MEDIENSPIEGEL 23.6.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, SLP)
- Grosse Schanze: Jimy Hofer vs die "Bronx von Bern"
- Frepo vs Bettler
- Käser und Google Street View
- Rauchverbot: Noch 8 Tage
- Anti-Rep-Demo Biel 4.7.09
- Schnüffelstaat: Direktes Einsichtsrecht nötig
- Anti-Nazi-Demo Sempach: Diskussion im Kantonsrat
- Stop Murder Music + Buju Banton-Konzert
- Fussball: Männerbünde + Hooligan-Datei
- Gipfel-Soli-News 22.6.09

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REITSCHULE
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Mi 24.06.09  
19.00 Uhr - SousLePont - Tessin Spezialitäten
20.30 Uhr - Tojo - Nachtstück. Eine Spielfläche. von Fragment:09
22.00 Uhr - SousLePont - Offene Bühne #114

Do 25.06.09
20.00 Uhr - Frauenraum - HINTERHOF-LOUNGE goes KARAOKE VOL.4
20.30 Uhr - Tojo - Nachtstück. Eine Spielfläche. von Fragment:09
21.00 Uhr - Rössli - FEROCIOUS41. - Hip Hop / Trip Hop / Experimentelle Musik

Fr 26.06.09
21.00 Uhr - Frauenraum - TanzBar DJ PICCOLINA. GESELLSCHAFTSTÄNZE & DISCO FÜR FRAU & FRAU, MANN & MANN & FRIENDS. Mit Crashkurs ab 19.15 Uhr.

Sa 27.06.09
20.30 Uhr - Tojo - Nachtstück. Eine Spielfläche. von Fragment:09
22.00 Uhr - SousLePont - Tight Finks (Bern, 77' Punk) Al and the Black Cats (USA, Rock'n'Roll)
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: NOISIA (Vision Rec/nl), Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Recs), Silent Extent, DJ Deefine - drum‘n‘bass

So 28.06.09
18.00 Uhr - Rössli - Pianobar

Infos: www.reitschule.ch

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kulturagenda.be 25.6.09

Noisia legt im Dachstock auf

Das holländische Trio trug schon manchen Namen - nichtsdestotrotz wurde Noisia (darauf hat man sich geeinigt) zum Begriff. Als Produzenten wie als DJs sind die drei im Drum'n'Bass zu Hause, den sie treibend, verspielt und poppig interpretieren und gerne auch mal mit einem Housebeat kreuzen.
Dachstock in der Reitschule, Bern. Sa., 27.6., 23 Uhr

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kulturstattbern.derbund 22.6.09

Gisela Feuz am Montag den 22. Juni 2009 um 07:00 Uhr

Kulturbeutel 26/09

Frau Feuz empfiehlt:
Am Samstag das Sous-le-Pont in der Reitschule zu besuchen. Dort spielen The Tight Finks und Al And The Black Cats zum Tanze auf. Mit ersteren kann ein musikalischer Abstecher in die 77er Punk-Ära unternommen werden, während letztere ihm Rahmen ihrer Europatournee einen Abstecher nach Bern wagen und hemmungslos dem Rockabilly frönen.
(...)

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GROSSE SCHANZE SEASON 2009
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Blick am Abend 22.6.09

"Bronx von Bern"

Ärger

Dealerei, Vandalismus, Trinkgelage: Die Grosse Schanze ist die neue Berner Problemzone.

jean-claude.galli@ringier.ch

Steigen die Temperaturen konstant über zwanzig Grad, wird die Grosse Schanze oberhalb des Berner Hauptbahnhofs zur öffentlichen Freizeitzone. Mit den leidigen Begleiterscheinungen wie Abfallchaos und Sachbeschädigungen. "Vor allem am Wochenende herrscht auf der Schanze eine unglaubliche Sauerei", sagt Stadtrat Jimy Hofer, der die Anlage als "Bronx von Bern" bezeichnet. Hofer verlangt eine Neugestaltung und würde auch den Einsatz von privaten Sicherheitsleuten begrüssen. "Im schlimmsten Fall müsste man die Schanze über Nacht schliessen lassen", sagt Hofer. Anwohner machen gegen die ihrer Meinung nach unhaltbaren Zustände ebenfalls mobil. "Ganz zu schweigen davon, dass die Grosse Schanze im Sommer eine einzige grosse Freilufttoilette ist", schreibt Jakob Erber in einem Leserbrief in der heutigen "BZ".

Mehr Licht

Die zuständigen Behörden haben den Handlungsbedarf jetzt erkannt und stellen Sofortmassnahmen in Aussicht. "Noch vor den Sommerferien verbessern wir provisorisch die Beleuchtung", sagt Stefan Schwarz, Generalsekretär der Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün. Damit sollen vor allem Vandalen abgeschreckt werden. "Wir rüsten die Lampen mit zusätzlichen Leuchtkörpern aus", sagt Schwarz.

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BETTELVERBOT SEASON 2009
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BZ 23.6.09

Bettler

Die Banden sind zurück

Zwei Wochen lang waren in Bern keine Bettlerbanden aktiv. Nun sind sie wieder da. Sie setzen auf körperlich behinderte Bettler.

"Die erste Gruppierung war am Freitag in den Aussenquartieren aktiv", sagt Alexander Ott, Chef der städtischen Fremdenpolizei. Vor allem Bümpliz und das Länggassquartier waren betroffen. Dies sei zwar auch schon vorgekommen, allerdings nicht so konzentriert. Am Wochenende waren die Bettler nach zwei Wochen Absenz auch in der Innenstadt wieder anzutreffen, die Polizei habe bereits wieder eingegriffen.

Gemäss Ott handelt es sich um neue Gruppierungen, die fast ausnahmslos auf Bettler mit Behinderungen setzen. Die Bettlerbanden hätten einen neuen Modus entwickelt und versuchen damit die Kontrollen der Polizei zu umgehen.

Obwohl bereits viele Passanten die Bettler ignorieren würden, rät die Fremdenpolizei weiterhin, diesen Bettlern kein Geld zu geben.
js

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20min.ch 22.6.09

"Bettelbanden haben wir ins Handwerk gepfuscht"

von Patrick Marbach

Die Bettler sind zurück: Statt in der Berner Innenstadt suchen sie ihr Glück nun in den Aussenquartieren.

"Den Bettelbanden haben wir ins Handwerk gepfuscht", freut sich Alexander Ott von der Fremdenpolizei. Tatsächlich ist es gelungen, die Hintermänner so weit zu stören, dass sie ihre Bettelsklaven vorübergehend kaum noch in die Innenstadt schleusten. Doch nun schnorren die verwahrlosten Kinder, Verkrüppelten und Musikanten in den Wohnquartieren.

Ott hat umgehend reagiert: "Seit Freitag führen wir Kontrollgänge in den Aussenquartieren durch." So habe man in Bümpliz und in der Länggasse Bettler aufgescheucht, die mit einer neuen Masche unterwegs gewesen seien: Mit Flugblättern und herzerweichenden Geschichten über notleidende Angehörige wollten sie an Spenden kommen. Zudem versuchten Bettler in den letzten Tagen wiederholt, falschen Goldschmuck an Passanten zu verkaufen.

Meistens agieren sie in der Nähe von Poststellen und Quartierläden: "In der Regel reicht es aber, wenn wir sie wegschicken, nur ganz selten braucht es die Polizei", so Migros-Sprecher Thomas Bornhauser. Auch Eva von Wartburg von der Breitfeld-Apotheke bleibt gelassen: "Bei uns sitzt den ganzen Tag ein Handorgelspieler vor dem Geschäft. Er stört uns aber nicht." Trotzdem rät Ott betroffenen Ladenbesitzern, sich zu melden: "Wir können nicht überall sein und sind deshalb auf solche Infos angewiesen."

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BIG BROTHER VIDEO
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Bund 23.6.09

Videoüberwachung

Was Käser von Google lernt

Was haben der Weltkonzern Google und der bernische Polizeidirektor gemeinsam? Richtig: Beide filmen gerne. Für seinen "Street View"-Dienst fährt Google durch die ganze Welt und nimmt mit Rundum-Kameras alle öffentlichen Strassen und Plätze auf. Und Hans-Jürg Käser weibelt im Kanton Bern für die Videoüberwachung von öffentlichen Strassen und Plätzen. Beide riskieren dabei mit dem Datenschutz in Konflikt zu geraten und behelfen sich mit technischen Hilfsmitteln. Mittels "Face-Blurring" oder "Privacy-Filtern" sollen die Gesichter unbescholtener Bürger, die von Käsers oder Googles Kameras erfasst werden, automatisch unkenntlich gemacht werden.

So will Käser auch die Kritiker seiner Videoüberwachungspläne besänftigen. "Um den Eingriff in die Persönlichkeitssphäre bei der  Echtzeitüberwachung abzuschwächen, sind die Gesichter von erfassten Personen mit technischen Mitteln unkenntlich zu machen", heisst es in seiner Videoverordnung. Nun hat aber Google zwar vorgemacht, wie man solche Filter einsetzt, die Erfahrungen zeigen unterdessen aber auch, wie unzuverlässig sie sind. Weil bei "Street View" nicht alle Gesichter unkenntlich sind, ist Google in den letzten Tagen auch in der Schweiz unter Druck geraten. Ähnlich unzuverlässig werden Käsers "Privacy-Filter" sein, ausser seine Polizisten haben die Software besser im Griff als der Internetgigant.

