässt sich leichter beantworten: Nein, es war kein Zufall. Das Ganze lief so ab: Der Reporter des Schweizer Fernsehens, der nicht namentlich genannt werden möchte, hatte ursprünglich mit der Basler SVP einen Beitrag drehen wollen zu den dort geplanten Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit. Der SVP-Präsident Sebastian Frehner verwies dann darauf, dass das Ultimatum, das die SVP der Stadt gestellt hatte, erst Ende Juli ablaufen werde und es darum sinnvoller sei, in Birsfelden zu drehen, wo es bereits eine Art Bürgerwehr gebe.

Nie mit einer Eskalation gerechnet

Der Reporter nahm darauf Kontakt auf zu einem Jugendlichen der Birsfelder Szene, den er von einem Podium her kannte, um mit ihm ein Interview abzumachen. Dieser wiederum hat den Fernsehbesuch offenbar seinen Kumpels weitergesagt. "Als wir am frühen Abend in Birsfelden einen Augenschein machten, haben uns die Jugendlichen bereits zugewunken. Die wussten, dass wir kommen", erzählt der SF-Reporter. Er habe jedoch nie erwartet, dass die Sache dermassen eskaliere, gibt er zu Protokoll › denn als der Sender Telebasel eine ähnliche Reportage gemacht habe, seien die Reporter schliesslich durch leere Strassen gewandert.

 Ganz anders jetzt: "Plötzlich stand da eine Gruppe von maskierten, muskelbepackten Jugendlichen", erzählt Frehner, der zusammen mit zwei Basler Kollegen die Patrouille besuchte. Es habe ein Gerangel und Geschubse gegeben, es sei verbal sehr aggressiv zu und her gegangen, und vor allem die Kamera sei angegriffen worden. "Wir haben die Aktion dann abgebrochen, weil es uns zu gefährlich schien", sagt der Reporter. Ausgestrahlt wird die Sendung mit leicht verändertem Konzept aber trotzdem (am 17. Juni).

"Bürgerwehren eine Provokation"

Der Birsfelder Eklat dürfte dann auch schweizweit bei einem breiten Publikum Wellen werfen. Womit wir bei der zweiten Frage wären: Wie sinnvoll sind Bürgerwehren? Ohne Bürgerwehr und ohne Fernsehbesuch hätte es schliesslich gar keinen "Fall Birsfelden" gegeben. "Diese Aktion ist sehr kontraproduktiv", kritisiert denn auch Gemeindepräsident Claudio Botti, und fügt an: "Schlicht eine Provokation." Denn die Jugendlichen wüssten: Die SVP, das sind jene, die sowieso immer gegen uns sind. "Da war es logisch, dass es einmal knallt. Das ist wie am 1. Mai." Erreicht habe die SVP damit nur, dass jetzt auch "normale" Passanten Opfer von Angriffen werden könnten, da sie möglicherweise versehentlich für SVP-Patrouillierende gehalten würden › sowie, dass Birsfelden schweizweit negative Berühmtheit erlange.

 Bereits jetzt sorgen sich die Baselbieter Jungsozialen um das Image des Kantons: "Eine Tolerierung der Bürgerwehr der Birsfelder SVP ist ein Skandal für den Baselbieter Rechtsstaat", schreiben sie in einem Communiqué. Die Juso prüfen darum rechtliche Schritte und fordern zugleich Sicherheitsdirektorin Sabine Pegoraro auf, gegen die Bürgerwehr aktiv zu werden, "anstatt weiterhin nur an runden Tischen zu zimmern".

Pegoraro: Bürgerwehr nicht verbieten

Pegoraro entgegnet, dass der Kanton rechtlich nicht viel machen könne, solange sich diese Personen ans Gesetz halten. "Man kann schliesslich niemandem verbieten, sich abends im öffentlichen Raum aufzuhalten", erklärt sie. Und die Patrouillerenden in Birsfelden würden sich korrekt verhalten. Sie verweist zudem darauf, dass das ein Einzelfall gewesen sei und sich die Lage in den vergangenen Wochen verbessert habe. "Dies haben mir die Polizei, Bürger und Gemeindevertreter in Gesprächen bestätigt", betont Pegoraro. Die Polizei mache vermehrt Kontrollen in Birsfelden.

