MEDIENSPIEGEL 27.6.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (tojo)
- Progr-Dankeschön-Fest
- Voodoo Rhythm definitiv gerettet
- Drogenpolitik: Repressions-Kosten unbekannt
- Rauchverbot: Abwarten; Historisches; Anti-Rauch-Papst; Aktionen
- Telehess 25.6.09
- Neue BotschaftsschützerInnen
- Fedpol zieht ins Zeughaus-Wankdorf
- Geschehnisse in Biel-Bienne - eine Übersicht
- Rabe-Info 25. + 26.6.09
- Anti-Nazi-Demo Sempach: (Un)Ruhe um die Schlachtfeier
- "Miss Pnos" not amused
- Gassenküche Luzern: Widerstand gegen "Junkie-Pass"
- UNO-World-Drug-Report: Synthetisches, please
- Hooligangrippe: Buchtipp; Polizeikosten; Gewalt
- Stop Murder Music: "Kuscheljournalismus" in der NZZ
- Kaserne Basel: Schulden + -Krise
- Anti-Atom: NAW Solothurn; Mühleberg-Akten; Atompläne-Streit

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REITSCHULE
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Sa 27.06.09
20.30 Uhr - Tojo - Nachtstück. Eine Spielfläche. von Fragment:09
22.00 Uhr - SousLePont - Tight Finks (Bern, 77' Punk) Al and the Black Cats (USA, Rock'n'Roll)
23.00 Uhr - Dachstock - Dachstock Darkside: NOISIA (Vision Rec/nl), Deejaymf (cryo.ch), VCA (Biotic Recs), Silent Extent, DJ Deefine - drum‘n‘bass

So 28.06.09
18.00 Uhr - Rössli - Bar

Infos: www.reitschule.ch

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BZ 26.6.09

Tojo Theater

Abenteuerlicher Egotrip nach Indien

"Nachtstück. Eine Spielfläche" der Gruppe Fragment führt den Zuschauer auf Abwege und spielt gekonnt mit Realitätsebenen.

Ein Erzähler, der vorgibt, einen verschollenen Freund in Indien zu suchen und dabei vor allem sich selbst sucht. Eine mysteriöse Prostituierte, die ihm dabei nur scheinbar hilft. Ein Hellseher, der die Existenz des jungen Mannes in Frage stellt und behauptet, alle seien tot: Antonio Tabucchis Erzählung "Indisches Nachtstück" von 1984 legt dem Leser ständig falsche Fährten und bleibt bis zuletzt mysteriös.

Spiegelung als Leitmotiv

Regisseur Olivier Bachmann hat das Werk Tabucchis eigenhändig zu einem Bühnenstück umgeschrieben und lässt die Schauspieler dabei auf der Bühne alles doppelt tun. Eine Kamera filmt die Akteure und gibt mit Hilfe einer Projektion auf Leinwand, wie ein Spiegel, alles wieder, was sie tun. Spiegelung ist das Leitmotiv der Inszenierung. Sie versinnbildlicht die Selbstbespiegelung des Erzählers ebenso wie sein doppeltes Ich als Suchender und Gesuchter.

Bachmanns Stück ist mehrheitlich als Monolog angelegt. So wird nicht nur die Reise des Protagonisten, sondern auch das Spiel von Hauptdarsteller Michael Glatthard zum Egotrip. Diesen meistert der Schauspieler souverän: Mal wendet er sich an den Zuschauer, mal interagiert er mit seinen im Hintergrund bleibenden Mitspielern (Nina Wägli, Kim Warsén), mal parliert er mit sich selbst.

Provokante Frage

In Fragmenten erzählt er das "Indische Nachtstück" nach und lässt manche Lücke offen, die der Zuschauer selbst füllen muss. Einmal läuft er vom Mikrofon weg und verschwindet. Sein Text läuft ab Band einfach weiter. Mit solchen Kniffen bringt Regisseur Bachmann die Spielordnung gehörig durcheinander und stellt die provokante Frage, was im Theater und im Leben eigentlich imaginär und was wahrhaft ist. Einmal wird das Publikum sogar beinahe gewaltsam aus seiner Theaterrealität herausgerissen. Wie das geschieht, sei hier nicht verraten. Am Ende der mysteriösen Suche erzählt der Protagonist einer Fotografin, er werde von einem anderen gesucht, doch er habe nicht vor, sich finden zu lassen. Wie sollte er auch, ist der andere doch auch wieder nur er selbst.

Helen Lagger

Weitere Vorstellung: Samstag, 27.Juni, 20.30 Uhr, im Tojo Theater. http://www.tojo.ch

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kulturstattbern.derbund.ch 25.6.09

Nicolette Kretz am Donnerstag den 25. Juni 2009 um 11:00 Uhr

Ab nach Goa

So, die Berner Theaterspielzeit tropft nun so langsam aus. Das Schlachthaus hat schon zu, das Stadttheater tanzt dieses Woche noch, das Theater an der Effingerstrasse spielt noch bis Ende Monat ("Das Wetter vor 15 Jahren") und im Tojo ist bis Samstag noch "Nachtstück. Eine Spielfläche." zu sehen.

Diese Produktion von fragment:09 kann ich Ihnen sehr ans Herz legen. Das Stück beruht auf Antonio Tabucchis Erzählung "Indisches Nachtstück" und wird von Michael Glatthard beinahe durchgehend als Monolog gespielt. Er hat zwar Unterstützung von Nina Wägli und dem Musiker Kim Warsén, doch trägt er den grossen Teil des Abends selbst. Die Regie (Olivier Bachmann) hat dabei nicht an Ideen gespart. Auf sehr vielfältige Weise werden die verschiedenen Personen und Dialoge dargestellt, u.a. mit Hilfe einer Kamera, die das Bühnengeschehen im wahrsten Sinne des Wortes spiegelt. Alles ganz unaufgeregt, aber spannend und (v-)effektvoll.

Die Geschichte handelt von einem Mann, der in Indien einen alten Freund sucht. Wir erfahren nicht viel von diesem Freund, oder wieso er ihn sucht. Er weiss es wohl selbst nicht. Stets bleibt unklar, ob er wirklich auf seiner Fährte ist, oder dies nur glaubt. Und am Schluss, in Goa, versteht man: Wer oder was dieser Freund auch ist, der Protagonist spiegelt sich nur selbst in ihm.

Es wäre bestimmt auch schön, die Erzählung zu lesen. Aber lesen können Sie ja dann noch den ganzen Sommer lang im Marzili.

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PROGR
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BZ 25.6.09

Progr-Fest

"Wir wollen Danke sagen"

Am Sonntag steigt im Hof des Progrs ein Fest. Damit wollen sich die Künstler bei der Bevölkerung für den Wahlerfolg bedanken.

Vor sechs Wochen, genauer am 17.Mai, konnten die Pro-Progr-Leute aufatmen: Ihre Initiative wurde vom Stimmvolk deutlich angenommen. Nun wollen sich die Künstler für den Wahlerfolg bedanken und laden dafür am kommenden Sonntag kurzfristig zu einem Hoffest.

Gemütliches Sommerfest

Von 12 Uhr bis um Mitternacht wird am Sonntag, 28.Juni, im Hof des ehemaligen Progymnasiums gefeiert. Auf die Gäste warten Musik, Tanz und zahlreiche Köstlichkeiten wie Crêpes, Grillade sowie ein Gratisbuffet mit Salaten.

"Uns ist wichtig, dass Menschen aller Generationen am Hoffest teilnehmen", sagt Mitorganisator Marc Stucki. Schliesslich wollen sich die Künstler bei allen bedanken, die sie unterstützt haben. Deshalb gäbe es auch ein ausgiebiges Kinderprogramm. "So können Eltern problemlos mit ihren Jüngsten vorbeischauen." Das Fest sei sozusagen eine Alternative zum herkömmlichen Familienausflug am Sonntag, ergänzt Stucki.

Ausdrücklich willkommen seien auch jene, die gegen die Pro-Progr-Initiative waren. "Sie sollen sich ein Bild von uns und unserem Schaffen machen", sagt Stucki. Deshalb kläre er noch ab, ob am Fest sogar einzelne Atelierführungen möglich wären.

"Wir wollten nicht warten"

Normalerweise findet das traditionelle Progr-Fest immer im September statt. "Wir wollten aber nicht bis im Herbst warten, um uns bei den Leuten zu bedanken", betont Stucki. Nach den Sommerferien wäre die Abstimmung einfach schon sehr weit zurückgelegen. Die Künstler bevorzugten daher ein spontanes Fest. Das sei zwar kleiner und improvisiert, dafür könne es schon in wenigen Tagen realisiert werden. Zudem sei nun, im Gegensatz zum Frühherbst, ein richtiges Sommerfest möglich, sagt der Mitorganisator.

Alles hausgemacht

Am Dankeschönfest werde so viel wie möglich hausgemacht. "Es ist ein Fest von uns und auch ein wenig für uns", erklärt Stucki. Und ergänzt: "Als Organisatoren wollen wir uns auch bei den Künstlern bedanken, die sich so intensiv für Pro Progr eingesetzt haben."

Die Tanz- und Musikbeiträge im Hof leisteten ausschliesslich Leute des Hauses. Auch die vielen Beilagen für das Gratisbuffet werden laut Stucki selbst hergestellt.

Patrizia Pulfer

Dankeschönfest: Sonntag, 28.Juni, ab 12Uhr bis Mitternacht im Hof des Progr.

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VOODOO RHYTHM
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20min.ch 24.6.09

Voodoo Rhythm ist gerettet

Das Label Voodoo Rhythm des Berners Beat Zeller alias Beat-Man ist gerettet. In einem Schreiben an all seine Freunde und Unterstützer hat er mitgeteilt, dass sich sein Label und die Urheberrechtsgesellschaft Suisa einigen konnten.

Die Rechnung fällt nun deutlich tiefer aus. Noch Anfang Jahr hatte die Suisa dem Voodoo-Chef 42 000 Franken in Rechnung gestellt. Mit Spenden und Benefizkonzerten auf dem halben Erdball haben Freunde von Beat-Man und dessen Bands insgesamt 46 000 Franken gesammelt.

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voodoorhythm.com 24.6.09

Liebe  Kollegen, Freunde, Fans und Lebensretter
   
Wir  freuen uns riesig, Euch folgende freudige Botschaft mitteilen  zu können:
Nach  mehreren Gesprächen mit der SUISA über die ausstehenden  Zahlungen konnten wir letztendlich eine gute Lösung für alle  Beteiligten finden.
   
Wir  haben die Hosen runter gelassen und aufgrund der eingesendeten Unterlagen und von uns gemachten, detaillierten Angaben konnte  uns die SUISA eine neue Rechnung stellen, die deutlich tiefer  ausfällt als die ursprüngliche Schätzung. Für die Zukunft  wollen wir im Rahmen eines langfristigen Vertrages eng mit der  SUISA zusammenarbeiten.
Zur  Erinnerung: im Januar 2009 flatterte eine Rechnung von rund  42.000 CHF in Haus, die uns zu Hilfeschreien und  Spendenaufrufen veranlasste.
   
Dank  der zahlreichen Eingänge, der unglaublichen Loyalität  seitens Fans, Presse und anderer Medien, den zahlreichen  Benefiz-Veranstaltungen und dem Entgegenkommen der SUISA könnt  Ihr stolz behaupten: WE SAVED VOODOO RHYTHM!
Unserer  grenzenlosen Dankbarkeit können wir kaum Ausdruck verleihen,  dank all dieser Aktionen besteht Voodoo Rhythm weiter. Doch es  werden einige Neuerungen und Umstrukturierungen nötig sein,  um den geforderten Anforderungen Folge zu leisten.
   
Hier  eine kleine Hochrechnung:
Wir  haben aus Spenden und Benefiz-Veranstaltungen ca. 46.000  Franken einnehmen können. Das ist der absolute Wahnsinn!
Nach  Begleichung der Rechnung für Urheberrechte aus den Jahren  2008 und 2009 (vertraglich vereinbarte Akontozahlungen) bleibt  uns ein Restbetrag von ca. 20.000 Franken.
Diesen  Überschuss planen wir für Folgendes zu verwenden:
- Die  Voodoo Rhythm Bands, die Geld zur Unterstützung überwiesen  haben, bekommen dieses zurück, das sind ca. 4.000 Franken
- Wir  investieren in dringend benötigte Infrastruktur. Das neue Abrechnungssystem mit der SUISA verlangt eine ordentliche  Buchführung, die wir bis jetzt mit dem Beat-Man Way  bestritten. Nun muss eine Buchführungssoftware, sowie  einiges an Hardware angeschafft und eingerichtet werden.  (Wer da helfen kann: BITTE MELDEN!) Hier haben wir noch  keine Ahnung in welchem Rahmen sich diese Kosten belaufen werden, auf jeden Fall wird's nicht billig. Das ist nötig,  damit erlebte Geschichte nicht nochmals passiert und wir  in Zukunft korrekt mit der SUISA abrechnen können.
- Der  Überschuss ermöglicht uns vorerst für die Bands die  gleichen Deals beizubehalten (Gratisexemplare plus günstige  Selbsteinkäufe der Tonträger).
- Wir  sind weiterhin in der Lage Underground-Musik zu veröffentlichen, zumindest vorerst.
- Ein  Dankeschön in limitierter Auflage wird für alle Helfer  hergestellt. HIERZU BITTEN WIR ALLE SPENDER IHRE  POSTANSCHRIFT AN nicole@voodoorhythm.com  ZU SENDEN!!!
   
Nochmals  den grössten Dank und Respekt an Euch da draussen, Euer Rückenwind  hat uns wieder aufgestellt! HUT AB!
   
Bei  fragen meldet Euch bei:
Martin  Wüthrich, Leiter Kommunikation, SUISA, +41 44 485 65 03
Nicole  Zorn, Voodoo Rhythm Records, +41 31 3321319, +4969 78800315, Nicole@voodoorhythm.com

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DROGENPOLITIK
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BZ 24.6.09

Zahlen zur Drogensucht

Die Drogenpolitik kostet den Kanton Bern Millionen. Laut Regierungsrat gibt es über 1700 Drogensüchtige.

Die Drogenpolitik beruht auf vier Säulen: Prävention, Therapie, Schadensminderung/Überlebenshilfe sowie Repression. Wie viel Geld der Kanton in den einzelnen Bereichen ausgibt, geht aus der Antwort des Regierungsrats auf eine Interpellation von SVP-Grossrätin Sabina Geissbühler (Herrenschwanden) hervor. Die erste Säule kostet jährlich 1,8 Millionen Franken. Die Kosten für den Bereich Therapie belaufen sich pro Jahr auf 11 Millionen, und für die dritte Säule gibt der Kanton jährlich 5,4 Millionen Franken aus.

Polizeiaufwand unbekannt

Keine präzisen Angaben kann der Regierungsrat zur vierten Säule machen. Die Kantonspolizei gehe auf verschiedenen Ebenen gegen den illegalen Betäubungsmittelkonsum und -handel vor, schreibt er. Dadurch fielen sowohl «erhebliche» Personal- wie auch Sachkosten an. Zudem habe auch die Justiz Aufwendungen, wozu die Ausgaben im Strafvollzug hinzuzurechnen seien.

Die heroingestützte Behandlung (Koda) unterstützte der Kanton im vergangenen Jahr mit 235000 Franken. Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion hat dafür mit dem Verein kontrollierte Drogenverschreibung einen Leistungsvertrag abgeschlossen.

Zigtausende von Spritzen

Die Stiftung Contact Netz, die regional verankerte ambulante und stationäre Suchthilfe mit Schwerpunkt illegale Drogen anbietet, erhielt im vergangenen Jahr vom Kanton 10,1 Millionen Franken. Auch hier existiert ein Leistungsvertrag. Laut Antwort der Regierung geht man auf Grund von Erhebungen bei den Kontakt- und Anlaufstellen in Bern und Biel davon aus, dass bei Contact Netz rund 1700 Drogensüchtige jährlich 660000 Spritzen mit Nadeln und 750000 Nadeln entgegennehmen. Wobei die Regierung anfügt: «Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl effektiv höher ist, da Benutzerinnen und Benutzer von anonymisierten Angeboten nicht eingerechnet sind.»
drh

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be.gr.ch/gr 17.6.09
http://www.be.ch/gr/VosData/Gwd/Parlamentarische%20Vorstoesse/Interpellationen/2009/20090623_073424/DOCSSTA-315384-v1-I_046_2009_Geissbuehler-Strupler__Herrenschwand_3347.pdf

I 046/2009 GEF 17. Juni 2009 GEF C
Interpellation
1081 Geissbühler-Strupler, Herrenschwanden (SVP)
Weitere Unterschriften: 11 Eingereicht am: 19.01.2009

Wo bleibt die Kosten/Nutzenrechnung im Drogenbereich, insbesondere für die Aufwendungen der Stiftung Contact Netz

Auf Grund eines Leistungsvertrages mit dem Kanton erhält die Stiftung Contact Netz jährlich über 10 Millionen Steuerfranken. Die Gesamtausgaben der Stiftung belaufen sich auf insgesamt CHF 14'782'922.00, wovon CHF 6'332'344.00 allein für die so genannte Schadensminderung/ Überlebenshilfe ausgegeben werden, so unter anderem für den Unterhalt der Fixerräume und die Abgabe von 660'000 Spritzen mit Nadel und 750'000 Nadeln. Präventionsmassnahmen, mit welcher potentielle Drogenkonsumenten vom Konsum abgehalten werden könnten, sucht man hingegen vergebens. Wenig vertrauenserweckend ist die Tatsache, dass die Stiftung im Jahresbericht 2007 weder Budget noch Rechnung vorlegt.
Dies erweckt den Eindruck, dass die Stiftung Contact Netz mit den Geldern ihre ganz persönliche Drogenpolitik betreibt und primär ihrer Liberalisierungspolitik nachlebt. Und dies obwohl nach der Ablehnung der Cannabis-Legalisierung an der Urne im November 2008 offensichtlich einer Mehrheit der Bevölkerung klar ist, dass Cannabiskonsum gerade beim heutigen THC-Gehalt der Pflanzen in hohem Masse schädlich ist. Besonders zu denken geben sollte in diesem Zusammenhang, dass die Stiftung Contact Netz im Vorfeld der Abstimmung mit den ihr anvertrauten Stiftungsgeldern eine Medienkonferenz für die Legalisierung von Cannabis organisierte. Dabei kam ihr die Vertrauensposition, der durch den Vertrag mit dem Kanton entsteht, zu Gute.

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Zusammenstellung Gesamtkosten Leistungsvertrag 2008 Contact Netz mit Kanton Bern
(siehe Grafik http://www.be.ch/gr/VosData/Gwd/Parlamentarische%20Vorstoesse/Interpellationen/2009/20090623_073424/DOCSSTA-315384-v1-I_046_2009_Geissbuehler-Strupler__Herrenschwand_3347.pdf)
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Es ist an der Zeit, dass der Grosse Rat des Kantons Bern seine Verantwortung gegenüber den Steuerzahlenden und den betroffenen Hilfesuchenden wahrnimmt und die Ausgaben des Kantons Bern für die Stiftung Contact Netz hinterfragt.

Der Regierungsrat wird zur Beantwortung folgender Fragen gebeten:

1. Wie weit ist der Regierungsrat über die Geschäftstätigkeit seines Vertragspartners informiert.
Weiss er,
a. aus welchen einzelnen Einkünften sich der Eigenertrag der Stiftung Contact Netz zusammensetzt?
b. aus welchen Beträgen sich die Gemeinkosten der Stiftung Contact Netz zusammensetzen?
c. wie viele Drogensüchtige insgesamt in der Stiftung Contact Netz die jährlich insgesamt 660'000 Spritzen mit Nadeln und die 750'000 Nadeln entgegennehmen?
d. wie viele staatliche Heroinbezüger politoxikoman sind?
e. aus welchen Mitteln die Spritzenabgabestelle der Stiftung Contact Netz in Usbekistan und Georgien finanziert wird?

2. Hat der Regierungsrat einen Überblick über die Kostenpunkte der einzelnen Säulen der Drogenpolitik? Weiss er,
a. wie viel die heroingestützte Behandlung KODA dem Kanton Bern jährlich kostet?
b. wie viel die Drogenprävention (Säule 1) dem Kanton Bern insgesamt kostet?
c. wie viel die Drogentherapie (Säule 2) dem Kanton Bern insgesamt kostet?
d. wie viel die Schadensminderung/Überlebenshilfe (Säule 3) dem Kanton Bern insgesamt kostet?
e. wie viel die Drogenrepression (Säule 4) dem Kanton Bern insgesamt kostet?
f. wie viel der Kanton Bern für die Primärprävention im Drogenbereich ausgibt?

Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 26.01.2009

Antwort des Regierungsrates

Die Stiftung Contact Netz erbringt im Auftrag der Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) Leistungen im Suchthilfebereich. Die Angebote werden kantonal gesteuert und sind regional ausgerichtet. Die Interpellantin hat sich mit den Verträgen, die zwischen der Stiftung Contact Netz und der GEF abgeschlossen werden, auseinander gesetzt. Sie stellt sich die Frage, ob die der Stiftung durch den Kanton zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel zielführend eingesetzt werden.

Vorab möchte der Regierungsrat festhalten, dass die GEF die Rechnungen aller Institutionen im Suchtbereich prüft und analysiert. Diese werden bei Bedarf auch der Finanzkontrolle vorgelegt. Die inhaltliche Prüfung wird mittels der Reportings vorgenommen und genau evaluiert. Die Auswertung bildet die Basis für den Abschluss des neuen Jahresvertrags. Die zu erbringenden Leistungen werden aufgrund der Bedarfslage zwischen den Partnern jährlich neu verhandelt.

Im Weiteren beanstandet die Interpellantin, dass die Stiftung Contact Netz Drogenpolitik betreibt, indem sie sich im Vorfeld der Abstimmung zur Hanfinitiative im November 2008 öffentlich positioniert hat. Der Regierungsrat vertritt die Meinung, dass Fachorganisationen sachlich und fachlich fundiert ihren Beitrag zur Meinungsbildung des Stimmvolkes leisten sollen und dürfen. Für die Hanfinitiative und ebenfalls für die Revision des Betäubungsmittelgesetzes haben sich sehr viele Fachverbände und Institutionen schweizweit engagiert. Insbesondere verweisen wir auf den abweisenden Entscheid des Regierungsrates vom 12. November 2008 betreffend der Abstimmungsbeschwerde der Vereinigung „Eltern gegen Drogen“. Die Informationstätigkeit der Stiftung wurde darin behördlichen Akten gleichgestellt. Zusammenfassend wurde festgehalten, dass die Stiftung Contact Netz we3 der bei der Wahl der Informationsmittel und des Zeitpunkts der Information noch bei der Form der Information in unzulässiger Weise gehandelt hat.