Reto Wissmann

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RAUCHVERBOT
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Bund 23.6.09

Berner Wirte fürchten Rauchverbot

In einer Woche tritt im Kanton Bern das Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen in Kraft. In öffentlich zugänglichen Räumen gilt ab dann ein Rauchverbot - auch in Restaurants. Erlaubt bleibt das Rauchen in Fumoirs. Allerdings dürfte sich nur ein kleiner Teil der Wirte dazu entschliessen, solche Raucherräume einzurichten. Viele schauen dem Verbot mit unguten Gefühlen entgegen. Sie befürchten Umsatzeinbussen. (jäg/db)

Seite 17

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Die letzten Tage der Raucherknellen

Noch acht Tage bis zum Rauchverbot: Nur wenige Bars, Beizen und Ausgehlokale in der Stadt Bern werden ein Fumoir haben

Wie reagieren die Lokale, in denen besonders viel geraucht wird, auf das Rauchverbot? Gar nicht, heisst es bei der Mehrzahl: Die Räumlichkeiten lassen meist kein Fumoir zu. Eine Umfrage unter Berner Bars, Beizen und Clubs.

Simon Jäggi

Der 1. Juli - unter den Rauchschwaden im Restaurant "Des Pyrénées" wird in diesen Tagen oft über dieses Datum geflucht. "85 Prozent unserer Gäste sind Raucher", sagt Silvia Chautems. Die Betreiberin des Restaurants sieht daher dem Tag, an dem im Kanton Bern das Raucherverbot eingeführt wird, mit unguten Gefühlen entgegen: Sie befürchtet Umsatzeinbussen. Ein Fumoir hätte grossen baulichen Aufwand bedeutet, sagt Chautems. Zudem habe sie die Räume ihres Lokals nicht verschandeln wollen.

Wie reagieren die Berner Kneipen, Bars und Ausgehlokale auf die Einführung des Rauchverbots - die Orte also, in denen bis anhin besonders genüsslich geschlotet wurde? Bei der Regierungsstatthalterin Regula Mader ist zu erfahren, dass bisher gut 60 Gesuche eingegangen sind - Namen von Lokalen werden aber nicht aufgeführt (siehe Text unten). Auch Eveline Neeracher, Präsidentin der Regionalsektion von Gastro Bern, hat keine Gesamtübersicht - die Dachorganisation führt keine Liste. Neeracher stellt aber allgemein fest: "Wer kann, richtet ein Fumoir ein."

Die Möglichkeit, ein Fumoir einzurichten, hat das Restaurant "3 Eidgenossen" - ebenfalls eine von Berns klassischen Raucherknellen. Im ersten Stock wird ein zusätzlicher Raum, der bereits seit einem Jahr zur Beiz gehört, zum unbedienten Raucherstübli umfunktioniert. Er misst weniger als 60 Quadratmeter und macht nicht mehr als einen Drittel des bedienten Teils aus - so wie es die Vorschriften vorschreiben. "Wir haben Glück", sagt Betreiber Berni Schluep. Aber er bezweifelt, dass die "grauen Panther" sich zum Rauchen in den ersten Stock bequemen - so nennt Schluep seine Stammklientel, die mehrheitlich zwischen 50 und 60 Jahre alt ist. "Manche haben es bisher nicht einmal geschafft, sich den Raum mal anzuschauen."

Auch Schluep glaubt daher, dass sich das Rauchverbot auf den Umsatz seines Betriebs niederschlagen wird: Das Ausgehverhalten werde sich allgemein verändern. "Wenn man jedes Mal die Jacke anziehen muss, um zu rauchen, geht man vielleicht gleich nach Hause."

Furcht vor mehr Lärm

Eine andere weit verbreitete Befürchtung unter Wirten ist, dass sie künftig mit mehr Beschwerden von Anwohnern konfrontiert sind, da die Gäste zum Rauchen nach draussen gehen - und dabei für Lärm sorgen. "Ein mögliches Szenario ist, dass wir mehr Sicherheitsleute anstellen müssen", sagt Ralf Jansen. Mit seinem Unternehmen Jansen Gastronomie führt er fünf Lokale in Bern: "Gut gelaunt", "Eclipse", "Art Café", "Bim Grosi" und "Berner Beach Club". Einzig in den Betrieben Gut gelaunt und Bim Grosi sei eine Fumoir-Lösung möglich gewesen, so Jansen. "Das Killer-Argument ist, dass im Fumoir keine Ausschankanlage stehen darf", so Jansen. Gerade die Ausgehlokale Art Café und Eclipse wären durch eine Abtrennung derart verunstaltet worden, dass ein Umbau sinnlos gewesen wäre.

Mehr Sicherheitsleute, finanzieller Mehraufwand, damit rechnet auch Michael Fankhauser von der "Turnhalle" im Progr. Nach halb ein Uhr nachts dürften den Rauchern keine Sitzgelegenheiten mehr zur Verfügung gestellt werden und Getränke dürften nicht nach draussen genommen werden - um dies zu kontrollieren, brauche es wohl mehr Sicherheitspersonal, vermutet Fankhauser. Der "Turnhalle"-Betreiber kritisiert, dass die Umsetzung des Rauchverbots ein "Mega-Ghetto" sei - die Stadt sei überfordert. Längerfristig erwägt die beliebte Bar im Progr die Einrichtung eines wettergeschützten Bereichs oder eines Fumoirs - bauliche Veränderungen würden aber innerhalb der Gesamtsanierung des Progrs durchgeführt.

Gesuch abgelehnt

Länger dauern, bis es ein Fumoir gibt, wird es auch im Wasserwerk - obwohl ein geeigneter Raum vorhanden wäre. "Unser Gesuch wurde abgeschmettert", beklagt sich Mitbetreiber Fabio Calcio-Gandino. Hauptproblem sei gewesen, dass die Lüftungsanlage noch nicht installiert sei. Die neuen Betreiber des Matte-Lokals beklagen, dass ihnen von Seiten der Gewerbepolizei - die für die Regierungsstatthalterin prüft, ob die Vorschriften erfüllt werden - keine Kooperationsbereitschaft entgegengebracht worden sei. "Jetzt fangen die ,Lämpen‘ richtig an", sagt Calcio-Gandino - es werde wohl vermehrt zu Lärmbelästigungen der Anwohner kommen, was sich wiederum negativ auf den Club auswirke. Ein Fumoir ist auch im ISC vorgesehen - in der Sommerpause soll es eingerichtet werden. Die Bewilligung stehe aber ebenfalls noch aus, so Urs Ruch vom ISC.

Bestimmt kein Fumoir wird es im Dachstock der Reitschule geben, sagt Veranstalterin Sabine Ruch auf Anfrage. Die Dachstock-Betreiber werden sich auch bemühen, die neue Regelung durchzusetzen: "Man wartet ja nur darauf, dass wir das Rauchverbot nicht einhalten."

Ein anderer Konzertveranstalter hat das Rauchverbot bereits eingeführt - und gute Erfahrungen gemacht: Seit März ist das Bierhübeli bereits rauchfrei. Der Presseverantwortliche Micha Günter beruhigt die Wirte und Konzertveranstalter: "Wir haben gemerkt, dass es nicht wirklich ein Problem ist."

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Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen

Streit um Fumoirs ist noch nicht entschieden

Dölf Barben

Nur ein kleiner Teil der knapp 5900 bernischen Gastgewerbebetriebe hat bisher ein Gesuch für ein Fumoir eingereicht. Bis Ende Mai waren es rund 230 - das sind knapp vier Prozent. Dies geht aus einer Liste hervor, die Markus Grossenbacher erstellt hat. Er ist Regierungsstatthalter im Amt Trachselwald und Präsident des Vereins der bernischen Regierungsstatthalter. Rund ein Drittel der Gesuche sind bereits bewilligt worden.

In der Zwischenzeit dürfte die Zahl der Gesuche noch etwas zugenommen haben. So hatten im Amtsbezirk Bern per Ende Mai 49 von 972 Betrieben ein Gesuch eingereicht; mittlerweile sei die Zahl auf etwas über 60 gestiegen, sagt Regierungsstatthalterin Regula Mader auf Anfrage. Gut die Hälfte davon werde demnächst schon bewilligt oder abgelehnt sein. Im Amtsbezirk Burgdorf lagen Ende Mai 7 Gesuche vor, bis gestern waren 16 eingegangen, 10 davon konnten laut Regierungsstatthalter Franz Haussener bereits bewilligt werden. Ein Viertel der Gesuche hätten zurückgeschickt werden müssen, weil sie unvollständig eingereicht worden waren.

Mehr Fumoirs als im Tessin

 Insgesamt dürften somit zwischen fünf und zehn Prozent der bernischen Gastgewerbebetriebe ein Fumoir einrichten wollen. Im Kanton Tessin, der im Frühling 2007 ein Rauchverbot erliess, verfügten ein Jahr später bloss etwas über zwei Prozent der Betriebe über ein Fumoir. Mader und Haussener nehmen an, dass noch weitere Gesuche zu erwarten sind. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass das Problem in den Sommermonaten für die Wirte weniger gross ist - die Gäste können problemlos draussen rauchen. Zum anderen dürften Wirte, die für ihr Fumoir bauliche Veränderungen vornehmen müssten, ein ausstehendes Bundesgerichtsurteil abwarten. Der Branchenverband Gastro Bern und die Shisha Bar GmbH, die in Bern und Thun Wasserpfeifenbars betreibt, haben gegen die Ausführungsbestimmungen Beschwerde geführt (siehe Kasten).

Fast alle Wirte klagen

 Unter den Gesuchen hat es solche, bei denen der Fall rasch klar ist, wie Haussener sagt. Als Beispiel nennt der Burgdorfer Statthalter grössere Betriebe, die ein "kleines Säli" als Fumoir deklarieren, das bereits über eine geeignete Lüftung verfügt. Generell schwierig sei es dagegen für kleinere Betriebe - Grössenordnung 30 Plätze -, die aus nur einem Raum bestehen. Eine Unterteilung dieses Raums sei nicht praktikabel, eine Erweiterung unter Umständen nicht möglich. Für solche Betriebe, die zu einem guten Teil von jenen Gästen leben, die am Vormittag zum Kaffee oder nach dem Feierabend zum Bier gern eine Zigarette rauchen, könnte es doch empfindliche Einbussen geben. In seinem Gebiet klage nahezu jeder Wirt und jede Wirtin über das neue Gesetz, sagt Haussener.

