MEDIENSPIEGEL 12.6.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Skatepark: Deutliches Ja im Stadtrat
- Rauchverbot auch für BeamtInnen
- Progr: Angst vor der Ruhe nach dem Sturm
- Stadtrat: Bettelverbot Season 2009
- Trinkgelage: Bahnhof Season 2009
- Staatschutz: Fiche Anni Lanz
- Big Brother Pranger: Pro + Contra
- Big Brother Schule: Teildemontage Kameras
- Big Brother Video: Pro + Contra
- Abbruch von SVP-Bürgerwehrübung
- Hooligans: Verfehlte populäre Massnahmen
- RaBe-Info 11.6.09
- Rassismus: (W)irrer Politiker; Statistik 2008
- Anti-Nazi-Demo Sempach: Auflagen
- Rütli-Feier: Anmeldung obligatorisch
- Offpride gegen Mainstream
- Arbeitskampf: Solidarität mit Ernst G.
- Konsumzone Solothurn: Polizei und Poller
- Neonazis Liechtenstein: Knast für Schweizer Neonazi
- Antifa-Camp Schwarzwald
- Rechtsextreme Ungarn: Wie in den 1930ern
- Libanon: Neuer Kurzfilm von a-films
- Mumia Abu-Jamal: Update
- Gipfel-Soli-News 11.6.09

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REITSCHULE
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Fr 12.06.09
20.30 Uhr - Tojo - Neuland Gebärdensprachtheater TheaterTraum.
22.00 Uhr - Frauenraum - FRAUENDISCO POPSHOP. Pop till you drop mit Ökotussi und Between! Women only.
23.00 Uhr - Dachstock - Le Zoo Usine & Dachstock present: IRATION STEPPAS (uk) & OBF DUB SOUND SYSTEM (fra) -- dub, reggae, dubstep

Sa 13.06.09
14.00 Uhr - Frauenraum - AMIE - Frauenkleidertauschbörse. Women only.
20.30 Uhr - Tojo - Neuland Gebärdensprachtheater TheaterTraum.
22.00 Uhr - Frauenraum - IVA NOVA (russland) IN CONCERT

So 14.06.09
18.00 Uhr - Rössli - Pianobar

Infos: www.reitschule.ch

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SKATERPARK
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Medienmitteilung der Reitschule Bern vom 11.6.2009

Betrifft:
Annahme Motion Reto Nause (CVP)/Susanne Elsener (GFL): Aufwertung des Vorplatzes der Reitschule durch einen Skatepark: Planungskredit bzw. Baugenehmigung durch die Stadt

An der Sitzung vom 11. Juni 2009 hat der Berner Stadtrat deutlich Ja zur Realisierung des Skateparks auf der Schützenmatte gesagt.

Die Reitschule Bern begrüsst diesen Entscheid und bewertet es als besonders positiv, dass im Parlament endlich wieder einmal über eine nicht-repressive Massnahme zur Verbesserung der Situation auf dem Vorplatz und der Schützenmatte debattiert wurde.

Die ReitschülerInnen ihrerseits sind daran, auch diesen Sommer mit einer Terrassenbar, verschiedenen kulturellen Anlässen sowie regem Spielbetrieb - neben Pingpong und Badminton auch mit dem diesjährigen Sommerhit "Kupp" (http://www.plop-and-fly.de/html/das_kupp_-_spiel.html) - ihren Beitrag zur Belebung des Vorplatzes zu leisten.

Die Reitschule Bern dankt den Initianten von "sk8.be" für den langen Schnauf!

Mit freundlichen Grüssen

Reitschule Bern
Mediengruppe
medien@reitschule.ch

Hintergrund:

Ende April 2005 hatte der Gemeinderat zahlreiche Massnahmen abgesegnet, die die bereits damals prekäre Situation auf dem Vorplatz der Reitschule verbessern sollten. Dazu wurde ein Kredit über 150'000 Franken gesprochen. (Text im megafon Nr. 284 vom Juni 2005. http://megafon.ch/html/artikel.php?IDArtikel=825)

Eine dieser Massnahmen war die Realisierung eines Skatepark in Zusammenarbeit mit dem Vereins "sk8.be".

Der Verein "sk8.be" sucht nach wie vor UnterstützerInnen und verkauft Anteile der Skaterbahn quadratzentimeterweise. Ab 10 Franken für 10x10 cm ist man dabei: http://www.sk8.be

Unterstützungskonto PC-Nr.:30-590-8 (Migros Bank); IBAN: CH 37 084 010 161 519 108 07

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Motion Reto Nause (CVP)/Susanne Elsener (GFL): Aufwertung des Vorplatzes der Reitschule durch einen Skatepark: Planungskredit bzw. Baugenehmigung durch die Stadt (BSS: Olibet) verschoben vom 4. Juni 2009 08.000264
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/08.000264/gdbDownload

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bernerzeitung.ch 11.6.09

Deutliches Ja zum Skater-Park vor der Reitschule

Der Vorplatz der Berner Reitschule erhält einen Skater-Park. Das Stadtparlament hat am Donnerstag diese Aufwertungsmassnahme mit 57 zu 9 Stimmen gutgeheissen.

Der Gemeinderat ist damit aufgefordert, sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Baubewilligung zu schaffen. Eingebracht hatten das Anliegen die CVP und die GFL. Der Platz müsse unbedingt attraktiver genutzt und publikumsfreundlicher gestaltet werden.

Der Gemeinderat will für diese Verbesserungsmassnahme in einer Problemzone der Stadt 28 ·000 Franken zur Verfügung stellen. Allerdings nur, wenn der private Verein ·sk8be· den Park unter dem Eisenbahnviadukt Schützenmatte und im Bereich des Vorplatzes der Reitschule mit der nötigen Sicherheit betreiben kann.

Zudem, so der Gemeinderat weiter, müsse der Verein glaubhaft darlegen können, dass er die nötigen finanziellen Mittel für den Bau und den Betrieb der Anlage aufbringen könne.

Nach dem klaren Ja zum verbindlichen Vorstoss soll der Betreiber- Verein, falls er die zitierten Voraussetzungen erfüllt, ein bis Ende 2014 befristetes Baurecht für die Skater-Anlage erhalten. Realisiert er die Anlage innerhalb dieser Frist, wird das Baurecht um 15 Jahre verlängert.

Es habe extrem lange gedauert, nun sei es endlich soweit, freute sich Stephanie Penher (GB). Es brauche aber weitere Schritte, um das problematische Gelände weiter aufzuwerten. Allerdings müsse zuerst abgeklärt werden, ob heute noch ein Bedürfnis für einen solchen Skater-Park bestehe, ergänzte Ruedi Keller (SP). (rue/sda)

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RAUCHVERBOT
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BZ 12.6.09

Rauchverbot

Beamte müssen ins Freie

Das Rauchverbot betrifft auch die Staatsangestellten. Sie dürfen ab Juli in Berner Verwaltungsgebäuden nicht mehr rauchen.

Ab dem 1.Juli dürfte sich Regierungspräsident und Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP) in seinem Büro eigentlich keine Pfeife mehr anzünden. Denn kürzlich hat der Regierungsrat laut Stefan Reichen, Stabsleiter im kantonalen Wirtschaftsamt Beco, beschlossen, auch in nicht öffentlich zugänglichen Innenräumen sämtlicher Verwaltungsgebäude des Kantons das Rauchen zu verbieten. Dies in Ergänzung zum ab Juli geltenden kantonalen Rauchverbot in öffentlich zugänglichen Gebäuden und Restaurants.

Verwaltungsangestellte sind demnach gehalten, künftig draussen zu rauchen. In grösseren Gebäuden mit vielen rauchwilligen Angestellten könne allenfalls auch ein Fumoir eingerichtet werden, sagt Reichen.

Vorbildliches Beco

Die Beschränkung, die ab dem 1.Juli kantonsweit für alle Verwaltungseinheiten gelten wird, hat sich das Beco selber schon auf Anfang 2008 auferlegt. "Wir wollten mit gutem Beispiel vorangehen", sagt Reichen im Namen jenes Amtes, das für die Umsetzung des Rauchverbots verantwortlich ist.

Käser raucht wohl weiter

Doch Regierungsrat Käser liess gestern durchblicken, dass er die Sache mit dem Rauchverbot für sich persönlich "nicht so eng" sehen werde. Der Polizeidirektor, der sich als "Geniesser und nicht süchtig" bezeichnet, wird sich also wohl auch weiterhin ab und zu eine Pfeife anzünden. Schliesslich seien in seinem Büro keine anderen Mitarbeitenden von dem Rauch betroffen, gibt er zu bedenken und betont: "Ich zünde mir ja nur hie und da eine an." Und das passiere vor allem dann, wenn er "ganz angestrengt über etwas nachdenken müsse".

Susanne Graf

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Zwei Beschwerden

Bundesgericht muss prüfen

Es blieb bei zwei Bundesgerichtsbeschwerden: Neben Gastrobern wehrt sich die Berner Shisha-Bar gegen die Verordnungen zum Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen. Das Berner Amt für Wirtschaft Beco hat seine Stellungnahme inzwischen abgegeben. Wann mit dem Urteil aus Lausanne zu rechnen ist, kann Stabsleiter Stefan Reichen jedoch nicht sagen.
sgs

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PROGR
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Bund 11.6.09

Angst vor der Ruhe nach dem Sturm

Tacheles-Gesprächsrunde: Wie weiter mit dem Progr nach dem Abstimmungserfolg?

Das Kulturlaboratorium Progr ist gerettet. Wie werden nun die Weichen für die Zukunft gestellt? Am Tacheles-Podium mit Involvierten und externen Künstlern wurden Inputs gesammelt - und Bedenken geäussert.

Daniela Rölli

"Wir müssen den Progr nicht neu erfinden", meinte Dirigent und Pro-Progr-Initiant Matthias Kuhn über die laufenden Arbeiten an den Strukturen der Kulturfabrik, woran auch er beteiligt ist. Ziel sei es vielmehr, weiterhin gute Projekte in den Progr zu holen und vermehrt Akzente zu setzen. "Wenn wir die wesentlichen Bestandteile des Erfolgs des Progr - die Einfachheit der Räume und seine Bekanntheit - weiterführen können, dann läuft der Laden", zeigte sich Kuhn sicher. Die letzten fünf Jahre hätten gezeigt, dass man das Grundkonzept übernehmen könne. Die Schaffung eines mit Progr-Künstlern besetzten Stiftungsrats und einer Kommission zur Auswahl der zukünftigen Mieter ist für Kuhn aber wichtig, damit der Progr auch unabhängig vom Engagement der Mieter und leitenden Personen funktioniere.

Wie Minestrone ohne Löffel

Bei Barbara Meyer Cesta vom derzeit im bernischen Rondchâtel situierten Künstlerprojekt Haus am Gern weckt dies Befürchtungen: "Ich habe beim Progr das Bild einer Minestrone-Suppe vor mir, die - ohne Löffel - nicht mehr gehörig durchgerührt wird und eindickt", so die Künstlerin, die im Progr zwar ein und aus geht, aber nie ein Atelier im Gebäude wollte. Auch für Rudolf Steiner, der mit Meyer Cesta zusammenarbeitet, stellt sich die Frage, wie der Progr nach der erfolgreichen Abstimmung vom 17. Mai nicht zum Stillstand kommt. "Die Unruhe ist für ein solches Projekt zentral", so Steiner. "Früher waren im Progr viele kleine Projekte möglich, die ihr eigenes Süppchen kochten", so Meyer Cesta, aber durch die Schaffung eines Progr-Stiftungsrats sehe sie solche Projekte bedroht.

Progr-Künstler Matthias Kuhn teilt diese Ängste nicht: Der Stiftungsrat fungiere als Verwalter und Repräsentant und stelle die Progr-Angebote zur Verfügung, entscheiden werde dieser aber zusammen mit den Mietern. Auch Inputs vonseiten der Mieter seien weiterhin möglich.

Festes Atelier oder Container?

Das von Visarte Bern veranstaltete Podium war bewusst auch mit Künstlerinnen und Künstlern bestückt, die einen alternativen Standort für ihre künstlerische Arbeit gewählt haben. So zum Beispiel der Suhrer Dani Geser, der sein Kunstlabor in verschiebbaren Überseecontainern führt: "Mich interessiert das Spannungsfeld zwischen Kunstproduzent und -konsument", so Geser; "ich muss also hin zu den Leuten."

Podiumsleiterin Stefanie Christ stellte auch an die anderen Künstler die Frage, warum sie sich denn diesen Platz für ihre künstlerische Arbeit ausgesucht hätten: "Diese Frage ist für mich nicht relevant, denn ich habe meine Freiheit im Kopf, und der denkt unabhängig vom Standort", so Matthias Kuhn. Die Progr-Mieterin und Filmemacherin Leila Kühni schätzt die Kontinuität, die ihr das Atelier im Progr bietet. "Hin und her ziehen käme für mich aufgrund meines Materials gar nicht infrage", so Kühni.

Die Künstler vom Haus am Gern hingegen verschieben stetig ihr Atelier, das sie dann mit vier überdimensionierten Leuchtbuchstaben am neuen Ort markieren: "Dies führt zwar zu häufigen Zügelarbeiten, hält uns aber aktiv", so Steiner.

Die gut besuchte und aktive Diskussion zeigte, dass das Interesse an der Progr-Zukunft gross ist. Bis Herbst seien die Planungsarbeiten abgeschlossen, so Progr-Künstler Kuhn.

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BETTELVERBOT SEASON 2009
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Bund 12.6.09

Massnahmen gegen Menschenhandel

Berner Stadtrat

Mit 50 gegen 7 Stimmen bei 5 Enthaltungen hat der Berner Stadtrat gestern Abend einen Vorstoss der FDP mit Massnahmen gegen Menschenhandel und Bettelei gutgeheissen. Es gehe darum, den Hintermännern von organisierter Bettelei "das Leben schwer zu machen", sagte Mitmotionär Bernhard Eicher (jf). Die Fremdenpolizei soll aufgestockt werden. Zudem ist eine bessere Vernetzung derselben mit Kantons- und Bundesbehörden vorgesehen. Die nötigen Mittel für neue Stellen hatte der Stadtrat bereits mit dem Finanzplan 2010 beschlossen. Eicher verhehlte nicht, dass es im Kampf gegen die Bettelei allerdings auch ein Verbot brauche. Der Stadtrat hatte aber erst kürzlich wieder ein solches abgelehnt.

Der Kampf gegen den Menschenenhandel war im Parlament grundsätzlich unbestritten. Dennoch gab es kritische Voten zum Vorstoss: Es stünden viele Behauptungen im Raum, sagte Hasim Sancar (gb); dass Bettelnde in Bern etwa Tageseinnahmen von 500 Franken mit nach Hause trügen, verwies Sancar ins Reich der Märchen. Der Kampf gegen den Menschenhandel sei nur der Vorwand dafür, so Sancar, die Hatz gegen Roma zu schüren. "Vielleicht gehen bald Manager als Bettler auf die Strasse, wenn das Betteln doch angeblich so lohnend ist", sagte Sancar mit sarkastischem Unterton. Auch Miriam Schwarz (sp) kritisierte die ungenügenden Abklärungen durch die Behörden: Die Hintermänner blieben unbekannt. Im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens könnten Menschen aus Rumänien, Ungarn, Polen und Bulgarien ohne Formalitäten für drei Monate in die Schweiz einreisen. Oft kämen Menschen, die unter der Armutsgrenze lebten. Die Stadt trage im Kampf gegen Menschenhandel nicht die alleinige Verantwortung, so Schwarz.

Aufschlussreiches Agora-Projekt

Gemeinderat Reto Nause (cvp) verwies auf das Projekt Agora der Polizei, das seit Anfang März in der Stadt Bern umgesetzt wird. Fremdenpolizei, Bundesamt für Flüchtlinge, Botschaften und weitere Beteiligte hätten die Strukturen der organisierten Bettelei untersucht und dabei festgestellt, dass es sich oft um bandenmässiges Betteln handle. "Die Leute werden in der Stadt abgesetzt; das Geld wird dann von Kurieren eingesammelt." Der Straftatbestand Menschenhandel ist laut Nause aber schwierig nachzuweisen.

Das Kooperationsgremium Menschenhandel (Koge) befasst sich auf Bundesebene mit dem Phänomen. Sein Kampf gilt auch der organisierten Prostitution. (dv)

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BZ 12.6.09

Stadtrat

Gegen Bettelbanden

Mit 50 zu 7 Stimmen hat das Stadtparlament gestern Abend den Gemeinderat aufgefordert, sich verstärkt gegen organisierte Bettelbanden einzusetzen. Diese würden regelrechten Menschenhandel betreiben, betonte die FDP-Fraktion in ihrer Motion. Die Stadt müsse bei der Kantonspolizei zusätzliche Stunden einkaufen, damit genügend Kapazität vorhanden sei, um gegen Bettelbanden zu ermitteln. Sicherheitsdirektor Reto Nause betonte, der Gemeinderat habe durchaus die Absicht, die Stellen bei der Fremdenpolizei aufzustocken. Die Mittel dafür müsse der Stadtrat im Budget bereit stellen. Seit dem 1.März laufe zudem ein Projekt, welches die Reisewege der organisierten Bettler ausleuchte. Die FDP hatte betont, es gehe ihr mit diesem Vorstoss keinesfalls um ein generelles Bettelverbot, sondern lediglich um die Bekämpfung der Bettelbanden.
mm

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bernerzeitung.ch 11.6.09

Konsequenteres Vorgehen gegen Bettelei

Das Berner Stadtparlament verlangt ein konsequenteres Vorgehen gegen die Hintermänner der organisierten Bettelei. Der Rat einen entsprechenden Vorstoss mit 50 zu 7 Stimmen überwiesen

Es gebe zwei Ebenen, die Ausbeutung der Arbeitskraft von Kindern und Behinderten zu bekämpfen, sagte Motionär Bernhard Eicher (FDP): ein Bettelverbot und Massnahmen, die den Hintermännern das Leben so schwer wie möglich machten.

Der Anreiz, in Bern öffentlich zu betteln, sei nach wie vor zu gross, fand Eicher. Der organisierten Bettelei müsse deshalb zwar einerseits mit einem Verbot die wirtschaftliche Grundlage entzogen werden.