Der Regierungsrat nimmt zu den aufgeworfenen Fragen wie folgt Stellung:

1. Wie weit ist der Regierungsrat über die Geschäftstätigkeit seines Vertragspartners informiert. Weiss er,

a) aus welchen einzelnen Einkünften sich der Eigenertrag der Stiftung Contact Netz zusammensetzt?
Der Ertrag wird in den drei Bereichen Wohnen, Arbeit (produktiver Bereich) und Medizin (Erträge der Krankenkassen) generiert.

b) aus welchen Beträgen sich die Gemeinkosten der Stiftung Contact zusammensetzen?
Die Gemeinkosten setzen sich aus den Kosten für Infrastruktur, Administration und Führung zusammen und machen ca. 15 % des Bruttobudgets aus.

c) wie viele Drogensüchtige insgesamt in der Stiftung Contact Netz die jährlich insgesamt 660'000 Spritzen mit Nadeln und die 750'000 Nadeln entgegennehmen?
Aufgrund von Erhebungen bei den Kontakt- und Anlaufstellen in Bern und Biel geht man von 1’700 Konsumierenden aus. Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl effektiv höher ist, da Benutzerinnen und Benutzer von anonymisierten Angeboten nicht eingerechnet sind.

d) wie viele staatliche Heroinbezüger politoxikoman sind?
Beim Eintritt in die heroingestützte Behandlung sind praktisch alle Patientinnen und Patienten politoxikoman. Mit der gezielten medizinischen und psychosozialen Betreuung, u.a. auch mittels Kontrollen, nimmt der Nebenkonsum ab.

e) aus welchen Mitteln die Spritzenabgabestelle der Stiftung Contact Netz in Usbekistan
und Georgien finanziert wird?
Das Contact Netz führt im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit BAG ein Schadensminderungs-Projekt in Usbekistan. Von zentraler Bedeutung ist dabei die AIDS-Prävention von intravenös konsumierenden Heroinabhängigen. Die Unterbindung von Spritzentausch über die Abgabe von Spritzen ist dabei ein bewährtes Mittel. Finanziert wird das Projekt vom BAG. In der Steuergruppe Schweiz nehmen das BAG, DEZA, EDA sowie das Contact Netz Einsitz.
In Georgien ist Contact Netz als Projekt-Partner in einem auf Rehabilitation und Reintegration von ehemaligen Drogenkonsumenten engagiert. Dabei geht es um Wissenstransfer. Finanziert wird das Projekt vom Bundesamt für Migration. Zu Lasten des Kantons fallen in beiden Projekten keine Kosten an.

2. Hat der Regierungsrat einen Überblick über die Kostenpunkte der einzelnen Säulen der Drogenpolitik? Weiss er,

a) wie viel die heroingestützte Behandlung KODA dem Kanton Bern jährlich kostet?
Im Jahr 2008 finanzierte der Kanton KODA mit CHF 235’000.--. Die GEF hat mit dem Verein kontrollierte Drogenverschreibung (VkD) einen Leistungsvertrag abgeschlossen und das Controllingprozedere erfolgt wie eingangs beschrieben.

b) wie viel die Drogenprävention (Säule 1) dem Kanton Bern insgesamt kostet?
Die Kosten der Staatsbeiträge für den Bereich Prävention betragen pro Jahr CHF 1.8 Mio. (gesamter Suchtbereich, illegal/legal).

c) wie viel die Drogentherapie (Säule 2) dem Kanton Bern insgesamt kostet?
Die Kosten der Staatsbeiträge für den Bereich Therapie betragen pro Jahr CHF 11 Mio. (gesamter Suchtbereich, illegal/legal).

d) wie viel die Schadensminderung/Überlebenshilfe (Säule 3) dem Kanton Bern insgesamt
kostet?
Die Kosten der Staatsbeiträge für den Bereich Schadensminderung betragen pro Jahr CHF 5.4 Mio. (gesamter Suchtbereich, illegal/legal).

e) wie viel die Drogenrepression (Säule 4) dem Kanton Bern insgesamt kostet?
Von Seiten Kantonspolizei Bern wird auf verschiedenen Ebenen gegen den illegalen Betäubungsmittel-Konsum und Handel vorgegangen (Generalisten, Regionalfahndungen, Kriminalabteilung). Dadurch fallen sowohl erhebliche Personalkosten wie auch Sachkosten an. Entsprechende Kosten fallen auch bei der Justiz an.
Da aber keine spezifische Erfassung der Aktivitäten für den illegalen Drogenbereich erfolgt, können keine präzisen Angaben gemacht werden. Zu den Aufwendungen der Justiz sind die Ausgaben im Strafvollzug hinzuzurechnen.

f) wie viel der Kanton Bern für die Primärprävention im Drogenbereich ausgibt?
Für die Finanzierung von spezifischen Massnahmen im Rahmen der Schwerpunkteplanung Gesundheitsförderung/Prävention werden pro Jahr CHF 850'000.-- aufgewendet.

An den Grossen Rat


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RAUCHVERBOT
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BZ 27.6.09

Rauchverbot ab 1. Juli

"Abwarten, was es bringt"

Über die Hälfte der Gesuche für ein Fumoir wurden bisher bewilligt oder mit Auflagen zugesichert. Einige Wirte befürchten Umsatzeinbussen. Die Gastro-Bern-Präsidentin rät: "Wir müssen abwarten, was uns das Nichtrauchen bringt."

Noch vier Tage lang darf in den Berner Beizen geraucht werden. Am Mittwoch, 1.Juli, ist Schluss; es sei denn, den Rauchern stünde ein Fumoir zur Verfügung. Im Amtsbezirk Bern sind von 970 Betrieben rund 60 entsprechende Gesuche eingegangen. 18 wurden von Regierungsstatthalterin Regula Mader bewilligt, 17 Fumoirs wurden unter dem Vorbehalt einer baulichen Veränderung zugesichert. 30 Gesuche sind noch hängig. Ein Fumoir muss laut Verordnung zum Schutz vor Passivrauchen ein abgeschlossener Raum mit eigener Lüftung sein.

"Ich habe 12000 Franken für das Fumoir investiert", sagt Antonio "Delfino" Affrunti und zeigt nicht ohne Stolz das Bewilligungsschreiben der Statthalterin. Der gebürtige Sizilianer führt die Delfino-Bar in der Amthausgasse. Das Fumoir im hinteren Teil der Bar hat er bereits mit einer eigenen Lüftung versehen, was noch fehlt, ist eine Glaswand, welche den 25 Quadratmeter grossen Raum von der übrigen Bar abtrennt. "Am 6.Juli ist das Fumoir bezugsbereit", sagt Affrunti.

Bereits gestern eingerichtet wurde der Raucherraum im Kursaal. In der Nähe der Allegro-Bar wurde ein Sitzungszimmer in eine gediegene Smokers-Lounge umgewandelt. "Hier haben 25 Personen Platz, sie werden vom Barpersonal bedient", sagt Kursaal-Direktor Patrik Scherrer. Für viele Wirte kommt ein Fumoir nicht in Frage. "Diese Investition kann ich mir nicht leisten", sagt etwa Hanspeter Luterbacher vom "Mühlirad" in der Matte. Er befürchtet Umsatzeinbussen. Und deshalb möchte er die nicht rauchenden Gäste während der Sommermonate bitten, die Tische auf der Terrasse für die Raucher freizuhalten.

Zu klein für ein Fumoir ist laut Hotelier Hannes Imboden ("Bären" und "Bristol") auch sein Restaurationsbetrieb. Er hat ein Gesuch für Stehtische vor dem "Bären"-Eingang eingereicht.

 Eine Luxusvariante plant das 5-Sterne-Hotel Bellevue. "Wir können nicht einfach ein Aquarium in eine Ecke stellen und die Gäste in einen Glaskasten schicken", sagt "Bellevue"-Direktor Urs Bührer. Bei ihrem Projekt - er will nicht konkreter werden - gehe es um einen sechsstelligen Betrag. "Vorläufig hoffen wir jetzt auf schönes Wetter."

 Eveline Neeracher, Präsidentin Regionalsektion Gastro Bern, sagt: "Ich weiss nicht, was uns das Nichtrauchen bringt, wir müssen abwarten. Aber ich verstehe die Wirte, die Angst vor Einbussen haben."

Urs Wüthrich

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Rauchen

Vom Genuss zur Sucht

 Tabak wird nicht als Genussmittel, sondern als schädliches Suchtmittel gesehen. Deshalb dienen Rauchverbote auch nicht in erster Linie dazu, das Rauchen einzudämmen. Es verhält sich genau umgekehrt: Rauchverbote sind eine Folge davon, dass der Tabakkonsum rückläufig ist.

Ja, es stimmt. Durch unzählige Studien bewiesen. Rauchen ist ungesund. Das bestreitet heute niemand mehr. Darum geht es auch nicht. Es geht darum, dass das Rauchen hinhalten muss für etwas, was gar nicht so sehr mit dem Rauchen, sondern vielmehr mit veränderten Werten in der Gesellschaft zu tun hat.

Wer sagt, was sich gehört?

Es herrscht eine Stellvertreterdebatte, eine Debatte der gesellschaftlichen Regeln, Normen und Ideale. Oder, wie es der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Christoph Maria Merki formuliert: "Die Raucherdebatte ist ein Brennglas, in dem sich die Gesellschaft spiegelt" (siehe Interview). Er spricht damit Fragen des Zusammenlebens an, Fragen der öffentlichen Massregelung. Denn diese Rolle übernahmen in den vorhergehenden Jahrhunderten andere Autoritäten. Die Kirche, die ein enthaltsames Leben propagierte. Die Eltern, die standesbewusst lebten.

Doch Mitte des letzten Jahrhunderts verloren diese Autoritäten an Einfluss, wurde die Freiheit des Individuums zum höchsten Gut. Es wurde konsumorientiert gelebt, inklusive Rauchen. Und jetzt übernimmt die Gesellschaft, vertreten durch den Staat, die frei gewordene Rolle; jetzt will die Gesellschaft das Individuum vor schädlichen Einflüssen schützen.

1660: Schweres Vergehen

Das Rauchen. Von Kolumbus Ende des 15.Jahrhunderts aus Amerika nach Europa gebracht, verbreitete sich der Tabak, begünstigt durch den Dreissigjährigen Krieg im 17.Jahrhundert, schnell auf dem alten Kontinent. Das wurde nicht überall gerne gesehen. Der Stand Bern erklärte das Rauchen 1660 zum schweren Vergehen. Trotzdem wurde die Tabakpflanze in der zweiten Hälfte des 17.Jahrhunderts bereits in Berner Oberländer Bauerngärten angepflanzt. Das sei zur "Deckung des Eigenbedarfs" geschehen, schreibt Volkskundler Thomas Hengartner in "Tabakkonsum und Rauchen". Einmal erwischt, wurden die Bauern auch verurteilt - ein solcher Fall ist beispielsweise in den Chorgerichtsakten von Saanen aus dem Jahr 1687 ersichtlich. Die Strafverfolgung war allerdings schwierig. Deshalb sei man nach kurzer Zeit auch vom Rauchverbot abgekommen. Aus einem simplen Grund: "Das Rauchen liess sich nicht bis in die Privathaushalte verfolgen", sagt Merki.

Somit begann der Siegeszug des Genussmittels. Ein Genussmittel, das bald einmal für die Unterschicht erschwinglich war, denn Tabak musste nicht mehr nur teuer importiert werden, sondern wurde auch hier zu Lande angebaut, namentlich in der Region Payerne. Obwohl es damals schon gesundheitliche Bedenken gab, waren von Tabak verursachte Krankheiten wie Lungenkrebs nicht medizinisch nachzuweisen - ganz einfach weil die Menschen starben, bevor der Lungenkrebs festgestellt wurde.

Rauchen im TV

Noch viel später, 1965, durfte Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt in einer Fernsehsendung als Gast bei Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki genüsslich eine Zigarre rauchen und dabei den Aschenbecher in Brand setzen, im Flugzeug konnten Rauchersitze gebucht werden, und Züge ohne Raucherabteile konnten sich Reisende fast nicht vorstellen. Passé.

Öffentliche Räume werden immer häufiger zu rauchfreien Räumen. Italien, das 2005 Rauchen in Restaurants verbot, war ein Vorreiter. In der Schweiz war es im Frühling 2007 das Tessin, das als erster Kanton Restaurants und Bars zur rauchfreien Zone machte. Seither folgten St.Gallen, Neuenburg, Graubünden und zuletzt Solothurn.

Ob allerdings der Tabakkonsum durch diese Verbote zurückgeht, ist umstritten. So ist die Raucherquote in der Schweiz seit 2001 von 33 Prozent auf 27 Prozent gesunken. Erfasst wurde in dieser Statistik, die im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit seit 2001 jährlich durchgeführt wird, die Altersgruppe der 14- bis 65-Jährigen. Noch Mitte des letzten Jahrhunderts waren es laut Christoph Maria Merki hingegen bis zu 85 Prozent der deutschen Männer, die Tabak konsumierten. Die Zahlen dürften damals für die Schweiz ähnlich gewesen sein. Seither ging der Tabakkonsum laufend zurück - auch ohne restriktive Massnahmen.

Minderheit der Raucher

Deshalb sind die nun eingeführten Verbote laut dem Historiker Merki auch nicht in erster Linie dazu da, das Rauchen einzudämmen, sondern sie entstehen, weil im Gegensatz zu früher nicht mehr eine Mehrheit der Bevölkerung den Glimmstängeln zugeneigt ist. Rauchverbote sind also eine Folge des Rückgangs des Tabakkonsums, und nicht umgekehrt.

Raucher werden aus Restaurants und Co. verbannt. Logisch, denn Rauchen ist kein Normalverhalten mehr. Die Mehrheit der Bevölkerung hat den Zigaretten abgeschworen. Das Rauchen wurde nicht durch staatliche Vorschriften, die folgten später, sondern durch eine gesundheitsbewusstere Gesellschaft zunehmend aus dem Alltagsleben vertrieben.

Marina Bolzli

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Rauchverbot im Kanton Bern

"Es gibt keinen Gesundheitswahn"

Ab 1.Juli gilt im Kanton Bern ein Rauchverbot in öffentlichen Räumen. Das sei bloss ein weiterer Schritt in der "Entalltäglichung des Rauchens", sagt der Berner Historiker Christoph Merki. Von einem Gesundheitswahn zu sprechen sei völlig übertrieben.

Herr Merki, herrscht in unserer Gesellschaft ein Gesundheitswahn?

Christoph Maria Merki: Was meinen Sie damit genau?

Eine neue Form von Gesellschaft, welche die Gesundheit zum Zwang macht.

Zum Glück dürfen wir immer noch essen, was wir wollen. Aber Scherz beiseite: Ein Gesundheitswahn würde erst herrschen, wenn das, was jetzt in Ansätzen da ist, konsequent zu Ende geführt würde.

Ist das eine Möglichkeit?

Bis es zu einem solchen Wahn im wörtlichen Sinne käme, bräuchte es viel mehr. Nur weil das Rauchen in Restaurants verboten wird, ist die Gesellschaft noch lange nicht von einem Wahn befallen. Niemand wird ausserhalb von Restaurants verfolgt, bloss weil er oder sie raucht. Gesundheitswahn ist insofern ein Kampfbegriff, der sagt: "Achtung, wehret den Anfängen."

Gibt es denn solche Tendenzen?

In den USA ist die entsprechende Entwicklung bereits weiter fortgeschritten. Nehmen wir das Rauchen: Es wurde fast völlig aus dem öffentlichen Leben verbannt. Es ist nicht mehr ein gesellschaftliches Normalverhalten, sondern eine Ausnahmeerscheinung. Man kann dies Entalltäglichung nennen. Während es früher zum Beispiel selbstverständlich war, nach dem Essen gemeinsam zu rauchen, ist das heute nicht mehr üblich. Der Raucher geht allein auf den Balkon. Eine weitere Entalltäglichung ist auch bei uns denkbar, etwa das Aufstellen neuer, restriktiver Normen, zum Beispiel eine Erhöhung der Steuern und weitere Konsumverbote bis hin zu einer allgemeinen Prohibition. Ob ein solches Verbot sinnvoll wäre, weiss ich allerdings nicht.

Weshalb könnte ein Verbot nicht sinnvoll sein?

Weil alles, was wirklich verboten ist, für bestimmte Gruppen erst recht attraktiv wird. Das sieht man bei den Drogen ganz deutlich. Jugendliche, die sich in einem schwierigen Alter befinden, sind in diesem Bereich besonders stark gefährdet. Ausserdem stellt sich die Frage, wie sehr der Anteil der Raucher noch sinken kann. Fällt er unter einen bestimmten Prozentsatz, dann würde das Rauchen so marginalisiert, dass sich ein mass- und sinnvoller Umgang mit Tabak nicht mehr lernen lassen würde.

Es hat also mit einer Diskriminierung der Rauchenden zu tun?

Man sollte das nicht gegeneinander ausspielen: Diskriminierung der Raucher versus Schutz der Nichtraucher. Es gibt ja Leute, die sind froh über das Rauchverbot in den Restaurants.

Die meisten sind froh.

Genau. Es handelt sich einfach um eine neue Regel, die das Zusammenleben der beiden Gruppen an einem bestimmten Ort neu organisiert.

Weshalb muss man die Gesellschaft mit Gesetzen vor schädlichen Einflüssen schützen? Das brauchte es doch früher nicht.

Aber heute ist es erwiesen, dass sowohl das Rauchen als auch das Passivrauchen schädlich sind. Ausserdem habe ich das Gefühl, dass man früher mehr Rücksicht nahm und in Anwesenheit von Nichtrauchern nicht ganz so viel geraucht hat. Wann sind Sie zum Beispiel das letzte Mal in einem Restaurant gefragt worden, ob neben Ihnen geraucht werden dürfe?

Dann hat die Prohibition damit zu tun, dass die Menschen rücksichtsloser geworden sind?

Ja, auch. Um es mit einem altmodischen Begriff zu sagen: Das Rauchverbot in öffentlichen Räumen hat wohl mit verloren gegangenem Anstand zu tun. Nämlich lediglich zu rauchen, nachdem man gefragt hat, und dies massvoll zu tun.

Liberale Politiker sagen, durch diese Restriktionen werde die Freiheit des Individuums beschränkt.

Richtig. Es stimmt aber auch, dass die Freiheit des einen dort endet, wo die Freiheit des andern, nicht mit Tabakqualm belästigt zu werden, anfängt. Was für eine Art Freiheit meinen Sie denn, eine unbeschränkte?

Wenn ich ins Restaurant essen gehe und dort rauchen kann.

Diese Freiheit ist doch nicht wirklich lebenswichtig, oder?

Ein Verbot ist trotzdem eine Einschränkung.

Stimmt. Aber vergessen Sie bitte die Relationen nicht. Rauchen ist ja nicht verboten wie im 17.Jahrhundert. Sie können zu Hause rauchen, in einem Fumoir, auf der Strasse, wann Sie wollen, so viel Sie wollen. Kein Problem. Die Gesellschaft übernimmt sogar die Kosten der Behandlung von Lungenkrebs und Herzinfarkt, auch wenn Sie sich diesem Risiko bewusst ausgesetzt haben.

Wenn ich viel Fastfood esse und deswegen übergewichtig werde, setze ich mich auch einem höheren Risiko aus.

Genau, denn Genuss ist ambivalent. Die interessante Frage ist doch: Wann kippt Genuss in Sucht, in eine nicht nur für den Einzelnen, sondern für die Gesellschaft als Ganzes schädliche Sucht? Jeder hat hier eine Verantwortung sich selbst, aber auch der Gesellschaft gegenüber.

Darf das in unserer Gesellschaft von jedem Einzelnen erwartet werden?

Ja, ich denke schon. Wenn niemand mehr zu sich Sorge trägt, dann fällt die Gesellschaft auseinander und sind die, die noch Sorge zu sich selbst tragen, die Betrogenen.

Und weshalb sollen nur Raucher mit neuen Gesetzen eingeschränkt werden? Auch Alkohol ist schädlich.

Alkohol ist nicht per se schädlich, er kann es sein. Im Gegensatz zum Rauchen ist Alkohol schon seit Jahrtausenden und nicht erst seit Jahrhunderten stark in unsere Gesellschaft eingebunden. Das Bier beispielsweise gab es in ähnlicher Form

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Das Gesetz

Bis 20000 Franken Busse

Laut Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen wird mit einer Busse von 40 bis 2000 Franken bestraft, wer als Raucherin oder Raucher das Verbot missachtet. Teurer zu stehen kommt es für Wirte. Sie können mit 200 bis 20000 Franken gebüsst werden, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen. Und diese sind: Innenräume rauchfrei halten, über das Rauchverbot informieren, Gäste anhalten, das Rauchen zu unterlassen und nötigenfalls Personen wegweisen, die das Verbot missachten. Das Rauchverbot gilt auch für Festwirtschaften in einem Festzelt. Das Rauchen kann in einem zweiten Zelt gestattet werden, wenn dieses nicht grösser ist als ein Drittel des Festzeltes. In Passagen in der Innenstadt ist das Rauchen gestattet.
sru


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BZ 26.6.09

EVP-Grossrat Ruedi Löffel

"Ich bin gerne der Antirauchpapst"

Ab dem 1.Juli müssen Raucher ins Freie oder ins Fumoir, wenn sie sich eine Zigarette anzünden wollen. Das haben sie EVP-Grossrat und Suchtberater Ruedi Löffel zu verdanken. Gänzlich frei von Süchten ist dieser aber auch nicht.

Nach der letzten Session liess EVP-Grossrat Ruedi Löffel (Münchenbuchsee) aus dem Berner Rathaus eine Rauchverbots-Tafel mitgehen. Sie hängt jetzt in seinem Büro in Ausserholligen. Im Rathaus habe das Schild ausgedient, sagt Löffel und grinst übers ganze Gesicht. Denn ab dem 1.Juli darf sowieso in keinem öffentlich zugänglichen Raum im Kanton Bern mehr geraucht werden. Das haben die Bernerinnen und Berner - ob es sie freut oder nicht - Ruedi Löffel zu verdanken.

Für das Verbot hat er jahrelang gekämpft. Wobei: Ihm ist es gar nicht recht, wenn unter dem Titel "Rauchverbot" über sein Engagement berichtet wird. Schliesslich wolle er niemandem etwas verbieten. "Von mir aus darf einer rauchen, bis er tot umfällt", winkt Löffel lachend ab. Aber - und jetzt wird er sehr ernst - es gehe nicht an, dass andere in Mitleidenschaft gezogen würden. Diese zu schützen, darum gehe es bei dem Gesetz, das am 1.Juli in Kraft tritt.

Löffels erste Motion für "saubere Luft im Gastgewerbe" wurde im Juni 2006 durch den Stichentscheid des damaligen SP-Grossratspräsidenten Thomas Koch abgelehnt. Den zweiten Vorstoss, der die saubere Luft für alle anderen öffentlich zugänglichen Innenräume verlangte, nahm der Grosse Rat am gleichen Tag an. Im Herbst 2006 kam auch die Motion "Schluss jetzt mit unerwünschtem Rauch im Gastgewerbe" durch.

Auch gegen Alkohol

Wenn Löffel im Grossen Rat ans Rednerpult tritt, geht es oft um ein Suchtthema. Das hat damit zu tun, dass der ausgebildete Lehrer als Leiter der Fachstelle für Suchtprävention des Blauen Kreuzes vor 16 Jahren eine Aufgabe gefunden hat, die für ihn mehr als bloss ein Job werden sollte. Als "normaler Jugendarbeiter" habe er angefangen, habe Lager sowie Jugend-und- Sport-Kurse organisiert. Doch bald schon machte er mit Präventionsprojekten schweizweit auf das Blaue Kreuz Bern aufmerksam. Denn Löffel nervte es, als bestimmte Hersteller versuchten, 14- und 15-Jährige mit süssen Alcopops zum Alkoholkonsum zu verführen. Löffel hielt Vorträge, führte Workshops durch - und unter seiner Leitung fanden im Kanton Bern die ersten Alkoholtestkäufe mit 13- und 14-Jährigen statt.