Ab 1. Juli sind die bernischen Restaurants rauchfrei

Das Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen tritt in einer Woche, am 1. Juli, in Kraft. Ab diesem Datum gilt im Kanton Bern in öffentlich zugänglichen Räumen wie Einkaufszentren, Verwaltungsgebäuden, Kinos, Schulen, Sportanlagen und in Gastbetrieben ein Rauchverbot. Das neue Gesetz, das vom Grossen Rat im letzten Herbst verabschiedet wurde, ist weitgehend unbestritten - bis auf die Regelung in den Gastbetrieben.

Der Streit hat sich auf die Ausgestaltung von sogenannten Fumoirs, also abgeschlossenen Raucherräumen, konzentriert. Nachdem der Grosse Rat beschlossen hatte, dass die Gäste in Fumoirs bedient werden dürfen, warteten alle Beteiligten gespannt auf die Ausführungsbestimmungen in der Verordnung. Diese sind aus Sicht der Gastrobranche sehr straff ausgefallen und lassen wenig Spielraum für sogenannte kreative Lösungen.

Zwei Limiten für Fumoirs

Mögliche Schlupflöcher sind von der Volkswirtschaftsdirektion sorgfältig verschlossen worden. So gibt es für die Grösse eines Fumoirs nicht nur eine, sondern gleich zwei Limiten: eine relative (maximal ein Drittel der Fläche des Gesamtbetriebs) sowie eine absolute (maximal 60 Quadratmeter). So wird ausgeschlossen, dass grosse Gastronomiebetriebe "Raucherrestaurants in Nichtraucherrestaurants" führen können. Die Verordnung verunmöglicht es den Wirten auch, den Hauptraum als Fumoir zu deklarieren, im Fumoir Ausschankvorrichtungen zu betreiben oder Gäste zu gewissen Zeiten nur (noch) im Fumoir zu bedienen. Unter 18-Jährige haben keinen Zutritt zum Fumoir.

Wenig Begeisterung bei Wirten

Der Branchenverband Gastro Bern bezeichnete diese Bestimmungen als unverhältnismässig und zu stark einschränkend - er hat gegen die Verordnung Beschwerde geführt. Aufschiebende Wirkung hat diese keine erhalten. Wann das Bundesgericht entscheiden wird, ist unklar.

Wenig Spielraum gibt es für Gastro-Betriebe, die sich in einen sogenannten Raucherclub umdeklarieren möchten. Sobald es sich um einen Club handelt, der dem Gastgewerbegesetz untersteht, gelten die neuen Bestimmungen, wie Stefan Reichen vom bernischen Wirtschaftsamt Beco sagt. Unzulässig sind alle Arten von "Umgehungsversuchen". So sei es für einen Betrieb nicht möglich, sich "zum Gastgewerbegesetz hinauszudefinieren", um tun und lassen zu können, was ihm beliebt.

Selbst wenn ein Club dem Gastgewerbegesetz nicht untersteht, wird laut Reichen geprüft, ob er nicht gleichwohl öffentlich zugänglich ist und damit den Schutz vor Passivrauchen gewährleisten muss. (db)

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ANTI-REP BIEL
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Rundmail 23.6.09

Gegen die willkürliche DNA Entnahme und die Kriminalisierung der sozialen Bewegungen !

Demonstration gegen die Polizeirepression und willkürliche DNA Entnahme am 4. Juli 2009 um 14 Uhr auf dem Bahnhofplatz.
Organisation Sozialiste Libertaire (OSL-Bienne), LA BIU, Familie von Allmen, Antifa Biel

Verkleidet euch um zu zeigen dass ihr es ablehnt fichiert zu werden.

Im Anschluss der gewaltsamen Räumung der Familie von Allmen aus der Quellgasse 5, mussten die sechs festgenommenen BesetzerInnen eine DNA Probe abgeben. 6 weitere Personen, darunter 3 AktivistInnen des Autonomen Jugendzentrums, mussten ebenfalls eine DNA Entnahme über sich ergehen lassen nachdem sie einer Einladung der Kantonspolizei im Zusammenhang der Demonstration vom 16. Mai für den Erhalt des Triopuze Folge geleistet haben. Die DNA Entnahme verlief systematisch ohne Prüfung ob die Personen an der Demonstration teilgenommen hatten. Einige von Ihnen waren tatsächlich nicht an der Demonstration anwesend.

Diese schwere Verletzung der fundamentalen Rechte ist total unverhältnismässig. Diese Massnahmen sind einer repressiven Politik eines Polizeistaates würdig. In der gleichen Tradition stehen die biometrischen Pässe, die unverhältnissmässigen Methoden der Einschüchterung der Kantonspolizei oder die Ausspionierung der Antiglobalisierungsbewegung durch Securitas.

- Wir wollen keine Fichierung der alternativen Bewegung !
- Wir wollen keine Kriminalisierung der sozialen Bewegungen !
- Wir wollen die unverzügliche Rückgabe der DNA Proben !

Zeigen wir ein starkes Zeichen der Opposition an diese repressive Politik ! Solidarität !

++++Texte français++++

Contre le prélévement d'ADN arbitraire et la criminalisation des mouvements sociaux!

Suite à l'évacuation forcée de la famille von Allmen de la rue de la source 5 à Bienne, les 6 occupants arrêtés ont subi un prélèvement de leur ADN. 6 personnes, dont 3 de actives au Centre autonome de jeunesse, ont également subi des prélèvements ADN après avoir répondu à l'invitation de la police cantonale au sujet de la manifestation du 16 mai en soutien au Tripouze. Les prélévements d'ADN ont été fait systématiquement sans preuve que ces personnes aient participé à la manifestation. Certaines d'entre elles n'étaient d'ailleurs pas présentes.

Cette grave atteinte aux droits fondamentaux est totalement disproportionnée. Ces mesures sont dignes d'une politique répressive d'un état policier. Dans la même veine, l'on peut citer entre autres le passeport biométrique, les méthodes disproportionnées d'intimidation de la police cantonale pour obtenir des informations ou encore l'espionnage de groupes altermondialistes par Securitas.

- Nous ne voulons pas du fichage des milieux alternatifs!
- Nous ne voulons pas de la criminalisation des mouvements sociaux!
- Nous voulons le retrait immédiat des données ADN du registre!

Montrons un signal fort d'opposition à cette politique représsive! Solidarité !
 
Manifestation contre la répression policière et les prises d'ADN arbitraires le 4 juillet 2009 à 14 heures devant la gare.

Déguisez-vous afin de manifester votre refus d'être fichés.

Le contrôle c'est pas drôle!

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SCHNÜFFELSTAAT
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Basler Zeitung 23.6.09

Thür fordert kantonale Kontrolle

Der eidgenössische Datenschützer ortet beim Staatsschutz Korrekturbedarf

Ruedi Studer, Patrick Marcolli

Auch ein Jahr nach Auffliegen der Basler Fichenaffäre bleibt der Staatsschutz unter Druck.

Auf den Tag genau vor einem Jahr machte die Geschäftsprüfungskommission des Basler Grossen Rats (GPK) die Basler Fichenaffäre publik. Der Fall - mehrere linke Grossräte waren fichiert worden - wirkt nach: Der eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür ortet in der Auslegung und Anwendung des Staatsschutzgesetzes Korrekturbedarf, wie er im BaZ-Interview sagt. Er fordert eine bessere Kontrolle durch den Bund, aber auch mehr Rechte für die Kantone: "Es kann nicht sein, dass ein Kanton für diese Aufgabe Personen delegiert, die er dann selber nicht mehr beaufsichtigen kann."

Unterstützung erhält Thür von SP-Ständerat Claude Janiak, der die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) in Bern präsidiert. "In den Kantonen bewegt sich der Staatsschutz in einem aufsichtsrechtlichen Freiraum", kritisiert er. "Die Kantone, die ihre Staatsschutzbeamten mitfinanzieren, sollen auch wissen, was ihre Angestellten tun." In dieselbe Kerbe schlägt Urs Müller, Bündnis-Grossrat und GPK-Mitglied: "Wir müssen die kantonale Aufsicht über den Staatsschutz definitiv klären", sagte er gestern bei der Präsentation des neuen GPK-Berichts.

Derzeit läuft immer noch die GPDel-Untersuchung der Staatsschutzfichen. In diesem Zusammenhang werden auch kantonale Staatsschutzstellen besucht: Basel und Genf sind bereits abgehakt. "Zwei weitere Kantone stehen noch auf dem Programm", so Janiak. Welche, bleibt vorerst geheim: "Wir künden unsere Besuche kurzfristig an, damit ein gewisser Überraschungseffekt bleibt." Voraussichtlich Ende Jahr wird die GPDel ihren Bericht präsentieren und Empfehlungen abgeben. Klar ist für Janiak jetzt schon: "Es braucht Verbesserungen, und dazu gehören auch gesetzliche Anpassungen." > Seiten 5, 12

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"Es besteht Korrekturbedarf"

Datenschützer Hanspeter Thür (60) fordert eine Neuauslegung des Staatsschutzgesetzes

Interview: Ruedi Studer, Bern

Als eidgenössischer Datenschützer übt Hanspeter Thür für Gesuchsteller das indirekte Einsichtsrecht in Staatsschutzfichen aus. Er selbst plädiert längst für das direkte Einsichtsrecht der Betroffenen. Die Basler Fichenaffäre hat seiner Forderung Schub verliehen.

 BaZ: Herr Thür, vor einem Jahr kam die Basler Fichenaffäre ans Licht. Der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) selbst hat damals erklärt, dass er die gesetzlichen Bestimmungen einhalte. Wie schätzen Sie die Situation heute ein?