 Auch der Basler SVP-Präsident sieht keinen Grund, wegen des Vorfalls das Ultimatum zu ändern oder von Vorneherein auf Bürgerwehren zu verzichten. "Wir prüfen derzeit verschiedene Massnahmen. Wir wollen aber nichts Populistisches, sondern etwas, das der Bevölkerung nützt." Vorläufig an den Patrouillen festhalten will Christian Brechbühl, Initiant und Vizepräsident der Birsfelder SVP.

 Last but not least stellt sich die Frage, was mit den Randalierern passiert, falls die Polizei sie identifizieren kann. "Es sind noch gar keine Strafanzeigen eingegangen", sagt Polizeisprecher Meinrad Stöcklin. Und selbst wenn, sei tatsächlich offen, ob ein Straftatbestand gegeben sei. Erschwert wird die Arbeit der Polizei dadurch, dass das Schweizer Fernsehen das angeforderte Bildmaterial den Behörden nicht zur Verfügung stellen will.

Der Beitrag wird am 17. Juni in der "Rundschau" des Schweizer Fernsehens gezeigt.

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Kommentar

Schluss mit Bürgerwehr!

Bojan Stula

Würden die Fakten nicht etwas anderes besagen, hätte man sich den bösartigen Gedanken kaum verkneifen können, der Überfall auf die Birsfelder Bürgerwehrpatrouille sei von der SVP aus PR-Gründen selbst inszeniert worden. Die Aussagen von Betroffenen deuten in eine andere Richtung. Doch das ändert nichts am skandalösen Dauerzustand, dass mit dem Thema "Sicherheit" populistischer Stimmenfang betrieben wird.

 Nochmals: Dass die SVP in der Region eine Bürgerwehr auf die Beine stellt, ist für einen demokratischen Rechtsstaat inakzeptabel › mögen sich diese Patrouillen noch so "korrekt" aufführen. Wer am Gewalt- und Sicherheitsmonopol des Staates auf öffentlichem Grund rüttelt, untergräbt das Rechtsprinzip. An dieser Stelle verdient auch die Baselbieter Sicherheitsdirektorin Sabine Pegoraro einen Rüffel. Statt sich klipp und klar von solchem Bürgerwehr-Treiben zu distanzieren, attestiert sie "korrektes" Auftreten und stellt zumindest indirekt einen Zusammenhang zur verbesserten Sicherheitslage in Birsfelden her. Das ist etwa so, wie wenn sich die FCB-Führung vom Hooliganismus distanzieren würde, gleichzeitig aber die tolle Stimmung im Stadion lobte, die dank Leuchtpetarden und Hassgesängen aufkommt. Und noch eine Parallele zum Fussball: Einmal mehr zeigt sich, dass diese Täterkreise "geil" auf öffentliche Anerkennung sind. So, wie Fussballspiele als Gewalt-Bühne missbraucht werden, eignen sich Angriffe auf die Bürgerwehr bestens zur Selbstinszenierung der Schläger. Ein Grund mehr, die SVP-Übung sofort abzubrechen.

 bojan.stula@bz-ag.ch

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ADMINISTRATIVE VERSORGUNG
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Bund 9.6.09

Administrative Versorgung

Als "Liederliche" weggesperrt

Bis in die 1980er-Jahre konnten Vormundschaftsbehörden Frauen, Männer und Jugendliche, die aus dem gesellschaftlichen Rahmen fielen, hinter Gitter schicken. Viele dieser einst sogenannt administrativ Versorgten kämpfen heute für ihre Rehabilitation.

Susanne Wenger*

Zum Beispiel Christina G. (Name der Redaktion bekannt; vgl. Text unten): Die heute 52-jährige Solothurnerin war 19 Jahre alt und ledige Mutter, als die Vormundschaftsbehörde ihrer Wohngemeinde sie 1976 in die Strafanstalt Hindelbank einwies. Oder Ursula Müller-Biondi: Die heute 59-Jährige wurde 1967 als schwangere 17-Jährige von der Amtsvormundschaft Zürich in Hindelbank versorgt und sass ein Jahr lang hinter Gittern. Nicht dass die beiden jungen Frauen etwas verbrochen hätten - sie galten lediglich als schwer erziehbar, und ihr Lebenswandel passte Behörden und Familie nicht. Sie gehören zu den administrativ Versorgten, die sich fürs Leben gezeichnet sahen und deren Schicksal noch weitgehend der historischen Aufarbeitung harrt.