"Vorher hat sich kaum jemand für Jugendschutz interessiert", sagt Löffel, der auch im Fernsehen - etwa im "Quer" oder beim Fernseharzt Samuel Stutz - Auftritte hatte. Dort konnte er seinem Ärger über die Bar- und Pubfestivals Ausdruck geben, "die wie Pilze aus dem Boden schossen" und bei denen es wie bei den Alcopops doch nur "um eine Art Anfixen der Jugendlichen" gegangen sei.

Löffels Team lancierte die "Blue-Cocktail-Bar", eine mobile Bar, an der Freiwillige an verschiedenen Anlässen alkoholfreie Longdrinks mixen. Das sprach sich herum. 1999 reiste Löffel mit der Bar sogar zur Schlusswahlkampfveranstaltung der SPÖ nach Österreich.

Süchtig nach Cola Zero

Von ungefähr kommt Löffels Erfolg nicht. Mit Leib und Seele betreibt er Suchtprävention. Selber kennt er auch die eine oder andere - allerdings harmlose - Abhängigkeit: Manchmal sitze er länger vor dem Fernseher, als er eigentlich möchte, und er könne schwer auf Cola Zero verzichten.

Ab und zu trinkt Löffel mit seiner Frau auch einen Cognac. Als er die Stelle beim Blauen Kreuz antrat, musste er sich zur Abstinenz verpflichten. Diese Anstellungsbedingung wurde inzwischen gelockert. Aber Löffel lebte neun Jahre ohne Alkohol. Noch heute verzichtet er in der Öffentlichkeit "aus Protest gegen öffentliche Zwänge" darauf. Und er stellt fest: "Trinkt man keinen Alkohol, ist man an Anlässen oft das Poulet." Man müsse sich erklären und gelte nicht selten als Spielverderber. Diese "rücksichtslose Haltung" nervt Löffel. Weil sie es jenen Menschen erschwere, auf Alkohol zu verzichten, "die offensichtlich ein Problem damit haben".

Löffel kämpft gegen die Verharmlosung der Droge Alkohol, die allgemein nicht als solche anerkannt werde. Es gebe immer noch Leute, berichtet er kopfschüttelnd, die im Gespräch über Alkoholmissbrauch von Jugendlichen sagen: "Hauptsache, sie drögelen nicht."

"Es ist dein Leben"

Doch was macht Vater Löffel, damit seine vier Töchter im Alter zwischen 12 und 19 Jahren nicht auch Geschmack finden an den Alcopops? "Oh, die Älteren mögen diese Getränke", sagt Löffel und wiederholt, was er allen Jugendlichen jeweils sage: "Du hast ein Leben bekommen mit Begabungen, Stärken und Schwächen. Was du daraus machst, ist dein Entscheid."

Für Ruedi Löffel, den Sohn eines ehemaligen Gemeindepräsidenten und einer ehemaligen Gemeinderätin, war immer klar, dass er in die Politik einsteigen würde. Es sei auch schnell klar gewesen, dass er einer christlichen Partei beitreten würde. Dass die EVP Kanton Bern in den letzten Jahren stetig zulegte und heute 13 Grossratssitze innehat, sei ebenfalls das Werk ihres "umtriebigen Geschäftsführers" Ruedi Löffel, schrieb der "Bund" im Februar.

Nicht nur Applaus

Löffels "Umtriebigkeit" bereitet aber nicht nur Freude. Einige Raucher haben ihm dies in "zum Teil primitiven" E-Mails, Briefen und Telefonanrufen kundgetan. Dass er auch schon als "Antirauchpapst" bezeichnet wurde, stört ihn hingegen nicht. "Das bin ich gerne", schmunzelt Löffel - und freut sich auf den 1.Juli.

Susanne Graf

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Solothurner Tagblatt 25.6.09

Rauchverbot

 Aktion der Beizer

Berner Beizer und Klub-betreiber planen eine Aktion gegen das kantonale Rauchverbot, das am 1.Juli in Kraft tritt.

Ab 1.Juli gilt in Berner Restaurants und Clubs ein generelles Rauchverbot. Dagegen wollen sich Gastronomiebetreiber mit einer grossangelegten Aktion wehren, wie "Blick am Abend" gestern berichtete.

Es sei geplant, die Personalknappheit der Gewerbepolizei auszunützen. In Bern seien nämlich lediglich fünf Beamte für die Durchsetzung des Rauchverbots zuständig. Am ersten Juliwochenende haben diverse Klubbetreiber und Beizer offenbar vor, die Gewerbepolizei im Abstand von wenigen Minuten anzurufen. Dabei wollen sie angeblich vermelden, dass sich in ihren Lokalen Raucher befänden, die sich vom Verbot nicht abhalten liessen. Bereits hätten sich einige Beizer aus Bern abgesprochen, um den Plan umzusetzen. Auf Anfrage dieser Zeitung hatten weder der stellvertretende Gewerbepolizeichef Roland Thür noch Eveline Neeracher, Präsidentin von Gastro Bern, Kenntnis von diesem Vorhaben.
pat

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Blick am Abend 24.6.09

Der Geheimplan der Wirte

RAUCHVERBOT

Die Berner Beizer wollen der Gewerbepolizei Arbeit machen.

jean-claude.galli@ringier.ch

Ab 1. Juli gilt in den Berner Restaurants und Clubs ein absolutes Rauchverbot. In der Stadt Bern selber sind fünf Beamte dafür zuständig, das neue Verbot durchzusetzen. Diese Personalknappheit wollen die Beizer und Clubbetreiber nun gnadenlos ausnützen. Aufs Wochenende vom 3. und 4. Juli hin planen sie eine grossangelegte Aktion. Im Abstand von wenigen Minuten wollen sie bei der Gewerbepolizei anrufen und Meldung erstatten, dass sich in ihren Lokalen renitente Raucher aufhalten, die sich vom Verbot nicht abhalten liessen. Recherchen von Blick am Abend zeigen: Bereits einige Beizer haben sich dafür abgesprochen. "Die werden schön ins Rotieren kommen", sagt ein Beizer, der beim Zytglogge eine Bar führt

Hohe Bussen

Sollte die Gewerbepolizei einen Verstoss gegen das Verbot feststellen, sind Bussen von 200 bis 20 000 Franken fällig. Die Gewerbepolizei wendet derzeit etwa 30 Stunden monatlich für die Kontrolle der bestehenden Bestimmungen auf.

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bernerzeitung.ch 24.6.09

Hier darf man weiter rauchen

Von Yvonne Mühlematter.

In diesen Restaurants kann in der Stadt Bern ab 1. Juli weiterhin geraucht werden.

Kartendaten ©2009 Tele Atlas
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Hier-darf-man-weiter-rauchen/story/22542040

Ab 1. Juli darf nur noch in Fumoirs geraucht werden: Bisher bieten sechs Restaurants und ein Club in Bern solche Räume für Raucher an.

Die folgenden sechs Restaurants bieten ab 1. Juli ein Fumoir an: Das Restaurant ElfenauPark im Elfenau, die Pizzeria Locanda Tre Fratelli an der Laupenstrasse, das Frohsinn sowie die Drei Eidgenossen in der Altstadt, das Kleefeld an der Mädergutstrasse,und das Jardin im Breitenrain.

Der Wankdorf Club ist bisher der einzige Club in der Stadt Bern, indem weiterhin geraucht werden kann.

Gemäss Ueli Bärtschi vom Regierungsstatthalteramt sind noch Gesuche hängig. Wer die Auflagen erfülle und das Gesuch rechtzeitig eingereicht habe, sollte aber bis 1. Juli die Bewilligung erhalten, so Bärtschi.

Ca. 5 Prozent der Gastrobetriebe haben im Amtsbezirk Bern ein Gesuch eingereicht. Es wird damit gerechnet, dass nach Gesetzeseinführung noch weitere Gesuche eingereicht werden. Bärtschi vemrutet, dass einige Gastrobetriebe zuerst auf den Bundesgerichtsentscheid der von Gastro Bern eingereichten Beschwerde warten.

Der bernische Wirte- und Hotelierverband Gastro Bern ficht die Ausführungsbestimmungen des Kantons zum Gesetz über den Schutz vor Passivrauchen an.

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Rundschau 24.6.09

Ringen um Rauchverbot

Der Entscheid von Volk und Kantonsparlamenten war klar: Der blaue Dunst in Restaurants und Bars muss weg. Bei der Umsetzung des Rauchverbots aber lassen sich Regierungsräte und Wirte viel Zeit. Ein Streifzug durch Beizen und Bars in den Kantonen Bern, Zürich und St. Gallen.
http://www.sf.tv/videoplayer/embed/b4617ee9-143e-4e48-b8f3-7f9af31f0d34&live=false

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TELEHESS
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telehess 25.6.09

http://www.erichhess.ch/telehess/archiv.htm

Heute Folge 11:
Erich Hess zur HarmoS-Abstimmung im Kanton Bern

Aufgezeichnet in Bern, 25. Juni 2009

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BOTSCHAFTSSCHUTZ
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Bund 27.6.09

Profis im Botschaftsschutz

Stadt Bern Ab Montag sind für den Botschaftsschutz in Bern die Kantonspolizei und Profis des Militärs zuständig. Sie lösen die WK-Soldaten und Durchdiener ab, die nur noch vereinzelt zur Unterstützung beigezogen werden.

 Die neue Organisation steht im Einklang mit dem Bundesratsbeschluss aus dem Jahre 2007, wonach die Zahl der Angehörigen der Armee im Botschaftsschutz schrittweise zu reduzieren ist. Das teilten am Freitag das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und die Kantonspolizei Bern mit. Hauptziel der Neuorganisation ist die Professionalisierung des Botschaftsschutzes. Dieser erhält von der Armee seit über zehn Jahren Unterstützung.

Mehr Kompetenzen

 Die Profis der militärischen Sicherheit haben wegen ihrer spezialisierten Ausbildung mehr Kompetenzen als die bisherigen Milizverbände. Während sich WK-Soldaten zumeist auf das Beobachten, Feststellen und Melden beschränkten, können die Militärprofis etwa auch Fahrzeug- und Personenkontrollen durchführen. Die Angehörigen der militärischen Sicherheit sind zwar im Einsatz der Kantonspolizei unterstellt, verfügen aber über eine gleichwertige Ausbildung wie ihre zivilen Kollegen des Botschaftsschutzes. Insgesamt sind in der neuen Struktur 120 Personen für den Botschaftsschutz in Bern zuständig. Ein Drittel davon gehört zur militärischen Sicherheit, zwei Drittel zählen zur Kantonspolizei Bern. Auf Anfang nächsten Jahres könnte der Bestand auf 140 Mitarbeitende steigen.

Internationale Vertretungen

 In der Region Bern haben rund 200 ausländische diplomatische Vertretungen und internationale Organisationen ihren Sitz. Sie geniessen völkerrechtlichen Schutz. Während der Bund für die Sicherheitsmassnahmen zuständig ist, übernimmt die Kantonspolizei die Umsetzung dieser Massnahmen.

 In Zürich unterstützt die Armee den Botschaftsschutz bereits seit Mitte 2006 nur noch mit Profis der Militärischen Sicherheit, wie das VBS weiter mitteilte. In Genf wird der Dienst dagegen bis Ende Jahr weiter durch WK-Verbände und Durchdiener ausgeführt. (sda)

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Berner Rundschau 27.6.09

Besser bewacht

Der Botschaftsschutz in Bern wird professionalisiert

Nur noch in Ausnahmefällen werden WK-Soldaten in Zukunft Botschaften in Bern bewachen. Spezialisten von Kanton und Bund sind nun zuständig.

Der Botschaftsschutz in Bern liegt ab übermorgen Montag fast ausschliesslich in professionellen Händen. Seit rund einem Jahrzehnt wurden Botschaften und ähnliche Objekte auch von Angehörigen der Milizarmee überwacht. Dieser Einsatz "Amba Centro" wird nun schrittweise reduziert. Im Grundsatz soll der Botschaftsschutz von Profis geleistet werden, entschied 2007 das eidgenössische Parlament. In Bern ist es jetzt soweit.

Die Botschaftsschützer der Kantonspolizei Bern werden von der Militärischen Sicherheit unterstützt. Sie sind gemeinsam zuständig für die Sicherheit der etwa 200 diplomatischen Vertretungen und internationalen Organisationen in Stadt und Region Bern, die völkerrechtlichen Schutz geniessen. "Das bedeutet eine klare Professionalisierung", sagt Markus Gisin, Chef Polizeihauptwache Ost, wo der Botschaftsschutz integriert ist. Der bisherige "Amba Centro"-Einsatz sei allerdings keineswegs unbefriedigend gewesen.

 Die Militärische Sicherheit ist dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) angegliedert. Sie erfüllt gemäss Eigendarstellung sicherheits-, kriminal- und verkehrspolizeiliche Aufgaben für die Armee und unterstützt auch in subsidiären Einsätzen die Behörden. Auch gehören Kampfmittelbeseitigung, militärische und humanitäre Minenräumung zur ihren Aufgaben. "Sie haben eine ähnliche Ausbildung wie die Botschaftsschützer der Kantonspolizei", sagt Gisin. Die sicherheitspolizeilichen Aufgaben unterscheiden sich kaum, nur gerichtspolizeiliche Aufgaben (etwa Bussen ausstellen) dürfen die VBS-Leute nicht übernehmen.

Vorerst 120 Mitarbeitende

Rund um die Uhr sind ab Montag vier Autopatrouillen unterwegs und "achten auf Unregelmässigkeiten und intervenieren im Ereignisfall", wie die Kantonspolizei gestern schrieb. Zu den Patrouillen kommt der stationäre Schutz einzelner Vertretungen.

 Vorerst stehen insgesamt 120 Mitarbeitende im Dienst des Botschaftsschutzes, wovon etwa ein Drittel Angehörige der Militärischen Sicherheit sind. Ab dem kommenden Jahr soll der Bestand auf 140 erhöht werden. "Der Bestand reicht für die gegenwärtige Sicherheitslage aus", sagt Gisin. "Aber die Weltlage kann sich jederzeit ändern", so dass sich der Bestand erhöhen könnte. Bei ausserordentlichen Lagen könnten auch wieder Angehörige der Milizarmee für den Botschaftsschutz eingesetzt werden.

Der Botschaftsschutz wird durch den Bund finanziert, und es ist der Bundessicherheitsdienst, der die Sicherheitsmassnahmen für einzelne Objekte und Personen festlegt. "Für die Umsetzung ist dann die örtliche Polizei zuständig", so Gisin. "Wir sind also verantwortlich." (joh)

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police.be.ch 26.6.09

Neue Organisation im Botschaftsschutz in Bern ab 29. Juni 2009

Kantonspolizei und Militärische Sicherheit gemeinsam

pkb. Ab kommendem Montag, 29. Juni 2009, wird der Botschaftsschutz in Bern neu gemeinsam durch Mitarbeitende der Kantonspolizei Bern und Profis der Militärischen Sicherheit wahrgenommen. Die bisher mit dieser Aufgabe betrauten Milizverbände der Armee werden abgelöst und nur noch vereinzelt zur Unterstützung beigezogen.

In der Region Bern haben rund 200 ausländische diplomatische Vertretungen und internationale Organisationen ihren Sitz, die völkerrechtlichen Schutz geniessen. Während der Bund für die notwendigen Sicherheitsmassnahmen zuständig zeichnet, ist für die operative Umsetzung dieser Massnahmen die Kantonspolizei Bern verantwortlich.

Professionalisierung des Botschaftsschutzes

Seit über einem Jahrzehnt unterstützt die Armee im Rahmen von subsidiären Sicherungseinsätzen die Polizei in der Umsetzung dieser Sicherheitsmassnahmen (Einsatz "AMBA CENTRO"). Ende 2007 haben die eidgenössischen Räte entschieden, dass bis Ende 2009 die Anzahl der im Botschaftsschutz eingesetzten Angehörigen der Armee schrittweise reduziert werde und im Grundsatz auf Profis der Militärischen Sicherheit zu beschränken sei. Parallel dazu erfolgt eine entsprechende Erhöhung des zivilen Botschaftsschutzes. Das Hauptziel dieser Neuorganisation ist eine Professionalisierung des Botschaftsschutzes.

Im Botschaftsschutz geht es hauptsächlich darum, die zugewiesenen Objekte mittels Berondung zu überwachen oder einzelne Niederlassungen stationär zu bewachen, dies im Sinne eines eigentlichen Objektschutzes. Ab 29. Juni 2009 sind in der Region Bern - nebst den stationären Posten - rund um die Uhr u.a. vier Autopatrouillen des Botschaftsschutzes mit diesem Auftrag unterwegs. Sie achten auf Unregelmässigkeiten und intervenieren im Ereignisfall raschmöglichst. Ferner gehören Aussensicherungsaufträge bei Botschaftsempfängen und die Handhabung kleinerer Demonstrationen vor Botschaften zum Hauptauftrag. Eine wesentliche Zusatzaufgabe des Botschaftsschutzes ist die kurzfristige Unterstützung der Stationierten Polizei der Region Bern bei sicherheitspolizeilichen Einsätzen.

Der Botschaftsschutz ist gemeinsam mit der Stationierten Polizei Bern Ost in der Polizeihauptwache Ost der Region Bern integriert. Die Polizeihauptwache Ost liegt an der Brunnadernstrasse 42 in Bern und somit mitten im Botschaftsquartier der Stadt Bern - dem Haupteinsatzgebiet des Botschaftsschutzes.

Gemischte Patrouillen

Ab 29. Juni 2009 werden die bisher im Einsatz stehenden Milizverbände der Armee durch Profis der Militärischen Sicherheit abgelöst. Diese werden während ihres AMBA CENTRO-Einsatzes der Kantonspolizei Bern einsatzunterstellt sein. Die Angehörigen der Militärischen Sicherheit werden gemeinsam mit den Mitarbeitenden des Botschaftsschutzes der Kantonspolizei auf Patrouille gehen und die stationären Posten betreiben.

Die enge Zusammenarbeit macht es notwendig, dass die Profis der Militärischen Sicherheit weitgehende Kompetenzen erhalten. Sie haben vergleichbare sicherheitspolizeiliche Befugnisse wie der Botschaftsschutz der Kantonspolizei Bern. Diese umfassen beispielsweise die Befugnis, Personen- und Fahrzeugkontrollen durchführen zu können. Zum Auftrag gehört bei Bedarf auch die kurzfristige Unterstützung der Polizei im sicherheitspolizeilichen Bereich ausserhalb des Botschaftsschutzes. Die Angehörigen der Militärischen Sicherheit werden jedoch keine Befugnisse im gerichtspolizeilichen Bereich haben.

Die im Einsatz stehenden Angehörigen der Militärischen Sicherheit verfügen über eine vergleichbare Ausbildung wie die Botschaftsschützer/-innen. In den Bereichen Einsatztaktik, Einsatzregeln und Ortskunde werden sie spezifisch für ihren Unterstützungseinsatz in Bern geschult.

Der Bestand des Botschaftsschutzes beträgt ab 29. Juni 2009 rund 120 Mitarbeitende, davon rund ein Drittel Angehörige der Militärischen Sicherheit. Ab 1. Januar 2010 ist ein Bestand von rund 140 geplant, wobei der Anteil der Militärischen Sicherheit noch Gegenstand von Verhandlungen ist.

(S)

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FEDPOL
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Bund 27.6.09

Fedpol zieht ins Zeughaus

Der Bund plant auf dem Zeughausareal im Berner Wankdorf ein Verwaltungszentrum der Superlative mit 3300

Arbeitsplätzen.

Daniel Vonlanthen

Die Bundesanwaltschaft mit den Abteilungen Staatsschutz, Terrorismusbekämpfung und Organisierte Kriminalität sowie das Bundesamt für Polizei (Fedpol) mit Bundeskriminalpolizei und Bundessicherheitsdienst und weitere Abteilungen sollen neue Arbeitsplätze auf dem Eidgenössischen Zeughausareal im Wankdorf erhalten. Dies teilte das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) gestern mit.

In zwei Etappen soll ein Verwaltungszentrum mit rund 3300 Arbeitsplätzen entstehen - das grösste Areal an Bundesarbeitsplätzen in der Region Bern. Die Einheiten des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und des Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) werden das Areal gemeinsam nutzen. "Sie weisen durch ihre gemeinsame Kernaufgaben ein entsprechendes Synergiepotenzial auf", heisst es in der Mitteilung. Es handelt sich um bestehende Arbeitsplätze, die an verschiedenen dezentralen Standorten in Stadt und Region Bern untergebracht sind.

Die Armasuisse Immobilien als Grundstücksbesitzerin und das BBL als Bauherr wollen mit einem Architekturwettbewerb eine "überzeugende städtebauliche Gesamtplanung" erreichen, die hohe ökologische, wirtschaftliche und soziale Ansprüche erfülle.

Wettbewerb mit 24 Teams

Die erste Etappe umfasst 1900 Arbeitsplätze und soll in naher Zukunft realisiert werden. Die zweite Etappe mit 1400 Arbeitsplätzen ist laut BBL frühestens 2017 realisierbar. Eine Wettbewerbskommission, in der auch Stadtplaner Christian Wiesmann sitzt, soll nun die Rahmenbedingungen festlegen. Der Start des Architekturwettbewerbs mit 20 bis 24 Planerteams ist für September vorgesehen. Das Verwaltungsgebäude Guisanplatz 1 steht unter Denkmalschutz und wird in den neuen Komplex integriert. Der Wettbewerb soll Klarheit darüber schaffen, welche Gebäude abgebrochen werden.

Trotz Konzentration diverser strategischer Abteilungen des Bundes an einem Standort sei das Sicherheitsrisiko gering, versichert Nadia Lützelschwab, Leiterin Direktionsstab beim BBL.

Das geplante Viertel der Bundesverwaltung ist im Entwurf des Richtplans ESP Wankdorf enthalten; der Plan liegt derzeit zur Vorprüfung beim Kanton. Es werde kaum Mehrverkehr entstehen, sagt der Projektverantwortliche ESP, Paul Moser, auf Anfrage. Die Arbeitsplätze seien mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erschlossen. Die Schliessung der Zeughäuser führe zu einer Verkehrsreduktion. Die Verkehrsbilanz für dieses Projekt sei somit ausgeglichen.

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BZ 27.6.09

Wankdorf

Bund plant die Superverwaltung

Der Bund will auf dem Zeughausareal im Wankdorf das schweizweit grösste Verwaltungszentrum für 3300 Mitarbeiter bauen. Die erste Etappe des Projekts soll "so schnell wie möglich" realisiert werden.

Das eidgenössische Zeughaus am Guisanplatz hat ausgedient. Die Armee zieht sich bis 2012 von diesem Areal zurück und macht damit Platz für eine neue Nutzung. Auf dem Gelände soll anschliessend der grösste Verwaltungskomplex der Eidgenossenschaft überhaupt entstehen. Zum Vergleich: Der bisher grösste Bürobau des Bundes in Ittigen mit 1100 Arbeitsplätzen fände in jenem am Guisanplatz gleich drei Mal Platz.

Die zukünftigen Nutzer sind Verwaltungseinheiten des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) sowie des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), wie das federführende Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) gestern mitteilte. Insgesamt sollen 10 Ämter, die heute in 14 Liegenschaften im Raum Bern eingemietet sind, im bundeseigenen Verwaltungsgebäude zusammengezogen werden. Dazu gehören aller Voraussicht nach die Armasuisse mit Hauptsitz an der Kasernenstrasse, das Bundesamt für Polizei (Fedpol) am Guisanplatz sowie das Bundesamt für Bevölkerungsschutz mit Domizil im Monbijou.