 Hanspeter Thür: Die überwiegende Mehrheit der politisch aktiven Gesuchsteller, die im Gefolge der Basler Fälle bei uns Einsicht verlangten, war nicht registriert. Tatsache ist aber auch: Mehrere politisch aktive Personen sind fichiert worden. Mittlerweile ist klar, dass deren Einträge gelöscht worden sind. Daraus lässt sich schliessen, dass diese Fichierungen nicht mehr gerechtfertigt sind.

Das Bundesgesetz zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) verbietet eine Fichierung aufgrund einer politischen Tätigkeit ausdrücklich. In wie vielen Fällen wurde diese Bestimmung verletzt?

Ich kann das nicht in einer Zahl ausdrücken, aber es gab im Nachgang zu den Basler Fällen einige Gesuche, welche schliesslich aufgezeigt haben, dass es diskussionswürdige Vorgänge gegeben hat. Für mich ist klar, dass bei der Auslegung und Anwendung des entsprechenden Gesetzesartikels Korrekturbedarf besteht.

Sie nennen keine konkrete Zahl, können Sie aber in etwa die Dimension nennen? Waren es Dutzende? Hunderte?

Es waren einige.

Als vor 20 Jahren die Fichenaffäre aufflog, ging ein Aufschrei durchs Land. Der Basler Fichenfall hingegen scheint die Öffentlichkeit nicht besonders zu kümmern.

Da habe ich einen anderen Eindruck. Nach den Basler Fällen hatten wir zehnmal mehr Einsichtsgesuche als üblich. Anstatt 15 bis 25 pro Jahr waren es im vergangenen Jahr 148 Gesuche. In diesem Jahr sind wir aber bereits wieder in den Normalzustand zurückgekehrt.

Absolut scheint mir die Zahl der Gesuche aber doch enttäuschend klein.

Nein, die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung geht ja zu Recht nicht davon aus, dass sie fichiert worden sein könnte. Im Übrigen bin ich froh, sind es nicht Tausende - die könnten wir unmöglich bewältigen.

Sie sprechen Ihren Personalbestand an. Wie viele Personen stehen Ihnen zur Verfügung?

Für den Polizeibereich sind derzeit zwei Personen zuständig. Die korrekte und speditive Behandlung der Einsichtsgesuche hat für mich oberste Priorität. Manchmal handelt es sich um umfangreiche Akten, wenn jemand fichiert ist. Andere Themen im Polizeibereich müssen derzeit zurückstehen.

Reicht das Personal aus?

Ab nächstem Jahr sollten mir wegen des Schengen-Beitritts der Schweiz drei zusätzliche Stellen zur Verfügung stehen. Es bleibt aber dabei, dass wir auch künftig unsere Aktivitäten stark auf die gravierenden Fälle fokussieren müssen.

Zurück zu den Gesuchen: Ich habe den Eindruck, dass der Basler Fichenfall Ihnen Rückenwind gegeben hat und dass Sie die Gesuchsteller offensiver informieren, als dies zuvor noch möglich war.

Die Basler Fälle haben zu einer Verunsicherung geführt. Bereits vorher haben wir in einzelnen Fällen von der Ausnahmebestimmung Gebrauch gemacht und die Betroffenen informiert, ob sie in der Staatsschutzdatenbank registriert sind. Wer glaubhaft machen konnte, einen erheblichen, nicht wieder gutzumachenden Schaden zu befürchten, hat von uns Auskunft erhalten. Wir haben dafür entsprechende Kriterien erarbeitet. Das Bundesverwaltungsgericht hat unsere Praxis inzwischen weitgehend bestätigt.

Der DAP hat jeweils seine Einwilligung zur Information gegeben?

Der Entscheid liegt bei uns. Der DAP hat aber die Möglichkeit, Staats-schutzinteressen, die gegen eine Information sprechen, geltend zu machen. Das war nie der Fall.

Inwiefern hat sich die Auskunftspraxis seit letztem Jahr geändert?

Wir haben nun eine Praxis dazu entwickelt, wie der Ausnahmeartikel ausgelegt werden soll, und dafür Kriterien festgelegt. Um Auskunft zu erhalten, muss der Betroffene glaubhaft machen, dass er durch seine politische Tätigkeit hätte fichiert werden können, wobei diese Möglichkeit aufgrund der konkreten Umstände, beispielsweise einer stattgefundenen polizeilichen Kontrolle, naheliegend sein muss.

Können Sie ein Beispiel nennen, wo das Auskunftsrecht grosszügig angewendet wurde?

Der erste Fall - noch vor den Basler Fällen - betraf einen Lehrer, der bei einer Anti-WEF-Kundgebung in Landquart von einem Polizisten angehalten und kontrolliert worden war. Der Polizist hatte ihm gedroht, er werde nach Bern gemeldet. In diesem Fall haben wir den Betroffenen dann auch informiert, dass kein Eintrag vorhanden ist.

Sie waren immer ein Gegner des indirekten Auskunftsrechts. Der Basler Fichenfall hat Ihnen nun in die Hände gespielt.

Das ist der positive Aspekt in der Geschichte. Beim Auskunftsrecht haben wir einen Durchbruch erzielt, indem der Bundesrat eine Motion unterstützt, welche das direkte Auskunftsrecht fordert. Das bedeutet eine Umkehrung: Wird das direkte Einsichtsrecht eingeführt, muss der Staatsschutz begründen, weshalb im konkreten Fall die Einsicht verweigert werden muss.

Die Basler Fälle haben noch zu keinem Wandel im DAP geführt?

Ich möchte klar sagen, dass wir mit dem DAP einen konstruktiven Dialog führen, auch wenn wir von unserer Aufgabe her unterschiedliche Positionen vertreten. Dass zeigt auch, dass die Information der Betroffenen nie gegen den Willen des DAP geschehen ist.

Besteht bei der geplanten Praxisänderung nicht die Gefahr, dass Terroristen oder das Organisierte Verbrechen das System ausnützen?

Nein, es wird auch in Zukunft noch genügend Fälle geben, in denen man die Einsicht aus Staatsschutzgründen verweigern wird - und dies zu Recht!

Wie beurteilen Sie die Reaktion der Politik auf die Basler Fichenaffäre?

Beim Gesetzgeber hat eine deutliche Sensibilisierung stattgefunden. Das zeigt auch die BWIS-Revision, welche massive Eingriffe in die Privatsphäre vorsah und vom Parlament an den Bundesrat zurückgewiesen wurde. Im Moment läuft zudem noch die Untersuchung der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel).

Diese Untersuchung zieht sich in die Länge, Resultate sind nun erst Ende Jahr zu erwarten. Was bedeutet diese Verzögerung?

Diese Frage richtet sich primär an die GPDel. Bekannt ist, dass sie in den letzten Monaten mit verschiedenen anderen brisanten Dossiers beschäftigt war.

Liegt es auch an der hohen Zahl von über 110 000 Fichen, die überprüft werden müssten?

Ich gehe nicht davon aus, dass die GPDel alle Fichen überprüfen wird. Auch wir können nur im Rahmen von Stichproben die Arbeitsweise überprüfen.

Wie kann die Kontrolle in Zukunft besser gewährleistet werden?

Es braucht ein professionelles Kontrollgremium analog zur Finanzkontrolle im Finanzbereich. Ein mit Spezialisten besetztes Aufsichtsgremium, welches die Vorgänge in der Verwaltung genau durchleuchtet und dem Staatsschutz auf die Finger schaut.

Sollten auch die Kantone mehr Kontrolle über den Staatsschutz erhalten? Basel-Stadt hat dies letztes Jahr versucht und wurde vom Bund zurückgepfiffen.

Die Kantone sollten über die Aktivitäten ihrer Staatsschützer informiert sein. Es kann nicht sein, dass ein Kanton für diese Aufgabe Personen delegiert, die er dann selber nicht mehr beaufsichtigen kann. Auf Bundesebene ist das nur schwierig zu bewerkstelligen. Deshalb müsste auch bei den Kantonen der Hebel angesetzt werden.

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Die Basler Fichenaffäre zeigt langsam Wirkung

Der Bundesrat ist mittlerweile bereit, auch bei Staatsschutzfichen das direkte Auskunftsrecht zu gewähren

Ruedi Studer, Bern

Die Basler Fichenaffäre hat weite Kreise gezogen. Nicht nur in Basel wurden politisch aktive Personen fichiert. In Bundesbern setzt derweil langsam ein Umdenken ein, wie das Beispiel Bundesrat zeigt.

Vor einem Jahr deckte die Geschäftsprüfungskommission des Basler Grossen Rates auf, dass sechs linke, kurdisch- und türkischstämmige Grossräte vom Staatsschutz fichiert worden waren. Später wurde ein weiterer Fall einer Basler SP-Grossrätin bekannt, die wegen eines von ihr eingereichten Gesuchs für eine Anti-WEF-Demo dem Staatsschutz gemeldet wurde. Und erst vor Kurzem wurden die Fälle der Flüchtlingshelferin Anni Lanz sowie der BastA!- und Amnesty-International-Aktivistin Maya Heuschmann publik.

Staatliches Schnüffeln. Nicht nur in Basel flogen überbordende staatliche Schnüffelaktivitäten auf: In Zürich geriet ein grüner Gemeinderat ins Visier der Staatsschützer, ebenso drei Journalisten der linken "Wochenzeitung". Mittlerweile sind also gut ein Dutzend Fälle an die Öffentlichkeit gelangt, die auch die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) der Eidgenössischen Räte beschäftigen. Die GPDel mit SP-Ständerat Claude Janiak an der Spitze nimmt die Fichiertätigkeit des Staatsschutzes derzeit unter die Lupe. Diese Arbeit ist aufwendig: Mittlerweile befinden sich wieder über 110 000 Fichen in der Staatsschutz-Datenbank Isis, wie die BaZ letztes Jahr publik machte.

