MEDIENSPIEGEL 17.6.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Frepo-Chef vs Bettlerbanden
- Pinto-Debatte Stadtratssitzung 4.6.09
- RaBe-Info 17.6.09
- AJZ Solothurn: bald ein Haus
- Besuch in der Polizeischule Hitzkirch
- Kapo statt Bahnpolizei
- Bürgerwehr: keine Sicherheitsdirektorin in Rundschau
- Sektenalarm an der PHZH
- SVP vs Härtefallkommission ZH
- Libanon: neuer a-films-Beitrag
----------------------
REITSCHULE
----------------------
Mi 17.06.09
19.00 Uhr - SousLePont - Vietnam
Spezialitäten
Do 18.06.09
21.00 Uhr - Rössli - Monoblock B.
- Electro-Punkwave
Fr 19.06.09
21.00 Uhr - Tojo - Frauenchor der
Reitschule Konzert
22.00 Uhr - Dachstock - EAGLES OF
DEATH METAL (usa), Support: The
Come‘n Go (ch) - rrrrock!!!
Sa 20.06.09
21.00 Uhr - Tojo - Frauenchor der
Reitschule Konzert. Anschliessend Disko mit DJane Anouk Amok
22.00 Uhr - Frauenraum - DROWNING DOG
& DJ MALATESTA (Rap/Hip-Hop/Electronica, San Francisco,
USA). Support: Anna (ZH), DJ p-tess
22.00 Uhr - SousLePont - One Love Jam
mit Firefuckers (Bern, Balkan Beat), Preshow BBQ on Vorplatz, Afterparty mit DJ's
Side by Cide u.v.a.
So 21.06.09
18.00 Uhr - Rössli - Pianobar
Infos: www.reitschule.ch
--------------------------------------------------
BETTELVERBOT SEASON 2009
--------------------------------------------------
BZ 17.6.09
Berner Innenstadt
Bettlerbanden sind abgezogen
Noch vor wenigen Wochen prägten sie das Stadtbild: Bettler, zum
Teil
Kinder, mit Behinderungen. Dann rief Fremdenpolizei-Chef Alexander Ott
dazu auf, ihnen kein Geld zu geben. Offenbar mit Erfolg: Die Bettler
jedenfalls sind weg.
Beinamputierte ältere Männer oder Kinder im Rollstuhl, die um
Geld
bettelten, prägten noch vor Wochen das Bild unter Berns Lauben.
Dann
warnte der Chef der städtischen Fremdenpolizei (Frepo), Alexander
Ott,
in dieser Zeitung die Bevölkerung wörtlich: "Wer Geld gibt,
hilft nicht
den Bettlern, sondern finanziert die Banden." Und: "Wenn die Bettler
kein Geld mehr bekommen, spricht sich das herum, und Banden platzieren
ihre Opfer nicht mehr in Bern", so Ott damals.
Bevölkerung reagierte
Es scheint, dass die Passanten in der Innenstadt nach dieser Warnung
reagierten: Unter Berns Lauben sind seit einigen Tagen jedenfalls keine
Kinder und behinderten Bettler mehr anzutreffen. Diese sind
bandenmässig organisiert, wurden morgens von ihren
Hintermännern auf
der Schützenmatte abgesetzt und schwärmten von dort in die
Innenstadt
aus. Frepo-Chef Ott bestätigte gestern gegenüber dieser
Zeitung den
Eindruck, dass sich die Banden nicht mehr in Bern aufhielten.
In Bern überwacht
Bevor Alexander Ott den Aufruf an die Bevölkerung machte,
hatte er in
Bern während zweier Wochen eine Überwachungsaktion der
Bettler und
ihrer Hintermänner durchgeführt. So konnte die Frepo das
Verhalten der
Gruppen und die Abläufe genauer eruieren. Bei der Aktion wurden
ungefähr 100 Personen ins Visier genommen. Für Ott war nach
den
Überwachungen klar: "Die organisierten ausländischen
Bettlerbanden
setzen gezielt Kinder und Behinderte ein und nutzen so ein
Abhängigkeitsverhältnis, aus dem es oft kein Entrinnen gibt."
Weil sich
das Geschäft kaum mehr lohnte, zogen die Banden nun offenbar
weiter.
Die Frage ist nun, wo die Bettlerbanden, die hauptsächlich aus
Rumänien
und Bulgarien kommen, ihre Opfer nun einsetzen. "Einige haben ihr
Aktionsfeld in verschiedene in- und ausländische Städte
verlagert, etwa
nach Deutschland und Frankreich", sagt Alexander Ott. Entsprechende
Rückmeldungen seien bei der Fremdenpolizei der Stadt Bern
eingegangen.
Und: "Andere kamen auf Grund der publik gewordenen Aktion erst gar
nicht mehr nach Bern", ist der Frepo-Chef überzeugt.
Schweizweites Problem
Nicht nur in Bern, sondern in der ganzen Schweiz sind die Behörden
auf
das Problem aufmerksam geworden. Alexander Ott hat mit der Stadt Bern,
den rumänischen Behörden und dem Bundesamt für Polizei
das Pilotprojekt
"Agora" lanciert. "Damit wollen wir die Reisewege der Bettler
nachverfolgen und so an die Hintermänner herankommen",
erklärt Ott.
Ziel dieses Pilotprojektes sei es, die Zusammenarbeit der involvierten
Behörden und Partner verstärkt zu vernetzen und ganzheitliche
Koordinationsmassnahmen in die Tat umzusetzen, sagte Ott. Nach seinen
Angaben hat die Aktion "Agora" bei der Fremdenpolizei der Stadt Bern
gerade für die kommende Sommerzeit entsprechend hohe
Priorität. "Auf
Grund der aufwändigen Abklärungen und Recherchen sind wir
dabei auf die
Zusammenarbeit aller involvierten Stellen angewiesen", betont er.
Stadtrat für Massnahmen
Jetzt hat Fremdenpolizei-Chef Ott Unterstützung vom Stadtparlament
bekommen: Am letzten Donnerstag hat der Stadtrat mit 50 zu 7 Stimmen
einem Vorstoss der FDP zugestimmt. Mit dieser Motion sollen Massnahmen
zur Bekämpfung der organisierten Bettelei in Bern ergriffen werden
(siehe Kasten).
Was will Ott unternehmen, wenn die Bettler zu einem späteren
Zeitpunkt
nach Bern zurückkehren? "Wir werden die Situation laufend genau
beobachten. Sollten sich wiederum ausländische Bettelnde in die
Stadt
Bern begeben, werden wir entsprechend reagieren", kündete er
gestern
an. Und wie genau soll dies geschehen? "Einmal mehr gilt es, an die
Bevölkerung zu appellieren, den Bettelnden kein Geld zu geben,
denn
dabei unterstützen sie nicht die Hilfsbedürftigen, sondern
ihre
Hintermänner und deren Organisationen", so Ott.
Jürg Spori
--
Fremdenpolizei
Mehr Personal
Der Stadtrat überwies vor einer Woche einen Vorstoss, der
Massnahmen
gegen den Menschenhandel und -schmuggel fordert. Die Berner Regierung
hat bereits 2008 eine zusätzliche Stelle für die
Fremdenpolizei
bewilligt. Im Budget 2010 ist eine weitere Aufstockung um zwei Stellen
vorgesehen. Sofern das Parlament zustimmt, können sie ab 2010
besetzt
werden.
cab
------------------------------
PINTO-DEBATTE
------------------------------
Stadtrats-Sitzung 4.6.09
14 Prävention, Intervention und Toleranz PINTO; Bericht
Geschäftsnummer 04.000404 / 09/099
Pinto-Bericht:
http://bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/04.000404/gdbDownload
Gemeinderatsantrag
Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, den Bericht PINTO zustimmend
zur Kenntnis zu nehmen.
Bern, 1. April 2009
Antrag Fraktion GB/JA!
PINTO soll 2011, also nach weiteren zwei Jahren Arbeit, einen zweiten
Tätigkeitsbericht zu-handen des Stadtrats verfassen.
SBK-Referentin Lea Bill (JA!): Mit dem vorliegenden Bericht ist der
Gemeinderat dem Auftrag gefolgt, der ihm der Stadtrat 2007 gestellt
hat, nämlich nach 2 Jahren nach der definitiven Einführung
von PINTO
einen Tätigkeitsbericht abzugeben. Der vorliegende Bericht geht
auf
verschiedene organisatorische Aspekte ein. PINTO hat mittlerweile alle
zur Verfügung gestell-ten Stellenprozent ausgeschöpft, das
war beim
Verfassen des Berichts noch nicht der Fall. Der Bericht geht kurz auf
die Haupttätigkeit von PINTO, auf die Präsenz in der
Innenstadt, ein.