Aufwand und Kosten sparen

"Durch die Zusammenlegung können wir Kosten bei Gebäudemieten sparen, rationellere Beziehungen zwischen den Ämtern schaffen und die Räumlichkeiten optimal bewirtschaften", erklärt BBL-Portfolio-Manager Walter Spring Sinn und Zweck der Übung. Wie hoch das Synergiepotenzial eingeschätzt wird, will er derzeit noch nicht verraten. Doch der Spareffekt dürfte beträchtlich sein. So hat etwa die Stadt Bern jüngst errechnet, dass sie allein mit der Konzentration von 600 ihrer Angestellten in einem Haus jährlich drei Millionen Franken sparen würde.

Der Bund will darum mit der Umsetzung keine Zeit mehr verlieren. Die erste Bauetappe soll "so schnell wie möglich realisiert werden und Platz für 1900 Mitarbeitende schaffen", so Spring. Gehe der Kreditbeschluss schlank durchs Parlament, könnten die Bagger bereits 2013 auffahren. Die zweite Etappe, welche 1400 Arbeitsplätze umfasst, könnte gemäss Richtplan zum ESP Wankdorf ab 2017 umgesetzt werden.

Spannung auf Siegerprojekt

Wie sich das Superverwaltungszentrum dereinst präsentieren wird, kann noch niemand sagen. Die Architekten haben ihre Arbeit noch nicht aufgenommen. "Wir werden nun in einer ersten Präqualifikation 20 bis 24 Planerteams evaluieren", erklärt Spring. "Erst in einem zweiten Schritt wird im September der eigentliche Architekturwettbewerb starten." Und schliesslich soll im Sommer nächsten Jahres das Siegerprojekt der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Planerherzen dürften angesichts dieser Herausforderung höher schlagen. Ein grosses Areal, stadtnah, mit Zug, Tram und Autobahn optimal erschlossen und erst noch Teil des grössten Entwicklungsschwerpunktes im Kanton Bern: So präsentiert sich die Parzelle im Besitz der Armasuisse. "Wir erwarten von den Wettbewerbsteilnehmern, dass sie diesem speziellen Ort eine neue Identität einhauchen", sagt Walter Spring. Aus städtebaulicher Sicht eröffne sich hier eine einzigartige Chance, "das Scharnier zwischen Wohnquartier und Dienstleistungsgebiet aufzuwerten". An die Bauten würden hohe gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Anforderungen gestellt. "Unter anderem sollen sie im Minergie-P-Eco-Standard erstellt werden."

Was die Architekten bei der Planung ausserdem zu berücksichtigen haben, ist das denkmalgeschützte Gebäude Nr.1 vis-à-vis der Militärbibliothek sowie Gebäude Nr.9, welches ebenfalls erhalten bleiben soll. Zwei weitere historisch bedeutsame Bauten sollen nach Möglichkeit in das Konzept integriert werden.

Tschäppät "hocherfreut"

Der Plan für das "Verwaltungszentrum Guisanplatz 1" geht auf das Jahr 2006 zurück. Der Bund skizzierte damals ein Projekt für 4000 Mitarbeitende, das bis ins Jahr 2010 Wirklichkeit werden sollte. In der Zwischenzeit mussten die zeitlichen und räumlichen Dimensionen relativiert werden. Immerhin scheint das vorliegende Projekt nun aber auf der Zielgeraden zu sein. Bei der kantonalen Baudirektorin Barbara Egger wie beim Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät stösst es jedenfalls auf Begeisterung. "Ich bin hocherfreut über dieses Projekt", sagte Tschäppät auf Anfrage. Das Zeughaus sei heute "vollkommen unternutzt". Es sei an der Zeit, dieses Areal "an einzigartiger Lage" aufzuwerten und neu zu beleben. Wenn an einem Ort so viele Arbeitsplätze angesiedelt werden könnten, ohne grosses Verkehrsaufkommen zu provozieren, so sei dies ein Glücksfall. "Ich habe das Projekt lange Zeit begleitet", sagt Alexander Tschäppät. "Und ich freue mich, wenn es nun endlich umgesetzt wird."

Pascal Schwendener

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ANTI-REP BIEL
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Indymedia 25.6.09

Biel/Bienne - Eine Übersicht ::

AutorIn : Aargrau: http://www.aargrau.ch     

La Biu, Trip-huus, Repression und mehr. Wir haben euch eine kleine Übersicht zusammengestellt. Das Ganze beruht auf Internet-Recherchen, darum hat der Artikel keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

// LA BIU // SAUVAGE // TRIP-HUUS // FAMILIE VON ALLMEN // TOD EINES JUGENDLICHEN // SCHATTEN ÜBER BIEL // REPRESSION // RADIO-BEITRÄGE // ANTI-REPRESSIONS-DEMONSTRATION // KONTAKTE //     
    
// LA BIU //
Das besetzte Doppelhaus am Wydenauweg 38 + 40 in Biel befindet sich auf einem Grundstück der zukünftigen N5. Der Bau der Autobahn beginnt nicht vor 2011 - 2012 und befindet sich aktuell noch in der Planungsphase. Das Tiefbauamt des Kantons Bern, Besitzer der Liegenschaft und auch Bauherr der N5, wollte auf dem Grundstück temporäre Parkplätze bauen. Dadruch würden durch die vernichtende Stadtentwicklung zwei Häuser mit Garten, einem Bistro, einem Freeshop, einem Konzertraum, einer Bibliothek etc. verschwinden. Es schien absurd, dass vielfältiger Lebensraum Abstellplätze für Autos weichen soll. [01]

Nachdem die Räumung auf den 19. Mai 2008 angekündigt war, fand im und ums "La Biu" diverse Solidaritätsveranstaltungen statt. Unter anderem wurde zu einer "Reclaim the Streets" aufgerufen, um zu zeigen, dass das seit dem Juni 2007 besetzt Haus bleiben soll. [02]

Die Reclaim the Streets und bahnte sich ihren Weg durch all die Shoppingtouristen, durch die Innenstadt und vorbei an künstlichen EM-Fanzonen. Es wurde auf das akut von der Räumung bedrohte La Biu aufmerksam gemacht und über die Situation der Couple informiert. [03]

Soundunterstützung war bestens da, so war von "GoGo Powerrangers" über Crust-Punk, bis zu Techno, auf den drei Soundwagen alles vertreten. Nach dem Mensch etwa 1,5 Stunden durch die Stadt gezogen war, löste sich der Umzug offiziell auf. [04]

"250 Personen haben am Samstag in Biel "bunt, lautstark und friedlich" gegen die drohende Räumung der besetzten Häuser am Wydenauweg 38 + 40 demonstriert. Nochmals konnten die Hausbesetzer 300 Unterschriften für ihre Petition sammeln, damit haben sie innerhalb kürzester Zeit rund 1800 Unterschriften zusammengebracht." berichtet das Bieler Tagblatt. [05]

Eine Umfrage hat auch gezeigt, dass sich die AnwohnerInnen (bis auf zwei Personen) nicht über das besetzt Haus am Wydenauweg 38/40 gestört fühlen. Ferner haben sowohl die SP als auch die Grünen ihre Unterstützung kundgetan. [06]

Das La Biu steht also auch heute noch am Wydenauweg 38/40 - Und bleibt auch! [07]

// SAUVAGE //
"In der Nacht auf den 22. März haben wir die ehemalige Druckerei Schüler in Biel für einige Stunden wieder belebt. Rund 500 Menschen haben auf drei Etagen ausgelassen gefeiert. Die Veranstaltung verlief ohne Zwischenfälle.", so begann die Mitteilung über die Sauvage in Biel. Es wurde ein Flublatt zum Thema "Freiraum" verteilt und Mensch solidarisierte isch mit den bedrohten Projekten "Tripouze" und Wagenplatz Pianoplatz. [08]

// TRIP-HUUS //
Am Samstag den 27. September 2008, wurde über die Besetzung des Tulpenweg 4+6 in Biel informiert. Es soll einen selbstverwalteten Lebensraum für Meinungsfreiheit und Emanzipation eröffnet werden, der auf solidarischen Beziehungen, gegenseitiger Hilfe und Wissensaustausch basiert. "Wir streben zur Autonomie gegenüber diesem System, das nur Abhängigkeit, Verantwortungslosigkeit und kaputte Menschen schaffen kann.", hies es in der Mitteilung vom Kollektiv Trip-huus. [09]

"Bis jetzt haben wir versucht gemeinsam mit der Stadt Biel Lösungen zu finden. Wir haben uns damit zufrieden gestellt bis zum ersten August das Gelände zu verlassen und sind auch auf ihre Forderung, die Bauwägen zu entfernen, eingegangen. Nun wollen sie uns aber einen Vertrag aufzwingen, der ein Ende unserer kulturellen und sozialen Aktivitäten bedeuten würde, was unser Hauptanliegen ist bei der Nutzung dieser Liegenschaft. Es ist vor allem auch ein Versuch unser alternatives Vorgehen zu sabotieren und uns auf repressive Weise zu kontrollieren. Dazu waren sie nicht bereit diesen Vertrag mit uns auszuarbeiten. Aus all diesen Gründen haben wir kollektiv beschlossen nicht mehr darauf einzugehen. Deshalb hat die Stadt Biel, vertreten durch ihren Anwalt, Lorenz Fellmann nun ein Räumungsgesuch beim Bezirksrichter gestellt.", lies das Trip-huus Kollektiv im April dieses Jahres verlauten. [10]

Zur gleichen Zeit reagierten Mitglieder der bürgerlichen Stadtratsfraktion "Forum" auf die Hausbesetzung am Tulpenweg. In einer Motion verlangte PRR-Stadtrat Marc Despont, dass der Gemeinderat seine Verantwortung wahrnehmen und in leerstehenden Gebäuden der Stadt die Einhaltung des Gesetzes durchsetzen soll. [11]

Es wurde dazu aufgerufen am 23. April vor dem Stadtratssaal in der Altstadt von Biel sich lautstark versammeln und die Petition "Für den Erhalt des alternativen Kultur- und Wohnprojekts Trip-huus in Biel" dem Stadtrat zu übergeben. [12]

Die Petition, welche 1400 Personen unterzeichneten haben, wurden dann am Stadtrat übergeben. Mit einem Apéro und Häppchen boten sie den Parlamentariern und Behörden ausserdem eine Gelegenheit, ins Gespräch zum kommen. Laut dem Bieler Tagblatt änderte dies aber nichts: "Trotz friedlicher Stimmung und unübersehbarer Sympathie einiger Mitglieder des Parlaments für die Anliegen der Besetzer: am baldigen Ende der Liegenschaften und Treibhäuser am Tulpenweg in Madretsch lässt sich wohl kaum noch etwas ändern. Bereits am Montag werde mit dem Abbruch begonnen, stellte Stadtpräsident Hans Stöckli den Besetzern in Aussicht." [14]

Um zu zeigen, dass eine Räumung nicht einfach so in Kauf genommen wird. Wurde am 16. Mai zu einer erneuten RTS aufgrufen. "Auf die Strasse, gegen die Räumung des alternativen Wohn- und Kulturprojekts Trip-huus und den Abriss auf Vorrat dieser Liegenschaft. Für eine lebendige selbstbestimmte Lebenweise." [14]

Das collectif Tripouze schrieb danach: "Nous tirons un bilan positif de cette Reclaim the streets en soutient au Squat Tripouze qui a rassemblé environ 300 personnes. Avec ses trois chars sonores cette manifestation à déambulé pendant environ 3 heures dans la ville dans une ambiance festive et sans aucun débordement." [15]

"Triphuus wir abgerissen!", hies es dann am 2. Juni "Seit heute Morgen sind die ersten Arbeiten zum Abriss des ehemalig besetzten Hauses im Gange. Wir werden das ganze Geschehen weiter im Auge behalten und euch auf dem laufenden halten!" Die BesetzerInnen haben das kurz vorher verlassen. [16]

// FAMILIE VON ALLMEN //
"Die Familie von Allmen ist eingezogen. Sie hat ein Haus an der Freiburgstrasse 24 in Biel besetzt (24. April 2009). Die Hausbesetzer wollen nicht hinnehmen, dass die Stadt das Haus abreisst, bevor ein konkretes Projekt für das Grundstück auf dem Tisch liegt.", meldet erneut das Bieler Tagblatt. "In einer Zeit, wo Menschen obdachlos sind, zerstört die Stadt Wohnraum. Es ist ein Skandal, dass der Abbruch befohlen wurde, obwohl kein neues Nutzungsprojekt vorliegt", so ein Mitglied des Kollektivs. [17]

Vor dem Abbruch hatte es einigen Wirbel um das Haus, dass der Stadt gehört, gegeben. Am 24. April wurde das zuvor zwei Jahre lang leerstehende Haus vom Kollektiv "Familie von Allmen" besetzt. Als die Abbruchfirma am 27. April anrückte, hatte die Gruppe ihr vorübergehendes Domizil bereits freiwillig geräumt. Bereits dieser erste Hausbesetzung hatte in grossen Bevölkerungskreisen Empörung ausgelöst. [18]

Ohne grosse gings nach dem Verlassen des Hauses weiter: Am Montag, dem 25. Mai 2009 hat die Interessengemeinschaft Familie Von Allmen, die Liegenschaft am Hochrain 36 in Biel besetzt. Das Haus steht seit ca. drei Jahren leer, ist in einem sehr guten Zustand und soll abgerissen werden. Ein typisches Beispiel dafür, auf welche Art und Weise intakter Wohnraum dem abbruchwütigen Spekulantentum der Bauherren zum Opfer fällt. [19]

"Neue Besetzung an der Quellgasse 5 in Biel", hiess es im Juni. Am Mittwoch, dem 3. Juni 2009 hat die Familie Von Allmen ihr neues Zuhause gefunden. Ziel ist wieder ein Zwischennutzung des schon Jahre leerstehende Gebäude zu erreichen. "Auch wenn es illegal ist, Häuser zu besetzen, ist es dennoch legitim, leerstehende Häuser zu bewohnen, bis der Besitzer wieder eine Nutzung des Hauses beansprucht.", sind die BestzerInnen der Meinung. [20]

Bei der Räumung der Quellgasse 5 am Montagmorgen wurden 6 Personen verhaftet und erkennungsdienstlich behandelt, eine Person wude dabei leicht verletzt. [21]

Das besetzt Haus La Biu schrieb in einer Mitteilung: "Die Polizeikräfte haben sich gewaltsam Zutritt zum Haus verschafft. Die Familie von Allmen hat das seit 8 Jahren leerstehende Haus am Mittwoch, 3. Juni besetzt. Die Liegenschaft ist im Besitz von Nicolas Bührer bekannt dafür seine Liegenschaften dem Verfall preiszugeben und fett Miete abzukassieren. Die Besetzung wurde von der Nachbarschaft mit Wohlwollen aufgenommen. Wir protestieren auf schärfste gegen die polizeiliche Räumung und fordern von der Politik eine rasche Lösung! Keine Räumung auf Vorrat - Die Häuser denen die sie bewohnen!" [22]

Der Hausbesitzer hatte eine Strafanzeige eingereicht. Die Besetzer werden sich wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung vor dem zuständigen Gericht verantworten müssen. [23]

// TOD EINES JUGENDLICHEN //
"Am Samstag, 30. Mai 2009, stellte ein Einsatzfahrzeug der Kantonspolizei Bern kurz vor 03 Uhr in der SBB-Unterführung an der Murtenstrasse drei Personen fest, welche zu Fuss mit einem Lagerwagen voller Holz in Richtung Verresiuskreisel unterwegs waren. Die Polizisten wendeten das Fahrzeug und wollten die Personen kontrollieren. Diese hatten aber bereits die Flucht ergriffen und rannten die Böschung zu den Bahngeleisen hinauf. Zwei der Polizisten folgten den Flüchtenden, konnten aber nur noch sehen, wie eine Person zwischen einer abgestellten Zugkomposition und einem langsam einfahrenden Zug verschwand. Bei der weiteren Suche stellten die beiden Polizisten fest, dass der Flüchtende vom Zug erfasst und tödlich verletzt worden war. Die beiden andern Flüchtenden waren nicht mehr vor Ort, kamen aber zurück, nachdem sie die Ambulanz und weitere Polizeikräfte festgestellt hatten und gaben sich schliesslich zu erkennen. Der 17-jährige Verunfallte war im Kanton Zürich wohnhaft. Bei seinen beiden Begleitern handelt es sich um eine Jugendliche und einen jungen Erwachsenen.", so war die offiziele Berichterstattung der Medien in der Schweiz über den Tod des Jugendlichen. [24]

Obwohl die genauen Umständen nie ans Tageslicht kommen werden, war es für viele klar, sich mit den Jugendlichen zu solidarisieren. Die Wut war aber meistes überall gross, dass Aufgrund dieser "Polizeischikane" ein Jugendlicher ums Leben kam. Ab gleichen Abend fand in Zürich noch eine spontan Demo statt. In den folgenden Tagen kam es zu verschiedenen Solidaritäts-Aktionen, z.B. wurde die Polizeistation des Kreis 4 in Zürich eingefärbt. [25]

Am Sonntagabend fand eine Mahnwache in Biel statt. " Heute verfolgen sie uns. Morgen werden sie auf uns schiessen.", war im Aufruf zu lesen. Doch leider fanden sich nicht sehr viele Leute an diesem Abend in Biel ein. [26]

// SCHATTEN ÜBER BIEL //
Es geht was in Biel. Seit einigen Wochen ist ein Infoportal mit dem Namen "BNC - Schatten über Biel" online. Die kleine Gruppe bestehend aus drei Leuten wollen die bestehenden Gruppen in Biel unterstützen und über das Geschehen der Region informieren. Das sie Seite noch in den Anfängen ist nicht zu übersehen. Bis jetzt sind die meisten Texte "Copy and Paste", dass soll sich aber laut dem Kollektiv noch ändern. [27]

Am 16. Juni 2009 verschickte das Kollektiv "Schatten über Biel" eine Mitteilung, in welcher sie die Gründung der Antifa Biel bekannt gaben, da Mensch immer wieder feststellte, dass es in der Region Seeland, immernoch etliche verstecke rechtsextreme Kreise gibt! [28]

// REPRESSION //
Das aktive Treiben in Biel hatte auch seine Schattenseiten, wie auf Indymedia zu lesen war: "Im Zusammenhang mit der Reclaim the Streets vom 17. Mai für den Erhalt des Tripouze in Biel haben eine noch unbekannte Anzahl Personen polizeiliche Vorladungen erhalten. Noch ist unklar welche juristischen Folgen diese unerwünschte Einladung für die Betroffenen hat. Weiter mit der Repression: Die Räumung an der Quellgasse 5 vom 8. Juni hatte einen längeren Aufenthalt der Betroffenen auf dem Polizeiposten zur Folge. Neben dem üblichen Verfahren wurde ihnen auch eine DNA-Probe entnommen. Wer sich weigerte wurde gewaltsam gezwungen. Wir können das Vorgehen der Polizei nur als Versuch der Einschüchterung verstehen um die aktive BesetzerInnenszene zu kriminalisieren. Solidarisch gegen ihre Repression!" [29]

Nun wir zu einer Demonstration gegen die Polizeirepression und willkürliche DNA Entnahme aufgerufen. Der Treffpunkt ist am Samstag, 4. Juli 2009 um 14 Uhr auf dem Bahnhofplatz in Biel. "Im Anschluss der gewaltsamen Räumung der Familie von Allmen aus der Quellgasse 5, mussten die sechs festgenommenen BesetzerInnen eine DNA Probe abgeben. 6 weitere Personen, darunter 3 AktivistInnen des Autonomen Jugendzentrums, mussten ebenfalls eine DNA Entnahme über sich ergehen lassen nachdem sie einer Einladung der Kantonspolizei im Zusammenhang der Demonstration vom 16. Mai für den Erhalt des Triopuze Folge geleistet haben. Die DNA Entnahme verlief systematisch ohne Prüfung ob die Personen an der Demonstration teilgenommen hatten. Einige von Ihnen waren tatsächlich nicht an der Demonstration anwesend. Diese schwere Verletzung der fundamentalen Rechte ist total unverhältnismässig. Diese Massnahmen sind einer repressiven Politik eines Polizeistaates würdig. In der gleichen Tradition stehen die biometrischen Pässe, die unverhältnissmässigen Methoden der Einschüchterung der Kantonspolizei oder die Ausspionierung der Antiglobalisierungsbewegung durch Securitas. Wir wollen keine Fichierung der alternativen Bewegung! Wir wollen keine Kriminalisierung der sozialen Bewegungen! Wir wollen die unverzügliche Rückgabe der DNA Proben! Zeigen wir ein starkes Zeichen der Opposition an diese repressive Politik!" [30]

// RADIO-BEITRÄGE //
Im Internet sind noch zwei Beiträge vom Radio Rabe zu hören.

Rabe-Info, 16 Juni 2009:
http://www.rabe.ch/pod/index.php?id=80

Rabe-Beitrag zu den DNA-Proben:
http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=28535

// ANTI-REPRESSIONS-DEMONSTRATION //
Gegen die willkürliche DNA Entnahme und die Kriminalisierung der sozialen Bewegungen! 4. Juli 2009, 14 Uhr, Bahnhofplatz, Biel Organisation Sozialiste Libertaire (OSL-Bienne), LA BIU, ATTAC-Bienne, Familie von Allmen, Antifa Biel und Einzelpersonen Mehr Infos: http://ch.indymedia.org/de/2009/06/69999.shtml

// KONTAKTE //
"La Biu":
wydenauweg@gmx.ch
http://www.labiu.ch

"Familie Von Allmen":
familievonallmen@hotmail.com

"BNC - Schatten über Biel":
kollektiv-biel@gmx.ch
http://site4free.tk/users/bnc/

// QUELLEN //
[01] http://ch.indymedia.org/de/2008/04/59019.shtml
[02] http://ch.indymedia.org/demix//2008/05/59592.shtml
[03] http://ch.indymedia.org/de/2008/05/60009.shtml
[04] http://ch.indymedia.org/demix//2008/05/60045.shtml
[05] http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/110767
[06] http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/111057
[07] http://www.labiu.ch
[08] http://ch.indymedia.org/demix//2009/03/67947.shtml
[09] http://ch.indymedia.org/demix//2008/09/63262.shtml
[10] http://ch.indymedia.org/demix//2009/04/68423.shtml
[11] http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/140125
[12] http://ch.indymedia.org/demix//2009/04/68426.shtml
[13] http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/140925
[14] http://ch.indymedia.org/demix//2009/05/69098.shtml
[15] http://ch.indymedia.org/demix//2009/05/69198.shtml
[16] http://site4free.tk/users/bnc/?url=72037
[17] http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/140833
[18] http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/143879
[19] http://ch.indymedia.org/demix//2009/05/69376.shtml
[20] http://ch.indymedia.org/demix//2009/06/69536.shtml
[21] http://ch.indymedia.org/demix//2009/06/69636.shtml
[22] http://ch.indymedia.org/demix//2009/06/69636.shtml
[23] http://www.bernerzeitung.ch/region/seeland-jura/Polizei-raeumt-besetztes-Haus/story/25208411
[24] http://www.bielertagblatt.ch/News/Region/144252
[24] http://ch.indymedia.org/demix//2009/05/69461.shtml
[26] http://ch.indymedia.org/demix//2009/05/69457.shtml
[27] http://ch.indymedia.org/de/2009/06/69957.shtml
[28] http://site4free.tk/users/bnc/
[29] http://ch.indymedia.org/demix//2009/06/69758.shtml
[30] http://ch.indymedia.org/de/2009/06/69999.shtml


23-06-2009 | (A)argrau

1 Inhaltliche Ergänzung :    

Ergänzung Radio-Beiträge
25.06.2009 12:52  

Hier noch die fehlenden Links:

Rabe-Info, 16 Juni 2009:
 http://www.rabe.ch/pod/index.php?id=80

Rabe-Beitrag zu den DNA-Proben:
 http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=28535

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RABE-INFO 25.+26.6.09
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RaBe-Info 26. Juni 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-06-26-55908.mp3
- Kräftemessen zwischen Links und Rechts an der Gedenkfeier zur Schlacht bei Sempach
- Kleine Fortschritte auf der Walfang-Konferenz in Madeira
- Klartegscht reden um die Kommunikation zwischen den Generationen zu verbessern

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RaBe- Info 25. Juni 2009
http://www.rabe.ch/pod/get.php?web=RaBe-Info-2009-06-25-56169.mp3
- Das Tropenparadies Madagaskar ist gefährdet
- Der Kanton Bern verstärkt Suizid- Prävention
- An Berner schulen klingt experimentelle Musik

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ANTI-NAZI-DEMO SEMPACH
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20min.ch 27.6.09

Sempach

Keine Zwischenfälle an der Schlachtfeier

Der gefürchtete Zusammenstoss zwischen Rechtsextremen und einer linken Kundgebung blieb aus: Die 623. Gedenkfeier zur Schlacht bei Sempach ist ohne Zwischenfälle verlaufen.