Die GPDel wird sich in ihrer Untersuchung insbesondere auf die Einhaltung eines Gesetzesartikels fokussieren: Das ausdrückliche Verbot der Fichierung politischer Tätigkeiten. Bis Ende Jahr will die GPDel ihren Bericht und ihre Empfehlungen präsentieren, sagt Janiak gegenüber der BaZ.

Kehrtwende. Doch nicht nur die GPDel wurde in Bundesbern aktiv, sondern auch eidgenössische Parlamentarier aus der Region. SP-Ständerätin Anita Fetz und FDP-Nationalrat Peter Malama machten mit Motionen Druck, welche der Bundesrat im November allerdings ablehnte. Dann die bundesrätliche Kehrtwende: Im März stimmte die Regierung einer Motion von SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer zu, welche bei Datensammlungen des Bundes - also auch der Staatsschutzdatenbank - das direkte Auskunftsrecht fordert. Datenschützer Hanspeter Thür spricht von einem Durchbruch (siehe Interview oben).

Derzeit nimmt der Bundesrat für die Revision des Staatsschutzgesetzes einen Neuanlauf. Die Chancen stehen gut, dass sich die Basler Fichenaffäre positiv auf die neue Gesetzgebung auswirkt.

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Kommission ringt um Einfluss

Neu zusammengesetzte Geschäftsprüfungskommission präsentiert ihren ersten Bericht

Patrick Marcolli

Der Staatsschutz, die St. Jakobshalle und das Trinkwasser: Vor allem diese drei Themen hielten die Geschäftsprüfungskommission (GPK) auf Trab.

Mehr als die Hälfte der Kommissionsmitglieder - sechs von elf, um genau zu sein - sind erst seit Februar an der Oberaufsicht über die Staatsverwaltung beteiligt. Die GPK-Präsidentin, Dominique König-Lüdin (SP), sowie der klare Wort- und Meinungsführer innerhalb der GPK, Bündnis-Grossrat Urs Müller, waren schon in der vergangenen Legislatur mit von der Partie. Vielleicht ist es diesem grossen Personalwechsel geschuldet, dass der diesjährige Bericht sich teilweise in Details verliert. Insgesamt wird deutlich, dass die Geschichte der wichtigsten und brisantesten Geschäfte weit in die vergangene Legislatur hineinreicht - dass es also eigentliche "Dauerbrenner" gibt. Dabei zeigt sich auch, wie sehr die GPK gerade in diesen Fragen um Einfluss und Gehör bei der Regierung ringt - und dies nicht immer mit Erfolg.

 > Bestes Beispiel dafür ist das Thema Staatsschutz. Genau vor einem Jahr hatte die GPK den Stein zur "neuen Fichenaffäre" ins Rollen gebracht und aufgedeckt, dass türkischstämmige Grossrätinnen und Grossräte vom Staatsschutz fichiert worden waren. In diesem Jahr nun kann die GPK in ihrem Bericht lediglich nachvollziehen, was seither alles im Kanton und beim Bund gelaufen ist. Zu zwei Kritikpunkten hat es doch gereicht. Die GPK sei "sehr erstaunt, wie lange es gedauert hat, bis der Regierungsrat seine Verantwortung wahrzunehmen begann", heisst es. Konkret gemeint ist damit die Zeit zwischen einer Interpellationsantwort der Regierung im Grossen Rat (26. Juni 2008) und der Orientierung der GPK über die Erstellung einer kantonalen Verordnung (23. Oktober 2008). Harscher wird die Kritik in Bezug auf die Bemühungen der Kommission, Akteneinsicht in den kantonalen Verordnungsentwurf und das (negative) Antwortschreiben des Bundesamts für Justiz zu erhalten. "Trotz intensiver Bemühungen" und "erst nach Intervention des Büros des Grossen Rats" sei dies sehr spät geschehen (siehe Text rechts). Nun wartet die GPK darauf, dass die Arbeitsgruppe um den Staatsrechtler Markus Schefer die bereinigte Verordnung zur Staatsschutzaufsicht präsentieren wird.

> Trinkwasser. "Zurückhaltende Informationspolitik" durch die Verflechtung von Hardwasser AG und IWB, "nachlässige" Trinkwasserkontrollen und zögerliches Handeln: Dies monierte die GPK bereits 2008 beim Thema Gefährdetes Trinkwasser. "Heute muss die GPK feststellen, dass ihre Empfehlungen seit 2006 kaum Auswirkungen auf das Handeln der Regierung und der Hardwasser AG hatten", heisst es etwas resigniert im aktuellen Bericht. Es sei "inakzeptabel", dass die GPK durch einen Artikel in der BaZ (6. Mai 2009) auf eine Studie des Amts für Umwelt und Energie Baselland aufmerksam gemacht würde.

> St. Jakobshalle. Offenbar hat auch hier der letztjährige "Rüffel" der GPK nicht gefruchtet. Damals hatte sie das Doppelmandat von Thomas Kastl als Eventmanager und Verantwortlicher für die Sporthalle St. Jakob kritisiert und beklagt, dass der Vertrag als Eventmanager es Kastl ermögliche, "sehr viel Geld" zu verdienen. Zwar räumt die GPK neu ein, dass sie sich "von der Kompetenz von Herrn Kastl" habe überzeugen können. Dennoch ist die Kommission nicht zufrieden: mit dem weiter existierenden Doppelmandat und mit dem Datenfluss. "Es war schwierig, an Unterlagen zu kommen", sagte Urs Müller. Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Finanzkontrolle soll dem "Pingpong-Spiel zwischen Erziehungsdepartement und Kommission" (Müller) nun ein Ende setzen.

Regierung und Kommission streiten um Akteneinsicht

Gutachten. Ausgerechnet beim Fall über eine mögliche Einsicht in (Bundes-)Staatsschutzakten durch den Kanton hat sich ein neuer Konflikt um Akteneinsicht entzündet. Bei diesem geht es allerdings darum, inwieweit die Geschäftsprüfungskommission (GPK) Einsicht in Akten der eigenen Verwaltung und Regierung erhält. Alles dreht sich um Paragraf 69, Absatz 4 der Geschäftsordnung des Grossen Rats. "Die Geschäftsprüfungskommission hat das Recht zur Einsicht in sämtliche staatlichen Akten, wenn nicht schwerwiegende private oder öffentliche Interessen entgegenstehen", heisst es dort. Regierung und Verwaltung stellen sich laut Martin R. Schütz, Sprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements, auf den Standpunkt, dass der GPK "aus Gründen der Gewaltentrennung keine begleitende oder prospektive Akteneinsicht" zustehe. Genau diese verhinderte Akteneinsicht beklagt die GPK in ihrem Bericht beim Verordnungsentwurf zur kantonalen Aufsicht über den Staatsschutz und das Antwortschreiben aus Bern (siehe Haupttext). Laut Schütz soll nun ein Gutachten von Rechtsprofessor Felix Hafner und alt Strafgerichtspräsident Christoph Meier Aufschluss darüber geben, wer recht hat - GPK oder Regierung. Das Gutachten soll nach den Sommerferien fertiggestellt sein. Ebenfalls nach den Ferien wird laut Schütz die Arbeitsgruppe unter Markus Schefer ihre bereinigte Staatsschutzverordnung dem Regierungsrat präsentieren.  map

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ANTI-NAZI-DEMO SEMPACH
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NLZ 23.6.09

Sempach/Luzern

Räte diskutieren über Schlachtfeier

Die Organisatoren der Schlachtjahrzeit führten Gespräche mit Rechtsextremen. Heute wird das Thema im Kantonsrat diskutiert.

bat/tö. "Ja, es ist zu informellen Gesprächen mit Rechtsextremen gekommen", sagt Urs Hangartner, Informationschef der Staatskanzlei des Kantons Luzern. In welcher Form diese Kontakte stattfanden, lässt Hangartner offen. Auch will er nicht sagen, mit wem aus der rechtsextremen Szene das Organisationskomitee Kontakt hatte. Hangartner weiter: "Das ist nicht neu. Wir haben schon in den letzten Jahren solche Gespräche mit den Rechtsextremen geführt." Ziel des jetzigen Kontakts sei es, dass die Rechtsextremen ihren Kranz beim Winkelried-Denkmal lange nach den offiziellen Feierlichkeiten am 27. Juni und unter Ausschluss der Öffentlichkeit niederlegen.

Bei der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) weiss man nichts von einer Kontaktaufnahme. Das sagt Mediensprecher Markus Martig auf Anfrage. Martig: "Wir werden unseren Kranz wie gewohnt niederlegen. So, wie wir es in den vergangenen Jahren gemacht haben." Kontakt habe die Pnos bis jetzt nur mit der Polizei gehabt. "Wir haben mit ihr über die Sicherheit gesprochen." Die will die Pnos laut ihrer Website "mit einem eigenen Sicherheitsdienst sicherstellen".

Mit Kritik reagierten die Juso auf die Kontaktaufnahme mit den Rechtsextremen. "Jetzt sitzt der Regierungsrat mit den Rassisten sogar an einen Tisch", sagt David Roth von der Juso Luzern.

Konzept in Frage gestellt

Der Kantonsrat erklärte gestern eine Anfrage von Heidi Frey-Neuenschwander (CVP, Sempach) zur Durchführung der Schlachtjahrzeit in Sempach für dringlich. Frey regte unter anderem an, das Konzept der Feier zu überdenken. Der Vorstoss wird heute Vormittag behandelt.