In diesem Zusammenhang werden v.a. die sozialmedizinischen sowie die
ordnungs-dienstlichen Interventionen von PINTO in der Innenstadt
umschrieben und in Grafiken darge-stellt. Weiter geht der Bericht auf
spezielle Tätigkeitsfelder ein, die nicht in der Kernkompe-tenz
von
PINTO stehen. Es wird aufgezeigt, inwiefern PINTO beim Botellòn
aktiv
war und welche Aktionen PINTO auf der Grossen Schanze im Bereich
Alkoholprävention insbesondere bei Jugendlichen durchgeführt
hat. Die
Zusammenarbeit von PINTO mit anderen Organisatio-nen, die sich im
öffentlichen Raum oder im Drogen- und Alkoholbereich engagieren,
wird
im Bericht erwähnt. Im Fazit zieht PINTO eine durchwegs positive
Bilanz. PINTO habe sich als wichtiges niederschwelliges Sozial- und
Sicherheitsangebot im öffentlichen Raum etabliert, und die
Gratwanderung zwischen Hilfe und Verbindlichkeit sei gut bewältigt
worden. In der Diskussion in der Kommission ist die positive Bilanz
relativiert worden, da die Verantwortli-chen von PINTO darauf
hingewiesen haben, dass die Ausweitung der Aufgabenfelder - z.B. dass
PINTO aktiv gegen Littering vorgeht und auch vermehrt in den
Aussenquartieren präsent ist -, nicht nur positiv ist. Nach
Aussagen
von PINTO führt die Ausweitung dazu, dass immer wieder darum
gekämpft
werden muss, damit genug Zeit für die Haupttätigkeit, also
die Prä-senz
in der Innenstadt, übrig bleibt. Die Mehrheit der SBK ist mit dem
vorliegenden Bericht zufrieden und beantragt dem Stadtrat mit 8
Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 1 Enthaltung den Bericht zustimmend zur
Kenntnis zu nehmen.
Fraktionserklärungen
Martin Trachsel (EVP) für die GFL/EVP-Fraktion: PINTO hat sich als
Projekt entwickelt. Schauen wir zurück, so ist die Begründung
von PINTO
alles andere als klar gewesen. Die Fraktion GFL/EVP hat sich bereits
beim Entstehen stark gemacht. Mit knapper Mehrheit konn-te das Projekt
gestartet werden. Das Pilotprojekt haben wir 2007 zur
Weiterführung
bestätigt. Heute nehmen wir einen neuen Tätigkeitsbericht zur
Kenntnis.
Ich gehe davon aus, dass für den Bericht kein externer Auftrag
einer
Fachhochschule erteilt worden ist und die inhaltlichen Angaben auf
interne Auswertungen und Statistiken beruhen. Aus dem vorliegenden
Bericht lässt sich im Vergleich zum Detailkonzept von 2005 und der
Evaluation von 2006 die Umset-zung und Anpassung ablesen. Was bisher
vage als Ziel formuliert war, wird heute mit konkre-ten
Umsetzungsbeispielen positiv beschrieben. Das zeigt die Akzeptanz von
PINTO. Was wir aus den Statistiken und exemplarischen Tätigkeiten
und
Aktionen lesen, ist das, was wir uns bereits 2005 vorgestellt haben. Es
sind die konkreten Interventionen und Konfliktbearbeitun-gen auf der
Gasse. PINTO hat sich zu einer kompetenten Anlaufstelle mit Wissen und
Erfah-rungen entwickelt. Dass PINTO ihre Kompetenz an Multiplikatoren
wie dem Gaskessel oder an Bahnhofpaten und bei den entstandenen
Problematiken am Ostring weitergibt, ist viel ver-sprechend. Dass PINTO
auch beim Botellòn den Lead innehatte, zeigt, dass PINTO in der
Stadt
anerkannt ist. PINTO zeigt sich flexibel und passt sich aktuellen Lagen
an. Ob es ein Besäufnis ist oder ob der Winter den Obdachlosen
nach dem
Leben trachtet, PINTO ist bereit auch in einer Nachtpatrouille
unterwegs zu sein, Präsenz zu markieren und Hilfe anzubieten. Die
breite Vernetzung innerhalb der Stadt, der Polizei und sozialen und
privaten Institutionen finden wir sehr positiv. PINTO ist als neuer
Player dazu gestossen. Viele Freiwillige engagie-ren sich seit
Jahrzehnten in diesen verschiedenen Bereichen. PINTO ist nicht ein
verlängerter Arm der Polizei, sondern hat sich zu einer
eigenständigen
lösungs- und kompetenzorientier-ten Truppe auf der Gasse
entwickelt.
Der Bericht ist sehr positiv ausgefallen. Wir vermissen eine kritische
Würdigung problemati-scher Themenfelder. PINTO ist wichtig
für die
Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in der Stadt. Seit wir
keine
Stadtpolizei mehr haben, erhält PINTO aus Sicht unserer Fraktion
zusätzlich eine wichtige Rolle. Für unsere Fraktion war es
bei der
letzten Budgetdebatte un-verständlich, warum ausgerechnet die
Stellen
bei PINTO gestrichen wurden. Der Gemeinde-rat muss sich überlegen,
ob
die sich gut entwickelte Arbeit von PINTO nicht ausgebaut und
allenfalls der Perimeter auf neuralgische Punkte in den Quartieren
ausgeweitet werden sollte. PINTO ist präsent. Das kleine Team kann
keine Wunder bewirken. Der Gemeinderat ist aus unserer Sicht
angehalten, sich die Strategie zu überdenken. Wir Stadträte
werden
gefordert sein, für Sicherheit und Ordnung Finanzen zu bewilligen.
Die
Fraktion GFL/EVP nimmt den Bericht zustimmend zur Kenntnis. Wir danken
den Mitarbeitenden von PINTO für ihre Arbeit. Der geforderte
Antrag in
der Traktandenliste auf Weiterführung ist insofern obsolet, als
dass
die Weiterführung im Bericht gar nicht gefordert wird. Es geht
hier
nicht um die Weiterexistenz von PINTO. Dem Antrag von GB/JA! stimmen
wir zu.
Beat Zobrist (SP) für die SP/JUSO-Fraktion: Wir danken für
den neusten
Tätigkeitsbericht. PINTO leistet mit 5,8 Stellen sehr viel Arbeit.
PINTO gibt es seit 6 Jahren. Der Stadtrat sollte wissen, was PINTO
macht und was nicht. Wir brauchen keine aufwändigen
Rechenschaftsbe-richte mehr. Wenn man das bei der Stadtverwaltung
ebenso machen würde, würde das 500 Tätigkeitsberichte
pro Team von 5,5
Personen geben. Wenn 5-6 Polizisten einen Rechen-schaftsbericht abgeben
müssten, wären das 100 Berichte mehr. Wieso wendet man bei
PINTO einen
völlig anderen Massstab an als bei allen anderen Mitarbeitern der
Verwaltung? Die SP/JUSO-Fraktion ist der Meinung, dass PINTO diese Zeit
besser für die Präsenz auf der Strasse nutzen kann. Die
ausgewiesenen
5380 Stunden Präsenz auf der Strasse im öffentli-chen Raum
ergeben pro
Tag 14 Stunden. Da es immer Zweierpatrouillen sind, sind das noch 7
Stunden innerhalb von 24 Stunden. PINTO kann pro Tag also nicht mehr
als 7 Stunden mit einer Zweierpatrouille präsent sein. Die
Statistik
weist 4700 soziale und medizinische und 5000 ordnungsdienstliche
Interventionen auf. Das ergibt 4 Interventionen pro Stunde pro
Zweierteam. Hat jemand etwas gegen medizinische oder
ordnungsdienstliche Interventionen hier im Saal? Hoffentlich nicht, in
einer Zeit, in der die einen mehr Polizei, die anderen lieber Bobbies
wollen, in der immer mehr private Bewachungsfirmen angestellt werden.
Die einen wollen Videoüberwachung, die anderen nicht. Die
Aktivitäten
von PINTO im öffentlichen Raum dürften daher nur willkommen
sein. Wenn
ich lese, an wie vielen Projekten und Aktionen PINTO noch teilgenommen
hat, scheint das beinahe übermenschlich zu sein. PINTO kann nichts
dafür, dass TOJ in der Innenstadt nicht präsent ist. Sie
müssen diese
nicht ersetzen. Die Mitarbeiter sollen besser Sorge zu ihren
Kräften
tragen. PINTO leistet mit den 5,8 Stellen sehr viel fürs
Zusammenleben
im öffentlichen Raum unserer Stadt. Ein Ausbau wäre sinnvoll,
ohne sich
aber zu fest zu verzetteln. Sie sollen auf der Strasse präsent
sein und
nicht noch in diversen Projekten. Die Schwelle für Interventionen
ist
bei PINTO tief. Das ist gut. Sie inter-venieren viel. Unsere Fraktion
will keine aufwändigen Berichte mehr. Für die
Verwaltungskon-trolle hat
der Stadtrat Kommissionen und ein Produktebudget. Wir danken dem
PINTO-Team für seine Arbeit.