Im Gegensatz zu anderen Jahren fand der Festakt in der Kirche und nicht beim Schlachtfeld statt. Staatsschreiber Markus Hodel begründete den Entscheid mit der regnerischen Witterung. Es sei kein politischer Entscheid gewesen.

Wetterglück Regen

Hodel verhehlte nicht, dass er über das schlechte Wetter und die Verlegung in die Kirche nicht unglücklich war. Für die Polizei ist die Situation in der Sempacher Altstadt leichter zu kontrollieren als auf dem weiten Gelände des Schlachtfeldes.

Sempachs Stadtpräsident Franz Schwegler glaubt nicht, dass es eine Lösung wäre, aus Sicherheitsgründen die Feier immer in der Kirche durchzuführen. Der Gang zum Schlachtfeld gehöre dazu, sagte er.

Die Rechtsextremen hielten sich während des Festaktes vor der Kirche auf. Danach begaben sie sich zum Schlachtfeld. Dort pflegen sie jeweils eine eigene Feier durchzuführen.

Juso protestierten ausserhalb

Gegen die Anwesenheit der Neonazis führten die Jungsozialisten (Juso) vor dem Anlass ausserhalb der abgeriegelten Altstadt eine bewilligte Kundgebung durch mit dem Motto "Mit Zivilcourage gegen den braunen Sumpf". Sie warfen den Behörden vor, die Neonazis zu dulden und mit diesen "Hand in Hand" zu marschieren.

Nach der Feier kontrollierte die Polizei einzelne Demonstranten wegen Verstosses gegen das Vermummungsverbot. Einzelne hatten sich farbige Masken ("Bunt statt braun") angezogen.

Der Sempacher Stadtrat und der Luzerner Regierungsrat wiesen die Vorwürfe der Linken zurück. Sie verwiesen darauf, dass es sich um einen öffentlichen Anlass handle, an dem jeder teilnehmen dürfe.

Zu Vielfalt Sorge tragen

Die Festansprache hielt Nationalratspräsidentin Chiara Simoneschi- Cortesi (CVP/TI). Ihr Auftritt als erste Tessiner Frau sei ein Symbol für die Willensnation Schweiz, sagte sie in der Kirche.

Die Schweiz sei aus ganz verschiedenen Geschichten entstanden, die sich zu einer gemeinsamen Geschichte zusammengefügt hätten. Diese zeige die ganze Vielfalt der Schweiz. Vielfalt sei eine grosse Chance, zu der Sorge getragen werden müsse.
Quelle: SDA/ATS

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Willisauer Bote 26.6.09

Diskussion abgewürgt

Sempacher Gedenkfeier | Suche nach neuen Konzepten

Dem Kantonsrat behagen die Rechtsextremen an der Sempacher Schlachtfeier nicht. Ein Teil wünscht sich, dass der Anlass künftig anders organisiert wird.

von Stefan Calivers

Ausgelöst wurde die Diskussion im Kantonsparlament durch eine dringliche Anfrage von Heidi Frey-Neuenschwander (CVP, Sempach). An der 623. Sempacher Gedenkfeier von morgen Samstag dürften wieder mehrere Hundert Rechtsradikale aufmaschieren. Die Jungsozialisten werden zuvor eine bewilligte Kundgebung gegen deren Teilnahme durchführen.

Die Füsse der Luzernerinnen und Luzerner

Dieses "Fest des Friedens" dürfe nicht extremen Kräften überlassen werden, sagte Heidi Frey. Das wichtigste Zeichen könnten die Luzernerinnen und Luzerner mit ihren Füssen setzen: indem sie in grosser Zahl an der Gedenkfeier teilnähmen. Frey regte in ihrer dringlichen Anfrage an, dass die Teilnehmer mit einem Pin ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Rechtsextremismus ausdrücken könnten. Auch könnte das Konzept der Feier überdacht und etwa ein "Luzernertag" lanciert werden. Frey will ihren Ideen, die in der regierungsrätlichen Antwort eher auf Ablehnung stiessen, allenfalls mit einem Postulat Nachdruck verleihen.

Neuausrichtung verlangt

Für eine Neuausrichtung der Gedenkfeier votierte Silvana Beeler (SP, Ebikon). Dank der Juso würde das Problem mit den Rechtsextremen jetzt endlich thematisiert. Auch Nino Froelicher (Grüne, Kriens) ortete Handlungsbedarf und regte einen Kulturanlass an. Das Konzept der Gedenkfeier stamme noch aus dem Kalten Krieg. Es gelte, an diesem überholten Geschichtsbild zu arbeiten. Für eine Art "Spiel ohne Grenzen" als Alternative plädierte Daniela Kiener (SP, Kriens). Es sei Zeit, endlich etwas gegen den Aufmarsch der Rechtsextremen zu unternehmen. Denn mit Unterlassen könne man sich ebenso schuldig machen wie mit Taten.

"Anständig behandeln"

Für die Linke sei "alles, was nicht sozialistisch ist, rechtsextrem", sagte Guido Luternauer (SVP, Schenkon). Es habe bei den Aufmärschen in Sempach bisher keine Zwischenfälle gegeben. Die Teilnehmer hätten sich anständig benommen und verdienten es auch, anständig behandelt zu werden, so Luternauer. Von einem neuen Konzept der Schlachtfeier hält er nichts. Die Linken hätten schon die Rütlifeier kaputt gemacht und wollten alle "auf den sozialistischen Pfad einstimmen".

Sicherheit gewährleistet

Regierungspräsident Max Pfister erläuterte nochmals die Haltung des Regierungsrates, der sich in einem Aufruf ausdrücklich gegen den politischen Missbrauch der Gedenkfeier ausgesprochen hatte (WB vom 23. Juni). Die Kantonspolizei und die Organisatoren hätten die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen, beantwortete er eine entsprechende Frage von Heidi Frey.

Nach knapp zehn Minuten stimmte der Rat mit 47:44 Stimmen einem Antrag von Marlis Roos Willi (CVP, Menznau) zu, die Diskussion abzubrechen. Die Fragen von Heidi Frey, insbesondere jene nach der Sicherheit, habe der Regierungsrat beantwortet, begründete Marlis Roos ihren Antrag gegenüber dem WB. Zudem werde die Gedenkfeier nicht vom Kantonsrat, sondern vom Regierungsrat und dem Sempacher Stadtrat organisiert.

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WoZ 25.6.09

Naziaufmarsch

Sempacher Vielfalt

An der Gedenkfeier zur Schlacht bei Sempach vor zwei Jahren: Die Luzerner Regierungsrätin und Sicherheits direktorin Yvonne Schärli (SP) hält beim Winkelrieddenkmal eine Ansprache vor kostümierten PatriotInnen und rund 160 Rechtsextremen. Auf die Präsenz der Rechten angesprochen, sagt sie anschliessend in die Kamera von "Tele-Züri": "Das sind Leute mit anderen Haltungen, anderen Meinungen. Das ist in der Schweiz so, das prägt die Schweiz, das ist die Vielfalt der Schweiz, und das ist auch gut so."

Weniger Freude an der "Vielfalt" hat die Luzerner Regierung dieses Jahr. Sie erachtet es nun "als unerwünscht, wenn politische Gruppierungen versuchen, die Sempacher Schlachtjahrzeit für ihre Zwecke zu instrumentalisieren beziehungsweise zu missbrauchen". Den Sinneswandel ausgelöst hat ein Aufruf der Juso, an der Schlachtfeier gegen den rechtsextremen Aufmarsch zu demonstrieren. "Damit haben wir schon jetzt ein Ziel erreicht", sagt David Roth von der Juso Luzern: "Die Stadt Sempach und der Kanton stehen unter Druck und können die Präsenz der Neonazis nicht weiter ignorieren." Nun gelte es am Ball zu bleiben, damit der Kanton den Aufmarsch künftig ganz verhindere, so Roth.

Die Juso-Kundgebung vom Samstag findet auf dem Schulhausplatz von Sempach statt, wo die Neonazis im Fest­umzug vorbeimarschieren werden. Eine Neuauflage der Schlacht bei Sempach ist aber unwahrscheinlich. Roth glaubt an eine "friedliche Kundgebung", während die Rechtsextremen sich "gebührlich verhalten" und "angepasste Kleidung" tragen wollen. Ein "Sicherheitsdienst" der Rechtsextremen soll sogar das Rauchen unterbinden. dg

Kundgebung gegen den Naziaufmarsch Samstag, 27. Juni, 8 Uhr 30, Schulhausplatz Sempach.

Anreise: Ab Bern: Zug um 7 Uhr nach Sursee; ab Luzern: Zug um 7 Uhr 44 nach Sempach-Neuenkirch; Schlafplätze in Luzern via juso_luzern@gmx.ch

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20min.ch 25.6.09

Schlachtfeier

Sempacher befürchten Ausschreitungen

Die Schlachtfeier in Sempach macht den Einwohnern Kopfzerbrechen: Weil neben Rechtsextremen auch linke Gruppen kommen, befürchten sie Randale.

"Im Städtchen herrscht eine angespannte Stimmung", sagt Floristin Annamarie Schnyder. Niemand wisse, ob die morgige Gedenkfeier friedlich verlaufe. Denn neben den Rechtsradikalen, die in den letzten Jahren immer zahlreicher aufmarschiert sind, werden dieses Jahr auch linke Parteien an einer Platzkundgebung vor Ort sein. Ob auch der berüchtigte schwarze Block auftauchen wird, ist nicht klar. "Viele unserer Gäste haben Angst, dass es zu grossen Ausschreitungen kommt", so Margret Hugi, die im Café Türmli arbeitet. Der Tenor: Sowohl rechte als auch linke Gruppen sollen zuhause bleiben.

Goldschmied Paul Emmenegger hat sich sogar überlegt, sein Geschäft zu verbarrikadieren. Dies lässt er nun zwar bleiben, hofft aber, dass es im Städtchen ruhig bleibt. "Ich stehe jedoch mit einer Fotokamera bereit, falls mir irgendein Idiot eine Vitrine zerstört", so Emmenegger. Die Kantonspolizei greift morgen zur Beweissicherung auf Viedokameras zurück. Wie viele Polizisten vor Ort sein werden, wollten die Verantwortlichen gestern allerdings nicht sagen.

cla/mfe


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20min.ch 25.6.09

Schlachtfeier von Sempach

Bremst der Internet-Pranger die Neonazis aus?

von Adrian Müller

Seit drei Jahren marschieren Rechtsextreme immer zahlreicher an der Schlachtfeier von Sempach LU auf. Nicht eine Juso-Gegendemo, sondern öffentliche Denunzierung verhindert dieses Jahr wohl einen Rekord-Aufmarsch der braunen Schar.

Seit der ersten Kundgebung von Rechtsextremen an der Schlachtfeier in Sempach 2006 mit 55 Teilnehmern ist die Anzahl der Anhänger aus dem Dunstkreis der Pnos stets angewachsen (2007: 160 Teilnehmer; 2008: 250). Hat der rechte Aufmarsch nun seinen Plafond erreicht? Einige Anhaltspunkte sprechen dafür: Etliche Rechtsextreme fürchten sich offenbar davor, dass Bilder des Umzugs wiederum im Internet landen und sie öffentlich als Neonazis denunziert werden. Die Angst ist begründet: 2008 veröffentlichten linksextreme Gruppen wie die Antifa Bern 241 Bilder von mutmasslichen Rechtsextremen auf Indymedia. "Einige Personen haben durch die Publikation der Bilder Probleme bekommen. Sie wurden etwa vom Arbeitgeber erkannt und ins Büro zitiert", erklärt Pnos-Sprecher Martin Martig gegenüber 20 Minuten Online. Beobachter der rechten Szene gehen ebenfalls davon aus, dass der Internet-Pranger den Aufmarsch der Glatzen bremst.

Die Antifa-Fotografen werden am kommenden Samstag nicht alleine sein: Auch die Kantonspolizei Luzern ist mit Videokameras vor Ort. "Zur Beweissicherung", wie es heisst. Etliche Pnos-Mitläufer dürften also zu Hause bleiben. Aber längst nicht alle: "Die, die kommen, stehen auch zu ihrer Gesinnung", sagt Martig.

Pnos will nicht verhandeln

Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren formiert sich heuer auch von politischer Seite her Widerstand gegen den Grossaufmarsch der Glatzen: Die Jungsozialisten protestieren an einer Platzkundgebung auf dem Schulhausplatz gegen Rechtsextremismus. "Mit der Demo konnten wir Druck auf die Behörden ausüben", freut sich David Roth von der Juso Luzern. Die Luzerner Kantonsregierung versuche mit informellen "Geheimgesprächen" die Pnos davon abzubringen, einen Kranz direkt nach der offiziellen Kundgebung am Denkmal niederzulegen. Pnos-Sprecher Martin Martig dementiert einen entsprechenden Bericht des "SonntagsBlick": "Wir haben keine Verhandlungen geführt und werden uns nicht davon abbringen lassen, einen Kranz niederzulegen." Martig rechnet mit etwa 200 bis 300 Kundgebungsteilnehmern, in etwa gleich viel wie letztes Jahr.

Bleibt der schwarze Block daheim?

Die Marschroute des Schlachtfeier-Umzugs führt direkt neben der Juso-Platzkundgebung vorbei. Die beiden Demo-Gruppen werden sich von Angesicht zu Angesicht begegnen. "Wir werden drei Reden halten und uns nicht auf Provokationen einlassen", sagt Juso-Präsident Roth, der etwa 120 Teilnehmer an der Gegendemo erwartet. Nach Gesprächen mit Personen aus dem Umfeld der linksautonomen Szene sei er überdies zuversichtlich, dass der "schwarze Blocks" nicht anreisen werde. Für den Infochef der Luzerner Kantonsregierung ist die Sache immer noch verworren: "Es ist schwierig einzuschätzen, wie die zwei Parteien miteinander klarkommen werden", sagt Urs Hangartner.

"Friedrich Laibacher, Nationalheld"

Bis anhin hat auch die Pnos nie für grössere Zwischenfälle gesorgt. Vom Rütli hat man sie vertrieben, doch an der Gedenkfeier zur Schlacht von Sempach marschierten die Rechtsextremen in den letzten Jahren immer zahlreicher auf. 2008 nahmen über 250 Neonazis aus dem Umfeld der "Helvetischen Jugend", der "Hammerskins" und der Partei National Orientierer Schweiz (Pnos) am Winkelried-Denkmal an einer Demonstration teil. Ein Rechtsextremer trug gar ein T-Shirt mit der Aufschrift: "Friedrich Laibacher, Nationalheld - Warum hast du nicht in Bern gewohnt?" und zeigte damit Sympathien für den Amokläufer von Zug. Die Luzerner Kantonsregierung tolerierte den jedes Jahr anwachsenden braunen Aufmarsch stillschweigend.

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MISS PNOS
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Aargauer Zeitung 26.6.09

Missgriff bei der Eigenwerbung

Die Luzerner Miss-Kandidatin Marion Stutz gerät ungewollt in die rechtsextreme Ecke

Die Luzernerin Marion Stutz ist eine von 16 Miss-Schweiz-Kandidatinnen, die am 26. September das Krönchen mit nach Hause nehmen wollen. Auf ihrer Homepage bezeichnet Stutz sich als "waschechte 1291-Schweizerin" und posiert mit einer Schweizer Fahne.

Dieser Slogan in eigener Sache hat der Miss-Kandidatin nun aber ganz besondere Freunde, ziemlich viel Ärger › und ein unvorteilhaftes Image eingebracht: Auf dem Internetportal Facebook haben rechtsextreme Nutzer eine Gruppe zur Unterstützung von Stutz gegründet. Ihre Bezeichnung: "Diesmal kein Geschwür! Darum wählt Marion Stutz!" Damit spielen die Gruppengründer auf eine Aussage von Dominic Lüthard, Mitglied der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos), an.

 Marion Stutz versucht nun den Schaden wiedergutzumachen: Auf ihrer Website liess sie ein Bild aufschalten, das sie inmitten ihres multikulturellen Freundeskreises zeigt. Darunter steht: "Wie auf dem Foto eindeutig zu erkennen ist, stehe ich in keiner Ecke (weder links noch rechts), sondern ich halte mich in der Mitte auf." Zudem wollte Stutz gemäss der "Neuen Luzerner Zeitung" die Facebook-Gruppe schliessen lassen. Bis anhin haben die Plattformbetreiber nicht reagiert. Stattdessen tobt dort der Kampf zwischen "Patrioten" und ihren Gegenspielern. (sas)

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NLZ 25.6.09

Miss Schweiz/Hochdorf

Stutz wehrt sich gegen Fanclub

 bin. Böse Überraschung für die Miss-Schweiz-Kandidatin Marion Stutz: Auf dem Internetportal Facebook haben Rechtsextreme einen Fanclub für die Hochdorferin gegründet. "Diesmal kein Geschwür! Darum wählt Marion Stutz!" heisst die Gruppe. Die amtierende Miss Schweiz Whitney Toyloy wurde vergangenes Jahr von der Pnos (Partei National Orientierter Schweizer) als "Geschwür" bezeichnet.

"Freunde sind multikulturell"

Marion Stutz beschreibt sich auf ihrer eigenen Homepage als "waschechte 1291-Schweizerin." "Ich bin Patriotin und bin stolz auf mein Land, aber mit Rassismus habe ich nichts am Hut", sagt sie dazu. Ihr Freundeskreis sei multikulturell, der Freund Österreicher.

Gruppe soll gelöscht werden

Marion Stutz setzt nun alles daran, dass die betreffende Facebook-Gruppe gesperrt wird. "Ich hoffe, dass die Leute verstehen, dass alles ein Missverständnis war." Sie wolle sich wieder voll auf die Miss-Schweiz-Wahlen vom September konzentrieren.

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GASSENKÜCHE LUZERN
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20min.ch 24.6.09

Widerstand gegen den "Junkie-Pass"

von Guy Studer

Wer in der Gassenküche essen oder Drogen konsumieren will, muss künftig für beide Angebote einen speziellen Ausweis vorweisen. Konsumenten fühlen sich diskriminiert.

Im Juli und August werden die neuen Ausweise eingeführt - je einer für die Gassenküche sowie die Kontakt- und Anlaufstelle (K+A). Die Ausweise, die ab September obligatorisch sind, enthalten ein Foto, den Namen und die Gültigkeitsdauer. "Sie dienen dem Schutz der Konsumenten und Mitarbeiter", sagt Fridolin Wyss von der Kirchlichen Gassenarbeit. Das will Konsument und Gassenküche-Nutzer Timo K.* nicht gelten lassen: "Sie dienen nur der Kontrolle und sind diskriminierend", sagt er, "ich bin nicht der Einzige, der dies so sieht." Einen solchen Ausweis wolle er nicht im Portemonnaie, "schliesslich konsumiere ich nicht regelmässig". Er wolle bei eventuellen Kontrollen durch die Polizei nicht stigmatisiert sein. Zudem sei er auf Stellensuche.

In Zürich gibt es ebenfalls Ausweise für die K+A. Dort zeigen die Behörden allerdings mehr Feingefühl: "Die Angst vor dem Ausweis ist vorhanden, wir respektieren das", sagt Michael Herzig, Geschäftsbereichsleiter Sucht und Drogen der Stadt Zürich. Man könne deshalb auch zusammen mit der ID die Kopie einer Niederlassungsbestätigung für die Stadt vorweisen.

* Name geändert

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DROGENKONSUM
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Bund 25.6.09

Lieber Ecstasy als Heroin

Der Uno-Drogenbericht gibt Einblick in einen hart umkämpften Markt

Die Nachfrage nach Kokain, Opiaten und Cannabis stagniert oder schrumpft, wogegen die Produktion und der Konsum von synthetischen Drogen steigen: Dies ist dem gestern publizierten Uno-Drogenbericht zu entnehmen.

 Laut den Experten ging im vergangenen Jahr allein der Schlafmohnanbau in Afghanistan um 19 Prozent zurück. Aus diesem Land kamen bisher 93 Prozent des weltweit produzierten Opiums; dieses dient zur Herstellung von Heroin. In Kolumbien, das die Hälfte des globalen Kokainvolumens produziert, sank der Koka-Anbau um 18 Prozent, und die Kokain-Produktion schrumpfte im Vergleich zum Vorjahr um 28 Prozent. Weltweit war bei der Koka-Produktion mit 845 Tonnen ein Fünfjahrestief zu verzeichnen, dies trotz Steigerungen in Peru und Bolivien.

Weniger "Stoff", mehr Gewalt

Im globalen Kokainmarkt, wo jährlich rund 50 Milliarden Dollar umgesetzt werden, ergaben sich laut dem Uno-Bericht gewaltige Veränderungen. Vor allem in Mittelamerika scheinen eine Verknappung des "Stoffs", ein tieferer Reinheitsgrad und höhere Preise zu neuen Konsummustern und insgesamt zur Schrumpfung des Marktes geführt zu haben. Das könnte eine Erklärung für die Gewaltzunahme in Ländern wie Mexiko sein, wo mächtige Kartelle erbittert um einen kleiner gewordenen "Kuchen" kämpfen.

 Die Nachfrage nach konventionellen Drogen sei in den grössten Absatzmärkten für Cannabis, Kokain und Opiate "überall stagnierend oder rückläufig", heisst es im Uno-Bericht. Unklar sei allerdings, wie es diesbezüglich in den Entwicklungs- und Schwellenländern aussehe.

Drogenfabriken in Südostasien

 Entgegengesetzt entwickelt sich offenbar der Markt für synthetische Drogen wie Amphetamine, Methamphetamine und Ecstasy. Hier stabilisiert sich zwar der Konsum in den Industrieländern, während er in Entwicklungs- und Schwellenländern zu steigen scheint. So produzieren riesige Labors in Südostasien gewaltige Mengen an Methamphetamin-Tabletten, Crystal Meth und anderen Substanzen wie Ketamin.

Ecstasy erobert Europa

Einige EU-Länder sind inzwischen zu wichtigen Ecstasy-Absatzmärkten geworden, während Kanada sich zu einem wichtigen Umschlagplatz für Crystal Meth und Ecstasy entwickelt hat.