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Tagesanzeiger 23.6.09

Volk soll Neonazis Paroli bieten

Friedli Daniel

Luzern. - Um die Schlachtfeier von Sempach trotz angekündigtem Neonazi-Aufmarsch in würdigem Rahmen durchzuführen, appelliert die Luzerner Regierung nun an das Volk. Regierungspräsident Max Pfister (FDP) hat gestern die Bevölkerung aufgerufen, am kommenden 27. Juni zahlreich an der Gedenkfeier teilzunehmen. Man werde alles daran setzen, eine sichere und würdige Feier durchzuführen, und erachte es als unerwünscht, wenn politische Gruppierungen versuchten, die "Sempacher Schlachtjahrzeit für ihre Zwecke zu missbrauchen", schreibt Pfister. "Mit einem Grossaufmarsch setzt die Bevölkerung ein positives Zeichen für diesen Anlass."

Mit dem Aufruf reagieren die Behörden auf das politische Hickhack, das um die Schlachtfeier entstanden ist. Weil auch dieses Jahr mit dem Aufmarsch von Neonazis zu rechnen ist, haben die Jungsozialisten (Juso) eine Gegendemonstration gegen Rechtsextremismus geplant. Sie werden mit Bewilligung des Stadtrates am Tag der Feier ausserhalb der Sempacher Altstadt eine Platzkundgebung abhalten.

Mit den Rechtsextremen möchte die Luzerner Regierung derweil noch "informell das Gespräch suchen", wie Regierungssprecher Urs Hangartner dem "SonntagsBlick" sagte. Diese Haltung empört die Juso. Die Luzerner Regierung paktiere mit Neonazis, damit diese ihre nationalistischen Rituale reibungslos durchführen könnten, beschwerte sich die Jungpartei gestern. (fri)

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Wilisauer Bote 23.6.09

Leitartikel

Missbrauchtes Gedenken

Josef J. Zihlmann

Zum 623. Mal wird am Samstag in Sempach jenes Ereignisses gedacht, das die Einheit von Stadt und Land Luzern begründet hat: des Siegs der Eidgenossen über die Habsburger im Juli 1386. Es war damals ein furchtbares Gemetzel, das ungezählte Männer das Leben gekostet oder sie zu Krüppeln, einzelne jedoch auch zu Helden gemacht hat, ein Krieg, der allerdings auch den damaligen Bund der Eidgenossen neu formiert hat und deshalb von ganz besonderer Bedeutung ist.

Wenn seitdem Jahr für Jahr der Schlacht gedacht wird, gilt dieses Gedenken zum einen diesem für die Entwicklung unseres Kantons und der ganzen Eidgenossenschaft wichtigen Ereignis, zum andern aber auch den Gefallenen. Das ist der Sinn der Feier. Nichts anderes.

Doch es gibt Kreise, denen es bei der Jahrzeit nicht um dieses Gedenken, sondern um die Demonstration ihrer nationalistischen, faschistischen Gesinnung geht, die sich am Nationalsozialismus der Hitler-Zeit orientiert.

Diesem Missbrauch durch Rechtsextreme sind bisher erstaunlich wenige mit dem nötigen Nachdruck entgegengetreten. Wenn Regierungspräsident Max Pfister in einem soeben veröffentlichten Aufruf schreibt, die Schlachtjahrzeit habe "nichts zu tun mit politisch motivierter Heldenverehrung oder nationalistischer Selbstbeweihräucherung" und sei "ein nachdenklicher, bescheidener Anlass", ist das zu begrüssen und ohne Zweifel richtig, wenn auch etwas gar sanft formuliert. Der Einspruch der Regierung kommt aber reichlich spät. Warum, so ist zu fragen, braucht es die Ankündigung einer Gegenkundgebung von linker Seite, warum braucht es die Furcht vor gewaltsamen Zusammenstössen in Sempach, damit sich die Verantwortlichen endlich ernsthaft fragen, ob man den Missbrauch dieses Gedächtnisses durch Neonazis weiter stillschweigend dulden will oder nicht?> Seite 3

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Aufruf zur Teilnahme an der 623. Schlachtjahrzeit

Sempach | Aufruf des Regierungspräsidenten

Im Namen des Luzerner Regierungsrates lade ich Sie herzlich ein, am 27. Juni 2009 an der 623. Gedenkfeier der Schlacht bei Sempach teilzunehmen. Sie soll wie andere Jahre in würdigem Rahmen den Gefallenen der Schlacht gedenken und an die Bedeutung dieses Ereignisses für die Entwicklung des Kantons Luzern und der Eidgenossenschaft erinnern. Festrednerin ist Nationalratspräsidentin Chiara Simoneschi-Cortesi.

Die Schlachtjahrzeit hat nichts zu tun mit politisch motivierter Heldenverehrung oder nationalistischer Selbstbeweihräucherung. Sie ist ein nachdenklicher, bescheidener Anlass. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Gesellschaft, die Bevölkerung und Schülerinnen und Schüler nehmen daran teil.

Der Regierungsrat des Kantons Luzern und der Stadtrat von Sempach missbilligen die zunehmende Verpolitisierung der Schlachtjahrzeit. Sie erachten es als unerwünscht, wenn politische Gruppierungen versuchen, die Sempacher Schlachtjahrzeit für ihre Zwecke zu instrumentalisieren bzw. zu missbrauchen. Der Regierungsrat des Kantons Luzern und der Stadtrat von Sempach werden alles daran setzen, am 27. Juni eine sichere und würdige Sempacher Schlachtfeier durchzuführen. Mit einem Grossaufmarsch setzt die Bevölkerung ein positives Signal für diesen Anlass.

Ich freue mich, Sie, liebe Luzernerinnen und Luzerner, in Sempach begrüssen zu dürfen.

Regierungspräsident Max Pfister

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Keine Plattform für Neonazis

Endlich tut sich etwas gegen die Neonazis an der Schlachtjahrzeit. Es ist beschämend, dass die Behörden jahrelang versuchten, deren Präsenz kleinzureden und zu ignorieren. Dabei dürfe man vom Sempacher Stadtrat oder vom Regierungsrat erwarten, dass er so handelt wie er es sich auch von seinen Bürgerinnen und Bürgern wünscht. Auch von diesen wird Zivilcourage verlangt.

Es darf nicht sein, dass der Kanton Luzern als Veranstalter dieser Feier aktiv dazu beiträgt, dass Neonazis eine Plattform für ihr Gedankengut geboten wird. Denn auch wenn sie vor Ort ein Saubermann-Image präsentieren: Der Nationalsozialismus ist schon an sich ein Verbrechen, welches in unserer Meinungspluralität keinen Platz hat. Behördenmitglieder, die glauben, dass Juden- und Fremdenhass Teil des politischen Diskurs sein dürfen, sollen sich zu Wort melden. Dann können wir sie nämlich abwählen.

 Anja Ghetta, Juso Amt Willisau

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STOP MURDER MUSIC
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gay.ch 22.6.09

SCHWEIZ: Buju Banton live in Zürich

(22.06.09/dom) Nach Mavado vor einigen Wochen, kommt mit Buju Banton erneut ein Dancehall-Reggae-"Künstler" nach Zürich, welcher bereits mehrfach öffentlich zu Homophobie aufgerufen hat - trotz seiner Unterzeichnung des "Reggae Compassionate Act", schreibt die Organisation "Stop Murder Music Bern.

Im Jahr 2007, so schreibt "Stop Murder Music Bern", habe Buju Banton sich bereit erklärt, den "Reggae Compassionate Act" zu unterzeichnen, dabei seien aber vor allem finanzielle Beweggründe im Vordergrund gestanden. Mit diesem Vertrag verpflichten sich die Dancehall-Reggae-Stars, dass sie auf homophobe Songtexte verzichten. Da die meisten Konzertveranstalter heute diese Unterschrift als Pflicht voraussetzen, dass sie einen Künstler überhaupt buchen, kommt es immer öfters zu Übertretungen, was den Vertrag schlussendlich zur Farce verkommen lässt. Um nach wie vor für Auftritte gebucht zu werden, setzen viele Musiker ihre Unterschrift unter den "Reggae Compassionate Act", ohne sich aber an die damit verbundenen Auflagen zu halten.

Laut "Stop Murder Music Bern" gehört eben auch Buju Banton in diese Kategorie. Da er seit der Unterzeichnung diesen Vertrag mehrfach gebrochen hat, forderte die "Stop Murder Music Coalition", welche die Verträge ausstellt und deren Einhaltung auch überprüft, Buju Banton auf, diesen Vertrag erneut zu unterzeichnen, was er aber bis heute nicht getan hat. Positiv zu werten ist, dass er sich offenbar seit Oktober 2007 an die Abmachungen hält - es sind jedenfalls keine gegenteiligen Aufnahmen bekannt. Es wäre jedoch wünschenswert, schreibt "Stop Murder Music Bern", wenn Buju Banton mit gutem Beispiel vorangehen, den Vertrag nochmals unterschreiben und auch die geforderte Medienkonferenz abhalten würde. Damit könnte er öffentlich bekräftigen, dass ihm die Anliegen wirklich wichtig sind.

Das Konzert von Buju Banton findet am 26. Juni im Zürcher Volkshaus statt.

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HOOLIGAN-GRIPPE
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20min.ch 23.6.09

Prügelfans

Fussball-Ultras wurzeln im Mittelalter

Nach den jüngsten Gewaltexzessen in und um Schweizer Stadien wird allerorts heftig über Lösungen diskutiert. Doch Massnahmen gegen gewalttätige Fangruppen greifen nur, wenn diese einbezogen werden, sagt der Historiker Thomas Busset und entzaubert gleichzeitig den Mythos England.

In der heutigen Ausgabe des "Tages-Anzeigers" berichtet der Historiker Thomas Busset von seinen Erkenntnissen, die er in Interviews mit radikalen Fussballfans gewonnen hat. Das Problem der Gewalt unter Fussballfans gebe es seit den 80er-Jahren, in den letzten Jahren habe es zugenommen, meint Busset.