Administrative Versorgungen waren in der Schweiz seit Mitte des 19. Jahrhunderts möglich. Sie wurden nicht durch Gerichte verfügt, sondern durch Verwaltungsbehörden. Rechtsgrundlagen waren kantonale Gesetze und das damalige Vormundschaftsrecht im Zivilgesetzbuch (ZGB, Revision siehe unten rechts). Zur Frage, wie viele Jugendliche und Erwachsene auf administrativem Weg in eine geschlossene Anstalt eingewiesen wurden, sind vorerst nur Schätzungen möglich: Es dürften gemäss der Historikerin Tanja Rietmann mehrere Zehntausend gewesen sein. Rietmann untersucht für ihre Dissertation die Situation im Kanton Bern, wo zwischen 1942 und 1981 insgesamt 2700 Personen von einer administrativen Freiheitsentziehung betroffen waren.

Umerziehung ohne Mittel

"Liederlichkeit, Arbeitsscheu und Trunksucht" - das waren laut Historikerin Rietmann die häufigsten Gründe. Bei Frauen sei es oft um sittlich-moralische Aspekte gegangen - um uneheliche Mutterschaft oder Prostitutionsvorwürfe. Bei Männern stand Alkoholismus im Vordergrund, sie sollten in der Anstalt wieder lernen zu arbeiten. Oft habe die Versorgung den Charakter eines Sanktions- oder Repressionsinstruments gegen sozial Auffällige gehabt, konstatiert die Historikerin für den von ihr untersuchten Zeitraum. Beanstandet wurden nicht einzelne Regelverstösse, sondern ganze Verhaltens- und Lebensweisen.

Doch in den Anstalten, in die man die Leute verfrachtete, gab es lange weder erzieherische noch therapeutische Hilfe und auch keine Möglichkeit zur beruflichen Aus- oder Weiterbildung. Häufig waren auch überforderte Vormundschaftsbehörden am Werk. Weder Angestellte der Amtsvormundschaften noch Privatvormünder hätten über das notwendige theoretische und praktische Wissen verfügt, um mit ihren Mündeln anders als autoritär und sanktionierend umzugehen, sagt Historikerin Rietmann.

Von Anfang an Bedenken

Bedenken gegen die Praxis der administrativen Versorgung gab es schon früh: "Die Rechtmässigkeit des Gesetzes wurde von Anfang an in Zweifel gezogen", berichtet Tanja Rietmann. Politiker und Juristen sahen die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt. In vielen Kantonen gab es keine Möglichkeit, die Einweisungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Wegen der administrativen Versorgungen konnte die Schweiz 1974 die Europäische Menschenrechtskonvention nur unter Vorbehalt ratifizieren. Aber erst, als 1981 Bestimmungen über den Fürsorgerischen Freiheitsentzug ins ZGB aufgenommen wurden, wurden die Versorgungsgesetze ausser Kraft gesetzt.

"Grauenhafte Demütigung"

Fast 30 Jahre später beginnen nun die Betroffenen, sich zu organisieren und eine Wiedergutmachung zu fordern. Es geht ihnen nicht um Geld, sondern um Rehabilitation. Treibende Kraft ist Ursula Müller-Biondi, die letztes Jahr mit ihrem Schicksal als Erste an die Öffentlichkeit trat. Die "grauenhafte Demütigung", das "Stigma, im Gefängnis gewesen zu sein", trage man ein ganzes Leben lang mit sich herum, sagt Müller-Biondi: "Wir fordern eine Entschuldigung." Die Behörden sollten hinstehen und sagen, dass es falsch gewesen sei, Menschen auf diese Art wegzusperren. Tausende seien so regelrecht gebrochen worden. Ursula Müller-Biondi - inzwischen Geschäftsfrau und glückliche Grossmutter - und ihre Schicksalsgenossinnen sowie -genossen haben eine Website eingerichtet und Kontakte zu Bundesbern aufgenommen.

Ihre Forderung nach Wiedergutmachung unterbreiteten sie der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren (SODK). Diese zeigt zwar Verständnis für das Anliegen, betrachtet sich aber als nicht zuständig, "vergangenes Recht zu Unrecht zu erklären". Abklärungen der SODK ergaben zudem, dass auch das Bundesamt für Justiz, die Konferenz der kantonalen Polizeidirektoren sowie die Konferenz der kantonalen Vormundschaftsbehörden "keine Handlungsmöglichkeit sehen, über vergangene Gesetzgebung und deren Anwendung zu urteilen".

 Dafür weisen die Behörden auf Verbesserungen im Sozialwesen hin: Der Rechtsschutz Betroffener - ob Erwachsene oder Kinder - werde kontinuierlich ausgebaut. Zudem sei das Angebot an geeigneten Einrichtungen mit pädagogischen und therapeutischen Konzepten laufend erhöht worden.