 Auch die illegalen Handelswege verschieben sich laut der Uno, offenbar mit einer gewissen Tendenz zum Nahen Osten. Jedenfalls wurden allein in Saudi-Arabien ein Drittel aller Substanzen der florierenden Amphetamingruppe weltweit beschlagnahmt, insgesamt mehr als in China und den USA zusammen.

Iran fängt viele Drogen ab

Die Erfolge bei der Drogenbekämpfung sind je nach Art der Betäubungsmittel unterschiedlich. Während weltweit 41 Prozent des Kokainvolumens beschlagnahmt werden, sind es bei den Opiaten nur 19 Prozent. Die meisten Opiate (Opium, Morphin und Heroin) wurden in Iran und in Pakistan sichergestellt. In Iran wurden unglaubliche 84 Prozent des weltweiten Opiumvolumens konfisziert und 28 Prozent des Heroins.

Den Handel früh stören

Die Uno will internationale Aktionen zur Drogenbekämpfung auf die Beine stellen. So ist zwischen Afghanistan, Iran und Pakistan eine "Dreiecksinitiative" entwickelt worden, um die Handelswege früh zu unterbrechen. Damit komme mehr Stabilität in die Region und weniger Heroin nach Europa, heisst es im Uno-Bericht. Dieser ist gestern in Wien und Washington veröffentlicht worden. (sda)

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unodc.org 24.6.09

Release of World Drug Report 2009
http://www.unodc.org/unodc/en/frontpage/2009/June/world-drug-report-2009-released.html

World Drug Report 2009
http://www.unodc.org/documents/press/releases/WDR09pressreleasefinal-german.pdf

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HOOLIGAN-GRIPPE
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WoZ 25.6.09

Fussballfans und Rechtsextremismus-Was unterscheidet italienische von deutschen Ultras? Werden Fanszenen durch ihre innere Struktur zwangsläufig zu rechten Subkulturen? Ein neu erschienenes Buch sucht nach Antworten.

Kein Ort für Demokraten?

Von Pascal Claude

Sind organisierte, fanatische Fussballfans - sogenannte Ultras - per se faschistoid, oder handelt es sich bei ihnen vielmehr um eine Subkultur, die es zu respektieren gilt, weil sie einen entscheidenden Faktor im Kampf gegen Rechtsextremismus im Fussball darstellt? Der Politikwissenschaftler Jonas Gabler beantwortet in seiner Diplomarbeit beide Teilfragen überraschend mit Ja. Obwohl es Gabler nicht gelingt, diesen Widerspruch schlüssig aufzulösen, leistet er mit "Ultrakulturen und Rechtsextremismus - Fussballfans in Deutschland und Italien" einen differenzierten Beitrag zur Debatte um radikalisierte Fussballanhänger.

Die Anfänge der Ultrakultur liegen im Italien der sechziger Jahre, wo das Publikum in den Fankurven spontanen Applaus und Jubelschrei allmählich mit Fahnen, Transparenten und Mega fo nen ergänzte - Formen der Unterstützung, welche aus der ausserparlamen tarischen Politik stammten. Ein Grossteil der Kurven war entsprechend links geprägt, wovon heute noch Namen von Fangruppierungen zeugen, wie etwa jener der Brigate Rossonere der AC Milan.

Mit dem gesellschaftlichen fand im Verlauf der Jahrzehnte auch ein Wandel in der Fankultur statt. Italienische Ultraszenen gelten heute mit wenigen Ausnahmen als rechts. So zitiert Gabler ein Mitglied der Ultras von Hellas Verona, einem der prominentesten Beispiele rechtsextremer Subkultur im italienischen Fussball: "Ultra sein heisst rechts sein. Eine Ultragruppe ist auf jeden Fall faschistisch. Die Kurve ist kein Ort für Demokraten. Die Kurve ist ein Ort, an dem Führer anerkannt werden. Sie ist militärisch organisiert, und die Ultras sind die Soldaten."

Wo Gegner Gegner bleiben

Diese Soldaten des Fussballs bekämpfen ihre Gegner (und die Polizei) nicht mehr nur mit Gesängen und im Stadion, die lokalpatriotischen Machtspiele haben sich längst vom Ereignis Fussball gelöst. Das ist der Moment, in dem ein kontrolliertes, weil zeitlich und räumlich begrenztes Freund-Feind-Schema ins Faschistoide kippt, wo Gegner über die Stadionmauern hinaus Gegner bleiben, auch wenn sie dasselbe bürgerliche Leben führen, denselben Beruf aus üben, dieselbe Partei wählen, in derselben Stadt wohnen. Die Herabwürdigung und Entmenschlichung aller Andersfarbigen über den Spieltag hinaus hat rechtsextreme Züge. Nicht nur in Italien.

Dem Ursprungsland der Ultrakultur stellt Gabler die Fanszene Deutschlands gegenüber, die in den vergangenen fünfzehn Jahren ebenfalls eine starke Veränderung erfahren hat. In den Stadien der Bundesliga bilden heute ebenfalls Ultragruppierungen den Kern praktisch aller Fanszenen. Von ihren italienischen Vorbildern haben sie jedoch nur die reiche Palette an Ausdrucksformen übernommen, nicht die politische Konnotation. Im Gegenteil: Mit den Ultras, welche die Kutten- und Hooliganszene weitgehend abgelöst haben, sind rechtsextreme Äusserungen in deutschen Stadien deutlich zurückgegangen; Ultras wie in Bremen, Mainz, München oder auf St. Pauli definieren sich klar antirassistisch und beweisen zivilgesellschaftliches Engagement. Dass deutsche Ultras immer noch pauschal als Gefahr für die Sicherheit und als Feinde des Fussballs gelten, führt Gabler auf einen undifferenzierten Vergleich mit den Verhältnissen in Italien zurück.

"Gefährlich, stark, überlegen"

Es gelte, so Gablers Anliegen, Ultras in Deutschland als wichtige und vor allem authentische Fankultur zu begreifen, die sich vom dumpfen Rassismus der achtziger Jahre verabschiedet hat. Gleichzeitig muss er eingestehen, dass das Fanmodell der Ultras in Teilen mit jenem rechter Ideologien korrespondiert: mit der gewünschten Selbstwahrnehmung "als gefährlich, stark und überlegen", mit der Suche "nach einer irreversiblen Zugehörigkeit zu einer übergeordneten Gemeinschaft und klaren Hierarchien". Gabler warnt deshalb vor den Konsequenzen, die eine systematische Bekämpfung der Ultrakultur alleine wegen Pyro- und gelegentlichen Gewaltdelikten mit sich bringen kann: "Unverhältnismässige und pauschale Repression könnten zu einer Radikalisierung und zu einer Abkopplung von der Gesellschaft führen." Es bestehe die Gefahr, dass sich "eine rechtsextreme ultraorientierte Fankultur entwickelt, da durchaus Anknüpfungspunkte zwischen der Ultrakultur und dem Rechtsextremismus (…) zu finden sind."

Gablers Versuch einer Differenzierung durch Gegenüberstellung ist wichtig, der fachliche Hintergrund zweifelsfrei vorhanden. Das Fazit von "Ultrakulturen und Rechtsextremismus" verrät jedoch, dass er seiner eigenen Überzeugung nicht recht traut: Wenn den antirassistischen Ultras Sorge getragen werden soll, weil aus ihnen sonst Rechtsextreme werden könnten, liegt das Problem nicht nur bei Pauschalisierung und Repression. Dann ist es - wie der Mann aus Verona sagt - kulturimmanent.

Jonas Gabler: "Ultrakulturen und Rechtsextremismus. Fussballfans in Deutschland und Italien." Papy Rossa Verlag. Köln 2009. 153 Seiten. Fr. 24.90.

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NZZ 25.6.09

Die Sportklubs müssen Polizeieinsätze übernehmen

Neues Polizeigesetz verabschiedet

Baumann M. (mbm)

 mbm. Rund um Fussballspiele ist es in letzter Zeit vermehrt zu Ausschreitungen gekommen, die grosse Polizeieinsätze nötig machten. Die Kosten dafür wurden bis jetzt von der öffentlichen Hand übernommen. Das wird sich ändern, wenn am 1. Juli 2009 das neue Polizeigesetz in Kraft tritt. In Zürich wird es dann möglich sein, die Kosten für ausserordentliche Polizeieinsätze ganz oder teilweise weiterzuverrechnen. Im Gesetz wird unter anderem die formell-gesetzliche Grundlage für den Kostenersatz von polizeilichen Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen geregelt. Davon betroffen sind beispielsweise Fussball- und Eishockeyspiele mit erhöhter Gefährdung. Bei der Verrechnung kommt ein Modell mit zwei Stufen zur Anwendung. Polizeikosten bei Veranstaltungen ohne öffentliches Interesse oder ohne ideellen Zweck wie Aktionärsversammlungen werden vollumfänglich dem Veranstalter in Rechnung gestellt.

 Etwas anders sieht es bei Veranstaltungen aus, die ganz oder teilweise im öffentlichen Interesse liegen oder einem ideellen Zweck dienen. Hier können Polizeikosten teilweise an die Veranstalter überwälzt werden. Unter diese Kategorie fallen grosse Sportanlässe. Als Grundversorgung leistet die Polizei bei Sportveranstaltungen 200 Mannstunden gratis. Dies entspricht gemäss Angaben des Polizeidepartements einem achtstündigen Einsatz mit rund 25 eingesetzten Personen samt notwendigem Material - oder 25 000 Franken. Mit diesem Aufwand lassen sich Fussball- und Eishockeyspiele mit geringem und ohne Gefährdungspotenzial bewältigen. Ein Hochrisikospiel wie zum Beispiel FCZ - FC Basel kann aber schnell Polizeikosten von bis zu 250 000 Franken verursachen. In solchen Fällen sollen die ab 25 000 Franken anfallenden Kosten weiterverrechnet werden.

 Es gibt aber noch ein Hintertürchen für die Klubs, um die Kosten zu reduzieren. Ihr Kostenanteil kann herabgesetzt oder sogar ganz erlassen werden, wenn sie Anstrengungen zur Verhinderung von Gewalt unternehmen und so Polizeikosten reduzieren helfen. Darunter versteht Reto Casanova, Kommunikationsleiter des Polizeidepartements, etwa die Finanzierung von Fan-Projekten, wie er auf Anfrage sagte. Er könne sich aber auch vorstellen, dass sich die Klubs auch an anderen Präventivmassnahmen beteiligten und sich für Verbesserungen bei der Eingangskontrolle einsetzten. Die Stadt sei diesbezüglich mit den Klubs noch im Gespräch. Bei GC stellt man sich zwar insgesamt auf Mehrkosten ein, hofft aber, dass man in diesen Gesprächen noch zu konkreteren Lösungen komme. Laut Alex Sauber, Verantwortlicher für den Spielbetrieb bei GC, gibt es noch Spielraum für die Klubs. Die Beteiligung am Fan-Projekt sei für GC selbstverständlich, die anderen Massnahmen müssten noch ausformuliert werden. GC habe alles Interesse daran, die Gewalt im und ums Stadion einzudämmen. Die Kosten für die Polizeieinsätze über die Billette an die Fans weiterzugeben, wolle man möglichst verhindern. Beim FCZ war gestern niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

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Aargauer Zeitung 25.6.09

Vereint gegen Gewalt in Stadien

Im Herbst möchte Regierungsrat Hanspeter Gass einen detaillierten Bericht vorlegen

Regierungsrat Hanspeter Gass sucht mit Zürich und Bern das Gespräch: Er möchte die Zusammenarbeit beim Kampf gegen die Gewalt in und um die Stadien intensivieren.

Franz Osswald

Der runde Tisch, an dem Vertretungen von Sportverbänden, Clubs, Polizei und Politik über die Möglichkeiten, Gewalt in und um Stadien verhindern zu können, diskutierten, hat in Basel mehrheitlich für enttäuschte Reaktionen gesorgt. Markus Lehmann, Präsident des Vereins "Fanarbeit Basel", hat vom runden Tisch nicht viel erwartet: "Von Beginn weg wurde ein Fehler gemacht, weil man die Betroffenen nicht berücksichtigt hat. Wenn man gute Resultate will, muss man mit beiden Seiten reden."

Lehmann wie Adrian Grünig, Verantwortlicher für die Fanarbeit beim FC Basel, werten es aber als positiv, dass der Fanarbeit auch beim runden Tisch wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dies auch, weil von der Öffentlichkeit immer schnelle Schritte erwartet werden, was mit Fanarbeit nicht möglich sei. "Nachhaltige Fanarbeit braucht Zeit", sagt Grünig. Der FCB-Fanverantwortliche will nun abwarten, wie es weitergeht, denn bisher seien alles nur Worte, denen noch Taten folgen müssten.

 Nicht abwarten möchte Regierungsrat Hanspeter Gass, bis eine Fancard realisiert werden kann, was frühestens 2012 der Fall sein wird: "Ich erachte die Fancard als sinnvolle Massnahme und beurteile es positiv, dass am runden Tisch diesbezüglich ein Konsens erreicht werden konnte. Beim letzten Fanpass, der scheiterte, war dies nicht der Fall." Der Polizeidirektor möchte bis im Herbst drei Schritte unternehmen, um das Gewaltproblem anzugehen.

Bericht mit Kosten und Massnahmen

"Ich werde mit Kantons- und Stadtbehörden von Zürich und Bern das Gespräch suchen mit dem Ziel, unsere Zusammenarbeit intensivieren zu können", erklärte Hanspeter Gass. Mit einer Delegation der Konferenz der Kantonalen Polizei- und Justizdirektoren wird er in den Niederlanden und in Grossbritannien Modelle der Gewaltverhinderung in Stadien studieren und das Thema in der Konferenz nochmals thematisieren. "Im Herbst möchte ich dem Regierungsrat einen Bericht mit Kosten und Massnahmen vorlegen", stellt Gass in Aussicht.

 Die Kosten stehen für den Regierungsrat ebenfalls auf der Traktanden- liste. "Das Geld, das wir für Einsätze nicht verrechnen können, fehlt uns im Departement für andere Aufgaben", stellt Gass fest. In Zürich werde dank dem neuen Polizeigesetz ebenfalls eine Kostenübertragung möglich, in Bern werde dies schon praktiziert. "Ich bin diesbezüglich mit FCB-Vize Bernhard Heusler im Gespräch", konstatiert Gass.

 Punkto Kosten hat Markus Lehmann das Heu nicht auf der gleichen Bühne wie Hanspeter Gass. Lehmann: "Beim WEF wird dem Veranstalter auch keine Rechnung gestellt", argumentiert er. Zudem sei die Gewalt eher vor den Stadien als in den Stadien, also auch Aufgabenbereich der Polizei. Gass kontert: "Beim WEF handelt es sich um Demonstrationen, bei denen es sich um das Recht auf Meinungsäusserung handelt. Diese ist in der Bundesverfassung verankert. Bei einer Kundgebung können wir nicht im Voraus wissen, ob es zu Ausschreitungen kommt. Bei den Krawallen vor und in den Stadien handelt es sich aber nicht um eine Kundgebung, sondern um sinnlose Gewalt."

 Markus Lehmann spricht noch einen wunden Punkt an: "Der Fussballverband muss mehr Verantwortung übernehmen. Die Einnahmen aus Bussgeldern an die Clubs sollen auch für die Fanarbeit eingesetzt werden", fordert er.

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20min.ch 24.6.09

Wegen Polizeikosten

Fans drohen höhere Ticketpreise

von Roman Hodel

Bei Hochrisiko-Spielen bittet die Stadt Zürich FCZ, GC und ZSC Lions künftig zur Kasse. Die Klubs überlegen sich, die Kosten auf die Fans abzuwälzen.

Bis zu einer Viertelmillion Franken kostet ein Polizeieinsatz bei Hochrisiko-Spielen. Den grössten Teil davon kann die Stadt Zürich dank dem neuen Polizeigesetz ab 1. Juli den Sportklubs weiterverrechnen. Nun hat der Stadtrat die Verordnung verabschiedet. Für den FCZ, GC und die ZSC Lions bedeutet dies ab der neuen Saison zusätzliche Kosten. "Das schmerzt", sagt der GC-Sicherheitsverantwortliche Alex Sauber. Er sieht zwei Möglichkeiten: das Modell Basel oder Luzern. Beim FC Luzern müssen die Fans seit 2008 pro Ticket 2 Franken extra für die Sicherheit bezahlen.

In Basel dagegen sind die Ticketpreise seit Jahren unverändert und der FCB kommt vollumfänglich für die Sicherheitskosten auf - letztes Jahr 3,6 Mio. Franken. "Die Luzerner Lösung wäre sicher ein gangbarer Weg", so Sauber, "aber noch haben wir keinen Entschluss gefasst." Zuerst stünden Verhandlungen mit der Stadt an. Diese will auch ZSC-Lions-CEO Peter Zahner abwarten. Er sagt: "An Ideen fehlts nicht, wie wir die Kostenfrage lösen wollen." Beim FCZ war der zuständige Präsident Ancillo Canepa nicht erreichbar.

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20min.ch 24.6.09

Ab Juli stellt die Polizei Einsätze in Rechnung

Die Stadt Zürich kann künftig ausserordentliche Polizeieinsätze bei Fussball- und Eishockeyspielen mit erhöhter Gefährdung den Veranstaltern verrechnen. Der Stadtrat hat die Verordnung zum neuen Polizeigesetz verabschiedet, das am 1. Juli in Kraft tritt.

Das neue Polizeigesetz erlaubt die Verrechnung der Polizeieinsätze. Wenn eine Veranstaltung nicht im öffentlichen Interesse liegt - wie rein kommerzielle Anlässe - wird der ausserordentliche Polizeieinsatz vollumfänglich verrechnet.

Teilweise Verrechnung bei öffentlichem Interesse

Bei grossen Sportveranstaltungen oder anderen Anlässen, die ganz oder teilweise im öffentlichen Interesse liegen oder einen ideellen Zweck verfolgen, wird der Einsatz teilweise verrechnet, allerdings erst ab 200 Personenstunden. Dies entspricht einem rund achtstündigen Polizeieinsatz mit 25 zusätzlichen Personen samt Material, der etwa 25 000 Franken kostet.

Ein Hochrisikospiel beispielsweise verursacht dagegen Kosten von bis zu 250 000 Franken für polizeiliche Sonderleistungen. Davon wird die Grundversorgung von 25 000 Franken abgezogen.

Zusätzlich herabgesetzt oder ganz erlassen werden kann der Kostenersatz, wenn die Veranstaltenden entsprechende Anstrengungen zur Reduktion von Gewalt geltend machen können.
Quelle: SDA/ATS

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10vor10 23.6.09

Runder Tisch gegen Hooliganismus

Hooligans wüten bei vielen Sportveranstaltungen in der Schweiz. Ein Problem, das gelöst werden muss. Heute, gut drei Wochen vor dem Start zur neuen Fussballsaison, hat Sportminister Ueli Maurer alle involvierten Kräfte, wie Sportverbände, Polizei, und Sicherheitsfachleute an einen runden Tisch geladen, um Massnahmen gegen diese Ausschreitungen zu beschliessen.
http://www.sf.tv/videoplayer/embed/19e6c520-8def-44b3-845b-833122043fca&live=false

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STOP MURDER MUSIC
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NZZ 26.6.09

"One Hate" und "One Love"

Die homophoben "Battyboy Tunes" im jamaicanischen Dancehall

Die Grundregel im Umgang mit Pop-Musik aus dem Ghetto: Ohne Berücksichtigung des soziokulturellen Kontextes sind Verständnis und Kritik nicht möglich. Dies gilt selbst für die widerwärtigen homophoben Hasstiraden, die jamaicanische Dancehall-Artists wie Beenie Man, Bounty Killer, Vybz Kartel oder Buju Banton, der heute Freitag im Zürcher Volkshaus auftritt, bisweilen in ihren Songtexten verbreiten.

Olaf Karnik

 Die homophoben Hasstiraden und Mordphantasien in den Songs jamaicanischer Pop-Stars stossen europäische Hörer vor den Kopf. Kein Wunder, rufen verschiedene Schwulen- und Lesbenverbände immer wieder nach Zensur und Verbot. Der britische Aktivist Peter Tatchell insbesondere hat mit seiner Aktionsgruppe "OutRage!" schon vor Jahren die "Stop Murder Music"-Kampagne ins Leben gerufen, um den Boykott von Konzerten jener Dancehall-Musiker zu verlangen, die in ihren Songs homophobe Inhalte transportieren. Peter Tatchell interessiert sich dabei freilich wenig für jenen soziokulturellen Kontext, in dem homophobe Botschaften wuchern. Aktivisten und Aktivistinnen wie er fühlen sich schlicht angegriffen. Ihre Forderungen sind nachvollziehbar und legitim. Dennoch würde das Verständnis jamaicanischer Kultur helfen, der Problematik umsichtiger zu begegnen. Kommunikation und Information werden das Problem jedenfalls eher entschärfen als Bann und Boykott.

"Lyrical Killings"

 Die sogenannten "Battyboy Tunes" im Dancehall, die in direkter oder metaphorischer Sprache dazu auffordern, Homosexuelle zu erschiessen oder zu erschlagen, sind als sogenannte "Lyrical Killings" zu verstehen. Als solche sind sie Teil einer im Dancehall kultivierten, äusserst krassen Rhetorik, die sich über diverse lyrische Disziplinen erstreckt. Verbal-Massakrierungen finden sich nicht nur in "Battyboy Tunes", sondern mit anderem thematischem Schwerpunkt auch in "Gun Tunes" oder "Badman Tunes", in denen Schusswaffen und Gangsta-Grausamkeit glorifiziert werden.

 Ebenso gibt es im Reggae und Dancehall eine lange Tradition sprachlicher Feldzüge, die sich gegen Vertreter des verhassten "Babylon System" richten - der korrupten und repressiven politischen Klasse mitsamt ihrem Polizei- und Verwaltungsapparat. In Tausenden Roots-Reggae-Stücken wurde die willkürliche Gewalt der (jamaicanischen) Polizei nur beklagt, bis später im Wortkampf des Dancehall quasi grausame Rache geübt wurde. Ebenso stehen schon lange auch der Papst und Vertreter des Vatikans auf der "Abschussliste" (z. B. in "Fire Pon Rome" von Anthony B). Nicht zuletzt sind in den Ghettos und Gossen von Kingston sogenannte "Informer Tunes" populär, die das als gerecht empfundene Ermorden von Polizei-Informanten feiern.

 Dies sind nur die bekanntesten Disziplinen, in denen der martialische "Hate Speech" an der Tagesordnung ist. Mit Ulli Güldner, dem bestinformierten Reggae-Journalisten im deutschsprachigen Raum, liesse sich fragen: "Gibt es einen qualitativen Unterschied zwischen der Exekution eines Schwulen und der Enthauptung eines Informer? Oder lässt sich in irgendeiner Weise zwischen Sizzlas <Verbrennt die Männer, die Sex mit Männern haben> und Anthony B's <Fire Pon Rome>-Dauercredo differenzieren?" Wann treten Vatikan und Polizeigewerkschaften auf den Plan, um die gesamte Reggae-Kultur in die Schranken zu weisen?