Mit einer moderaten Stärkung der Fremdenpolizei und einer besseren Vernetzung zwischen Stadt, Kanton und Bund müsse indes auch das Problem der Strukturen hinter der organisierten Bettelei konsequenter angegangen werden.

Einzig die GB/JA-Fraktion stellte sich nicht uneingeschränkt hinter den Vorstoss. Sie war insbesondere gegen die Schaffung zusätzlicher Stellen bei der Fremdenpolizei und eine höhere Polizeipräsenz.

Der Vorstoss sei unnötig, es gebe genügend rechtliche Möglichkeiten, um gegen organisierte Bettelei vorzugehen, betonte Hasim Sancar (GB).

Klare Botschaft an die Hintermänner

Die meisten anderen Sprecher bedauerten, dass die Aufdeckung von Menschenhandel kein Schwerpunkt der Kantonspolizei sei. Diese dürfe die Problematik nicht allein der Stadt überlassen, sagte Miriam Schwarzer (SP).

Es brauche eine klare Botschaft an die Hintermänner, dass organisierte Bettelei und Menschenhandel hier keinen Platz hätten, warb Edith Leibundgut (CVP) um deutliche Zustimmung zur Motion. Was in der Stadt Bern diesbezüglich teilweise ablaufe, sei kriminell.

Auch die GLP und SVP sprachen sich für Nulltoleranz aus. Was da mit Kindern und Behinderten geschehe, sei würdelos und eine Frechheit, sagte Peter Bühler (SVP). Man dürfe das Problem nicht schönreden, wie dies das Grüne Bündnis teilweise tue.

Verdacht auf Menschenhandel

Sicherheitsdirektor Reto Nause erklärte, organisierte Strukturen seien nachgewiesen, der Verdacht von Menschenhandel stehe im Raum, sei aber enorm schwierig zu beweisen, um der Hintermänner habhaft zu werden.

Seit Inkrafttreten des Schengen-Abkommens habe sich die Situation zugespitzt. Vorher habe man Mittellose schon an der Grenze stoppen können. Heute reisten sie problemlos bis in die Zentren der Städte.

Überdies, so Nause, nehme der Druck auf die Stadt Bern auch zu, weil andere Städte wie Genf bereits rigorose Bettelverbote installiert hätten. (mau/sda)

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bern.ch/stadtrat 11.6.09

9. Motion Fraktion FDP (Anastasia Falkner): Menschenhandel und Bettelei - Massnahmen zum Schutz der Schwächsten sind jetzt zu ergreifen (SUE: Nause) 09.000030
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/09.000030/gdbDownload

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BAHNHOF SEASON 2009
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bernerzeitung.ch 12.6.09

Trinkgelage im Pendlerstrom

Von Oliver Kempa

Vermehrt kommt es abends beim Haupteingang des Bahnhofs Bern zu grösseren Ansammlungen meist jugendlicher Leute. Sie rauchen, trinken Bier und machen Lärm, was einigen Besitzern von angrenzenden Läden ein Dorn im Auge ist.
Als Stehbar missbraucht: die Zeitungsboxen am Haupteingang des Bahnhofs Bern

Man habe die SBB schon ersucht, die Gratiszeitungs-Boxen vor dem Lokal zu entfernen, liess der Geschäftsführer des Restaurant Tibits, Roberto Montenegro, verlauten. Diese dienten bei den Gelagen quasi als Stehbars. Ausserdem habe er die SBB aufgefordert, die Kontrolle des Eingangsbereichs durch Sicherheitspersonal zu verstärken. Dies habe auch schon eine gewisse Wirkung gezeigt.

Roberto Montenegro, stört sich aber auch daran, dass diese Leute häufig ihre Toiletten benützten, ohne etwas zu konsumieren.

Swisscom sieht keinen Handlungsbedarf

Beim Swisscom-Shop im Bahnhof sieht man keinen Handlungsbedarf. Auf Anfrage hiess es, die Situation habe sich in den letzten zwei Jahren enorm verbessert, seit das Personal von Railcity, welches für die Sicherheit und Sauberkeit vor Ort zuständig sei, die Präsenz erhöht habe.

Bei der SBB hat man das Problem registriert. Aufgrund der Versammlungsfreiheit könne den Menschen aber nicht verboten werden, sich im Eingangsbereich des Bahnhofs aufzuhalten. Personen, die aber eindeutig gegen die Bahnhofordnung verstossen, würden weggewiesen.

Grenze zur Nichtraucherzone verschwommen

Die Grenze zwischen Raucherzone und dem rauchfreien Bahnhof sei in diesem Bereich nicht klar gezogen, liess SBB-Mediensprecher Reto Kormann verlauten. Man sei natürlich bestrebt, das generelle Rauchverbot im ganzen Bahnhof durchzusetzen. Er fände es aber übertrieben, wegen Überschreitungen von ein oder zwei Metern schon einzugreifen.

Sowohl bei der Kantonspolizei wie auch bei der Bahnpolizei sei man sich der Situation bewusst. Allerdings seien bisher noch keine Beschwerden eingegangen, deshalb seien momentan auch keine Massnahmen geplant, wie beide Stellen auf Anfrage sagten. Man werde die Situation aber im Auge behalten.

(Bernerzeitung.ch/Newsnetz)

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STAATSSCHUTZ
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Basler Zeitung 11.6.09

Staatsschutz führte Fiche über Anni Lanz

Basel. Blosse Anfrage führte zum Eintrag

Christian Mensch

Die Ehrendoktorin der Uni Basel Anni Lanz wurde bereits in den 80er-Jahren fichiert. Vor elf Jahren nahm der Staatsschutz die Überwachung wieder auf. Nun wurden die Einträge gelöscht.

1998 fragte ein ausländischer Nachrichtendienst beim Schweizer Staatsschutz nach Anni Lanz und ihren Kontakten zu "möglichen radikalen, extremistisch-islamischen Gruppierungen". Der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) beauftragte die Polizei, dies abzuklären. Diese schlussfolgerte, solche Kontakte seien mit ihrem "Engagement für Personen aus Drittländern und Asylanten" zu erklären. Dies wurde dem ausländischen Nachrichtendienst mitgeteilt - und alles fichiert. Die Basler Menschenrechtlerin Anni Lanz hatte zum zweiten Mal eine Fiche.

 Im Rahmen des Auskunftsverfahrens teilte der interimistische DAP-Chef Jürg Bühler Frau Lanz nun mit, ihre Einträge seien im Rahmen einer "vorgezogenen Gesamtprüfung gelöscht worden".

Willkürlich

Neben der ersten Anfrage erwähnt Bühler zwei weitere Eintragungen. So wurde Lanz 2002 vermerkt, weil eine Staatsanwaltschaft eine Liste mit "mutmasslichen Linksaktivisten" zur Überprüfung dem DAP schickte. Dieser nahm die blosse Anfrage zum Anlass eines weiteren Eintrags in die Isis-Datenbank.

Der dritte Eintrag besteht in einem Polizeibericht, der im Anschluss an Brände im Ausschaffungsgefängnis Bässlergut im September 2007 entstanden ist. Lanz hatte in dieser Zeit die Insassen besucht und in einem BaZ-Interview über die nach ihrer Ansicht schlechten Haftbedingungen berichtet.

Anni Lanz zeigt sich nicht überrascht, dass der Staatsschutz sie erneut ins Visier genommen habe. Sie zweifelt jedoch daran, dass alle Einträge gelöscht worden seien. Sie erinnert sich an einen Vorfall, bei dem die Post ihr eine Geldüberweisung verweigert habe, weil der Adressat angeblich auf einer Terrorliste stehe. Und sie erinnert sich daran, dass ihre Nachbarn von der Polizei befragt worden seien, welche Kontakte Anni Lanz pflege. Was der Staatschutz mit diesen Informationen gemacht habe, weiss Lanz nicht. Sie werde weitere Auskünfte einfordern.

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BIG BROTHER PRANGER
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20min.ch 12.6.09

Hooligan-Bilder

Kein "Internet-Pranger" in Zürich

Die Stadtpolizei Zürich verzichtet vorläufig auf den "Internet-Pranger": Bilder der randalierenden Fussball-Fans vom 17. Mai werden nicht ins Internet gestellt. Die Mithilfe der Öffentlichkeit sei in diesem Fall nicht notwendig.

Nach den Krawallen beim Spiel des FC Zürich gegen den FC Basel in Zürich kündigte die Stadtpolizei an, sie werde Fotos von randalierenden Fans eventuell ins Internet stellen, falls sie die Chaoten mit konventionellen Methoden nicht selber ermitteln könne.

Auf diese Massnahme, welche von der Staatsanwaltschaft angeordnet werden kann, wird nun aber verzichtet. Das Aufschalten von solchen Bildern sei nicht notwendig, wie Polizeisprecherin Judith Hödl am Freitag auf Anfrage sagte.

Beim Fussballspiel FCZ-FCB war es zu massiven Ausschreitungen gekommen, zuerst beim Stadion Letzigrund, dann beim Bahnhof Altstetten. Insgesamt nahm die Stadtpolizei 14 Fussballfans fest. 12 davon wurden angezeigt.
Quelle: SDA/ATS

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bernerzeitung.ch 11.6.09

Marzili-Pranger ruft Politik auf den Plan

Von Tanja Kammermann

Der Fall der Marzili-Bahn, die via öffentlich ausgehängtem Foto einen Schwarzfahrer sucht, wird zum Politikum: Die Grüne Partei Bern verlangt in einer dringlichen Interpellation eine Stellungnahme des Gemeinderats.

Mit der Aktion sei eine neue Stufe der Privatisierung der Polizeiarbeit erreicht, schreibt Theiler. "Jeder und jede darf `Hilfssheriff` spielen. Als nächstes werden Bildergalerien von Personen, die eine Verkehrsregel übertreten, die Steuern noch nicht bezahlt oder sich in der Öffentlichkeit in irgend einer Weise `unanständig` oder unfreundlich benommen haben, publiziert."

Luzius Theiler der Grünen Partei Bern will in seiner Interpellation wissen, ob der Gemeinderat bereit sei, das Vorgehen der Marzilibahn zu verurteilen und bei den geeigneten Instanzen zu intervenieren, damit ein solcher Fall nicht mehr passieren könne. (Bernerzeitung.ch/Newsnetz)

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derbund.ch 11.6.09

Marzilibahn: Vorgehen kommt in den Stadtrat

Das Vorgehen der Drahtseilbahn Marzili bei der Suche nach einem Schwarzfahrer mittels Überwachungskamera kommt in den Stadtrat. Der Grüne Luzius Theiler verlangt eine Reaktion des Gemeinderats.

Mit dem öffentlich publizierten Suchbild erreiche die Privatisierung der Polizeiarbeit eine neue Stufe, so Theiler in seiner dringlichen Interpellation, die heute Donnerstag im Stadtrat eingereicht wird.

Die Dringlichkeit der Interpellation begründet Theiler mit dem schweizweiten Aufsehen, den der Fall hervorgerufen habe. Ohne eindeutige Reaktion der Behörden sei zu befürchten, dass das Vorgehen als Vorbild diene und in verschiedensten Bereichen des öffentlichen Raumes Nachahmer finden werde. (bs/pd)

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grünepost.ch 11.6.09

Pranger für Schwarzfahren: Was unternimmt der Gemeinderat gegen die Verluderung des Rechtsstaates?

Dringliche Interpellation

Mit einem öffentlich publizierten Suchbild einer Überwachungskamera sucht die Marzilibahn einen Schwarzfahrerzu eruieren. Damit ist eine neue Stufe der Privatisierung der Polizeiarbeit erreicht. Jeder und jede darf "Hilfssheriff" spielen. Als nächstes werden Bildergalerien von Personen, die eine Verkehrsregel übertreten, die Steuern noch nicht bezahlt oder sich in der Öffentlichkeit in irgend einer Weise "unanständig" oder unfreundlich benommen haben, publiziert. Die Sprecherin des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten hat denn auch das Vorgehen der Marzilibahn als "unverhältnismässig" und "Verstoss gegen das Datenschutzgesetz" verurteilt: "In einem Rechtsstaat ist die Fahndung nach Personen Sache der Polizei"(‚Bund‘ vom 11. 06. 2009).

Zwar handelt es sich bei der Marzilibahn um eine Privatbahn. Sie ist jedoch, wenigstens zum Teil, Bestandteil des regionalen Tarifverbunds und damit des öffentlichen Verkehrs der Stadt.

Ist der Gemeinderat bereit, das mittelalterliche Vorgehen der Marzilibahn mit aller Deutlichkeit zu verurteilen und bei den geeigneten Instanzen zu intervenieren, dass ein solcher Fall nicht mehr passieren kann?

Begründung der Dringlichkeit: Der Fall hat in der ganzen Schweiz Aufsehen erregt. Ohne eindeutige Reaktion der Behörden ist zu befürchten, dass er bald als Vorbild dient in verschiedensten Bereichen des öffentlichen Raumes nachgeahmt wird.

Luzius Theiler
11. Juni 2009

Die Dringlichkeit wurde vom Stadtrat gegen den Willen des Ratsbüros gewährt

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20min.ch 11.6.09

Massnahmen gegen Raser

Raser-Pranger stösst bei Politikern auf Kritik

von Lukas Mäder

Die Parlamentariergruppe gegen Raser fordert, dass Namen von Rasern publiziert werden. Doch die Äusserungen, wie dieser Pranger aussehen soll, sind widersprüchlich. Zudem stösst das Anliegen selbst innerhalb der Gruppe kaum auf Gegenliebe.

Im Mittelalter stellte man Verbrecher an den Pranger, sie wurden öffentlich zur Schau gestellt. Jetzt fordert eine überparteiliche Gruppe von Parlamentariern, dass Name, Wohnadresse und Nationalität von verurteilten Rasern zu veröffentlichen sind. Und die Diskussion ist entbrannt, ob es sich bei dieser Massnahme um einen Pranger handle. "Das ist eine Art Pranger", sagte SVP-Nationalrat Adrian Amstutz (BE), der den Vorstoss eingereicht hat, im "Echo der Zeit". Davon erhoffe er sich eine soziale Kontrolle.

Widersprüchliche Aussagen von Daniel Jositsch

Anders sieht das Strafrechtsprofessor und SP-Nationalrat Daniel Jositsch (ZH), der die Arbeit der Gruppe massgeblich prägte: "Von Raser-Pranger kann keine Rede sein", sagt er im Interview mit 20 Minuten Online. Es gebe kein öffentliches Register, das im Internet veröffentlicht werde. Das stimmt so nicht ganz: Denn die Angaben von verurteilten Rasern sollen analog zu einem Konkurs einmalig im Amtsblatt veröffentlicht werden. Eine Massnahme, die es so beispielsweise bei verurteilten Mördern nicht gibt, wo wie bei den Rasern die Gefahr von Selbstjustiz besteht.

Der am Dienstag präsentierte Raser-Pranger stiess in ersten Reaktionen auf wenig Gegenliebe: Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) lehnt ihn ab und befürchtet gar eine kontraproduktive Wirkung. "Der Registereintrag könnte in gewissen Kreisen als Trophäe angestrebt werden", sagte BfU-Direktor Stefan Siegrist im "Bund". Doch auch bei Mitgliedern der parlamentarischen Raser-Gruppe ist der Vorschlag merklich unbeliebt. In diesem Sinn äusserte sich etwa SP-Nationalrätin Chantal Galladé im "Echo der Zeit".

"Nicht besonders überzeugt"

Deutlicher äussert sich Franziska Teuscher von den Grünen (BE), ebenfalls Mitglied der Parlamentariergruppe, gegenüber 20 Minuten Online: "Ich bin von dieser Idee persönlich nicht besonders überzeugt." Sie sei nicht sicher, ob eine solche Veröffentlichung mit dem Persönlichkeitsschutz zu vereinbaren sei. "Aber im Sinn eines Kompromisses für die Verkehrssicherheit habe ich zugestimmt", sagt Teuscher und verweist auf die Detailarbeit im Parlament: "Dann werden wir nochmals über die Massnahme diskutieren."

Der Raser-Pranger dürfte schliesslich im Parlament kaum die parteienübergreifende Unterstützung finden, wie sie die parlamentarische Gruppe immer wieder betont hat. Zu verschieden sind die Positionen von Links und Rechts. Und nicht immer stimmen die öffentlich gemachten Absichten mit den Taten überein, wie sich in der zweiten Sessionswoche gezeigt hat, als der Nationalrat Raser verschonte (20 Minuten Online berichtete). Spätestens wenn mit der konkreten Ausarbeitung von Raser-Gesetzen das politische Alltagsgeschäft ansteht, wird der vermeintliche parteiübergreifende Konsens zu Ende sein.

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BIG BROTHER SCHULE
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bernerzeitung.ch 12.6.09

Überwachungskameras an BFF werden teilweise entfernt

Ganz weg kommen die Kameras im Vorraum der Damentoilette. Die übrigen Kameras werden nach der Versuchszeit Ende Semster abgestellt.
Bald weniger Kameras: Das BFF-Gebäude an der Sulgeneckstrasse.

Bald weniger Kameras: Das BFF-Gebäude an der Sulgeneckstrasse. (Bild: Beat Schweiz)

Anschliessend soll vor dem Hintergrund der neuen gesetzlichen Grundlagen die Situation analysiert werden, wie der Kanton Bern am Freitag mitteilte. Die Kameras in der BFF wurden als Notmassnahme gegen Vandalismus an neuralgischen Punkten installiert. Die Massnahme sorgte in der Öffentlichkeit für grosse Diskussionen.

Videoüberwachung als letzte Massnahme

Umstritten war namentlich, ob für die Überwachung eine genügende Rechtsgrundlage besteht. Klarheit in dieser Frage schafft erst das revidierte Polizeigesetz, das Anfang Juli in Kraft tritt.

Ab dann liegt die Verantwortung für die Anordnung von Videoüberwachungen in kantonalen Schulgebäuden bei der Erziehungsdirektion und damit bei Regierungsrat Bernhard Pulver. Dieser steht den Videoüberwachungen in Schulen grundsätzlich skeptisch gegenüber, wie es in der Mitteilung weiter heisst.