Vorstoss im Nationalrat

Dass niemand zuständig sein wolle, akzeptiere man nicht, sagt Ursula Müller-Biondi: "Wir lassen nicht locker." Unterstützung erhalten die Betroffenen nun von einer Bundesparlamentarierin: Die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr hat Ende April einen Vorstoss eingereicht, in dem sie eine "moralische Wiedergutmachung" und die wissenschaftlich-historische Aufarbeitung der administrativen Versorgungen fordert.

Die Historikerin Tanja Rietmann hält das Anliegen der Wiedergutmachung für legitim. Sie verweist auf das Hilfswerk "Kinder der Landstrasse", das zwischen 1926 und 1972 mit Unterstützung der Vormundschaftsbehörden den Fahrenden die Kinder wegnahm und in Heime steckte. 1986 entschuldigte sich der Bundespräsident, die Eidgenossenschaft leistete auch finanzielle Wiedergutmachung.

Bei den Verdingkindern wiederum, deren Schicksal noch bis Ende Juni in einer Ausstellung im Berner Käfigturm gezeigt wird, hat sich bisher nur die Katholische Kirche Luzern offiziell entschuldigt. Es brauche generell eine gesellschaftliche Diskussion über Behördenwillkür, fordert die administrativ Versorgte Ursula Müller-Biondi: "Denn so etwas darf nie wieder passieren."

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"Wie die mit mir umgegangen sind!"

Eine einst administrativ versorgte Frau berichtet, wie schwer sie bis heute an ihrem Schicksal trägt

Als 19-jährige ledige Mutter wurde Christina G. 1976 von der Vormundschaftsbehörde ins Frauengefängnis Hindelbank eingewiesen. Warum genau, erfuhr sie erst 32 Jahre später.

Susanne Wenger

Christina G. sitzt in ihrem einfach, aber liebevoll eingerichteten Wohnzimmer und blättert in einem Stapel alter Akten. Sie alle auf einmal durchzusehen, fällt der bald 52-Jährigen immer noch schwer. Denn die amtlichen Papiere dokumentieren, wie sie im März 1976 als 19-Jährige ins Frauengefängnis Hindelbank eingewiesen wurde. Die junge Frau, die sich nach einem Suizidversuch in einer psychiatrischen Klinik aufhielt, wurde per Beschluss der Vormundschaftsbehörde ihrer damaligen Wohngemeinde Recherswil SO administrativ versorgt - ohne Anhörung, ohne Rekursmöglichkeit. Drei Monate zuvor hatte Christina G. einen Sohn geboren, er war an einem Pflegeplatz untergebracht.

"Eingeschlossen zu sein, war katastrophal", sagt Christina G. Drei Monate lang lebte sie in einem speziellen Trakt der Anstalt, tagsüber kam sie bei der Arbeit mit Strafgefangenen in Kontakt: "Mörderinnen, Bankräuberinnen, Drogenhändlerinnen." Auf Nachfrage erhielt sie die Auskunft, dass sie "auf unbestimmte Zeit" in Hindelbank bleiben müsse. Doch der verständnisvolle Psychiater der Anstalt erkannte, dass die junge Frau im Gefängnis am falschen Ort war. Er erreichte bei der Vormundschaftsbehörde, dass Christina G. in eine psychiatrische Klinik wechseln konnte. Nach weiteren vier Monaten kam sie ganz frei.

"Gefährdete Tochter"

Warum die Vormundschaftsbehörde sie - mit dem Einverständnis ihres Vaters - in die Strafanstalt eingewiesen hatte, erfuhr Christina G. erst im Herbst 2008, als ihr auf ihr Gesuch hin Akteneinsicht gewährt wurde: "Sie lebt seit ungefähr einem Jahr mit einem übel beleumdeten, mehrfach vorbestraften Mann, der 15 Jahre älter ist als sie, zusammen", so begründete die Behörde vor über 30 Jahren ihren Entscheid. "Von diesem Mann hat sie 1975 ein Kind geboren." Fräulein G. sei "eine notorische Lügnerin" und habe kleine Diebstähle begangen, für die sie jedoch nie strafrechtlich verfolgt worden sei. In der psychiatrischen Klinik werde "dem Bedürfnis nach Sicherung nicht genügend Rechnung getragen". Die "gefährdete Tochter" habe sich "wiederholt um 22 Uhr noch in der Stadt Solothurn" bewegt.