Lea Bill (JA!) für die GB/JA!-Fraktion: Der vorliegende Bericht
ist
sehr kurz und geht nur sehr begrenzt auf die Kernaufgaben von PINTO
ein. Zudem ziehen in diesem Bericht die Verant-wortlichen von PINTO
eine durchwegs positive Bilanz, was unsere Fraktion skeptisch stimmt.
PINTO hat ordnungsdienstliche und sozialmedizinische Aufgaben. Diese
Situation hat unsere Fraktion bereits in früheren Jahren
kritisiert.
Zudem bewegt sich PINTO in einem politischen Bereich, konkret im
öffentlichen Raum im Bereich Drogen- und Sozialpolitik, wo
Probleme
nicht von einem Tag auf den anderen gelöst werden. Konflikte sind
in
Bezug auf diesen As-pekt vorprogrammiert. In den letzten Jahren ist das
Aufgabengebiet von PINTO sukzessive erweitert worden, so dass es klar
ist, dass sich PINTO nicht mehr um die einzelnen Teilauf-gaben
kümmern
kann, wie noch vor zwei bis drei Jahren. Was Martin Trachsel als
flexibel bezeichnet, kann schnell zu einem Stolperstein werden. Es ist
befremdend, wenn PINTO in seinem Bericht mit keinem Wort
allfällige
Konflikte erwähnt. Das ist nur so zu erklären, dass PINTO
entweder ein
Wundermittel gefunden hat, das noch niemandem bekannt ist oder nur die
positive Seite seiner Arbeit beleuchtet. Sollte letzteres zutreffen,
ist das aus unserer Sicht zu bedauern. Es ist nur möglich,
Verbesserungen zu erreichen, wenn klar ist, wo Konflikte stattfinden.
Das sollte im Sinne von PINTO und den Verantwortlichen sein. Die
Aktivitäten bei den Kernaufgaben sind im Bericht nur sehr kurz
erwähnt.
Die Informationen stützen sich in erster Linie auf die zwei
Grafiken,
welche die Interventionen von PINTO darlegen. In Bezug auf diese
Interventionen ist aus unserer Sicht nicht klar, was genau unter
Interventionen zu verstehen ist. Es geht nicht darum, ob man für
oder
gegen die Interventionen ist, sondern es geht grundsätzlich um
klare
Definitionen. Was heisst es, wenn PINTO eine Intervention im Bereich
Wohnen macht? Heisst das, dass PINTO-Mitarbeitende eine Person darauf
aufmerk-sam machen, wo sie sich nach Wohnungsangeboten erkundigen kann?
Oder heisst das, dass diese Person wirklich dank PINTO definitiv eine
Wohnung gefunden hat? Die Tatsache, dass PINTO diese Fragen in der
Kommission sehr ausführlich beantworten konnte, führt zur
Frage, wieso
PINTO diese Informationen nicht von Anfang an in den Bericht integriert
hat. In eine ähnliche Richtung geht die Kritik unserer Fraktion zu
den
Darlegungen der exemplarischen Tätigkeiten von PINTO. Es ist nicht
klar, nach welchen Kriterien die exemplarischen Tätigkei-ten in
den
Bericht integriert worden sind, welche anderen Tätigkeiten es
gegeben
hat und wieso diese im Bericht nicht integriert worden sind. Unsere
Fraktion findet den Bericht ziem-lich knapp. Ein ausführlicher
Bericht
wäre wünschenswert gewesen, da der Gemeinderat im
Zusammenhang mit den
Aktivitäten im öffentlichen Raum und in der Drogenpolitik
immer wie-der
Vorschläge mit dem Verweis auf die Aktivitäten von PINTO
ablehnt.
Denken wir da an die aufsuchende Jugendarbeit, die abgelehnt worden
ist, weil der Gemeinderat sagte, dass PINTO dort bereits aktiv sei. Aus
diesem Grund stellen wir den Antrag, dass PINTO nach wei-teren zwei
Jahren erneut einen Tätigkeitsbericht verfassen soll. Damit wird
PINTO
die Mög-lichkeit gegeben, ausführlich über die
Aktivitäten zu
informieren und insbesondere darzule-gen, was PINTO genau unter
Präsenz
in der Innenstadt versteht, wo sich Konflikte ergeben und wie diese
Konflikte gelöst oder besser gehandhabt werden könnten. So
hat der
Stadtrat die Möglichkeit, frühzeitig notwendige
Veränderungen
einzuleiten.
Simon Glauser (SVP) für die SVPplus-Fraktion: Wir haben es hier
erneut
mit einer Zauber-gruppe von Edith Olibet zu tun. PINTO macht
Übermenschliches. PINTO schaut, dass die Drogenszene bei der
Reitschule
nicht zu gross wird, schaut, dass die Randständigen während
der EURO 08
nicht an den Rand gedrängt werden. PINTO schaut, dass im Winter
die
Ob-dachlosen nicht erfrieren, PINTO macht alles und das mit 5,8
Stellenprozent. PINTO hat aber nicht mehr geschafft als einen mickrigen
9-seitigen Bericht, in welchem ausser "PINTO ist präsent" nichts
drinsteht - das ist eine Frechheit. Vielleicht steht noch drin, dass
sie 33 mal jemandem gesagt haben, er solle nicht an den Boden pinkeln
und 62 Personen aufgefordert haben, ihren Hund an die Leine zu nehmen
und 847 mal irgendwo ein Papier vom Boden auf-gelesen haben und 42
Personen 5 Franken gegeben haben, mit der Aufforderung, nicht zu
betteln. Bereits als wir über die Weiterführung von PINTO
sprachen,
haben wir aussagekräfti-ges Zahlenmaterial angefordert. Zahlen,
die
aussagen können, ob sich die Szenenbildung vergrössert oder
verkleinert
hat, ob in der Szene vor der Heiliggeistkirche 15-20 Personen sind oder
10, was mit den restlichen Personen geschehen ist, ob sie gestorben
sind, ob sie zurück in den Arbeitsmarkt gekommen sind. Solche
Zahlen
interessieren uns. Der Gipfel der Frechheit ist, dass im Ausblick
für
das Jahr 2009 steht, dass man die Präsenzzeit im
öffentli-chen Raum in
den Vordergrund stellt und darum die Einsatzerfassung vereinfachen und
Pro-jektdokumentation auf ein Minimum reduzieren will. Das heisst
nichts anderes, als dass man in Zukunft machen kann, was man will, ohne
darüber Rechenschaft ablegen und am Schluss einen Bericht
verfassen zu
müssen. Wir werden den Antrag der GB/JA!-Fraktion
unterstützen. Wir
fordern einen weiteren Bericht in zwei Jahren und hoffen, dass er
ausführlicher ausfallen wird.
Letzten Dienstag bin ich in der Zeughausgasse erschrocken. Ich ging
hinter zwei Personen her, die auf dem Trottoir schlurften, einen
Plastiksack in den Händen hielten und die orange PINTO-Weste
trugen.
Ich dachte, verreckter Siech, jetzt haben irgendwelche Junkies diesen
PINTO-Mitarbeitern noch...
Ueli Haudenschild Stadtratspräsident: Bitte korrigieren Sie die
Wortwahl.
Simon Glauser (SVP): Ich dachte, ja verrückt, jetzt haben
irgendwelche
Randständige oder Junkies diesen PINTO-Mitarbeitern die Jacken
gestohlen, habe nachher aber gesehen, dass das selber PINTO-Mitarbeiter
waren, die durch die Gassen schlurften. Für mich war das nicht
unbedingt die Präsenz und das Auftreten, so wie ich es mir
vorstelle.
PINTO-Mitarbeiter soll-ten nicht selber wie Randständige oder
Junkies
aussehen. Sie sollten ein anderes Image ver-körpern. Den Antrag
von
GB/JA! werden wir unterstützen. Sie werden nicht erstaunt sein,
wenn
die SVPplus-Fraktion den Bericht ablehnend zur Kenntnis nimmt.
Pascal Rub (FDP) für die FDP-Fraktion: Die FDP dankt für den
vorliegenden Bericht. Er ist für BSS-Verhältnisse relativ
kurz und
prägnant. Wir sind froh, dass es auch so geht. Wir staunen
über die SP,
die sonst nie zurücksteht, wenn es darum geht, weitere Berichte
und
Konzepte zu verlangen, dass sie hier keine mehr will. Wir nehmen auch
das freudig zur Kenntnis. PINTO hat sich etabliert und einen festen
Platz gefunden. Es ist uns wichtig, dass PINTO nur dort eingesetzt
wird, wo es wirklich das beste Mittel ist. Es darf nicht sein, dass
PINTO als Abfallpolizei missbraucht wird. Es darf nicht sein, dass
PINTO Aufgaben erledigt, die günsti-ger durch die Securitas
erledigt
wird. Die Securitas ist bekanntlich deutlich günstiger. PINTO ist
ferner kein Ersatz für mehr Polizei, was die FPD in ihrer
eingereichten
Initiative nachdrück-lich fordert. PINTO ist kein
Allerweltsheilmittel.