Videoüberwachung an Schulen wäre für Pulver höchstens als letzte Massnahme zur Gewaltprävention oder zum Schutz vor Vandalismus denkbar. Die Schulen müssten sich vielmehr so entwickeln, dass solche Massnahmen gar nicht erst nötig würden, argumentiert Pulver.

Nur Polizei sieht Bilder

Die Aufzeichnungen mit den verbleibenden Kameras an der BFF dürfen im Schadenfall nur noch von der Kantonspolizei ausgewertet werden, wie der Kanton weiter mitteilte. Ursprünglich war vorgesehen, dass dies Mitglieder der Schulleitungskonferenz tun können. Echtzeitüberwachungen fänden ohnehin keine statt.

Auch an der Schule für Gestaltung in Bern sind nach Angaben der Erziehungsdirektion Überwachungskameras installiert. Dies allerdings nur während Ausstellungen zum Schutz der Kunstwerke. Die Auswertung der Bilder nimmt auch hier nur die Polizei vor.

Vandalismus ist ein Problem

In den übrigen bernischen Berufsschulen und Gymnasien sind derzeit keine Videokameras installiert. Allerdings werde auch dort Vandalismus zunehmend zum Problem, hiess es. Seit der Installation der Kameras verzeichnete die BFF keine Sachbeschädigungen mehr. (js/sda)
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be.ch 12.6.09

Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule Bern (BFF): Videokameras werden teilweise entfernt (12.06.2009)

Der Erziehungsdirektor, Bernhard Pulver, hat in Absprache mit den Verantwortlichen angeordnet, dass die Videoüberwachung im Toilettenvorraum an der Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule Bern (BFF) abgestellt wird. Bei den anderen Kameras an der BFF wird der Betrieb nach der Versuchszeit am Ende des Semesters eingestellt. Die Aufzeichnungen dürfen nur noch durch die Kantonspolizei ausgewertet werden. Anschliessend soll im Rahmen der neuen gesetzlichen Grundlagen eine Neubeurteilung vorgenommen werden.

Trotz verschiedener Aktionen zur Förderung der Schulkultur und von Präventionsmassnahmen ist es in den letzten Wochen an der Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule Bern (BFF) zu Sachbeschädigungen an den neu renovierten Gebäuden gekommen. Als Notmassnahme hatte die Schulleitung der BFF Ende Mai eine Überwachung der neuralgischen Punkte mit Videokameras beschlossen. Aufgrund der aktuellen Rechtslage ist die Direktion der BFF für diese Massnahme zuständig.

Die Überwachungsmassnahme hat in der Öffentlichkeit für grosses Aufsehen gesorgt. Umstritten war namentlich, ob die Massnahme auf einer genügenden Rechtsgrundlage basiere. Diese Frage bleibt aber auch nach eingehender rechtlicher Abklärung umstritten. Namentlich vertritt der Datenschutzbeauftragte des Kantons Bern die Auffassung, dass die Massnahme nicht zulässig ist. Klarheit wird mit der Revision des Polizeigesetzes geschaffen, welches auf den 1. Juli 2009 in Kraft tritt.

Erziehungsdirektor Bernhard Pulver hat nun in Absprache mit den Verantwortlichen entschieden, dass die BFF die Videoüberwachung im Vorraum der Damentoilette sofort einstellt. Bei den anderen Standorten wird der Betrieb nach der Versuchszeit Ende Semester eingestellt. Anschliessend wird eine neue Lagebeurteilung vorgenommen. Schliesslich ist in einem Schadensfall die Auswertung der Aufzeichnungen nicht wie vorgesehen durch ein Mitglied der Schulleitungskonferenz vorzunehmen, sondern durch die Kantonspolizei. Echtzeitüberwachungen finden ohnehin nicht statt.

Ab 1. Juli 2009 liegt die Verantwortung für die Anordnung von Videoüberwachungen in kantonalen Schulgebäuden bei der Erziehungsdirektion. Regierungsrat Bernhard Pulver steht dem Mittel der Videoüberwachung innerhalb von Schulgebäuden grundsätzlich skeptisch gegenüber. Er sieht eine solche Massnahme höchstens als ultima ratio zur Gewaltprävention oder zum Schutz vor Vandalismus. Die Schulkultur sei über die Partizipation der Lehrpersonen und der Lernenden dahingehend zu entwickeln, dass sich eine derart harte Massnahme erübrigen sollte.

Eine Videoüberwachung ist auch an der Schule für Gestaltung in Bern installiert, und zwar ausschliesslich während Ausstellungen zum Schutz der Kunstwerke. Die Auswertung der Daten erfolgt auch hier im Schadensfall ausschliesslich durch die Kantonspolizei. In den übrigen Berufsfachschulen und Gymnasien sind derzeit keine Videokameras installiert. Vandalismus ist aber auch dort ein zunehmendes Phänomen. Immerhin vermeldet die BFF, dass es seit der Installation der Videokameras zu keinen Vorfällen mehr gekommen ist.

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BIG BROTHER VIDEO
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St. Galler Tagblatt 12.6.09

Petition der CVP fordert Videoüberwachung in der Stadt

Peter Beerli

Mit der Lancierung der Petition "Sicheres Rorschach" will die CVP den Stadtrat veranlassen, verschiedene Massnahmen zu prüfen. Mit dem Sammeln von Unterschriften wurde auch die Diskussion in der Bevölkerung eingeleitet. Es ist der Partei ein Anliegen, dass diese weitergeführt wird.

Rorschach. Die Petition fordert den Stadtrat auf, zu prüfen, inwieweit eine systematische Videoüberwachung von neuralgischen Punkten die Sicherheit der Bürger erhöhen kann und eine erweiterte Präsenz von Sicherheitspersonal die Bewegungsfreiheit der Einwohner besser schützen kann.

Als Gast an einem Diskussionsabend zeigte der St. Galler Stadtrat Nino Cozzio am Mittwochabend auf, wie die Videoüberwachung in der Kantonshauptstadt funktioniert. In vielbegangenen Unterführungen, an neuralgischen Plätzen wie dem Bohl und bei der Arena ist die Videoüberwachung während 24 Stunden in Betrieb. Die Aufzeichnungen werden während hundert Tagen aufbewahrt und können unter gewissen Bedingungen bei Alarmanrufen und als Beweismittel für die Strafverfolgung abgerufen werden.

Bessere Lebensqualität

Eine wichtige Rolle spielt die Überwachung als Verbrechen verhindernde Präventionsmassnahme. Zudem fördert sie das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung, was einer Verbesserung der Lebensqualität in einer Stadt gleichkommt. "Das subjektive Unsicherheitsgefühl in Rorschach hat mit Erfahrungen zu tun", stellte ein Anwohner am Hafenplatz fest: Pöbeleien, Vandalismus, Sprayereien, Raubüberfälle und sexuelle Anrempeleien junger Frauen seien an der Tagesordnung, ganz abgesehen von den zerschlagenen Bierflaschen, welche an frühen Sonntagmorgen an den Strassen liegen. Da helfe es nicht, Rorschach als die schönste Stadt am Bodensee zu bezeichnen. Viele Bürger fühlen sich ohnmächtig, zumal der Rorschacher Polizeiposten um 18 Uhr schliesse und es mitunter lange daure, bis auf Anzeigen hin Hilfe aus St. Gallen eintreffe.

Diverse Massnahmen nötig

Die zu prüfende Videoüberwachung und ein allfälliger Ausbau der Präsenz von Sicherheitspersonal allein würden Rorschach nicht sicherer machen. Die verschiedensten Ideen wurden in der Diskussion eingebracht. Ein Votant sprach sich für strengere Handhabung von Vorschriften aus, andere sprachen sich für eine bessere Integrations- und Jugendpolitik aus, wollen gar junge Menschen veranlassen, mit Plakaten und Slogans in ihrer Sprache an ihre Altersgenossen zu einem ordentlichen und anständigen Verhalten zu appellieren.

Das Sammeln der Unterschriften stosse bei breiten Bevölkerungskreisen auf ein positives Echo und überall werde vermehrt über die Sicherheit diskutiert, sagte Kampagnenleiter Stefan Meier. Parteipräsident Marc Gilliand versicherte, die Parteileitung werde die bis März 2010 verlangte Berichterstattung des Stadtrats abwarten und dann nötigenfalls weitergehende Schritte unternehmen. Die begonnene Diskussion in der Bevölkerung und die damit verbundene Suche nach geeigneten Lösungen müsse auf jeden Fall weitergehen.

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Landbote 12.6.09

FDP will Videokameras in Jugendtreffs

Nebst Bahnhöfen sollen auch Discos und Jugendtreffs videoüberwacht werden. Zudem fordert die FDP Selbstverteidigungskurse für Schüler.

Zürich - Die Gewalttaten von drei jungen Männern im Bahnhof Kreuzlingen werden nun Thema im Zürcher Kantonsrat. In einer Parlamentarischen Anfrage fordern drei FDP-Politiker, dass "neuralgische Stellen" mit Kameras überwacht werden sollen. Damit meinen sie Bahnhofareale, das "Umfeld" von Diskotheken und auch Jugendtreffs. Der rasche Fahndungserfolg nach dem Gewaltexzess in Kreuzlingen zeige klar, dass die Täter nur dank Videoaufnahmen so schnell hätten ermittelt werden können, schreiben sie in ihrer Anfrage.

Die Thurgauer Kantonspolizei hatte das Überwachungsvideo eines Angriffes auf zwei unbeteiligte Passanten Ende Mai ins Internet gestellt und daraufhin unzählige Hinweise auf die drei Schläger erhalten. Die Männer im Alter zwischen 18 und 20 Jahren konnten daraufhin festgenommen werden. Der Zürcher Regierungsrat hatte noch im März 2009 erhebliche Zweifel an der Videoüberwachung von Jugendlichen angemeldet. Diese greife in die Grundrechte ein und dürfe deswegen nur an "besonders ausgewählten Standorten" durchgeführt werden.

In einer zweiten Anfrage fordert die FDP zudem Selbstverteidigungskurse für Schülerinnen und Schüler, damit diese "im Notfall auf Gewalt reagieren könnten". Diese Kurse seien beispielsweise als Bestandteil des Sportunterrichtes denkbar. (sda)

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Bund 11.6.09

Beschwerde gegen Videoverordnung

Linke werfen Käser Kompetenzüberschreitung vor

Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (fdp) will Live-Überwachungen des öffentlichen Raums zulassen. Dies sei nicht im Sinne des Gesetzgebers, monieren SP und Grüne und reichen eine Beschwerde gegen die Videoverordnung ein.

"Wir sprechen hier ausdrücklich von Bildaufzeichnungen. Es läuft also eine Kamera, und wenn irgendetwas passiert, hat man die Möglichkeit, die von der Kamera aufgezeichneten Bilder durch eine Fachstelle der Kantonspolizei auswerten zu lassen", hatte SP-Grossrat Markus Meyer im September als Kommissionspräsident zur Revision des Polizeigesetzes gesagt. Als dann Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (fdp) Ende April die entsprechende Verordnung vorlegte, schluckte nicht nur Meyer leer. Das, worum es laut Meyer im September eben nicht ging, ermöglichte Käser nun auf dem Verordnungsweg. Live-Überwachungen des öffentlichen Raums sollen demnach explizit möglich sein ("Bund" vom 1. Mai und 6. Juni).

 Das akzeptieren SP und Grüne jedoch nicht. Am Dienstag haben die Parteileitungen beschlossen, Beschwerde gegen Käsers Vorgehen einzureichen, wie SP-Präsidentin Irène Marti Anliker sagt. "Die Verordnung entspricht überhaupt nicht dem Willen des Grossen Rats", so Marti. Käser hat die umstrittenen Teile der Verordnung zwar unterdessen zurückgezogen, Linke und Grüne wollen die Frage jedoch juristisch klären lassen.

FDP für Echtzeitüberwachung

Auch die politische Gegenseite hat sich eingeschaltet. Die FDP fordert per Motion, die Echtzeitüberwachung explizit zuzulassen. Die Motionäre schreiben: "Eine Echtzeitüberwachung an den Hotspots in und um das Stade de Suisse, im Bahnhof Bern und auf dem Bundesplatz wäre zum Beispiel ein nützliches Mittel, um bekannte Hooligans zu identifizieren und zur Verantwortung zu ziehen." (rw)

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Bund 11.6.09

Kritik an Marzilibahn

Stadt Bern Das Vorgehen der Drahtseilbahn Marzili bei der Suche nach einem Schwarzfahrer ist "nicht korrekt", sagt Eliane Schmid, Sprecherin des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Die Privatbahn sucht mit Aufnahmen einer Überwachungskamera einen Unbekannten, der letzten Sonntagmorgen ohne gültigen Fahrausweis die Ausweiskontrolle passiert hatte. Die Aufnahme ist versehen mit einem Aufruf an die Passagiere, der Betriebsleitung der Bahn Hinweise zur Identifikation des Schwarzfahrers zu liefern (siehe "Bund" von gestern). Der Unbekannte wurde gefilmt, wie er die Eingangskontrolle ohne Fahrausweis passiert hatte. Der Mann ignorierte eine Aufforderung des Bahnangestellten zum Erwerb eines Billetts, benutzte die Bahn und verliess die unbemannte Talstation unbehelligt. Die Marzilibahn begibt sich nicht zum ersten Mal auf die Jagd nach Gesetzesbrechern. Laut Betriebsleiter Martin Neumeyer ist es kürzlich dank einem ähnlichen Aufruf gelungen, einen Automatenknacker dingfest zu machen.

Laut Schmid ist das Vorgehen der Bahn unverhältnismässig und verstösst somit gegen das Datenschutzgesetz. Der Betriebsleiter hätte den Vorfall der Polizei melden müssen, um Anzeige zu erstatten. "In einem Rechtsstaat ist die Fahndung nach Personen Sache der Polizei", sagt Schmid. (bob)

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BZ 11.6.09

Videokameras

Überwachung nützt

Der Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) setzt seit langem auf Videoüberwachung - und verzeichnet klar weniger Vandalenakte.

Wegen Gewaltdelikten und Vandalenakten wird zurzeit über Videoüberwachung heftig diskutiert. Das zeigt der Vorfall bei der Marzilibahn vom letzten Sonntag: Betriebsleiter Martin Neumeyer hat mit einem Foto öffentlich nach einem Schwarzfahrer gefahndet und damit die Gemüter erhitzt. Dass Videoüberwachung bei der Prävention vor Gewalt und bei Vandalenakten erfolgreich sein kann, bestätigt das Beispiel RBS. Das Unternehmen klärt dank Videobildern im Schnitt zwei Fälle pro Jahr auf. Ausserdem hat sich laut dem RBS das subjektive Sicherheitsgefühl bei Fahrgästen und Personal stark erhöht. pat

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Fahndungsaufruf Marzilibahn

"Videoüberwachung ist nötig"

In den letzten Wochen haben Fahndungsaufrufe der Polizei mit Videos im Internet Erfolge gezeigt. Auch für den Betriebsleiter der Marzilibahn ist diese Überwachung unabdingbar. Bernmobil hingegen sieht bisher davon ab.

Spätestens seit dem Cupfinal wurde die Diskussion um die Videoüberwachung neu angeheizt. Die Polizei setzte nach den Auseinandersetzungen erfolgreich auf die Identifikation von Tätern im Internet mit Bildern und Videos.

Auch Private setzen auf Videoüberwachung: So veröffentlichte letzten Sonntag der Betriebsleiter der Marzilibahn Martin Neumeyer das Foto eines Schwarzfahrers zur Identifizierung (wir berichteten). Bis gestern seien zwar noch keine Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. "Wir erwarten jedoch, dass sich am Wochenende Leute melden werden", sagt er.

"Keine andere Möglichkeit"

 Für Neumeyer von der Marzilibahn ist klar, dass Videoüberwachung nötig ist: "Es ist zwar traurig, dass man sie braucht. Ich sehe aber keine andere Möglichkeit." Er fürchte sich auch nicht vor rechtlichen Schritten gegen sein Vorgehen. "Ich habe mein Handeln zuvor mit einem Anwalt abgesprochen." Die Bahn befinde sich auf Privatgrund. Es sei deshalb sein gutes Recht, die Personalien eines Delinquenten herauszufinden. "Sobald ich einen Hinweis auf den Täter vom letzten Sonntag erhalte, werden wir Strafanzeige erstatten." Neumeyer werde diese Vorgehensart künftig weiterverfolgen, zumal er feststelle, dass sich die Disziplin bei den Fahrgästen seit dem Vorfall deutlich verbessert habe.

"Die Überwachung ist bei uns aber nicht neu", sagt Neumeyer. Seit 1974 werde die Marzilibahn mit einer Kamera überwacht. Dies fordere das Bundesamt für Verkehr, da nur eine Person die Bahn bediene. "Vor einem halben Jahr haben wir drei weitere Kameras zum Schutz der Passagiere und des Personals installiert", sagt er. Ausschlaggebend sei ein Überfall auf einen Angestellten gewesen.

RBS überwacht erfolgreich

Beim Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) sind laut Pressesprecherin Fabienne Stalder die Hälfte aller bisherigen Züge und alle neuen mit Kameras ausgestattet. Zudem seien die Bahnhöfe Bern, Worb, Solothurn und Zollikofen überwacht. Die Aufzeichnungen werden 72 Stunden gespeichert. Für den RBS lohne sich die Überwachung auf jeden Fall, betont Stalder. "Pro Jahr konnten bisher zwei Vorfälle aufgeklärt werden." Belästigungen und Vandalismus hätten ausserdem um 75 Prozent abgenommen. Das subjektive Sicherheitsgefühl habe sich bei Passagieren und Angestellten dank der Kameras erhöht.

Bernmobil setzt auf Dialog

Nicht alle Verkehrsbetriebe haben sich allerdings für eine Videoüberwachung entschieden. Wer in Bussen und Trams von Bernmobil nach Videokameras sucht, wird mit Sicherheit nicht fündig. "Wir setzen auf den Dialog und nicht auf Kameras", sagt Annegret Hewlett, Mediensprecherin von Bernmobil. Bei heiklen Situationen hoffe sie auf die Zivilcourage der Passagiere. Ausserdem bringe eine elektronische Überwachung kaum etwas bei Vandalismus. "Mit Gewalt haben wir glücklicherweise nur selten Probleme", erklärt sie. Dies hänge auch damit zusammen, dass die Fahrstrecken kurz sind. Es fehle auch die gesetzliche Grundlage für eine Videoüberwachung, ergänzt Hewitt.