 In seinen grundlegenden Ausführungen zur Homophobie-Problematik im Reggae ("Riddim" 02/09) nennt Güldner Renitenz, Rebellentum und rigorose Redefreiheit als "Werte" jamaicanischer Pop-Musik, die über Jahrzehnte zu ihrer internationalen Popularität beigetragen haben. Darüber hinaus zeigt er, dass Homophobie nicht einfach ein Moment der jamaicanischen Pop-Musik ist, sondern der jamaicanischen Gesellschaft überhaupt. So werden durch die unsägliche jamaicanische "Buggery Act" - ein noch von den britischen Kolonisatoren eingeführtes, aber immer noch geltendes Gesetz - homosexuelle Praktiken mit Gefängnisstrafen und Zwangsarbeit bis zu zehn Jahren geahndet. Nicht nur von staatlicher Seite indessen wird Homosexualität in Jamaica verfolgt, auch eine in der breiten Bevölkerung tief verwurzelte Religiosität alttestamentarischer Orientierung trägt zur homophoben Gesinnung der Gesellschaft bei. Und schliesslich hat Homosexualität auch in der Rastafari-Religion keinen Platz, weswegen sich schon Bob Marley, Peter Tosh und insbesondere Bunny Wailer dagegen aussprachen - ohne sie in ihren Songs zu thematisieren.

Pragmatischer Umgang

 Homophobe "Hass-Sänger" aus Jamaica sind also in zweierlei Hinsicht gleichsam kulturell "gedeckt": einerseits durch ein milieuübergreifendes Einverständnis in der jamaicanischen Gesellschaft, andererseits durch die krassen lyrischen Gepflogenheiten im Dancehall. Angesichts dessen sollte man in Europa im Einzelfall eines Konzerts eines Dancehall-Artist wohl den Verzicht auf homophobe Lyrics einfordern. Es ist hingegen absurd, Entschuldigungen, auf Dauer geltende Verzichtserklärungen oder gar Bekehrungen zu erwarten. Gerade weil Homophobie tief in der jamaicanischen Gesellschaft verwurzelt ist, muss das Problem von ihr selbst als solches erkannt und gelöst werden. Auch der Druck internationaler Schwulen- und Lesbenverbände, durch den die kleine Reggae- und Dancehall-Industrie in den letzten Jahren tatsächlich arg gelitten hat, scheint letztlich kein probates Mittel zu sein. Denn unter den ökonomischen Einbussen durch Auftrittsverbote und sinkende Plattenverkäufe haben nicht nur Sizzla, Beenie Man, Buju Banton oder Capleton selbst zu leiden, sondern auch die zahlreichen Jugend- und Bildungsprojekte im Ghetto, die diese Persönlichkeiten mit ihren Einnahmen alimentieren.

 Was übrig bleibt, ist Stolz: Wer im jamaicanischen Ghetto haust, wo Dancehall nicht nur eine integrative Entertainment-Funktion hat, sondern auch eine Überlebenschance bietet, wird sich keinem von aussen auferlegten, universellen Toleranz-Imperativ beugen. Es sei denn, damit wäre irgendeine dauerhafte Option auf ein besseres, menschenwürdiges Leben verbunden.

 Aus solchen Gründen solidarisiert sich ein Teil der europäischen Reggae-Szene, die in ganz anderen sozialen Verhältnissen lebt, mit den Dancehall-Artists aus Jamaica. Es ist gewiss nicht geteilte Homophobie, die die Reggae-Fans so manchen homophoben Dancehall-Star feiern lässt. Demonstriert wird vielmehr eine Wertschätzung des Künstlers und der Reggae- und Dancehall-Kultur, die sich mitnichten auf Homophobie und Gewaltverherrlichung reduzieren lässt. Tatsächlich laufen die Tiraden von Dancehall-Artists vor europäischem Publikum meist ins Leere. Dass dabei Homophobie geschürt werde, gehört zu den Missverständnissen einer oberflächlichen Reggae-Rezeption, die stets auf den "Hate Speech" in der karibischen Musik fixiert scheint.

Rezeption von Differenz

 Es gibt kaum ein Genre, in dem Gewalt derart kultiviert - dabei auch kanalisiert und abgeführt - wird wie im Dancehall (allenfalls im Gangsta-Rap). Ebenso gibt es kaum ein anderes Genre, in dem Liebe, Brüderlichkeit und Spiritualität so eindringlich beschworen werden wie im Reggae. "One Love" und "One Hate" sind hier zwei Seiten einer Medaille, die in Europa freilich nicht als moralische Währung taugt. Das Bewusstsein des Unterschiedes, die Sensibilität für kulturelle Dissonanzen, ist indes gerade in der hiesigen Reggae-Szene stark entwickelt. Es äussert sich in einem speziellen Rezeptions-Mechanismus: Es sind in erster Linie die musikalischen und performativen Qualitäten jamaicanischer Artists, die das Publikum ästimiert. Die Lyrics werden dabei weniger als Botschaft aufgenommen denn als Moment der musikalischen Expression, die den authentischen Ghetto-Erfahrungen des Artist entsprechen soll. Allenfalls wird man sich Versatzstücke der als "anders" anerkannten Kultur aneignen; andere wiederum werden einen stets von neuem irritieren. Gerade diese Irritationen aber können den Sinn für soziale Probleme, für kulturelle Fragen und Antworten weiter schärfen.

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KASERNE BASEL
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WoZ 25.6.09

Kaserne Basel - Im alternativen Kulturzentrum in Kleinbasel will einfach keine Ruhe einkehren. Seit Jahren wird um die Kaserne gestritten. Liegt das Problem vielleicht im Dreispartenmodell Musik-Theater-Tanz?

Wo steckt der Wurm?

Von Maya Künzler, (Text) und Florian Bachmann (Foto)

Das alte Kasernengemäuer mit seiner bewegten Geschichte wird regelmässig von Krisenmeldungen erschüttert. Gerade jüngst stand die Kaserne wieder im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik. An der alljährlichen Mitgliederversammlung im Mai wurde publik, dass sich in der Kaserne ein Defizit von 300 000 Franken angesammelt hatte, zusammengesetzt aus Schulden der alten und neuen Leitung.

Als die Regierung von Basel-Stadt diesen Fehlbetrag kurzerhand aus dem ihr unterstellten "Kompetenzkonto" an den Verein der Kaserne überwies, erhob sich ein Sturm der Empörung. Vertreter Innen des Grossen Rates monierten, die rot-grün dominierte Exekutive bediene einmal mehr ihre eigene Klientel. Viele Kunstschaffende dagegen begrüssten diesen Schritt: Die Kaserne - seit 2008 unter der Direktion von Carena Schlewitt - habe einen schuldenfreien Anfang verdient.

Die angedrohte Übernahme

Letztmals gingen die Wellen im Juni 2006 hoch. Nachdem damals kurz vor der Sommerpause ein provokant formuliertes Papier von Tobit Schäfer und Christian Moesch, zwei Vertretern der Populärmusik, die Räumlichkeiten allein für die Musiksparte eingefordert und damit die gesamte Basler Theater- und Tanzszene aufgeschreckt hatte, wurden in der Öffentlichkeit und hinter den Kulissen erbitterte Diskussio nen geführt. Das bislang unangetastete Drei spartenmodell schien zum ersten Mal ernsthaft infrage gestellt, und die freien Theaterschaffenden sahen sich bereits um ihren grössten und wichtigsten Veranstaltungsort gebracht.

Viele sahen den Schuldigen im damaligen Gesamtleiter Urs Schaub. Dem Theaterregisseur kommt zwar das Verdienst zu, das nach dem ruinösen Wirtschaften seines Vorgängers Eric Bart schwer verschuldete Haus gesund saniert zu haben. Doch gleichzeitig kam ihm durch sein gemässigtes Engagement als künstlerischer Leiter allmählich das Theater- und Tanzpublikum abhanden; in seiner letzten Saison musste er selbst ein Defizit ausweisen.

Wenn hingegen die Programmverantwortlichen der Musik zu ihren Konzerten riefen, strömte das Volk. Das war den MusikaktivistInnen Grund genug, um ihren ausschliesslichen Anspruch auf die Kaserne zu formulieren. Sie nutzten die Gunst der Stunde und wiesen mit ihrem angedrohten Übernahmecoup auf die schwierige Situation der Rockmusik in der Stadt hin, die im Gegensatz zu den Sparten Theater und Tanz bis dato von der Stadt keinerlei Fördergelder erhielt; der Rockförderverein (RFV) wurde ausschliesslich aus der Kulturvertragspauschale Baselland alimentiert.

In der Folge setzten sich die Kulturdelegierten Basel-Stadt und Baselland und VertreterInnen der drei Sparten an einen Tisch und arbeiteten neue Richtlinien für das Haus aus. Damit schienen die Wogen erst mal geglättet, einer neuen, von kulturpolitischen Turbulenzen freien Ära schien nichts mehr im Weg zu stehen. Als die Mitte 2008 frisch designierte Intendantin und Theaterfrau Carena Schlewitt (vorher am Theater am Ufer, Hau, Berlin) ihre Arbeit in der Kaserne aufnahm, waren die in sie gesetzten Hoffnungen gross; das Dreispartenhaus startete in eine nächs te Runde.

Neue Kooperationen

Jetzt aber vermeldet die neue Kaser nenleitung erneut ein Defizit, und das, nachdem sie erfolgreich begonnen hatte, mit positiven Rezensionen in den Medien und wachsendem Publikums interesse. "Wo eigentlich steckt der Wurm im Gebälk?", fragen sich viele, manche genervt, andere resigniert oder aufgestört. Die bürgerlichen Parteien, die noch nie viel mit diesem jugend bewegten und alternativkulturellen Ort - damals noch unter dem Namen Kulturwerkstatt - anfangen konnten, scheinen sich in ihren Vorurteilen bestätigt zu sehen. "Das Defizit ist durch Technik-, Liegenschafts- und Personalkosten entstanden", führt Carena Schle witt gegenüber der WOZ aus. "Es gibt keine Puffer in der Finanzierung. Ich sage ja nicht einfach, ‹wir brauchen mehr Geld›; die Frage ist, wofür, und was kos tet was."

Tatsache ist, dass auch in der freien Szene die Produktionskosten gestiegen sind, und mit ihnen die Gagen. Hört man sich in der Szene um, äussern sich selbst kritische Stimmen voller Respekt über Schlewitts Professionalität. Sie hat sich innerhalb kurzer Zeit gut vernetzt und das Gespräch mit den verschiede nen lokalen Interessengruppen um das Kasernenareal und darüber hinaus gesucht. Es kam zu interessanten künstlerischen Kooperationen, zum Beispiel mit Studierenden der HGK ( Hochschule für Gestaltung und Kunst) oder mit dem alljährlichen Festival Culturescapes in Basel.

Die übermässigen Personalkosten haben damit zu tun, dass Schlewitt bei ihrem Amtsantritt Heinz Darr und Nick Plésel, die beiden Programmleiter Musik, entlassen hat und es in der Folge zu weiteren Abgängen kam. Dass die Nachfolgerin Laurence Desarzens in der Sparte Musik ebenfalls nach wenigen Monaten kündigte, da sie ein noch besseres Jobangebot bekommen hatte, war für die Intendantin nicht vorausseh bar. Das kostete weiteres Geld - und Sympathien.

Die Entlassung des erfolgreichen Musikteams zu Beginn der Spielzeit brachte Unruhe in die Basler Musikszene und in das fragile Gleichgewicht zwischen den Sparten. Von vielen wurde das als Rückstufung der Musik interpretiert - einmal mehr schienen die Performing Arts Theater und Tanz ihre Vorherrschaft im Haus zu behaupten, obwohl das Musikprogramm das meiste Publikum generiert. Dazu kam, dass die Direktorin selbst Theaterfrau ist. Dänu Siegrist, seit dreissig Jahren Musiker und Koleiter der Geschäftsstelle des Rockfördervereins, versteht nicht, war um Schlewitt einem "winning team" gekündigt hat. Heinz Darr veranstaltet heute erfolgreich Konzerte im Volkshaus, sozusagen um die Ecke.

Siegrist äussert sich bewusst vorsichtig und will die unterschiedlichen Standpunkte der einzelnen Sparten nicht gegeneinander ausspielen: "Die Kaserne braucht Ruhe. Sollten für die nächste Subventionsperiode, ab 2011, die öffentlichen Gelder infrage gestellt werden, haben alle ein Problem." Seiner Meinung nach hängt nicht alles vom Geld ab, es brauche klare kultur politische Entscheide. Ob das nun ­hiesse, dass ein zusätzlicher Raum hermüsse, oder ob Theater- und Musikleitung der Kaserne auf der gleichen Ebene der Hierarchie stehen müssten, bleibe dabei offen.

Tobit Schäfer, junger SP-Grossrat und Koleiter des Rockfördervereins, ist einer der beiden Urheber jener "mentalen Hausbesetzung" von 2006, wie er die Provokation rückblickend bezeichnet. In gewissem Sinn, meint er, stünde man wieder am selben Punkt wie vor drei Jahren. 2007 sei die Kaserne für 1,5 Millionen Franken schalldicht renoviert worden, trotzdem könnten dort aber viel zu wenige Konzerte stattfinden, da sich die unterschiedlichen Bedürfnisse der Sparten in die Quere kämen. Die Musik ziehe immer den Kürzeren, da die Bereiche Theater und Tanz im Gegensatz zum Rockbusiness längerfristig planten. Trotzdem gibt Schäfer ein klares Statement zugunsten des Dreispartenhauses ab. Die Kaserne sei der einzige Ort in der Stadt, wo die Populärmusik Subventionen erhalte, wo also auch experimentellere Formen eine Chance haben. Eine ungute Konkurrenz zwischen Kaserne und Volkshaus sieht Schäfer nicht, da Letzteres privatwirtschaftlich geführt wird, die Kaserne gemäss Leistungsauftrag aber auch Nischen- und Subkulturformen fördern soll. Die Krux dabei ist nur, dass dafür das Geld fehlt.

"Hier geht es nicht nur um Kultur, sondern auch um Kunst", sagt Schlewitt. Sie mag sich die Kaserne weder als reines Theater- noch als reines Musikhaus denken. Durch die gegebenen Richtlinien decke das Programm etwas ab, das so in keinem anderen Basler Kulturhaus stattfinde: "Die Frage ist vielmehr, ob der Betrieb für die verschiedenen Anforderungen genügend ausgestattet ist." Zumietungen von Material, Auf- und Abbau der verschiedenen Veranstaltungen sind finanziell aufwendig. "Eine komplette Ausfinanzierung wird es bei dieser Art von Haus nie geben, doch wäre eine solide Basisfinanzierung schon wünschenswert", äussert sich Schlewitt diplomatisch.

Schlewitt und ihr Team sind von den Ressourcen her am Anschlag. Auf gewisse internationale Gastspiele müssen sie verzichten, obwohl diese laut Leitbild zum Leistungsauftrag gehörten. Der Leiter des basel-städtischen Ressorts Kultur, Michael Koechlin, spricht Klartext: "Das bisherige Modell, dass Basel-Stadt und Baselland die Kaserne finanzieren, alles aber, was produziert wird, mit eigenen Mitteln und Drittmitteln bezahlt werden muss, ist nicht mehr tauglich. Es braucht deutlich höhere Subventionen." Damit man für die nächsten Verhandlungen gerüstet ist, hat man nun eine Firma beauftragt, die Kaserne zu durchleuchten.

Ade, Achtziger-Nostalgie

Für weitere kulturpolitische Debatten braucht es Fakten auf dem Tisch. Für Koechlin steht das Dreispartenmodell nicht zur Disposition. Schlewitt und ihr künstlerisches Selbstverständnis sind für ihn der Garant, dass sich die Kaserne etablieren wird. Es wäre dem Kulturzentrum zu gönnen, könnte es sich vom nostalgischen Achtziger-Jahre-Nimbus der Kulturwerkstatt endlich frei machen, hin zu einem lebendigen, profilierten Haus der Künste. Spannend dürfte es sein, zu beobachten, wie es der Kaserne in der nahen Zukunft gelingt, die Populärmusik vor Ort neu zu positionieren - und ob sich zwischen Musik und Performing Arts tatsächlich auch funkelnde Schnittstellen ergeben. Allerdings: Ohne mehr Geld ist das nächste Defizit absehbar.

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Die Geschichte der Kaserne

1863 wird an der Stelle der Wohngebäude des Klosters Klingental vom Architekten J. J. Stehlin die Kaserne erbaut. Als das Militär 1966 auszieht, übernimmt die Stadt Basel die Verwal tung. 1972 kommt es zu einer Ausschreibung eines öffentlichen Wettbewerbs für ein Nutzungskonzept des Areals. Kulturinteressierte Kreise schlagen zusammen mit der Quartierbevölkerung das Projekt "ent-stoh-lo" vor, ein Kultur- und Quartierzentrum mit sozialer und kultureller Nutzung. Das Projekt wird angenommen. 1974 kommt es zur Gründung der Interessengemeinschaft Kasernen areal (IKA); sie koordiniert die verschiedenen Aktivitäten.

1978 gründen fünfzehn Personen das Projekt "Kulturwerkstatt Kaserne"; die ehemalige Reithalle und die Stallungen der Kaserne sollen bespielt werden. Zwei Jahre später organisiert sich der Kulturbetrieb als Verein; eine Betriebsgruppe leitet und programmiert Musik, Theater-/Tanz veranstaltungen und Diskussions­reihen. Wieder ein Jahr später erhält die Kulturwerkstatt zum ersten Mal ­Subventionen vom Kanton Basel-Stadt.

2000 kommt es zu einer Reorganisation der Strukturen. Eric Bart übernimmt in Personalunion die Leitung. Von 2000 bis 2002 werden die Räumlichkeiten der Kulturwerkstatt saniert und ausgebaut. 2003 verlässt Bart das Haus; zurück bleibt ein hoher Schuldenberg. Ab 2004 leitet Urs Schaub als künstlerischer Leiter zusammen mit einem Geschäftsführer gleichberechtigt die Kaserne. 2008 übernimmt die Theaterfrau Carena Schlewitt die künstlerische Direktion zusammen mit dem Geschäftsführer Thomas Keller.  Maya Künzler

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ANTI-ATOM
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Oltener Tagblatt 27.6.09

"Erneuerbare statt Atomenergie"

Gründungsversammlung in Olten wählte Philipp Hadorn und Andreas Knobel zu Co-Präsidenten der Regionalgruppe "Nie wieder AKW"

Der Vereinsname ist Programm. Am Donnerstag wurde in Olten die Solothurner Regionalgruppe "Nie wieder AKW" gegründet. Statt in Atomkraft soll in bessere Effizienz und in erneuerbare Energie investiert werden. Zu Co-Präsidenten wurden an der Gründungsversammlung Philipp Hadorn und Andreas Knobel gewählt.

Urs Amacher

Die Initianten hatten drei prominente Persönlichkeiten eingeladen, den Basler Nationalrat Ruedi Rechsteiner, Sabine von Stockar, Projektleiterin bei der Schweizerischen Energiestiftung (SES), und den Slam-Poeten Kilian Ziegler. Bei seinem Auftritt zum Einstieg spitzte es der Trimbacher Kilian Ziegler wortspielerisch zu: "Wir machen uns Sorgen ums Entsorgen", und meinte doppeldeutig im Hinblick auf die radioaktiven Abfälle: "Ihr gebt uns den Rest."

Auf diesen wunden Punkt wies auch Sabine von Stockar, die Projektleiterin Atom& Strom bei der SES hin. Ein Hauptgrund, der gegen Atomkraftwerke spreche: "Die Endlager-Frage ist nicht gelöst." An allen Standorten, wo Stollen für Atommüll geplant seien, rege sich Widerstand. In der Tat hinterlasse man kommenden Generationen eine schwere Hypothek mit Materialien, die während Zehntausenden von Jahren Strahlung abgeben würden. Dabei sei es eine gut schweizerische Tugend, Abfälle primär zu vermeiden.

An einer Wegscheide

In der Schweiz wird im Jahresschnitt mehr Strom produziert als verbraucht. Allerdings, räumte Sabine von Stockar ein, steige der Stromverbrauch nach wie vor. Gleichzeitig würden in den nächsten Jahrzehnten die AKW Beznau und Mühleberg altersbedingt vom Netz gehen. "Wir stehen an einer Wegscheide", mahnte von Stockar. Wichtige Investitionsentscheide stünden an. Die Frage sei nun: neue Atomkraftwerke oder mehr Effizienz bei den Elektrogeräten und mehr erneuerbare Energie? "Jetzt gilt es die Chance zu packen und das Potenzial der Effizienz und der erneuerbaren Energien endlich auszuschöpfen. Die Energieperspektiven des Bundesamtes für Energie zeigen klar, dass die Schweizer Stromversorgung ohne neue Atomkraftwerke gesichert werden kann", unterstrich von Stockar. Wenn man auf AKW setze, binde dies Gelder, die für Investitionen in erneuerbare Energien wie Windkraft oder Solarenergie fehlen würden.

"Der Deckel muss weg"

Hier knüpfte Nationalrat Ruedi Rechsteiner an. Die so genannte Atom-Renaissance sei ein Phantom: Weltweit würden mehr AKW stillgelegt als gebaut, der Anteil des Atomstroms an der gesamten Stromproduktion sei von 18 auf 14 Prozent gesunken. Die Preise sowohl für Erdöl wie für Uran seien gestiegen; einzig die erneuerbaren Energien würden nicht teurer. Hier liege das Potenzial, ist Rechsteiner überzeugt. In Deutschland gibt es Bundesländer, die bis zu 40 Prozent ihres Strombedarfs mit Windenergie decken würden. Und in vielen Lagen in der Schweiz sei die Sonneneinstrahlung gleich gut wie in Spanien.

 Die Solarzellen würden immer effizienter. In Compogasanlagen könnte man Grüngut verstromen. Es sei 20-mal mehr Wind vorhanden, als verbraucht werde. Rechsteiner kritisierte, dass viele solche Projekte blockiert seien, weil die vom Parlament bewilligten Kredite ausgeschöpft seien. Dabei würde gerade das lokale Gewerbe profitieren, wenn auf den Dächern Solaranlagen gebaut würden. "Soviel Solaranlagen in der Schweiz in einem ganzen Jahr gebaut werden, baut die Bundesrepublik an einem Tag." Die Begrenzung der Einspeisevergütungen blockiere die erneuerbaren Energien. Deshalb rief Ruedi Rechsteiner: "Deckel weg bei den Einspeisevergütungen!" Innert weniger Monate seien beim Bund so viele Projekte eingereicht worden, dass sie mehr Strom liefern würden als das AKW Mühleberg. Aber der Kreditdeckel bremse.

Regionalgruppe gegründet

Tagespräsidentin Barbara Wyss wickelte die Vereinsgründung zügig ab. Nach einer kurzen Einleitung von Roberto Aletti wurden die Statuten mit nur einer Gegenstimme angenommen. Der Zweckartikel besagt, dass die Regionalgruppe NWA-Solothurn (Nie wieder Atomkraftwerke) "im Interesse der Gesundheit und der Wohlfahrt der Bevölkerung, den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken verhindern" will. Ebensosehr setzt sich der Verein für erneuerbare Energien und Energieeffizienz ein.

 Die über fünfzig Anwesenden wählten einstimmig den neuen Vorstand: die Co-Präsidenten Philipp Hadorn (Gerlafingen) und Andreas Knobel (Däniken), Roberto Aletti (Niedergösgen), Beat Hodel (Niedergösgen), Jacques Laville (Niedergösgen) und Käthi Walde Hunkeler (Schönenwerd); zudem als Revisionsstelle Isabelle Furrer Hodler (Niedergösgen) und Markus Schär (Niedergösgen).

 Philipp Hadorn ist Gewerkschaftssekretär und SP-Kantonsrat. Andreas Knobel, Informatiker, war von 2007 bis 2009 Gemeinderat für die Grünen Däniken.