PINTO muss auch in Zukunft besser schauen, dass sie ihre Zeit draussen
auf der Strasse verbringt und nicht in der Administration. Ich bin
zuversichtlich, dass das gelingt. Wir brauchen sicher keine weiteren
Berichte. Es ist an der Zeit PINTO als normale Dienststelle ins Budget
und in den Jahresbericht aufzunehmen. Dort haben wir die
Möglichkeiten,
die wir brauchen, um das zu kontrollieren. Die FDP nimmt den Bericht
zustimmend zur Kenntnis und fordert keine weiteren zusätzlichen
Berichte.
Michael Köpfli (GLP) für die GLP-Fraktion: Ich schliesse mich
den
Aussagen der GFL/EVP-Fraktion und von Beat Zobrist der SP an. Wir
finden PINTO eine wichtige Institution in der Stadt Bern, weil sie
Aufgaben wahrnimmt, die die Securitas, die Polizei oder reine
Sozialar-beiter so nicht wahrnehmen können. Ich finde es sehr
bezeichnend, dass sich eine unheilige Allianz von rechts aussen und
links aussen gebildet hat. Es geht nämlich nicht um einen neuen
Bericht, sonst müsste jede Stelle der Stadt Bern alle zwei Jahre
einen
Bericht abliefern. Es geht um etwas ganz anderes. PINTO ist, wie es der
Name sagt, Prävention, Intervention und Toleranz. GB/JA! ist gegen
die
Intervention dieses Teils. Die SVP ist grösstenteils gegen die
Prävention und die Toleranz. Man stellt PINTO generell in Frage.
Es
geht nicht darum, dass dieser Bericht einzelne Lücken füllt.
Darum sind
wir gegen diesen Bericht, wir sind gegen Verwaltungsbeschäftigung.
PINTO soll seine Kernaufgabe auf der Strasse wahrnehmen.
Einzelvotum
Rolf Zbinden (PdA): "PINTO kombiniert aufsuchende Sozialarbeit mit
ordnungsdienstlichen Aufgaben". Wer Sozialarbeit und Ordnungsdienst
partout verbinden will, hat an PINTO seine Freude, wem diese
Vermischung von unterschiedlichen sozialen Rollen und Haltungen
prob-lematisch erscheint, wird nicht darum herum kommen, diesem Spross
aus einer breiten politi-schen Verbrüderung von neuem immer wieder
die
Anerkennung zu verweigern. So einfach ist diese Sache und so langweilig
hört sie sich schon lange an. Auch der vorliegende Bericht des
Gemeinderats wird daran nicht viel ändern können.
Erwähnenswert scheint
uns immerhin eine deutliche Entwicklung im Verlauf der vergangenen
Jahre. PINTO hat sich zuerst auf Samtpfo-ten eingeschlichen, ist dann
im Selbstbewusstsein und instrumentell ordnungsdienstlich
auf-gerüstet
worden, um sich schliesslich zu einer Drehscheibe zwischen Erfassung,
Kontrolle und Auswertung zu mausern. So kann es nicht erstaunen, dass
der Gemeinderat eine stolze Liste von exemplarischen Tätigkeiten
und
Aktionen zusammengestellt hat; von ambulanter Vermittlungs- und
Rückführungsaktionen über die Begleitung der
Bahnhofspaten bis zu
Litte-ringaktionen. Bis in jeden einzelnen Satz lässt sich der
Chamäleoncharakter nachweisen, der es dem Gemeinderat so angetan
hat,
weil er es ihm ermöglicht, es allen recht zu machen. Der Erfolg
gibt
dem Gemeinderat bisher Recht. Rechts bedankt man sich für die
zusätzlichen Ordnungstruppen, während sich die rot-grüne
Mitte auf die
zweite Silbe eingestimmt hat. Wie schön tolerant kann Ruhe und
Ordnung
daherkommen! Ausgeblendet wird dabei, dass es zur Rechtssicherheit
gehört, zu wissen, von wem ich genau was zu erwarten habe, von
welcher
Institution ich was zu gewärtigen habe. Ich werde wohl von einem
Mitglied von Police Bern nicht das gleiche Angebot erwarten wie von
einer Sozialarbeiterin. Für den Gemeinderat sind solche
Differenzen
Peanuts. So lesen wir im Bericht des Gemeinderats: "PINTO kann
Rand-ständigen Menschen konkrete Hilfe bieten. (...) PINTO
entlastet
und ergänzt die Polizei". Die Polizei wird es freuen. Welchen
Dienst
erweisen diese Vermischungen von Aufgaben und Rollen der
professionellen Sozialarbeit? "PINTO ist ein wichtiges und
niederschwelliges Sozi-al- und Sicherheitsangebot." Bereits der
Zusammenzug der beiden Begriffe lässt erschauern. Morgen soll
Sozial-
und Sicherheitsdienst leicht über die Lippen gehen und - wenn
Träume
wahr werden - übermorgen Sozial- und Sicherheitsdirektion. In der
frühen Neuzeit nannte man das Armenpolizei. Nachfolgende Zeiten
haben
gewisse Sensibilität für die Differenzie-rung der Aufgaben
aufgebracht.
In diesem Sinn müssen wir bei PINTO von einem histori-schen
Rückschritt
sprechen. Diesen Rückschritt lassen wir uns auch durch die
Jahrzehnte
an Hochschulbildung nicht schmackhaft machen, die im PINTO-Team laut
Bericht aufläuft. Pro-fessionalität einer Institution ist
nicht in
erster Linie eine Frage der versammelten Diplome. Professionalität
definiert sich vielmehr über die Transparenz der Aufgabenstruktur
und
der Kohärenz der auszuführenden Rollen. Unter diesem
Blickwinkel ist
PINTO eine veritable Wundertüte. "PINTO ist flexibel und kann
kurzfristig für neue Aufgaben eingesetzt werden". Die PdA Bern
kann gut
auf solche Überraschungseier verzichten. Es sind solche
Sätze, die uns
in unserer Ablehnung von PINTO bestärken. Wir haben unsere
Ablehnung
und unsere Gründe von Anfang an immer kommuniziert. Der Bericht
des
Gemeinderates bestätigt unsere Einschätzung und unsere
Befürchtungen.
Das nehmen wir gerne zur Kenntnis, ohne dem Be-richt zuzustimmen.
Beschluss
1. Der Stadtrat nimmt den Bericht zustimmend zur Kenntnis (42 Ja, 15
Nein, 5 Enthaltun-gen).
2. Der Stadtrat lehnt den Antrag GB/JA! ab (24 Ja, 34 Nein, 3
Enthaltungen).
----------------------------------
RABE-INFO 17.6.09
----------------------------------
RaBe- Info 17. Juni
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-06-17-53459.mp3
- Iranische Studenten protestieren vor der UNO in Genf
- Feministische Antwort auf die Wirtschaftskrise heisst Care
Ökonomie
- Arbeit der Schweizerische Flüchtlingshilfe wird durch das Gesetz
erschwert
------------------------------
AJZ SOLOTHURN
------------------------------
Solothurner Tagblatt 17.6.09
AJZ in der Drogenanlaufstelle?
Die ehemalige Drogenanlaufstelle an der Dornacherstrasse steht leer.
Mehrere Nutzungen stehen zur Diskussion.
Noch bis vor kurzem befand sich in der Liegenschaft an der
Dornacherstrasse 10 die Drogenanlaufstelle. Seit diese Anfang Mai in
den "Adler" umgezogen ist, steht das Haus leer. Verriegelt und
verschlossen.
Das soll sich aber bald wieder ändern, sagt der Leiter des
sozialen
Dienstes der Stadt Solothurn, Urs Bentz. Zwei mögliche Nutzungen
stehen
für die Stadt als Eigentümerin dieser Liegenschaft im
Vordergrund.
Entweder als Wohnraum für Asylbewerber oder als Treffpunkt
für die
Schüler der Vorstadt. Diese Umnutzungen würden keine grossen
Kosten
verursachen.
Ebenfalls diskutiert wurde darüber, aus der Liegenschaft ein
autonomes
Jugendzentrum (AJZ) zu machen. Ein Vorhaben, welches auch in der
städtischen Politik offenbar auf breite Unterstützung
zählen kann (wir
berichteten).
AJZ nicht prioritär
Laut Bentz hat jene Nutzung nicht mehr Priorität. "Ein
alternatives
Jugendzentrum ist ein regionales Bedürfnis, kein städtisches.
Bei den
anderen beiden Projektideen handelt es sich um rein städtische
Anliegen." So ist die Stadt zum Beispiel von Gesetzes wegen
verpflichtet, Wohnraum für Asylbewerber zur Verfügung zu
stellen, ein
Schülertreff in der Vorstadt wäre für das Quartier
sicherlich ein
wünschbarer Pluspunkt, meint Bentz.
Gemeinsam mit Repla?