Gurtenbahn ohne Kameras

Auch bei der Gurtenbahn kommen die Verantwortlichen bisher ohne Videoüberwachung zurecht. "Bei uns werden nur beim Parking Bilder aufgezeichnet", erklärt der Leiter Betrieb und Marketing Bernhard Schmocker. Es handle sich aber nur um Standbilder, die nach einer gewissen Zeit wieder überschrieben würden. "Die Bahn ist nicht videoüberwacht", fügt Schmocker hinzu. Von 9 bis 18.40 Uhr seien die Wagen ohnehin mit Personal besetzt. "Bei den späten Abendfahrten haben wir bisher nur wenige Schäden zu beklagen." Das Geschehen im Warteraum könne über einen Bildschirm von der Bergstation aus verfolgt werden. Diese werden allerdings nicht aufgezeichnet. Schmocker sagt abschliessend: "Bis jetzt ist eine Videoüberwachung der Bahn kein Thema."

Keine Gedanken um eine elektronische Überwachung scheint man sich beim Marzilibad zu machen. "Das Freibad wird zurzeit nicht videoüberwacht", sagt Kassierin Heidi Hager. Ihr sei auch nicht bekannt, dass eine solche Massnahme zur Diskussion stehe.
Patrizia Pulfer

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St. Galler Tagblatt 11.6.09

SBB: Kaum Kameras im Rheintal

René Schneider

Bei den SBB gelten die Rheintaler Bahnhöfe als vergleichsweise ruhig, sauber und sicher. Überwachungskameras gibt es darum keine. Es sind auch keine geplant. SBB-Kameras überwachen aber auch hier Schalter, Automaten, Türen, Züge. Wo sie was filmt, sagt die Bahn aber nicht.

An den Rheintaler Bahnhöfen registrieren keine Kameras allgemein das Geschehen. Vereinzelt filmen aber Kameras betriebliche Abläufe, kontrollieren Eingänge, schützen Gebäude, filmen in Regionalzügen. Es sei nicht vorgesehen, an dieser Strategie kurz- oder mittelfristig etwas zu ändern, sagte auf Anfrage Reto Kormann von der SBB-Medienstelle. Die Zeitung "Sonntag" hat berichtet, die Bahn plane den Ausbau der Video-Überwachung. Dies treffe zu, aber die zusätzlichen Kameras würden "in erster Linie" zur Überwachung der Schalterhallen und Billettautomaten montiert, sagte Kormann. So sei es auch im Rheintal.

Objektschutz

Wo die Hunderten von Kameras genau stehen und was sie im einzelnen filmen, werde nicht öffentlich kommuniziert. Im Rheintal werde aber der Publikumsverkehr nirgends "absichtlich" gefilmt und überwacht. Dies mache die Bahn nur an Bahnhöfen mit hohem Publikumsverkehr und grossem Potenzial an Gewalt und Sachbeschädigung. "Wenn der FC Montlingen in die Super-League aufsteigt und einen militanten Fanklub hat, werden wir die Montage einer Kamera beim Bahnhof Oberriet erwägen", veranschaulichte Kormann. Wenn Gemeinden aus eigenen Sicherheitsüberlegungen auf dem Gelände der SBB Kameras aufstellen und betreiben wollen, biete die Bahn Hand dazu. Sie beteilige sich dann aber weder am Betrieb noch an den Kosten.

"Zufällig" gefilmt

Die Aufsehen erregenden Bilder von den brutal agierenden jugendlichen Schlägern neulich am Bahnhof Kreuzlingen wurden nicht von einer "Überwachungskamera" aufgenommen, sondern "nebenbei" von einer Kamera, die aus betrieblichen Gründen das Geschehen filmt. Reto Kormann: Jene Kamera (und davon gebe es schweizweit über hundert) sei installiert worden, damit das Bahnpersonal das Schliessen der Türen überprüfen und auch sehen könne, ob noch jemand auf den letzten Metern der Unterführung daher renne. Solche Bilder würden normalerweise nach spätestens 24 Stunden überschrieben. Die Bildschirme würden nur während kurzer Momente beachtet, wie etwa bei der Ein- oder -Abfahrt der Züge. Erst auf einen Beschluss der Justiz würden aufgezeichnete Bilder an Behörden ausgehändigt.

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Stichwort

SBB-Kameras

Schweizweit verfügen aktuell 27 Bahnhöfe (aber noch keiner im Rheintal von Rheineck bis Buchs) über Video-Systeme zur Überwachung der öffentlichen Sicherheit. Das teilten die SBB auf Anfrage mit.

Hinzu kommen zehn Bahnhöfe mit Videosystemen, die von den jeweiligen Gemeinden betrieben werden. Allerdings liegt die Zahl der von den SBB betriebenen Videokameras für die Sicherheit bei mehreren hundert Kameras. So dienen schweizweit weit über hundert Kameras der Abwicklung des Bahnbetriebs und der Abfertigung der Züge; sie werden von SBB Infrastruktur betrieben. Rund achtzig weitere Kameras dienen der Überwachung von Verkaufslokalen und Billettautomaten der SBB. In den Regionalzügen der SBB sind heute rund 400 Wagen mit Videoüberwachungssystemen ausgerüstet. Ältere Wagen werden schrittweise nachgerüstet, neues Rollmaterial im Regionalverkehr ist heute serienmässig mit Videoüberwachung ausgerüstet. (sc)

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20min.ch 11.6.09

Jugendgewalt

Mehr Videokameras für Zürich gefordert

Das Schlägervideo von Kreuzlingen wird nun auch Thema im Zürcher Kantonsrat. FDP-Kantonsräte fordern, dass der Kanton Zürich "neuralgische Stellen" mit Kameras überwachen soll: Bahnhofsareale, Diskotheken und Jugendtreffs.

Der rasche Fahndungserfolg nach dem Gewaltexzess in Kreuzlingen zeige klar, dass die Täter nur dank Videoaufnahmen so schnell hätten ermittelt werden können, schreiben sie in ihrer am Donnerstag veröffentlichten Anfrage.

Die Thurgauer Kantonspolizei hatte das Überwachungsvideo eines Angriffes auf zwei unbeteiligte Passanten Ende Mai ins Internet gestellt und daraufhin unzählige Hinweise auf die drei Schläger erhalten. Die Männer im Alter zwischen 18 und 20 Jahren konnten daraufhin festgenommen werden.

Der Zürcher Regierungsrat hatte noch im März 2009 erhebliche Zweifel an der Videoüberwachung von Jugendlichen angemeldet. Diese greife in die Grundrechte ein und dürfe deswegen nur an "besonders ausgewählten Standorten" durchgeführt werden.

Selbstverteidigungskurse an Schulen

In einer zweiten Anfrage, die ebenfalls am Donnerstag veröffentlicht wurde, fordert die FDP zudem Selbstverteidigungskurse für Schüler, damit diese "im Notfall auf Gewalt reagieren könnten." Diese Kurse seien beispielsweise als Bestandteil des Sportunterrichtes denkbar.
Quelle: SDA/ATS

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BÜRGERWEHR
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Basellandschaftliche Zeitung 12.6.09

Aktion Bürgerwehr wird abgebrochen

Nach dem Eklat vom Wochenende verzichtet die SVP Birsfelden ab sofort auf die nächtlichen Patrouillengänge zum Schutz der Bürger. "Wir geben den Ball jetzt wieder zurück an die Gemeinde", erklärt SVP-Kantonalpräsident Dieter Spiess. (big) Seite 19

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"Ball jetzt bei der Gemeinde"

Die Aktion Bürgerwehr in Birsfelden wird abgebrochen

In Birsfelden wird es keine nächtlichen Patrouillengänge von SVP-Mitgliedern mehr geben. Dies teilen die SVP Baselland und die SVP Birsfelden mit. Sie reagieren damit auf den Eklat von vergangenem Wochenende, als vermummte Schläger die Patrouille und ein Kamerateam des Schweizer Fernsehens angegriffen hatten (die bz berichtete). Warum es dazu kam, ist noch offen. "Die Vermutung einer Selbstinszenierung durch das SF bleibt bestehen", stellt die SVP fest.

Sauer aufgestossen ist der Partei vor allem die Reaktion des Gemeinderates: "Der Gemeindepräsident hat uns als Provokateure bezeichnet", sagt Kantonalpräsident Dieter Spiess. Und dies, obwohl die Aktion ein Erfolg gewesen sei und der Vandalismus klar abgenommen habe. Eine solche Aussage des Gemeindepräsidenten sei beschämend, fährt Spiess fort. "Wir geben den Ball darum wieder zurück an die Exekutive. Nun soll die Gemeinde zeigen, ob sie die Lage wirklich im Griff hat." Die SVP Birsfelden werde die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen. Falls sich die Situation nicht verbessern sollte, seien weitere Anstrengungen nicht ausgeschlossen. (big)

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HOOLIGANS
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Südostschweiz 12.6.09

"Zu viel Polizei schürt die Gewalt"

Ueli Mäder, Soziologie- Professor an der Uni Basel, ist mit Hooligan-Fragen vertraut. Er denkt, dass viele der momentan heiss diskutierten Massnahmen zur Verringerung der Gewalt an Sportanlässen ihr Ziel verfehlen.

Mit Ueli Mäder sprach Stefan Breitenmoser

Kürzlich hat die SVP in einer Interpellation im St. Galler Kantonsrat die Frage aufgeworfen, ob nicht Schnellgerichte gleich beim Stadion ein probates Mittel gegen Hooligans seien. Was halten Sie von diesem Vorschlag?

Ueli Mäder: Das ist schlicht und einfach eine verfehlte Massnahme, die demokratische Gepflogenheiten ausser Kraft setzt. Wenn das Recht umgangen wird, um Taten anderer zu verurteilen, ist eine Massnahme nichts wert.

Grundsätzlich wird von offizieller Seite in letzter Zeit vor allem auf repressive Massnahmen wie Rayonverbote, Präventivhaft, härtere Strafen oder verstärkte Polizeipräsenz gesetzt, um der Gewalt an Sportanlässen - hier in der Region vor allem nach Spielen der Rapperswil-Jona Lakers - beizukommen. Erreichen diese Massnahmen auch ihr Ziel?

Dort, wo die Post abgeht, braucht es klare Grenzen. Situativ können repressive Massnahmen helfen. Es besteht allerdings eine Tendenz, dass man in letzter Zeit zu fest auf die Repression setzt. Das ist auch Ausdruck von Hilflosigkeit. Klar ist es nicht einfach, einen Umgang mit der Gewalt im Sport zu finden. In übersteigerter Form laufen repressive Massnahmen aber Gefahr, die Gewalt zu schüren.

Wieso?

Die Polizei tritt an gewissen Sportanlässen wie ein Moloch auf. Ihre Präsenz ist von Anfang an übermässig. Das bringt so eine Kriegsdynamik rein. Es ist wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Nur schon der Anblick der hoch aufgerüsteten Polizei kann eine Ausschreitung provozieren. Das autoritäre Gehabe reizt und schürt die Aggression.

Für die Polizei ist dies aber eine Zwickmühle. Sie selbst sind wohl auch nicht der Ansicht, dass es gar keine Polizei braucht.

Nein, zumal die Alternativen wie private Ordnungsdienste keine Lösung sind. Die Polizei verfügt über ein neutraleres Image. Ihre Präsenz ist schon sinnvoll, allerdings nicht so martialisch und weniger bewaffnet. Das wäre auch ein Zeichen, dass man die Selbstorganisation der Fans fördern will.

Was halten Sie von Kameras? Sind sie ein probates Mittel? In Rapperswil-Jona will man so sogar Abfallsündern beikommen.

Kameras können jemanden daran hindern, etwas "Verbotenes" zu tun. Ich habe aber Mühe mit der Neigung, überall Kameras aufzustellen. Es wird einem so vermittelt, dass man sein soziales Verhalten der Kamera anzupassen hat. So läuft man Gefahr, dass die Leute, dort wo keine Kameras aufgestellt sind, denken, jetzt kann ich tun und lassen, was ich will.

Im Zusammenhang mit den Kameras steht auch der Internet-Pranger, der momentan heiss diskutiert wird. Man fotografiert oder filmt Personen und stellt die Bilder nachher ins Internet, falls man die Personen nicht identifizieren kann. Ist das eine gute, neuere Erfindung oder ein Rückfall ins Mittelalter?

Ein Pranger ist immer auch mit Blossstellen verbunden. Es ist richtig, dass man die Leute zur Verantwortung zieht. Allerdings müssen demokratische Grundrechte wie Persönlichkeitsschutz gewahrt bleiben, was ich beim Pranger bezweifle. Meist zieht ein Pranger einen Rattenschwanz anderer Probleme nach sich. Ich meine, man bringt so niemanden zur Räson. Wer gedemütigt wird, rächt sich, auch wenn es für gewisse Leute gar befriedigend sein kann, ihr Bild im Internet zu sehen.

Wenn die Repression nur bedingt wirkt, was wären dann Ihre Vorschläge, um die Gewalt zu reduzieren?

Vielfach sind die einfachsten Lösungen die besten. Eine dialogische Kultur der Auseinandersetzung kann sehr hilfreich sein. Problematisch ist die Kommerzialisierung des Sports. Es geht nur noch um Sieg oder Niederlage. Dies auch, weil viel Geld im Spiel ist. Es geht nicht primär um die Freude am Sport. Das spüren auch die Spieler. Ihr Verhalten auf dem Platz ist beispielsweise mitentscheidend, ob die Fans danach ausfällig werden. Faire Gesten verhüten Gewalt.

Was halten Sie von Fanprojekten?

Kürzlich wurde ich angefragt, das Basler Fanprojekt zu leiten. Ich habe aus Zeitgründen abgelehnt, tausche mich mit den Fanarbeitern aber häufig aus. Grundsätzlich halte ich Fanprojekte für hilfreich. Dass ein Ort geschaffen wird, wo sich Fans austauschen können, ist wichtig. Die Fans müssen sich wahr- und ernst genommen fühlen. Leider ist der Erfolg von Fanarbeit schwer messbar. Aus meiner Sicht zeigt sie trotzdem grosse, vermittelnde Wirkung. Dies vor allem im Hintergrund.

Sie denken also, Fanarbeit ist ein richtiger Ansatzpunkt, um die Gewalt an Sportanlässen zu reduzieren?

Wenn direkt und freundlich interveniert wird, ist die Wirkung meistens stärker. Wenn Fans ins Geschehen involviert werden, fördert das die Verantwortung.

Interessant ist auch Ihre Meinung zu Pyro. Denken Sie wirklich, man sollte bengalische Fackeln in Stadien zulassen?

Was mich stört, sind diese Doppelbödigkeiten. Pyro wird beispielsweise medial inszeniert, und auch die Vereine unterstützen die Polizei nicht immer, wenn es darum geht, die Pyro zu verhindern. Anscheinend gibt es also viele Leute, die Freude an Pyro haben. Meiner Meinung nach sollte es möglich sein, Pyro innerhalb des Stadions einen geschützten Platz zu geben und eine verbindliche Praxis miteinander zu vereinbaren. Wichtig ist, dass auch die Fans einbezogen und in die Pflicht genommen werden.

Dass die Gewalt an Sportveranstaltungen zugenommen hat, wird allgemein als Tatsache hingestellt. Gibt es dafür aber wissenschaftlich erhärtete Beweise?

So wie ich die Geschichte des Sports kenne, gab es auch schon früher massive Ausschreitungen. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Gewalt insgesamt zugenommen hat. Weil die Gewalt stärker wahrgenommen wird, werden beispielsweise auch mehr Anzeigen erstattet. Zudem werden heute viele Dinge kriminalisiert, die früher erlaubt waren. Aber Fakt ist, es gibt die Gewalt, und es lohnt sich, diese zu reduzieren.

Inwiefern ist die Gewalt an Sportanlässen auch Abbild globaler Entwicklungen?

Ich habe schon den Eindruck, dass die Omnipräsenz von medialer Gewalt eine Rolle spielt, mindestens insofern, dass gewisse Leute nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden können. Alte Formen der Gewalt wurden zudem durch neue abgelöst. So schlagen Lehrer heute beispielsweise ihre Schüler kaum mehr. Dafür gibt es im Fernsehen mehr Gewalt. Interessant ist, dass wir in der Schweiz nicht so schlecht dastehen. Auf 100 000 Einwohner kommen 20 schwere Straftaten. In Deutschland sind es 50, in Frankreich 80 und in England 150.

Kann man den "klassischen" Hooligan soziologisch einordnen? Was sind das für Leute?

Mir fällt auf, dass es Leute aller Gattungen darunter hat. Es stimmt aber, dass niedrige Einkommen stärker vertreten sind und es eine Tendenz zur Präsenz von ganz Jungen gibt. Sie funktionieren relativ spontan und informell. Von der Tradition her hat der Fussball schon immer eher einfachere Schichten fasziniert.

In einem Artikel schreiben Sie: "Menschen mit unsicherem Status entwickeln durch die Zugehörigkeit zur Masse ein Gefühl von Macht. Sie wachsen über sich hinaus und lassen ihren Aggressionen freien Lauf." Sind Hooligans also charakterlich schwache Menschen?

Auch auf der A-Tribüne gibt es Formen verbaler Gewalt. Vielleicht mehr von geistigen Hooligans. Wer selbst einigermassen erfüllt lebt, muss wohl weniger protzen. Menschen mit wenig Perspektiven reagieren oft hoch emotional. Deshalb kann man schon sagen, dass verunsicherte Personen eine stärkere Tendenz zur Gewalt haben.

Als Experte für Rechtsextremismus: Wie stark wird die Hooligan-Szene durch die Nazi-Szene infiltriert?

Es gibt Phasen, in denen die Rechtsextremen augenscheinlicher präsent sind. Auch im Eishockey. Momentan findet die Infiltration auf feinere Art statt. Man sieht den Leuten ihre ideologische Zugehörigkeit nicht auf den ersten Blick an. Es werden feinere Rassismen verwendet. Aber nicht nur im Sport, sondern auch in der Musikszene und der Esoterik.