Wenn sie heute liest, was die Behörden damals über sie schrieben, packt Christina G. die Wut: "Ich wurde versorgt, weil ich nicht spurte", glaubt sie. Dabei habe sie doch nur Geborgenheit gesucht. Christina G. ist als zweitjüngstes von fünf Kindern in einer Grossbauernfamilie aufgewachsen. Als sie elf Jahre alt war, verstarb ihre Mutter. Diesen Schicksalsschlag habe sie nie richtig verwunden, sagt Christina G. Mit der späteren Stiefmutter verstand sie sich nicht. Eine Lehre als Köchin schloss sie ab, verlor aber ihren Arbeitsplatz. Gleichzeitig entdeckte der Teenager vom Land das gesellige Stadtleben und verliebte sich in besagten älteren Mann. Anfangs sei die Beziehung "rosig" gewesen, erinnert sich Christina G. Doch dann habe es Streit gegeben, sie sei auch geschlagen worden.

Einsatz für Schicksalsgenossinnen

Nach der Entlassung aus Strafanstalt und Klinik versuchte Christina G., ein neues Leben zu beginnen. Zu ihrem Sohn indes hat sie bis heute nie mehr Kontakt gehabt. "Zum Wohl des Kindes" habe sie damals eingewilligt, ihn bei der Pflegefamilie zu belassen, sagt Christina G. Doch die Vergangenheit liess sich nicht einfach abstreifen. Im Verlauf der Jahre kam ihr die Einweisung ins Gefängnis hoch: "Diese Ungerechtigkeit! Wie die mit mir umgegangen sind!" Christina G. bekam Suchtprobleme, musste sich im Frühling 2008 in einer Fachklinik therapieren lassen. Dort las sie zufällig in der Zeitschrift "Beobachter" einen Artikel über eine ebenfalls administrativ versorgte Frau: "Ich war aufgewühlt, weinte nur noch." Dass ihr Schicksal jemals zu einem öffentlichen Thema würde, hätte sie nie gedacht.

Die heutige Vormundschaftsbehörde von Recherswil, deren Vorgänger damals bei Christina G. die administrative Versorgung anordnete, nimmt auf Anfrage zum Fall so Stellung: "Aus heutiger Sicht" möge die Einweisung in die Strafanstalt "befremden": "Indessen entsprach das Vorgehen der damaligen Behörde den rechtlichen Bestimmungen." Es liege deshalb nicht an den heutigen Behörden der Gemeinde, jenes Vorgehen zu kommentieren oder sich dafür zu entschuldigen.

Christina G. arbeitet heute an einem geschützten Arbeitsplatz. Sich mit den Umständen ihres Gefängnisaufenthalts zu beschäftigen und ihrer Umgebung davon zu erzählen, war für sie zwar schmerzhaft. Sie fühlt sich jetzt aber erleichtert und sieht grossen Sinn darin, sich zusammen mit anderen Betroffenen für eine Wiedergutmachung einzusetzen. Die administrative Versorgung, stellt Christina G. fest, habe sie geprägt. Sie fasse zwar nicht mehr so leicht Vertrauen zu anderen Leuten. "Dafür habe ich gelernt zu kämpfen", sagt Christina G. und klappt energisch die Mappe mit den alten Akten zu.

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HOMOPHOBIE
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Le Matin 9.6.09

"L'homophobie, C'est une véritable gangrène"

Projet - Les premières assises contre l'homophobie veulent déboucher sur des résultats concrets. Il y a encore du pain sur la planche pour changer les mentalités.

Joël Cerutti

Elle court, elle rampe, la maladie de l'homophobie. "Elle est partout, et c'est une véritable gangrène!" s'exclame Charles Beer, conseiller d'Etat genevois en charge du Département de l'instruction publique (DIP). Pour lancer les premières assises contre l'homophobie, les déclarations chocs fusent. La manifestation se déroulera à Genève les 4 et 5 septembre prochain, mais il y a déjà des messages concrets à faire passer.

Il y a plus de tentatives de suicide chez les jeunes homosexuels

L'homophobie tue! "Il y a entre trois et cinq fois plus de tentatives de suicide chez les jeunes qui doutent de leur identité sexuelle", précise Joëlle Rochat, coordinatrice de ces assises, engagée depuis octobre 2008. Une hotline existe depuis ce printemps pour endiguer cette vague, mais encore faut-il la connaître (lire encadré). "Cette tendance à la dépression se voit aussi au niveau des adultes, où il y a une consommation d'alcool et de drogue significativement plus élevée", poursuit Joëlle Rochat.