Wie wäre es aber, wenn die Regionalplanungsgruppe (Repla) wegen
des AJZ
auf die Stadt zukommen würde? "Das würde die Sache
natürlich
verändern", sagt Bentz. "Wir würden es begrüssen, wenn
man in der
Region ein AJZ einrichten könnte, das muss aber nicht unbedingt in
der
Stadt Solothurn sein."
Ein autonomes Jugendzentrum wurde als Anliegen bis heute noch nie an
die Repla herangetragen , sagt Repla-Präsident Johannes Friedli.
"Wenn
die Stadt und die Agglomerationsgemeinden dieses Anliegen aufnehmen
wollen, würde die Repla ein AJZ sicherlich unterstützen."
Genaueres
könne man aber zur Zeit noch nicht sagen.
Von kurzer Dauer?
An der Dornacherstrasse stehen, vom China Restaurant Fu-Lin bis zu den
Lichtsignalen vis-à-vis der Helvetia, vornehmlich ältere
Häuser. Es sei
nicht auszuschliessen, dass in diesem Bereich dereinst ein Bauprojekt
im Stile von Perron 1 erstellt wird, meint Urs Bentz. Auch die
fragliche Liegenschaft der Stadt bezeichnet er als "Abbruchobjekt".
Folglich sollte man eher vorsichtig sein, wenn man langfristige
Pläne
mit jenem Gebäude schmiedet, so Bentz.
rah
----------------------------
POLIZEISCHULE
----------------------------
Bund 17.6.09
Üben für die wirkliche Welt
An der Polizeischule Hitzkirch holen sich Aspiranten das Rüstzeug
für
den Polizeiberuf - auch das Prinzip der Verhältnismässigkeit
Bei Demonstrationen, bei der Verbrecherjagd oder bei
Zwangsausschaffungen - von Polizisten wird verhältnismässiges
Handeln
erwartet. Wie sich künftige Polizisten dieses Prinzip aneignen,
zeigt
ein Besuch an der Polizeischule im luzernischen Hitzkirch.
Anita Bachmann
Wenn am helllichten Tag ein Schwarzer von Polizisten
überwältigt wird,
die Gesetzeshüter sich nachts eine wilde Verfolgungsjagd im
Streifenwagen liefern oder aus der Dienstwaffe gar ein Schuss
fällt,
tauchen kritische Fragen auf. War der Einsatz übertrieben?
Wäre die
Situation zu meistern gewesen, ohne dass mutmassliche Täter und
die
Polizisten Kopf und Kragen riskierten? Das - oft zitierte - Prinzip der
Verhältnismässigkeit steht bei der Polizei ganz weit oben.
"Bei der
Polizei ist kein Bereich derart unter Kontrolle wie die Frage der
Verhältnismässigkeit", sagt Ursula Stauffer, Sprecherin der
Kantonspolizei Bern. Doch die Wahl des geeigneten und notwendigen
Mittels, dessen Wirkung und Zweck im Einklang stehen, scheint nicht
einfach zu sein. "Die Gratwanderung des Polizisten": Unter diesem Titel
referierte zum Beispiel Alt-Bundesrat Christoph Blocher als
Polizeiminister im Herbst 2007 bei der Eröffnung der
Interkantonalen
Polizeischule Hitzkirch (IPH Hitzkirch). Blocher beschrieb damals den
Spagat zwischen der Durchsetzung des Gewaltmonopols und der Rolle des
Polizisten als Freund und Helfer.
"Schiessen: Nur im Notfall"
An der IPH Hitzkirch im malerischen Luzerner Seetal befindet sich einer
der modernsten Schiesskeller der Schweiz. Sechs Aspiranten, zwei
Aspirantinnen und ein Ausbildner üben an diesem Vormittag zum
Thema
angewandtes Schiessen. Ziel: 80 Prozent Treffer. Einbruchdiebstahl,
Banküberfall und Amoklauf zählen die angehenden Polizisten
für den
möglichen Einsatz einer Maschinenpistole auf. "Sie lernen sehr
zurückhaltend zu schiessen, nur im absoluten Notfall",
erklärt Roland
Steiner, Fachgruppenleiter Berufliche Grundlagen an der IPH Hitzkirch.
"Wenn es sein muss", so Steiner, "dann müssen sie aber treffen."
Zur
Sicherheit schiessen die Schüler auf Kommando des Ausbildners:
"drei
Schüsse auf die Zielscheibe links oben". Eine Aspirantin wischt
sich
die schweissige Hand an ihren Polizeihosen ab und führt sie gerade
rechtzeitig wieder an den Abzug. "Feuer frei", befiehlt der Ausbildner.
"Im Schiessstand ist es einfach", sagt Steiner auf dem Weg in die
Arbeitszone. "Auf dem Übungsgelände können wir die
Schüler an
realitätsnahe Situationen heranbringen." Sie müssen
üben, in einer
gewissen Hektik, in einer fremden Umgebung und in einer Situation mit
unbestimmtem Ausgang Entscheidungen zu treffen. "Das läuft in
jedem
Polizisten einzeln ab", sagt er. Im Zweifelsfall gelte immer: Nicht
schiessen. Und in den meisten Übungsstellungen dürften die
Polizisten
sowieso nicht schiessen.
Grenzt schnell an Eigenschutz
"Ab hier keine scharfen Waffen mehr", gebietet ein Plakat. Geschossen
wird mit Seife, auf deren Packung im Lager sinnigerweise steht:
"Training for the real world" - Übung für die wirkliche Welt.
Herzstück
der Übungsgelände ist das "Dörfli": Eine Bank, eine
Tankstelle, zwei
Einfamilienhäuser und ein Mehrfamilienhaus dienen als Kulisse
für
nachgestellte Überfälle, häusliche Gewalt oder ein
Tötungsdelikt. Geübt
wird nebst Polizei- und Kriminaltaktik auch die
Verhältnismässigkeit.
Während 300 bis 350 Stunden üben die Schüler das
Verhalten im
polizeilichen Alltag. "Bei all diesen Übungen ist das Gebot der
Verhältnismässigkeit ein wichtiger Bestandteil. Wir legen
deshalb Wert
darauf, weil wir wissen, dass es sehr schwierig ist, in einem Einsatz
innerhalb von Sekunden die richtige Entscheidung zu treffen", sagt
Steiner. Die Grenze zwischen sich selber schützen und
verhältnismässig
handeln sei fliessend. Wenn ein Polizist bei der Zustellung einer
Gerichtsurkunde ins Wohnzimmer gehe und in eine Pistolenlauf schaue,
sei es grundfalsch zu schiessen, erklärt Steiner. Er müsse
einen
Schritt zurückgehen, nicht zuletzt weil er niemals genug Zeit
hätte,
die eigene Waffe zu ziehen.
Erfahrung spielt grosse Rolle
"Ohne Theorie keine Praxis", gilt auch für angehende
Ordnungshüter. Das
Prinzip der Verhältnismässigkeit werde in den Fächern
Menschenrechte
und Ethik vermittelt. Als die Menschenrechtsorganisation Amnesty
International (AI) 2007 kritisierte, die Schweizer Polizisten neigten
bei Asylsuchenden, Schwarzen, Fussballfans, Globalisierungskritikern,
Minderjährigen und Randständigen zu
unverhältnismässigen Einsätzen,
verwies der Kommandant der Kantonspolizei Bern, Stefan Blättler,
auf
das Schulfach Menschenrechte. Auch der von AI vorgeschlagene Ethikkodex
für die neue Einheitspolizei ist laut Steiner Teil der
theoretischen
Ausbildung an der IPH. Daneben wird auch Psychologie unterrichtet,
Schwerpunkte seien Eigenwahrnehmung, Kommunikation, Stress, Aggression
und Gewalt sowie psychische Notsituationen und Auffälligkeiten.
Doch all dieses theoretische Wissen ist nur ein Teil und keineswegs
allein der Schlüssel zur Verhältnismässigkeit. "Der
Polizist nimmt die
Verfolgung eines mutmasslichen Täters auf, weil dieser Mechanismus
im
Mensch drin ist", sagt Steiner. Ob eine Verfolgung abgebrochen werde,
obliege jedem einzelnen Polizisten, und die Gründe für die
Entscheidung
könnten vielfältig sein. Sowohl für die Patrouille wie
auch für die
Drittpersonen könne die Verfolgung eines flüchtenden
Fahrzeugs sehr
gefährlich sein. Gesetze, öffentliches Interesse,
Verhältnismässigkeit
und der Kerngehalt der Grundrechte dienten als Entscheidungsgrundlage -
daneben spiele die Berufserfahrung eine grosse Rolle. "Nicht zuletzt
verlangen wir von unseren Absolventen Respekt vor Opfern, Tätern,
Arbeitskollegen und sich selbst."
"Polizei z Bode, z Bode"
Am eigenen Körper erfahren, wie sich ein Eingriff der Polizei
anfühlt,
können an diesem Morgen die Schüler der Klasse P1-09-1-1.
"Wie lang
weit dir no?", stöhnt ein Aspirant unter seinen beiden Kollegen.