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Ueli Mäder

Ueli Mäder (58) ist Professor für Soziologie an der Universität Basel und der Hochschule für soziale Arbeit. Er ist Experte für Soziale Ungleichheit und Konflikt- und Kooperationsforschung. Im Rahmen einer Nationalfonds-Studie befasste er sich auch mit rechtsextremen Jugendlichen in der Schweiz. Ausserdem ist er Autor der Publikation "Reichtum in der Schweiz".

In der Freizeit gilt seine Faszination dem Sport. Früher spielte Mäder in der Nationalliga Handball. Er ist heute noch aktiver Fussballer und Ansprechsperson für Leute aus der Hooligan-Szene.

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RABE-INFO 11.6.09
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RaBe-Info 11.Juni 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-06-11-53422.mp3
- GRA-Chronologie 2008: Weniger rassistische Vorfälle
- Frauenhandel: Bewusstsein wächst, Gesetzgebung hinkt
- Blogger in Birma: 34 Jahre Haftstrafe

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RASSISMUS
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taachles.ch 12.6.09

"Ob Hungersnot oder Holocaust …"

von Gisela Blau

Mit einem in der rechtskonservativen Postille "Schweizerzeit" veröffentlichten Artikel zum Holocaust stösst SVP-Nationalrat Dominique Baettig weit herum auf Ablehnung.

Es gibt Pamphlete, die für viele Leute keiner Erwähnung wert sind, seien sie auch noch so wunderlich. Dies ist der Fall beim Text "Entgleisungen des Antirassismus, Konferenz von Durban II: Schreie, Getuschel, begossene Gärtner" von Dominique Baettig, Nationalrat SVP/JU, erschienen am 5. Juni 2009 auf der Frontseite von Nr. 14 der "Schweizerzeit", der rechtskonservativen Wochenzeitung des abgewählten und dank Ueli Maurers Wahl in den Bundesrat wieder ins Parlament nachgerutschten Kantonalzürcher SVP-Nationalrats Ulrich Schlüer. Einige Parlamentarier lehnten jeglichen Kommentar ab, weil sie den Inhalt eine Zumutung finden. Der ursprünglich auf Französisch verfasste und dem Vernehmen nach im SVP-Generalsekretariat übersetzte Artikel war, wie Verfasser Baettig sagt, nicht für die "Schweizerzeit" bestimmt gewesen. Erstmals war er im verbreiteten SVP-Pressedienst vom 18. Mai 2009 erschienen.
Der Artikel des 55-jährigen promovierten Psychiaters Baettig aus Delémont zeigt, wie schwierig historische und zeithistorische Exkurse sind. In den anderthalb Jahren seiner Parlamentstätigkeit hat sich der jurassische Abgeordnete einigen Anliegen seiner Fraktionskollegen angeschlossen und sich in eigenen Anfragen und Vorstössen der Jagd, dem Schiesswesen, KMUs, der Forderung nach Kampfflugzeugen aus Ländern, die der Schweiz wohlgesinnt sind, die Auszahlung von Witwenrenten im Ausland oder der Frage gewidmet, ob die Pensionskasse des Bundes Anlagen bei Bernard Madoff getätigt habe. Berufsbezogen befasste sich ein Postulat Baettigs mit den psychischen Auswirkungen der obligatorischen Erhebung von biometrischen Daten.

Der Holocaust als "Hit-Sieger"

Es ist nicht einfach, einen roten Faden in Baettigs langem Text zu finden, ausser dem: Er verquickt den Begriff Holocaust mit Religion und "Welttheologie". Grundsätzlich spricht er dem Holocaust eine besondere Stellung ab. Er - oder der Übersetzer - nennt den Holocaust den "Hit-Sieger", zuoberst auf der "Hit-Liste" in der "Welttheologie der Opfer". Es folgt eine wilde Sammlung von Greueltaten, die erst hinterher kämen, die "Kolonial- und zivilen Kriege, der Gulag, die sozialen Experimente der Roten Khmer oder eines Mao, die Deportation von Sklaven als Arbeitskräfte, was man heute Besiedelungs-Einwanderung oder Asylrecht nennt". Der "bis heute unbestritten und unantastbar gebliebene" Titel des "Hit-Siegers" habe "viel dazu beigetragen, alle Gegner oder Kritiker der zionistischen Politik des Staates Israel oder der Einmischungskriege des amerikanischen Reiches des Guten in Misskredit zu bringen".
Nationalrat Baettig findet es ausserdem "überheblich", "jede historische oder kritische Vision zu verbieten, jede freie Meinungsäusserung, jedes freie Denken, das anders ist als das der heutigen religiösen Hierarchie. Verboten auch jede Versöhnung, oder besser gesagt Amnestie, jede nüchterne Revision der Geschichte. Doch die Praxis der Kriminalisierung jeder Art von Kritik, des lukrativen Geschäfts der Wiedergutmachung, der automatisch an die nächsten Generationen weiter gegebenen Reue, des obligatorischen und exklusiven Erinnerns hat andere Opfer auf Ideen gebracht". So diskreditiert er unter anderem auch den Islam, denn dieser "hat wohl verstanden, was für eine wirksame ideologische Waffe die Anpassung des kleinen antidiskriminierenden und antirassistischen Katechismus an die Islamkritik bedeutet" - Baettig unterstützt die Anti-Minarett-Initiative.

"Wettkampf zwischen realen und mythischen Opfern"

Für Baettig gibt es einen "Wettkampf zwischen den realen und mythischen Opfern um die besten Plätze in der Hit-Parade der moralischen Überlegenheit, der finanziellen Wiedergutmachungen, des sozialen Aufstiegs, der durch positive Diskriminierung beschleunigt wird, des kämpferischen und fordernden Kommunitarismus". Zu Durban meint er: "Diesmal attackierten sie einen Kolonialstaat mit seiner paranoiden und aggressiven Sensibilität, der die Beschlüsse der Uno nicht respektiert, illegal Nuklearwaffen besitzt, der sich der totalen Strafbefreiung, des Schutzes und des Rechts auf Einmischung erfreut (…)", und im gleichen Satz kommt der Hammer: "(…) der palästinensische Völker deportiert, eigene Bürger diskriminiert, seine Gegner hinrichtet, nachdem er sie verteufelt und entmenschlicht hat. Und kürzlich hat er in Gaza in einer assymetrischen Schlacht mehr als tausend Zivilpersonen massakriert, und das bloss aus innenpolitischer Wahltaktik." Der Rest muss nicht zitiert werden.
Nationalrat Baettig sagt auf Anfrage, er habe halt eine abweichende Meinung von Durban II gehabt als die Mehrheit, er sei gegen die "antirassistische Ideologie", die er verurteile. "Für mich sind alle Opfer gleich", sagte er zu tachles, ob Genozid oder Hungersnot, es gebe für ihn "keine Hierarchie des Horrors", und es sei korrekt gewesen, den iranischen Präsidenten zu empfangen - Baettig ist strikt für die Neutralität. Er leugne keineswegs den Holocaust, er habe jedoch Probleme mit Israel und seiner Palästinenserpolitik. Er kenne die Region, sei in Israel gewesen, in Ägypten, in Iran. Und er versteht keineswegs, dass es Leute geben könne, die sich von seinem Text beleidigt fühlten.
Marcel Alexander Niggli, Experte für das Antirassismusgesetz, erklärt gegenüber tachles, der Text Baettigs verstosse seiner Meinung nach "nicht gegen Art. 261bis StGB, weil er sich nicht direkt gegen eine Gruppe richtet und deren Minderwertigkeit behauptet. Entgegen der immer und immer wieder wiederholten Behauptung der Gegner verbietet eben Art. 261bis StGB keineswegs die Äusserung von (rational begründeten oder irrational grundlosen) Abneigungen, Ablehnungen oder Zurückweisungen von bestimmten Gruppen, solange nicht deren Minderwertigkeit behauptet wird." Rassismus, sagt Niggli, ist in eigentlich fast jeder Form straflos, einzig die rassistische Diskriminierung ist strafbar.

Demagogische Manier

Ronnie Bernheim, Präsident der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, ist sehr erzürnt: "Ich verurteile die Äusserungen von Nationalrat Baettig aufs Schärfste. Nebst einer miesmachenden Verzerrung der Zusammenhänge und Missachtung der Würde von Millionen von Opfern gewaltbesessener Diktatoren auf der ganzen Welt hetzt Nationalrat Baettig in demagogischer Manier. Dies nach dem allzu bekannten Muster aufhetzender Redeweisen, die stets die verbalen Wegbereiter für katastrophale rassistische Regime waren. Regime, die diejenigen Verbrechen hervorbrachten, die Nationalrat Baettig seiner Klientel zynisch und leichtfertig verharmlosend als populistisches Futter einflösst. Schämen Sie sich, Herr Baettig, und alle, die Sie nach dieser Hasstirade nochmals wählen werden, sollten sich ebenso schämen!"
Martine Brunschwig Graf, Genfer Nationalrätin FDP/Liberale, Vizepräsidentin der Fraktion und Präsidentin der wieder neu gegründeten und bereits 86 Mitglieder zählenden Parlamentarischen Gruppe gegen Rassismus, findet den Artikel "untragbar". Nie hätte sie so etwas in der Schweiz für möglich gehalten. "Und ich hätte ihn von Nationalrat Baettig auch nie erwartet." Brunschwig Graf wird den Text in der Parlamentarischen Gruppe besprechen.
Georg Kreis, Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, meint, es sei "zwar nicht rassistisch, antirassistische Bemühungen für überflüssig und schädlich zu halten. Und man kann sogar auch einräumen, dass nicht alle im zweifellos nötigen Kampf gegen Rassismus stets das richtige Mass finden. Alles in allem besteht aber eher die Tendenz, dass der Rassismus zu wenig beachtet als dass er überschätzt wird. Der Médecin spécialiste en psychiatrie hat aber offensichtlich überhaupt keine Ahnung, was es bedeutet, Opfer von Rassismus zu sein. Zudem warnt er scheinheilig vor Hass, derweil er - auch mit falschen Behauptungen - munter selbst Hass sät". Dass jemand "derartigen Unsinn schreibt", sagt Kreis, "ist eines. Dass dieses wirre Zeug von einem Nationalrat stammt und in einem Giftblättli weiterverbreitet wird, jedoch etwas anderes - und ein bedenkliches Zeugnis für die Schweiz. Als Jurassier würde ich mich schämen, einen derartigen Volksvertreter in Bern zu haben."    

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20min.ch 10.6.09

Rückgang

Weniger rassistische Vorfälle

Die Anzahl rassistischer Vorfälle in der Schweiz ist im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. Aufgefallen ist den Erstellern des Berichts der verbale Rassismus gegen Muslime und Schwarze.

Gemäss einer am Mittwoch veröffentlichten Zusammenstellung der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus sowie der Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz (GMS) wurden letztes Jahr 92 Vorfälle erfasst, verglichen mit 113 im Vorjahr. Dies entspricht einem Rückgang um 18,6 Prozent.

Im Berichtsjahr sei vor allem der verbale Rassismus aufgefallen, insbesondere gegen Muslime und Schwarze. Die rechtsextreme Szene sei weiterhin aktiv und die Zahl der Mitglieder werde auf Vorjahresniveau eingeschätzt. Polizeilichen Schikanen und Demütigungen seien vorwiegend junge Männer schwarzer Hautfarbe ausgesetzt gewesen, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit.

Die Verantwortlichen der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und der GMS führen die Abnahme rassistischer Vorfälle in der Schweiz auf präventive Massnahmen von Staat und Nichtregierungsorganisationen zum Schutz der Betroffenen zurück. Hinzu komme die zunehmende Sensibilisierung der Jugend sowie die Wirkung der Rassismus-Strafnorm.
Quelle: AP

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Rassistische Vorfälle in der Schweiz (1992-2009)
Eine Chronologie und eine Einschätzung
http://chrono.gra.ch/chron/chron_index.asp

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gra.ch & gms-minderheiten.ch 10.6.09

2008: Abnahme rassistischer Vorfälle in der Schweiz

Zürich, 10. Juni 2009 - Die Anzahl rassistischer Vorfälle in der Schweiz hat 2008 abgenommen. Dies geht aus der neu erschienen Ausgabe der Chronologie "Rassismus in der Schweiz" hervor. Die Chronologie und die Experten-Einschätzung der rassistischen Vorfälle werden von der GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und der GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz jährlich veröffentlicht.

Beim Stichtag sind letztes Jahr 92 rassistische Vorfälle erfasst worden, während es 2007 zum gleichen Zeitpunkt noch 113 waren. Die Chronologie rassistischer Vorfälle in der Schweiz stellt für das Berichtsjahr 2008 fest, dass vor allem der verbale Rassismus auffällt, insbesondere gegen Muslime und Schwarze. Die rechtsextreme Szene ist weiterhin aktiv, die Anzahl ihrer Mitglieder wird auf Vorjahres-Niveau eingeschätzt. Polizeilichen Schikanen und Demütigungen sind vorwiegend junge Männer schwarzer Hautfarbe ausgesetzt, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.

Für die Verantwortlichen der GRA und GMS ist die Abnahme rassistischer Vorfälle in der Schweiz auf präventive Massnahmen von Staat und Nichtregierungsorganisationen zum Schutz der Betroffenen, die zunehmende Sensibilisierung der Jugend sowie die Wirkung der Rassismus-Strafnorm zurückzuführen. GRA und GMS engagieren sich seit Jahrzehnten mit konkreten Massnahmen im Bereich Bildung, Recht und Politik für ein respektvolles Zusammenleben der Menschen in der Schweiz und arbeiten mit der Mehrheitsgesellschaft und zahlreichen Minderheiten zusammen.

Die zweiteilige und zweisprachige Chronologie "Rassismus in der Schweiz" auf Deutsch und Französisch erfasst einerseits alle öffentlich bekannten Vorfälle. Andererseits ordnet der Verfasser Hans Stutz, Journalist mit Schwerpunkt Rechtsextremismus und Rassismus, in einer Analyse der Hauptverursacher rassistischer Ereignisse diese Vorfälle in die gesellschaftliche Entwicklung ein. Die Chronologie wird jährlich an 15'000 Persönlichkeiten und Institutionen aus Politik, Wirtschaft, Medien, religiösen Gemeinschaften, an Bund und Kantone sowie an Schulleitungen in der ganzen Schweiz versandt.

Die Chronologie 2008 "Rassismus in der Schweiz" kann beim Sekretariat der GRA, Postfach, 8027 Zürich, zum Preis von CHF 14.50 bezogen und die laufend aktualisierten Vorfälle auf http://www.gra.ch eingesehen werden.

Für weitere Fragen:

Dr. Ronnie Bernheim
Präsident GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus

Dr. Giusep Nay
Präsident GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz

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ANTI-NAZI-DEMO SEMPACH
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20min.ch 12.6.09

Schlachtjahrzeit in Sempach

Linke dürfen protestieren - ohne Lautsprecher

Seit Jahren marschieren Rechtsradikale an der Sempacher Schlachtjahrzeit mit. Dagegen will in diesem Jahr die Juso demonstrieren. Nach ausgiebiger öffentlicher Diskussion hat jetzt der Stadtrat Sempach die Kundgebung für den 27. Juni 2009 bewilligt.

Die Jungsozialisten (Juso) wollen anlässlich der Schlachtjahrzeit in Sempach eine Platzkundgebung durchführen und gegen die Teilnahme rechtsextremer Kreise an der Feier protestieren. Der Stadtrat habe das Gesuch der Jusos unter Auflagen und Bedingungen bewilligt, teilte die Staatskanzlei Luzern am Freitag mit.

Die Platzkundgebung der Jusos ist demnach auf die Zeit zwischen 8 und 11 Uhr beschränkt. Zudem habe man sich mit den Jungsozialisten auf einen Ort ausserhalb der Altstadt geeinigt, erklärte Stadtpräsident Franz Schwegler der Nachrichtenagentur SDA auf Anfrage. Damit soll eine Konfrontation mit rechtsradikalen Teilnehmern der Feier vermieden werden.

Weiter besteht ein Vermummungsverbot. Während der Feier dürfen die Jusos keine Lautsprecher benützen. Zudem dürfen laut Schwegler keine Gegenstände wie beispielsweise Baseballschläger mitgeführt werden.

Unerwünschte, aber tolerierte Rechtsradikale

Die Teilnahme der Rechtsradikalen, insbesondere der PNOS (Partei National Orientierter Schweizer), an der Feier in Sempach sorgt seit Jahren für Unmut. 2008 waren gegen 250 Personen aus dieser Szene zugegen. Nach der offiziellen Feier legten sie auf dem Schlachtfeld einen Kranz nieder.

Die Behörden missbilligen zwar diese "Verpolitisierung der Schlachtjahrzeit". Es sei unerwünscht, wenn politische Gruppierungen versuchen, sie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, heisst es in einer Medienmitteilung der Staatskanzlei.

Die Teilnahme an der Feier könne man aber nicht verbieten. Es handle sich um eine öffentliche Veranstaltung auf öffentlich zugänglichem Grund. Teilnehmen dürften grundsätzlich alle Personen, die sich an die Gesetze und an die Vorgaben der Organisatoren halten.

Wert legt die Staatskanzlei auf die Feststellung, dass die Feier nichts zu tun habe mit politisch motivierter Heldenverehrung oder nationalistischer Selbstbeweihräucherung. Es handle sich vielmehr um einen nachdenklichen, bescheidenen Anlass.
Quelle: SDA/ATS

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presseportal.ch 12.6.09

Sempacher Schlachtjahrzeit 2009

Luzern (ots) - Am 27. Juni 2009 findet die 623. Gedenkfeier der Schlacht bei Sempach statt. Sie soll wie andere Jahre in würdigem Rahmen den Gefallenen der Schlacht gedenken und an die Bedeutung dieses Ereignisses für die Entwicklung des Kantons Luzern und der Eidgenossenschaft erinnern. Die Schlachtjahrzeit hat nichts zu tun mit politisch motivierter Heldenverehrung oder nationalistischer Selbstbeweihräucherung. Sie ist ein nachdenklicher, bescheidener Anlass. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Gesellschaft, die Bevölkerung und Schülerinnen und Schüler nehmen daran teil.