Die traditionellen Hooligans, die bloss auf Schlägerei aus waren, seien nun von den Ultras abgelöst werden, welche sich in erster Linie als Fans verstünden. "Ultras identifizieren sich sehr stark mit ihrem Verein, der Stadt oder der Region und betonen in Zeiten der Globalisierung das Lokale", sagt Thomas Busset gegenüber dem "Tages-Anzeiger". Gewalt entstehe bei ihnen mehr aus dem Moment, einer emotionalen Stimmung heraus.

Busset stellt die Ultra-Fangruppen in eine historische Linie von Bünden, in denen sich junge Männer an der Schwelle zwischen Jugend und Erwachsenenalter zusammenfinden. Wie auch schon mittelalterliche Dorfcliquen und Handwerkergesellenverbände würden die Ultras einen rigorosen Ehrenkodex pflegen und ihr eigenes Territorium verteidigen. Wenn Baslerfans deshalb durch Zürich marschieren, würden sie symbolisch das Gebiet der FCZ-Fans erobern - "dies erfordert von Letzteren eine Reaktion", meint Busset.

Ultras verweigern der Nati die Unterstützung

Busset will bei den radikalen Fussballfans keine politische Unterwanderung festgestellt haben - obwohl die rechtsextreme Szene dies versucht habe. Bei den Ultras herrsche politische Neutralität, jede behalte seine Einstellung für sich. Übersteigerter Nationalismus habe schon gar keinen Platz. "Die Ultras in der Schweiz sind nicht willens, miteinander die Nationalmannschaft zu unterstützen", vermutet der Historiker.

Die Ursache der Stadion-Gewalt kann auch Busset nur vermuten: Sie könne als Unzufriedenheit gegenüber der Gesellschaft interpretiert werden. Repressive Massnahmen würden allerdings alles verschlimmern - genauso wie die Politik vom hohen Ross: "Jede Massnahme, die ohne Einbezug der Fans zustande kommt, ist praktisch chancenlos." Die Fans würden sich herausgefordert fühlen alles zu sabotieren, das ohne sie beschlossen wurde.

Mythos England

Der gängigen Ansicht, dass England sein Gewaltproblem gelöst habe, kann Busset nichts abgewinnen. Es gebe in den Stadien der Insel durchaus noch Gewalt, allerdings habe sich diese in untere Ligen verlagert, die in den Medien weniger präsent sind. Ausserhalb der Stadien zeigt sich in Grossbritannien ein düsteres Bild. So vergeht kaum ein Tag, ohne dass aus britischen Grossstädten eine Messerattacke gemeldet wird. Besonders in London machten in den letzten Monaten immer wieder Messerstechereinen mit Todesfolge unter Jugendbanden Schlagzeilen. Für Busset ist dehalb klar, dass auch das "Vorbild" England noch weit davon entfernt ist, die Jugendgewalt im Griff zu haben: "Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass das Gewaltproblem gelöst ist, wenn es nicht mehr im oder ums Stadion auftritt."

(job/jcg)

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Info-Box

Wie weiter in der Schweiz?

Hierzulande diskutiert ein runder Tisch unter Leitung von Bundesrat Ueli Maurer über Massnahmen, um die Gewalt in und um die Stadien einzudämmen. Das Gremium, dem neben Vertretern des Fussball- und Eishockeyverbands auch Fanvertreter, private Sicherheitsfirmen und staatliche Stellen angehören, will am späteren Nachmittag über allfällige Massnahmen informieren. Zur Diskussion standen im Vorfeld Fanpass, Schnellgerichte, verlängerte U-Haft, Alkoholverbot und ein Ausschluss von Auswärtsfans bei Hochrisikospielen wie FCZ gegen FCB. Auch präventive Massnahmen wurden diskutiert. Noch sind keine Ergebnisse bekannt. Einzig die biometrische Überwachung der Fans am Stadioneingang ist definitiv vom Tisch. (jcg)

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Tagesanzeiger 23.6.09

"Gewalt verschwindet nicht, nur weil sie nicht mehr im Stadion ist"

Prügelnde Fangruppen funktionierten wie Männerbünde im Mittelalter, sagt Historiker Thomas Busset. Sie sollten für die Bekämpfung der Gewalt im Fussball beigezogen werden.

Mit Thomas Busset* sprach Dario Venutti

Die letzte Fussballmeisterschaft endete mit Krawallen nach dem Spiel FCZ - FCB und vor dem Cupfinal YB - Sitten. Nimmt die Gewalt zu?

Man kann sich nur bedingt auf die Angaben der Polizei abstützen: In Bern verschickt die Polizei beim kleinsten Ereignis eine Mitteilung, in Basel dagegen ist sie zurückhaltend. Gewalt gibt es im Schweizer Fussball seit Beginn der 80er-Jahre. Ich habe allerdings den Eindruck, dass der Anteil der Spiele mit Problemen in den letzten Jahren zugenommen hat.

Warum ist das so?

Die Ultras, die eingefleischten Fans, haben die traditionellen Hooligans weitgehend abgelöst. Ultras wollen Akteure im Stadion sein. Sie sind laut, sie zünden Pyrotechnik und machen Choreografien und unterstützen auf diese Weise ihre Mannschaft. Ultras identifizieren sich sehr stark mit ihrem Verein, der Stadt oder der Region und betonen in Zeiten der Globalisierung das Lokale. Insgesamt schaffen sie im Stadion eine Stimmung, die von starken Emotionen geprägt ist.

Und von Gewalt?

Ultras gehen in erster Linie wegen des Fussballs an die Spiele. Im Gegensatz zu den Hooligans geht es ihnen nicht um Gewalt, sondern um ihr Team. Dennoch ist ein latentes Gewaltpotenzial vorhanden: Es brodelt während des gesamten Spiels, und manchmal kommt es zum Ausbruch. Gewalt entsteht situativ und ist kaum voraussehbar.

Was begünstigt den Ausbruch von Gewalt?

Bei sehr wichtigen Spielen entladen sich die Emotionen leichter, beispielsweise beim Cupfinal oder beim Match FC Zürich - FC Basel. Oder wenn sich eine Ultra-Gruppierung von einer gegnerischen provoziert fühlt. Das Problem hier ist: Was ist eine Provokation? Oft dient sie einfach als Rechtfertigung für eine Schlägerei. Man muss jedoch kein Ultra sein, um gewalttätig zu werden: Am grossen Krawall nach dem Spiel Basel - Zürich am 13. Mai 2006 beteiligten sich einige, die man landläufig als "Normalfans" bezeichnen würde.

Warum schliesst man sich in Ultragruppierungen zusammen?

Rivalitäten zwischen Gruppen junger Männer sind überhaupt nichts Neues. Auch nicht, dass dabei Gewalt im Spiel ist. Man kennt das Muster bereits im Mittelalter: Schlägereien zwischen Burschen benachbarter verfeindeter Dörfer oder zwischen organisierten Handwerksgesellen in den Städten. Auch bei diesen Prügeleien ging es oft um Symbole und das Abstecken des eigenen Territoriums. Wenn heute beispielsweise die Basler Fans vom Bahnhof Altstetten in den Letzigrund marschieren, erobern sie symbolisch das Territorium der FCZ-Fans. Dies erfordert von Letzteren eine Reaktion, um sozusagen die eigene Ehre wiederherzustellen.

Auffallend ist, dass Ultragruppierungen hauptsächlich aus jungen Männern bestehen.

Die Geschichte zeigt, dass sich junge Männer immer wieder in Männerbünden zusammentun. In der Adoleszenz ist ihre Identität brüchig. Sie sind keine Kinder mehr, aber auch noch nicht erwachsen. Für die Stellung von jungen Männern innerhalb ihrer Gruppe ist es wichtig, Gefahrenprüfungen zu bestehen. Sie verschaffen sich damit Respekt.

Die Gewalt im Fussball wird mit dem "Bundesgesetz zur Wahrung der inneren Sicherheit", dem sogenannten Hooligangesetz, bekämpft. Die Polizei führt Datenbanken, spricht Stadion- und Rayonverbote aus und kann Fans in Gewahrsam nehmen. Gefährden Fussballfans die verfassungsmässige Ordnung der Schweiz?

Es ist verhältnisblödsinnig, Fussballfans mit Terroristen gleichzusetzen. Hier hat die Linke gewissermassen ein Eigentor geschossen: Sie hat lange auf dem Bild der rechtsextremen Hooligans beharrt und sich somit, explizit oder implizit, der Forderung angeschlossen, dass Fans vom Inlandgeheimdienst beobachtet werden. Der Hooligan-Begriff ist gummig, und die Beobachtung und Fichierung kann auf andere Bereiche ausgeweitet werden, zum Beispiel auf politische Demonstrationen.

Sind Fussballfans apolitisch?

Nicht nur in der Schweiz, auch in Deutschland oder England versuchte die Rechte, Fussballfans zu unterwandern und zu rekrutieren. Doch sie hatte kaum Erfolg. Heute bemühen sich Exponenten der Ultraszene um politische Neutralität: In der Kurve kann jeder denken, was er will, aber er soll es bitte für sich behalten. Der militante Fan sieht seinen Gegner oder Feind in der gegnerischen Kurve. Er interessiert sich nicht für etwas, das nur schon den Anstrich von national hat: Die Ultras in der Schweiz sind nicht willens, miteinander die Nationalmannschaft zu unterstützen. Die Rivalität unter ihnen ist zu gross.

Hat die Gewalt einzig damit zu tun, dass sich junge Männer in Gruppierungen zusammenschliessen?