In der
hellen Halle mit blau-rotem Teppich und Spiegelwand findet eine Lektion
Handschellentechnik statt. Das Übungsziel ist die
überraschende
Festnahme von hinten auf Stufe 3. "Das ist die höchste Stufe",
erklärt
Steiner, "und nicht das tägliche Handwerk, im Alltag ist meistens
Zwischenmenschliches gefragt." Bei der Stufe 1 sei kein Kontakt mit dem
Täter vorgesehen, bei Stufe 2 werde er begleitet, indem er links
und
rechts von je einem Polizisten am Arm abgeführt werde,
erklärt der
Ausbildner.
Ohne Vorwarnung packen jeweils zwei Schüler einen Kollegen von
hinten.
"Ihr müsst mit ihnen reden und kommentieren, was ihr gerade
macht",
erinnert der Ausbildner seine Schüler. "Polizei, z Bode, z Bode",
rufen
die jungen Frauen und Männer laut, die die Kniffe bereits gut
draufhaben. "Es ist wichtig, dass sie jemanden richtig am Boden
fixieren. Wir erinnern sie bei jeder Gelegenheit an die Gefahr des
lagebedingten Erstickungstods", sagt Steiner. Denn während der
Polizist
das Gefühl habe, der mutmassliche Täter wehre sich immer
noch, könne
die Person bereits im Todeskampf sein. Und wenn er aufgebe, sei er
bereits am Sterben.
--
Die Polizeischule
Die Interkantonale Polizeischule Hitzkirch (IPH Hitzkirch) in Luzern
bildet den Nachwuchs von elf kantonalen und einem städtischen
Polizeikorps aus. Die Kantonspolizei Bern stellt von den jährlich
300
bis 400 Absolventen den grössten Anteil Schüler, ebenso bei
den
Ausbildnern aus den Korps. Die IPH Hitzkirch wurde 2007 eröffnet.
Die
Schule besteht aus den Gebäuden des ehemaligen Lehrerseminars und
dem
Neubau des Polizei-Trainingszentrums Aabach für die praktische
Ausbildung. Pro Jahr werden zwei Lehrgänge durchgeführt,
jeweils im
Frühling und im Herbst. Die Ausbildung besteht aus zwei
Blöcken
Grundausbildung, einem Praktikum und der Eidgenössischen
Berufsprüfung.
Die Ausbildung setzt sich aus 277 Lektionen Allgemeinbildung, fast
ebenso vielen Lektionen berufliche Grundlagen, 396 Lektionen Sicherheit
und Einsatztechnik sowie 352 Lektionen Kriminalität und Recht
zusammen.
Aspiranten mit einem weiten Anreiseweg können während der
Ausbildungszeit Gratiszimmer in Anspruch nehmen. Ab Herbst will die
Polizeischule auch einen Auffrischungskurs für Polizisten
anbieten, die
bereits im Dienst sind. (ba)
--
Im Gesetz
Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist im bernischen
Polizeigesetz
verankert. Gerade beim Einsatz von Zwang werde das Augenmerk besonders
auf die Verhältnismässigkeit gelegt, deshalb sei diese im
Dienstbefehl
näher ausgeführt, sagt Polizeisprecherin Ursula Stauffer. Der
Zwang
müsse geeignet und erforderlich sein, und die zu erwartende
Beeinträchtigung dürfe nicht in einem Missverhältnis mit
dem
beabsichtigten Erfolg stehen, heisst es. Wenn mehrere geeignete Mittel
den gleichen Erfolg versprächen, sei das mildeste zu wählen.
(ba)
-------------------------
BAHNPOLIZEI
-------------------------
20min.ch 17.6.09
Sicherheit in der Bahn
Kantonspolizisten sollen Züge überwachen
Nach dem Willen der Justiz- und Polizeidirektoren der Kantone sollen
Kantonspolizisten künftig in Schweizer Zügen für
Sicherheit sorgen,
alleine oder zusammen mit privaten Sicherheitsdiensten.
Für den Zürcher Justizdirektor Markus Notter macht "eine
Spezialpolizei
für jede Spezialaufgabe" keinen Sinn, wie er am Mittwoch
gegenüber
Schweizer Radio DRS sagte. Grundsätzlich könnten
Kantonspolizeien diese
Aufgaben wahrnehmen, sagte der Präsident der Konferenz der
Kantonalen
Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD).
Frage der Schusswaffen
Für die KKJPD sind nach dem Scheitern der Bahnpolizei im Parlament
derzeit zwei Varianten denkbar. Entweder arbeiten Kantonspolizisten in
den Zügen mit privaten Sicherheitsdiensten zusammen. In diesem
Fall
müsste aber noch geklärt werden, wer genau welche Aufgaben
übernimmt,
wie Roger Schneeberger, Generalsekretär der KKJPD, auf Anfrage
ausführte.
Notter bevorzugt aber die zweite Variante mit Kantonspolizisten
alleine. "Dies würde der Frage, ob die Bahnpolizisten Schusswaffen
tragen dürfen, die politische Brisanz nehmen", sagte Schneeberger
dazu.
Würde diese Variante gewählt, wäre die Frage der
konkreten Ausrüstung
der Kantonspolizisten noch zu klären, betonte er.
Der Vorstand der KKJPD befasst sich im August mit der Bahnpolizei. Auch
für die Plenarversammlung der Konferenz im Spätherbst werde
das Thema
traktandiert, sagte Schneeberger. Ob dann bereits ein Entscheid zu
einer der beiden Varianten fällt, sei aber noch offen.
Neuer Vorschlag aus Parlament
Die private Bahnpolizei scheiterte im März im Parlament.
Umstritten
waren die Bewaffnung und die Kompetenzen der Bahnpolizisten. Der
Nationalrat beerdigte die Vorlage mit 99 zu 85 Stimmen, nachdem sie vom
Ständerat noch gutgeheissen worden war. SP und SVP hatten die
private
Bahnpolizei aus unterschiedlichen Motiven bekämpft.
Für die SP war es nicht akzeptabel, dass im Gesetz kein
ausdrückliches
Verbot von Schusswaffen aufgenommen worden war - die Räte wollten
diesen Entscheid dem Bundesrat überlassen. Die SVP dagegen hatte
sich
eine Vollpolizei gewünscht und wollte keine private Bahnpolizei
mit
wenigen Kompetenzen.
Die Verkehrskommission (KVF) des Nationalrates gleiste daraufhin das
Gesetz über die Sicherheitsorgane im öffentlichen Verkehr neu
auf. Sie
beschloss eine parlamentarische Initiative, die keine Privatisierung
der Bahnpolizei mehr vorsieht.
Gesetz von 1878
Am Unterschied zwischen Sicherheitsdienst und Transportpolizei
hält die
Initiative fest. Nur der Sicherheitsdienst soll aber einer privaten
Organisation übertragen werden dürfen, was der Linken
entgegenkommen
soll. Im Gegenzug werden im Sinne der SVP die Kompetenzen der
öffentlich-rechtlichen Transportpolizei erweitert.
Die Gesetzesgrundlagen für die Bahnpolizei sind völlig
veraltet, sie
stammen aus dem Jahr 1878. Für die Sicherheit in Zügen
zuständig ist
die Securitrans, die zu 51 Prozent der SBB und zu 49 Prozent der
Securitas gehört.
Quelle: SDA/ATS
--------------------------
BÜRGERWEHR
--------------------------
Basellandschaftliche Zeitung 17.6.09
Fernsehen gibt Sabine Pegoraro einen Korb
Auftritt der Baselbieter Sicherheitsdirektorin überraschend
abgesagt
Heute Abend strahlt die Rundschau den Beitrag zur Birsfelder
Bürgerwehr
aus › ohne etwaige kritische Aussagen der Baselbieter
Sicherheitsdirektorin. Ihr Auftritt wurde plötzlich abgeblasen.
Birgit Günter
Das Schweizer Fernsehen verzichtet überraschend auf ein Statement
von
Sabine Pegoraro zum Eklat in der Birsfelder Bürgerwehr. Es habe
dafür
keinen Platz mehr, so die Begründung bei der kurzfristigen Absage
des
abgemachten Interviewtermins. Sabine Pegoraro vermutet indes andere
Hintergründe: "Möglicherweise wollte das Schweizer Fernsehen
unangenehmen Fragen zur Rolle des Fernsehens im Fall Birsfelden
ausweichen."
Denn: Kritische Fragen und Bemerkungen hätte sie durchaus einige
gehabt. "Wäre es auch zum Übergriff gekommen, wenn das
TV-Team nicht
dabei gewesen wäre?", fragt sie mit rhetorischem Unterton. Es
seien da
sehr viele Zufälligkeiten zusammengekommen: "Das riecht nach
Inszenierung." Und falls tatsächlich stimme, dass das Fernsehen
die
Jugendlichen aus der gewaltbereiten Szene vorgängig über den
Rundgang
informiert habe, dann sei das "grob fahrlässig."