Der Regierungsrat des Kantons Luzern und der Stadtrat von Sempach missbilligen die zunehmende Verpolitisierung der Schlachtjahrzeit. Sie erachten es als unerwünscht, wenn politische Gruppierungen versuchen, die Sempacher Schlachtjahrzeit für ihre Zwecke zu instrumentalisieren bzw. zu missbrauchen. Leider war dies in den letzten Jahren zunehmend der Fall. So haben an der letztjährigen Schlachtjahrzeit gegen 250 Personen teilgenommen, die zum Teil der rechtsextremen Szene zugeordnet werden können (PNOS).

Heuer ist beim Stadtrat Sempach ein Gesuch der JungsozialistInnen eingegangen, am 27. Juni 2009 mit einer Platzkundgebung gegen die Teilnahme rechtsextremer Kreise an der Schlachtjahrzeit zu demonstrieren. Der Stadtrat von Sempach hat dieses Gesuch behandelt und entschieden, es unter klaren Auflagen und Bedingungen zu bewilligen.

Der Regierungsrat des Kantons Luzern und der Stadtrat von Sempach halten im Hinblick auf die Schlachtjahrzeit 2009 grundsätzlich am bisherigen Konzept der Feier fest. In unserem Land gelten Versammlungsfreiheit und Meinungsäusserungsfreiheit. Die Schlachtjahrzeit ist eine öffentliche Veranstaltung auf öffentlich zugänglichem Grund. Teilnehmen dürfen daher grundsätzlich alle Personen, die sich an die Gesetze und an die Vorgaben der Organisatoren halten. Innerhalb dieser Schranken wird die Sicherheitslage durch die zuständigen Instanzen laufend analysiert und geprüft.

Der Luzerner Regierungsrat und der Stadtrat von Sempach werden alles daran setzen, am 27. Juni 2009 eine sichere und würdige Sempacher Schlachtfeier durchzuführen. Mit einem Grossaufmarsch setzt die Bevölkerung ein positives Signal für diesen Anlass. Regierungsrat und Stadtrat laden dazu herzlich ein.

ots Originaltext: Staatskanzlei Luzern
Internet: www.presseportal.ch

Kontakt:
Regierungspräsident Max Pfister
heute Freitag 09.15 - 09.45 Uhr
Tel.: +41/41/228'50'41

Franz Schwegler
Stadtpräsident Sempach
heute Freitag 09.15 - 10 Uhr
Mobile: +41/79/500'96'65  

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NLZ 12.6.09

Schlachtjahrzeit Sempach

Angst vor noch mehr Extremen

Heute wird entschieden, ob die Demo der Juso an der Schlachtjahrzeit Sempach bewilligt wird. Am Mittwoch zeigte sich erneut: Die Sache ist hochumstritten.

Von Pirmin Bossart

Eine Viertelstunde nach Beginn der Diskussion in der Festhalle Sempach stiessen zehn Rechtsextreme zum Publikum, das sich damit auf rund 40 Personen vergrösserte. Vorne diskutierten zwei Vertreter der Sempacher Behörden, ein Rechtsextremismus-Experte und zwei Vertreter der Juso (Leitung Beat Vogt, Radio DRS). Trotz einer gewissen Spannung im Raum blieb die Veranstaltung friedlich.

Ausgangslage war die Demonstration, welche die Juso als Protest gegen das Gedankengut der Rechtsextremen an der nächsten Schlachtjahrzeit am 27. Juni machen will. Die Juso musste dazu ein Sicherheitskonzept einreichen. "Warum müssen das die Rechtsextremen nicht tun?", fragte eine Frau aus dem Plenum. Einfach deshalb, weil sie an der Feier mitmarschierten, also Teil der Veranstaltung seien, klärte Stadtpräsident Franz Schwegler auf.

Jahrelang sei nichts passiert, und jetzt habe er erstmals Angst, sagte der Stadtpräsident. "Jetzt kommen die Extremen in die Schlachtjahrzeit rein." Der Stadtrat hege Befürchtungen, dass die Demo zu Gewalt führen könne. Und das müsse in jedem Fall vermieden werden. Dass nun mit dem Gesuch zur Demo so viel (Medien-)Öffentlichkeit geschaffen werde, sei für die Sache zwiespältig.

"Öffentlichkeit ist notwendig"

Anders sieht das Rechtsextremismus-Experte Hans Stutz: "Öffentlichkeit ist notwendig, denn sie fördert auch den Widerstand."

Schwegler schlug der Juso vor, sie sollten auch einfach an der Feier teilnehmen, als "ausgleichender Pol". Eine wirkliche Distanzierung von den Rechtsextremen war an diesem Abend von Seiten der Behörden nicht zu vernehmen. Stadtrat Alexander Lieb erklärte, er differenziere nicht zwischen Rechtsextremen und Linksextremen: Beide würden die demokratischen Werte verachten. Stadtpräsident Franz Schwegler sprach von einem "beklemmenden Gefühl" und dass er "keine Freude" habe.

Die Sempacher Stadträte verteidigten das langjährige "Unter-dem-Deckel-Halten" der Teilnahme von Rechtsextremen mit dem Argument, man habe der Sache nicht zusätzlich Auftrieb verleihen wollen. "Wir befürchten auch mit dem jetzigen, verstärkten Medieninteresse, dass noch mehr Rechtsextreme kommen könnten." Rechtlich hätten sie keine Handhabe, die Rechtsextremen auszuschliessen.

Warum nicht auf den Marsch verzichten und die Feier im Städtchen abhalten, fragte einer aus dem Publikum. Das könnte eine Variante sein, mutmassten die beiden Stadträte.

Der Luzerner Juso-Grossstadtrat David Roth schlug vor, dass man die Kranzniederlegung der Rechtsextremen im Anschluss an die offizielle Feier bewilligungspflichtig machen, also auch verbieten könnte. "Dann werden auch wir auf die Demo verzichten. Und dann wird sich auch zeigen, ob sich die Rechtsextremen daran halten." Laut Stadtrat Lieb ist das nicht gut möglich, weil das betreffende Grundstück dem Kanton gehöre.

Exakt dieser für die Feier hauptverantwortliche Kanton hatte die Teilnahme am Podium abgesagt. Fakt sei, "dass der Kanton Luzern heute als Mitorganisator einer rechtsextremen Demonstration bezeichnet werden muss", sagte Hans Stutz. Stutz geht nicht davon aus, dass von den Rechtsextremen in Sempach ein grösseres Gewaltpotenzial ausgeht. "An dieser Feier zeigen sie ihr Saubermann-Image, um sich politisch salonfähiger zu machen."

"Sonst müssen wir das bezahlen"

Sie sei schon jahrelang an der Gedenkfeier mitmarschiert, und nie sei etwas passiert, warf eine ältere Sempacherin aus dem Plenum in die Diskussion. Die Linken könnten ja auch kommen, meinte sie. "Und wenn ihr euch dann an den Kragen wollt, dann geht lieber ins Meierholz und schlagt euch meinetwegen die Köpfe ein. Aber ohne Polizei, sonst müssen wir das auch noch bezahlen."

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RÜTLI-FEIER
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20min.ch 12.6.09

August

Rütlifeier-Besucher müssen sich auch dieses Jahr anmelden

Wer die Bundesfeier am kommenden 1. August auf dem Rütli miterleben will, muss sich auch dieses Jahr schriftlich anmelden. Gastredner ist der emeritierte Literaturprofessor Peter von Matt. Für die Anmeldung und für weitere Informationen über das Rütli steht seit Freitag eine interaktive Website zur Verfügung.

Mit Musikvorträgen, Fahnenschwingen und Verlesen des Bundesbriefs wird die Bundesfeier auf dem Rütli auch dieses Jahr in der traditionellen Art begangen, wie die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) in Luzern bekannt gab. Als Gastredner wurde der emeritierte Literaturprofessor von Matt eingeladen. "Er ist Innerschweizer und einer der klügsten Köpfe der Schweiz", sagte die SGG-Präsidentin und frühere Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz zur Person von von Matt.

Im Bereich Sicherheit halten sich die Organisatoren wie in den Vorjahren an die Auflagen des Kantons Uri. Deshalb ist für die Besucherinnen und Besucher der 1.Augustfeier auf dem Rütli erneut ein schriftliches Anmeldeverfahren vorgesehen. Vor Ort zugelassen werden soll nur, wer ein Ticket vorweisen kann. Die Anmeldeformulare sind auf der neuen Website über das Rütli erhältlich, die seit (heutigem) Freitag online ist. Diese neue interaktive Homepage sei ein Geschenk der SGG an die Schweizer Bevölkerung, 150 Jahre, nachdem die SGG das Rütli gekauft und der Eidgenossenschaft geschenkt habe, sagte Huber-Hotz.

Das Billett-System wurde 2006 eingeführt. Im Jahr zuvor war der damalige Bundespräsident Samuel Schmid während seiner 1.August-Rede auf dem Rütli von Rechtsextremen gestört und zum Teil auch persönlich beleidigt worden.

http://www.rütli.ch
http://www.ruetli.ch

Quelle: AP

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Link-Box

Anmeldeformular für Rütlifeier
http://www.ruetli.ch/de/content/1-august-2009-anmeldeformular-aufgeschalten

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OFFPRIDE
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WoZ 11.6.09

Offpride - Am Rand der Europride fand ein Festival statt von jenen, die sich im schwullesbischen Mainstream nicht wiederfinden - und immer selbstbewusster auf sich aufmerksam machen.

Nicht richtig und stolz darauf

Von Bettina Dyttrich

"Wenn ich mit einer Frau zusammen bin, bin ich eine Lesbe; wenn ich Sex mit einem Mann habe, bin ich schwul." Der das sagt, sieht aus wie ein Mann und definiert sich auch so, obwohl er als Mädchen geboren wurde und früher lesbisch lebte. Es ist Freitagabend am Europride-Wochenende. Das Zürcher Cabaret Voltaire ist voll. Der Anlass heisst  Erzählcafé, und die Regeln sind ganz einfach: Alle dürfen den Anwesenden etwas erzählen, aber niemand muss. Es geht nicht um einen Schlagabtausch, sondern um den Austausch von "Erfahrungen jenseits von Geschlechter- und Sexualitätsnormen".

"Du bist ja jetzt ein Mann"

Einige Stunden zuvor ist die Offpride eröffnet worden, das Festival für all jene, die sich im schwullesbischen Mainstream nicht wiederfinden (dass es einen solchen gibt, wird nicht nur an der Europride-Parade vom Samstag überdeutlich). Und im heterosexuellen Mainstream schon gar nicht. Der hat sich zwar inzwischen daran gewöhnt, dass es Männer gibt, die Männer lieben, und Frauen, die das Bett lieber mit Frauen teilen. Aber Menschen, die weder Frauen noch Männer sind? Solche, die im Alltag als Frauen leben, aber ihren Penis trotzdem behalten möchten? Frauen, die sich als schwul bezeichnen?

Wer solche Lebensformen ausprobiert, ausprobieren muss - eine Willens entscheidung ist es in den seltensten Fällen -, fällt schnell zwischen alle Stühle. Das erzählt auch der Transmann im Cabaret Voltaire: Von manchen Lesben werde er abgelehnt - "Du bist ja jetzt ein Mann" -, aber auch von vielen Schwulen, da er ohne Penis ja doch kein "richtiger" sei.

Doch diese Minderheit, die sich queer nennt, wartet nicht darauf, akzeptiert zu werden. Sie hat längst ihre eigene Kultur. Die Anlässe des dreitägigen Festivals, das AktivistInnen aus dem Umfeld des Zürcher Kollektivs Sündikat organisiert haben, hätten problemlos eine ganze Woche gefüllt: Workshops zu gewaltfreier Kommunikation oder zum Basteln von Sextoys, Diskussionen über szeneninterne Ausschlüsse oder queere Familien, zwei Partys mit Konzerten und Performances, das Kunstprogramm "Queerscapes" mit zwei Ausstellungen und Dutzenden von Filmvorführungen. Anna Frei, eine der beteiligten KünstlerInnen, erklärt: "Die Ausstellung im Cabaret Voltaire und im Message Salon zeigt ein dichtes Gewebe queerer Kunst, eine Art Archivauslegung. Mit dem Projekt ‹You can find me in the Lexicon, in the Lexicon› gehen wir hinaus in Archive und bringen Queerness in sie hinein."

Raffinierte Unbeholfenheit

"You can find me ..." führt etwa ins private Deso-Radiomuseum in Zürich Wollishofen, mit anschliessender Erkundung dem Seeufer entlang, begleitet von einem Hörspiel der deutschen Künstlerin Michaela Meliàn übers Reisen und Wandern, über freiwillige und unfreiwillige Migration. Und per Liveschaltung in ein imaginäres queeres Archiv. "Kategorisierung ist eine Notwendigkeit eines Archivs, sonst lässt es sich nicht nutzen", sagt Frei. "Und genau diesem Einordnen widerspricht der queere Gedanke."

Manchmal ergeben sich verblüffende Verbindungen. Zum Beispiel im Phonogrammarchiv in den beengenden Luftschutzräumen der Universität, wo alte Schweizer Mundartaufnahmen gehortet werden. Dort spricht der deutsche Musikjournalist Martin Büsser über Geschlechter im Punk und kommt zum Schluss, dass sich Inhalte nicht nur in Texten, sondern vor allem in der ganzen Ästhetik ausdrücken: Queere Musik spielt mit Stilbrüchen, mit Brüchigkeit, gebrochenen Geschlechterbildern. Und genau diese Brüchigkeit illustrieren anschliessend die Performerinnen vom Duo Krokodilstränensirup, indem sie Unbeholfenheit so auf die Spitze treiben, dass sie zu einer raffinierten Möglichkeit wird.

Jedes Archiv ist queer

"Gleichzeitig könnte jedes Archiv das queere Archiv sein", sagt Anna Frei. "In jedem sind queere Inhalte zu finden, auch wenn sie aus einer Zeit stammen, bevor es den Begriff gab." Ist es zulässig, Geschichten aus anderen Zeiten heutige Bedeutung überzustülpen? Diese Frage stellt sich immer wieder. Etwa beim Sehen des Films "The Female Closet" der lesbischen US-amerikanischen Filmerin Barbara Hammer. Sie folgt unter anderem den Spuren der Fotografin Alice Austen (1866-1952) und findet Erstaunliches: nicht nur Bilder von Austen und ihren Freundinnen in männlicher Aufmachung, sondern auch Porträts von Menschen mit uneindeutigem Geschlecht. Ein Stück queere Vergangenheit?

Performances sind ein wichtiger Teil queerer Kultur. Am Samstag kommen sie im Provitreff ausführlich zur Geltung. Ein Höhepunkt des Abends ist der Auftritt der haitianisch-amerikanischen Performerin Mildred Derestant alias Dred aus New York. Sie bezeichnet sich selbst als "gender illusionist", verkörpert Grace Jones genauso überzeugend wie den Rapper P. Diddy. In Zürich transformiert sie sich in kurzer Zeit vom Rastafari zum Soul-Beau und weiter zum Gangster. Augenzwinkernd entlarvt sie Stereotypen über schwarze Männer in den Köpfen des Publikums. Dred liebt Auftritte als "perfekter" Mann auf und neben der Bühne - und verblüfft dann mit dem Enthüllen ihres "wahren" Geschlechts.

Wer schnell einordnet, fällt rein

Ähnliches passiert während der Offpride immer wieder: Der Blick verändert sich. Wer ein paar Mal reingefallen ist, vorschnell Menschen einem Geschlecht zugeordnet hat, schaut auf einmal auch im Tram die Menschen anders an. Und wenn ich normalerweise Männer begehre, was mache ich dann, wenn ich eine begehrenswerte Person mit uneindeutigem Geschlecht sehe? "Proud to be a freak" heisst ein Workshop der Offpride. Sich selber schön finden können als Anfang der Handlungsfähigkeit.

Am Ende streift Dred alle männlichen Accessoires ab. Sie trägt jetzt einen schlichten weissen Baumwollrock. Mit wenigen Handgriffen schminkt sie sich ab, der Bart verschwindet, die gezackten Augenbrauen auch. Als Letztes greift sie sich in den Schritt, entfernt das, was sich da wölbt - einen Apfel -, und beisst hinein. Das Publikum tobt. Doch unvermittelt ist der komische Moment vorbei. Dred streckt die Hände zum Himmel und rezitiert abwechselnd in haitianischem Kreolisch und auf Englisch: "Ich bin ein Mann. Ich bin eine Frau. Ich habe beides in mir. Es ist ein Segen." Es ist schwer, aber es ist ein Segen; eine Kraft, kein Fluch. Manche der uneindeutigen Menschen im Publikum haben Tränen in den Augen.

http://www.offpride.ch

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ARBEITSKAMPF
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Indymedia 10.6.09

Solidarität mit Ernst! Kundgebung in Uzwil ::

AutorIn : Basisgruppe Bahn: http://www.basisgruppe.ch.vu     

Kundgebung bei Benninger/Karl Mayer AG Heute, am 10. Juni 2009, zeigten sich rund 20-30 Personen - darunter auch militante Arbeiter der Firma Clariant aus Basel - vor dem Gelände der Firma Benninger / Karl Mayer AG solidarisch mit dem entlassenen Ernst G., welcher dort während 39 Jahren arbeitete und sich aktiv für die ArbeiterInnen in der Firma einsetzte.     
    
Ernst (55) ist nur einer von vielen, die entlassen werden, weil sie den Mut haben sich zu wehren oder ganz einfach, weil die Unternehmer sie durch jüngere Arbeitskräfte ersetzen wollen, die sich besser ausbeuten lassen.
Die Basisgruppe Bahn war ebenfalls vor Ort und suchte das Gespräch mit den ArbeiterInnen. Dies gelang, obwohl die Firmenleitung eigens Sicherheitsleute engagiert hatte, um die ArbeiterInnen zu kontrollieren, den Protestierenden den Zugang zum Areal zu erschweren und die verschiedenen Zugänge zum Areal zu bewachen. Diese Haltung der Firmenleitung zeigt: Sie haben Angst, sie fürchten den Protest und die einsetzende Solidaritätskampagne, welche neben der Gewerkschaft Unia auch von nicht-gewerkschaftlichen Gruppen, Organisationen und Bündnissen unterstützt wird. Wir werden solange gegen diese Entlassung protestieren, bis Ernst wieder eingestellt wird!