 Kontakt: solothurn@nwa-schweiz.ch www.nwa-solothurn.ch

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BZ 27.6.09

Mühleberg

Nicht mehr Einsicht

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Atomkraftgegnern keine vollumfängliche Akteneinsicht gewährt.

Für einmal steht das Bundesverwaltungsgericht mit einem Entscheid hinter der BKW als Betreiberin des Atomkraftwerks Mühleberg. Im Verfahren für eine unbefristete Betriebsbewilligung des AKWs haben die Einsprecher vollumfängliche Einsicht in die Akten verlangt. Das Gericht hat dieses Begehren jedoch abgelehnt.

Am 10. November 2008 wurde den Gegnern des BKW-Gesuchs in einer gerichtlichen Verfügung Einsicht in weitere Akten gewährt. Diese fochten die Einsprecher an, um alle Akten einsehen zu können. Dem Gericht zu Folge entsprach die Verfügung jedoch lediglich einer Zwischenverfügung. Diese könnte nur angefochten werden, wenn sie unter anderem "einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könnte", wie es im Urteilstext heisst. Da dies in diesem Fall nicht zutreffe, lehne das Gericht die Beschwerde ab.
sf

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Fahrplan

Der lange Weg zu einem AKW

Juni 2008: Atel, heute Alpiq, reichte Gesuch für neues AKW in Gösgen ein.

Dezember 2008: Axpo und BKW reichten Gesuche für neue AKW in Beznau und Mühleberg ein.

Bis im Mai 2010: Sicherheitspolitische Prüfung der Rahmenbewilligungs-Gesuche; diese dauert 17 Monate bei drei Gesuchen; 4 Monate weniger, wenn ein Gesuch zurückgezogen wird.

Bis Ende 2011: Stellungnahmen Bundesämter, Kantone, öffentliche Auflage, Behandlung von Einwendungen und Einsprachen; Dauer 18 Monate.

1.Quartal 2012: Entscheid Bundesrat über Rahmenbewilligungs-Gesuch und Botschaft ans Parlament.

Ab 2012: Beratungen und Beschlüsse im National- und Ständerat, Dauer nicht voraussehbar.

2013: Frühestens endgültiger Parlamentsbeschluss. Bei Zustimmung Referendum und Volksabstimmung über die Rahmenbewilligung(en).

Nach allfälligem Volks-Ja zu Rahmenbewilligung(en) folgen Bau- und Betriebsbewilligungs-Verfahren. Falls alle Bewilligungen erteilt werden und der Bau ohne politische oder technische Widerstände erfolgt, kann ein neues Atomkraftwerk in der Schweiz frühestens zwischen 2025 und 2030 in Betrieb gehen.
hpg

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Landbote 27.6.09

Atompläne blockieren Alternativen

Die grossen Stromproduzenten halten unbeirrt an den Plänen für neue AKWs fest. Diese sind nicht die einzige Lösung für eine längerfristig sichere Stromversorgung - durch die Konzentration auf die Atomkraft steigt aber das Klumpenrisiko.

BERN - Gegenwärtig existieren in der Schweiz Pläne für gleich drei neue Atomkraftwerke. Sie sind als Ersatz für die ab 2018 auslaufenden Energielieferverträge mit Frankreich und die im gleichen Zeitraum erfolgende Schliessung der ältesten Schweizer AKWs gedacht. Dass jemals alle drei Kraftwerke realisiert werden, ist ausgeschlossen. Zwischen den Stromproduzenten Axpo, Alpiq und BKW laufen deshalb Gespräche über die Konzentration auf zwei Standorte. Vor zwei Wochen stellte Axpo-Chef Heinz Karrer gar eine Einigung auf Ende Juni in Aussicht. BKW-Sprecher Antonio Sommaville bestätigte diese Woche lediglich die Gespräche.

Doch selbst wenn sich die drei grössten Stromproduzenten auf ein gemeinsames Vorgehen in Sachen Atomkraft einigen, gebaut sind die Kraftwerke noch lange nicht. Die Unsicherheiten in der Planung sind enorm und der Ausgang der Volksabstimmung zu den neuen AKWs nur einer der Faktoren, mit denen das Vorhaben steht und fällt. Der Fall Kaiseraugst zeigt zudem: Während dem langen Zeithorizont, den der Bau eines AKWs umschliesst, können sich die Voraussetzungen dafür komplett verändern.

EU setzt auf Windenergie

Dass es längerfristig Alternativen gibt, offenbart ein Blick über die Grenze: Letzte Woche kündigte ein internationales Konsortium den Bau einer riesigen Solaranlage in Nordafrika an. Mit dabei EON und RWE - zwei der grössten deutschen Stromproduzenten. Der Zeithorizont ist vergleichbar mit dem eines neuen Atomkraftwerks in der Schweiz. Viel konkreter ist bereits der Ausbau der Windenergie in der EU. Schon 2008 deckte Strom aus Windenergie dort 4,2 Prozent der Nachfrage, wie die europäische Umweltbehörde in einem Bericht festhält. Bereits fertiggestellt waren 2008 Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 65 Gigawatt. Die neuen AKWs in der Schweiz sollen je 1,6 Gigawatt leisten. Die Ambitionen der EU sind ehrgeizig. Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energie auf 20 Prozent steigen. Die tragende Rolle ist dabei der Windenergie zugedacht, deren wirtschaftlich nutzbares Potenzial laut Umweltbehörde den Strombedarf in der EU decken könnte.

Die Schweizer Stromproduzenten mit Atomkraftwerksplänen sind an diesem Ausbau kaum beteiligt. Axpo, Alpiq und BKW konzentrieren sich bislang bei der Stromproduktion im Ausland praktisch ausschliesslich auf Gaskombi- und Kohlenkraftwerke. Bei Alpiq etwa werden nur rund vier Prozent des im Ausland produzierten Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen. Namentlich aus Windkraft auf Sizilien und in Bulgarien, künftig auch in Skandinavien.

Auch Axpo betreibt seit Kurzem in Italien zwei Gaskombikraftwerke mit einer Gesamtleistung von 1,4 Gigawatt. Weitere sollen in naher Zukunft dazukommen, so Roger Welti, Sprecher der Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg, der Energiehandelsgesellschaft der Axpo. Daneben gebe es Pläne für einen Windpark in Italien mit einer Leistung von 66 Megawatt und seit Februar eine Beteilung an einem Unternehmen in Skandinavien, das Windkraftwerke entwickelt. Einzig die BKW wollen, so Sprecher Sommavilla, bis 2015 in Deutschland grössere Windpärke mit einer Leistung von insgesamt 200 Megawatt erstellen - auch hier ist der Umfang der realisierten oder geplanten Gas- und Kohlekraftwerke aber um ein Vielfaches grösser. Selbst dann noch wenn, wie gestern angekündigt, im Rahmen einer neuen Partnerschaft mit der italienischen Fortore-Gruppe dereinst 600 zusätzliche Megawatt aus Windkraft erzeugt werden.

Kohlestrom für die Schweiz

Mit diesen Anlagen soll primär die Nachfrage vor Ort gedeckt werden, betonen alle drei Produzenten. Es sei aber denkbar, dass im Falle eines negativen Volksentscheides zu den AKWs diese Strategie überdacht wird. Der im Ausland aus Kohle und Gas produzierte Strom könne dann zur Sicherung des Schweizer Bedarfs eingesetzt werden, sagt Sommavilla von den BKW. Bei Axpo sieht man dies auf Anfrage allerdings anders: Das Unternehmen setzte wegen der Versorgungssicherheit in der Schweiz auf inländischen Strom, wozu die Kernkraft zwingend nötig sei. Einen Plan B gebe es nicht. Auch Axpo-Chef Karrer betonte in der Vergangenheit mehrmals, dass der Stromimport einerseits wegen der Abhängigkeit vom Ausland und andererseits wegen der zu geringen Kapazitäten der Übertragungsnetze keine Lösung für die künftige Stromversorgung der Schweiz sei.

Die Realität ist aber eine andere: Europa wächst immer mehr zu einem einzigen Strommarkt zusammen, in dem die Schweiz eine zentrale Position einnimmt und die hiesigen Produzenten kräftig mitmischen. Sowohl in der Schweiz wie auch in der EU wird der Ausbau der Stromnetze vorangetrieben. Ziel sei ein europäisches "Supernetz", sagt etwa Gregor Schmid von der Schweizer Netzbetreiberin Swissgrid. Noch fehlt laut Ueli Straumann die notwendige Infrastruktur dazu. Unter anderem wegen der Opposition der Anwohner gegen neue Leitungen erfolge gerade bei der Windenergie der Ausbau der Produktionsanlagen deutlich schneller als der Ausbau des Netzes. Doch der Physiker am Institut für elektrische Energieübertragung und Hochspannungstechnik der ETH Zürich betont auch, dass ein Ausbau technisch machbar ist. Grundsätzlich sei es sinnvoll, Strom aus Windanlagen in Norddeutschland in die Schweiz zu transportieren. Die Schweiz hätte zudem dank ihrer Pumpspeicherkraftwerke die Möglichkeit, die unregelmässig anfallende Windenergie zu speichern und durch den gezielten Verkauf zu Spitzenzeiten die Chance, sie "zu vergolden". L

Luca de Carli

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BZ 27.6.09

AKW-PROJEKTE

Verzögerung wegen Streit

Bis Ende Juni müssten sich BKW, Axpo und Alpiq auf zwei Bewilligungsgesuche einigen. Wird kein Projekt für ein neues AKW zurückgezogen, muss der Bund für alle drei Projekte sicherheitstechnische Prüfungen durchführen. Dies würde die Realisierung verzögern und Mehrkosten verursachen. Wie Recherchen dieser Zeitung zeigen, ist bisher jedoch kein Stromkonzern bereit, auf seine AKW-Projekte zu verzichten. Dies freut die Atomgegner. "Mit ihren überrissenen Plänen macht sich die Stromwirtschaft noch unglaubwürdiger", betont die Schweizerische Energiestiftung. gr

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Neues Atomkraftwerk

Markt spaltet die Atomlobby

Die Schweizer Stromkonzerne können sich nach wie vor nicht auf zwei AKW-Projekte einigen. Damit schwächen und verzögern sie jedoch ihre atomaren Ausbaupläne. Grund: Der Markt ist stärker als die Politik.

"Alle Gesuche werden gleich behandelt, aber je mehr Gesuche, desto länger geht deren Überprüfung." Das sagte Energieminister Moritz Leuenberger am 13.Januar der Strombranche. Es war ein Wink an die Konzerne Axpo, BKW und Atel (heute Alpiq): Diese hatten Bewilligungsgesuche für drei neue Atomkraftwerke (AKW) in Beznau, Mühleberg und Gösgen eingereicht, obwohl sie selber erklären, für die Schweizer Stromversorgung brauche es maximal zwei. Bürgerliche AKW-Befürworter, angeführt vom freisinnigen Ständerat Rolf Schweiger, drängten die Stromlobby, sich aus Gründen der "politischen Vernunft" auf nur ein AKW-Projekt zu beschränken.

Axpo suchte Einigung

Seither hat der Bund mit der sicherheitstechnischen Prüfung begonnen. Diese allein dauert 17 Monate (siehe Kasten). Die Frist lasse sich aber um je 4 Monate verkürzen, wenn die Konzerne bis Ende Juni 2009 eines oder zwei ihrer drei Gesuche zurückziehen würden. Das antwortete der Bundesrat am 6. Mai auf eine Interpellation von SVP-Nationalrat Hans Rutschmann.

In Verhandlungen zwischen Axpo, BKW und Alpiq drängte vor allem Axpo-Chef Heinz Karrer auf eine Einigung: "Eines dieser drei Gesuche ist zu viel", sagte Karrer am 22. Januar 2009 und kündigte an: "In den nächsten Monaten müssen wir eine gemeinsame Lösung finden." Gemäss unbestätigter Einschätzung drängte Karrer damals darauf, die Gesuche für die Projekte Gösgen und Mühleberg zu sistieren oder zurückzuziehen, und bot Alpiq und BKW im Gegenzug eine höhere Beteiligung am Projekt Beznau an.

Gestern teilte Axpo-Sprecher Erwin Schärer auf Anfrage mit: "Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen." Eine weitere Verhandlungsrunde finde vor Ende Juni noch statt. Um eine Einigung bis Monatsende zu ermöglichen, hätten Axpo und BKW weitere "konstruktive Schritte" unternommen. Der Entscheid, so Schärer, "liegt beim Verwaltungsrat der Alpiq".

 Von der Alpiq ist vorderhand aber kein Rückzug zu erwarten: "Es besteht kein Zeitdruck", sagte deren Chef Giovanni Leonardi am 18.März. Diese Woche präzisierte das Management der Alpiq ihre Taktik. Demnach soll die Wahl des Standorts "erst in einem zweiten Schritt bis spätestens 2012" erfolgen. Damit sollten am Schluss "die beiden Standorte mit den besten politischen und technischen Voraussetzungen zum Zug kommen".

Auch die Berner wollen auf ihr Projekt nicht verzichten: "BKW und Axpo möchten die Kernkraftwerke an den bestehenden Standorten ersetzen", teilte BKW-Sprecher Antonio Sommavilla gestern mit und ergänzte: "Natürlicherweise sind dies zuerst die Reaktoren in Beznau und Mühleberg, weil sie als Erste das Ende ihrer technischen Lebensdauer erreichen."

Marktmacht vor Politik

Diese Positionen zeigen: Der Rückzug von einem oder zwei AKW-Gesuchen ist zumindest kurzfristig unwahrscheinlich. Die Stromlobby kämpft weiterhin gespalten für ihre Projekte. Politisch wird damit die Position der AKW-Befürworter geschwächt. Das fürchtet nicht nur Rolf Schweiger, das freut auch Sabine von Stokar, die den Kampf gegen neue AKW bei der Schweizerischen Energiestiftung organisiert: Sie sagt: "Mit ihren überrissenen AKW-Plänen macht sich die Stromwirtschaft noch unglaubwürdiger."

Kampf um Führungsrolle

Die drei Stromfirmen nehmen dieses politische Handicap sowie die Verzögerung im Bewilligungsverfahren zumindest vorläufig in Kauf. Seit dem Start der Liberalisierung kämpfen Axpo und Alpiq verbissen um die Vorherrschaft im Schweizer Strommarkt - und damit um die Führungsrolle beim AKW-Bau. Denn selbst wenn die geplanten AKW als "Partnerwerke" (Anteile von verschiedenen Firmen an einer Produktionsanlage) betrieben werden sollen, ist klar: Beim Projekt Beznau beansprucht Axpo, beim Projekt Gösgen Alpiq die Führerrolle. In dieser Situation läge es nahe, dass die BKW ihr Gesuch für das neue AKW-Projekt in Mühleberg zurücknimmt. Doch damit würde sie im Markt zum Juniorpartner der Axpo - und mittelfristig wohl zum Übernahmekandidaten.

Hanspeter Guggenbühl

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NZZ 26.6.09

Politischer Druck auf die Stromfirmen

Ständeratskommission soll Lösung für AKW-Standorte finden

 Bürgerliche Politiker akzeptieren die Unklarheit um die AKW-Standorte nicht. Verlangt wird eine baldige Einigung. Dazu sollen nun Gespräche mit den Standortkantonen geführt werden.

 dsc. Mit der Rückweisung eines Antrags zur Neuregelung der Kohlendioxid-Kompensationen für allfällige Gaskombikraftwerke hat der Ständerat seiner Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek) vor zwei Wochen den Auftrag erteilt, die Rolle dieser Anlagen im Kontext der Realisierung neuer Atomkraftwerke zu beurteilen. In diesen Tagen will die Urek über das entsprechende Vorgehen beraten, das auch einen Entscheid beim Konkurrenzkampf zwischen den Stromunternehmen für die Wahl von AKW-Standorten herbeiführen soll. Es sind nämlich für die Inlandversorgung bloss zwei neue AKW nötig, während drei Gesuche eingereicht wurden: in Mühleberg und Beznau gemeinsam durch Axpo und BKW; in Gösgen durch Alpiq. Verhandlungen unter den Firmen für eine Zusammenarbeit führten bis jetzt zu keinem Ergebnis.

 Regionale Akzeptanz abschätzen

 Neben der Anhörung von Exponenten der Stromunternehmen, welche - wie sie mitteilen - die politischen Schritte begrüssen, sollten auch Vertreter der möglichen Standortkantone neuer AKW von der ständerätlichen Urek eingeladen werden, sagt deren Vizepräsident Rolf Schweiger (Zug, fdp.). Die Kommission will damit die regionale Akzeptanz der Projekte bereits jetzt abschätzen und die Reihenfolge darlegen, wie die Vorhaben dem Volk im Rahmen der zu erwartenden Abstimmungen ab ungefähr 2013 vorgelegt werden sollten. Ziel ist es, die Stromwirtschaft zu verbindlichen Zusagen zu bringen - Druckmittel dazu gibt es abgesehen von der anstehenden Formulierung der Gaskraftwerks-Kompensationen nicht. Dem Souverän sollten dann bei einer AKW-Abstimmung auch die Entwicklungen für den Fall einer Ablehnung gemäss dem jetzt auszuarbeitenden Gesamtkonzept erläutert werden können (etwa der Bau weiterer Gaskombikraftwerke im Inland oder Stromimporte).

 Schweiger ortet bei den Linken die Absicht, mit dem Ermöglichen von Gaskombikraftwerken AKW zu verhindern. Für Ständerätin Simonetta Sommaruga (Bern, sp.) sind Gaskombikraftwerke Übergangslösungen zur anfänglichen Unterstützung der erneuerbaren Energien - so dass auf neue AKW dann voraussichtlich verzichtet werden könne. Der Charakter einer Übergangslösung liesse sich gesetzlich bereits bei der CO  2  -Kompensation verankern. Dass die Linke einfach mit Gaskombikraftwerken AKW ersetzen wolle, stimme nicht, sagt Sommaruga. Als Urek-Mitglied kritisiert sie die eingeleitete Erarbeitung eines Gesamtkonzepts als "Symbol-Politik" ohne faktische Relevanz. Solche Arbeiten oblägen dem Bundesrat, erklärt Sommaruga. - Dass die bürgerliche Mehrheit im Ständerat nun das Heft selbst in die Hand nehmen will, hat aber freilich damit zu tun, dass zum Verhältnis von Gaskraftwerken und AKW bisher genauere Aussagen der Exekutive vermisst wurden. Beratende Stimmen aus dem Bundesamt für Energie will man aber beiziehen.

 Verhandlungen auch in diesen Tagen

 Seitens der Axpo bestehen noch Hoffnungen für eine Einigung in den nächsten Tagen, was im Verfahren eine Zeitersparnis von einigen Monaten mit sich brächte. Alpiq vermittelt hingegen den Eindruck, nicht unter Zeitdruck zu stehen. Das jetzige Verfahren zur Prüfung der einzelnen Standorte durch das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) und das spätere Vernehmlassungsverfahren bei den Kantonen sollen laut Alpiq helfen, die Standorte zu bestimmen, die dem Volk vorgelegt werden. Die bei Axpo und BKW beobachtbare grössere Eile für eine Einigung könnte auch damit zusammenhängen, dass deren Werke in Mühleberg und Beznau wohl früher vom Netz gehen werden als das bestehende Alpiq-AKW in Gösgen. Auch Alpiq räumt freilich ein Interesse an einer frühen Einigung ein. Denkbar sei, sich zuerst auf die Grundsätze der Beteiligungen zu einigen und die Standortwahl erst später im Laufe des behördlichen Verfahrens zu treffen, erklärt Alpiq-Sprecher Andreas Werz. - Unter anderem aus informellen Äusserungen seitens der Berner Regierung lässt sich für Mühleberg eine geringere Akzeptanz vermuten als für die übrigen Standorte, während eine Umfrage im Kanton Bern vor einigen Monaten jedoch eine positive Haltung aufzeigte. Axpo argumentiert hingegen für einen jeweils örtlichen Ersatz von bestehenden Werken, was aufgrund der Betriebsjahre nun Mühleberg und Beznau gegenüber Gösgen begünstigen würde.

 Einigung schon jetzt nötig?

 Immer wieder wird daran erinnert, dass das AKW-Projekt Kaiseraugst in den 1980er Jahren unter anderem deswegen scheiterte, weil etwa im bernischen Graben noch ein anderes, konkurrierendes Projekt bestand. Vergleiche mit jener Zeit sind hingegen nur bedingt möglich, ist doch das jetzige Genehmigungsprozedere völlig anders strukturiert, mit klar definierten Möglichkeiten demokratischer Beteiligung. Gegen das von Alpiq vorgebrachte Setzen auf die laufenden Prüfungs- und Vernehmlassungsverfahren sprechen indes Image-Argumente: Die Uneinigkeit unter den Stromfirmen nütze den AKW-Gegnern, sagt Rolf Schweiger. Es sei jetzt Vertrauen in die Strombranche als Ganzes notwendig. Schweiger ist auch Präsident der bürgerlich geprägten Aktion für eine vernünftige Energiepolitik Schweiz (Aves), die vor einigen Tagen in einer Resolution ein Konzept für Grosskraftwerke gefordert hat. Verlangt wird die Festlegung der Realisierungs-Reihenfolge für zwei AKW sowie die Definition von "notfalls einem Gaskombikraftwerk als Übergangslösung".

 Zumindest die Beratungen über die Kohlendioxid-Kompensationen für Gaskraftwerke muss die Kommission bis Ende dieses Jahres beenden, weil 2010 die jetzige Regelung ausläuft. Rolf Schweiger verweist auf den Gegenvorschlag zur Initiative "Lebendiges Wasser" und die vor einigen Jahren durch eine Subkommission erfolgte Ausgestaltung der neuen Geschäftsstruktur des Hochspannungsnetzes als bisherige Beispiele erfolgreicher, breit abgestützter Arbeiten der Urek. - Deren Kenntnisse der Strombranche sind unbestritten, sitzen doch etwa ein Drittel der Urek-Mitglieder in Verwaltungs- und Aufsichtsgremien von Unternehmen, die zu den Konzernen gehören, welche AKW-Gesuche eingereicht haben.

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Basellandschaftliche Zeitung 25.6.09

Basel macht in Bern Stimmung gegen AKW

Standesinitiative für erneuerbare Energien

David Weber

In Bern ist die Atom-Lobby schon stark genug, da muss Basel-Stadt Gegensteuer geben, dachte sich gestern die Mehrheit des Parlaments. Mit 47 gegen 17 Stimmung beschlossen die Grossräte eine Standesinitiative. Die Forderungen an die eidgenössischen Räte: Durch Gesetzesänderungen soll der Neubau von Atomkraftwerken verhindert, Instrumente zur Verbesserung der Energieeffizienz gefördert und die erneuerbare Energiegewinnung ausgebaut werden.

SVP, FDP und LDP waren dagegen, aber aus verschiedenen Gründen. Die SVP meinte, auf atomare Energie könne nicht verzichtet werden, wogegen die FDP die Standesinitiative für das falsche Instrument hält.

 Die Befürworter verwiesen darauf, dass sich Basel-Stadt laut Verfassung gegen die Nutzung von Kernenergie wenden müsse. Die Versorgung mit erneuerbaren Energien sei möglich, sagte David Wüest-Rudin von den Grünliberalen, wenn man wolle. "Basel will und soll das in Bern deponieren." Als Lösungen von gestern und vorgestern bezeichnete SP-Frau Christine Keller AKWs und legte einen gestrigen Slogan nach: "Atomkraft? Nein danke!"