Hart ins Gericht geht sie auch mit den Bürgerwehren: Solche
Patrouilleure würden sich schnell einmal in einer rechtlichen
Grauzone
bewegen. Denn die öffentliche Sicherheit sei klar Aufgabe der
Polizei,
betont sie. Seite 25
--
"Fernsehen will Fragen ausweichen"
Sicherheitsdirektorin Sabine Pegoraro darf heute Abend plötzlich
doch nicht im Fernsehen reden
Die "Rundschau" von SF DRS berichtet heute Abend über die
SVP-Bürgerwehr in Birsfelden. Dazu hätte eigentlich auch die
Baselbieter Sicherheitsdirektorin Sabine Pegoraro Stellung nehmen
sollen, doch wurde sie kurzfristig vom Fernsehen wieder ausgeladen.
Bojan Stula
Sabine Pegoraro, wie war das genau mit Ihrem geplatzen TV-Auftritt in
der "Rundschau" von diesem Mittwoch?
Sabine Pegoraro: Vergangene Woche erhielt ich aus der
Rundschau-Redaktion die Anfrage, zu den Vorfällen rund um die
SVP-Bürgerpatrouillen in Birsfelden Stellung zu nehmen. Dabei
wurde der
vergangene Freitag als Interviewtermin festgesetzt. Am Freitagvormittag
erfolgte dann per Telefon die Absage.
Mit welcher Begründung?
Pegoraro: SF DRS wolle das Thema Bürgerwehr auf die ganze Schweiz,
also
auch andere Städte und Gemeinden, ausweiten, und da habe es
für mein
Statement keinen Platz mehr.
Was, glauben Sie, steckt dahinter?
Pegoraro: Ich weiss es nicht. Möglicherweise wollte SF DRS
unangenehmen
Fragen zur Rolle des Fernsehens im Fall Birsfelden ausweichen.
Welche unangenehmen Fragen hätten Sie denn gestellt?
Pegoraro: Falls es stimmt, was die Lokalmedien über den
Übergriff
vermummter Jugendlicher auf die SVP-Bürgerpatrouille in Birsfelden
geschrieben haben, wäre die Rolle des Schweizer Fernsehens
äusserst
fragwürdig. Die Frage ist doch die: Wäre es auch zum
Übergriff
gekommen, wenn das TV-Team nicht dabei gewesen wäre? Dass dann
noch
Jugendliche aus der gewaltbereiten Szene vom Fernsehen vorgängig
über
den gemeinsamen Rundgang informiert worden wären, ist grob
fahrlässig;
oder zumindest sehr leichtsinnig. Das hätte die Jugendlichen erst
recht
zu einem Angriff ermuntert.
Dann sollten die Medien nicht mehr über Gewalt im Alltag berichten?
Pegoraro: Es geht nicht um diese Frage, Medien müssen über
Gewalttaten
berichten. Dazu stehen sie in der Informationspflicht gegenüber
der
Öffentlichkeit. Aber sie dürfen nicht als Agents provocateurs
auftreten. Wir wissen heute, dass gewisse Jugendliche erst recht
gewalttätig werden, wenn die Medien vor Ort sind. Das ist wie eine
Form
der Bestätigung für die Gewalttäter. Deshalb wäre
oftmals mehr
Zurückhaltung von Seiten der Medien angebracht. Ich vertrete nach
wie
vor die Meinung, dass an den Krawallen vom 13. Mai 2006 die Medien eine
Mitschuld tragen. Damals wurde bereits im Vorfeld in grossen Lettern
die "Schlacht zu St. Jakob" angekündigt.
Wissen Sie inzwischen, was beim Übergriff auf die
SVP-Bürgerpatrouille
in der Nacht vom 6. auf den 7. Juni tatsächlich passiert ist?
Pegoraro: Nein, aber es ist auch nicht an mir, Ermittlungen
anzustellen. Zweifellos sind da sehr viele Zufälligkeiten
zusammengekommen. Das riecht nach Inszenierung.
Ihnen wurde › vor allem von der Basellandschaftlichen Zeitung ›
vorgeworfen, dass Sie sich nicht genügend von den
Bürgerwehren
distanzieren.
Pegoraro: Diesen Vorwurf lehne ich entschieden ab. Ich bin keine
Befürworterin von Bürgerwehren, wobei ich anstelle dieses
Wortes lieber
den Begriff Bürgerpatrouille verwende. Das Problem ist, dass sich
solche Patrouilleure schnell in einer Grauzone bewegen. Sie dürfen
sich
zwar frei im öffentlichen Raum bewegen › das kann ihnen von
Gesetzes
wegen niemand verbieten ›, aber sie dürfen nicht Polizei spielen.
Zudem
gefährden sie sich selber; das hat nicht zuletzt der Vorfall in
Birsfelden bewiesen.
Wie sollen Bürgerinnen und Bürger mit dem Thema
Gewaltprävention umgehen?
Pegoraro: Wir haben nichts dagegen, wenn Bürgerinnen und
Bürger genau
hinsehen › im Gegenteil. Aber der Umgang mit Gewaltsituationen im
öffentlichen Raum ist ein derart heikles Gebiet, dass es dazu eine
besondere Ausbildung braucht. Das garantiert nur die Polizei. Nicht
zuletzt deshalb liegt das Gewaltmonopol beim Staat.
Nun haben sich in den letzten Wochen in diesem Zusammenhang alle Blicke
nach Birsfelden gerichtet. Ist Birsfelden tatsächlich die
kantonale
"Schlägerhochburg"?
Pegoraro: Objektiv und von der Statistik her ist Birsfelden von Gewalt
nicht mehr betroffen als andere Baselbieter Gemeinden. Doch gab es dort
vor allem auch verbale Bedrohungen von Passanten durch Jugendliche. Das
schreckt auf und vermindert sofort das allgemeine Sicherheitsempfinden
der Bevölkerung.
Wie wird sich das Thema "Bürgerwehr" Ihrer Meinung nach im Kanton
weiter entwickeln?
Pegoraro: Ich begrüsse es sehr, dass die SVP Birsfelden ihre
Patrouillen eingestellt hat. Sollten nun an anderen Orten Patrouillen
aufgestellt werden, würden wir auf die Initianten einwirken, damit
aufzuhören. In Birsfelden diskutiert man nun einen
Wegweisungsartikel
auf öffentlichen Plätzen. Das finde ich gut, hatte doch zuvor
schon
Reinach mit einer vergleichbaren Regelung Erfolg. Natürlich wird
auch
die Polizei die "Hotspots" verstärkt kontrollieren, und wir werden
zweimal im Jahr den runden Tisch weiterführen. Sehr
begrüssenswert
finde ich in diesem Zusammenhang die Massnahmen, die das Prattler
Längi-Quartier ergreifen will. Dort stehen unter anderem bauliche
Massnahmen zur Umgestaltung auf dem Programm. Das ist sehr viel
versprechend.
Warum?
Pegoraro: Gewalt im öffentlichen Raum anzugehen, ist ein sehr
vielschichtiges Problem. Es braucht dazu Polizeipräsenz,
Videoüberwachung sowie präventive Massnahmen wie Sauberkeit,
gute
Ausleuchtung der Plätze und nicht zuletzt alternative
Begegnungsmöglichkeiten für Jugendliche.
Gerade die Videoüberwachung und -fahndung sorgen immer wieder
für Kritik.
Pegoraro: Ich halte die Videofahndung für ein sehr gutes Mittel,
mit
der Einschränkung, dass nur jene Videobilder veröffentlicht
werden
dürfen, die für den Tathergang relevant und die Fahndung
nötig sind.
Dass man damit Erfolg haben kann, hat das jüngste Beispiel in
Basel
frappant aufgezeigt.
----------------
SEKTEN
----------------
Landbote 17.6.09
Religiöse Unruhe an der PHZH
Pascal Unternährer
Eine geheimnisvolle Gruppe Studierender der Pädagogischen
Hochschule
will christlich-fundamentalistische Tendenzen unter ihren Kommilitonen
thematisieren. Der Rektor ist durch die Art der Gesprächsaufnahme
irritiert, zeigt sich aber dialogbereit.
Zürich - "Religiöser Fundamentalismus an der PHZH" - dieses
Thema
beschäftigt eine sechsköpfige Gruppierung an der
Pädagogischen
Hochschule. Sie nennt sich "Konsens@PHZH". Zu einer halbanonymen
Medienmitteilung (nur mit Vornamen signiert) lieferten sie gestern
einen Brief an PHZH-Rektor Walter Bircher und einen Fragekatalog an ihn
mit. Zudem künden sie für den 24. Juni ein öffentliches
Podium an. Wo
und wann, ist noch unklar. Teilnehmen sollen Vertreter der PHZH, ein
Sektenspezialist und Leute von den Lehrerverbänden. Nach einem
kurzen
Hin und Her geben sich drei der sechs Studierenden mit vollem Namen zu
erkennen. Die fünf Frauen und ein Mann wollen aber nur schriftlich
kommunizieren und ohne (Nach-)Namensnennung auftreten, da sie als
"Bewegung" verstanden werden wollen. Diese sei entstanden, als im
März
in diversen Medien die Frage gestellt wurde, ob die PHZH von
evangelikalen Extremisten unterwandert wird.