Entlassen wurde Ernst - Gemeint sind wir alle!
Solidarität mit Ernst!


+ Weitere Bilder finden sich hier:  http://zugumzugvoran.blogsport.de/2009/06/10/solidaritaet-mit-ernst/

+ Ein Bericht zur Kundgebung der französischen ABB-ArbeiterInnen, welche heute beim ABB-Firmensitz in Zürich Oerlikon demonstrierten, folgt ( http://www.basisgruppe.ch.vu)

+ Petition unterschreiben:  http://www.unia.ch/fileadmin/user_upload/News/Kampagnen/2009_benniger_karl_mayer/nach_39_Jahren_entlassen.doc

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KONSUMZONE SO
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Solothurner Zeitung 11.6.09

Mehr Polizeipräsenz und Poller erwünscht

Die IG-Landhausquai möchte eine "Dealer-arme" und nachmittags verkehrsfreie Zone entlang dem Aaremürli

Der Landhausquai gehört zu den attraktivsten Verweil- und Flanierzonen der Stadt. Doch unerwünschte Personen und zuviel Verkehr schmälern die Ambiance an der Aare, finden Hansruedi Meyer und Franco Infantino für die IG Landhausquai. Doch einfach dürfte die Lösung nicht sein.

Wolfgang Wagmann

Schon bevor das Thema wie jeden Frühling wieder "heiss" wurde, hatten sich Infantino, Inhaber der Cantina del Vino, und Meyer (Genossenschaft Kreuz) mit den Stadtbehörden zu einer Sitzung getroffen. "Gegen die Dealer haben wir mehr Polizeikontrollen gefordert", erinnert sich Franco Infantino. Vor allem auch eine immer wieder sichtbare Polizeipräsenz, die aber nach Ansicht der IG-Mitglieder noch "ungenügend" sei. Im Grossen und Ganzen herrsche ja eine friedliche Stimmung, aber es gebe halt "allergattig" Leute. Gedealt werde vor allem beim Meistergässchen, und so ist die Idee entstanden, diesen Fluchtweg mit Tisch und Stühlen der Landhausbar oder einer Aktivität des "Spielhimmels" zu sperren. "Aber noch haben wir keine Lösung zur optischen Kontrolle des Ganzen gefunden", erklärt Franco Infantino, warum die Massnahme noch nicht umgesetzt worden ist. Dagegen hat sich die IG auch mit einem Flyer vor allem an die jugendlichen Quai-Gäste gewandt. Die gelebte Toleranz entlang der Aare habe auch ihre Grenzen - "wer illegale Drogen verkauft, missbraucht die Toleranz. Der Handel mit Drogen schränkt die friedliche Stimmung am ganzen Landhausquai ein", so die Mahnung auf dem Flugblatt. "Je mehr Leute es am Quai hat, desto weniger läuft in dieser Beziehung ab", weiss Hansruedi Meyer allerdings aus Erfahrung. Und zumindest die Abfallsituation habe man mit dem Anbringen der neuen Kübel entschärfen können.

Wenigstens am Samstagnachmittag

Etwas entgegenwirken konnten die IG-Mitglieder mit dem "Hinausstuhlen" ans Aaremürli der illegalen Parkiererei, die Meyer auch auf die für ihn zu offene Quaigestaltung mit einer freien Asphaltfläche zurückführt. "Ein Entfernen der Pflästerung wäre nicht notwendig gewesen", meint er schon nur in Bezug auf den regen Veloverkehr, der bei einem raueren Belag verlangsamt würde. Mehr jedoch stört die IG-Mitglieder noch immer der Autoverkehr, der teilweise auch dem "Vorführen" der Autos vor dem zahlreichen Publikum zugeschrieben wird. "Seit die Wengibrücke zu ist, fahren auch mehr Ortsunkundige durch", weiss Meyer, und deshalb wünscht er sich den Einbezug des Quais in die Altstadtsperre, die ab 13.30 Uhr gilt. Die Mindestlösung wäre für ihn wie Infantino aber mindestens die Sperre am Samstagnachmittag - "denn dann ist es wegen der vielen Leute sehr gefährlich". Heute ist der Quai ab 19 Uhr gesperrt, doch die Signalisation der Begegnungszone - in der übrigens Parkieren verboten ist - sei ungenügend, und werde so oft missachtet. Die oft geforderten Poller werden deshalb von Meyer wie Infantino verteidigt, auch wenn die Montage offenbar gleich wie bei der Storchenkreuzung wegen der vielen dort verlegten Leitungen auf technische Probleme stösst. Ohnehin könne man derzeit wegen der Baustelle beim Breggerhaus wenig machen, "aber nächsten Frühling hoffen wir auf eine Änderung".

So ganz einig ist man sich nicht

Gefordert hatte eine Nachmittagssperre, durchgesetzt mit Pollern, auch eine SP-Motion. Diese war jedoch zur Stellungnahme über ein Jahr beim Gewerbeverein und der Stadtvereinigung "liegen geblieben." Nun hat letztere laut Stadtschreiber Hansjürg Boll auch für den Gewerbeverein geantwortet. Tenor: Keine generelle Nachmittagssperre, als Vorschlag könnte man vielleicht am Samstag damit leben. "Es gab sogar IG-Mitglieder, die diese Haltung vertreten", zeigt Boll auf, dass auch am Landhausquai nicht ganz alle am gleichen Strick ziehen. Doch sei das Stadtpräsidium am Erarbeiten der Motionsantwort, die an der Gemeinderatssitzung vom 30. Juni vorliegen dürfte.

Im Gemeinderat hatte Kurt Fluri aber schon angetönt, dass er die Ausweitung der Fussgängerzone Richtung Landhausquai skeptisch beurteile.

Die IG Landhausquai

Elf Restaurants und Geschäfte gehören der IG Landhausquai an: die Genossenschaft Kreuz, die Cafébar Landhaus, die Sommerbeiz, die Aarebar, Mediterrane Leckereien, die Cantina del Vino, das Restaurant Chutz, die Geschäfte Tribe und Spielhimmel, die Jugendherberge Solothurn sowie die Kafi Bar Mürli. Noch nicht Mitglied ist die Genossenschaft Baseltor, die nach dem Umbau des Breggger-Hauses am Landhausquai ein weiteres Restaurant nebst dem "Baseltor" und dem "Solheure" betreibt. "Ich gehe davon aus, das wir dann mitmachen", meinte gestern Genossenschaftspräsident und Stadtschreiber Hansjürg Boll. Als wichtigste Aktivität organisiert die IG Landhausquai alljährlich ein Sommernachtsfest, das am Samstag, 25. Juli, ab 18 Uhr stattfindet. (ww)

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NEONAZIS
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20min.ch 11.6.09

Liechtenstein

Rechtsextremer Schweizer muss ins Gefängnis

Einer der Beteiligten an der Massenschlägerei am letztjährigen Oktoberfest in Mauren FL muss nun doch ins Gefängnis.

Das Liechtensteiner Landgericht verurteilte den Rechtsextremen aus der Schweiz zu zehn Monaten unbedingt. Das Gericht erklärte den 23-Jährigen am Mittwoch der schweren Körperverletzung, des Raufhandels und des Widerstandes gegen die Staatsgewalt für schuldig. Das Obergericht hatte das von der Staatsanwaltschaft angefochte Ersturteil in Teilaspekten zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückgewiesen.

Zu einer unbedingten Gefängnisstrafe verurteilt wurde der junge Mann, weil er mit Kumpanen zusammen vor der eigentlichen Massenschlägerei einen Festbesucher zusammengeschlagen und schwer verletzt hatte. Auch die Strafe eines zweiten Angeklagten aus der rechten Szene wurde verschärft. Die Geldstrafe hob das Gericht um 1200 Franken auf 3000 Franken an.

Polizist schwer verletzt

Die zwei Verurteilten, die erstinstanzlich mit bedingten Gefängnisstrafen davonkamen, waren am letztjährigen Oktoberfest in Mauren an einer Massenschlägerei zwischen Rechtsextremen und türkischstämmigen Besuchern beteiligt. Angezettelt worden war sie von 20 bis 30 mit Steinen und Stöcken bewaffneten Rechtsradikalen aus der Schweiz und Liechtenstein.

Neben dem Festbesucher, der einen zweifachen Bruch des Augenhöhlenknochens davontrug, wurde ein Polizist schwer verletzt. Er erlitt durch einen Steinwurf ein offenes Schädel-Hirn-Trauma.
Quelle: SDA/ATS

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ANTIFA-CAMP
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Antifa-Camp 2009
http://www.aabw.antifa.net/spip.php?page=antifa&id_article=9&design=1

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linksunten.indymedia.org 11.6.09

Antifa-Camp im Schwarzwald eröffnet

Verfasst von: Campside.

Seit Mittwochabend ist das Antifa-Camp im Schwarzwald eröffnet. Mit dem Auto und über das Shuttle-System vom Bahnhof St. Georgen treffen momentan AntifaschistInnen aus ganz Baden-Württemberg und den Nachbarländern ein. Nach dem konstituierenden Plenum am Morgen beginnen ab Donnerstagnachmittag die Workshops. Am Vormittag versuchten Nazis aus der Region zu provozieren, indem Sie ein Transparent in Campnähe aufspannten.

In den kommenden Tagen finden Workshops zu praktischen und theoretischen Inhalten antifaschistischer und linker Politik statt. Sowohl vormittags als auch nachmittags sind Arbeitsgruppenphasen geplant. Am heutigen Donnerstag stehen u.a. einen Wanderung und ein Vortrag zu regressiver Kapitalismuskritik auf dem Programm. Morgen geht es mit praktischen Tipps zu Pressearbeit und Selbstverteidigung sowie Workshops zu "Sexismus" und "Perspektiven & Grenzen antifaschistischer Politik" weiter.

Für das Wochenende ist eine Vielzahl weiterer Workshops geplant. Antifa-Recherche und Rechtshilfe stehen dabei ebenso auf der Agenda wie eine kritische Auseinandersetzung mit christlicher Ideologie sowie eine Diskussion zu Chancen und Möglichkeiten der Revolutionären Linken in Zeiten der Krise. Zudem gibt es auf dem Camp Möglichkeiten zum Skaten, Sprayen und Klettern. Am Abend gibt es beim regelmäßigen Kulturprogramm  mit Konzert und Party auch Raum zum gemeinsamen Feiern.

Der anfänglich schlechte Wetter tat der guten und geschäftigen Stimmung keinen Abbruch. Mit dem heute einsetzenden Sonnenschein herrscht auch am Lagerfeuer rege Betriebsamkeit. Kommt vorbei, genießt das Schwarzwald-Panorama und get connected.

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RECHTSEXTREME UNGARN
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WoZ 11.6.09

Ungarn - Antisemitische Propaganda, paramilitärische Bürgerwehren, Morde an Roma: Die Lage erinnert an deutsche Verhältnisse Anfang der dreissiger Jahre. Und nur wenige scheint das zu stören.

Nur ein totes Romakind

Von Keno Verseck, Budapest/Györ

In den Vorgärten hocken kleine, bösartige Kläffer. Beim Anblick fremder PassantInnen geraten sie ausser sich. In blinder Raserei springen sie gegen Zäune. Entfesselte Tobsucht zwischen Geranien und Stiefmütterchen.

Eine Eigenheimsiedlung am Rand der Industriestadt Györ in Nordwestungarn. Dezsö und Erika Szabo, beide 33, sind Eltern zweier kleiner Mädchen. Sie sitzen in der Küche ihres Hauses und machen sich Gedanken über ihre Zukunft und wie sie die Raten für einen Hypothekarkredit und zwei Pkws zahlen sollen. Seit Ausbruch der Finanzkrise hat die ungarische Währung ein Viertel ihres Wertes verloren, die Raten der Szabos haben sich verdoppelt. Da bleibt kaum noch Geld zum Leben.

Dezsö Szabo ist Automechaniker, ein bulliger Typ mit kahl geschorenem Schädel. Seine Frau Erika ist Angestellte bei den Stadtwerken, klein, schmal, fast verhärmt. Sie ist verbittert. Schuld an der Krise seien die amerikanischen Banken und die Juden, sagt sie. Jeden Tag sehe sie, wie kleine Firmen Pleite gingen, während die ungarischen PolitikerInnen sich bereicherten. Dann zieht sie plötzlich über die Roma her. "Sie können nicht lesen und schreiben, haben aber einen Führerschein und holen ihre Sozialhilfe im Mercedes ab", sagt sie. Ihr Mann nickt dazu. "Man sollte diese arbeitsscheuen Zigeuner wirklich ins KZ zur Zwangsarbeit schicken."

Vergangene Vorbildzeiten

Verbitterung, Hysterie und Hass - im Ungarn dieser Tage sind sie so verbreitet wie nie zuvor in den letzten Jahrzehnten. Viele verzweifeln an wirtschaftlichen Schwierigkeiten, viele denken wie die Eheleute Szabo. Einst war Ungarn die "lustigste Baracke" im Ostblock, nach dem Ende der Diktatur 1989 das Mus terland in Osteuropa. Heute ist Ungarn an einem Tiefpunkt seiner nachkommunistischen Geschichte angelangt. Die politische Elite geniesst kaum noch Vertrauen, der Staat steht vor der Pleite. Rechtsextreme erstarken, und Gewalt gegen Roma ist nahezu alltäglich.

In den letzten anderthalb Jahren wurden acht Roma ermordet, Ende Februar traf es zwei auf besonders hinterhältige Weise: In Tatarszentgyörgy südlich von Budapest zündeten Unbekannte das Haus einer Romafamilie an. Als der 27-jährige Vater mit seinem vierjährigen Sohn aus den Flammen flüchtete, erschoss einer der Täter die beiden mit einer Schrotflinte. Zwei Monate später ein weiterer Mord aus dem Hinterhalt: Im ostungarischen Tiszalök erschoss ein Unbekannter den 54-jährigen Jenö Koka, als dieser abends aus dem Haus trat, um zur Spätschicht in ein Chemiewerk zu fahren. Koka hatte dort dreissig Jahre lang als Maschinenwart gearbeitet und war gerade für seine Treue ausgezeichnet worden. Der Philosoph und frühere antikommunistische Bürgerrechtler Gaspar Miklos Tamas stellt angesichts solcher Verbrechen eine düstere Diagnose: "Das Eis der Zivilisation ist in Ungarn dünn. Es bricht gerade ein."

Wie konnte es so weit kommen? Der Historiker Krisztian Ungvary sieht die Entwicklung als eine Art fällig gewordene Hypothek für den "Gulaschkommunismus" der Kadar-Diktatur. Janos Kadar war der Mann, der die ungarische Revolution von 1956 blutig niederschlug und den UngarInnen anschliessend als Gegenleistung für ihr politisches Schweigen viel kreditfinanzierten Konsum und kleine Wirtschaftsreformen anbot (siehe WOZ Nr. 47/08). Das Modell funktionierte bis in die Vorwendezeit. Reformen, die seither notwendig wurden, hat Ungarn zwar teilweise in Angriff genommen, doch sie scheiterten immer wieder. "Es gibt kein Freibier in der Geschichte", sagt Ungvary, "nach Jahrzehnten der Schonzeit müssen wir jetzt politisch und wirtschaftlich zahlen."

Nichts funktioniert mehr

Ungarn hat einen riesigen Schuldenberg angehäuft. Vor allem in den letzten Jahren haben sich mehrere sozialistisch-liberale Regierungen als unfähig erwiesen, die Strukturprobleme in der Verwaltung und im Bildungs- und Gesundheitssystem zu lösen. Hinzu kommt eine innenpolitische Krise: Die Nationalkonservativen des Bundes Junger Demokraten, derzeit in der Opposition, vergiften die öffentliche Stimmung schon seit Mitte der neunziger Jahre mit ultrarechter Rhetorik. Gleichzeitig machen PolitikerInnen aller Parteien durch Korruptionsaffären von sich reden. Auch die Finanzkrise erschüttert Ungarn: Einen Staatsbankrott konnte das Land vergangenen Herbst nur durch Notkredite der EU, des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank abwenden.

Ein Klima wie geschaffen für den Aufstieg der Rechtsextremen. Die Partei Jobbik (Bewegung für ein besseres und rechteres Ungarn), die mit Abstand stärkste Rechtsaussenkraft, hat in den letzten Monaten vor allem bei Kommunalwahlen zugelegt. Im Schnitt kam sie auf zehn Prozent. Im nächsten Jahr will sie ins ungarische Parlament einziehen. "Ungarn den Ungarn!" lautet das Motto von Jobbik. Ihre Werbespots zeigen eine Faust, die auf den Tisch haut. Dazu klare Worte: "Verbrecher ins Gefängnis! Ordnung, Ruhe, Wachsamkeit!" Die Partei ist gegen die "liberale Lahme-Enten-Demokratie", gegen die "Vormacht multinationaler Konzerne", gegen die "Leere der Konsumgesellschaft" und für einen "starken, christlichen Staat" aus einem "nationalen Netz lebensstarker, kleiner Gemeinschaften".

Doch nicht Randständige gehen mit solchen Parolen hausieren. Die Mitglieder der Jobbik-Parteielite stammen fast ausschliesslich aus dem Kleinbürgertum. Sie sind Lehrerinnen, Ingenieure, Juristinnen, Beamte oder Studentinnen und pflegen das Image sauberer PatriotInnen. Sie sind VertreterInnen eines "von hysterischer Absturzangst erfassten Mittelstandes", sagt Tamas.

"Schöne Zukunft"

Budapest an einem Frühlingsnachmittag. Eine Jobbik-Veranstaltung am Rande des Parlamentsplatzes. Es spricht Krisztina Morvai, die Jobbik-Spitzenkandidatin für das Europaparlament. Die 46-jährige dreifache Mutter ist eine smarte Juristin. Sie lehrt Strafrecht an der Budapester Universität. In ihrer Rede spricht sie von "unsereins" und "ihresgleichen". Mit "ihresgleichen" meinen Ungarns AntisemitInnen die JüdInnen. "Ihresgleichen Zeit ist abgelaufen", ruft Morvai unter tosendem Beifall.