La loi suisse est trop laxiste par rapport à l'homophobie

Il ne faut pas non plus banaliser l'homophobie. "Le respect des différences est vraiment menacé. Les résultats des dernières élections européennes parlent d'eux-mêmes. Surtout dans les pays de l'Est, on voit une vague d'antisémitisme, de racisme et de repli identitaire", estime Manuel Tornare, conseiller administratif. "En France, la loi condamne l'homophobie au même titre que le racisme ou le sexisme. Ce n'est pas le cas en Suisse, où le Conseil fédéral et le Conseil national ne sont pas entrés en matière. Cela permet à des personnalités comme Grégory Logean, président des jeunesses UDC valaisannes, de tenir des propos homophobes sans être pénalisées", attaque Catherine Gaillard, coprésidente des associations LGBT (lesbiennes, gay, bi et transsexuelles). "Nous espérons voir évoluer la législation et les consciences", reprend Manuel Tornare.

L'homophobie commence dès l'école

La LGBT veut éviter que ces assises ne soient un salon où l'on prêche à des convaincus. "Cela doit lancer des passerelles vers le grand public", espère Manuel Tornare. Plus concrètement encore, des exemples venus d'autres pays serviront d'inspiration. "A Montréal, il y a le GRIS, qui, depuis une décennie, effectue mille interventions par an dans les écoles. Elle distribue des brochures, mène des exercices pratiques pour faire comprendre l'altérité aux enfants", explique Joëlle Rochat. Dans les cours d'école, on banalise certaines insultes qui peuvent déstabiliser des jeunes. "Il faudra veiller à ce que ces plaisanteries, ces railleries soient proscrites dans les préaux", prône Charles Beer. "Les normes sociales participent à ancrer l'idée que pour être un vrai homme ou une vraie femme, il faut être hétérosexuel, aboutissement ultime de la construction identitaire", souligne Lorena Parini, maître d'enseignement et de recherches à l'Université de Genève. Ces assises, gratuites et ouvertes au public, se tiendront d'ailleurs à l'Uni Mail (Genève). Jean-Philippe Rapp, par ailleurs président d'honneur de la manifestation, y animera deux débats. "A la fin de ces assises, il y aura des engagements réels qui seront pris", assure Catherine Gaillard, qui aimerait donner à cet événement une périodicité régulière. "Peut-être tous les deux ans", dit-elle.

Avant la fatalité: La hotline blues-out

Blues-out, c'est une hotline gratuite (0800 40 44 40) ouverte tous les mardis entre 16 h et 20 h. Les ados (ou les adultes) qui rencontrent des problèmes d'identité sexuelle peuvent s'y confier. Un médecin supervise les réponses aux appels. Il existe également un site Internet (http://www.blues-out.ch) où vous trouverez d'autres numéros et adresses pour "des conseils d'orientation en santé mentale".

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Tribune de Genève 9.6.09

Deux jours de lutte contre l'homophobie

Les 4 et 5 septembre prochain, des Assises auront lieu à Genève pour apprendre à mieux vivre la diversité. Une première suisse!

"Il est plus facile aujourd'hui de faire son coming out dans les grandes villes. Or, ce n'est de loin pas le cas dans les campagnes et dans certains milieux professionnels", considère Catherine Gaillard, coprésidente de la Fédération genevoise des associations LGBT (lesbiennes, gay, bi et transsexuelles). De nombreux jeunes LGBT doivent ainsi encore faire face quotidiennement à des propos ou des actes homophobes. Ce qui n'est pas sans conséquences sur leur santé: des études montrent qu'ils souffrent deux fois plus de dépression que la normale et ont 3 à 5 fois plus de risques de tenter de se suicider. Face à ce constat, la Fédération genevoise des associations LGBT, en partenariat avec l'Etat, la Ville de Genève et l'Unité interdisciplinaire d'études genre de la Faculté des SES de l'Université, lancent les premières Assises contre l'homophobie à Genève. Elles auront lieu les 4 et 5 septembre prochains à Uni Mail.

Tant le conseiller administratif Manuel Tornare que le conseiller d'Etat Charles Beer ont assuré hier le soutien des autorités à cette première suisse qui sera présidée par le journaliste Jean-Philippe Rapp. Deux motions, l'une au Conseil municipal, l'autre au Grand Conseil, ont d'ailleurs été votées pour défendre clairement cette position. Laurence Bézaguet