Ein Drittel Freikirchler?
So widmete die "Zürcher Studierendenzeitung" (ZS) dem Thema einen
längeren Text und zitierte eine Studentin, die von 20 Prozent
fundamentalistisch-christlichen Studenten spricht, die teilweise
forderten, im Biologieunterricht die Schöpfungsgeschichte der
Evolutionstheorie gleichzustellen. Andere sprächen laut ZS von bis
zu
30 Prozent Freikirchlern. Am Institut Unterstrass (früher:
Evangelisches Lehrerseminar), das der PHZH angegliedert ist, gebe es
zwei Fraktionen: die gläubige und die ungläubige, so die ZS
weiter. Sie
zitiert eine weitere Studentin, die überzeugt ist, dass alle
Ungläubigen in die Hölle kommen (also auch zum Beispiel
muslimische
Kinder). Andere zweifelten, dass Homosexuelle normale Menschen sind,
und nannten sie "krank". Eine andere Studentin regt sich auf, dass
Einzelne sich aus religiösen Gründen vom Pflichtfach
Sexualpädagogik
dispensieren liessen.
Dass in der Lehrerausbildung die sogenannte "Fischlifraktion" schon
immer recht gross war, ist Insidern bekannt. Die "Konsens"-Gruppe will
das Thema nun enttabuisieren und an die Öffentlichkeit tragen. Sie
kritisiert, dass an der Hochschule der "reflektierte Umgang mit
Wertehaltung" vernachlässigt werde, was gesellschaftlich
problematisch
sei. Auf Nachfrage kann (oder will) sie allerdings keine Beispiele
nennen. Auch befürchte sie nicht, dass die PHZH unterwandert ist.
Doch
aus dem etwas konfusen Fragenkatalog an Rektor Bircher geht hervor,
dass sie sich Sorgen macht, dass fundamentalistische Lehrpersonen auf
die Kinder losgelassen werden.
"Thema, aber kein Problem"
Die PHZH hatte auf die Medienberichte reagiert und klargestellt, dass
die Diskriminierung von Homosexuellen oder irgendeine Form der
Missionierung nicht geduldet wird und die Schöpfungsgeschichte in
den
Religionsunterricht gehört. Doch gelte die Glaubensfreiheit
selbstverständlich auch für die PHZH-Studierenden.
Rektor Bircher gab sich auf Anfrage "etwas irritiert" über den
Vorstoss
der Konsens-Gruppe, da er nicht wisse, wer dahintersteckt. Seltsam sei
auch, dass gestern ohne Absprache ein Datum für eine
Podiumsdiskussion
in bereits einer Woche bekannt gegeben wird. Doch er oder
Hans-Jürg
Keller, Prorektor Ausbildung, wollten sich dem Gespräch nicht
widersetzen: "Es scheint ein Bedürfnis zu sein." Die Fragen
müssten
allerdings etwas konkretisiert und das Podium vorbesprochen werden.
Religiöser Fundamentalismus sei an der PHZH "ein Thema, aber kein
Problem", sagt Bircher. Einer Bibelgruppe habe er Räume zur
Verfügung
gestellt fürs mittägliche Beten. Und weil sich Studierende
jüngst von
Freikirchlern bedrängt gefühlt hätten, habe er eine
niederschwellige
Anlaufstelle kreiert. Die Ansprechperson sei allerdings kein einziges
Mal aufgesucht worden. Dispensierungen vom Pflichtmodul
Sexualpädagogik
aus religiösen Gründen gebe es jedenfalls nicht, so der
Rektor. Er
schätzt, dass "weniger als 15 Prozent" der PHZH-Studierenden aus
der
streng religiösen Ecke kommen.
-------------------------------------------------
HÄRTEFALLKOMMISSION ZH
--------------------------------------------------
Tagesanzeiger 17.6.09
SVP attackiert Regierung via Gericht
Im Namen der Zürcher SVP hat Kantonsrat Claudio Zanetti beim
Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht. Der SVP passt nicht, dass
die Regierung eine Härtefallkommission geschaffen hat.
Von Stefan Häne
Zürich. - Das Bundesgericht in Lausanne hat Post von Claudio
Zanetti
erhalten. Der SVP-Kantonsrat hat in diesen Tagen eine Beschwerde
eingereicht, weil er und seine Kolleginnen und Kollegen in der SVP die
Gewaltentrennung verletzt sehen.
Stein des Anstosses ist der Entscheid der bürgerlichen Regierung,
die
von der Linken und der CVP propagierte Härtefallkommission zu
schaffen
(TA vom 15. Mai). Das Gremium, laut Sicherheitsdirektor Hans
Hollenstein (CVP) ein "unabhängiger Rat" aus Fachleuten, soll neu
strittige Fälle von abgewiesenen Asylsuchenden prüfen. Die
Regierung
regelt das Geschäft in einer Verordnung, die am 1. September
dieses
Jahres in Kraft treten soll. Ein neues Gesetz auszuarbeiten, hätte
nach
Ansicht der Regierung zu lange gedauert und womöglich eine
Volksabstimmung nach sich gezogen. Hollenstein stellte bei der
Präsentation des Regierungsbeschlusses im Mai denn auch klar, er
wolle
"nicht drei Jahre warten, bis es vorwärtsgeht".
Gewaltentrennung verletzt?
Just an dieser Haltung stört sich die SVP. In der Beschwerde, die
dem
TA vorliegt, kritisiert Zanetti das Gebaren der Regierung als
"unmotiviert und unhaltbar". Er verweist auf zwei Postulate aus dem
Jahre 2006, in denen Politiker der SP und der Grünen eine
Härtefallkommission forderten. Der Rat lehnte es im März 2007
jedoch
ab, die beiden Vorstösse zu überweisen. Die Regierung, so die
SVP, habe
diesen Entscheid des Kantonsrates - entgegen ihrem Auftrag - nicht
umgesetzt, sondern ihn "umgestossen und ihm zuwidergehandelt". Damit
unterlaufe die Regierung die Arbeit des Parlaments und verletze den
verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewaltentrennung. Die SVP ortet
überdies keine "gesetzliche Ermächtigung, die dem
Regierungsrat auf dem
Gebiet des Ausländerrechts eine Verordnungskompetenz
einräumen würde".
Der Fall beschäftigt auch die Geschäftsleitung des
Kantonsrats. Im Juli
trifft sie sich mit der Regierung zu einer rund einstündigen
Aussprache, die neu jährlich zweimal stattfinden soll; angeregt
hat
dies Markus Notter (SP) in seinem Amtsjahr als
Regierungspräsident. In
dieser Gesprächsrunde wird die Härtefallkommission
möglicherweise aufs
Tapet kommen, zumindest informell, wie Kantonsratspräsidentin
Esther
Hildebrand (Grüne) sagt. Sie selber befürwortet einen solchen
Expertenrat; mit dem Vorgehen der Regierung zeigt sie sich
einverstanden: Es liege in der Kompetenz der Regierung, Verordnungen zu
erlassen: "Ob man das in diesem Fall gut findet oder nicht, hängt
einzig vom politischen Blickwinkel ab." Seitdem der Kantonsrat die zwei
Postulate abgelehnt habe, sei Entscheidendes passiert, sagt die
Grünenpolitikerin und verweist auf das verschärfte Asyl- und
Ausländergesetz, das seit Anfang 2008 in Kraft ist.
Expertengremien gibt es heute schon
Die Regierung hat von der Beschwerde offiziell noch keine Kenntnis. Aus
diesem Grund will die Exekutive jetzt auch keine Stellung dazu nehmen,
wie Esther Fischer von der Sicherheitsdirektion sagt.
Grundsätzlich, so
Fischer, sei die Regierung aber befugt, in Eigenregie beratende Gremien
einzusetzen. Der Fall sei dies etwa im Bereich der
Strassensignalisation, wo sich ein Expertengremium, die sogenannte
verkehrstechnische Kommission, mit spezifischen Fachfragen befasse.
-----------------
LIBANON
-----------------
Indymedia 16.6.09
Libanon: Die vergessenen 'Primaat' Nahr al-Bareds ::
AutorIn: a-films: http://a-films.blogspot.com
Der Krieg im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared
im
Nordlibanon endete am 2. September 2007. Mittlerweile wurde beinahe das
gesamte offizielle, "alte Camp" Nahr al-Bareds eingeebnet und der
Wiederaufbau sollte in rund einem Monat beginnen. Entlang des alten
Camps stehen allerdings noch immer die Ruinen von mehr als 200
Häusern,
welche bislang für ihre ursprünglichen BewohnerInnen nicht
zugänglich
sind. Sie stehen unter alleiniger Kontrolle der libanesischen Armee.
Mehr: http://ch.indymedia.org/de/2009/06/69839.shtml