Eine Gruppe von zweihundert Uniformierten marschiert auf: schwarze Hosen und Westen, weisses Hemd, Gesichter mit Stahlgewitterblick, perfekt eingeübter Gleichschritt. Auf Befehl des Kommandanten halten sie an. "Ungarische Garde, gebs Gott!", schreit er heiser. "Schöne Zukunft!", brüllen die GardistInnen zurück. Das Echo hallt durch die Strassen.

Die Ungarische Garde, gegründet im August 2007 vom Jobbik-Chef Gabor Vona, ist ein paramilitärischer Trupp schwarzuniformierter Ordnungshüter Innen. Ganz im Gegensatz zur Jobbik-Elite kommen die Gardemitglieder vor allem aus der Schicht der Armen und schlecht Ausgebildeten. Die Gesellschaft hat immer weniger Verwendung für sie. Nahezu täglich marschieren Einheiten der Schwarzuniformierten irgendwo in Städten und Gemeinden auf, sorgen angeblich für mehr öffentliche Sicherheit und weniger "Zigeunerkriminalität".

Doch die Garde ist nur die sichtbarste Seite einer Wächtermanie im Land. Ausser der Garde gibt es zahlreiche lokale und nationale Volks- und Bürgerwehren. "Hier arbeitet eine Bürgerwache" ist neben den Ortsschildern vieler Gemeinden und Städte zu lesen. Die Volkstruppen haben den Status einer Art freiwilligen kommunalen Polizei. BürgerwächterIn zu sein ist ein Ehrenamt, man zahlt Vereinsbeiträge und darf dafür zusammen mit örtlichen PolizistInnen Streifendienst leisten. Jüngst legte die sozialistisch-liberale Regierungskoalition einen Gesetzesentwurf vor, demzufolge Bürgerwehren ihre Mitglieder mit Gummiknüppeln und Tränengasspray ausrüsten dürfen.

Unternehmer machen mit

Von einer starken Bürgerwehr träumen auch die älteren, gut gekleideten Herren in einem Villenvorort der wes t ungarischen Stadt Szekesfehervar. Sie scharwenzeln um den jungen Mann mit den unschuldigen braunen Augen herum. Sie haben begeistert geklatscht nach seinem Vortrag, zu dem JournalistInnen nicht zugelassen waren. Nun verabschieden sie den Herrn Vorsitzenden.

Die älteren Herren sind führende Unternehmer aus der Region. Der junge Mann ist Gabor Vona, der Jobbik- und Garde-Chef. Er hat sich und seine Partei präsentiert. Jetzt blickt er auf die dienernden Herren und scheint selbst überrascht, wie gut er in den besseren Kreisen ankommt. Ständig, klagt er, werde er in den "liberalen Vaterlandsverrätermedien" als "Nazi, Faschist und Extremist" beschimpft, dabei sei er allenfalls ein "Nationalradikaler".

Vona ist eigentlich Geschichtslehrer, arbeitet aber als Produktmanager für Sicherheitstechnik. Überall in und um Ungarn wittert er Kriminelle, VerräterInnen und Feinde, die das Land zerstören wollen. Parteien wie der liberale Bund Freier Demokraten, sagt er, müssten verboten werden. Vonas politisches Ideal ist ein völkisch-nationales Regime wie unter dem autoritären, anti semitischen, mit Adolf Hitler verbündeten Reichsverweser Miklos Horthy in den zwanziger und dreissiger Jahren. "Die öffentliche Empörung wächst", sagt Vona, "man will, dass endlich jemand Ordnung schafft, deshalb erhalten wir immer mehr Unterstützung."

Jenö Radetzky hat Vonas Vortrag schweigend angehört. Der Unternehmer und Chef der örtlichen Industrie- und Handelskammer hütet sich vor klaren Positionen. Er sei gegen Gewalt und auch gegen Aufmärsche der Garde, aber man müsse den Hintergrund verstehen. Der Staat schütze seine Bürger und Unternehmer nicht mehr. "Ständig wird in Firmen eingebrochen, auch in meine. Da kommt irgendwann dieser Selbstschutzreflex."

Ist die Ermordung eines Kindes Teil dieses Reflexes? Radetzky zuckt die Schultern. "In keinem einzigen Fall konnte man beweisen, dass die Garde irgendetwas mit Gewalt zu tun hatte", sagt er.

PolitikerInnen schauen weg

Das Ausmass der Akzeptanz für Jobbik und die Ungarische Garde wundert den Philosophen Tamas nicht. "Die rechtsextreme Hysterie und die Stimmungsmache gegen Roma sind eigentlich ein Aufstand des Mittelstands", sagt er. "In den ökonomisch schwachen osteuropäischen Gesellschaften ist der Staat für viele der einzige Garant eines erträglichen Lebensstandards." Aber die Ressourcen des Staates würden immer kleiner. Also müsse man seine Konkurrenten kriminalisieren und ausschalten.

Tamas denkt beim Stichwort "Konkurrenz ausschalten" allerdings eher an den sozialen Kahlschlag, der in Ungarn auf Kosten der Armen, Alten und Kranken betrieben wird, nicht an Mordaktionen gegen Roma. Warum niemand aufsteht, wenn Kinder ermordet werden, kann er nicht erklären. Er findet es einfach entsetzlich.

So wie Aladar Horvath. Der Roma aktivist und Politiker kämpft seit über zwei Jahrzehnten gegen die Diskriminierung von Roma. Alle Arbeit sei umsonst gewesen, sagt er resigniert. "Bisher hatten wir immer jemanden aufseiten der Macht, egal ob rechts oder links, der uns geholfen hat. Jetzt sind wir praktisch vogelfrei."

Vielleicht wäre das eine Erklärung für die immer grössere Brutalität der Verbrechen an Roma und die fehlende Solidarität. Daran glaubt jedenfalls eine andere Romaaktivistin: Timea Bo­rovszky, Anwältin und Leiterin der Abteilung für Chancengleichheit im Bildungs- und Kulturministerium. "Die politische Elite", sagt sie, "müsste als Ganzes aufstehen und entschlossen verkünden, dass solche rechtsextremen Verbrechen an Roma nicht geduldet werden." Stattdessen signalisiere sie in der Öffentlichkeit Desinteresse. "Das ist viel besorgniserregender als die Verbrechen an sich."

Dezsö Szabo hat viele Freunde, die Mitglieder der Ungarischen Garde sind. Er wäre selbst gern eingetreten. Seine Frau erlaube ihm das aber nicht. Ihr Mann, der sich an Gewaltakten beteiligt: Das könnte negative Folgen auch für sie und ihre Kinder haben, so Erika. Doch gegen die Arbeit der Garde an sich hat sie nichts einzuwenden. "Eigentlich ist es gut, was die Garde macht. Sie sorgt für Sicherheit. Das Einzige, wovor die Zigeuner Angst haben, ist die Garde", sagt sie.

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Historischer Wahlerfolg

Die rechtsextreme Partei Jobbik (Bewegung für ein besseres und rechteres Ungarn) kam bei den Europawahlen vergangenen Sonntag auf fünfzehn Prozent der Stimmen und kann somit drei Abgeordnete ins Europaparlament schicken. Damit ist Jobbik die drittgrösste politische Kraft im Land, nach dem nationalkonservativen Bund Junger Demokraten (Fidesz) und der Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP). Es handelt sich um den grössten Erfolg einer rechtsextremen Partei in Ungarn seit dem Ende der Diktatur 1989. Nur einmal zuvor hatten RechtsextremistInnen einen ähnlichen Wahlerfolg gehabt: 1998 erhielt die Ungarische Wahrheits- und Lebenspartei (MIEP) bei nationalen Parlamentswahlen 5,5 Prozent der Stimmen, schaffte aber 2002 die Fünfprozenthürde nicht mehr.

Laut Meinungsumfragen des ungarischen Instituts Progressziv sympathisiert jeder Zehnte mit der paramilitärischen Ungarischen Garde (vgl. Haupttext). Mehr als die Hälfte aller Befragten fürchtet sich vor "Zigeunerkriminalität", und nur fünf bis sieben Prozent glauben, dass extremistische Organisationen eine Gefahr darstellen. Laut der gleichen Umfrage halten dreissig Prozent der befragten UngarInnen Jobbik für eine extremistische Partei.

Ungarische SoziologInnen halten die sogenannte Zigeunerkriminalität für eine Erfindung. Der kürzlich veröffentlichte Jahresbericht der Generalstaatsanwaltschaft zeigt, dass die Gesamtzahl der Straftaten seit zehn Jahren zurückgeht. Die Zahl der Morde lag so niedrig wie zuletzt vor 43 Jahren. Eine Zunahme verzeichnet die Statistik jedoch bei der Jugend- und der Wirtschaftskriminalität sowie bei Betäubungsmitteldelikten und rechtsextremen Straftaten.

Ein Grossteil der Morde an Roma ist bisher nicht geklärt. Allerdings gehen die ErmittlerInnen davon aus, dass es sich bei mehreren Fällen um die gleichen TäterInnen handelt: eine kleine Gruppe, bestehend aus vier bis fünf Personen mit militärischer Erfahrung und rechtsextremem Hintergrund.

Keno Verseck

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Basler Zeitung 11.6.09

Ungarn rückt weit nach rechts aussen

Mit der Partei Jobbik etabliert sich eine klar rechtsextremistische Stimme als politische Kraft

Barbara Tóth, Wien

Der Triumph der rechtsextremen Partei Jobbik bei den EU-Wahlen könnte sich bei den nationalen Wahlen Anfang 2010 wiederholen.

Krisztina Morvais Worte lassen keinen Zweifel an ihrer rechtsextremen Gesinnung: Ihre Mission sei, dass die Ungarn nicht "Palästinenser im eigenen Land" werden dürfen. Dieses Versprechen habe ihre Partei Jobbik bei den Europawahlen erfüllt, verkündete sie stolz. Die "liberal-bolschewistischen Zionisten" sollten sich deshalb überlegen, "wohin sie fliehen und wo sie sich verstecken" wollen.

Sätze, die Ungarns Innenpolitik bald noch stärker prägen könnten. Die Jobbik-Partei, übersetzt "die Besseren", erreichte bei den Wahlen zum Europaparlament vergangenen Sonntag 14,8 Prozent der Stimmen. Damit hat sich die als rechtsextrem eingestufte, offen antisemitisch und antiziganistische Bewegung, die auch über eine Art bewaffneten Arm in Form der paramilitärischen "Ungarischen Garde" verfügt, endgültig als politische Kraft etabliert.

Grossungarisch

Ungarn rückt vor den nächsten Parlamentswahlen, die spätestens im Frühjahr 2010 stattfinden, bedenklich weit nach rechts. Die oppositionelle nationalkonservative Bürgerallianz (Fidesz) des früheren Ministerpräsidenten Viktor Orbán erhielt 56,7 Prozent der Stimmen. Die seit sieben Jahren regierenden Sozialisten wurden auf 14,7 Prozent marginalisiert. Wird Orbán, falls notwendig, nach den Parlamentswahlen mit Jobbik koalieren? Diese Frage besorgt politische Beobachter. Orbáns Verhältnis zu Jobbik ist wechselhaft. Er hatte auch schon mit den nationalistischen, grossungarischen Anliegen der Extremisten geliebäugelt, um die Stimmung im Land noch weiter gegen die regierende Linke aufzuheizen.

Wahrscheinlich ist, dass er sich nun deutlicher abgrenzen wird, um die Jobbik-Wähler auf seine Seite zu ziehen und den weiteren Aufstieg dieser Bewegung zu stoppen - wohl wissend, dass eine Koalition mit den Rechtsextremen Ungarns ohnehin angeschlagenem Image in Europa massiv schaden würde. Möglich ist auch, dass die vierte ungarische Partei im EU-Parlament, das Demokratische Forum (MDF), zum Koalitionspartner für Orbán wird. Sie erreichte 5,3 Prozent der Stimmen.

Jobbik-Vertreter lassen keinen Zweifel daran, dass die Fidesz-Partei nicht zu ihren Freunden gehört. Sie nennen "Fidesz" gerne "Zsidesz" - eine ungarische Verballhornung aus den Wörtern "zsidó" (Jude) und Fidesz. Derzeit bestraft noch kein Gesetz die Hasstiraden, weil in der neuen Verfassung nach 1989 die Meinungsfreiheit über die Menschenwürde gestellt worden ist. Inzwischen denkt die ungarische Regierung an eine Änderung der Gesetzeslage.

Antisemitismus

Mehr noch als ein Gesetz fehle die gesellschaftspolitische Aufarbeitung, meint Anton Pelinka, Professor für Politikwissenschaft und Nationalismusstudien an der Central European University in Budapest. "In Ungarn gibt es - wie in Polen oder Österreich - eine lange und spezifisch nationale Geschichte des Antisemitismus. In den Jahrzehnten kommunistischer Diktatur wurde fingiert, dass der Antisemitismus eine Frage der Vergangenheit ist. Es hat daher weder einen theoretischen Diskurs noch eine politische Beschäftigung mit dem aktuellen Antisemitismus gegeben."

Stattdessen gedeihen in Ungarn jene grossungarischen Geschichtsmythen aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, die auch Jobbik bedient und um deren Entzauberung sich in den rasanten Jahren nach der Wende niemand kümmerte - schliesslich galt es, auf anderen Gebieten aufzuholen: beim Konsum, beim Wohlstand.

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LIBANON
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Indymedia 11.6.09
http://ch.indymedia.org/de/2009/06/69737.shtml (mit Links + Fotos)

Libanon: Kurzfilm aus dem zerstörten Nahr al-Bared Camp ::

AutorIn: a-films: http://a-films.blogspot.com     

Das anarchistische Medienkollektiv a-films hat soeben einen neuen Kurzfilm ("Ein kleiner Schluck Kaffee"/26min) aus dem zerstörten Nahr al-Bared Camp im Nordlibanon veröffentlicht.     

Im Mai 2007 brach im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared im Nordlibanon der Krieg zwischen Fatah al-Islam und der libanesischen Armee aus. Er endete im September 2007. Während und nach den heftigen Kämpfen zerstörte die libanesische Armee das Camp systematisch und vollständig. Zwei Jahre nach Kriegsausbruch ist das "alte Camp", der Kernbereich Nahr al-Bareds, vom Schutt befreit. Der Wiederaufbau hat bislang noch nicht begonnen und die Flüchtlinge sind zunehmend verzweifelt.

Nicht nur hält die Armee die Menschen vom alten Camp fern, sie kontrolliert auch die Zu- und Ausgänge des umliegenden Gebietes, des "neuen Camps". Ohne gültige Bewilligung der Armee wird niemand hineingelassen. Flüchtlinge und NGOs versuchen krampfhaft, die einst robuste Wirtschaft des Camps wieder aufzubauen. Ihre Bemühungen werden aber durch die Isolation des Camps stark beeinträchtigt: Nahr al-Bared ist von den umliegenden Dörfern total abgeschnitten. Eine darbende Wirtschaft und weit verbreitete Arbeitslosigkeit sind einige der Konsequenzen der Zerstörung und Abschottung des Flüchtlingslagers durch die libanesische Armee.

Dieser 26-minütige Film begleitet einen Vater und seinen Sohn in ihrer Arbeitslosigkeit. Die zwei wohnen seit mehr als einem Jahr in Metallbaracken und warten auf die Rückkehr ins Camp. Durch die Dokumentation des Alltags der beiden Personen berührt der Film die gegenwärtig wichtigsten Sorgen der Flüchtlinge in Nahr al-Bared Camp: den ausstehenden Wiederaufbau, die katastrophale Wirtschaftslage, Arbeitslosigkeit und Verzweiflung.

Der Film kann hier (http://a-films.blogspot.com/2009/06/110609de.html#1) angeschaut und/oder heruntergeladen werden. Auf unserer Website (http://a-films.blogspot.com/search/label/fl%C3%BCchtlingslager%20nahr%20al-bared) finden sich Hintergrundberichte und weitere Videos zu Nahr al-Bared.

Bisherige Artikel auf indymedia zu Nahr al-Bared Camp:

Nahr al-Bareds isolierte Ökonomie - Juni 2009
http://linksunten.indymedia.org/en/node/7688
Wachsender Unmut in Nahr al-Bared - Mai 2009
http://linksunten.indymedia.org/de/node/7245
Wiederaufbau ohne die Betroffenen - März 2009
http://linksunten.indymedia.org/node/1151
Die Zerstörung des Flüchtlingslagers Nahr al-Bared und ihre Folgen - Februar 2009
http://linksunten.indymedia.org/node/68
Hintergründe zur Zerstörung von Nahr al-Bared - Mai 2008
http://de.indymedia.org/2008/05/216487.shtml
Armee plündert und brandschatzt - November 2007
http://de.indymedia.org/2007/11/198741.shtml
Rückkehr nach Nahr al-Bared - November 2007
http://de.indymedia.org/2007/11/198641.shtml
Ein Bericht aus Beddawi Camp - November 2007
http://de.indymedia.org/2007/11/198638.shtml

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MUMIA ABU-JAMAL
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Radio Unerhört Marburg (RUM) 10.6.09 (3:13)

Mumia Abu Jamal

Das Leben des afroamerikanischern Journalisten Mumia Abu Jamal hängt seit der Entscheidung des US Supreme Court gegen die Wiederaufnahme seines Falles am seidenen Faden. Solidarität ist angesagt.
http://www.freie-radios.net/mp3/20090610-mumiaabuja-28464.mp3

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GIPFEL-SOLI-NEWS 11.6.09
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gipfelsoli.org/Newsletter 11.6.09

11.6.2009 L'Aquila

- 6 Terror-Verdächtige vor G8-Gipfel festgenommen
- Leftist terrorist suspects arrested in Italy over plot to target G8
- Sicherheit-G8: Die 10 von Italien eingebrachten Projekte
- Oberst Gaddhafi kommt. Ciampino* und Umgebung sind militarisiert
- Justiz: Italien-Frankreich: Gemeinsame Arbeit zu illegalem Handel
- Krise, Rassismus, Repression: Merkmale der autoritären Offensive in Italien
Mehr: http://gipfelsoli.org/Newsletter/7251.html