Die Gewalt kann als Ausdruck einer Unzufriedenheit gegenüber der Gesellschaft interpretiert werden. Ich denke, dass sie auch mit der Repression der letzten Jahre zu tun hat. Fussballfans werden zunehmend kriminalisiert, wie das Beispiel Pyro zeigt. Obwohl das Abbrennen von Pyromaterial gesetzlich verboten ist, kann der Fan nicht verstehen, dass dies pauschal als Delikt bezeichnet wird. So wird gar nicht unterschieden, ob jemand Fackeln zündet als Ausdruck der Hingabe zu seiner Mannschaft oder ob jemand Fackeln auf Zuschauer wirft, was kriminell ist. Die Kriminalisierung bewirkt, dass sich die Fans noch stärker solidarisieren. Das nützt vor allem den Radikalen unter ihnen.

Was soll man tun?

Nach jedem Ereignis spielt sich das gleiche Ritual ab: Die Empörung ist so gross, dass man meinen könnte, jetzt breche ein Bürgerkrieg aus. Dann übertrumpfen sich Politiker und sonstige Akteure mit meist repressiven Vorschlägen. Schliesslich schieben sich Vereine, Behörden und Polizei gegenseitig die Verantwortung zu. Am Ende passiert kaum etwas. Solange die verschiedenen Seiten nicht begreifen, dass jeder einen Teil der Verantwortung trägt, wird sich daran nichts ändern.

Der runde Tisch zur Bekämpfung von Gewalt im Sport, dem Bundesrat Ueli Maurer vorsteht, ist doch ein Gremium, an dem alle Beteiligten diskutieren.

Ich weiss nicht, welche Massnahmen der runde Tisch vorschlägt. Aus meiner Befragung von Fussballfans weiss ich allerdings, dass jede Massnahme, die ohne Einbezug der Fans zustande kommt, praktisch chancenlos ist. Die Fans sehen sich dann herausgefordert, alles zu sabotieren oder zu unterlaufen, das beschlossen wurde.

Was würden Sie konkret machen?

Es gibt auch seitens der Sozialwissenschaften keine Patentlösung. Das sogenannte Hooligan-Gesetz ist noch nicht lange in Kraft, und schon will man neue gesetzliche Massnahmen ergreifen, ohne zu warten, ob die bestehenden greifen. Auch im präventiven Bereich wurden in den letzten beiden Jahren Initiativen ergriffen. Ich wünschte mir, dass auch Fans, trotz allen Hindernissen und zum Teil berechtigten Zweifeln, an der Suche nach Lösungen mitbeteiligt werden.

Immer wieder wird England als leuchtendes Beispiel genannt, das Gewaltausbrüche der Fans unterbunden habe.

Da frage ich mich, ob das überhaupt stimmt. In England hat sich die Gewalt in untere Ligen verlagert. Weil dort die Medien wenig präsent sind, wird auch wenig darüber geredet. Zudem hat England das Problem der Jugendgewalt überhaupt nicht gelöst. In London und andernorts bilden sich Jugendbanden, und es gab erst kürzlich wieder einen Toten, der kaum 12 Jahre alt war. Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass das Gewaltproblem gelöst ist, wenn es nicht mehr im oder ums Stadion auftritt.

Runder Tisch: Weniger Überwachung

Fanpass, Schnellgerichte, verlängerte Untersuchungshaft, Alkoholverbot, keine Auswärtsfans bei sogenannten Hochrisikospielen, Spielabbruch beim Zünden von pyrotechnischem Material - die Liste der Vorschläge zur Bekämpfung der Gewalt im Fussball war nach den Krawallen im Anschluss an das Spiel FC Zürich - FC Basel im Mai und vor dem Cupfinal lang. Bundesrat Ueli Maurer forderte gar "die gesellschaftliche Isolierung" von Krawallmachern.

Was von den unter dem Eindruck der Ereignisse schnell ausgesprochenen Vorschlägen übrig geblieben ist, wird man heute Dienstag sehen. Der runde Tisch unter der Leitung von Bundesrat Maurer will informieren, was das Gremium zu tun gedenkt. Am runden Tisch sitzen nebst Vertretern des Fussball- und Eishockeyverbandes, Fanvertretern und privaten Sicherheitsfirmen auch staatliche Stellen: von den Justizdirektoren bis zu den Polizeikommandanten.

Widerstand von Vereinen und Fans

Offiziell waren keine Informationen zu den Beschlüssen zu erhalten. Wie ein Vorstandsmitglied eines Fussballklubs sagte, sei zumindest die biometrische Überwachung an den Stadioneingängen kein Thema mehr. Noch vor einem halben Jahr war Biometrie ein Kernstück des runden Tischs gewesen. Unter der Projektleitung des Luzerner Polizeikommandanten Beat Hensler wollte man auch die verschiedenen Videoüberwachungssysteme miteinander verbinden, insbesondere dasjenige der SBBmit jenen in den Stadien. Auf diese Weise sollte Datenmaterial gesammelt werden, um Krawallmacher ausfindig zu machen.

Das Vorhaben erlitt allerdings Schiffbruch, weil es frühzeitig publik wurde. Zudem scheiterte es am Widerstand der Fans und Vereine, die das Vorhaben als zu teuer, nicht praktikabel und die Überwachung als einschneidend kritisierten.

Als Folge des Fiaskos wurde die Projektleitung ausgewechselt. Heute ist Pius Valier, Kommandant der St. Galler Stadtpolizei, verantwortlich. Laut dem erwähnten Vorstandsmitglied haben sich unter der neuen Leitung die Gewichte verlagert: Die Projektgruppe setzt nicht mehr ausschliesslich auf repressive Massnahmen, sondern will die Präventionsarbeit stärker gewichten.

Der runde Tisch hat im ersten Halbjahr zahlreiche Fussball- und Eishockeyspiele besucht und dabei Massnahmen punkto Alkoholprävention, Fanarbeit und Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane getestet. (dv.)

"Die Kriminalisierung der Fans nützt vor allem den Radikalen unter ihnen."

* Thomas Busset ist Historiker an der Universität Neuenburg. Für eine Nationalfondsstudie über radikale Fussballfans hat er mit Anhängern aus dem harten Kern des FC Basel, der Young Boys und von Servette vertiefte Interviews geführt. Thomas Busset (et al.): Le football à l'épreuve de la violence et de l'extrémisme. Verlag Antipodes, Lausanne 2008.

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NZZ 23.6.09

Stadtzürcher SP unschlüssig über geplante Hooligan-Datei

Stimmfreigabe zur Vorlage "Gamma"

 urs.  Nach emotionalen Voten haben die Delegierten der Stadtzürcher SP am Montagabend Stimmfreigabe zur Abstimmungsvorlage "Gamma" beschlossen. Unter diesem Namen will die Stadt eine Datenbank schaffen, die bis Ende 2010 im Dienst und in der Verantwortung der polizeilichen Fachgruppe für Hooliganismus geführt würde. Beim Gemeinderatsbeschluss, gegen den die Grünen und die AL dann das Behördenreferendum ergriffen, war die SP-Fraktion etwa im Verhältnis zwei zu eins zugunsten der Befürworter gespalten gewesen. Unter den Delegierten waren die Mehrheitsverhältnisse mit 62 Ja- zu 59 Nein-Stimmen noch viel knapper. So beschlossen sie Stimmfreigabe.

 Registriert würden mit Hilfe der Datei Gewalttaten an Fussball- und Eishockeyspielen in der Stadt beziehungsweise involvierte Personen. Letzteres wird von Gegnern als Rückfall in Zeiten des Fichen-Staats gegeisselt. Die Fragwürdigkeit dieses Vergleichs hatte Gemeinderätin Claudia Nielsen in ihrer befürwortenden Rede dargelegt. Schliesslich werde im Fall der Gamma-Datei benachrichtigt, wer eingetragen werde. Zudem hätten viele Leute Aggressionen an Sportveranstaltungen satt und verlangten Gegenmassnahmen. Ihr Ratskollege André Odermatt warf den Gegnern der Vorlage sinngemäss Feigheit, zumindest Zögerlichkeit vor; es sei in diesem Fall blauäugig, von der Polizei zu verlangen, sie dürfe erst beim Vorliegen strafrechtlich relevanter Taten eingreifen. Polizeivorsteherin Esther Maurer warb für ihr Vorhaben mit der Aussage, es sei zwar kein Allheilmittel, aber ein wichtiger, rechtsstaatlich abgesicherter Mosaikstein in der Gewaltprävention.

 Aus Sicht der Gegnerschaft kritisierte Gemeinderätin Rebekka Wyler die in der Verordnung gewählte Formulierung, dass "gewaltbereite" und "gewaltsuchende" Besucher registriert werden sollen. Das öffne der Willkür Tür und Tor und verletze das hohe Prinzip der Unschuldsvermutung. Kantonsrätin Sabine Ziegler, wie Nielsen und Odermatt auf einen Stadtratssitz aspirierend, stiess ins gleiche Horn; sie vertrat in schneidigem Ton die Ansicht, dass eine Annahme den Rechtsstaat untergrübe und bald vergleichbare Massnahmen in anderen Bereichen nach sich zöge.

 Einstimmig für Ja-Parolen votierten die Delegierten bei den drei weiteren kommunalen Vorlagen, die am 27. September an die Urnen kommen. Es handelt sich um Kredite für den Stadtpark Hardau, für das Umbauprojekt Albis und für Anlagen für EWZ-Energiedienstleistungen.

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GIPFELSOLI 22.6.09
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gipfelsoli.org/Newsletter 22.6.09

22.6.2009 Strasbourg/ Baden-Baden -- L'Aquila -- Heiligendamm

- NATO-Gegner zu Bewährungsstrafen verurteilt
- Blick auf die Repression vor, während und nach dem NATO-Gipfel-Protest
- Aufruf zur antikapitalistischen Demonstration am 11. Juli 2009 in Freiburg
- L'Aquila and the others, beyond the G8
- G8: Kontrollstellen Südtirol
- Staatsanwalt prüft Klage gegen G8-Polizisten
- Staatliche Konstrukte
- Über Observationen
Mehr: http://www.gipfelsoli.org/Newsletter/7311.html